Geltende Erlasse (SMBl. NRW.)  mit Stand vom 22.3.2024


Verwaltungsvorschriften zum Bundes-Immissionsschutzgesetz Gem. RdErl. d. Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - V B 1 - 8001.7.45 (3/2000), d. Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Energie und Verkehr - III A 4 - 62 - 03, d. Ministeriums für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport - II A 4.850.1 - u.d. Ministeriums für Arbeit und Soziales, Qualifikation und Technologie - 214-8313.6 v. 1.9.2000

 

Verwaltungsvorschriften zum Bundes-Immissionsschutzgesetz Gem. RdErl. d. Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - V B 1 - 8001.7.45 (3/2000), d. Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Energie und Verkehr - III A 4 - 62 - 03, d. Ministeriums für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport - II A 4.850.1 - u.d. Ministeriums für Arbeit und Soziales, Qualifikation und Technologie - 214-8313.6 v. 1.9.2000

Verwaltungsvorschriften
zum Bundes-Immissionsschutzgesetz

Gem. RdErl. d. Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - V B 1 - 8001.7.45 (3/2000),
d. Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Energie und Verkehr - III A 4 - 62 - 03,
d. Ministeriums für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport - II A 4.850.1 -
u.d. Ministeriums für Arbeit und Soziales, Qualifikation und Technologie - 214-8313.6
v. 1.9.2000

Um eine einheitliche Auslegung und Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes - BImSchG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Mai 1990 (BGBl. I S. 880), zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. Mai 2000 (BGBl. I S. 632), sicherzustellen, wird auf Folgendes hingewiesen:

1
Zu § 2 (Geltungsbereich)

§ 2 Abs. 2 Satz 2 stellt lediglich eine Klarstellung der bisherigen Rechtslage dar. Wasserrechtliche Vorschriften bleiben durch das Gesetz unberührt und gelten neben den immissionsschutzrechtlichen Vorschriften, so dass wie bisher das Bundes-Immissionsschutzgesetz und die zu seiner Durchführung ergangenen Rechts- und Verwaltungsvorschriften ohne Einschränkungen zu Grunde gelegt werden können, soweit es in ihrem Anwendungsbereich auch um den Schutz der Gewässer geht. § 2 Abs. 2 Satz 2 enthält nämlich keinen generellen, abstrakten Vorrang des Wasserrechts vor dem Immissionsschutzrecht (siehe auch den Unterschied zu der weit formulierten Abgrenzung in Satz 1 des § 2 Abs. 2), sondern stellt auf die Ergebnisse aus der Anwendung der einschlägigen wasserrechtlichen und immissionsschutzrechtlichen Vorschriften ab. Dabei kann sich bei der Anwendung wasserrechtlicher Vorschriften "etwas anderes" ergeben, wenn diese Vorschriften Regelungen enthalten, die denen des Immissionsschutzrechts entgegenstehen; nur in einem solchen Fall würden die Vorschriften des Wasserrechts Vorrang haben.

Für die Auslegung geltenden Rechts kann § 2 Abs. 2 Satz 2 im Hinblick auf die Beurteilung der "sonstige(n) Gefahren, erhebliche(n) Nachteile und erhebliche(n) Belästigungen" im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Bedeutung haben. Für diese Beurteilung sind die anlagenbezogenen Regelungen der §§ 19 g ff. des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 1996 (BGBl. I S. 1695), zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. Mai 2000 (BGBl. I S. 632), und der hierzu ergangenen Ausführungsvorschriften insoweit beachtlich, als die sich aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 ergebenden Anforderungen für den Gewässerschutz mit diesen in Einklang stehen müssen. Gegenwärtig bestehen keine wasserrechtlichen Vorschriften, die die Anwendung immissionsschutzrechtlicher Vorschriften ausschließen.

Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 11 des Gesetzes zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen und zur Sanierung von Altlasten (Bundes-Bodenschutzgesetz - BBodSchG) vom 17. März 1998 (BGBl. I S. 502) findet das Bundes-Bodenschutzgesetz auf schädliche Bodenveränderungen und Altlasten dann keine Anwendung, wenn Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen über die Errichtung und den Betrieb von Anlagen Einwirkungen auf den Boden regeln. Das Bundes-Immissionsschutzgesetz ist in diesen Fällen mithin vorrangig anzuwenden. Auf § 3 Abs. 3 BBodSchG wird verwiesen (vgl. Nummer 2.1 Abs. 2 und Nummer 4.2 Abs. 2 Satz 3 dieses RdErl.).

2
Zu § 3 (Begriffsbestimmungen)

2.1
Schädliche Umwelteinwirkungen sind Immissionen im Sinne des Absatzes 2, die Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeiführen können.

Gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG gelten schädliche Bodenveränderungen im Sinne des § 2 Abs. 3 BBodSchG und der auf Grund des Bundes-Bodenschutzgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen, soweit sie durch Immissionen verursacht werden, als schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Abs. 1.

2.1.1
Unter Gefahr ist eine Sachlage zu verstehen, die nach allgemeiner Erfahrung die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts an den in § 1 genannten Schutzgütern in sich birgt. Soweit ausschließlich mit Sachschäden zu rechnen ist, kann eine Gefahr im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes nur bei bedeutenden Sachwerten angenommen werden.

2.1.2
Nachteile sind Vermögenseinbußen und Einschränkungen des persönlichen Lebensraumes, die weder die körperliche Integrität noch das körperliche oder seelische Wohlbefinden beeinträchtigen.

2.1.3
Belästigungen sind Störungen des körperlichen oder seelischen Wohlbefindens, die nicht mit einem Schaden für die Gesundheit verbunden sind.

2.1.4
Nur diejenigen Nachteile und Belästigungen sind schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Absatzes 1, die erheblich sind. Die Erheblichkeit ist keine absolut festliegende Größe, sie ist vielmehr im Einzelfall durch Abwägung aller bedeutsamen Umstände zu ermitteln. Dabei sind - unter Berücksichtigung der bisherigen Umweltbelastung - der Charakter der Umgebung, die Tageszeit, die Dauer und die Intensität der Einwirkung, die Art des emittierten Stoffes u.a. wesentliche Beurteilungskriterien. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die Grundstücksnutzung mit einer gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet sein kann, die unter anderem dazu führen kann, dass der Belästigte in stärkerem Maße Nachteile hinnehmen muss. Dies wird insbesondere anzunehmen sein, soweit einer emittierenden Anlage Bestandsschutz zukommt. In diesem Fall können Nachteile oder Belästigungen hinzunehmen sein, selbst wenn sie bei gleichartigen Immissionen in anderen Situationen als erheblich anzusehen wären. Anlagen, die wegen ihres eigenen Störungsgrades in einem Industriegebiet angesiedelt werden sollen, aber gegenüber bestimmten Immissionen besonders empfindlich sind (z.B. Glasschleiferei gegenüber Erschütterungen), können in der Regel keinen höheren Schutz als andere Anlagen in derartigen Gebieten erwarten. Der Anlagenbetreiber soll dann jedoch frühzeitig auf die vorhandene Immissionsbelastung hingewiesen werden, damit er Schutzvorkehrungen für seine besonders empfindliche Anlage treffen kann.

Hinsichtlich der Bewertung von Belästigungen ist zu beachten, dass nicht auf eine mehr oder weniger empfindliche individuelle Person, sondern auf die Wirkung bei einem verständigen, durchschnittlich empfindlichen Menschen abzustellen ist.

2.1.5
Der Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen setzt weiter voraus, dass die Immissionen Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeiführen können. Unter Allgemeinheit ist eine unbestimmte und nicht bestimmbare Zahl von Personen zu verstehen; ihr Schutz dient der Wahrung des Allgemeininteresses. Unter den Begriff der Nachbarschaft fällt jede Person, deren Gesundheit, Wohlbefinden oder Vermögen durch die Errichtung oder den Betrieb der Anlage unmittelbar beeinträchtigt werden kann, weil sie sich regelmäßig im Einwirkungsbereich der Anlage aufhält oder als Eigentümer oder Besitzer ihre ständig dort befindlichen Sachen nutzt.

2.1.6
Der Begriff der schädlichen Umwelteinwirkung setzt nicht voraus, dass im Einzelfall ein Schaden an einem bestimmten Rechtsgut bereits eingetreten ist oder bevorsteht. Ausschlaggebend ist die Eignung der Immissionen, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen hervorzurufen.

2.2
Der Begriff der Anlage ist in der gesetzlichen Definition weit gefasst. Er umfasst alle baulichen Anlagen, andere ortsfeste Betriebsstätten sowie maschinelle Einrichtungen und Geräte von einer gewissen Selbständigkeit und Beständigkeit. Kraftfahrzeuge und ihre Anhänger sowie Schienen-, Luft- und Wasserfahrzeuge sind in ihrer Eigenschaft als Fahrzeuge aus dem Anlagenbegriff ausdrücklich ausgenommen; dies gilt jedoch nicht, soweit sie als Arbeitsgeräte verwendet werden (z.B. Transportbetonmischer, Bagger, Kettenlader, Planierraupen u.a.).

Auch die in Absatz 5 Nr. 3 genannten Grundstücke sind grundsätzlich Anlagen. Dies gilt jedoch nicht, wenn auf ihnen nur gelegentlich Arbeiten durchgeführt werden, die schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen können. Ausdrücklich ausgenommen sind öffentliche Verkehrswege. Nicht öffentliche Verkehrswege innerhalb des Werksbereichs und sonstige private Verkehrsflächen (z.B. Werksparkplätze oder andere private Abstellflächen für Fahrzeuge) gehören dagegen zu den jeweiligen Anlagen (vgl. auch Nummer 18.3 dieses RdErl.).

2.3
Der Begriff des Betriebsbereichs ist zur Umsetzung der sog. Seveso II - Richtlinie 96/82/EG vom 9. Dezember 1996 (ABl. der EG 1997 Nr. L 10 S.13) in Absatz 5a eingefügt worden. Kennzeichnend für einen Betriebsbereich ist, dass in ihm gefährliche Stoffe in bestimmter Qualität und Quantität tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden - vgl. auch § 2 Nr. 2 der Störfall-Verordnung (12. BImSchV) vom 26. April 2000 (BGBl. I S. 603).
Von vornherein ausgenommen von dem Begriff sind

- militärische Einrichtungen,
- Abfalldeponien gemäß § 29 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes (KrW-/AbfG) vom 27. September 1994 (BGBl. I S. 2705), zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. Mai 2000 (BGBl. I S. 632),
- Straßen-, Schienen-, Wasser- und Luftfahrzeuge, soweit sie gefährliche Stoffe außerhalb der unter die Richtlinie fallenden Bereiche befördern oder zeitlich begrenzt zwischenlagern oder in Hafenbecken, Kaianlagen oder Verschiebebahnhöfen umladen,
- Rohrleitungen einschließlich der Pumpstationen außerhalb der der Richtlinie unterfallenden Betriebe sowie
- Bergbau-, Steinbruch- und Bohranlagen, soweit sie dem Aufsuchen oder Gewinnen von Mineralien dienen.

2.3.1
Ein Betriebsbereich kann auch aus mehreren genehmigungs- oder nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen bestehen. Dann muss ein räumlicher Zusammenhang zwischen den einzelnen Anlagen gegeben sein, und die Anlagen müssen unter der Aufsicht eines Betreibers stehen. Die maßgebenden Stoffmengen sind dann auf den gesamten Betriebsbereich bezogen.

2.3.2
Der Betriebsbereich muss unter der Aufsicht eines Betreibers stehen. Betreiber ist derjenige, der den bestimmenden Einfluss auf die Errichtung, die Beschaffenheit, die Betriebsweise oder die Stilllegung der Anlage ausübt. Dies schließt eine Personenmehrheit nicht aus, wenn sie insgesamt einen maßgeblichen Einfluss auf die Betriebsorganisation hat.

3
Zu § 4 (Genehmigung)

3.1
Aus § 4 ist nicht unmittelbar zu entnehmen, welche Anlagen einer Genehmigung bedürfen. Sie werden vielmehr durch die Vierte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen - 4. BImSchV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. März 1997 (BGBl. I S. 504), zuletzt geändert durch Verordnung vom 23. Februar 1999 (BGBl. I S. 186), bestimmt.

Die in der 4. BImSchV genannten Anlagen bedürfen unabhängig davon der Genehmigung, ob sie im Einzelfall tatsächlich in besonderem Maße schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen können oder ob mit sonstigen Gefahren zu rechnen ist.

3.2
Die Errichtung und der Betrieb der Anlage sind ein einheitlicher Genehmigungstatbestand; wird daher zunächst nur eine Genehmigung für die Errichtung beantragt, handelt es sich um eine Teilgenehmigung, deren Erteilung nach § 8 im Ermessen der Genehmigungsbehörde liegt.

3.3
Durch Absatz 2 werden bestimmte Anlagen des Bergwesens vom Genehmigungserfordernis ausgenommen. In diesen Fällen sind die Belange des Immissionsschutzes im Rahmen des bergrechtlichen Betriebsplan- oder Planfeststellungsverfahrens zu berücksichtigen.

4
Zu § 5 (Pflichten der Betreiber genehmigungsbedürftiger Anlagen)

4.1
Durch § 5 Abs. 1 wird jedermann, der eine genehmigungsbedürftige Anlage errichten oder betreiben will, unmittelbar verpflichtet, während der gesamten Dauer des Betriebs für einen umweltverträglichen und gefahrfreien Zustand der Anlage zu sorgen und Vorsorge zu treffen, dass dem Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen vorgebeugt wird. Die Grundpflichten aus § 5 Abs. 1 sind nicht bußgeldbewehrt. Ihre Erfüllung kann außer durch Auflagen (§ 12) durch nachträgliche Anordnungen (§ 17) und ggf. durch Untersagungs-, Stilllegungs- oder Beseitigungsverfügungen (§ 20) sichergestellt werden; Verstöße hiergegen können Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten sein (vgl. § 62 Abs. 1 Nrn. 3 und 5 BImSchG sowie §§ 325, 325a und 327 Abs. 2 StGB).

4.2
Die Forderung des Absatzes 1 Nr. 1 betrifft schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige von der Anlage ausgehende Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen. Zur Beantwortung der Frage, wann Immissionen als schädliche Umwelteinwirkungen anzusehen sind, sind u. a. die in Allgemeinen Verwaltungsvorschriften (Technische Anleitungen) festgelegten Immissionswerte heranzuziehen; dabei ist der unterschiedliche Aussagegehalt der einzelnen Immissionswerte zu berücksichtigen.

Der Schutz vor sonstigen Gefahren ist nach Absatz 1 Nr. 1 umfassend zu gewährleisten. Zu den sonstigen Gefahren gehören auch Verunreinigungen des Wassers oder des Bodens, die zu einer Schädigung der menschlichen Gesundheit oder von bedeutenden Sachwerten, insbesondere von dem Gemeinwohl dienenden Sachgütern, führen können. Nach § 3 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG gelten schädliche Bodenveränderungen im Sinne von § 2 Abs. 3 BBodSchG, soweit sie nicht durch Immissionen verursacht werden, als sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1. Gefahren, die von den anfallenden Abfällen ausgehen können, müssen ausgeschlossen werden, soweit diese im Zusammenhang mit dem Anlagenbetrieb auftreten können.

4.3
Nach Absatz 1 Nr. 2 muss der Betreiber außerdem Vorsorge vor schädlichen Umwelteinwirkungen treffen, d.h. die Anlage muss so errichtet und betrieben werden, dass die Emissionen der Anlage auf das nach dem Stand der Technik (vgl. dazu § 3 Abs. 6) unvermeidbare Maß beschränkt und die verbleibenden Emissionen ausreichend verteilt oder auf andere Weise in ihrer Wirkung (z.B. durch entsprechende Anordnung der emittierenden Anlagenteile) gemindert werden.

Soweit in Rechtsverordnungen oder Verwaltungsvorschriften eine abschließende Bewertung des Standes der Technik vorgenommen worden ist, sind die Behörden grundsätzlich daran gebunden und dürfen nicht aufgrund eigener Feststellungen zu einer anderen Bewertung des Standes der Technik kommen. Die Bindung der Behörden an Verwaltungsvorschriften entfällt jedoch bei einem offensichtlichen oder auf neuen gesicherten Erkenntnissen beruhenden Widerspruch zum materiellen Recht oder, wenn der Einzelfall eine solche Atypik aufweist, dass er von der Verwaltungsvorschrift erkennbar nicht erfasst wird.

4.4
Nach der Grundpflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 3 sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass Abfälle vermieden werden, es sei denn, sie werden ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder, soweit Vermeidung und Verwertung technisch nicht möglich oder unzumutbar sind, ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt. Diese Grundpflicht dient dazu, bereits das Entstehen von Abfällen zu begrenzen. Die Grundpflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 3 gilt entsprechend für nicht genehmigungsbedürftige Anlagen im Sinne von § 22, soweit dies in einer Rechtsverordnung nach § 22 Abs. 1 Satz 2 bestimmt ist.

4.4.1
Für die Auslegung des Begriffes "Abfall" im BImSchG ist grundsätzlich die Definition des § 3 KrW-/AbfG maßgebend.

Unter den Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1 Nr. 3 fallen auch Betriebsabwässer, nicht hingegen Abgase. Für Betriebsabwässer folgt dies aus § 2 Abs. 2 Nr. 6 KrW-/AbfG, wonach die Vorschriften des KrW-/AbfG bis zur Einleitung in Gewässer oder Abwasseranlagen gelten und es sich somit gemäß § 3 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit Anhang I Buchstabe Q 1 um Abfall handelt. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass das Wasserrecht durch die in der zu § 7a WHG ergangenen Abwasserverordnung (AbwV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 09. Februar 1999 (BGBl. I S. 86) festgelegten bzw. durch die gem. § 7 AbwV übergangsweise geltenden Mindestanforderungen bestimmte Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen für die Beseitigung von Betriebsabwässern vorsieht. Vorbehaltlich weitergehender Anforderungen nach § 6 WHG kann bei Beachtung dieser Anforderungen wasserrechtlich von einer Erfüllung der Grundpflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 3 ausgegangen werden.

4.4.2
Stoffe, deren Herstellung mit der Anlage bezweckt ist, sind keine Abfälle im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG, können aber Abfälle nach dem KrW-/AbfG sein. Den Zweck des Anlagenbetriebs bestimmt der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage, indem er sie im Genehmigungsantrag und den beigefügten Unterlagen beschreibt. Der Anlagenzweck ist anhand der Verkehrsanschauung unter Berücksichtigung der Festlegungen im Genehmigungsbescheid zu ermitteln. Stoffe, die in Anlagenteilen oder Nebeneinrichtungen entstehen oder anfallen, die aufgrund oder zur Einhaltung gesetzlicher Anforderungen errichtet sind, z.B. Abgas- oder Abwasserreinigungseinrichtungen, werden nicht vom Zweck des Anlagenbetriebs erfasst.

Würde der Anlagenbetreiber einen bestimmten Stoff auch entstehen lassen, wenn er das Hauptprodukt der Anlage ohne den Anfall dieses Stoffes mit gleichen oder geringeren Kosten herstellen könnte, so handelt es sich nicht um einen Abfall im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG, sondern um einen weiteren Stoff (Nebenprodukt), auf dessen Herstellung der Zweck des Anlagenbetriebs auch ausgerichtet ist.

4.4.3
Die Betreiberpflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 3 ist eine Vermeidungspflicht, welche jedoch dann entfällt, wenn die Abfälle einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden. Erst wenn sowohl die Vermeidung als auch die Verwertung von Abfällen technisch nicht möglich oder unzumutbar sind, dürfen Abfälle beseitigt werden. Voraussetzung für die Zulässigkeit der Beseitigung ist jedoch, dass dies ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit geschieht.

Im Einzelnen gilt Folgendes:

4.4.4
Vermeidung

§ 5 Abs. 1 Nr. 3 verpflichtet den Anlagenbetreiber dazu, die genehmigungsbedürftige Anlage so zu errichten und zu betreiben, dass Abfälle vermieden werden. Die Menge und Zusammensetzung der Abfälle, die in einer Anlage entstehen, werden durch die Anlagen- und Prozessgestaltung und die eingesetzten Roh- und Hilfsstoffe bestimmt.

4.4.4.1
Abfälle werden vermieden, wenn und soweit

- bereits ihre Entstehung durch geeignete Maßnahmen (bestimmte Verfahrensarten - wie z. B. Kreislaufführung - oder Wahl der Einsatzstoffe) verhindert wird oder
- ihre Menge oder Schädlichkeit innerhalb der Anlage verringert wird.
Als Maßnahmen zur Abfallvermeidung sind - vorbehaltlich einer Prüfung im Einzelfall - beispielsweise regelmäßig anzusehen die
- Verwendung abfallfrei oder abfallarm zu verarbeitender Einsatzstoffe (z.B. Einsatz von Siedesalz anstelle von Steinsalz bei der Chloralkali-Elektrolyse),
- Anwendung abfallarmer Verfahren (z.B. Tauchlackierung statt Spritzlackierung, Chloralkali-Elektrolyse nach dem Membranverfahren anstelle des Amalgamverfahrens),
- Kreislaufführung von Stoffen (z.B. geschlossene Kühlwasserkreisläufe, Formsandkreisläufe innerhalb von Gießereien, Wiedereinsatz von Lackoverspray im Spritzprozess innerhalb einer Lackieranlage, Lösemittelrückführung),
- Wahl einer abfallarmen Abgas- oder Abwasserreinigungstechnik (z.B. Einsatz eines Trockenentstaubungsverfahrens mit Filterstaubrückführung anstelle eines Nassentstaubungsverfahrens mit dem Anfall von Abwasser und Schlamm).

4.4.4.2
Maßnahmen zur Abfallvermeidung dürfen nicht dazu führen, dass sonstige Grundpflichten aus § 5 Abs. 1 verletzt werden. Insofern können beispielsweise der Vermeidung durch Kreislaufführung andere immissionsschutzrechtliche Pflichten entgegenstehen.

4.4.4.3
Die Abfallvermeidung kann nur gefordert werden, wenn und soweit sie technisch möglich und zumutbar ist.

Technisch möglich ist die Vermeidung, wenn zur Erreichung des Betriebszwecks ein praktisch geeignetes Verfahren zur Verhinderung der Entstehung oder zur Verringerung der Menge oder der Schädlichkeit des Abfalls zur Verfügung steht. Praktisch geeignet ist das technische Verfahren dann, wenn es ohne längere Erprobungsphase verwirklicht werden kann.

Zumutbar ist die Vermeidung, wenn sie unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu verwirklichen ist. Dabei ist neben der objektiven Verhältnismäßigkeitsprüfung eine Abwägung der Vor- und Nachteile im konkreten Einzelfall durchzuführen. Bei der Prüfung der Zumutbarkeit sind insbesondere wirtschaftliche und umweltbezogene Gesichtspunkte gegeneinander abzuwägen; dabei sind die vorgesehene Nutzungsdauer, die Absetzbarkeit der Erzeugnisse zu einem marktfähigen Preis sowie technische Besonderheiten der Anlage ebenso zu berücksichtigen wie Art, Menge und Gefährlichkeit der Abfälle.

Die Vermeidung kann unzumutbar sein, wenn es erforderlich wäre, das (vorgesehene) Produktions-, Abgas- oder Abwasserreinigungsverfahren grundlegend zu verändern. Unzumutbarkeit liegt insbesondere vor, wenn die mit der Vermeidung verbundenen Aufwendungen dazu führen, dass die gewonnenen Erzeugnisse nicht mehr zu einem marktfähigen Preis abgesetzt werden können.

Es kann aber zumutbar sein, dass Roh- oder Hilfsstoffe eingesetzt werden, die nicht zu bestimmten Abfällen führen, oder dass zusätzlich Verfahrensschritte vorgesehen und zusätzliche Anlagenteile eingebaut werden, die eine Stoffrückführung in den Produktionsprozess ermöglichen (z.B. Aufbereitung von Lösemitteln durch Destillation mit anschließender Rückführung in den Produktionsprozess anstelle einer Beseitigung der Lösemittel).

Entsprechende Anforderungen können von der Genehmigungsbehörde als Nebenbestimmung zum Genehmigungsbescheid
oder von der zuständigen Überwachungsbehörde im Wege der nachträglichen Anordnung nach § 17 Abs. 1 gestellt werden.

4.4.5
Verwertung

Abfälle werden verwertet, wenn sie - ggf. nach einer Behandlung - stofflich oder energetisch genutzt werden. Eine Verwertung in diesem Sinneliegt nicht vor, wenn die Nutzung lediglich nachgeordneter Zweck eines hauptsächlich auf Beseitigung ausgerichteten Vorgangs ist. Die Verwertung kann

- in anderen Anlagen desselben Betreibers (z.B. Einsatz eisenhaltiger Abfälle eines Stahlwerkes in einer Hochofenanlage),
- in Anlagen anderer Betreiber (z.B. Einsatz von Steinkohlenflugaschen aus Kraftwerken als Zuschlagstoff in Zementwerken),
- durch unmittelbare Verwendung (z.B. Einsatz von Granulat aus Schmelzkammerfeuerungen als Straßenbaustoff), aber auch
- durch anlageninterne Verwertung in derselben Anlage (z.B. Wiedereinsatz von Glasbruch oder fehlerhaften Glasprodukten im Schmelzaggregat) erfolgen.

4.4.5.1
Die Verwertung ist nur zulässig, wenn sie ordnungsgemäß und schadlos erfolgt.

Die Verwertung ist ordnungsgemäß, wenn sie im Einklang mit dem formellen und materiellen Recht steht. Das bedeutet unter anderem, dass eine Verwertung insbesondere die stoffbezogenen Anforderungen des KrW-/AbfG erfüllen muss (§ 9 Satz 2 KrW-/AbfG). Danach darf die Verwertung insbesondere nicht zu einer Schadstoffanreicherung im Wertstoffkreislauf führen (vgl. § 5 Abs. 3 Satz 3 letzter Teilsatz KrW-/AbfG). Sollen Abfälle z.B. in einer immissionsschutzrechtlich genehmigten Anlage verwertet werden, muss sich deren Genehmigung nach Art und Umfang auf den Einsatz dieser Stoffe erstrecken. Handelt es sich um eine nicht genehmigungsbedürftige Anlage, müssen bei der Verwertung die Pflichten aus § 22 Abs. 1 und die sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften beachtet sein.

Für die Zulässigkeit der Verwertung ist es darüber hinaus erforderlich, dass die Verwertung schadlos erfolgt. Während mit dem Erfordernis der ordnungsgemäßen Verwertung in erster Linie Anforderungen an das eingesetzte Verfahren gestellt werden, ist das Merkmal der Schadlosigkeit vornehmlich auf die Umweltverträglichkeit der Verwertungsart oder des Verwertungsproduktes bezogen. So kann sich z.B. die Verwertung von Abfällen im Hinblick darauf als problematisch erweisen, dass in das aus der Verwertung gewonnene Produkt erheblich mehr Schadstoffe eingehen, die bei der Verwendung oder bei einer späteren Entsorgung zu größeren Umweltbelastungen führen können, als dies bei der Herstellung des gleichen Produkts aus primären Rohstoffen der Fall wäre.

Der Begriff "schadlos" bedeutet nicht, dass eine Verwertungsmaßnahme überhaupt keine Auswirkungen auf die Umwelt haben darf. Es ist vielmehr eine relative Schadlosigkeit im Vergleich mit möglichen Vermeidungs-, anderen Verwertungs- oder möglichen Beseitigungsmaßnahmen gemeint.

4.4.5.2
Die Verwertung der Abfälle kommt nur in Betracht, wenn und soweit sie technisch möglich und zumutbar ist.

Technisch möglich ist die Verwertung, wenn ein praktisch geeignetes Verfahren zur Verfügung steht. Das ist auch der Fall, wenn ein Verfahren einsetzbar ist, das eine vorherige Aufbereitung der Abfälle erfordert. In derartigen Fällen umfasst die Verwertungspflicht die Durchführung von Aufbereitungsmaßnahmen.

Zumutbar ist die Verwertung von Abfällen stets dann, wenn sie anderen Betreibern möglich ist und der damit verbundene Aufwand nicht dazu führt, dass die mit dem Betrieb der Anlage erzeugten Produkte nicht mehr zu einem marktfähigen Preis abgesetzt werden können.

4.4.6
Beseitigung

Kommt eine Verwertung der Abfälle nicht in Betracht und liegen auch die in diesem Zusammenhang maßgeblichen Voraussetzungen für die Pflicht zur Vermeidung nicht vor, dürfen die Abfälle beseitigt werden, wenn dadurch das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird.

