Historische SMBl. NRW.

 Aufgehobener Erlass: Aufgehoben durch Erlassbereinigung 2003 (§ 9 VV v. 29.8.61).

 


Historisch: Grundsätze für die Prüfung von Anträgen auf Erteilung einer Bescheinigung nach § 6 d Abs. 3 Nr. l EStG RdErl. d. Ministers für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr v. 20. 9. 1983 - II/A 2 - 45 - 17 - 33/83 -¹)

 

Historisch:

Grundsätze für die Prüfung von Anträgen auf Erteilung einer Bescheinigung nach § 6 d Abs. 3 Nr. l EStG RdErl. d. Ministers für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr v. 20. 9. 1983 - II/A 2 - 45 - 17 - 33/83 -¹)

20. 9. 83 (1)

159.Ergänzung-SMBl. NW.- (Standl5.12.1983 = MBl. NW.Nr.lHeinschl.)


 Grundsätze für die Prüfung von Anträgen  auf Erteilung einer Bescheinigung nach § 6 d Abs. 3 Nr. l EStG

RdErl. d. Ministers für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr v. 20. 9. 1983 - II/A 2 - 45 - 17 - 33/83 -¹)

Nach § 6d Abs. l EStG können Steuerpflichtige, die aufgrund eines nach dem 30. September 1982 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen- Vertrages oder gleichstehenden Rechtsakts vor dem 1. Januar 1987 Kapitalanlagen im Sinne des § 6d Abs. 2 ESt vornehmen, im Wirtschaftsjahr der Kapitalanlage eine gewinnmindernde Rücklage bilden. Voraussetzung ist u. a. die Vorlage einer Bescheinigung nach § 6d Abs. 3 Nr. l EStG, auf deren Erteilung bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen . ein Rechtsanspruch besteht.

Die Bescheinigung stellt lediglich das Vorliegen der in § 6 d Abs. 3 Nr. l EStG genannten Bedingungen fest. Die in Absatz 2 und Absatz 3 Nrn. 2, 3 und 4 aufgeführten weiteren Voraussetzungen sind daher nicht Gegenstand der Bescheinigung. Die abschließende Prüfung dieser weiteren Voraussetzungen obliegt ausschließlich der für die Besteuerung des Erwerbers zuständigen Finanzbehörde. Der Finanzbehörde obliegt somit irisbesondere die Prüfung, ob ein Betrieb, Teilbetrieb, eine Betriebsstätte, ein Mitunternehmeranteil oder Anteile an einer Kapitalgesellschaft entgeltlich erworben worden sind.

Bei der Prüfung von Anträgen auf Erteilung einer Bescheinigung nach § 6d Abs. 3 Nr. l EStG sind folgende gemeinsam mit dem Bundesminister für Wirtschaft und den obersten Wirtschaftsbehörden der Länder erarbeiteten Grundsätze zu beachten:

1. Der erworbene Betrieb muß im Wirtschaftsjahr des Erwerbs der Kapitalanlage stilliegen oder von Stillegung bedroht sein. Zwischen der Stillegung und dem Erwerb muß ein zeitlicher Zusammenhang bestehen, der nach den Gesamtumständen des Einzelfalles zu beurteilen ist. Ein Betrieb liegt still, wenn er seine werbende Tätigkeit eingestellt hat; die bloße Abwicklung noch ausstehender Forderungen und Verbindlichkeiten, etwa im , Falle einer Liquidation des Betriebes, steht in der Regel nicht der Annahme einer Stillegung des Betriebes entgegen. Nicht erforderlich, ist, daß über den Betrieb ein Konkurs- oder Vergleichsverfahren eröffnet wurde oder eine Liquidation erfolgt ist.

