Historische SMBl. NRW.
Historisch: Richtlinien über die Abwicklung von Erbschaften des Landes RdErl. d. Finanzministers v. 13.11.1961 -V S 2600 - 2168/61 - III B 2
Historisch:
Richtlinien über die Abwicklung von Erbschaften des Landes RdErl. d. Finanzministers v. 13.11.1961 -V S 2600 - 2168/61 - III B 2
Richtlinien über
die Abwicklung von Erbschaften des Landes
RdErl. d. Finanzministers
v. 13.11.1961 -V S 2600 - 2168/61 - III B 2
Allgemeines
Das gesetzliche Erbrecht des Fiskus wird in den §§ 1936,
1964 ff. BGB geregelt. Zur einheitlichen Abwicklung der dem Lande zufließenden
Erbschaften ergehen folgende Richtlinien:
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Zuständige Behörden
Die Übernahme und Abwicklung des
Nachlasses obliegt der Bezirksregierung, in deren Bereich der Erblasser zur
Zeit des Todes seinen Wohnsitz hatte.
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Übernahme des Nachlasses
3.1
Zwischen dem Tode der Erblasserin oder des Erblassers und der Feststellung,
dass ein anderer Erbe als der Fiskus des Landes nicht vorhanden ist (§ 1964
BGB), liegt in der Regel ein längerer Zeitraum. Er wird von den Nachlassgerichten
vorwiegend benötigt, um etwaige andere Erben zu ermitteln und, wenn dies
erfolglos geblieben ist, noch die Fristen des § 1965 BGB zu wahren. Da das
Gericht selbst die unmittelbare Obhut über den Nachlass nicht auszuüben vermag,
wird im allgemeinen für diesen Zeitraum zur Sicherung des Nachlasses eine
Nachlasspflegerin oder ein Nachlasspfleger bestellt.
3.2
Nachlasspflegerinnen und Nachlasspfleger
Die Nachlasspflegerinnen und Nachlasspfleger haben u. a. ein
Vermögensverzeichnis aufzustellen, das von dem Nachlassgericht geprüft wird.
Außerdem müssen sie dem Gericht Rechnung legen (§§ 1915, 1802, 1837, 1840 BGB).
Sie ist dem Lande als Erben Rechenschaft schuldig (§§ 1915, 1890 BGB); dieses
kann daher, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass die in der Rechnung
enthaltenen Angaben über die Einnahmen nicht mit der erforderlichen Sorgfalt
gemacht sind, von ihr die Leistung des Offenbarungseides fordern (§ 259 BGB).
Ferner unterliegen die Nachlasspflegerinnen und Nachlasspfleger der besonderen
Strafvorschrift des § 266 StGB.
3.3
Vermögensverzeichnis
Das vom Gericht geprüfte Vermögensverzeichnis ist von der
Bezirksregierung bei der Nachlasspflegerin oder dem Nachlasspfleger
anzufordern. Das weitere Vorgehen hängt von dem Inhalt des Vermögensverzeichnisses
ab. Der Nachlass soll möglichst beschleunigt und endgültig abgewickelt werden.
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Abwicklung des Nachlasses
4.1
Nachlasskonkurs, Nachlassverwaltung
Ist der Nachlass bei der Übernahme durch das Land
überschuldet, muss unverzüglich die Eröffnung des Nachlasskonkurses beantragt
werden (§ 1980 BGB). In allen anderen Fällen ist die Anordnung der
Nachlassverwaltung zu beantragen (§ 1981 BGB), um früh genug eine
Haftungsbeschränkung zu erreichen. Nachstehender Abschnitt 4.3 ist zu beachten.
4.2
Verwertung von nichtüberschuldeten Nachlässen
Bei nichtüberschuldeten Nachlässen kann es vorteilhaft sein,
diese selbst abzuwickeln und dabei das restliche Nachlassvermögen unter
Abdeckung der Nachlassverbindlichkeiten zu verwerten.
Die noch nicht abgedeckten Nachlassschulden sind nach
Prüfung (bei der die Angaben der Nachlasspflegschaft im Allgemeinen als
zuverlässig angesehen werden können) zu befriedigen. Je nach Lage des Falles
ist nichts dagegen einzuwenden, wenn sich die Bezirksregierungen bei der
Verwertung des Restvermögens der zuständigen Gerichtsvollzieherin oder des
zuständigen Gerichtsvollziehers, eines anderen Versteigerers oder der
bisherigen Nachlasspflegerin oder dem Nachlasspfleger bedienen. Dabei müssen
jedoch die entstehenden Kosten zu dem zu erwartenden Verwertungserlös in einem
angemessenen Verhältnis stehen.