4.4.6.1
Dem Begriff des Wohls der Allgemeinheit kommt im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 3 eine selbständige materielle Bedeutung zu. Aus ihm ist der Maßstab für die Beurteilung der Umweltverträglichkeit der Entsorgungsart eines Abfalls abzuleiten.

4.4.6.2
Soweit die Beseitigung von Abfällen mit Nachteilen für das Wohl der Allgemeinheit verbunden und deshalb als Erfüllung der Pflichten aus § 5 Abs. 1 Nr. 3 nicht anzuerkennen ist, hat die zuständige Behörde zu prüfen, ob eine Vermeidung der Abfälle in Betracht kommt (vgl. Nummer 4.4.4). Soweit die Abfälle weder vermieden noch verwertet werden können und auch das Wohl der Allgemeinheit ihrer Beseitigung entgegensteht, hat die zuständige Behörde die beantragte Genehmigung wegen der Nichterfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 3 zu versagen.

4.5
In Absatz 1 Nr. 4 ist das Gebot zur Wärmenutzung festgeschrieben. Dieses Gebot ist gegenüber den Pflichten der Nummern 1 bis 3 nachrangig. Es gilt nur für die Betreiber der Anlagen, die in der Rechtsverordnung nach Absatz 2 bezeichnet werden (vgl. § 8 der Verordnung über Verbrennungsanlagen für Abfälle und ähnliche brennbare Stoffe - 17. BImSchV - vom 23. November 1990, BGBl. I S. 2545, 2832, zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. Mai 2000, BGBl. I S. 632). Im Übrigen werden Einzelheiten in einer noch zu erlassenden Rechtsverordnung geregelt.

4.6
Nach § 5 Abs. 3 gelten bestimmte Pflichten des Betreibers auch nach der Betriebseinstellung. Diese Pflichten bestehen unabhängig davon, ob für den Betrieb der Anlage eine wirksame Genehmigung erteilt worden war oder nicht. Ferner kommt es nicht darauf an, ob die Betriebseinstellung Folge behördlicher Maßnahmen, einer Entscheidung des Betreibers oder sonstiger Umstände (z.B. höhere Gewalt) ist.

4.6.1
Der Betrieb einer Anlage ist "eingestellt", wenn keine Handlungen mehr vorgenommen werden, die dem Betriebszweck dienen, und mit einer Wiederaufnahme des Betriebes in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Demnach kann eine Betriebseinstellung schon dann vorliegen, wenn der Betreiber die Wiederaufnahme zwar für möglich hält, bis auf weiteres aber keine konkreten Pläne zur Wiederaufnahme hat. Bestehen an der Richtigkeit entsprechender Erklärungen des Betreibers Zweifel oder liegen keine Äußerungen vor, so hat die Behörde aufgrund anderer objektiv feststellbarer Kriterien zu beurteilen, ob eine Einstellung vorliegt. Mögliche Anhaltspunkte sind etwa die Wegnahme betriebsnotwendiger Einrichtungen, die Wegschaffung der Einsatzstoffe oder die Kündigung des Betriebspersonals.

4.6.2
Die Pflichten aus § 5 Abs. 3 gelten nicht bezüglich Anlagen, deren Betrieb vor dem 1. September 1990 vollständig eingestellt war; sie treffen nur Anlagenbetreiber, deren Anlagen an diesem Tag oder in der Zeit danach betrieben wurden.

Soweit § 5 Abs. 3 anwendbar ist, steht ein Anlagenbetreiber in einer umfassenden Verantwortlichkeit. Es kommt dann nicht darauf an, welcher Anlagenbetreiber (ggf. ein früherer Betreiber) das Immissionsschutz-, Gefahrenschutz- oder Abfallproblem auf dem Grundstück einer von § 5 Abs. 3 erfassten Anlage verursacht hat.

4.6.3
Die Pflichten nach Absatz 3 entstehen nicht erst mit der Betriebseinstellung. Vielmehr gehört es gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 zu den Genehmigungsvoraussetzungen, dass die Erfüllung auch dieser Pflichten sichergestellt ist. Deshalb können bereits mit dem Genehmigungsbescheid Nebenbestimmungen für den Zeitraum nach der Betriebseinstellung verbunden werden. Beispielsweise kann die Auflage erteilt werden, gefährliche Einsatzstoffe nur über einen bestimmten kurzen Zeitraum auf dem Betriebsgelände aufzubewahren, damit keine Gefahren entstehen, falls der Betrieb infolge wirtschaftlicher Schwierigkeiten aufgegeben wird.

Als Maßnahmen, die in Nebenbestimmungen oder auch in nachträglichen Anordnungen gemäß § 17 Abs. 1 auferlegt werden können, kommen in erster Linie technische Maßnahmen bzw. Anforderungen an die Betriebsweise oder -organisation in Betracht. Die Möglichkeit, eine Sicherheitsleistung zu fordern, hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen.

Zur Durchsetzung der Betreiberpflichten des § 5 Abs. 1 oder Abs. 3 im Insolvenzverfahren vgl. Nummer 12.7.6 dieses RdErl.

4.6.4
Bei § 5 Abs. 3 Nr. 1 ist insbesondere an schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen durch die auf dem Betriebsgrundstück lagernden Erzeugnisse, Einsatzstoffe und Abfälle sowie an Bodenverunreinigungen und Gefahren, die unbefugt das Grundstück Betretenden drohen können, zu denken. Vgl. Nummer 2.1 Absatz 2 dieses RdErl.

4.6.5
§ 5 Abs. 3 Nr. 2 betrifft Abfälle im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 3 (vgl. Nummer 4.4.1 dieses RdErl.). Die Vorschrift sieht zwar - anders als § 5 Abs. 1 Nr. 3 - den Vorrang der Verwertung vor der Abfallbeseitigung nicht ausdrücklich vor. Ein sachlicher Unterschied zwischen beiden Normen ist daraus aber nicht abzuleiten. Denn eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung schont die natürlichen Ressourcen und die Deponiekapazitäten. Soweit eine Verwertung technisch möglich und zumutbar ist, beeinträchtigt deshalb die Beseitigung des Abfalls regelmäßig das Wohl der Allgemeinheit und verstößt somit gegen § 5 Abs. 3 Nr. 2. Während des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage kann es zur Erfüllung der Pflicht aus § 5 Abs. 3 Nr. 2 z.B. erforderlich sein, entstehende Abfälle ohne unnötige Zwischenlagerung zu sortieren oder aufzubereiten.

4.6.6
Neben § 5 Abs. 3 bleiben möglicherweise weitergehende Pflichten aufgrund anderer - etwa abfall- oder wasserrechtlicher - Vorschriften unberührt.

5
Zu § 6 (Genehmigungsvoraussetzungen)

5.1
Sind die Anforderungen des § 6 erfüllt, hat der Antragsteller einen Rechtsanspruch auf die Genehmigung. Liegen die Voraussetzungen nicht vor und kann ihre Einhaltung auch nicht durch Bedingungen oder Auflagen (§ 12) sichergestellt werden, muss die Genehmigung versagt werden (vgl. § 20 Abs. 2 Satz 1 der Neunten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes - Verordnung über das Genehmigungsverfahren - 9. BImSchV - in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. Mai 1992 - BGBl. I S. 1001 -, zuletzt geändert durch Verordnung vom 24. April 2000 - BGBl. I S. 603 - ). Ein Ermessen ist der Genehmigungsbehörde nicht eingeräumt.

5.1.1
Nach Absatz 1 Nr. 1 muss die Erfüllung der gesetzlichen Pflichten aus § 5 und ggf. aus den Rechtsverordnungen nach § 7 nicht nur für den Zeitpunkt der Inbetriebnahme, sondern auch für die überschaubare Zukunft sichergestellt sein.

Wenn auf andere Weise nicht sichergestellt werden kann, dass durch den Betrieb der Anlage keine Gefahren für Menschen verursacht werden können (z.B. durch Explosionen oder durch die Aufnahme kontaminierter Nahrungsmittel), kann es geboten sein, einzelne Zonen im Einwirkungsbereich einer Anlage von einer bestimmten Nutzung (z.B. Errichtung schutzbedürftiger Gebäude oder Anbau von Obst und Gemüse) freizuhalten. Falls sich nicht aus den Antragsunterlagen ergibt, dass die Freihaltung notwendiger Schutzzonen sichergestellt ist, soll die Genehmigung nur unter einer entsprechenden aufschiebenden Bedingung (§ 12) erteilt werden.

Ist in der Schutzzone in absehbarer Zeit nicht mit einer Nutzung zu rechnen, bei der Gefahren auftreten können (z.B. wegen entgegenstehender bauplanungsrechtlicher Vorschriften), so reicht es abweichend von der vorstehenden Regelung aus, wenn in die Genehmigung eine auflösende Bedingung aufgenommen wird. Eine auflösende Bedingung soll nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Antragstellers aufgenommen werden. In der Bedingung ist festzulegen, dass die Wirksamkeit der Genehmigung entfällt, sobald in der genau abgegrenzten Schutzzone eine bestimmte mit dem Betrieb der Anlage nicht zu vereinbarende Nutzung begonnen wird.

5.1.2
Der Genehmigungserteilung dürfen nach Absatz 1 Nr. 2 keine auf die Errichtung und den Betrieb der Anlage bezogenen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. Es kommen bundes- und landesrechtliche Vorschriften in Betracht, insbesondere polizei- und ordnungsrechtliche, ferner planungs-, verkehrs- und wegerechtliche, wasserrechtliche sowie natur- und landschaftsschützende Bestimmungen. Die Genehmigungsbehörde muss prüfen, ob alle Voraussetzungen der in Betracht kommenden Vorschriften erfüllt sind. Sofern nach anderen öffentlich-rechtlichen Bestimmungen eine Genehmigung oder Erlaubnis vorgesehen ist, die von der Konzentrationswirkung des § 13 nicht erfasst wird, genügt es, wenn die Genehmigungs- bzw. Erlaubnisfähigkeit nach diesen Vorschriften grundsätzlich bejaht werden kann; Einzelheiten (Erforderlichkeit von Nebenbestimmungen) brauchen in einem solchen Fall insoweit nicht geprüft zu werden.

5.1.3
Die Belange des Arbeitsschutzes sind von der Genehmigungsbehörde - in der Regel nach Einschaltung der Arbeitsschutzbehörde - ebenso eigenverantwortlich wie die Belange des Immissionsschutzes und der öffentlichen Sicherheit zu beurteilen (Absatz 1 Nr. 2). Dabei wird nicht vorausgesetzt, dass nach anderen Gesetzen (z.B. § 22 ArbSchG) entsprechende selbständige Arbeitsschutzanordnungen von den hierfür zuständigen Behörden getroffen werden können.

5.1.4
Die persönliche Zuverlässigkeit des Betreibers ist keine Genehmigungsvoraussetzung, es sei denn, sie ist aufgrund der Konzentrationswirkung des § 13 nach anderen Fachgesetzen gefordert. In Fällen der Unzuverlässigkeit des Anlagenbetreibers besteht die Möglichkeit, auf der Grundlage des § 20 Abs. 3 BImSchG Anordnungen zu treffen (vgl. Nummer 15.4 dieses RdErl.).

5.1.5
Das Eigentum des Antragstellers an den Grundstücken, die für die Verwirklichung des Vorhabens benötigt werden, ist als solches keine Genehmigungsvoraussetzung und rechtfertigt deshalb allein keine ablehnende Entscheidung. Nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen kann ein Antrag allerdings auch abgelehnt werden, wenn dem Antragsteller ein Sachbescheidungsinteresse fehlt. Das Sachbescheidungsinteresse fehlt aber nur dann, wenn sich ein Hindernis für die Verwirklichung des Vorhabens "schlechthin nicht ausräumen" lässt. Solange auch nur die entfernte Möglichkeit besteht, dass das Vorhaben durchgeführt wird, kann ein Genehmigungsantrag nicht als nutzlos und willkürlich angesehen werden; er darf dann nicht wegen eines fehlenden Sachbescheidungsinteresses abgelehnt werden.

5.1.6
Soll eine Anlage unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder sollen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (z.B. bei Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen der chemischen Industrie, die durch eine Vielzahl und Variationsbreite von Verfahrenstypen, Reaktionstypen oder Stoffklassen in der Produktion gekennzeichnet sind), ist gemäß § 6 Abs. 2 die Erteilung einer "Rahmengenehmigung" möglich, wenn

a) der Genehmigungsumfang (Rahmenbedingungen, Stoffgruppen u.a.) hinreichend bestimmt gefasst ist und die Beurteilung, ob ein bestimmter Betrieb zulässig ist, nicht der Bewertung des Anlagenbetreibers überlassen wird, sondern nach objektiven Kriterien (z.B. Klassifikation von Stoffen, Ausschluss bestimmter Substituenten, physikalische und chemische Eigenschaften) erfolgt sowie

b) die Genehmigungsvoraussetzungen für alle erfassten Betriebsweisen erfüllt sind; in Zweifelsfällen ist die Genehmigung anhand objektiv nachprüfbarer Kriterien (z.B. physikalische und chemische Eigenschaften, Toxizität des Stoffes) einzuschränken.

Durch § 6 Abs. 2 wird keine gegenüber bisherigem Recht neue Genehmigungsart eingeführt; in der Vorschrift wird klargestellt, dass unter den genannten Voraussetzungen der Genehmigungsrahmen entsprechend weit gefasst werden darf.

Wird eine derartige Rahmengenehmigung erteilt, soll nach § 12 Abs. 2 b der Anlagenbetreiber durch eine Auflage im Genehmigungsbescheid verpflichtet werden, der zuständigen Überwachungsbehörde die Verwendung eines neu eingesetzten oder die Produktion eines neuen Stoffes innerhalb der genehmigten Betriebsweise unverzüglich mitzuteilen.

5.2
Die Genehmigung ist als Realkonzession ausgestaltet. Sie wird für eine bestimmte Anlage erteilt, ist an die Anlage gebunden und bleibt auch dann bestehen, wenn der Betreiber der Anlage wechselt. Ein Wechsel des Anlagenbetreibers ist jedoch nicht anzunehmen, wenn ortsveränderliche Anlagen (z.B. eine Feuerungsanlage mit einem zugehörigen Dampfkessel) nur kurzfristig verpachtet werden.

5.3
Ist die Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen nicht sicherzustellen, so muss eine beantragte Genehmigung abgelehnt werden.

6
Zu §§ 8 und 9 (Teilgenehmigung und Vorbescheid)

6.1
Unter bestimmten Voraussetzungen können die Errichtung und der Betrieb der im Anhang zur 4. BImSchV genannten Anlagen abschnittsweise genehmigt werden. Die Teilgenehmigungen unterscheiden sich von der Vollgenehmigung durch ihre gegenständliche Beschränkung. Befristungen, Widerrufs- und Auflagenvorbehalte sind bei einer Teilgenehmigung in weitem Umfang möglich (§ 12 Abs. 3).

Der Vorbescheid ist keine Genehmigung im Sinne des § 6, sondern schafft die Möglichkeit, über einzelne für das Genehmigungsverfahren erhebliche Fragen vorab zu entscheiden. Inhalt und Umfang des Vorbescheides bestimmt der Antragsteller durch seinen Antrag. Sofern die der Prüfung zugrunde gelegten Angaben nicht geändert werden, führt der Vorbescheid zu einer Bindung der Genehmigungsbehörde; er berechtigt den Antragsteller jedoch noch nicht zu einzelnen Ausführungshandlungen.

6.2
Voraussetzung für die Erteilung einer Teilgenehmigung oder eines Vorbescheides ist in jedem Fall, dass die Genehmigungsfähigkeit der geplanten Anlage insgesamt aufgrund einer vorläufigen Prüfung bzw. einer vorläufigen Beurteilung bejaht wird. Darüber hinaus müssen bei einer Teilgenehmigung die Genehmigungsvoraussetzungen für den beantragten Gegenstand der Teilgenehmigung vorliegen und ein berechtigtes Interesse an der Erteilung der Teilgenehmigung bestehen; beim Vorbescheid muss die zur Entscheidung gestellte Frage nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen zu bejahen sein, d.h. der zu beurteilende Sachverhalt muss mit den Anforderungen des § 6 Abs. 1 übereinstimmen.

6.3
Die Teilgenehmigung kann nach § 12 mit Nebenbestimmungen versehen werden. Wenn diese Nebenbestimmungen erforderlich sind, um die grundsätzliche Genehmigungsfähigkeit der Gesamtanlage sicherzustellen, können sie sich auch auf Anlagen oder Anlageteile beziehen, die nicht Gegenstand der Teilgenehmigung sind. Darüber hinaus können in Bezug auf Gegenstände, die erst in einer späteren Teilgenehmigung geregelt werden sollen, Nebenbestimmungen getroffen werden, wenn Auswirkungen auf den Gegenstand der Teilgenehmigung zu erwarten sind.

Die Bindungswirkung des Vorbescheides kann durch Angabe der Voraussetzungen und Vorbehalte, unter denen er erteilt wird, insbesondere durch Angabe der erforderlichen Nebenbestimmungen zu der späteren Genehmigung, eingeschränkt werden (vgl. § 23 Abs. 2 Nr. 4 der 9. BImSchV). Die Voraussetzungen und Vorbehalte müssen klar und eindeutig sein; sie dürfen nicht so weit gehen, dass der Vorbescheid praktisch inhaltsleer wird. Nebenbestimmungen können einer späteren Genehmigung auch über die ausdrücklich genannten Voraussetzungen hinaus und ohne Vorbehalt im Vorbescheid beigefügt werden, wenn sie nicht im Widerspruch zu dessen bindenden Aussagen stehen. Unter den Voraussetzungen des § 21 kann der Vorbescheid widerrufen werden (§ 9 Abs. 3).

7
Zu § 8a (Zulassung vorzeitigen Beginns)

7.1
Die Zulassung vorzeitigen Beginns darf in einem Neu- oder Änderungsgenehmigungsverfahren für den Beginn der Errichtung einschließlich der Maßnahmen zur Prüfung der Betriebstüchtigkeit und unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 auch für den Betrieb der "pflichterfüllend" geänderten Anlage ausgesprochen werden. Auf diese Weise können nur solche Maßnahmen zugelassen werden, deren Rückgängigmachung sowohl technisch möglich als auch wirtschaftlich vertretbar ist und bei denen das Risiko der Rückabwicklung den weiteren Entscheidungsprozess nicht unangemessen belastet. Die vollständige Errichtung einer Anlage wie auch die Inbetriebnahme sind nur aufgrund einer Genehmigung gemäß §§ 4, 6 und 8 zulässig.

Zu den Maßnahmen zur Prüfung der Betriebstüchtigkeit einer Anlage gehört insbesondere die Erprobung, ob die Anlage insgesamt oder in Teilen den gesetzlichen Anforderungen im Dauerbetrieb voraussichtlich genügen wird. Dagegen zählen Maßnahmen, die lediglich einer weiteren Verbesserung der Fahrweise der Anlage oder ihrer wirtschaftlichen Nutzbarkeit dienen (Anlagenoptimierung), nicht zur Prüfung der Betriebstüchtigkeit im Sinne des
Absatzes 1.

Die mitwirkungsbedürftige Entscheidung nach § 8a setzt voraus, dass durch einen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach §§ 4 oder 16 ein Genehmigungsverfahren in Gang gekommen ist, in dem sich ein weiterer Antrag auf die Zulassung vorzeitigen Beginns richtet. Die Entscheidung über die Zulassung des vorzeitigen Beginns ist ein Verwaltungsakt mit Drittwirkung; ein hiergegen eingelegter Widerspruch hat grundsätzlich aufschiebende Wirkung.

Dementsprechend kann sich auch ein Bedürfnis nach Anordnung der sofortigen Vollziehung gem. § 80 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686), zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. Mai 2000 (BGBl. I S. 632) ergeben.

7.1.1
Bei der nach Absatz 1 Nr. 1 von der Genehmigungsbehörde zu treffenden Prognose müssen nicht alle Zweifel über den Ausgang des Genehmigungsverfahrens ausgeschlossen sein; dies gilt insbesondere, soweit Einzelheiten der zu erteilenden Genehmigung noch über Nebenbestimmungen regelbar sind. Mindestens muss aber eine hohe Wahrscheinlichkeit für die Erteilung der Genehmigung sprechen. Das ist der Fall, wenn der Genehmigung des Vorhabens keine offensichtlichen Hindernisse entgegenstehen und sicher abgesehen werden kann, dass nicht mit technischen oder baulichen Konsequenzen zu rechnen ist, die sich - bei einer Zulassung des vorzeitigen Beginns der Errichtung - nach Genehmigungserteilung nicht mehr realisieren lassen.

Um den Ausgang des Hauptverfahrens hinreichend sicher beurteilen zu können, müssen der Behörde alle für die Entscheidung über die Genehmigung wesentlichen Informationen bekannt sein. Dementsprechend sind in der Regel vollständige Antragsunterlagen und zumindest vorläufige Stellungnahmen der von der Genehmigungsbehörde beteiligten Behörden ebenso erforderlich wie im förmlichen Verfahren nach Ablauf der Einwendungsfrist, weil erst danach zuverlässig festzustellen ist, welche Probleme der Genehmigungserteilung ggf. (überwindbar) entgegenstehen. Soweit hierbei erkennbar ist, welche Einschränkungen oder Belastungen dem Träger des Vorhabens mit der Genehmigung aufzuerlegen sind, sind diese schon in der Entscheidung über die Zulassung vorzeitigen Beginns zu berücksichtigen. Nicht erforderlich ist, dass die zu beteiligenden Behörden bereits abschließend Stellung genommen haben. Vorläufige Stellungnahmen müssen aber für das Vorhaben begründet positiv sein und den oben beschriebenen Anforderungen an die Qualität der Prognose genügen. Die Baugenehmigungsbehörde ist in jedem Fall zu beteiligen.

§ 8a würde in seiner Wirkung ins Leere laufen, wenn neben der Zulassung vorzeitigen Beginns weitere öffentlich-rechtliche Entscheidungen erforderlich wären, um die beabsichtigten Maßnahmen durchzuführen. Deshalb ist davon auszugehen, dass Entscheidungen nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften (z.B. die Baugenehmigung) vor Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur Durchführung der nach § 8a zugelassenen Errichtungsmaßnahmen nicht erforderlich sind. Die nach § 8a Abs. 1 Nr. 1 erforderliche positive Prognose wird im Regelfall nur angenommen werden können, wenn die beteiligten Fachbehörden eine Stellungnahme abgegeben haben, aus der sich die voraussichtliche Genehmigungsfähigkeit unter den von der jeweiligen Fachbehörde wahrzunehmenden Belangen ergibt; das Einvernehmen der Gemeinde nach § 36 Baugesetzbuch muss vorliegen oder nach deren Auskunft zu erwarten sein.

Die Prognose ist nicht identisch mit dem "vorläufigen positiven Gesamturteil", das für den Erlass von Vorbescheiden oder Teilgenehmigungen nach §§ 8 und 9 erforderlich ist. Einerseits ist das "positive Gesamturteil" nach §§ 8, 9 nur ein "vorläufiges". Andererseits wird bei der Teilgenehmigung doch über einen Teilaspekt abschließend entschieden, so dass insoweit die Genehmigungsvoraussetzungen in vollem Umfang erfüllt sein müssen (vgl. Nummer 6.2 dieses RdErl.). Außerdem tritt mit der Teilgenehmigung eine Bindungswirkung für die Behörde ein. Eine derartige Bindungswirkung kommt der Zulassung vorzeitigen Beginns gerade nicht zu. Wie § 8a Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 Satz 1 zeigen, wird die Behörde im Hinblick auf die Entscheidung im Genehmigungsverfahren durch die Zulassung vorzeitigen Beginns nicht festgelegt.

7.1.2
Der Träger eines Vorhabens wird einen Antrag auf Zulassung vorzeitigen Beginns in der Regel allein aus eigenwirtschaftlichen Gründen stellen. Derartige private Interessen sind für eine Entscheidung nach § 8a ausreichend (vgl. § 8a Abs. 1 Nr. 2 2. Alternative).

7.1.3
§ 8a Abs. 1 Nr. 3 verlangt von dem Vorhabenträger sowohl das Einstehen für alle - auch unverschuldet entstandenen - Schäden, als auch die unabhängig von der Höhe der damit verbundenen Aufwendungen bestehende Bereitschaft und Fähigkeit, den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen.

Die Verpflichtung im Sinne des § 8a Abs. 1 Nr. 3, den Ersatz von Schäden zu übernehmen, muss alle Schäden umschließen, die im Zusammenhang mit der Zulassung vorzeitigen Beginns verursacht werden können. Maßnahmen zur Prüfung der Betriebstüchtigkeit der Anlage sind nach dem Gesetzeswortlaut der Errichtung zugeordnet und von der Verpflichtung zum Schadensersatz umfasst.

Damit hat der Vorhabenträger das volle Risiko für die Auswirkungen der Zulassung vorzeitigen Beginns der Errichtung zu übernehmen, ohne dass er sich bei großem Umfang der Folgenbeseitigung auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit berufen kann.

Die Verpflichtung nach § 8a Abs. 1 Nr. 3 erfolgt in der Regel durch einen mit der Genehmigungsbehörde zu schließenden öffentlich-rechtlichen Vertrag, in dem auch die Höhe der nach Absatz 2 Satz 2 bei entsprechender Erforderlichkeit regelmäßig zu leistenden Sicherheit geregelt werden kann. Die Sicherheitsleistung kann aber ebenso in einer Nebenbestimmung zur Zulassung des vorzeitigen Beginns festgesetzt werden. Die Sicherheitsleistung kann sich auf die Schadensersatzpflicht oder die Wiederherstellungspflicht oder auf beides beziehen.

7.1.4
Die Zulassung vorzeitigen Beginns nach § 8a ist in zeitlicher wie in sachlicher Hinsicht in das Ermessen der Genehmigungsbehördegestellt; dies gilt insbesondere für die Frage, ob vor Zulassung des vorzeitigen Beginns einer Anlage, die der Genehmigung im förmlichen Verfahren unterliegt, die Öffentlichkeitsbeteiligung im Genehmigungsverfahren abzuwarten ist.

Die Genehmigungsbehörde muss im Rahmen ihres Ermessens alle Einzelfallumstände sorgfältig abwägen. Dazu gehören auch Fragen der Zweckmäßigkeit und Glaubwürdigkeit der Verfahrensführung. Ist zu befürchten, dass bei Erteilung einer Zulassung die Verfahrensdurchführung unnötig erschwert wird, soll die Genehmigungsbehörde dies im Rahmen ihrer Entscheidung nach § 8a berücksichtigen.

7.2
Für die vorzeitige Inbetriebnahme der Anlage nach Absatz 3 gelten die Nummern 7.1.1 bis 7.1.4 dieses RdErl. entsprechend.

7.3
Die Entscheidung über die Zulassung vorzeitigen Beginns der Errichtung braucht nicht mit einem Widerrufsvorbehalt versehen zu werden, da sie kraft Gesetzes jederzeit widerrufen werden kann; insoweit empfiehlt sich aber ein Hinweis auf § 8a Abs. 2 Satz 1. Die Entscheidung kann mit Auflagen verbunden werden. Wenn abzusehen ist, dass zu bestimmten Fragen noch Forderungen zu erheben sein werden, soll in (einem) entsprechenden Auflagenvorbehalt(en) dem Antragsteller mitgeteilt werden, mit welchen evtl. Forderungen er noch zu rechnen hat.

7.4
Für die Höhe der Sicherheitsleistung lässt sich keine pauschale Größe angeben; maßgeblich sind allein die Umstände des Einzelfalles. Dabei sind insbesondere das Ausmaß des beabsichtigten Vorhabens und daraus folgend das Ausmaß der Eingriffe zu berücksichtigen. Ebenso wird es auf die vorhandenen Verhältnisse vor Beginn der Errichtung (Industriebrache oder ökologisch wertvolles Land) und die Anzahl der möglicherweise Betroffenen ankommen. Soweit erforderlich können vom Antragsteller zur Beurteilung dieser Frage schlüssige und überprüfbare Angaben, z.B. bezüglich Wiederaufforstungs- oder Rekultivierungskosten, verlangt werden.

8
Zu § 12 (Nebenbestimmungen zur Genehmigung)

8.1
Wegen der Definition der in § 12 genannten Nebenbestimmungen (Bedingungen, Auflagen, Befristungen, Widerrufsvorbehalte und Vorbehalte nachträglicher Auflagen) wird auf § 36 Abs. 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG. NRW.) in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 1999 (GV. NRW. S. 602 / SGV. NRW. 2010) verwiesen.