An den Nachweis einer drohenden Stillegung sind strenge Anforderungen zu stellen. Wird mit dem Kaufpreis der Kapitalanlage ein Geschäftswert vergütet, so spricht dieses gegen die Annahme einer drohenden Stillegung. Nicht erforderlich ist, daß der Betrieb unmittelbar vor der Schließung steht; die Gefahr einer Stillegung muß jedoch konkret gegeben sein. Das.gesetzliche Erfordernis ist nicht bereits dann erfüllt, wenn der bisherige Inhaber die Stillegung beabsichtigt. Eine drohende Stillegung ist in der Regel ein von außen, also von dritter Seite her bevorstehendes, unabwendbares Ereignis. Ausnahmsweise kann auch ein in der Person des (früheren) Betriebsinhabers oder seiner Rechtsnachfolger, jedenfalls auf der Veräußererseite liegender, unüberwindbarer Umstand (z. B. eine schwere oder auch nur berufsspezifische Erkrankung) eine solche Stillegung erzwingen und damit im Sinne der hier einschlägigen Vorschrift drohend machen. Zu unterscheiden von der drohenden Stillegung des Betriebs ist die auf dem freien Willensentschluß des Veräußerers beruhende, somit die planmäßige, ohne solche zwingenden Umstände vorgesehene Stillegung (vgl. Urteil des Bayer. VGH vom 29. April 1981 Nr. 19.13 - 1089/79). Es obliegt dem die.Bescheinigung beantragenden Unternehmen, die für die Beurteilung erforderlichen Unterlagen beizubringen. Hierzu zählen insbesondere die Jahresabschlußunterlagen, Vermögens- und Liquiditätsstatus, Stellungnahmen des Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers und der Banken sowie Angaben über den Auftragsbestand, Absatzentwicklung u. ä. Die-

se sollten u. a. Aufschluß geben über die Gründe, die das •Unternehmen in die Gefahr der Stillegung gebracht haben.

2. Die Kapitalanlage muß geeignet sein, den Fortbestand des Betriebes zu sichern. Im Falle der Übernahme eines bereits stillgelegten Betriebes ist die gesetzliche Bestimmung dahingehend auszulegen, daß die Kapitalanlage geeignet ist, eine Wiederaufnahme der betrieblichen Tätigkeit sicherzustellen. Der den Antrag stellende Unternehmer hat durch geeignete Unterlagen sowie ein schlüssiges Unternehmenskonzept diese Eignung darzulegen. Es kommt auf den jeweiligen Einzelfall und die jeweilige Branchensituation an, welche betrieblichen Anpassungsmaßnahmen vorzunehmen sind, um diejenigen Schwierigkeiten, die die drohende oder bereits eingetretene Stillegung verursacht haben, zu überwinden und den Fortbestand des Betriebes zu gewährleisten.

3. Die Kapitalanlage muß geeignet sein, bestehende Dauerarbeitsplätze, die für die Wirtschaftsregion und für den jeweiligen Arbeitsmarkt von besonderem Gewicht sind, nachhaltig zu sichern. Nicht erforderlich ist demnach, daß sämtliche Dauerarbeitsplätze erhalten bleiben, es muß sich jedoch um einen je nach Lage des Einzelfalls angemessenen Teil der ursprünglichen Dauerarbeitsplätze handeln!

Der vom Gesetz verwendete Begriff Arbeitsmarkt ist weder mit dem administrativen Arbeitsamtsbezirk noch mit dem Begriff Arbeitsmarktregion i. S. d. regionalen Wirtschaftspolitik identisch. Mangels statistischer Unterlagen bietet es sich allerdings an, regelmäßig zunächst auf die Situation im betroffenen Arbeitsamtsbezirk abzustellen. Liegt der übernommene Betrieb am Rande eines Arbeitsmarktbezirkes, so wird auch die Situation in den benachbarten Arbeitsamtsbezirken zu berücksichtigen sein. In besonders gelagerten Fällen kann es sich allerdings als unumgänglich herausstellen, zu untersuchen, welches das Einzugsgebiet ist, aus dem die Arbeitskräfte des bedrohten Betriebes im wesentlichen kommen, und für dessen Arbeitsmarktsituation die Stillegung dieses Betriebes spürbar nachteilige Wirkungen hätten; neben regionalen können hierbei auch sektorale Gesichtspunkte eine Rolle spielen. Dieses Einzugsgebiet'ist grundsätzlich als der für den Betrieb maßgebliche Arbeitsmarkt i. S. d. § 6d Abs. 3 Nr. l EStG zu verstehen.