4.3
Dürftigkeit des Nachlasses
Ist der Antrag auf Eröffnung des Nachlasskonkurses oder
Anordnung der Nachlassverwaltung mangels einer den Kosten entsprechenden Masse
vom Gericht abgelehnt worden (§ 1990 BGB), so ist der Nachlass von der
Bezirksregierung abzuwickeln. Liegt eine Überschuldung des Nachlasses nicht
vor, ist dabei entsprechend dem vorherigen Abschnitt 4.2 zu verfahren.
4.4
Nachlassgläubigerinnen und Nachlassgläubiger
Den Nachlassgläubigerinnen und Nachlassgläubigern gegenüber
ist das Land als Erbe zwar nicht verpflichtet, den Erlös an sie anteilig
auszuschütten; es darf ihr Vorgehen vielmehr abwarten und muss nur denjenigen,
die einen vollstreckbaren Titel erlangt haben, den Nachlass zum Zwecke der
Befriedigung im Wege der Zwangsvollstreckung herausgeben (§ 1990 BGB). Ein
solches abwartendes Verhalten führt aber dazu, dass die Gläubigerinnen und
Gläubiger unstreitiger Forderungen unnötige Kosten aufwenden müssen, um einen
vollstreckbaren Titel zu erlangen, die dem ohnehin geringfügigen Nachlass
zusätzlich zur Last fallen würden. Andererseits ist der Erbe nicht
verpflichtet, ein Vorgehen der Gläubigerinnen und Gläubiger im Rechtswege
abzuwarten; er darf nur nicht, sobald er von der Überschuldung Kenntnis hat,
der oder die eine vor den anderen bevorzugen, sondern haftet der Gesamtheit der
Gläubigerinnen und Gläubiger wie ein Beauftragter (§§ 1991 Abs. l, 1978, 1979
BGB). Es ist deshalb zweckmäßig und entspricht der Billigkeit, dass die Bezirksregierungen
den Nachlass an die ihnen aus dem Nachlassverzeichnis bekannten Gläubigerinnen
und Gläubiger nach den Grundsätzen der Konkursordnung verteilen und hierzu
zunächst einen Plan aufstellen. Um Ersatzansprüche aus § 1978 BGB zu vermeiden,
ist zunächst ein Gläubigeraufgebot (§ 1970 BGB) zu beantragen und nach Ablauf
der Aufgebotsfrist der Plan den Gläubigerinnen und Gläubigern mit der
Aufforderung mitzuteilen, ihr Einverständnis zu erklären. Zugleich ist ihnen zu
eröffnen, dass die Verteilung nicht stattfinden kann, wenn eine oder einer
widerspricht. In diesem Falle ist der Nachlass gemäß § 1990 BGB denjenigen
auszuhändigen, die zuerst ein rechtskräftiges Urteil erlangt haben. Je nach dem
Erfolge muss entweder die Verteilung vorgenommen oder das Vorgehen der
Gläubigerinnen und Gläubiger abgewartet werden. Später etwa auftretenden
Gläubigerinnen oder Gläubigern ist die Einrede aus § 1990 BGB entgegenzuhalten.
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Haushaltsmäßige Behandlung des Nachlasses
5.1
Allgemeines
Der Nachlass ist bis zur endgültigen Abwicklung
grundsätzlich als einheitliches Ganzes (Haftungsmasse für etwaige
Nachlassschulden) zu behandeln. Eine vorherige Aufteilung des Nachlasses oder
eine Abgabe von einzelnen Vermögensteilen an andere Verwaltungszweige hat bis
dahin zu unterbleiben.
5.2
Buchungsstelle im Haushalt
Die Einnahmen aus Erbschaften des Landes sind bei der im
Landeshaushalt vorgesehenen Verbuchungsstelle - Kap. 1461 Titel 11 - zu buchen.
Die entsprechenden Ausgaben zur Erfüllung von Nachlassverbindlichkeiten sind
bei Kap. 1461 Titel 305 auszuweisen.
5.3
Abschlussnachweisung
Mit Beendigung der Nachlassabwicklung ist entsprechend der
haushaltsmäßigen Behandlung nach 5.2 eine Abschlussnachweisung aufzustellen.
Diese soll alle Einnahmen und Ausgaben sowie gegebenenfalls eine Übersicht über
die noch vorhandenen Nachlassgegenstände enthalten.
5.4
Nachlassgläubigerinnen und Nachlassgläubiger, die nach Aufstellung der
Abschlussnachweisung auftreten
Treten noch Nachlassgläubigerinnen oder Nachlassgläubiger
nach Aufstellung der Abschlussnachweisung auf, so sind deren Forderungsbeträge
bis zur Höhe des vereinnahmten Nachlassüberschusses im Landeshaushalt bei Kap.