8.2
Bedingungen und Auflagen dürfen nur ausgesprochen werden, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der in § 6 genannten Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen. Sie können dem Immissionsschutz, dem allgemeinen Gefahrenschutz, dem Arbeitsschutz und der Beachtung anderer öffentlich-rechtlicher Vorschriften im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 dienen. Kommen verschiedene Maßnahmen in Betracht, so ist die den Antragsteller am wenigsten belastende Maßnahme zu wählen.

Eine Bedingung, bei deren Eintritt die Wirksamkeit der Genehmigung entfallen soll (auflösende Bedingung), ist unzulässig, wenn sie die Ausnutzung der Genehmigung mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht oder nur für eine unangemessen kurze Zeit ermöglicht. In einem derartigen Fall muss die Erteilung der Genehmigung abgelehnt werden, wenn die Einhaltung der Genehmigungsvoraussetzungen nicht auf andere Weise sichergestellt werden kann.

Die Festsetzung der in § 12 genannten Nebenbestimmungen ist in der Regel nur im Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung statthaft. Nach Erteilung der Genehmigung sind Beschränkungen nur im Rahmen des § 17 zulässig, es sei denn, dass der Genehmigung ausnahmsweise ein wirksamer Auflagenvorbehalt beigefügt worden ist. Auf Nummer 8.9 dieses RdErl. wird verwiesen.

8.3
Auflagen müssen bestimmt, nach objektiven Maßstäben rechtlich und tatsächlich erfüllbar sowie zur Erreichung des mit ihnen angestrebten Zieles geeignet sein.

8.3.1
Bestimmt ist eine Auflage, wenn der Antragsteller aus ihr zweifelsfrei entnehmen kann, was er zu tun oder zu lassen hat. Unbestimmt ist die bloße Wiederholung des Wortlautes des § 6 in Verbindung mit § 5 Abs. 1. Es genügt jedoch, wenn beispielsweise die Einhaltung einer bestimmten Emissions- oder Immissionsbegrenzung vorgeschrieben und die Erfüllung der Auflage im Einzelnen dem Betreiber der Anlage überlassen wird. Eine Immissionsbegrenzung darf in der Regel nur im Hinblick auf einen selbständig feststellbaren Immissionsbeitrag der Anlage festgelegt werden.

8.3.2
Nicht erfüllbar ist z.B. eine Auflage, deren Anforderungen, insbesondere Forderungen nach Einhaltung bestimmter Emissionsbegrenzungen, im Einzelfall technisch nicht zu verwirklichen sind. Von der Realisierbarkeit haben sich die Genehmigungsbehörden zu überzeugen - ggf. durch Einholung von Sachverständigengutachten, u.U. auch nach Anforderung weiterer Antragsunterlagen. Die Erfüllbarkeit jeder Auflage muss auch dann geprüft werden, wenn der Antragsteller sich mit den darin enthaltenen (Ziel-)Anforderungen einverstanden erklärt. Sind bestimmte, aufgrund des Schutzgrundsatzes nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 erforderliche Emissionsbegrenzungen nur durch Maßnahmen einzuhalten, die über den Stand der Technik hinausgehen, so hat die Genehmigungsbehörde das Landesumweltamt Nordrhein-Westfalen oder eine andere sachverständige Stelle einzuschalten. Ist auch hierdurch eine eindeutige Klärung nicht zu erreichen, kann die Genehmigung nur erteilt werden, wenn die Einhaltung der Genehmigungsvoraussetzungen auf andere Weise (vgl. Nummer 8.4 dieses RdErl.) sichergestellt wird.

8.3.3
Steht aufgrund der Fachkunde der Genehmigungsbehörde, der gutachtlichen Ausführungen eines Sachverständigen
oder der Stellungnahme anderer Fachbehörden fest, welche Maßnahmen zur Erreichung der geforderten Emissionsbegrenzungen durchgeführt werden müssen, so sollen diese Maßnahmen - soweit sie nicht in den Antragsunterlagen detailliert angegeben sind - auch in der Auflage benannt werden.

8.4
Bei technisch komplizierten Anlagen oder Anlageteilen, die sich noch nicht im Betrieb bewährt haben, kann es unbeschadet der Nummern 19.2 bis 19.4 dieses RdErl. geboten sein, den Leistungsbetrieb nur unter der Bedingung zuzulassen, dass Zwischen- oder Abnahmeprüfungen - ggf. nach Durchführung eines Probebetriebes - zu einem positiven Ergebnis geführt haben.

In Verfahren, in denen Teilgenehmigungen ausgesprochen werden, kann unter den gleichen Voraussetzungen auch die abschließende Betriebsgenehmigung zurückgestellt werden. Unter Umständen kann auch eine Inbetriebnahme in der Weise gefordert werden, dass sie nur stufenweise vorgenommen wird und mit der jeweils nächsten Betriebsstufe erst begonnen werden darf, nachdem die Überwachungsbehörde ihr Einverständnis erklärt hat. Kommt ein Probebetrieb aus technischen Gründen nicht in Betracht, so sollen - wenn sich die Eignung für die Einhaltung der Zielanforderungen nicht beurteilen lässt - besondere Maßnahmen (Leistungs- oder Betriebszeitbeschränkungen u.ä.) für den Fall vorgeschrieben werden, dass sich die Nichteinhaltung von Zielanforderungen bei der Inbetriebnahme herausstellt. Auf § 20 Abs. 1 ist hinzuweisen.

8.5
Auch nach Erteilung einer Genehmigung kann der Antragsteller ein anderes Mittel zur Erreichung des mit einer Auflage erstrebten Zwecks anbieten. Ist das Mittel ebenso wirksam und ebenso rasch zu verwirklichen wie die in der Auflage geforderte Maßnahme, so hat die Genehmigungsbehörde seine Anwendung auf Antrag durch einen förmlichen Änderungsbescheid zu gestatten (vgl. § 21 Ordnungsbehördengesetz - OBG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 1980 - GV. NRW. S. 528 -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Dezember 1994 - GV. NRW. S. 1115 / SGV. NRW. 2060 -). Betrifft der beabsichtigte Mittelaustausch wesentliche Teile des Regelungsgehaltes der Genehmigung, so ist der Genehmigungsbescheid als solcher zu ändern. Eine derartige Änderung des Gestattungsumfanges ist in der Regel erforderlich, wenn die zu ersetzende Maßgabe des Bescheides mit dem Gesamtinhalt der Genehmigung in untrennbarem Zusammenhang steht und Inhalt und Grenzen der Genehmigung beschreibt (Genehmigungsinhaltsbestimmung).

8.6
Stellt die Errichtung einer genehmigungsbedürftigen Anlage einen Eingriff in Natur und Landschaft im Sinne des § 4 des Landschaftsgesetzes (LG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. August 1994 (GV. NRW. S. 710), zuletzt geändert durch Gesetz vom 9. Mai 2000 (GV. NRW. S. 439) - SGV. NRW. 791 -, und im Sinne des § 8 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. September 1998 (BGBl. I S. 2994) dar, dann ist der Verursacher zu verpflichten, alle vermeidbaren Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen und unvermeidbare Beeinträchtigungen innerhalb einer von der Genehmigungsbehörde zu bestimmenden Frist durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen, soweit dies zur Verwirklichung der Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege erforderlich ist. Bei langandauernden Eingriffen ist der Verursacher auch zu verpflichten, vorübergehende Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu mindern.

Die Genehmigungsbehörde hat den Eingriff zu untersagen, wenn die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei der Abwägung aller Anforderungen an Natur und Landschaft im Rang vorgehen und die Beeinträchtigungen nicht zu vermeiden oder nicht im erforderlichen Maße auszugleichen sind.

Wird der Eingriff, der sich durch im räumlichen und funktionalen Zusammenhang mit ihm stehende Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege nicht ausgleichen lässt, nach der umfassenden Abwägung zugelassen, weil andere Belange den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Range vorgehen, so hat die Genehmigungsbehörde den Verursacher zu verpflichten, Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege in dem durch den Eingriff betroffenen Raum durchzuführen, die nach Art und Umfang geeignet sind, die durch den Eingriff gestörten Funktionen des Naturhaushalts oder der Landschaft gleichwertig wiederherzustellen (Ersatzmaßnahmen). Bei langandauernden Eingriffen kommen Ersatzmaßnahmen auch für vorübergehende Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft in Betracht. Können die durch einen nicht ausgleichbaren, aber vorrangigen Eingriff verursachten Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft nicht behoben werden, weil die erforderlichen Ersatzmaßnahmen nicht oder nicht ihrem Zweck entsprechend durchgeführt werden können, hat der Verursacher für die verbleibenden Beeinträchtigungen ein Ersatzgeld an den Kreis oder die kreisfreie Stadt zu entrichten.

Ist der Geldbetrag für einen Eingriff in Waldflächen zu zahlen oder dient er zur Aufforstung von Flächen, dann wird er der unteren Forstbehörde zur Verfügung gestellt. Die Genehmigungsbehörde hat vor der Festlegung der sich aus der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung ergebenden Verpflichtungen des Verursachers (Unterlassung, Minderung, Ausgleichsmaßnahmen, Ersatzmaßnahmen, Ersatzgeld) das Benehmen mit der Landschaftsbehörde ihrer Verwaltungsebene herzustellen (§ 6 Abs. 1 Satz 1 LG). Bei Aufschüttungen ab zwei m Höhe oder Abgrabungen ab zwei m Tiefe auf einer Grundfläche von mehr als 400 m² ist zusätzlich das Benehmen mit der Gemeinde herzustellen. Der Herstellung des Benehmens mit der Landschaftsbehörde bedarf es nicht bei Entscheidungen auf Grund eines Bebauungsplanes.

Bezüglich der Verträglichkeitsprüfung gemäß der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen, ABl. der EG Nr. L 206 S.7, zuletzt geändert durch Richtlinie 97/62/EG vom 27. Oktober 1997, ABl. der EG Nr. L 305 S. 42 (FFH-Richtlinie), und gemäß der Richtlinie 79/409/EWG vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten, ABl. der EG Nr. L 103 S. 1, zuletzt geändert durch Richtlinie 97/49/EG vom 29. Juli 1997, ABl. der EG Nr. L 223 S.9, wird auf § 19c und § 19e BNatSchG und auf die VV-FFH v. 26.4.2000 (SMBl. NRW. 791) verwiesen. § 19e BNatSchG betrifft den Sonderfall der Verträglichkeitsprüfung im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren. Die Vorschrifttritt an die Stelle des § 19c Abs. 2 BNatSchG und enthält insoweit eine abschließende Regelung für die Genehmigung von Anlagen nach dem BImSchG im Hinblick auf ihre Verträglichkeit mit den Zielen der FFH- und der Vogelschutzrichtlinie.

8.7
Soweit sich eine entsprechende Verpflichtung nicht ausdrücklich aus den einschlägigen Rechtsvorschriften ergibt, ist durch eine Auflage zum Genehmigungsbescheid sicherzustellen, dass der Anlagenbetreiber der für die Überwachung zuständigen Behörde unverzüglich jede bedeutsame Störung des bestimmungsgemäßen Betriebs der Anlage mitteilt. Auf die Umwelt-Schadensanzeige-Verordnung vom 21. Februar 1995 (GV. NRW. S. 196 / SGV. NRW. 28) und andere einschlägige Rechtsvorschriften (insbesondere § 11 der 12. BImSchV) ist hinzuweisen.

8.8
Widerrufsvorbehalte sind ausdrücklich nur bei Genehmigungen von Anlagen, die Erprobungszwecken dienen (Abs. 2), sowie bei Teilgenehmigungen zugelassen (Abs. 3). Bei der Teilgenehmigung kann der Widerruf nur bis zur Entscheidung über die letzte Teilgenehmigung (endgültige Betriebsgenehmigung) vorbehalten werden.

Ein Vorbehalt nachträglicher Auflagen ist nach Absatz 3 bei Teilgenehmigungen bis zur Entscheidung über die endgültige Betriebsgenehmigung zulässig. Darüber hinaus darf einer Genehmigung in der Regel ohne Einverständnis des Antragstellers kein Auflagenvorbehalt beigefügt werden.

8.9
Mit dem Einverständnis des Antragstellers kann unter den Voraussetzungen des § 12 Abs. 2a die Genehmigung mit dem Vorbehalt nachträglicher Auflagen erteilt werden. § 12 Abs. 2a ist im Zusammenhang mit § 7 Abs. 2 Sätze 3 und 4 der 9. BImSchV (Teilprüfungen vor Vollständigkeit der Antragsunterlagen) zu sehen. Der Vorbehalt nachträglicher Auflagen nach § 12 Abs. 2a setzt voraus, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung sicher ist, dass die Genehmigungsvoraussetzungen ggf. aufgrund allgemein formulierter Auflagen erfüllt werden. Die Genehmigungsfähigkeit muss feststehen. Ein Auflagenvorbehalt nach § 12 Abs. 2a eröffnet nur die Möglichkeit, nach Erlass der Genehmigung eine weitere Konkretisierung von allgemein festgelegten Anforderungen vorzunehmen.

§ 12 Abs. 2a kommt nur für überschaubare Sachlagen in Betracht. Gegenstand einer nachträglichen Auflage können bestimmte Nebenpflichten hinsichtlich abgegrenzter Sachverhalte sein. Für komplexe Sachlagen (z.B. Art und Umfang der Abgasreinigungstechnik) kommt ein Auflagenvorbehalt nach § 12 Abs. 2a daher grundsätzlich nicht in Betracht.

Ein Auflagenvorbehalt ist nur geeignet, wenn feststeht, dass spätere nähere Festlegungen verhältnismäßig sein werden. Das gesetzlich erforderliche Einvernehmen der Gemeinde nach § 36 Baugesetzbuch kann nicht Gegenstand eines Vorbehalts sein.

9
Zu § 13 (Genehmigung und andere behördliche Entscheidungen)

9.1
Die erteilte Genehmigung schließt andere ausschließlich die Errichtung oder den Betrieb der Anlage betreffende behördliche Entscheidungen ein. Nicht eingeschlossen sind neben den ausdrücklich ausgenommenen behördlichen Entscheidungen (insbesondere den wasserrechtlichen nach §§ 7 und 8 WHG) persönliche Erlaubnisse und gemischt sachlich-persönliche Erlaubnisse (beispielsweise eine Gaststättenerlaubnis).

Nicht eingeschlossen ist die Genehmigung nach § 59 des Landeswassergesetzes (LWG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Juni 1995 (GV. NRW. S. 926), geändert durch Gesetz vom 9. Mai 2000 (GV. NRW. S. 439) - SGV. NRW. 77 -, da diese Genehmigung keinen anlagenbezogenen Regelungsgegenstand enthält, sondern handlungsbezogen an die Einleitung in die Kanalisation anknüpft. Ebenfalls nicht eingeschlossen ist die Genehmigung nach §§ 39 bzw. 40 Landesforstgesetz (LFoG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. April 1980 (GV. NRW. S. 546), zuletzt geändert durch Gesetz vom 9. 5. 2000 (GV. NRW. S. 485) - SGV. NRW. 790 -, sofern die Anlage nicht durch eine Genehmigung, die der Konzentrationswirkung des § 43 LFoG unterliegt, zugelassen wird. Die Konzentrationswirkung nach § 13 BImSchG schließt eine im Einzelfall erforderliche Waldumwandlungsgenehmigung nicht ein, da diese nicht Teil der Errichtung, sondern in der Regel eine für die Errichtung erforderliche Voraussetzung ist.

Soweit andere behördliche Entscheidungen von der Konzentrationswirkung des § 13 erfasst werden, hat die Genehmigungsbehörde zu prüfen, ob hierfür die materiellen Voraussetzungen erfüllt sind. Ggf. hat sie auch einen erforderlichen Dispens selbst zu erteilen.

§ 13 führt nicht zu Zuständigkeitsverlagerungen, sondern führt durch die Konzentrationswirkung lediglich eine Bündelung mehrerer materieller Zulassungsentscheidungen herbei. Das bedeutet, dass die sich aus Spezialgesetzen (z.B. Landeswassergesetz, Abgrabungsgesetz) ergebenden Überwachungsbefugnisse anderer Fachbehörden unberührt bleiben. Soweit die Pflichten aus der Genehmigung einschließlich der mit ihr verbundenen Auflagen zu vollziehen sind, obliegt dies der nach dem Immissionsschutzrecht zuständigen Behörde.

9.2
Zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren ist zu prüfen, ob im Zusammenhang mit wasserrechtlichen Entscheidungen (z.B. einer Eignungsfeststellung gemäß §§ 19 g, 19 h WHG; vgl. dazu Nummer 9.3.4 dieses RdErl.) im Einvernehmen mit den zuständigen Wasserbehörden im Einzelfall von § 13 Satz 1 2. Halbsatz Gebrauch gemacht werden kann.

Soweit die Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen aufgrund allgemein formulierter Auflagen sichergestellt werden kann und die Detailregelungen zu den wasserrechtlichen Anforderungen auch noch nach Erlass der Genehmigung erfolgen können, sollte in den Genehmigungsbescheid ein entsprechender Auflagenvorbehalt nach § 13 Satz 1 2. Halbsatz aufgenommen werden. Auf Nummer 8.9 dieses RdErl. wird verwiesen.

9.3
Einzelfragen

9.3.1
Die Genehmigung eines Kraftwerks, Heizkraftwerks oder Heizwerks im Sinne der Nummer 1.1 des Anhangs zur 4. BImSchV sowie von Feuerungsanlagen im Sinne der Nummern 1.2 und 1.3 des Anhangs zur 4. BImSchV schließt die Erlaubnis zur Errichtung und zum Betrieb einer Dampfkesselanlage nach § 10 Abs. 1 der Verordnung über Dampfkesselanlagen (DampfkV) vom 27. Februar 1980 (BGBl. I S. 173), zuletzt geändert durch Verordnung vom 12. Dezember 1996 (BGBl. I S. 1914), ein. Dasselbe gilt für die Genehmigung jeder sonstigen genehmigungsbedürftigen Anlage, zu der als Anlagenteil oder Nebeneinrichtung eine Dampfkesselanlage gehört.

9.3.2
Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen zur Ablagerung von Abfällen (Deponien) sowie die wesentliche Änderung einer solchen Anlage oder ihres Betriebes bedürfen der Planfeststellung oder der Plangenehmigung (§ 31 Abs. 2 oder 3 KrW-/AbfG); Planfeststellungen und Plangenehmigungen werden von der Genehmigung nach § 4 nicht eingeschlossen, sondern erübrigen ihrerseits eine Genehmigungserteilung (§ 75 Abs. 1 sowie § 74 Abs. 6 Satz 2 VwVfG. NRW.).

9.3.3
Neben der Planfeststellung oder der Plangenehmigung für Schienenwege von Eisenbahnen des Bundes (§ 18 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes - AEG - vom 27. Dezember 1993 - BGBl. I S. 2397 -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. Mai 2000 - BGBl. I S. 632), bzw. für die Anlagen, die nach § 1 Abs. 4 des Bundesfernstraßengesetzes (FStrG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. April 1994 (BGBl. I S. 854), geändert durch Gesetz vom 18. Juni 1997 (BGBl. I S. 1452), zu den Bundesfernstraßen gehören (vgl. § 17 FStrG), ist eine formelle Genehmigung nach dem BImSchG nicht erforderlich. Auf die Nummern 18.1.1 und 18.1.2 dieses RdErl. wird hingewiesen.

9.3.4
Die Konzentrationswirkung erfasst auch die wasserrechtliche Eignungsfeststellung nach § 19h Abs. 1 Satz 1 WHG, mithin die Fälle, in denen die Eignungsfeststellung durch Verwaltungsakt im Einzelfall erfolgt. In der Genehmigung sind dann auch die Detailanforderungen der wasserrechtlichen Vorschriften zu berücksichtigen (vgl. Nummer 5.1.2 dieses RdErl.). Sowohl der Anlagenbegriff in § 19g WHG als auch der Begriff der wassergefährdenden Stoffe in § 19g Abs. 5 WHG sind sehr weit gefasst. Ob eine genehmigungsbedürftige Anlage eine im Sinne des § 19h Abs. 1 Satz 1 WHG eignungsfeststellungsbedürftige Anlage umschließt(Ausnahmen in § 19h Abs. 2 WHG), ist im Behördenbeteiligungsverfahren mit der zuständigen Wasserbehörde zu klären. Vgl. dazu auch Nummer 9.2 dieses RdErl.

9.3.5
Werden von der Anlage Baudenkmäler, Denkmalbereiche, ortsfeste Bodendenkmäler oder Grabungsschutzgebiete berührt, schließt die Genehmigung die denkmalrechtliche Erlaubnis gem. § 9 Abs. 3 Satz 1 Denkmalschutzgesetz - DSchG - vom 11. März 1980 (GV. NRW. S. 226), zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. November 1997 (GV. NRW. S. 430) - SGV. NRW. 224 -, ein.

9.3.6
Von der Konzentrationswirkung der Genehmigung sind ausdrücklich u.a. Zustimmungen anderer Behörden ausgenommen. Der Begriff Zustimmung wird in den verschiedensten Vorschriften nicht einheitlich verwandt. Zustimmung im Sinne von § 13 ist nur eine solche Entscheidung einer Fachbehörde, die neben der Entscheidung der Genehmigungsbehörde erforderlich ist, von der Fachbehörde unmittelbar an den Antragsteller gerichtet und evtl. mit Bedingungen oder Auflagen versehen wird und deren Erteilung ein Antragsteller im Klagewege gegenüber dieser Fachbehörde erstreiten kann. Hierzu gehören weder die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde nach § 36 Abs. 1 Satz 4 des Baugesetzbuchs (BauGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. August 1997 (BGBl. I S. 2141), geändert durch Gesetz vom 15. Dezember 1997 (BGBl. I S. 2902), in Verbindung mit § 2a der Verordnung zur Durchführung des Baugesetzbuches vom 07. Juli 1987 (GV. NRW. S. 220), zuletzt geändert durch Verordnung vom 20. Oktober 1998 (GV. NRW. S. 645) - SGV. NRW. 231 -, noch die Zustimmung nach §§ 12 ff. des Luftverkehrsgesetzes (LuftVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. März 1999 (BGBl. I S. 559) für die Errichtung von Bauwerken innerhalb oder außerhalb von Bauschutzbereichen bei Flugplätzen. Sie stellen keine neben die immissionsschutzrechtliche Genehmigung tretende eigenständige Entscheidung dar und unterfallen deshalb nicht der Konzentrationswirkung. Vielmehr handelt es sich hierbei um verwaltungsintern abzugebende Aussagen, dass die von diesen Behörden wahrzunehmenden öffentlichen Belange dem zu genehmigenden Vorhaben nicht entgegenstehen. Werden derartige Zustimmungen im Behördenbeteiligungsverfahren versagt, darf die Genehmigung nicht erteilt werden. Hält die Genehmigungsbehörde die Versagung für rechtswidrig, hat sie die Entscheidung der zuständigen gemeinsamen Fachaufsichtsbehörde herbeizuführen. Eine gerichtliche Prüfung, ob die Versagung zu Recht erfolgte, ist nur inzident im Rahmen der Verpflichtungsklage auf Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung möglich.

Die Zustimmung nach § 80 Abs. 1 der Landesbauordnung (BauO NRW) in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. März 2000 (GV. NRW. S. 256/SGV. NRW. 232) ist wegen ihrer Unabhängigkeit von anderen Verwaltungsakten ebenfalls keine Zustimmung im Sinne des § 13. Sie ist eine der Baugenehmigung vergleichbare selbständige behördliche Entscheidung, die von der Konzentrationswirkung erfasst wird (§ 63 Abs. 2 BauO NRW).

10
Zu § 15 (Anzeigeverfahren)

10.1
§ 15 dient insbesondere der Anlagenüberwachung. Beabsichtigte Änderungen der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer immissionsschutzrechtlich genehmigten oder nach § 67 Abs. 2, § 67a Abs. 1 oder nach § 16 Abs. 4 GewO a.F. anzuzeigenden Anlage sind vor ihrer Verwirklichung anzuzeigen, damit die Immissionsschutzbehörde in den Stand gesetzt ist, sich von der Bedeutung und den Auswirkungen ein Bild zu verschaffen. Daneben dient die Anzeige der Schaffung von Rechtssicherheit und liegt insoweit auch im Interesse des Anlagenbetreibers. Die Vorlage einer Anzeige ist mit der Durchführung eines Genehmigungsverfahrens nicht vergleichbar.

Soweit die Anzeige eine Anlage betrifft, die von der Bezirksregierung genehmigt wurde oder eine eventuelle Änderung von ihr zu genehmigen wäre, ist die Verfahrensweise zwischen der Bezirksregierung und dem für die
Überwachung zuständigen Staatlichen Umweltamt einfach, zweckmäßig und zügig abzustimmen. Dabei soll in diesem Fall wie in vergleichbaren Fällen wie folgt verfahren werden:

Unmittelbar nach Eingang der Anzeige leitet das Staatliche Umweltamt (StUA) eine Kopie des Anschreibens und die Unterlagen (z.B. Betriebsbeschreibung), aus denen der Umfang der Änderung ersichtlich ist, an die Genehmigungsbehörde weiter und informiert über die beabsichtigte Entscheidung. Gleichzeitig mit der Eingangsbestätigung teilt das StUA dem Betreiber mit, dass die Prüfung der Anzeige in Abstimmung mit der zuständigen Genehmigungsbehörde erfolgt. Die Genehmigungsbehörde prüft die Anzeige zunächst nach den vom StUA übersandten Unterlagen und teilt das Ergebnis dem StUA mit. Kommen das StUA und die Genehmigungsbehörde bezüglich der Notwendigkeit, ein Änderungsgenehmigungsverfahren durchzuführen, nicht zu demselben Ergebnis, ist zu versuchen, vor der Entscheidung des StUA Einvernehmen herzustellen. Gelingt dies nicht, setzt sich die Auffassung der Genehmigungsbehörde durch, soweit ein Einschreiten in ihrer Funktion als Fachaufsichtsbehörde erforderlich ist. Die Genehmigungsbehörde erhält eine Ausfertigung der Entscheidung des StUA.

10.2
Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 ist jede Änderung - auch eine geringfügige Abweichung von der Genehmigung -, die Auswirkungen auf Schutzgüter des § 1 haben kann, rechtzeitig anzuzeigen.

10.2.1
Änderung einer genehmigungsbedürftigen Anlage ist jede Abweichung von der genehmigten Lage, Beschaffenheit oder Betriebsweise. Ansatzpunkt und Grundlage für die Beurteilung, ob eine "Änderung" im Rechtssinne beabsichtigt ist, ist damit der Inhalt des Genehmigungsbescheides im Sinne des § 21 der 9. BImSchV einschließlich der in Bezug genommenen Unterlagen. Für die Ermittlung, welcher Zustand der genehmigte ist, kann die Betriebspraxis in denjenigen Fällen eine Rolle spielen, in denen sich aus der Genehmigung einschließlich der in Bezug genommenen Unterlagen keine eindeutige inhaltliche Aussage erschließen lässt, welcher Zustand, auf den sich die beabsichtigte Änderung auswirkt, als genehmigt anzusehen ist.

Bei anzeigepflichtigen Anlagen (§ 15 Abs. 1 Satz 5) ist insoweit auf die Abweichungen von der Beschaffenheit und der Betriebsweise der Anlage abzustellen, wie sie bei Einführung der gewerberechtlichen oder immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbedürftigkeit tatsächlich bestanden.

10.2.2
Maßnahmen, die ausschließlich der Instandsetzung oder Unterhaltung der Anlage in ihrer genehmigten Beschaffenheit dienen, sind keine Änderungen. Solche Veränderungen der tatsächlichen Beschaffenheit einer Anlage oder ihres tatsächlichen Betriebsablaufes bewegen sich im Rahmen desvon der Genehmigung Erlaubten und bedürfen weder einer Genehmigung noch der Anzeige. § 16 Abs. 5 lässt nicht den Schluss zu, beim Austausch von Teilen sei (wenn schon keine Genehmigung, dann doch) eine Anzeige nach § 15 erforderlich.

10.2.3
Werden Teile einer genehmigten Anlage im Rahmen der vorliegenden Genehmigung ersetzt oder ausgetauscht, handelt es sich nicht um eine Änderung. Festlegungen im Genehmigungsbescheid, die einzelne Anlagenteile betreffen, enthalten in der Regel abstrakte Anforderungen, die nicht durch ein Einzelstück, sondern durch ein Anlagenteil entsprechender Art und Güte (z.B. serienmäßig hergestellter Filter oder Gerät bestimmten Typs) erfüllt werden können. Ist aus der Genehmigung, den in Bezug genommenen Unterlagen oder den Antragsunterlagen eine Genehmigungsaussage zu bestimmten Anlageteilen nicht zu erschließen, ist unter Berücksichtigung der bisherigen Betriebspraxis zu entscheiden, welche Beschaffenheit oder welche Betriebsweise im Einzelnen als genehmigt anzusehen ist.