Zusätzlich sind die Auswirkungen auf die Wirtschaftsregion zu untersuchen. D. h., selbst wenn Auswirkungen auf den jeweiligen Arbeitsmarkt zu erwarten sind, muß zusätzlich auch die Bedeutung für die Wirtschaftsregion gegeben sein. Die Abgrenzung des Begriffes Wirtschaftsregion ist für den jeweiligen Einzelfall besonders vorzunehmen. Dieses Element stellt die zu beurteilende drohende Betriebsstillegung zusätzlich in einen räumlich größeren Rahmen und ermöglicht eine Würdigung unter den Gesichtspunkten der regionalen und sektoralen Strukturpolitik.

In jedem Falle ist die ausdrückliche Feststellung erforderlich, daß die zu sichernden Arbeitsplätze für die Wirtschaftsregion und den jeweiligen Arbeitsmarkt von besonderem Gewicht sind.

4. Bei der Prüfung der wettbewerblichen Unbedenklichkeit können die obersten Wirtschaftsbehörden der Länder auf die Kenntnisse und Erfahrungen, die sie als Landeskartellbehörden gewonnen haben, zurückgreifen., -

Bei Erwerbsvorgängen durch Unternehmen mit Umsatzerlösen über 1.00 Mio DM und unter 200 Mio DM hat sich die Kommission der Europäischen Gemeinschaften - gestützt auf die Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften - vorbehalten, die Frage der wettbewerblichen Unbedenklichkeit gemäß den Wettbewerbsregeln des EG-Rechts zu untersuchen. In diesen Fällen wird daher stets eine Beurteilung durch die EG-Kommission für erforderlich gehalten. Die Unter-

') MBL NW. 1983 S. 2156.

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richtung der Kommission erfolgt nach entsprechender Einwilligung des Steuerpflichtigen unter Einschaltung des Bundeswirtschaftsministeriums, das die von den Ländern übersandten Unterlagen weiterleitet. Bei der Prüfung der wettbewerblichen Unbedenklichkeit sind u. a. die Auswirkungen der Begünstigung der Betriebsfortführung auf die strukturellen Anpassungsprozesse zu berücksichtigen.

5. In die Bescheinigung ist zur Feststellung des zulässigen Rücklagensatzes aufzunehmen, daß die vorjährigen Umsatzerlöse oder die an deren Stelle tretende Bezugsgröße des Unternehmens des Antragstellers weniger als 200 Mio DM, ggf. weniger als 50 Mio DM betragen.

6. Die Bescheinigung wird von der obersten Wirtschaftsbehörde im Einvernehmen mit der obersten Finanzbehörde des Landes erteilt, das für die Besteuerung des Erwerbers nach dem Einkommen und Ertrag zuständig ist. Gegebenenfalls ist auch mit der obersten Wirtschaftsbehörde eines anderen Landes das Benehmen herzustellen, wenn der erwor.bene Betrieb in einem anderen Bundesland belegen ist.

Die Erteilung der Bescheinigung ist in einem Steuergesetz geregelt und erfolgt ausschließlich für steuerliche Zwecke. Bei dem Bescheiniguhgsverfahren handelt es sich daher um ein Verwaltungsverfahren in Steuersa-che,n im Sinne des § 30 AO. Erkenntnisse, die in diesem Verfahren gewonnen wurden, unterliegen deshalb dem Steuergeheimnis.

Bei noch durchzuführenden Erwerbsvorfällen kann im Einzelfall auch eine Zusicherung nach § 38 VwVfG NW, gegebenenfalls unter Aufnahme von Nebenbestimmungen, erteilt werden.

Wenn sich das Bescheinigungsverfahren auch'nur auf die in § 6d Abs. 3 Nr. l EStG genannten Voraussetzungen bezieht, erscheint es angebracht, die Antragsteller zu verständigen, wenn es am Vorliegen der übrigen in §6d EStG genannten Voraussetzungen offensichtlich mangelt.

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