1461 Titel 305 zu verausgaben. Reicht der Überschuss nicht aus, ist gemäß §
1990 ff. BGB zu verfahren.
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Vermögensmäßige Behandlung von Nachlassgegenständen
6.1
Übernahme von Gegenständen durch Dienststellen des Landes
Vor der Abwicklung eines Nachlasses bitte ich stets zu
prüfen, ob das Land an der endgültigen Übernahme bestimmter Gegenstände
interessiert ist. Besteht kein Landesbedarf, kann die Abwicklung ohne weiteres
vorgenommen werden. Andernfalls ist im Hinblick auf etwaige
Nachlassverbindlichkeiten zu prüfen, in welcher Weise die in Frage kommenden
Gegenstände aus der Nachlassmasse herauszulösen sind.
6.2
Wertausgleich
Bei überschuldeten Nachlässen ist der volle Wert des zu übernehmenden
Gegenstandes aus Haushaltsmitteln an den Nachlass zu erstatten. Bei
nichtüberschuldeten Nachlässen ist lediglich der Teil des Verkehrswertes zu
erstatten, der zur Erfüllung der ungedeckten Nachlassverbindlichkeiten
erforderlich ist.
6.3
Grundstücke, die zu einem überschuldeten Nachlass gehören
Ist der Nachlass (einschl. des angefallenen Grundvermögens)
überschuldet oder kann die Möglichkeit einer Überschuldung nicht ausgeschlossen
werden, muss das Grundstück zunächst in der Nachlassmasse verbleiben. Erträge
und Kosten sind Einnahmen und Ausgaben für den Nachlass.
6.4
Übernahme von Grundsstücken
Nach Übernahme eines Grundstückes durch die
Liegenschaftsverwaltung sind die mit der Verwaltung verbundenen Einnahmen und
Ausgaben über den Einzelplan 14 Kapitel 1463 abzuwickeln.
Eine vorschußweise Zahlung von Haushaltsmitteln ist vor
Übernahme des Grundstückes in die Liegenschaftsverwaltung nicht zulässig.
6.5
Landesgrundbesitzverzeichnis
Grundstücke, Grundstücksanteile und grundstücksgleiche
Rechte sind nach Übernahme durch die Liegenschaftsverwaltung als Vermögen der
Allgemeinen Finanzverwaltung im Landesgrundbesitzverzeichnis nachzuweisen.
6.6
Wertpapiere
Wertpapiere, Schuldbuchforderungen und dergleichen sind im
Rahmen der Nachlassabwicklung bis zur Höhe der daraus zu befriedigenden
Nachlassverbindlichkeiten zu verwerten. Dabei ist im Falle eines teilweisen
Verkaufs den Wertpapieren mit dem jeweils höchsten Kurs der Vorzug zu geben.
Wertpapiere, die für die Befriedigung von Nachlassverbindlichkeiten nicht
benötigt werden, sind an das Depot 9021 der Bezirksregierung in Düsseldorf bei
der Rheinischen Girozentrale und Provinzialbank in Düsseldorf zu übertragen.
Der Bezirksregierung in Düsseldorf hat eine baldige Veräußerung auch dieser
Wertpapiere anzustreben und den Erlös bei Kapitel 1461 Titel 84 in den
Landeshaushalt zu vereinnahmen.
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Nachlässe auf Grund letztwilliger Verfügung
Diese Richtlinien finden sinngemäß Anwendung auf die
Abwicklung von Nachlässen, die dem Lande auf Grund letztwilliger Verfügung
zufallen.
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Aufhebung von Runderlassen
Folgende nicht veröffentlichte Runderlasse werden hiermit
aufgehoben:
1. FinMin NW—130 —lOb —355 III —v. 13.11.1947,
2. FinMin NW — VS 1725 — 7138 — III B — v. 3. 10. 1950,
3. FinMin NW — VS 2001 — 2355/56 — III B l — v. 25.7.1956.
9
Schlussbemerkung
Im Hinblick auf die Vielzahl unterschiedlicher Nachlassfälle
ist eine Regelung, die alle Möglichkeiten berücksichtigt, nicht möglich.
Sollten sich auch bei sinngemäßer Anwendung dieser Richtlinien in der
Abwicklung der Nachlässe und der Behandlung des Nachlassvermögens
Unzuträglichkeiten oder Zweifel herausstellen, bitte ich, in eigener
Verantwortung zu entscheiden. In Fällen von erheblicher Bedeutung ist mir zu
berichten und meine Entscheidung einzuholen.
MBl. NRW. 1961 S. 1802.