10.3
§ 15 Abs. 1 Satz 1 unterscheidet für die Auswirkungen auf in § 1 genannte Schutzgüter nicht zwischen vorteilhaften (positiven) und nachteiligen (negativen) Auswirkungen. Auch Änderungen, die allein zu einer Verbesserung der Umweltsituation führen, sind anzuzeigen.

Eine Änderung kann sich auf in § 1 genannte Schutzgüter auswirken, wenn sie Wirkungen hervorruft, auf die sich die Pflichten nach § 5 BImSchG beziehen, z.B. indem zusätzliche Immissionen / Emissionen hervorgerufen oder bisher vorhandene Immissionen / Emissionen abgebaut werden, indem Vorsorgemaßnahmen gegen das Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen, der Sicherheitsstand der Anlage oder die Vermeidung oder Entsorgung von Abfällen verändert werden.

10.4
Durch Anzeige kann nicht der Wegfall materieller verwaltungsrechtlicher Pflichten aus einer Nebenbestimmung der Genehmigung oder einer nachträglichen Anordnung bewirkt werden. So bleibt z.B. die durch Nebenbestimmung auferlegte Pflicht, bestimmte Messungen durchzuführen, bis zur Aufhebung der Nebenbestimmung durch die Behörde wirksam. Wird einer Nebenbestimmung infolge einer vorgesehenen (und angezeigten) Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebes einer Anlage die sachliche Grundlage entzogen, kann die Nebenbestimmung im Wege der Änderung des Genehmigungsbescheides durch die zuständige Behörde aufgehoben werden, sofern nicht wegen Wesentlichkeit der Änderung ohnehin ein Genehmigungsverfahren durchzuführen ist.

10.5
Für die Abgabe der Anzeigen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 gilt Folgendes:

10.5.1
Auf Wunsch soll die Anzeigebehörde den Anlagenbetreiber vor Abgabe der Anzeige - auch zu § 16 Abs. 4 und zur Abstimmung mit für andere öffentlich-rechtliche Zulassungen zuständigen Behörden - beraten.

10.5.2
Um eine Anzeige handelt es sich, wenn der Behörde schriftlich und unter Beigabe fertiger Planunterlagen zielgerichtet die Verwirklichungsabsicht für ein bestimmtes Projekt mitgeteilt wird, dessen Planungsphase im Wesentlichen abgeschlossen ist. Es widerspräche dem Zweck des Gesetzes, einen informatorischen Schriftwechsel zwischen Betreiber und Behörde im Vorfeld einer Anlagenänderung nachträglich als Anzeige zu deuten.

10.5.3
Die der Anzeige beigefügten Unterlagen müssen ein Urteil über das Genehmigungserfordernis zulassen. Es sind Feststellungen und Darlegungen zu den möglichen Auswirkungen der beabsichtigten Änderung erforderlich (§§ 15 Abs. 1 Satz 1 letzter Satzteil; 16 Abs. 1). Zwar kommt eine pauschale Anforderung aller in §§ 4 a bis 4 d der 9. BImSchV genannten Unterlagen nicht in Betracht, jedoch müssen aus dem Kreis dieser Unterlagen diejenigen zur Verfügung stehen, die der Behörde die Beurteilung gestatten, ob die Änderung wesentlich ist, d.h. ob mit ihr nachteilige Auswirkungen verbunden sein können und ob das Genehmigungserfordernis kraft Gesetzes dennoch entfällt, weil die Voraussetzungen von § 16 Abs. 1 Satz 2 erfüllt sind.

10.5.4
Der Anzeigepflicht aus § 15 Abs. 1 Satz 1 ist in förmlicher Hinsicht durch Vorlage der Anzeige nebst - inhaltlich vollständiger - Unterlagen in einfacher Ausfertigung Genüge getan. Aus Gründen der Erleichterung und Vereinheitlichung ist darauf hinzuwirken, dass die Anzeige nach dem Muster der Anlage 1 erstattet wird. Den Anforderungen des § 15 Abs. 1 entspricht jedoch auch eine nicht formulargebundene schriftliche Anzeige. Zeitgleich beabsichtigte Änderungen an mehreren Anlagenteilen oder zu unterschiedlichen (Teil-) Schritten des Betriebes können zum Zwecke der Anzeige in einem Schriftsatz zusammengefasst werden.

10.5.5
§ 15 Abs. 1 Satz 4 sieht die Nachforderung von Unterlagen vor. Dies beinhaltet nicht die Nachforderung von Sachverständigengutachten als Beweismittel im Verwaltungsverfahren. Werden zusätzliche Unterlagen benötigt, sollen diese unverzüglich und möglichst durch eine - abschließende - Nachforderung herbeigeschafft werden. Die Frist des § 15 Abs. 2 Satz 1 beginnt erst mit dem Eingang aller erforderlichen Unterlagen bei der zuständigen Behörde.

10.5.6
Die zuständigen Behörden haben organisatorisch, z.B. durch entsprechende Vertretungsregelungen, sicherzustellen, dass der Eingang von Anzeigen nach § 15 unverzüglich bestätigt und die Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen unverzüglich durchgeführt werden kann. Bei einfach gelagerten Sachverhalten soll beides zusammen erfolgen. Der Eingang nachgeforderter Unterlagen ist ebenfalls unverzüglich zu bestätigen. Liegt die Anzeige vollständig vor, ist innerhalb eines Monats zu prüfen, ob die Änderung genehmigungsbedürftig ist.

10.6
Prüfungsgegenstand des Anzeigeverfahrens ist allein die Frage, ob eine wesentliche Änderung im Sinne des § 16 Abs. 1 vorliegt.

10.6.1
Die Behörde hat innerhalb der Prüffrist des § 15 Abs. 2 Satz 1 Zweifel zum Sachverhalt oder zur technischen Beurteilung einer beabsichtigten Änderung aufzuklären. Können trotz Vornahme der gebotenen Ermittlungshandlungen nicht alle Fragen geklärt werden und bleibt deshalb zweifelhaft, ob die angezeigte Änderung wesentlich im Sinne des § 16 ist, ist dem Antragsteller innerhalb der Prüffrist des § 15 Abs. 2 Satz 1 mitzuteilen, dass eine Genehmigung nach § 16 erforderlich ist.

10.6.2
Vor allem bei Änderungen, die die Sicherheit des Betriebs einer Anlage berühren, kann es im Rahmen der Prüfung im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 erforderlich sein, zur Beurteilung die Stellungnahme einer anderen Fachbehörde einzuholen. In diesem Fall ist die Beteiligung so zu organisieren, dass sie innerhalb der Prüffrist eindeutig zu dem Ergebnis führt, ob die vorgesehene Änderung genehmigungsbedürftig ist oder nicht.

10.6.3
Zur Prüfung einer Anzeige im Rahmen des § 15 Abs. 2 Satz 1 wird ein Behördenbeteiligungsverfahren nicht gefordert. Sollte es ausnahmsweise notwendig oder tunlich sein, eine andere Fachdienststelle (z.B. Landesumweltamt, Berufsfeuerwehr) zu beteiligen, um abschließend zu beurteilen, ob die Voraussetzungen einer wesentlichen Änderung im Sinne des § 16vorliegen, ist die Beteiligung möglichst formlos abzuwickeln.

10.6.4
Bei binnen Monatsfrist von der Immissionsschutzbehörde zu prüfenden Anzeigen kommt die Einschaltung von Sachverständigen zur Beurteilung der Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Satz 2 in der Regel nicht in Betracht.

10.7
Hinsichtlich der Berücksichtigung anderer öffentlich-rechtlicher Vorschriften im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 gilt Folgendes:

10.7.1
Soweit die Immissionsschutzbehörde dem Antragsteller mitteilt, dass eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung wegen der vorgesehenen Änderung nicht erforderlich ist, soll zugleich darauf hingewiesen werden, dass Entscheidungen nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften von der Mitteilung unberührt bleiben, diese durch die Anzeige also weder ersetzt noch entbehrlich gemacht sind. Im Rahmen der Prüfung nach § 15 Abs. 2 Satz 1 werden andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange, die nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Genehmigungsvoraussetzung sind, nicht geprüft. Der Immissionsschutzbehörde steht nicht die Befugnis zu, zugleich über die Erforderlichkeit einer Genehmigung, Zulassung oder sonstigen Entscheidung nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu entscheiden. Sollten bei der Immissionsschutzbehörde Zweifel aufkommen, ob der Anlagenbetreiber andere öffentlich-rechtliche Vorschriften hinreichend beachtet, soll ihn die Immissionsschutzbehörde darauf hinweisen und die betroffene Fachbehörde unterrichten.

10.7.2
Es steht dem Antragsteller frei, zugleich oder vor Abgabe der Anzeige nach § 15 einen für die Änderung erforderlichen Bauantrag zu stellen. Das Nichtvorliegen einer immissionsschutzrechtlich erforderlichen Anzeige lässt das Sachbescheidungsinteresse für ein parallel betriebenes Baugenehmigungsverfahren nicht entfallen, es sei denn, es handelt sich um den Fall einer wesentlichen Änderung im Sinne des § 16. Die Immissionsschutzbehörde prüft im Rahmen ihrer Beteiligung im Baugenehmigungsverfahren, ob eine immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit gegeben ist. Lassen sich im Einzelfall Zweifel über das Bestehen einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbedürftigkeit auch durch - gebotene - Sachaufklärung nicht ausräumen, ist von einer solchen Genehmigungsbedürftigkeit auszugehen; die Immissionsschutzbehörde teilt dies der Baugenehmigungsbehörde unverzüglich mit.

10.8
Nach Ablauf der Monatsfrist des § 15 Abs. 2ist die Durchführung einer Änderung immissionsschutzrechtlich formell legal. Ob nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften eine Zulassungsentscheidung erforderlich ist, beurteilen die jeweils zuständigen Fachbehörden.

10.9
Nach der Prüfung der Anzeige hat die Behörde über die Genehmigungsbedürftigkeit der Änderung zu entscheiden.

10.9.1
Die Immissionsschutzbehörde erteilt auf die Anzeige einen Bescheid. Wird die Erforderlichkeit eines Änderungsgenehmigungsverfahrens festgestellt, erfolgt eine Rechtsmittelbelehrung. Die Postlaufzeit für die Mitteilung, dass ein Genehmigungsverfahren erforderlich ist, ist auf die Monatsfrist des § 15 Abs. 2 anzurechnen, denn die Mitteilung ist nur fristgerecht, wenn sie innerhalb eines Monats nach Anzeige beim Anlagenbetreiber eingeht.

10.9.2
Die Mitteilung nach § 15 Abs. 2 Satz 2 ist ein Verwaltungsakt. Regelungsinhalt ist es, die gesetzliche Gestattungswirkung vor Ablauf der Monatsfrist in Geltung zu setzen, angezeigte Änderungen an genehmigungsbedürftigen Anlagen durchführen zu dürfen. Daneben hat die Mitteilung feststellende Regelungselemente.

10.10
Auch im Falle der Entbehrlichkeit eines Genehmigungsverfahrens muss die Einhaltung der immissionsschutzrechtlichen Pflichten sicher gestellt werden.

10.10.1
Im Zusammenhang mit der Prüfung der Anzeige hat die Immissionsschutzbehörde möglichst zeitnah zu prüfen, ob zur - vollen - Durchsetzung immissionsschutzrechtlicher Pflichten eine nachträgliche Anordnung nach § 17 zu erlassen ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn die beabsichtigte Änderung nicht in vollem Umfang dem Stand der Technik entspricht. Eine nachträgliche Anordnung kann auch veranlasst sein, weil durch die Anzeige ein Pflichtverstoß bekannt wird.

Erweist sich eine nachträgliche Anordnung aus Anlass der Anzeige als erforderlich, kann die Anordnung in demselben Schriftstück wie die Mitteilung niedergelegt werden. Die Anordnung wird dadurch aber nicht zur Nebenbestimmung der Mitteilung.

10.10.2
Ist ein Anzeigeverfahren nach § 15 durchgeführt worden, schließt dies nicht aus, zur Abwehr oder zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen oder zur Abwehr sonstiger Gefahren Nebenbestimmungen zum Immissionsschutz in die nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften erforderliche Zulassungs- oder Genehmigungsentscheidung aufzunehmen.

10.11
Die Behörde hat nach Abschluss des Anzeigeverfahrens ihre Genehmigungsakte zu vervollständigen. Der Antragsteller soll aufgefordert werden, die Behörde von der Durchführung der Änderung zu unterrichten.

10.12
Die Mitteilung nach § 15 Abs. 2 Satz 2 an den Antragsteller, dass eine vorgesehene Änderung einer Genehmigung nicht bedarf, kann von Dritten angefochten werden. Geschieht dies, wird die Regelungswirkung der Mitteilung bis zum Ablauf der Monatsfrist des § 15 Abs. 1 Satz 1 aufschiebend aufgehoben; nach Ablauf der Monatsfrist greift die gesetzliche Gestattungswirkung, als hätte die zuständige Anzeigebehörde von Anfang an geschwiegen. Will der Widerspruch führende Dritte über Immissionsschutzrecht die Durchführung der Änderung verhindern, kann dies im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren über einen Antrag auf einstweilige Anordnung der Unterlassung der Änderung durchgesetzt werden.

10.13
Die Behörde hat verschiedene Möglichkeiten, die Anzeigeverpflichtung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 durchzusetzen.

10.13.1
Für die rechtzeitige Anzeige einer vorgesehenen Änderung trägt der Anlagenbetreiber die Verantwortung. Unterlässt er - z.B. infolge Irrtums über die tatsächlichen Voraussetzungen - eine erforderliche Anzeige, kann dies im Rahmen eines möglichenOrdnungswidrigkeitenverfahrens von Bedeutung sein. Nach § 62 Abs. 2 Nr. 1 handelt ordnungswidrig, wer eine Anzeige nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht.

10.13.2
Es ist Aufgabe der Überwachungsbehörde (§ 52), die Durchführung des § 15 zu beobachten und dafür zu sorgen, dass alle erforderlichen Anzeigen tatsächlich abgegeben werden. Wird eine (nicht wesentliche) Änderung ohne vorherige Anzeige durchgeführt, kann neben der Verfolgung als Ordnungswidrigkeit auch nachträglich angeordnet werden, die erforderlichen Angaben und Unterlagen nachzureichen; die Fortführung der Arbeiten zur Durchführung der Änderung kann einstweilen untersagt werden. Die Behörde kann zugleich sachlich-inhaltliche Anordnungen zur Beschaffenheit oder zum Betrieb der Anlage treffen. Stellt sich im Rahmen der Überwachung heraus, dass eine angezeigte Änderung tatsächlich einer Genehmigung nach § 16 bedarf, ist die Mitteilung gem. § 15 Abs. 2 Satz 1 nach den Regelungen des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts zurückzunehmen; das Änderungsgenehmigungsverfahren ist nachzuholen; erweist sich die Änderung als nicht genehmigungsfähig, ist § 20 heranzuziehen.

10.14
Nach § 15 Abs. 3 hat der Betreiber die beabsichtigte Betriebseinstellung einer genehmigungsbedürftigen Anlage der zuständigen Überwachungsbehörde (Staatliches Umweltamt/Bergamt) unverzüglich anzuzeigen.

Infolge eines Redaktionsversehens wird in § 15 Abs. 3 Satz 3 auf Absatz 1 Satz 4 verwiesen; gemeint ist Absatz 1 Satz 5. Absatz 1 Satz 5 erfasst seinerseits auch Anlagen, die nach § 67a Abs. 1 anzuzeigen sind oder nach § 67 Abs. 3 ohne Anzeige betrieben werden dürfen.

10.14.1
Die Anzeigepflicht betrifft die in der 4. BImSchV als genehmigungsbedürftig bezeichneten Anlagen. Die nur teilweise Stilllegung einer solchen Anlage löst in der Regel keine Anzeigepflicht aus. Eine Pflicht zur Anzeige besteht jedoch auch bei der Stilllegung von Anlagen, die als rechtlich selbständig genehmigungsbedürftiger Teil einer gemeinsamen Anlage (§ 1 Abs. 3 der 4. BImSchV) genehmigungsbedürftig sind, sowie von solchen Teilen oder Nebeneinrichtungen, bei denen lediglich das Erfordernis der Erteilung einer gesonderten Genehmigung aufgrund von § 1 Abs. 4 der 4. BImSchV entfallen ist.

10.14.2
Der Betreiber "beabsichtigt" eine Betriebseinstellung, sobald die unternehmerische Entscheidung hierzu getroffen wird. Dies ist nicht erst dann der Fall, wenn die Absicht durch erste Stilllegungsvorbereitungen auch nach außen hin erkennbar wird. Vom Zeitpunkt des Entschlusses an hat der Betreiber die Stilllegung unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB), anzuzeigen. Hierzu sollte das Formular in Anlage 2 verwandt werden.

10.14.3
Die gem. § 15 Abs. 3 Satz 2 der Anzeige beizufügenden Unterlagen müssen insbesondere Angaben über folgende Punkte enthalten:
a) Die weitere Verwendung der Anlage und des Betriebsgrundstücks (Verkauf, Abbruch, andere Nutzung, bloße Stilllegung usw.),
b) bei einem Abbruch der Anlage der Verbleib der dabei anfallenden Materialien,
c) bei einer bloßen Stilllegung die vorgesehenen Maßnahmen zum Schutz vor den Folgen natürlicher Einwirkungen (Korrosion, Materialermüdung usw.) und vor dem Betreten des Anlagengeländes durch Unbefugte,
d) die zum Zeitpunkt der Betriebseinstellung voraussichtlich vorhandenen Einsatzstoffe und Erzeugnisse und deren weiterer Verbleib,
e) mögliche gefahrenverursachende Bodenverunreinigungen und die vorgesehenen Maßnahmen zu deren Beseitigung,
f) die zum Zeitpunkt der Betriebseinstellung voraussichtlich vorhandenen Abfälle und deren Entsorgung (Nachweis des Abnehmers) sowie
g) bei einer Beseitigung von Abfällen die Begründung, warum eine Verwertung technisch nicht möglich oder unzumutbar ist.

10.14.4
Innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt der Anzeige hat die Überwachungsbehörde zu prüfen, ob weitere Maßnahmen zur Sicherstellung der Erfüllung der sich aus § 5 Abs. 3 ergebenden Pflichten erforderlich sind. Als weitere behördliche Maßnahmen kommen insbesondere nachträgliche Anordnungen nach § 17 Abs. 1 (vgl. Nummer 12.6) in Betracht. Das Ergebnis der Prüfung ist in den Akten zu vermerken. Über das Ergebnis der Prüfung sowie die noch bestehenden Pflichten ist der Betreiber schriftlich zu unterrichten. Bezüglich der Unterrichtung anderer Behörden wird auf den Gem. RdErl. v. 29.9.1980 über die Unterrichtung der für die Überwachung der Abfallbeseitigung zuständigen Behörden über Betriebsstilllegungen sowie den Abbruch industriell genutzter baulicher Anlagen (SMBl. NRW. 74) verwiesen.

10.15
Wird eine Anlage innerhalb von drei Jahren nach ihrer Zerstörung wieder errichtet und betrieben, ist weder eine Anzeige noch eine neue Genehmigung nach dem BImSchG erforderlich, wenn die Anlage genehmigt (nicht nur angezeigt) war und keine Änderungen gegenüber dem bisherigen Zustand vorgenommen werden; die Pflicht zur Einholung einer Baugenehmigung bleibt unberührt. Der unveränderte Wiederaufbau einer Anlage kann jedoch zum Anlass genommen werden, zur Durchsetzung der Grundpflichten aus § 5 Abs. 1 nachträgliche Anordnungen nach § 17 zu treffen. Bei erheblicher Beschädigung einer Anlage ist die Ausbesserung anzeige- und ggf. genehmigungsbedürftig(§ 16),soweit sie sich nicht innerhalb der Grenzen einer früher erteilten Genehmigung hält. In der Regel bedürfen Reparaturarbeiten jedoch keiner besonderen Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (vgl. Nummer 10.2.3 dieses RdErl.). Beim Wiederaufbau einer zerstörten Anlage mit wesentlichen Änderungen gegenüber dem früheren Zustand ist Nummer 11.9 dieses RdErl. zu beachten.

11
Zu § 16 (Wesentliche Änderung)

Durch die Neufassung des § 16 ist die nachgehende Mitteilung, ob und welche Abweichungen vom Genehmigungsbescheid eingetreten sind, ersatzlos entfallen. Die Anzeige nach § 15 ist eine der beabsichtigten Änderung vorausgehende Erklärung gegenüber der Behörde. Bei der Immissionsschutzbehörde eingehende Mitteilungen nach § 16 - alte Fassung - können für die Überwachung genutzt werden. Die Lücke zwischen der letzten ordnungsgemäßen Mitteilung nach § 16 - alte Fassung - und dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Änderungsgesetzes vom 05.10.1996 schließen die Überwachungsbehörden im Rahmen ihrer allgemeinen Überwachung nach § 52 durch entsprechende Auskunftsersuchen.

11.1
§ 16 bezieht sich auf Änderungen an einer genehmigten und betriebsbereit errichteten Anlage; hingegen sind Umplanungen und beabsichtigte Abweichungen von einer bereits erteilten (Teil-)Genehmigung während der Errichtungsphase nicht Gegenstand des § 16. Derartigen Änderungen während der Errichtungsphase ist unabhängig von der Frage, ob die Änderung wesentlich ist, durch eigenständige (Teil-)Genehmigung oder im Zusammenhang mit einer anderen Genehmigung Rechnung zu tragen. Soweit Belange Dritter in Frage stehen, ist § 8 Abs. 2 der 9. BImSchV anzuwenden.

11.2
Der Begriff der Änderung ist in § 16 wie in § 15 auszulegen (vgl. oben Nummer 10.2.1). Änderungen sind nach § 16 Abs. 1 Satz 1 wesentlich, wenn nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können, die für die Prüfung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 erheblich sein können. Zu betrachten sind diejenigen Bereiche, zu denen auf der Grundlage materiellen Immissionsschutzrechts Anforderungen festgelegt werden können (z.B. zur Abwehr sonstiger Gefahren, Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen, Anlagensicherheit, Abfallvermeidung). Wesentlich sind nur Änderungen, die die immissionsschutzrechtlichen Betreibergrundpflichten nach § 5 - auch, soweit sie durch Rechtsverordnung nach § 7 konkretisiert sind - betreffen; nur hierauf verweist § 6 Abs. 1 Nr. 1. Sind ausschließlich andere öffentlich-rechtliche Vorschriften (z.B. des Wasserrechts) berührt, ohne dass zugleich eine sonstige Gefahr begründet wäre oder sonstige erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen zu erwarten sind, kann dies die Beurteilung einer Änderung als wesentlich nicht tragen.

11.2.1
Erheblich im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 sind Auswirkungen bereits dann, wenn sie überhaupt die Durchführung der Betreibergrundpflichten berühren können. Der Begriff "erheblich" ist hier im Sinne von "einschlägig" zu verstehen und wird nicht als Maßstabsangabe verwendet. Nachteilige Auswirkungen müssen nicht nachgewiesen sein; das Gesetz stellt auf einen Möglichkeitsmaßstab ("erheblich sein können") ab.

11.2.2
Nachteilig sind Auswirkungen, die eine vorhandene Situation ungünstig verändern. Mit Blick auf die Betreiberpflicht zur Vorsorge kann auch eine nicht schädliche Umwelteinwirkung nachteilig sein. Es ist ein Vergleich zwischen der Situation vor Durchführung der beabsichtigten Änderung mit der (zu prognostizierenden) Situation nach der Änderung erforderlich. Die Verlagerung von Schadstoffen (z.B. aus der Luft ins Abwasser) ist als "nachteilige Auswirkung" - im Hinblick auf das Abwasser - relevant, wenn zugleich Betreibergrundpflichten nach § 5 betroffen sind.

Soweit sich durch Änderungen ausschließlich Verbesserungen ergeben, ist kein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren erforderlich. Zur Entscheidung über die Frage, ob Auswirkungen "nachteilig" im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 sind, dürfen die getroffenen oder vom Antragsteller vorgesehenen zusätzlichen Gegenmaßnahmen zur Abwendung der Auswirkungen nicht berücksichtigt werden. Aus § 16 Abs. 2 geht im Umkehrschluss hervor, dass eine saldierende Betrachtung für die Frage der Öffentlichkeitsbeteiligung im Änderungsgenehmigungsverfahren, nicht aber für die Beurteilung der Voraussetzungen der Wesentlichkeit einer Änderung ausschlaggebend ist. Für die Entscheidung über die Nachteiligkeit im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 ist daher eine isolierte Betrachtungsweise maßgeblich, die ausschließlich die möglichen zusätzlichen Auswirkungen infolge der beabsichtigten Änderung ohne entgegenwirkende Vorkehrungen berücksichtigt. Dies gilt auch für Sanierungsvorhaben (z.B. zur Verbesserung des Sicherheitsstandards einer Anlage).

Nachteilige Auswirkungen sind z.B. zusätzliche Emissionen, die durch eine Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs der Anlage (vgl. dazu oben Nummer 10.2.1) hervorgerufen werden können. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Emissionsbegrenzungen des Genehmigungsbescheides auch künftig eingehalten werden. Ausgangspunkt für die Prüfung der Nachteiligkeit ist die tatsächliche, von der Genehmigung gedeckte Lage vor Durchführung der Änderung. Die Einhaltung der Emissionsbegrenzungen bedeutet nicht zwingend, dass sich eine Änderung im Rahmen der vorliegenden Genehmigung hält und deshalb von §§ 15 und 16 nicht erfasst wird (vgl. oben Nummer 10.2.1). Gegenstand einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung sind Errichtung (Beschaffenheit) und Betrieb einer Anlage, nicht deren Emissionen. Enthält der Genehmigungsbescheid eine Emissionsbegrenzung für eine oder mehrere benannte Quellen, so wird damit lediglich die Obergrenze des rechtlich Zulässigen angegeben. Emissionsbegrenzungen lassen die Pflicht des Betreibers unberührt, im Rahmen der Vorsorgepflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 die Anlage so zu betreiben, dass die rechtlich zulässigen Werte möglichst unterschritten werden. Emissionsbegrenzungen sind keine "Gutschrift von Verschmutzungsbefugnissen", sondern Grenzlinien für den Anlagenbetrieb. Deshalb ist für die Beurteilung der Nachteiligkeit einer Änderung hinsichtlich einzelner zu betrachtender Auswirkungen nicht auf die mögliche Überschreitung der äußersten Grenze der Genehmigung abzustellen, sondern auf das Abweichen von der genehmigten Betriebsweise, die möglicherweise zu tatsächlichen Emissionen deutlich unter den festgesetzten Emissionsbegrenzungen führt.

Um Abweichungen von den Emissionen festzustellen, die bei der bisher genehmigten Betriebsweise tatsächlich auftreten, hat die Behörde von den aus der Überwachung gewonnenen Erkenntnissen über die beim genehmigten Betrieb bestehenden tatsächlichen Emissionsverhältnisse auszugehen. Ggf. sind auch andere Erkenntnisse (z.B. aus dem Betrieb vergleichbarer Anlagen) heranzuziehen.

11.3
Unter den Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Satz 2 ist ein Genehmigungsverfahren nicht durchzuführen; die Anzeigepflicht bleibt davon jedoch unberührt. § 16 Abs. 1 Satz 2 setzt voraus, dass

1.die zu erwartenden nachteiligen Auswirkungen im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 offensichtlich gering sind und
2.die Erfüllung der Betreibergrundpflichten sichergestellt ist.

11.4
Bei der Beurteilung, ob nachteilige Auswirkungen "offensichtlich gering" sind, ist ein strenger Maßstab anzulegen.

11.4.1
"Offensichtlich" geringfügig sind nachteilige Auswirkungen, von denen ohne nähere Prüfung einsichtig ist, dass sie im Hinblick auf die Erfüllung der Betreibergrundpflichten unbedeutend sind. Auszugehen ist von dem bisherigen genehmigungskonformen Betriebszustand.

11.4.2
Bereits vorhandene nachteilige Auswirkungen dürfen sich - soll § 16 Abs. 1 Satz 2 herangezogen werden - nur in geringfügigem Umfang erhöhen, so dass sie praktisch nicht ins Gewicht fallen. Ohne nähere Prüfung muss auf der Hand liegen und dem sachverständigen Beurteiler unmittelbar einleuchten, dass die Betreiberpflichten nach wie vor eindeutig erfüllt ("sichergestellt") sind.

11.5
Für die Beurteilung der Wesentlichkeit einer Änderung im Falle tatsächlicher Unsicherheiten gilt Folgendes:

11.5.1
Kann nicht ausgeschlossen werden, dass die nachteiligen Auswirkungen (vgl. dazu oben Nummer 10.3) infolge einer Änderung zwar offensichtlich gering sind, die Auswirkungen insgesamt (z.B. durch höhere Lärmemissionen) aber relevant erhöht werden können, ist dies kein Fall des § 16 Abs. 1 Satz 2.

11.5.2
Bestehen im Hinblick auf sonstige Gefahren Zweifel, ob die Erfüllung der Anforderungen aus § 6 Abs. 1 Nr. 1 gewährleistet ist, handelt es sich um eine wesentliche Änderung. Können Zweifel hinsichtlich der erforderlichen Abwehr sonstiger Gefahren nicht sicher ausgeschlossen werden, liegen die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Satz 1 ("können") vor, die Erfüllung der Anforderungen ist dann nicht im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 2 sichergestellt. Trägt eine der Anzeige beigefügte Sicherheitsbetrachtung die Tatbestandsmerkmale des § 16 Abs. 1 Satz 2 nicht eindeutig, ist die beabsichtigte Änderung als wesentlich anzusehen.

11.6
Über einen Antrag nach § 16 Abs. 2 wird nicht gesondert entschieden. Seine Behandlung wird in der abschließenden Genehmigungsentscheidung dargestellt und begründet (vgl. § 44a VwGO).

11.7
Nach § 16 Abs. 4 kann der Betreiber eine Änderungsgenehmigung auch unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Satz 1 beantragen, wenn die beabsichtigte Änderung zumindest anzeigebedürftig im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 ist (vgl. dazu Nummer 10.2 des RdErl.).

11.7.1
Ist aus einer Eingabe nicht klar ersichtlich, ob der Antragstellereine beabsichtigte Änderung lediglich anzeigen oder ob er nach § 16 Abs. 4 eine Genehmigung beantragen will, hat die Immissionsschutzbehörde den Sachverhalt aufzuklären, den Antragsteller zu beraten und auf eine sachgerechte Präzisierung hinzuwirken.

11.7.2
Für das Genehmigungsverfahren und die Genehmigungsentscheidung gelten auch im nach § 16 Abs. 4 eingeleiteten Verfahren die allgemeinen Bestimmungen, insbesondere der 9. BImSchV.

11.8
Einer Änderungsgenehmigung bedarf es nicht, wenn eine genehmigte Anlage oder Teile davon im Rahmen der vorhandenen Genehmigung ersetzt werden sollen (§ 16 Abs. 5).

11.8.1
§ 16 Abs. 5 gilt für alle in § 15 und § 16 erfassten Fälle.

11.8.2
§ 16 Abs. 5 hat klarstellende Bedeutung. Wird eine Anlage oder ein Anlagenteil durch eine baugleiche Anlage oder ein baugleiches Anlagenteil oder ein entsprechendes Anlagenteil vergleichbarer Art und Güte ersetzt oder ausgetauscht, so handelt es sich von vornherein nicht um eine Änderung, wenn dabei der Rahmen der erteilten Genehmigung nicht überschritten wird. Soweit es lediglich um den Ersatz von Anlagenteilen, nicht um die Neuerrichtung einer zerstörten Anlage geht, findet § 16 Abs. 5 auch auf angezeigte Anlagen (§ 67 Abs. 2, § 67a, § 16 Abs. 4 Gewerbeordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Februar 1999, BGBl. I S. 202, geändert durch Gesetz vom 24. März 1999, BGBl. I S. 385), Anwendung.

11.8.3
In solchen Fällen bedarf es nicht einmal einer Anzeige nach § 15. Es ist Aufgabe der Überwachungsbehörde, zu überprüfen, dass der Rahmen des zulässigen Austausches von Anlagenteilen nicht überschritten wird.

11.9
Ob bei beabsichtigten Betriebserweiterungen eine Änderungsgenehmigung oder eine Neugenehmigung zu erteilen ist, ist unter Berücksichtigung des Umfangs und der Bedeutung der beabsichtigten Maßnahmen sowie der betriebstechnischen, örtlichen und organisatorischen Verhältnisse zu entscheiden.

Eine Neugenehmigung ist zu erteilen, wenn sich das "Wesen der Anlage", wie es durch die Anlagenbezeichnung im Anhang zur 4. BImSchV umschrieben wird, ändert.

Eine Änderungsgenehmigung kommt in Betracht, wenn auch nach der beabsichtigten Änderung die bereits bestehenden Anlagenteile den Kern der erweiterten Anlage darstellen. Ist das nicht der Fall, muss eine neue Genehmigung für die gesamte Anlage erteilt werden, auch wenn einzelne bestehende Anlagenteile in diese einbezogen werden. Soweit Betriebserweiterungen durch die Errichtung zusätzlicher selbständiger genehmigungsbedürftiger Anlagen vorgenommen werden, bedürfen diese Anlagen der Neugenehmigung. Bilden dagegen die zusätzlich zu errichtenden Einzelanlagen mit den vorhandenen Anlagen eine gemeinsame Anlage (§ 1 Abs. 3 der 4. BImSchV), so handelt es sich um eine wesentliche Änderung der als Einheit zu betrachtenden Gesamtanlage.

11.10
Im Änderungsgenehmigungsverfahren können nicht die Errichtung und der Betrieb der gesamten Anlage überprüft werden. Gegenstand der Überprüfung sind nur die zu ändernden und diejenigen Anlagenteile, auf die sich die Änderung auswirken kann (vgl. Nummer 2.2.3.1 Abs. 2 der Ersten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz - TA Luft - vom 27. Februar 1986, GMBl. S. 95, 202). Nur insoweit können der Änderungsgenehmigung auch Auflagen und sonstige Nebenbestimmungen beigefügt werden. Die Durchführung von Verbesserungsmaßnahmen an anderen Anlagen kann jedoch als Bedingung für das Wirksamwerden der Änderungsgenehmigung festgesetzt werden, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen. Die Befugnis, nachträgliche Anordnungen (§ 17) in Bezug auf die übrigen Anlageteile zu treffen, bleibt unberührt.

11.11
Werden in einer Anlage Versuche durchgeführt, die sich nicht im Rahmen des genehmigten Betriebs halten, so ist hierfür - abgesehen von nicht wesentlichen Abweichungen - eine Änderungsgenehmigung einzuholen. Eine solche ist jedoch nicht erforderlich, wenn der Rahmen, in dem Anlagenversuche durchgeführt werden dürfen, bereits in einer wirksamen Genehmigung festgelegt worden ist. Wird ein entsprechender Genehmigungsantrag gestellt, so soll die Genehmigung mit der Auflage verbunden werden, dass Art und Umfang der einzelnen Versuche rechtzeitig vor ihrer Aufnahme der Überwachungsbehörde anzuzeigen sind (vgl. § 12 Abs. 2 b).

11.12
Bei Anlagen, die gemäß § 67 Abs. 2 lediglich angezeigt worden sind, führt die Genehmigung wesentlicher Änderungen dazu, dass die Anlage immissionsschutzrechtlichen Bestandsschutz genießt, soweit sie im Verfahren nach §§ 10, 16 in die Prüfung einbezogen worden ist (vgl. Nummer 9.3 dieses RdErl.). Um dies zu erreichen, kann der Anlagenbetreiber einer angezeigten Anlage aus Anlass einer wesentlichen Änderung auch für die gesamte Anlage eine Genehmigung beantragen.

12
Zu § 17 (Nachträgliche Anordnungen)

12.1
Durch Absatz 1 werden die Staatlichen Umweltämter bzw. Bergämter ermächtigt, auch nach Unanfechtbarkeit der Genehmigung, sowie nach einer nach § 15 Abs. 1 angezeigten Änderung, Anordnungen (Ordnungsverfügungen) gegenüber dem jeweiligen Anlagenbetreiber zu treffen.

12.1.1
Nachträgliche Anordnungen nach Absatz 1 Satz 1 setzen voraus, dass sie zur Erfüllung der Pflichten erforderlich sind, die sich aus dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (§ 5) oder den auf das Bundes-Immissionsschutzgesetz gestützten Rechtsverordnungen (§ 7) ergeben. Dieses Erfordernis kann bereits daraus herzuleiten sein, dass bei Fortentwicklung des Standes der Technik weitergehende Maßnahmen zur Emissionsbegrenzung geboten sind. Sofern in Rechtsverordnungen oder Verwaltungsvorschriften aus Gründen der Gleichbehandlung und der Wahrung der Verhältnismäßigkeit ein einheitliches Konzept zur Anpassung an den Stand der Technik besteht, ist dieses Konzept grundsätzlich maßgebend für den Erlass nachträglicher Anordnungen (vgl. im Einzelnen Nummer 4.3 Abs. 2 dieses RdErl.). Auf Nummer 4 der TA Luft und Nummer 5 der Sechsten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm) vom 26. August 1998 (GMBl. S. 503) wird hingewiesen.

Im Falle einer nach § 15 Abs. 1 angezeigten Änderung können Anordnungen auch in Bezug auf eine Beschaffenheit oder Betriebsweise der Anlage getroffen werden, die erst durch die Änderung herbeigeführt werden soll.

Zur Durchsetzung der Pflichten aus anderen Gesetzen können selbständige Anordnungen nur aufgrund der in diesen Gesetzen enthaltenen Ermächtigungen (z.B. § 22 ArbSchG) getroffen werden. Auflagen zu einem Genehmigungsbescheid können jedoch in jedem Fall durch die immissionsschutzrechtlichen Überwachungsbehörden durchgesetzt werden.

12.1.2
Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 vor, wird das Ermessen der Behörde eingeschränkt. Von einer Anordnung darf nur in besonderen Ausnahmefällen abgesehen werden. Für die Frage, wann ein ausreichender Schutz nicht gesichert ist, sind grundsätzlich dieselben Gesichtspunkte maßgebend wie bei der Prüfung im Genehmigungsverfahren; auf Nummer 4.2 dieses RdErl. wird hingewiesen. Können Gesundheitsgefahren für die Bevölkerung nicht ausgeschlossen werden, sollen die örtlich zuständigen Gesundheitsämter beteiligt werden. Bei Lebens- oder Gesundheitsgefahren haben die Nachbarn in der Regel einen Anspruch auf Einschreiten der Behörde.

12.1.3
Mit der nachträglichen Anordnung können dem Betreiber alle Verpflichtungen auferlegt werden, die Gegenstand von Auflagen nach § 12 Abs. 1 sein können. Die Behörde kann Anforderungen an die Beschaffenheit der Anlage, an den Betriebsablauf und an die Einhaltung bestimmter Emissions- oder Immissionsbegrenzungen (vgl. Nummer 8.3.1 dieses RdErl.) stellen und bei einer akuten Gefahrensituation unter Umständen auch ein kurzzeitiges Abschalten der Anlage fordern. Sie kann sich damit begnügen, bestimmte Ziele der vorzunehmenden Verbesserungsmaßnahmen vorzuschreiben und dem Unternehmer die Durchführung im Einzelnen überlassen; in diesem Fall kann auch die Vorlage eines Gutachtens zur Ermittlung und zum Nachweis der Maßnahmen verlangt werden, die zur Einhaltung der Zielanforderungen erforderlich sind. Enthält eine aufgrund des § 7 erlassene Rechtsverordnung eine entsprechende Verpflichtung, können u.U. auch die Ermittlung von Emissionen oder Immissionen oder die Durchführung sicherheitstechnischer Prüfungen vom Betreiber gefordert werden; im Übrigen sind Messanordnungen und Forderungen nach sicherheitstechnischen Prüfungen auf die besonderen Vorschriften der §§ 26 bis 31 zu stützen.

12.1.4
Hinsichtlich der Bestimmtheit, der rechtlichen und tatsächlichen Erfüllbarkeit und der Geeignetheit der anzuordnenden Maßnahmen gilt Nummer 8.3 dieses RdErl. entsprechend.

12.1.5
Sollen Maßnahmen angeordnet werden, die als wesentliche Änderung im Sinne des § 16 anzusehen oder die nach baurechtlichen Vorschriften genehmigungspflichtig sind, hat das Staatliche Umweltamt oder das Bergamt die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbehörde und/oder die zuständige untere Bauaufsichtsbehörde vor der Anordnung zu beteiligen und den beteiligten Behörden ggf. nach der Anordnung eine Ausfertigung der Verfügung zu übersenden. Die beteiligten Behörden haben die Genehmigungsfähigkeit der anzuordnenden Maßnahmen zu prüfen. Ist die Genehmigungsfähigkeit gegeben, kann die Anordnung auch getroffen werden, bevor die erforderlichen Genehmigungen erteilt sind; diese hat der Anlagenbetreiber dann noch einzuholen.

12.1.6
Verstößt ein Anlagenbetreiber sowohl gegen immissionsschutzrechtliche als auch gegen Anforderungen aus anderen Rechtsgebieten (z.B. aus dem Abfallrecht, dem Bauordnungsrecht oder dem Wasserrecht), so können Anordnungen aufgrund unterschiedlicher Ermächtigungsgrundlagen zulässig sein. Um widersprüchliche Entscheidungen zu vermeiden, sollen die zuständigen Behörden sich dann - außer bei Gefahr im Verzuge - zunächst untereinander abstimmen. In der Regel soll die jeweils sachnähere Behörde die notwendige Anordnung treffen (z.B. die Bauaufsichtsbehörde, falls zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen ausschließlich bauliche Maßnahmen zur notwendigen Behebung eines Gefahrentatbestandes im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW in Betracht kommen). Wird die Anordnung durch das Staatliche Umweltamt getroffen, so ist zuvor die Zustimmung der anderen Fachbehörde einzuholen.

12.2
In Absatz 2 Satz 1 wird ausdrücklich klargestellt, dass nachträgliche Anordnungen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen müssen und dass dabei bestimmte Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind.

Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist zu beachten bei der Entscheidung,

- ob eine nachträgliche Anordnung erlassen wird,
- welches Mittel vorgeschrieben wird und
- welcher Anlagenbetreiber in Anspruch genommen wird.

Inhaltlich verlangt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, dass

a) nur Maßnahmen angeordnet werden, die zur Erreichung des angestrebten Zwecks (Erfüllung der Pflichten aus dem Bundes-Immissionsschutzgesetz und den hierauf gestützten Rechtsverordnungen) geeignet sind,
b) von mehreren geeigneten Maßnahmen diejenige ausgewählt wird, die den Betroffenen am geringsten belastet, und
c) die mit der Durchführung der Maßnahme verbundenen Nachteile für den Betroffenen, für Dritte und für die Allgemeinheit nicht die mit dem angestrebten Erfolg verbundenen Vorteile erkennbar übersteigen; dabei sind insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der Emissionen und Immissionen sowie Nutzungsdauer und technische Besonderheiten der Anlage zu berücksichtigen.

12.2.1
Die Auswirkungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auf die Anordnungsbefugnis sind unterschiedlich, je nachdem ob durch Rechts- oder Verwaltungsvorschrift konkretisierte Anforderungen durchgesetzt oder die allgemeinen Pflichten aus dem Bundes-Immissionsschutzgesetz durch eine nachträgliche Anordnung erstmals konkret festgelegt werden sollen.

12.2.1.1
Sind die behördlich durchzusetzenden Anforderungen durch Rechts- oder Verwaltungsvorschrift konkretisiert, ist nur eine eingeschränkte Verhältnismäßigkeitsprüfung durchzuführen.

Werden in einer Rechtsnorm (Durchführungsverordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz) konkrete Maßnahmen gefordert (z. B. Abgasableitung über einen Schornstein mit bestimmter Höhe, vgl. § 29 der 13. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes - Verordnung über Großfeuerungsanlagen - vom 22. Juni 1983, BGBl. I S. 719, zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. Mai 2000 (BGBl. I S. 632), und § 6 der 17. BImSchV), so ist davon auszugehen, dass der Normgeber den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bereits umfassend berücksichtigt hat. Lässt die Rechtsnorm Ausnahmen oder Alternativen zu, darf nur unter den dafür geltenden Voraussetzungen von den generellen Anforderungen abgewichen werden.

Enthält eine Rechtsnorm lediglich eine konkrete Zielanforderung (z. B. Emissionsgrenzwert, vgl. §§ 3 bis 20 der 13. BImSchV und § 5 der 17. BImSchV), so gelten die Hinweise des vorstehenden Absatzes entsprechend. Will die zuständige Behörde nicht nur die Einhaltung der Zielanforderung, sondern auch die Anwendung eines bestimmten Mittels vorschreiben, so verlangt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dass die den Anlagenbetreiber am wenigsten belastende Maßnahme angeordnet wird, sofern mit dieser der angestrebte Erfolg sicher zu erreichen ist. Ggf. ist ein nachträglicher Austausch der Mittel zuzulassen; allerdings soll dies nicht zu einer zeitlichen Verzögerung bei der Erfüllung der normativen Anforderungen führen. Werden allgemeine gesetzliche Pflichten durch eine Verwaltungsvorschrift (z. B. Nummer 3 der TA Luft) konkretisiert, kann - ähnlich wie bei konkretisierenden Rechtsverordnungen (vgl. Absatz 2 und 3 dieser Nummer) - davon ausgegangen werden, dass der Vorschriftengeber im Rahmen des ihm zur Verfügung stehenden und von ihm wahrgenommenen Regelungsspielraums die für die Verhältnismäßigkeitsprüfung maßgebenden Gesichtspunkte beachtet hat. Dies gilt auch für ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften. So kann z. B. gegenüber Anordnungen im Sinne der Nummer 4.2 TA Luft nicht allgemein eingewandt werden, sie seien unverhältnismäßig.

Bei atypischen Sachverhalten haben allgemeine Verwaltungsvorschriften keine umfassende Bindungswirkung. Vielmehr hängt es vom Aussagegehalt der einzelnen Bestimmungen ab, welche Sachverhalte (noch) von der Verwaltungsvorschrift erfasst werden. Liegt ein atypischer Sachverhalt vor, auf den die Verwaltungsvorschrift insgesamt nicht anwendbar ist, muss von der anordnenden Behörde selbständig geprüft werden, welche Maßnahme im Einzelfall zur Erfüllung der allgemeinen gesetzlichen Pflicht geeignet, erforderlich und angemessen ist (vgl. Nummer 12.2.1.2 dieses RdErl.). Im Übrigen wird auf Nummer 4.3 Abs. 2 dieses RdErl. hingewiesen.

Auch wenn ein Sachverhalt in einer Verwaltungsvorschrift grundsätzlich geregelt wird, nimmt der Vorschriftengeber nur eine generelle Betrachtung der für die Verhältnismäßigkeitsprüfung maßgebenden Gesichtspunkte vor. Hat er bestimmte Umstände des Einzelfalles, die für die Beurteilung der Auswirkungen einer Maßnahme von Bedeutung sind (z. B. Platzverhältnisse am Standort), nicht in seine Betrachtung einbezogen oder wegen der Vielfältigkeit der Lebensverhältnisse gar nicht einbeziehen können, so muss die anordnende Behörde diese bei ihrer Entscheidung berücksichtigen. Sie hat dann aber nur zu prüfen, ob sich wegen der Besonderheiten des Einzelfalles für den Betroffenen wesentlich höhere Belastungen ergeben, als sie der Vorschriftengeber bei seiner Verhältnismäßigkeitsprüfung für zumutbargehalten hat; eine weitergehende Verhältnismäßigkeitsprüfung ist nicht erforderlich.

Zur Frage der Verhältnismäßigkeitsprüfung bei nachträglichen Anordnungen im Rahmen der Altanlagensanierung nach Nummer 4 TA Luft wird zusätzlich auf Nummer 19.13 des Durchführungserlasses zur TA Luft (Gem.RdErl. d. Ministers für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft u. d. Ministers für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie v. 14.10.1986 - SMBl. NRW. 7130) verwiesen.

12.2.1.2
Soll eine nachträgliche Anordnung der Erfüllung allgemein formulierter gesetzlicher Pflichten dienen, für die keine konkretisierenden Rechts- oder Verwaltungsvorschriften bestehen, so hat die zuständige Behörde die Verhältnismäßigkeit ihres Einschreitens umfassend zu prüfen. Zu diesem Zweck muss sie ermitteln,

a) welche Anforderungen sich aus den gesetzlichen Pflichten im konkreten Fall ergeben,
b) in welchem Umfang der Verpflichtete hinter den gesetzlichen Anforderungen zurückbleibt,
c) welche Maßnahmen zur Erfüllung der Pflichten in Betracht kommen,
d) welche der grundsätzlich geeigneten Maßnahmen den Betroffenen am wenigsten belastet und
e) ob die Belastungen die zu erwartenden Vorteile nicht erkennbar übersteigen.

Können mehrere Anlagenbetreiber zur Beseitigung eines rechtswidrigen Zustandes in Anspruch genommen werden, ist auch zu berücksichtigen, dass die Auswahl nicht willkürlich vorgenommen werden darf. Es ist dann aber nicht in jedem Fall erforderlich, eine Anordnung nur gegenüber demjenigen zu erlassen, den die Maßnahme am wenigsten belastet. Hier können auch Gründe der Praktikabilität und der Beschleunigung der Zweckerreichung den Ausschlag geben.

12.2.2
Hat die zuständige Behörde im Einzelfall zu prüfen, ob eine Anordnung im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 unverhältnismäßig ist, sind zunächst alle zu erwartenden positiven und negativen Auswirkungen für den Anlagenbetreiber, für die Nachbarn und für unbeteiligte Dritte sowie das öffentliche Interesse an der Durchführung der Maßnahme oder ihrem Unterbleiben zu ermitteln und zu bewerten. Der betroffene Anlagenbetreiber soll bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken (§ 26 Abs. 2 Satz 1 VwVfG. NRW.; vgl. auch § 52 Abs. 2). Verweigert er die Mitwirkung bei der Ermittlung von Tatsachen, die in seinem Kenntnisbereich liegen, kann die zuständige Behörde hieraus für ihn ungünstige Schlüsse ziehen, wenn nähere Anhaltspunkte fehlen, die für das Gegenteil sprechen (vgl. § 24 Abs. 1 Satz 2 VwVfG. NRW.).

12.2.2.1
Auf der Seite des betroffenen Anlagenbetreibers fällt insbesondere der voraussichtliche Aufwand für die Erfüllung der Anordnung ins Gewicht.

Als Aufwand kommen nicht nur die Kosten für evtl. erforderliche Investitionen, sondern auch wirtschaftliche Nachteile durch Produktionsausfälle bei der Anlagenumstellung, der Arbeitsaufwand für die durchzuführenden Änderungen, erhöhte Betriebskosten u. ä. in Betracht.

Der Aufwand ist in bezug auf den Wert der Gesamtanlage und deren voraussehbare Restnutzung zu bewerten. Soweit es nicht um die Vermeidung von schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren geht, sollte für die durchzuführende Maßnahme die Zeit der regelmäßigen Abschreibung entsprechend den steuerrechtlichen Grundsätzen nicht länger sein als die Zeit der zulässigen Anlagennutzung.

Für die Ermittlung und Bewertung des Aufwandes spielt auch eine Rolle, welche Produkte mit der Anlage erzeugt und welche wirtschaftlichen Vorteile mit ihr erreicht werden. Die Anlage muss stets in ihrem technischen und wirtschaftlichen Zusammenhang gesehen werden.

Ferner ist von Bedeutung, in welcher Wettbewerbssituation sich der Anlagenbetreiber befindet und ob seine Wettbewerbsfähigkeit durch die Erfüllung der Anordnung schwerwiegend und nachhaltig beeinträchtigt werden kann. In diesem Zusammenhang kann ein Vergleich mit anderen Unternehmen derselben Art geboten sein.

Insbesondere ist die Ertrags- und Vermögenssituation des Unternehmens zu berücksichtigen und zu den finanziellen Aufwendungen für die Durchführung der Maßnahme (Investitions- und Betriebskosten) in Beziehung zu setzen. In der Regel kann der Anlagenbetreiber sich auf die besondere Belastung durch eine anzuordnende Maßnahme wegen der Ertrags- und Vermögensverhältnisse jedenfalls dann nicht berufen, wenn in dem letzten Jahr vor der Anordnung die Erträge des Unternehmens nach Steuern unter Berücksichtigung der Abschreibungen, der zur Betriebsfortführung notwendigen Ersatzbeschaffungen und - bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften - von angemessenen Privatentnahmen die für die Erfüllung der Anordnung (ggf. auch weiterer Anordnungen) anfallenden Kosten (Investitions- und Betriebskosten für ein Jahr) insgesamt überstiegen haben.

Nur wenn die Zulässigkeit einer nachträglichen Anordnung von der Beurteilung der Ertrags- und Vermögenssituation des Anlagenbetreibers abhängt und das Staatliche Umweltamt diese Beurteilung selbst nicht eindeutig vornehmen kann, ist das für die Beurteilung betriebswirtschaftlicher Fragen zuständige Dezernat der Bezirksregierung einzuschalten. Das Bergamt unterrichtet in entsprechenden Fällen das für Bergwirtschaft zuständige Referat des Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Energie und Verkehr.

Können die in Frage stehenden Maßnahmen aus öffentlichen Mitteln gefördert werden, ist dies als aufwandmindernd zu berücksichtigen.

12.2.2.2
Auch mittelbare Nachteile für den Anlagenbetreiber, für Dritte oder für die Allgemeinheit sind bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu berücksichtigen. Derartige Nach-
teile sind z. B. Behinderungen der Produktion in anderen Unternehmensbereichen oder bei anderen Unternehmen (z. B. wegen ausfallender Zulieferung), Beeinträchtigungen des allgemeinen Gefahrenschutzes oder des Arbeitsschutzes, Probleme in anderen Bereichen des Umweltschutzes (z. B. erhöhter Anfall gefährlicher Abfälle), der Verlust von Arbeitsplätzen oder der Ausfall einer dem Gemeinwohl dienenden Anlage.

12.2.2.3
Die Verhältnismäßigkeitsprüfung erfordert auch die Ermittlung und Bewertung des mit der Anordnung erstrebten Erfolges.

Als positive Auswirkungen im Hinblick auf den angestrebten Erfolg sind bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht nur die Verminderung von Emissionen und Immissionen, sondern auch andere vom Gesetzgeber angestrebte Zwecke zu berücksichtigen. § 17 stellt auf die Erfüllung aller Pflichten aus dem Bundes-Immissionsschutzgesetz und den hierauf gestützten Rechtsverordnungen ab. Es geht deshalb auch um den allgemeinen Gefahrenschutz, die Abfallvermeidung und -verwertung, die Wärmenutzung und die mittelbar den Zwecken des Bundes-Immissionsschutzgesetzes dienenden Maßnahmen (z. B. vom Anlagenbetreiber geforderte Überwachungsmaßnahmen oder die Bestellung eines Immissionsschutzbeauftragten). In vielen Fällen (insbesondere bei der Verminderung großräumiger Luftverunreinigungen aus Vorsorgegründen) kann der Erfolg einer Maßnahme nur eintreten, wenn alle Anlagenbetreiber in vergleichbarer Lage gleichmäßig in Anspruch genommen werden. Das Absehen von Anordnungen gegenüber einzelnen Anlagenbetreibern könnte dann zu einem Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bei Maßnahmen gegenüber den anderen Anlagenbetreibern führen.

Die erstrebte Verminderung von Emissionen, Immissionen und sonstigen Gefahren fällt um so stärker ins Gewicht, je größer der Beitrag des Anlagenbetriebs zu den zu beseitigenden oder zu verringernden Belastungen ist. In § 17 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz wird in diesem Zusammenhang insbesondere auf die Art (z. B. schwer abbaubar oder leicht anreicherbar), die Menge (in Bezug auf die einzelne Anlage und die Umweltbelastung insgesamt) und die Gefährlichkeit (z. B. krebserzeugend oder hochtoxisch) der von der Anlage ausgehenden Emissionen und der von ihr verursachten Immissionen hingewiesen. Soweit von einer Anlage Belästigungen oder Beeinträchtigungen für Vermögenswerte Dritter ausgehen, können auch die Zahl der Betroffenen und das Ausmaß der Schäden für die Volkswirtschaft eine Rolle spielen.

12.2.3
Die zu erwartenden Nachteile einer beabsichtigten Anordnung und der mit ihr angestrebte Erfolg sind im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung abwägend miteinander zu vergleichen.

Bei der Prüfung ist die Wertung des Gesetzgebers zu berücksichtigen. Da nach § 17 Abs. 1 Satz 2 nachträgliche Anordnungen getroffen werden sollen, wenn die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft nicht ausreichend geschützt sind, ist grundsätzlich vom Vorrang des Schutzes nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 auszugehen. Konkrete Gefahren für das Leben und die Gesundheit bestimmter Menschen dürfen in keinem Fall hingenommen werden. Eine nachträgliche Anordnung ist sogar dann zulässig, wenn sie wegen der mit der Durchführung verbundenen Aufwendungen tatsächlich zur Einstellung des Betriebes führen kann. Auch wenn die Anordnung zu anderen geringfügigeren schädlichen Umwelteinwirkungen führt, kann sie in der Regel nicht unterbleiben. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz kann aber immer die Auswahl unter verschiedenen Verursachern oder unter verschiedenen geeigneten Abhilfemaßnahmen beeinflussen.

Auch bei Maßnahmen zur Durchsetzung anderer Pflichten aus dem Bundes-Immissionsschutzgesetz und den hierauf gestützten Rechtsverordnungen ist von einer Anordnung nicht schon dann abzusehen, wenn die Nachteile die Vorteile überwiegen können. Unverhältnismäßig ist eine Maßnahme nur, wenn die Nachteile schwerwiegend sind und die Vorteile erkennbar übersteigen. Dabei ist auf die Erkennbarkeit im Zeitpunkt der Anordnung abzustellen. Sind in diesem Zusammenhang die nachteiligen Wirkungen eines pflichtwidrigen Anlagenbetriebs nicht voll überschaubar, obwohl die Behörde die ihr zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten genutzt hat, so kann eine Anordnung nicht wegen Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz rechtswidrig sein. Das gilt selbst dann, wenn die Folgen nachträglich schwerwiegender erscheinen als der erreichte Erfolg; die zuständige Behörde kann dann aber zur Änderung ihrer Anordnung verpflichtet sein.

12.2.4
Erweist sich eine beabsichtigte Maßnahme als unverhältnismäßig, so ist zu prüfen, mit welchen verhältnismäßigen Mittel der angestrebte Zweck am ehesten erreicht werden kann.

Kommt eine weniger belastende Maßnahme in Betracht, so soll diese auch dann angeordnet werden, wenn damit eine volle Erfüllung der immissionsschutzrechtlichen Pflichten nicht erreicht werden kann; eine Verbesserung ist der Beibehaltung eines unzulänglichen Zustandes vorzuziehen (vgl. auch Nummer 2.2.3.2 Satz 3 TA Luft). Die Anordnung darf allerdings nicht die Herstellung eines rechtmäßigen Zustandes unmöglich machen, und sie darf außerdem nicht zur Fortdauer einer konkreten Gefahr für Leib oder Leben führen.

Bei Unverhältnismäßigkeit sofortiger Erfüllung der Anordnung kann es insbesondere erforderlich sein, dem Anlagenbetreiber eine Frist zur Durchführung der erforderlichen Vorkehrungen einzuräumen. Es muss dann jedoch zu erwarten sein, dass die Maßnahme nach Ablauf der Frist mit einem verhältnismäßigen Aufwand durchgeführt werden kann.

Kann ohne Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz weder eine weniger weitreichende noch eine Anordnung mit Fristeinräumung getroffen werden, so soll die Genehmigung nach § 17 Abs. 2 Satz 2 unter den Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 Nrn. 3 bis 5 (vgl. Nummern 16.2.3 bis 16.2.5 dieses RdErl.) ganz oder teilweise widerrufen werden. § 17 Abs. 2 Satz 2 enthält keine eigenständige Ermächtigungsgrundlage für den Widerruf, sondern schränkt nur das Ermessen nach § 21 Abs. 1 ein. Deshalb ist stets zu prüfen, ob im Einzelfall die Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 vorliegen. Ist das nicht der Fall, kann die Behörde nicht einschreiten. Liegen die Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 Nrn. 3 bis 5 vor, darf die zuständige Behörde nur bei einer atypischen Fallgestaltung von einem Widerruf absehen. Dabei kann der Anlagenbetreiber sich nicht darauf berufen, dass der Widerruf erst recht unverhältnismäßig sei, wenn dies schon für die an sich gebotene nachträgliche Anordnung zutreffe. § 17 Abs. 2 Satz 2 verlöre bei einer derartigen Auslegung seine Bedeutung. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass der Betroffene unter den Voraussetzungen des § 21 Abs. 4 zu entschädigen ist.

Bejaht das Staatliche Umweltamt bzw. das Bergamt die Voraussetzungen für einen Widerruf (ggf. eines Teils) der Genehmigung und ist es gemäß § 49 Abs. 4 VwVfG. NRW. und Nummer 10.1.1 des Verzeichnisses der Anlage zur Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten auf dem Gebiet des technischen Umweltschutzes (ZustVOtU) vom 14. Juni 1994 (GV. NRW. S. 360), zuletzt geändert durch Verordnung vom 21. März 2000 (GV. NRW. S. 364) - SGV. NRW. 282 -,nicht selbst für den Widerruf zuständig, so hat es der zuständigen Genehmigungsbehörde zu berichten. Im Übrigen wird auf Nummer 16 dieses Gemeinsamen Runderlasses verwiesen.

12.2.5
Kann eine zur Erfüllung der immissionsschutzrechtlichen Pflichten an sich gebotene nachträgliche Anordnung im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht oder nicht in dem erforderlichen Umfang getroffen werden, so soll die zuständige Behörde von Zeit zu Zeit prüfen, ob die die Unverhältnismäßigkeit begründenden Umstände noch vorliegen. Das Ergebnis der Prüfung ist in einem Aktenvermerk festzuhalten.

12.3
Besteht eine konkrete Gefahr für Leben oder Gesundheit von Menschen, die durch nachträgliche Anordnungen gegenüber dem Betreiber der Anlage oder durch den Widerruf der Genehmigung nicht oder nicht rechtzeitig beseitigt werden kann, so sind auch Maßnahmen gegenüber den zu schützenden Personen aufgrund der §§ 14, 19 OBG zulässig. Zuständig für derartige Maßnahmen sind in erster Linie die örtlichen Ordnungsbehörden. Bei Gefahr im Verzuge können jedoch auch die Staatlichen Umweltämter und die Bergämter entsprechende Anordnungen treffen.

12.4
Eine Einschränkung der Anordnungsbefugnis ergibt sich aus Absatz 3. Danach darf eine nachträgliche Anordnung zur Durchsetzung von Vorsorgeanforderungen nicht getroffen werden, wenn in einer Rechtsverordnung eine abschließende Regelung getroffen ist. Dass eine Festlegung abschließend ist, darf nur angenommen werden, wenn der Wortlaut der Verordnung eine derartige Annahme eindeutig stützt. Lässthingegen die Rechtsverordnung zur Konkretisierung der Vorsorgepflicht weitergehende Anforderungen zu, greift die Einschränkung des Absatzes 3 nicht.

12.5
Durch Absatz 3a wird der Überwachungsbehörde für den Regelfall aufgegeben, von einer nachträglichen Anordnung abzusehen, wenn der Anlagenbetreiber einen Kompensationsplan vorlegt. Dies gilt allerdings nur, soweit es um Vorsorgeanforderungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 und des § 17 Abs. 1 Satz 1 geht; bei Anordnungen zum Schutz der Allgemeinheit oder der Nachbarschaft scheidet eine Kompensation nach § 17 Abs. 3a aus. Dasselbe gilt, wenn die fraglichen Vorsorgeanforderungen bereits als Auflage nach § 12 Abs. 1 einer Genehmigung beigefügt oder dem Anlagenbetreiber im Wege einer nachträglichen Anordnung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 auferlegt wurden (Satz 2); in diesen Fällen sind die zwangsweise Durchsetzung oder Maßnahmen nach § 20 Abs. 1 zu prüfen.

Nicht erforderlich ist, dass alle in einem Kompensationsplan einbezogenen Anlagen bereits errichtet sind und betrieben werden. Allerdings muss für die Anlagen zumindest ein Vorbescheid vorliegen oder eine Teilgenehmigung erteilt sein.

12.5.1
Die Anwendung des § 17 Abs. 3a setzt eine Vergleichsrechnung voraus zwischen

a) den Emissionen, die bei Erfüllung der rechtlich durchsetzbaren Anforderungen entstehen würden, und
b) den Emissionen, die voraussichtlich bei Anerkennung der vorgesehenen Kompensationsmaßnahmen entstehen.

Dabei sind alle an der Kompensation beteiligten Anlagen in die Betrachtung einzubeziehen. Bezogen auf einen überschaubaren Zeitraum, der in der Regel zwei Jahre nicht überschreiten soll, müssen die zu erwartenden Emissionsfrachten nach dem Kompensationsplan niedriger sein als die durch nachträgliche Anordnungen nicht weiter zu vermindernden Emissionsfrachten.

Eine weitere wesentliche Voraussetzung für die Anerkennung eines Kompensationsplanes ist die Förderung des Gesetzeszwecks aus § 1. Zur Erfüllung dieser Voraussetzung genügt es nicht, dass sich der Schutz der in § 1 genannten Rechtsgüter trotz des Absehens von Maßnahmen bei einer Anlage nicht verschlechtert. Die Förderung des Gesetzeszwecks verlangt vielmehr, dass sich die Gesamtsituation - also unter Berücksichtigung aller in den Kompensationsplan einbezogenen Anlagen - im Hinblick auf die von der Kompensation erfassten Stoffe und die Vorbeugung vor schädlichen Umwelteinwirkungen verbessert.

Die Emissionsminderung muss außerdem auf technischen Maßnahmen beruhen; der Einsatz anderer Brenn- oder Arbeitsstoffe bei unveränderter Anlage, eine geringere Anlagenauslastung oder eine Anlagenstilllegung sind nicht anrechenbar.

12.5.2
Ein Ausgleich ist nur zwischen denselben oder in der Wirkung auf die Umwelt vergleichbaren Stoffen zulässig. In ihrer Wirkung auf die Umwelt sind Stoffe vergleichbar, wenn sie bei allen in Betracht kommenden Akzeptoren ähnliche Beeinträchtigungen hervorrufen können. Führen zwei Stoffe zwar bei allen Akzeptoren zu ähnlichen schädlichen Wirkungen, treten die Wirkungen bei dem einen Stoff aber verstärkt auf, so kann eine Kompensation nur zugelassen werden, wenn die Emissionen des Stoffes mit dem höheren Schädigungspotential überproportional vermindert werden.

12.5.3
Ob zwischen den Anlagen, die in die Kompensationsregelung einbezogen werden sollen, ein räumlicher Zusammenhang bestehen muss, ist abhängig von den Wirkungen der in die Kompensation einbezogenen Emissionen. Werden in die Kompensation Stoffe einbezogen, deren Emissionen sich nur in der Ferne oder nur atmosphärisch auswirken können, so ist - abgesehen von der Belegenheit im Geltungsbereich des Bundes-Immissionsschutzgesetzes - ein näherer räumlicher Zusammenhang der von der Kompensation erfassten Anlagen nicht erforderlich. Demgegenüber ist ein derartiger Zusammenhang bis hin zur Überschneidung von Beurteilungsgebieten in mindestens einer Beurteilungsfläche erforderlich, wenn sich die Emissionen kleinräumig auswirken und die Immissionssituation im näheren Bereich der Anlagen beeinflussen können. Diese Voraussetzung dient der Förderung des in § 1 beschriebenen Gesetzeszwecks und berücksichtigt außerdem, dass die Durchführung einer Kompensation nicht zu einer Einschränkung des Schutzes vor Immissionen, insbesondere in der Nachbarschaft, führen darf.

Eine Förderung des Gesetzeszwecks durch die Anerkennung eines Kompensationsplanes kann darüber hinaus nur angenommen werden, wenn die Anlage, bei der von einer nachträglichen Anordnung abgesehen werden soll, nicht auf Dauer hinter dem Stand der Technik zurückbleibt. Daraus folgt, dass die betroffene Anlage innerhalb eines überschaubaren Zeitraums (in der Regel nicht länger als 10 Jahre) entweder stillzulegen oder dem Stand der Technik anzupassen ist.

12.5.4
Absatz 3a letzter Satz verlangt, die Durchführung des Kompensationsplanes durch Anordnungen sicherzustellen. Dabei ist das Einverständnis derjenigen Adressaten von Anordnungen erforderlich, die über das rechtlich Geforderte hinaus Verbesserungen an ihren Anlagen durchführen. Das hat zur Folge, dass die zuständige Behörde von an sich gebotenen Anforderungen erst dann absehen darf, wenn die Ordnungsverfügungen an die überobligatorisch tätig werdenden Anlagenbetreiber bestandskräftig geworden sind.

12.6
Absatz 4 gilt nur für Änderungen aufgrund von Anordnungen, in denen die Art und Weise ihrer Erfüllung nicht abschließend geregelt ist. Ist in einer nachträglichen Anordnung dagegen abschließend bestimmt, in welcher Weise sie zu erfüllen ist, so ist die wesentliche Änderung der Anlage nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz nicht genehmigungsbedürftig; die Verpflichtung, ggf. andere Genehmigungen - z.B. nach baurechtlichen Vorschriften - einzuholen, bleibt unberührt.

Eine Anordnung ist im Sinne des Absatzes 4 nur dann abschließend bestimmt, wenn ihre Regelungen ebenso detailliert sind wie die eines Genehmigungsbescheides. Eine derartige Detaillierung kann auch durch eine Bezugnahme auf entsprechende Unterlagen des Betreibers erreicht werden.

12.7
Absatz 4a enthält eine Modifikation der Anordnungsbefugnis bei stillgelegten Anlagen. Sie steht neben der Anordnungsbefugnis nach dem BBodSchG. Ermächtigungsgrundlage für Ordnungsverfügungen zur Erfüllung der Pflichten nach § 5 Abs. 3 ist in jedem Fall § 17 Abs. 1. Folgende Besonderheiten sind zu beachten:

12.7.1
Als Adressat einer Ordnungsverfügung kommt immer der letzte Betreiber der Anlage vor Betriebseinstellung in Betracht. Beruht der nach § 5 Abs. 3 zu verhindernde Zustand auf dem pflichtwidrigen Verhalten eines früheren Betreibers, kann dieser ebenfalls in Anspruch genommen werden, soweit er zur Durchführung der erforderlichen Maßnahmen rechtlich und tatsächlich in der Lage ist. Pflichtwidrig verhält sich in diesem Zusammenhang auch, wer eine von einem anderen gesetzte Ursache pflichtwidrig nicht beseitigt hat.

Die Auswahl unter mehreren Verantwortlichen steht im Ermessen der Behörde. Zu beachten sind dabei sowohl Zweckmäßigkeitserwägungen als auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Kriterien sind etwa die Gefahrennähe und finanzielle Leistungsfähigkeit des jeweiligen Verantwortlichen, das Gewicht des einzelnen Beitrages an der Gefahrensituation sowie der grundsätzliche Vorrang des Handlungs- vor dem Zustandsstörer.

12.7.2
Bei Betriebseinstellungen ist insbesondere auf mögliche Bodenverunreinigungen zu achten. Auch bei einem begründeten Verdacht können von dem Betreiber unter Berufung auf § 17 Abs. 1 nicht generell Bodenuntersuchungen verlangt werden. Die Ermittlung des Sachverhaltes, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 17 Abs. 1 überhaupt erfüllt sind, ist Aufgabe der Behörde und kann nicht mittels Ordnungsverfügung auf den Ordnungspflichtigen abgewälzt werden. Dagegen kann dem Ordnungspflichtigen wohl die Ermittlung des Umfangs einer Gefahr bzw. der Reichweite eines bereits eingetretenen Schadens aufgegeben werden.

12.7.3
Liegt der Verdacht nahe, dass auf dem Grundstück einer stillgelegten genehmigungsbedürftigen Anlage Bodenverunreinigungen vorhanden sind, können nach § 17 Abs. 1 in Verbindung mit § 5 Abs. 3 Nr. 1 nur solche Maßnahmen angeordnet werden, die zur Abwehr schädlicher Umwelteinwirkungen sowie sonstiger Gefahren, erheblicher Nachteile und Belästigungen erforderlich sind. Umfassende Bodenuntersuchungen oder gar die komplette Sanierung des Anlagengrundstücks können auf der Grundlage des Immissionsschutzrechts in der Regel nicht angeordnet werden. Solche Anordnungen kommen allenfalls in Betracht, wenn sie die einzige Möglichkeit darstellen, schädliche Umwelteinwirkungen zu verhindern und/oder Gefahren zu beseitigen. Aus § 5 Abs. 3 Nr. 1 ergibt sich hingegen keine Verpflichtung, bereits eingetretene Schadstoffbelastungen des Bodens auf dem Anlagengrundstück rückgängig zu machen oder das ehemalige Betriebsgrundstück zu dem Zweck der Beseitigung bereits eingetretener Schäden umfassend zu sanieren. Zum Zweck der Abwehr akuter Gefahren, ausgehend von vorhandenen Bodenverunreinigungen, können auf der Grundlage des § 17 Abs. 1 in Verbindung mit § 5 Abs. 3 Nr. 1 lediglich vorläufige Sicherheitsmaßnahmen angeordnet werden. Soweit solche vorläufigen Sicherheitsmaßnahmen im Einzelfall erforderlich sind, sind die Staatlichen Umweltämter als für die Durchführung des § 5 Abs. 3 zuständigen Immissionsschutzbehörden und die zuständigen Abfallwirtschaftsbehörden als die für die Altlastensanierung (§§ 28 ff. und 31 ff. des Landesabfallgesetzes - LAbfG - vom 21. Juni 1988 (GV. NRW. S. 250), zuletzt geändert durch Gesetz vom 9. Mai 2000 (GV. NRW. S. 439) - SGV. NRW. 74 -, zuständigen Behörden sowie die für den Bodenschutz zuständigen Behörden in ihrem jeweiligen Aufgabenkreis nebeneinander zuständig. In einem solchen Fall soll in erster Linie die sachnähere Behörde tätig werden, und zwar möglichst in Abstimmung mit der anderen beteiligten Behörde (vgl. Nummer 12.1.6 des RdErl.).

Von einer größeren Sachnähe der Abfallbehörde ist insbesondere bei Altstandorten im Sinne des § 28 Abs. 4 Nr. 1 LAbfG auszugehen, da es ihnen nach Maßgabe der §§ 29, 30 und 31 ff. LAbfG obliegt, bezüglich Altlastverdachtsflächen und Altlasten die erforderlichen Ermittlungen durchzuführen und die erforderlichen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und zur Bodensanierung durchzusetzen. Hierbei haben die Staatlichen Umweltämter gem. § 29 Abs. 2 und Abs. 3 LAbfG die zuständigen Abfallbehörden zu unterstützen und die fachlichen Grundlagen für die von dem Standort ausgehenden Gefahren sowie den Stand der Technik für die für die Gefahrenabwehr bedeutsamen Techniken zu ermitteln (§ 32 a LAbfG).

Hinsichtlich der Stoffe, die im Zusammenhang mit den Produktionsvorgängen entstanden und als Abfälle gemäß KrW-/AbfG zu qualifizieren sind, ist grundsätzlich die Immissionsschutzbehörde zuständig. Die Anordnung der Beseitigung der Stoffe als Abfälle ist auf der Grundlage des § 17 in Verbindung mit § 5 Abs. 3 Nr. 2 jedoch nicht möglich. Ziel von Anordnungen aufgrund von § 17 Abs. 1 in Verbindung mit § 5 Abs. 3 Nr. 2 kann lediglich sein, die gegenüber der Möglichkeit der Beseitigung des Abfalls vorrangige Verwertungspflicht durchzusetzen. Adressat einer solchen "Verwertungsanordnung" kann nur der (letzte) Betreiber der genehmigungsbedürftigen Anlage bzw. der Insolvenzverwalter sein. Ist eine Verwertung nicht (mehr) möglich, regelt sich die Beseitigung nach Abfallrecht.

Die Beseitigung von Stoffen, die nicht aus den Produktionsvorgängen der Anlage stammen, sondern von Dritten mit der Absicht auf das Grundstück verbracht wurden, sich ihrer zu entledigen und die als Abfall im Sinne des
KrW-/AbfG anzusehen sind, unterfällt der zuständigen Abfallwirtschaftsbehörde.

Sind auf dem Grundstück Stoffe abgelagert, die zu einer Besorgnis einer schädlichen Verunreinigung des Grundwassers oder einer sonstigen nachteiligen Veränderung seiner Eigenschaften führen können (§ 34 Abs. 2 WHG in Verbindung mit §§ 3 Abs. 2 und 4 Abs. 1 der Grundwasserverordnung), kann die Beseitigung der Stoffe auch durch die zuständige Wasserbehörde angeordnet werden.

12.7.4
§ 17 Abs. 4a setzt für entsprechende Anordnungen eine Frist von 1 Jahr nach der Einstellung des gesamten Betriebes. Für den Beginn der Jahresfrist ist allein der Zeitpunkt der Betriebseinstellung maßgebend. Die Frist beginnt also unabhängig davon zu laufen, ob der Betreiber seiner Anzeigepflicht aus § 15 Abs. 3 nachkommt. Nach Ablauf der Jahresfrist sind nur noch Maßnahmen aufgrund anderer Rechtsmaterien (z. B. Bodenschutzrecht, Abfallrecht) gegen den Eigentümer der Anlage oder des Grundstücks oder gegen den Inhaber der tatsächlichen Gewalt zulässig.

12.7.5
Die Pflichten aus § 5 Abs. 3 richten sich nur gegen Anlagenbetreiber, die somit auch allein als Adressaten von auf § 17 Abs. 1 gestützten Ordnungsverfügungen in Betracht kommen. Daneben bleiben die Regelungen des Polizei- und Ordnungsrechts unberührt. Insbesondere bei einem Auseinanderfallen von Anlagenbetreiber und Grundstückseigentümer können Maßnahmen aufgrund des Polizei- und Ordnungsrechts auch gegen Letzteren möglich sein.

12.7.6
Während des Insolvenzverfahrens sind auf § 17 gestützte Anordnungen zur Durchsetzung der Betreiberpflichten des § 5 Abs. 1 oder des § 5 Abs. 3 an den Insolvenzverwalter zu richten. Das zivilrechtlich geprägte Insolvenzrecht und das öffentlich-rechtliche Sonderordnungsrecht sind gleichberechtigt nebeneinander anwendbare Regelungsmaterien.

Der Insolvenzverwalter ist anstelle des im Insolvenzverfahren befindlichen Betreibers - insbesondere im Hinblick auf die bei den Betreiberpflichten nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 3 - der Pflichtige und Adressat für Maßnahmen der zuständigen Überwachungsbehörde. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen der Betrieb (zunächst) weitergeführt wird. Soweit der Insolvenzverwalter versucht, sich von auf dem Betriebsgelände lagernden oder fortlaufend aus der Anlage herrührenden Abfällen durch Freigabe aus der Insolvenzmasse zu entlasten, ist dies hinsichtlich der Pflichten aus §5 Abs. 1 Nr. 3 nicht mit Wirkung für das Ordnungsrecht möglich. Dies gilt auch dann, wenn die Abfälle in der Zeit angefallen sind, als der Gemeinschuldner noch für die Anlage verantwortlich war.

Erst nach Abschluss des Insolvenzverfahrens, häufig nach Einstellung mangels Masse, ist eine Durchsetzung der Betreiberpflichten bei Betriebsstilllegungen nicht mehr möglich. Ein Adressat für Ordnungsverfügungen zur Durchsetzung der Betreiberpflichten des § 5 ist nach Liquidation des Unternehmens und Beendigung der Tätigkeit des Insolvenzverwalters dann nicht mehr vorhanden.

13
Zu § 18 (Erlöschen der Genehmigung)

13.1
Die Genehmigungsbehörde kann nach Absatz 1 Nr. 1 eine Frist dafür setzen, wann spätestens mit der Errichtung, dem Betrieb oder auch mit beiden Handlungen begonnen sein muss. Auf Teil IV der Verwaltungsvorschriften zum Genehmigungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz wird hingewiesen. Für die Fristenberechnung gilt § 31 VwVfG. NRW..

13.2
Der Fall des Absatzes 1 Nr. 2 ist dann gegeben, wenn der Betrieb der Anlage während eines Zeitraumes von mehr als 3 Jahren ununterbrochen und vollständig eingestellt war. Auch nur zeitweilig und nicht bei voller Leistung durchgeführte Betriebshandlungen unterbrechen die Frist, so dass sie von neuem zu laufen beginnen. Bloße Wartungsarbeiten oder Funktionsprüfungen, die keinen unmittelbaren Bezug zum Genehmigungsinhalt aufweisen, sind allerdings nicht als Betrieb anzusehen.

Auf Anlagen, die lediglich nach § 16 Abs. 4 GewO a.F. oder nach § 67 Abs. 2 BImSchG angezeigt worden sind, findet Absatz 1 Nr. 2 keine Anwendung.

13.3
Mit Erlöschen der Genehmigung entfallen alle Rechte und Pflichten aus der Genehmigung. Soweit die gemäß § 13 eingeschlossenen anderen behördlichen Entscheidungen, insbesondere die Baugenehmigung, nicht nach den für sie maßgebenden Bestimmungen (z.B. § 77 BauO NRW) ebenfalls erlöschen, bleiben sie bestehen. In diesem Fall sind auch die Auflagen weiterhin verbindlich, die die Einhaltung der Voraussetzungen für die eingeschlossenen behördlichen Entscheidungen sicherstellen sollen. Auflagen, die nur bei einer Genehmigung nach § 4 BImSchG zulässig sind, erlöschen stets mit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung.

13.4
Bei Entscheidungen nach Absatz 3 ist stets der Zweck des § 18, Genehmigungen auf Vorrat zu vermeiden, zu berücksichtigen. Deshalb hat die Genehmigungsbehörde zu prüfen, ob die Genehmigungsvoraussetzungen nach der zu diesem Zeitpunkt maßgeblichen Sach- und Rechtslage noch gegeben sind. Ergibt die Prüfung, dass die Genehmigungsvoraussetzungen (insbesondere im Hinblick auf § 5 und dessen Konkretisierung in Rechtsverordnungen nach § 7
oder Verwaltungsvorschriften nach § 48) nicht (mehr) vorliegen, so darf die Fristverlängerung nur mitentsprechenden Nebenbestimmungen erteilt werden. Sind hierdurch die Genehmigungsvoraussetzungen nicht sicherzustellen, ist die Fristverlängerung zu versagen.

14
Zu § 19 (Vereinfachtes Verfahren)

Die auf Antrag eines Vorhabenträgers gemäß Absatz 3 mögliche Entscheidung der Genehmigungsbehörde, ein förmliches Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen, steht nicht im Ermessen der Behörde. Dem Antrag ist zu entsprechen. Wird einem Antrag nach § 19 Abs. 3 stattgegeben, kommt eine Anwendung des § 16 Abs. 2 nicht in Betracht.

15
Zu § 20 (Untersagung, Stilllegung und Beseitigung)

15.1
Bei Verstoß gegen eine Auflage, eine vollziehbare Anordnung oder eine abschließend bestimmte (d.h. hinreichend konkretisierte) Pflicht aus einer Rechtsverordnung nach § 7 hat das Staatliche Umweltamt bzw. das Bergamt die Möglichkeit, den Betrieb der Anlage ganz oder teilweise zu untersagen. Die Wirkung der entsprechenden Verfügung muss jedoch auf den Zeitraum bis zur Erfüllung der Auflage, Anordnung oder Pflicht beschränkt werden. Ist das unterblieben, muss sie aufgehoben werden, wenn die Auflage, Anordnung oder Pflicht erfüllt wird.

Die Betriebsuntersagung steht im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel ist zu beachten. Danach kann es erforderlich sein, den Betrieb nur teilweise zu untersagen oder lediglich technische oder organisatorische Maßnahmen zu verlangen, durch die das mit der Auflage, Anordnung oder Pflicht verfolgte Ziel erreicht werden kann.

Statt (oder neben) der Untersagung kann die Behörde in geeigneten Fällen eine Geldbuße festsetzen (§ 62 Abs. 1 Nrn. 3 und 5) oder versuchen, die Auflage bzw. vollziehbare Anordnung mit den Mitteln des Verwaltungszwanges durchzusetzen. Konkrete Pflichten aus einer Rechtsverordnung können nach dem Erlass einer (unselbständigen) Verfügung im Wege des Verwaltungszwanges durchgesetzt werden. Zuständig für die Androhung und Festsetzung von Zwangsmitteln sind die Staatlichen Umweltämter und im Bereich der Bergaufsicht die Bergämter (§ 56 Abs. 1 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen - VwVG NRW - in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 1980 - GV. NRW. S. 510 -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. März 1997 - GV. NRW. S. 50/ SGV. NRW. 2010 - und § 1 der Zweiten Verordnung über die Bestimmung besonderer Vollzugsbehörden vom 11. März 1997 - GV. NRW. S.  51 / SGV. NRW. 2010).

15.2
Die Vorschrift des Absatzes 1a ermächtigt über Absatz 1 hinaus zu einer Betriebsuntersagung bei unzureichenden Sicherheitsmaßnahmen (Satz 1) und bei Missachtung bestimmter formeller Pflichten (Satz 2).

Die Vorschrift betrifft nur diejenigen genehmigungsbedürftigen Anlagen, die als Betriebsbereich oder Teil eines solchen unter § 3 Abs. 5a BImSchG fallen (siehe dazu Nummern 2.3 ff. dieses RdErl.) und die außerdem gewerblich oder im Rahmen einer wirtschaftlichen Unternehmung betrieben werden. Letzteres gilt für jede private oder öffentliche Unternehmung, welche wirtschaftlich bewertbare Leistungen in der Weise erbringt, dass sie die betreffenden Anlagen unter technisch-industriellen Gesichtspunkten in einer gewerblichen Anlagen vergleichbaren Weise nutzt.

Eine auf Absatz 1a gestützte Untersagungsverfügung kann sich nur auf die Inbetriebnahme oder den Weiterbetrieb einer solchen Anlage beziehen. Von der Inbetriebnahme sind auch solche Maßnahme erfasst, die zur Prüfung der Betriebstüchtigkeit der Anlage erforderlich sind. Die Untersagung kann auf bestimmte Betriebsweisen beschränkt werden.

15.2.1
Soll eine Untersagungsverfügung auf Absatz 1a Satz 1 gestützt werden, müssen die getroffenen Maßnahmen zur Verhütung "schwerer Unfälle" "eindeutig unzureichend" sein. Der Begriff des "schweren Unfalls" entspricht demjenigen des "Störfalls" in § 2 Nr. 3 der 12. BImSchV.

"Unzureichend" sind Maßnahmen nur, wenn nach geltendem materiellen Recht, insbesondere nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG oder nach den §§ 3 ff. der 12. BImSchV, mehr oder etwas anderes gefordert wird. Nicht nötig ist, dass die weiterreichende Maßnahme durch eine Inhalts- oder Nebenbestimmung in der Genehmigung oder eine nachträgliche Anordnung auf der Grundlage des § 17 Abs. 1 BImSchG (dazu Nummern 12.1.3 ff. des RdErl.) gefordert wurde. "Eindeutig" ist das Sicherheitsdefizit dann, wenn an ihm keine berechtigten Zweifel bestehen können. Ob Zweifel berechtigt sind, ist auf der Grundlage der objektiven Gegebenheiten an der Anlage zu entscheiden.

Die Untersagung ist nur zulässig, "solange und soweit" die Maßnahmen zur Verhütung schwerer Unfälle unzureichend sind. Deshalb darf der Weiterbetrieb einer Anlage nicht vollständig untersagt werden, wenn nurbei einer ganz bestimmten Betriebsweise die Gefahr eines schweren Unfalls besteht. Gegebenenfalls ist die Verfügung mit einer auflösenden Bedingung zu versehen.

Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen vor, so hat die zuständige Behörde die Untersagungsverfügung zu erlassen. Ein Ermessen ist ihr insofern nicht eingeräumt. Soweit es allerdings um die Frage geht, ob der Betrieb ganz oder teilweise untersagt wird, muss sie nach Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten entscheiden.

15.2.2
Absatz 1a Satz 2 gestattet die Untersagung auch bei unzureichender Erfüllung bloß formeller Informationspflichten. Diese Pflichten müssen sich aus der 12. BImSchV ergeben. Insofern kommen etwa die Pflichten aus § 7 oder § 9 der 12. BImSchV in Betracht. Zur Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen ausreichend ist bereits das verspätete Übermitteln der Informationen.

Satz 2 räumt der zuständigen Behörde sowohl hinsichtlich der Frage des Einschreitens überhaupt als auch hinsichtlich des Umfangs einen weiten Ermessensspielraum ein. Um diesen Spielraum pflichtgemäß auszuüben, wird die Behörde in der Regel zunächst versuchen müssen, die formellen Pflichten mit einer konkretisierenden Anordnung und der Anwendung von Verwaltungszwang durchzusetzen.

15.3
Wird eine Anlage ohne die erforderliche Genehmigung errichtet, betrieben oder wesentlich geändert, so soll nach Absatz 2 Satz 1 in der Regel ihre Stilllegung oder Beseitigung angeordnet werden. Fehlt die Genehmigung nur zum Teil, so ist die Anordnung entsprechend zu beschränken; sie darf nicht weitergehen, als das zur Rückführung auf den genehmigten Zustand erforderlich ist. Eine Stilllegung ist auch dann zulässig, wenn die Genehmigungsfähigkeit der Anlage nach § 6 feststeht. Von einer Beseitigungsanordnung soll in einem derartigen Fall jedoch abgesehen werden, wenn das Genehmigungsverfahren eingeleitet ist und der Antragsteller die ihm obliegenden Pflichten zur Förderung des Verfahrens erfüllt hat.

Soweit dies zum Schutz der Nachbarschaft oder der Allgemeinheit ausreicht, hat die Behörde statt einer Beseitigungsanordnung andere Maßnahmen aufgrund des Absatzes 2 Satz 2 zu treffen.
15.4
Nach Absatz 3 kann der Betrieb einer genehmigungsbedürftigen Anlage untersagt werden, wenn

a) Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Betreibers oder eines mit der Leitung des Betriebes Beauftragten in Bezug auf die Einhaltung von Immissionsschutzvorschriften dartun, und
b) die Untersagung zum Wohl der Allgemeinheit geboten ist.

Im Gegensatz zu der neben Absatz 3 anwendbaren Vorschrift des § 35 GewO reicht die Unzuverlässigkeit in Bezug auf das Gewerbe allgemein zu einer Untersagung nicht aus. Die Unzuverlässigkeit muss vielmehr "in Bezug auf die Einhaltung von Rechtsvorschriften zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen" hervortreten.

Die Untersagung des Betriebs durch den Betreiber lässt die Genehmigung als solche unberührt. Der in Bezug auf Immissionsschutzvorschriften unzuverlässige Betreiber kann daher die Anlage an einen Dritten übertragen; der Rechtsnachfolger benötigt in diesem Fall keine neue Genehmigung.

Nach Absatz 3 Satz 2 kann dem Betreiber auf Antrag auch erlaubt werden, die Anlage durch eine Person betreiben zu lassen, die die Gewähr für den ordnungsgemäßen Betrieb der Anlage bietet. Inhaber der Erlaubnis ist in einemsolchen Fall nur der antragstellende Betreiber. Nur ihm kann daher nach Absatz 3 Satz 3 ein bestimmtes Verhalten auferlegt werden. Die Erlaubnis kann in der Regel mit einem Widerrufsvorbehalt verbunden werden. Auch ohne Widerrufsvorbehalt kann die Erlaubnis nach

§ 49 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG. NRW. bei Nichterfüllung von Auflagen, die mit der Erlaubnis verbunden sind, widerrufen werden.

16
Zu § 21 (Widerruf der Genehmigung)

16.1
In § 21 ist nur der Widerruf einer rechtmäßig erteilten Genehmigung geregelt. Die Wirksamkeit einer von Anfang an rechtswidrigen, aber nicht nichtigen Genehmigung kann nur durch die Rücknahme wieder beseitigt werden. Diese ist nach § 48 VwVfG. NRW. unter Beachtung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes zulässig.

Auch eine nach §§ 16 ff. GewO a.F. erteilte Genehmigung die gemäß § 67 Abs. 1 BImSchG als Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz fortgilt, kann nach § 21 widerrufen werden. § 51 GewO ist für Anlagen, soweit sie den Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes unterliegen, nicht anwendbar (§ 51 Satz 3 GewO). Bei genehmigungsbedürftigen Anlagen, für die im Hinblick auf § 16 Abs. 4 GewO a.F. oder § 67 Abs. 2 und 3 BImSchG eine Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz oder der Gewerbeordnung a.F. nicht erteilt worden ist, so dass ein Widerruf oder eine Rücknahme der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht möglich ist, soll - soweit konkrete Gründe gegen eine Aufrechterhaltung der Baugenehmigung sprechen - die zuständige untere Bauaufsichtsbehörde zu der Prüfung veranlasst werden, ob sie ihrerseits die Baugenehmigung widerrufen oder zurücknehmen will. Darüber hinaus ist die Anwendung des § 25 Abs. 2 (Untersagung des weiteren Betriebs wegen hiervon ausgehender Gefahren) zu prüfen.

16.2
Die möglichen Widerrufsgründe sind in Absatz 1abschließend aufgeführt.

16.2.1
Nach Nummer 1 darf eine unanfechtbare Genehmigung nach pflichtgemäßem Ermessen widerrufen werden, wenn der Widerruf gemäß § 12 Abs. 2 Satz 2 oder Abs. 3 vorbehalten ist. Ist der Widerrufsvorbehalt bestandskräftig, ist im Widerrufsverfahren von seiner Wirksamkeit auszugehen. Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit des Widerrufsvorbehaltes können jedoch im Rahmen der Ermessenserwägungen, ob die Genehmigungsbehörde von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch machen will, von Bedeutung sein.

16.2.2
Nach Nummer 2 darf die Genehmigung bei Nichterfüllung einer Auflage widerrufen werden. Es kommt nicht darauf an, ob der Begünstigte die Auflage schuldhaft nicht erfüllt hat. Die Frage des Verschuldens wird jedoch in der Regel im Rahmen der Ermessenserwägungen bedeutsam sein. Dabei ist auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel zu beachten; nur Verstöße gegen bedeutsame Auflagen können danach einen Widerruf rechtfertigen.

16.2.3
Die Widerrufbarkeit nach Nummer 3 bei Änderung der tatsächlichen Verhältnisse (z.B. Änderung der Umgebung der Anlage) bedarf einer stärkeren Einschränkung als in den Fällen der Nummern 1 und 2, da hier der Widerruf weder von Anfang an vorhersehbar war, noch auf das Verhalten der Betroffenen zurückzuführen ist. Weitere Voraussetzung ist daher, dass ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde. Ein öffentliches Interesse an einem Widerruf ist in der Regel bei einer Gefährdung vonLeben oder Gesundheit von Menschen oder bei erheblichen Belästigungen für eine größere Zahl von Personen zu bejahen. Im Rahmen der Ermessensausübung sind die Umstände zu berücksichtigen, die zu der Änderung der tatsächlichen Verhältnisse geführt haben.

16.2.4
Bei Änderung des bestehenden Rechts ist ein Widerruf nach Nummer 4 nur möglich, wenn - neben der Gefährdung des öffentlichen Interesses ohne den Widerruf - der Betreiber von der Genehmigung noch keinen Gebrauch gemacht hat. Davon ist auszugehen, solange noch nicht mit der Ausführung genehmigungspflichtiger Maßnahmen (Ausschachtung u.a.) begonnen worden ist.

16.2.5
Nach Nummer 5 ist der Widerruf zur Verhütung oder Beseitigung schwerer Nachteile für das Gemeinwohl möglich. Unter dem Begriff des Gemeinwohls ist die Summe aller Belange zu verstehen, die ein geordnetes menschliches Zusammenleben ermöglichen. Die Beantwortung der Frage, wann das Gemeinwohl beeinträchtigt wird, setzt im Einzelfall eine Abwägung aller relevanten öffentlichen Belange voraus.

Ein schwerer Nachteil für das Gemeinwohl liegt vor oder droht, wenn besonders wichtige Rechtsgüter nachhaltig beeinträchtigt sind; es muss eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung vorliegen. Belästigungen reichen nicht aus, wohl aber Gefahren für Leben und Gesundheit, unabhängig von der Zahl der gefährdeten Personen.

Bei der Ermessensausübung ist auch zu prüfen, ob die schweren Nachteile für das Gemeinwohl nicht auf andere Weise beseitigt werden können, etwa durch passive Schutzmaßnahmen oder durch Umsiedlung der gefährdeten Personen.

16.3
Die Frist des Absatzes 2 beginnt zu laufen, sobald die Genehmigungsbehörde Kenntnis von allen Tatsachen erlangt hat, die sie zur Rechtfertigung des Widerrufs der Genehmigung heranziehen muss. Auf welche Weise die Genehmigungsbehörde Kenntnis erhalten hat, ist ohne Bedeutung.

16.4
Das Widerrufsverfahren ist in § 21 nicht näher geregelt. Insoweit ist Folgendes zu beachten:

16.4.1
Zuständig für den Widerruf ist nach § 49 Abs. 5 in Verbindung mit § 3 VwVfG. NRW. die Genehmigungsbehörde, d.h. die Behörde, die zu entscheiden hätte, wenn im Zeitpunkt des Widerrufs eine Genehmigung für die betroffene Anlage zu erteilen wäre. Erhält die Überwachungsbehörde Kenntnis von Tatsachen, die Anlass für einen Widerruf sein können, so hat sie der Genehmigungsbehörde unverzüglich zu berichten.

16.4.2
Die Genehmigungsbehörde hat den betroffenen Anlagenbetreiber unverzüglich von der Einleitung eines Widerrufsverfahrens zu unterrichten und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Falls im Laufe des Verfahrens neue Tatsachen bekannt werden, ist der Betroffene vor der abschließenden Entscheidung erneut zu hören (vgl.

§ 28 VwVfG. NRW.).

16.4.3
Im Widerrufsverfahren sind alle Behörden zu beteiligen, deren Aufgabenbereich durch den Widerruf berührt wird. Teil I Nr. 7.1 der Verwaltungsvorschriften zum Genehmigungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz ist entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 19 Abs. 1 Satz 2 und 3 des Landes-Immissionsschutzgesetzes - LImschG - vom 18. März 1975 (GV. NRW. S. 232), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. Dezember 1993 (GV. NRW. S. 987) - SGV. NRW. 7129 -, ist die Gemeinde bzw. der Rechtsträger, dem die Baugenehmigungsbehörde angehört, insbesondere zur Frage der Entschädigung zu hören.

16.4.4
Der Widerrufsbescheid ist schriftlich zu erlassen, schriftlich zu begründen und dem Anlagenbetreiber sowie ggf. betroffenen Nachbarn, die den Widerruf beantragt haben, zuzustellen. Die im Verfahren beteiligten Behörden erhalten einen Abdruck des Bescheids.

16.5
In den Fällen des Absatzes 1 Nrn. 3 bis 5 ist der Betroffene auf Antrag zu entschädigen (Absatz 4).

16.5.1
Auf das Erfordernis der Antragstellung ist der Betroffene bereits in dem Widerrufsbescheid hinzuweisen. Das gilt auch dann, wenn für die Wirksamkeit des Widerrufs gemäß Absatz 3 ein späterer Zeitpunkt bestimmt wird.

16.5.2
Ein Entschädigungsanspruch kann nur innerhalb eines Jahres nach Zugang des Hinweises auf das Antragserfordernis bei der Genehmigungsbehörde geltend gemacht werden. Zu entschädigen ist der Verkehrswert der Genehmigung im Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Widerrufs. Dieser Wert besteht aus der Differenz zwischen dem Erlös, den der Betreiber bei Veräußerung der genehmigten - und damit weiterzubetreibenden - Anlage erzielen könnte, und dem Erlös, den er bei Veräußerung der ungenehmigten - und damit an dem bisherigen Standort nicht weiter zu betreibenden - Anlage voraussichtlich erzielt. Hat der Anlagenbetreiber im Falle einer Fristgewährung nach dem Absatz 3 Vorkehrungen im Hinblick auf den Widerruf getroffen, bleiben diese bei der Berechnung der Entschädigung außer Betracht.

16.5.3
Maßgebender Zeitpunkt für die Bemessung der Entschädigung ist grundsätzlich der Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Widerrufs. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass nur der Vertrauensschaden zu ersetzen ist; deshalb bleiben bewusst herbeigeführte Wertsteigerungen nach Kenntnisnahme von der Widerrufsabsicht außer Betracht.

Besteht zwischen dem Ausspruch des Widerrufs und dessen Unanfechtbarkeit ein enger zeitlicher Zusammenhang, so ist für die Bemessung der Entschädigung grundsätzlich der Zeitpunkt maßgebend, zu dem der Widerruf wirksam wird. Entsprechendes gilt, wenn die sofortige Vollziehung des Widerrufs angeordnet wird, selbst wenn die endgültige gerichtliche Entscheidung erst längere Zeit nach dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Widerrufs ergeht.

Wird der Widerruf angefochten und seine Vollziehbarkeit für längere Zeit hinausgeschoben, so ist danach zu unterscheiden, ob die Entschädigung im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Ausspruch des Widerrufs oder erst nach dessen Vollziehbarkeit festgesetzt wird.

Im ersten Fall ist zunächst der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Widerruf wirksam werden soll. Auch dann braucht die Entschädigung aber erst nach der Unanfechtbarkeit des Widerrufs ausgezahlt zu werden. Vor der Auszahlung kann der Festsetzungsbescheid in der Weise geändert werden, dass die Vorteile aus dem Weiterbetrieb der Anlage (unter Berücksichtigung der notwendigen Erhaltungsaufwendungen) abgesetzt und eine eventuelle Verringerung der Differenz zwischen Verkehrswert und Substanzwert berücksichtigt wird.

Wird eine Entschädigung erst nach der um längere Zeit hinausgeschobenen Vollziehbarkeit festgesetzt, ist hinsichtlich der wertbestimmenden Faktoren für die Entschädigungsberechnung grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Festsetzung abzustellen.

16.5.4
Um eine spätere Berechnung der Entschädigung zu erleichtern, hat die Genehmigungsbehörde bereits während des Widerrufsverfahren - ggf. durch Einholung von Sachverständigengutachten - Feststellungen über den Vermögenswert der Genehmigung zu treffen. Dabei soll das für die Beurteilung betriebswirtschaftlicher Fragen zuständige Dezernat der Bezirksregierung, bei Anlagen im Bergbaubereich das für Bergwirtschaft zuständige Referat des Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Energie und Verkehr eingeschaltet werden.

17
Zu § 22 (Pflichten der Betreiber nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen)

17.1
In den §§ 22 ff. sind die Pflichten der Betreiber nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen geregelt. Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind Anlagen im Sinne des § 3 Abs. 5, die nicht in den Katalog der 4. BImSchV aufgenommen worden sind und auch nicht als Nebeneinrichtungen von Anlagen nach der 4. BImSchV anzusehen sind (vgl. § 1 Abs. 2 der 4. BImSchV). Ob die Anlagen nach anderen Gesetzen - etwa auf Grund der Bauordnung - einer Genehmigung bedürfen, ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich.

Die Vorschrift des § 22 gilt mit der Einschränkung des Absatzes 1 Satz 2 für Anlagen jeder Art, für bauliche Anlagen ebenso wie für Maschinen und Haushaltsgeräte, für private Anlagen wie für Anlagen der öffentlichen Hand, für bergbauliche Anlagen wie auch für Anlagen, die in der Land- und Forstwirtschaft betrieben werden. Der Geltungsbereich erstreckt sich auch auf Gaststätten.

17.2
§ 22 Abs. 1 begründet eine unmittelbar verbindliche öffentlich-rechtliche Verpflichtung der Betreiber nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen. Diese Verpflichtung ist bei allen behördlichen Entscheidungen zu berücksichtigen, sofern diese die Errichtung oder den Betrieb von nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen betreffen. Insbesondere gehört § 22 Abs. 1 zu den öffentlich-rechtlichen Vorschriften, von deren Einhaltung die Erteilung der Baugenehmigung gemäß § 75 Abs. 1 BauO NRW abhängt.

17.3
Soweit von einer Anlage schädliche Umwelteinwirkungen ausgehen können, haben die unteren Bauaufsichtsbehörden bei der baugenehmigungspflichtigen Errichtung, Änderung oder Nutzung von baulichen Anlagen im Sinne des § 63 Abs. 1 BauO NRW die Staatlichen Umweltämter, bei Anlagen, die der Bergaufsicht unterstehen, die Bergämter, zu dem Bauantrag zu hören. Die Umweltämter bzw. die Bergämter haben die Unterlagen mit einer Stellungnahme sowie ggf. unter Angabe der Bedingungen und Auflagen, deren Aufnahme in dem Baugenehmigungsbescheid sie zur Berücksichtigung der Vorschrift des § 22 Abs. 1 oder anderer immissionsschutzrechtlicher Bestimmungen für erforderlich halten, innerhalb eines Monats an die Genehmigungsbehörde zurückzugeben.

17.4
Nach Absatz 2 bleiben weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften unberührt. Hierzu gehören u.a. die Bestimmungen des Landes-Immissionsschutzgesetzes, insbesondere § 3 Abs. 3 LImschG. Zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung können auch die polizei- und ordnungsrechtlichen Vorschriften herangezogen werden, soweit die immissionsschutzrechtlichen Bestimmungen im Einzelfall keine ausreichende Rechtsgrundlage für erforderliche Abhilfemaßnahmen bieten.

Gaststätten sind nicht genehmigungsbedürftige Anlagen und unterliegen den Vorschriften der §§ 22 ff. § 22 Abs. 2 begründet keine Spezialität des Gaststättengesetzes. Beide Rechtsbereiche stehen vielmehr gleichrangig nebeneinander. Im Verwaltungsvollzug sollten die materiellen Anforderungen des BImSchG vorrangig mit Mitteln des GastG verwirklicht werden (vgl. Nummer 18.2 dieses RdErl.).

Eine Besonderheit ist bei Gaststätten in Sportanlagen zu beachten. Liegen bei diesen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 der 18. BImSchV vor, so ist auch für das grundsätzlich gleichrangig anwendbare Gaststättenrecht der Standard der 18. BImSchV und nicht der u.U. schärfere nach der TA Lärm maßgebend.

Sind Teile von Gaststätten eigenständige nicht genehmigungsbedürftige Anlagen im Sinne des § 3 Abs. 5 (Feuerungsanlagen, Lüftungseinrichtungen), so gelten für diese die nach § 23 erlassenen Rechtsverordnungen.

18
Zu §§ 24 und 25 (Anordnungen im Einzelfall, Untersagung)

18.1
Zuständig für Anordnungen auf Grund des § 24 und für Untersagungsverfügungen nach § 25 sind gemäß Nummern 10.2.1 und 10.2.2 des Verzeichnisses der Anlage zur ZustVOtU die Staatlichen Umweltämter bzw. bei Anlagen, die der Bergaufsicht unterstehen, die Bergämter.

18.1.1
Eine abweichende Zuständigkeit gilt bei Betriebsanlagen und Schienenfahrzeugen der Eisenbahnen des Bundes. Gemäß § 4 Abs. 2 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) überwacht das Eisenbahn-Bundesamt, dass diese Anlagen allen gesetzlichen Anforderungen und damit auch denen des Immissionsschutzrechts genügen. Als Spezialvorschrift geht § 4 Abs. 2 AEG Zuständigkeitsregelungen in anderen Gesetzen vor.

Zu den Betriebsanlagen im Sinne des § 4 Abs. 2 AEG gehören gemäß der gesetzlichen Definition in § 18 Abs. 1 Satz 1 AEG die Schienenwege der Eisenbahnen einschließlich der für den Betrieb der Schienenwege notwendigen Anlagen und der Bahnstromfernleitungen. Durch den Begriff erfasst werden alle Grundstücke, Bauwerke und sonstige Einrichtungen einer Eisenbahn, die unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse zur Abwicklung oder Sicherung des Reise- oder Güterverkehrs auf der Schiene erforderlich sind. Dazu gehören auch sonstige Anlagen einer Eisenbahn, die das Be- und Entladen sowie den Zugang und Abgang ermöglichen oder fördern. Gemeinsames Kriterium für die (objektive) Zugehörigkeit zur Bahnanlage ist damit unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse die sog. Eisenbahnbetriebsbezogenheit, d.h. die Verkehrsfunktion und der räumliche Zusammenhang mit dem Eisenbahnbetrieb.

Die Zuständigkeit für die Überwachung immissionsschutzrechtlicher Anforderungen bei Eisenbahnen, die nicht im Eigentum der Deutschen Bahn AG stehen, folgt den allgemeinen Grundsätzen.

18.1.2
Nebenanlagen und Nebenbetriebe an Bundesautobahnen (vgl. § 1 Abs. 4 Nr. 4 und 5 FStrG) sind trotz der Ausnahme in § 3 Abs. 5 Nr. 3 Anlagen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes. Für sie gilt aber § 4 FStrG.

18.2
Dem Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch die Errichtung und den Betrieb von Anlagen können auch Eingriffsermächtigungen in anderen Gesetzen dienen. Diese Ermächtigungen sind in der Regel neben §§ 24, 25 selbständig anwendbar. Hierbei sollen die zuständigen Behörden sich untereinander abstimmen, wobei eine koordinierende Behörde, in der Regel die sachnähere Behörde, zu bestimmen ist. Insbesondere ist darauf zu achten, dass bei einer Mehrheit von Behördenzuständigkeiten keine Vollzugsdefizite entstehen.

18.3
Anordnungen nach §§ 24, 25 können sich nicht unmittelbar auf die Beschaffenheit und den Betrieb von Kraftfahrzeugen beziehen. Die durch Kraftfahrzeuge von Kunden, Betriebsangehörigen, Besuchern und sonstigen Personen verursachten Immissionen können aber auch einer Anlage im Sinne des § 3 Abs. 5 zuzurechnen sein (vgl. Nr. 2.2 dieses RdErl.). Das ist immer dann der Fall, wenn die Immissionen wesentlich durch den bestimmungsgemäßen Betrieb der Anlage verursacht werden. Hält ein Anlagenbetreiber beispielsweise private Flächen zum Parken, Aufladen etc. für Kunden und andere Personen bereit, so sind die dabei entstehenden Geräusche in der Regel als Emissionen der Anlage anzusehen (vgl. auch Nummer 7.4 TA Lärm). Insoweit sind Anordnungen nach §§ 24, 25 zulässig; sie müssen jedoch anlagebezogen und für den Betreiber erfüllbar sein.

18.4
Die Eingriffsvoraussetzungen des § 24 und die Grenzen behördlichen Eingreifens ergeben sich aus § 22 und den jeweiligen Rechtsverordnungen. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel dürfen keine Maßnahmen verlangt werden, die im Verhältnis zu dem angestrebten Zweck unangemessene wirtschaftliche Aufwendungen zur Folge haben würden.

18.5
Sollen Maßnahmen angeordnet werden, die nach baurechtlichen Vorschriften genehmigungsbedürftig sind, hat das Staatliche Umweltamt oder das Bergamt die zuständige untere Bauaufsichtsbehörde vor der Anordnung zu beteiligen und ihr gegebenenfalls nach der Anordnung eine Ausfertigung der Verfügung zu übersenden.

18.6
Die Untersagungsermächtigung in § 25 Abs. 1a entspricht der Regelung des § 20 Abs. 1a für genehmigungsbedürftige Anlagen. Besondere Beachtung verdient der Umstand, dass der Anwendungsbereich des § 25 Abs. 1a nur für solche nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen eröffnet ist, die zumindest Teil eines Betriebsbereichs (dazu Nummer 2.3 des RdErl.) sind und gewerblichen Zwecken dienen oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden. Im Übrigen wird auf die Nummer 15.2 des RdErl. hingewiesen.

19
Zu §§ 26 bis 29 (Ermittlung von Emissionen und Immissionen)

19.1
Die §§ 26 ff betreffen die Ermittlung von Emissionen und Immissionen, wobei die Ermittlung entgegen den Überschriften der §§ 26, 28 und 30 u.U. auch durch andere Feststellungen als Messungen (z.B. durch Berechnungen) vorgenommen werden kann.

19.1.1
Nach § 26 kann aus besonderem Anlass angeordnet werden, dass der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage oder, soweit § 22 Anwendung findet, einer nicht genehmigungsbedürftigen Anlage Art und Ausmaß der von der Anlage ausgehenden Emissionen sowie die Immissionen im Einwirkungsbereich der Anlage ermitteln zu lassen hat.

19.1.1.1
Ein besonderer Anlass im Sinne des § 26 ist nur dann gegeben, wenn zu befürchten ist - d. h. wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen -, dass durch die Anlage schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden.

19.1.1.2
Auch wenn konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen einer schädlichen Umwelteinwirkung und damit die Voraussetzung für eine Anordnung nach § 26 fehlen, kann bei genehmigungsbedürftigen Anlagen nach der Inbetriebnahme oder einer wesentlichen Änderung und sodann nach Ablauf eines Zeitraums von jeweils drei Jahren zur Feststellung, ob die Nebenbestimmungen zur Genehmigung eingehalten sind und die Anlage dem Stand der Technik zur Emissionsbegrenzung entsprechend betrieben wird, die Ermittlung der Emissionen und Immissionen nach § 28 angeordnet werden.

19.1.1.3
Durch § 28 Satz 2 wird die Möglichkeit eröffnet, über Satz 1 hinaus Ermittlungsanordnungen gegenüber Anlagen zu treffen, bei denen dies wegen Art, Menge und Gefährlichkeit der von ihnen ausgehenden Emissionen in kürzeren Abständen als drei Jahren angezeigt ist. Derartige zusätzliche Ermittlungen werden insbesondere bei Emissionen von krebserzeugenden oder hochtoxischen Stoffen oder dann in Betracht kommen, wenn die Hälfte der in Nummer 3.2.3.2 oder 3.2.3.3 TA Luft genannten Emissionsmassenströme überschritten wird.

Werden zusätzliche Ermittlungen angeordnet, soll die zuständige Behörde auf Antrag zulassen, dass diese Ermittlungen durch den für die Anlage bestellten Immissionsschutzbeauftragten durchgeführt werden. Voraussetzung ist jedoch, dass dieser die erforderliche Fachkunde, Zuverlässigkeit und gerätetechnische Ausstattung besitzt. Ist das der Fall, darf ein Antrag nur abgelehnt werden, wenn wichtige Gründe dafür angeführt werden können, dass der Zweck der Anordnung durch die Ermittlungen des Immissionsschutzbeauftragten nicht erreicht werden kann; dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Anordnungsbefugnis nach § 28 Satz 1 unberührt bleibt, im Abstand von drei Jahren also immer Ermittlungen durch eine bekannt gegebene Stelle verlangt werden können.

Können nach § 28 Satz 2 angeordnete Ermittlungen nicht durch einen geeigneten Immissionsschutzbeauftragten durchgeführt werden, muss der Anlagenbetreiber eine nach § 26 BImSchG bekannt gegebene Stelle beauftragen. Zur Bekanntgabe vgl. den Gem. RdErl. d. Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft u. d. Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Technologie und Verkehr vom 30.9.1997 (SMBl. NRW. 7130).

Sollen Ermittlungen durch den Immissionsschutzbeauftragten zugelassen werden, muss dieser für die konkrete messtechnische Aufgabe Fachkunde, Zuverlässigkeit und gerätetechnische Ausstattung besitzen. Dabei ist folgendes zu beachten:

a) Voraussetzung ist in jedem Fall, dass der Immissionsschutzbeauftragte

- ein naturwissenschaftlichen oder technisches Hochschulstudium (Universität, Fachhochschule oder Gesamthochschule) erfolgreich abgeschlossen hat,
- danach eine mindestens dreijährige hauptberufliche Tätigkeit ausgeübt hat, die Kenntnisse und Erfahrungen auf dem Gebiet des Immissionsschutzes vermittelt hat, und
- während dieser Zeit wiederholt Ermittlungen vorgenommen hat, mit deren Durchführung er betraut werden soll.

Darüber hinaus sind Kenntnisse der einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften sowie der technischen Normen erforderlich.

b) Der Immissionsschutzbeauftragte soll aufgrund seiner persönlichen Eigenschaften, seines bisherigen Verhaltens und seiner Fähigkeiten zur ordnungsgemäßen Erfüllung der in Betracht kommenden Ermittlungsaufgaben geeignet sein. Die erforderliche Zuverlässigkeit ist in der Regel nicht oder nicht mehr gegeben, wenn verantwortliche Personen wiederholt oder grob gegen Rechtsvorschriften zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen verstoßen oder Ermittlungsergebnisse vorsätzlich zum Vorteil eines Anlagenbetreibers verändert oder nicht vollständig wiedergegeben haben.

c) Insbesondere die gerätetechnische Ausstattung ist abhängig von der konkreten Messaufgabe, die dem Immissionsschutzbeauftragten übertragen werden soll; maßgeblich sind daher die Umstände des Einzelfalles. Hinweise können den "Richtlinien für die Bekanntgabe und die Zulassung von sachverständigen Stellen im Bereich des Immissionsschutzes", Bekanntmachung vom 2.10.1999 (MBl. NRW. S. 1165/SMBl. NRW. 7130), entnommen werden.

Dem Immissionsschutzbeauftragten muss zur Durchführung der Ermittlungen in ausreichendem Maße Hilfspersonal zur Verfügung stehen. Das Hilfspersonal soll über eine einschlägige Fachausbildung oder mindestens zweijährige fachspezifische praktische Erfahrungen verfügen.

19.1.1.4
Soweit Ermittlungen durch Messungen angezeigt sind, können nach § 29 Abs. 1 Satz 1 bei genehmigungsbedürftigen Anlagen statt Einzelmessungen kontinuierliche Messungen mit fortlaufend aufzeichnenden Geräten angeordnet werden.

§ 29 Abs. 1 Satz 2 schränkt das Ermessen bei Anlagen mit erheblichen Emissionsmassen- oder Abgasströmen ein. Liegen die in Satz 2 genannten Voraussetzungen vor, so darf nur in begründeten Ausnahmefällen von einer Anordnung abgesehen werden.

Kontinuierliche Messungen kommen nach § 29 Abs. 2 auch bei nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen in Betracht.

19.1.2
Von der Ermittlung von Emissionen und Immissionen aufgrund der §§ 26, 28 oder 29 sind zu unterscheiden:

a) Ermittlungen, die durch eine Nebenbestimmung zum Genehmigungsbescheid angeordnet worden sind,
b) Ermittlungen, die in Rechtsverordnungen nach § 7 oder § 23 gefordert werden, und
c) Ermittlungen, die die Überwachungsbehörden nach § 52 Abs. 2, 3 oder 6 durchführen oder durch Sachverständige durchführen lassen.

19.1.3
Die zuständigen Behörden sollen die gesetzlich gegebenen Möglichkeiten zur Überwachung der Emissionen und Immissionen nutzen, insbesondere die Anordnungsbefugnisse nach §§ 28 und 29.

19.1.4
Für Anordnungen nach §§ 26, 28 und 29 ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel zu beachten. Allerdings kann der Vorschriftengeberin einer Allgemeinen Verwaltungsvorschrift (vgl. Nummer 3.2 TA Luft) eine allgemeine Verhältnismäßigkeitsprüfung bereits durchgeführt haben, die dann die anordnende Behörde bindet (vgl. dazu Nummer 12.2.1.1 dieses RdErl.). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird einer Anordnung nach §§ 28, 29 in der Regel entgegenstehen, wenn von vornherein feststeht, dass von den betreffenden Anlagen schädliche Umwelteinwirkungen nicht ausgehen und keine Anordnungen nach § 17 getroffen werden können, die Messung also im Ergebnis ohne Erfolg bliebe.

In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass sich - bei Fehlen besonderer Anhaltspunkte für schädliche Wirkungen - die durch eine Anlage verursachten Immissionen von Luftverunreinigungen im allgemeinen aus

- den getroffenen Emissionsfeststellungen in Verbindung mit den in der Genehmigungsurkunde festgelegten Ableit- und Betriebsbedingungen und
- den Vorinformationen über die generelle Immissionsstruktur in weniger belasteten Gebieten oder unter Verwendung von Messdaten aus Immissionsmessprogrammen des Landes

ausreichend abschätzen lassen. Bei der Ermittlung von Geräuschen lassen sich wegen der physikalischen Gesetzmäßigkeit der Schallausbreitung und aufgrund des Informationsgehaltes der Geräusche bereits durch Immissionsfeststellungen häufig auch die Quellen der Geräusche
identifizieren und beurteilen. Daraus folgt, dass Anordnungen nach den §§ 28 und 29 in der Regel auf die Ermittlung der Emissionen von Luftverunreinigungen und der Immissionen von Geräuschen zu beschränken sind. Immissionsermittlungen für Luftverunreinigungen sowie Ermittlungen der Emissionen von Geräuschen sind im allgemeinen nur bei konkreten Anhaltspunkten für schädliche Umwelteinwirkungen anzuordnen.

19.1.5
Für Anlagen eines nach Artikel 8 der Verordnung (EWG) Nr. 1836/93 des Rates vom 29. Juni 1993 über die freiwillige Beteiligung an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung (EG-Umwelt-Audit-Verordnung), ABl. der EG Nr. L 168 S. 1 eingetragenen Standorts wird auf Nummer 6 des Gem. RdErl. d. Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft u. d. Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Technologie und Verkehr v. 15.6.2000 (SMBl. NRW. 283) verwiesen.

19.1.6
Bei allen Anordnungen zur Ermittlung von Emissionen und Immissionen - insbesondere zur Durchführung von Messungen - ist dafür Sorge zu tragen, dass neben den hier und in anderen Verwaltungsvorschriften festgelegten Einzelheiten die folgenden Richtlinien und Bekanntgaben - soweit zutreffend - beachtet werden:

- Richtlinie über die Eignungsprüfung, den Einbau, die Kalibrierung, die Wartung von Messeinrichtungen für kontinuierliche Emissionsmessungen und die kontinuierliche Erfassung von Bezugs- bzw. Betriebsgrößen zur fortlaufenden Überwachung der Emissionen besonderer Stoffe, RdSchr. d. Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit v. 8.6.1998 (GMBl. S. 543),

- Richtlinie über die Auswertung von kontinuierlichen Emissionsmessungen, RdSchr. d. Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit v. 8.6.1998 (GMBl. S. 543),

- Richtlinien über die Festlegung von Referenzverfahren, die Auswahl von Äquivalenzmessverfahren und die Anwendung von Kalibrierverfahren, RdSchr. d. Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 9.2.1988 (GMBl. S. 191/651),

- Richtlinien für die Bauausführung und Eignungsprüfung von Messeinrichtungen zur kontinuierlichen Überwachung der Immissionen, RdSchr. d. Bundesministers des Innern v. 19.8.1981 (GMBl. S. 355), ergänzt durch RdSchr. d. BMU v. 29.10.1992 (GMBl. S. 1143),

- Eignungsfeststellungen, die unter Bezug auf die vorgenannten Richtlinien erfolgt und im Gemeinsamen Ministerialblatt (GMBl.) veröffentlicht worden sind.

Für Auflagen zu Genehmigungsbescheiden gilt Entsprechendes.

19.2
Bei der Ermittlung der Emissionen von Luftverunreinigungen sind fortlaufende Ermittlungen mit aufzeichnenden Messeinrichtungen gegenüber diskontinuierlichen Feststellungen wesentlich aussagefähiger. Kontinuierliche Ermittlungen sind deshalb anzuordnen, soweit eine ständige Emissionsüberwachung geboten ist.

19.2.1
Sind die stoffbezogenen Voraussetzungen der Nummern 3.2.3.2 oder 3.2.3.3 TA Luft erfüllt oder enthält Nummer 3.3 TA Luft (vgl. Nummern 3.3.1.2.1 bis 3.3.1.2.3 und 3.3.8.1.1 bis 3.3.8.3.1) anlagenbezogene Anforderungen und sind geeignete kontinuierlich arbeitende Emissionsmessgeräte bekannt gegeben, ist deren Einbau bei allen in Frage kommenden genehmigungsbedürftigen Anlagen - soweit nicht bereits durch Auflagen zum Genehmigungsbescheid gefordert - durch Anordnungen nach § 29 Abs. 1 sicherzustellen (vgl. für Altanlagen auch Nummer 4.3 TA Luft). Bei der Beurteilung, ob die in der TA Luft genannten Voraussetzungen für den Einsatz kontinuierlich arbeitender Emissionsmessgeräte vorliegen, ist von dem für die Anlage maximal zulässigen Massenstrom der Emission auszugehen; bilden mehrere Anlagen eine gemeinsame Anlage (§ 1 Abs. 3 der 4. BImSchV), so ist die Summe der genehmigten Emissionen der Einzelanlagen maßgebend (vgl. auch Nummern 3.2.3.2 und 3.2.3.3 TA Luft).

Der Einsatz kontinuierlich arbeitender Emissionsmessgeräte kommt auch dann in Betracht, wenn

- die Leistungs- und Emissionsbegrenzungen der Nummern 3.2.3.2 oder 3.2.3.3 TA Luft bei optimaler Betriebsweise unterschritten werden, die dauernde Einhaltung von Emissionsgrenzwerten aber aufgrund wechselnder Betriebsweise, besonderer Anforderungen an die Wartung und Bedienung der Anlage, aufgrund der Störanfälligkeit der Abgasreinigungsanlage u. a. nicht sichergestellt ist (Nummer 3.2.3.1 Abs. 2 TA Luft) oder

- erhöhte Emissionen zu besonders intensiven nachteiligen Einwirkungen auf die Umgebung führen können.

19.2.2
Der Mindestumfang der Messeinrichtung zur kontinuierlichen Überwachung von Emissionen ist in der Richtlinie für die Eignungsprüfung, den Einbau und die Wartung kontinuierlich arbeitender Emissionsmessgeräte genannt. Bei Konzentrationsmessgeräten, die eine Beurteilung der Emissionen erst nach Integration der Messwertaufzeichnungen zulassen, ist zusätzlich die Installation einer geeigneten Integrationseinrichtung zu fordern.

Anordnungen zum Einbau von Rauchdichteüberwachungsgeräten sollen sich auch auf die Ausrüstung mit Betriebsstundenzählern erstrecken, die ggf. die Dauer der Überschreitung des vorgegebenen Grenzwertes registrieren.

19.2.3
Die für den Einbau und den Betrieb kontinuierlich arbeitender Messgeräte zu stellenden Anforderungen sind ebenfalls in der Richtlinie für die Eignungsprüfung, den Einbau und die Wartung kontinuierlich arbeitender Emissionsmessgeräte genannt. Bei Rauchdichteüberwachungsgeräten ist eine Kalibrierung nicht möglich; erforderlich ist eine Justierung beim Einbau durch das zu beteiligende Messinstitut. Auf die regelmäßige Wartung und Funktionsprüfung kann aber auch bei diesen Geräten nicht verzichtet werden.

Mit der Anordnung nach § 29 Abs. 1ist festzusetzen, dass eine bekannt gegebene Ermittlungsstelle, die über Erfahrungen bei der Eignungsprüfung, dem Einbau und der Wartung kontinuierlich arbeitender Messgeräte verfügt, beim Einbau der Messgeräte zu beteiligen sowie mit der Kalibrierung und Funktionsprüfung zu beauftragen ist.

19.2.4
Die Aufzeichnungen der Messergebnisse sollen von den Überwachungsbehörden mindestens zweimal jährlich überprüft und ausgewertet werden. Dabei sind die Richtlinien über die Auswertung kontinuierlicher Emissionsmessungen (RdSchr. d. Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit v. 8.6.1998) zu beachten. Das Ergebnis der Auswertung ist schriftlich festzuhalten (vgl. Nummer 19.6 dieses RdErl.).

19.2.5
Gemäß § 30 Satz 1 sind u.a. die Kosten für die Ermittlung der Emissionen genehmigungsbedürftiger Anlagen in jedem Fall von dem Betreiber der Anlage zu tragen. Dies gilt auch für die Kosten kontinuierlicher Emissionsmessungen. Zu diesen Kosten gehören auch die Kosten für die Übermittlung der Ermittlungsergebnisse an die zuständige Behörde, insbesondere im Rahmen der ggf. nach § 31 geforderten Emissionsfernüberwachung

19.3
Soweit eine Überwachung der Emissionen von Luftverunreinigungen mit kontinuierlich arbeitenden Messgeräten nicht möglich oder nicht angemessen ist, sind bei genehmigungsbedürftigen Anlagen - falls nicht oder nicht ausreichend durch Auflagen zum Genehmigungsbescheid festgelegt - unter Beachtung von Nummer 19.1.5 dieses RdErl., des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit der Mittel und der nachfolgenden Einschränkungen erstmalige und im Abstand von drei Jahren wiederkehrende Einzelermittlungen nach § 28 Satz 1 zu fordern (vgl. oben Nummer 19.1.5 dieses RdErl.).

19.3.1
Einschränkungen für die Forderung nach erstmaligen oder wiederkehrenden diskontinuierlichen Ermittlungen der Emissionen ergeben sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel für Anlagen, bei denen nicht die Emissionen und Immissionen von Luftverunreinigungen für die Aufnahme in den Katalog der genehmigungsbedürftigen Anlagen maßgebend waren. Entsprechendes gilt in den Fällen, in denen die notwendigen Feststellungen im Zuge der Überwachungsmaßnahmen nach § 52 getroffen werden. Bei der im Rahmen des § 28 Satz 1 erforderlichen Ermessensentscheidung, insbesondere bezüglich der Anordnung wiederkehrender Messungen, sind in der Regel auch von den Anlagenbetreibern veranlasste regelmäßige Messungen (z.B. zur Abgabe der Emissionserklärung nach § 27 oder zur Erfüllung einer Anordnung nach § 28 Satz 2) heranzuziehen, soweit alle zur Beurteilung des Emissionsverhaltens der konkreten Anlage zum Entscheidungszeitpunkt notwendigen Messaufzeichnungen der Behörde vorgelegt werden.

Darüber hinaus werden besondere vom Betreiber zu veranlassende diskontinuierliche Emissionsermittlungen in der Regel dann entbehrlich sein, wenn feststeht, dass die Emissionen - wie bei der gesetzlichen Beschränkung des Schwefelgehaltes im Brennstoff (Heizöl EL) oder nach Art und Herkunft von Einsatzstoffen bzw. aufgrund besonderer Technologien - auch ohne Einsatz von Abgasreinigungsanlagen zwangsläufig begrenzt sind und dieser Sachverhalt auf andere Weise überprüft werden kann, z.B. durch Ermittlung der Beschaffenheit der eingesetzten Roh- und Brennstoffe (vgl. Nummer 3.2.2.1 Abs. 4 TA Luft).

19.3.2
Die Ermittlungen der Emissionen sollen sich auf alle relevanten Quellen der Anlage beziehen. Dabei sind - abgesehen von notwendigen weitergehenden Anforderungen aus besonderem Anlass - diejenigen Komponenten zu erfassen, für die sich aus der Genehmigung, aus Nummer 3.3 TA Luft oder aus anderen Verwaltungsvorschriften Emissionsbegrenzungen ergeben.

19.3.3
In den Anordnungen ist vorzuschreiben, dass je Quelle mindestens die nach Nummer 3.2.2.2 TA Luft vorgesehene Zahl von Einzelwerten - und zwar unter Berücksichtigung der hinsichtlich der Emissionen ungünstigsten Betriebszustände - ermittelt werden.

19.3.4
Soweit Ermittlungen für Stoffgemische, insbesondere bezüglich der Emissionen von Staub und organischchemischen Verbindungen, den Anforderungen im Einzelfall nicht genügen, ist nach einzelnen Stoffen oder Stoffgruppen zu differenzieren.

19.4
Zur Ermittlung der Immissionen von Geräuschen reichen im allgemeinen diskontinuierliche Messungen aus.

19.4.1
Soweit der Genehmigungsbescheid keine oder nur unzureichende Festsetzungen enthält, sollen diskontinuierliche Ermittlungen der Immissionen von Geräuschen bei genehmigungsbedürftigen Anlagen erstmalig sodann nach Ablauf von jeweils drei Jahren nach § 28 Satz 1 angeordnet werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn der zeitliche Verlauf der von der Anlage verursachten Immissionen

- z.B. wegen starker Schwankungen der Emissionen,
- wegen der meteorologischen Einflüsse auf die Schallausbreitung oder
- bei vorhandenem, das Anlagengeräusch verdeckenden Fremdgeräusch

einen besonderen messtechnischen Aufwand oder den Einsatz von Spezialmessgeräten erfordert. Eine Anordnung nach § 28 Satz 1 kann entfallen, wenn im Rahmen der
Überwachungstätigkeit nach § 52 durch den Streifendienst oder den Messdienst der Überwachungsbehörden eindeutig festgestellt werden kann, dass die jeweilige Anlage keinen Beitrag zur Überschreitung der Immissionsrichtwerte leistet.

19.4.2
Ermittlungsanordnungen sind in der Regel auf die Anlagen zu beschränken, die mit einem nicht unbedeutenden Anteil zur Gesamtimmission beitragen. Im Übrigen sind besondere Ermittlungen entbehrlich, wenn aus früheren Feststellungen bekannt ist, dass im Einwirkungsbereich der Anlage die Immissionsrichtwerte nach TA Lärm eindeutig unterschritten waren und nach der Art der Schallschutzmaßnahmen an zu Geräuschimmissionen beitragenden Anlagen wesentliche Änderungen nicht eingetreten sein können. Ermittlungsanordnungen für Geräuschimmissionen können auch dann entfallen, wenn regelmäßig und für die Zwecke der Behörde verwendbare Feststellungen unter Verantwortung eines nach § 55 bestellten Immissionsschutzbeauftragten getroffen sind.

19.5
Ermittlungen der Emissionen und Immissionen von Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen, elektrischen, magnetischen und elektromagnetischen Feldern und ähnlichen Erscheinungen und Einwirkungen richten sich nach den Erfordernissen des Einzelfalles.

19.6
Den Überwachungsbehörden sind die Ergebnisse über Ermittlungen nach §§ 26, 28 BImSchG neben der Form als Messbericht zusätzlich als Datensatz (Grunddaten) in einer von den Überwachungsbehörden vorgegebenen Form zur Verfügung zu stellen. Diese Grunddaten sind in einer Messberichtsdatei zu erfassen und werden dem Landesumweltamt Nordrhein-Westfalen (LUA) auf Datenträger übersandt. Die Pflichten im Zusammenhang mit einer Emissionsfernüberwachung werden hierdurch nicht berührt.

Das LUA fordert auf Grundlage dieser Messberichtsdatei stichprobenartig einzelne Messberichte von den örtlichen Überwachungsbehörden an und wertet die Ermittlungsergebnisse im Hinblick auf Plausibilität und Qualitätssicherung aus. Über zu beanstandende Messberichte ist dem Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (MUNLV) zu berichten.

Messberichte, die bereits durch die örtlichen Überwachungsbehörden beanstandet werden, sind dem LUA zur Überprüfung zuzuleiten; dem MUNLV ist darüber zu berichten.

Die Ergebnisse der Feststellungen nach Nummer 19.2.4 dieses RdErl. sind dem LUA zum 20.11. eines jeden Jahres mitzuteilen.

19.7
Die in § 27 vorgesehene Emissionserklärung hat als Informationssystem Bedeutung für die behördliche Luftreinhaltestrategie, für die Aufstellung eines bundesweiten Emissionskatasters und für die behördliche Überwachung der genehmigungsbedürftigen Anlagen. Aus den Emissionserklärungen der einzelnen Anlagenbetreiber können sich Anhaltspunkte für Verstöße gegen Nebenbestimmungen der Genehmigung oder gegen die Pflichten aus § 5 oder einer Rechtsverordnung aufgrund des § 7 ergeben. Die Erkenntnisse aus einer Emissionserklärung können für die zuständige Behörde z.B. Anlass für nachträgliche Anordnungen nach § 17 sein.

§ 27 steht selbständig neben §§ 26, 28 und 29. Von der Pflicht zur Abgabe einer Emissionserklärung wird der Anlagenbetreiber selbst dann nicht befreit, wenn im Erklärungszeitraum die Emissionen aufgrund von Anordnungen nach §§ 26, 28 oder 29 ermittelt und der zuständigen Behörde mitgeteilt worden sind.

Zur Abgabe der Emissionserklärung sind grundsätzlich alle Betreiber genehmigungsbedürftiger Anlagen verpflichtet, es sei denn, von deren Anlagen können nur in geringem Umfang Luftverunreinigungen ausgehen, § 27 Abs. 1 Satz 3. Welche Anlagen das sind, bestimmt konstitutiv § 1 der Elften Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Emissionserklärungsverordnung - 11. BImSchV) vom 12. Dezember 1991 (BGBl. I S. 2213), zuletzt geändert durch Verordnung vom 18. Oktober 1999 (BGBl. I S. 2059). Auf die Möglichkeit, nach § 7 der 11. BImSchV unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmen zuzulassen, wird hingewiesen.

Der Zeitpunkt, zu dem die Emissionserklärung abzugeben ist, ergibt sich aus § 3 Abs. 2 der 11. BImSchV. Durch das Gesetz zur Beschleunigung und Vereinfachung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren vom 9.Oktober 1996 (BGBl. I S. 1498) wurde die Frist zur Ergänzung der Emissionserklärung auf vier Jahre verlängert (vgl. § 27 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz). Aus der Interpretation dieser Vorschrift folgt, dass neue Emissionserklärungen sowie die Ergänzung der für den Erklärungszeitraum 1996 abgegebenen Erklärungen zu dem "allgemeinen" Erklärungsjahr 2000 abzugeben sind.

20
Zu § 29 a (Anordnung sicherheitstechnischer Prüfungen)

20.1
Bei genehmigungsbedürftigen Anlagen kann die zuständige Behörde nach § 29 a im Einzelfall die Einschaltung von Sachverständigen zur Durchführung bestimmter sicherheitstechnischer Prüfungen sowie zur Prüfung von sicherheitstechnischen Unterlagen anordnen, soweit das nicht bereits in einer Rechtsverordnung nach § 7 Abs. 1 generell vorgesehen ist. Derartige Anordnungen, die im Ermessen der zuständigen Behörde stehen, kommen nur aus einem der besonderen in Absatz 2 genannten Anlässe in Betracht. Für Anlagen, die zu einem nach Artikel 8 EG-Umwelt-Audit-Verordnung eingetragenen Standort gehören, wird auf Nummer 7 des Gem. RdErl. d. Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft u. d. Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Technologie und Verkehr v. 15.6.2000 (SMBl. NRW. 283) verwiesen.

20.2
Ziel einer sicherheitstechnischen Prüfung ist die Feststellung, ob der Schutz vor Gefahren für die Nachbarschaft oder die Allgemeinheit durch die Beschaffenheit oder die Betriebsweise einer Anlage oder durch mögliche nicht bestimmungsgemäße Ereignisabläufe gewährleistet ist. Die Überprüfung kann sich u.a. auf den Zustand einzelner Anlagenteile (z.B. im Hinblick auf Materialermüdung, Rissbildung, Korrosion), auf das Funktionieren sicherheitstechnischer Einrichtungen oder auf mögliche Störungen des bestimmungsgemäßen Betriebs oder auf Vorkehrungen zur Begrenzung von Störfallauswirkungen beziehen. Dabei ist darauf zu achten, dass § 29a allein die Beachtung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 und der hierzu ergangenen Durchführungsbestimmungen vor Augen hat.

In der Anordnung hat die zuständige Behörde im Einzelnen zu konkretisieren, zu welchen sicherheitstechnischen Fragen der Sachverständige Stellung nehmen soll. Prüfumfang und Prüfaufgaben müssen aus Gründen der Bestimmtheit von den zuständigen Behörden bezeichnet werden; dies gilt auch für die Prüfung sicherheitstechnischer Unterlagen.

20.3
Für die in Absatz 1 angesprochenen Prüfungen kommen neben den von der zuständigen Landesbehörde bekannt gegebenen Stellen der Störfallbeauftragte und bestimmte Fachkundige in Betracht; es bedarf dann jedoch einer besonderen behördlichen Zulassung. Solange sachverständige Stellen von der zuständigen Landesbehörde nicht oder nicht in genügender Anzahl bekannt gegeben sind, soll in der Anordnung die Durchführung der Prüfungen durch einen der in Absatz 1 Satz 2 genannten Fachkundigen regelmäßig zugelassen werden. In jedem Fall sind zur Vorbereitung der Zulassungsentscheidung bezogen auf die konkret durchzuführenden Prüfungen Fachkunde, Zuverlässigkeit und gerätetechnische Ausstattung zu prüfen.

21
Zu §§ 44 bis 47 (Raumbezogene Luftreinhaltung)

21.1
Der Fünfte Teil des BImSchG soll in Kürze durch die anstehende Umsetzung der Richtlinie 96/62/EG des Rates über die Beurteilung und die Kontrolle der Luftqualität vom 27. September 1996 (ABl. der EG Nr. L 296 S. 55) erheblich modifiziert werden. Eine Überarbeitung der Verwaltungsvorschriften zur raumbezogenen Luftreinhaltung wird daher erst nach dieser europarechtlich veranlassten Änderung des BImSchG erfolgen, die insbesondere eine Erweiterung der Instrumentarien zur Luftreinhaltung mit sich bringen wird.

Angesichts dessen verbleibt es zunächst bei dem Hinweis, dass bei der Erstellung von Bauleitplänen gemäß § 1a Abs. 2 Nr. 1 BauGB auch die Darstellungen von Luftreinhalteplänen und Untersuchungsberichten zur Luftqualität in der Abwägung als öffentliche Belange zu berücksichtigen sind.

21.2
Für den Vollzug von Festsetzungen bereits existierender Luftreinhaltepläne kommt § 47 Abs. 3 eine besondere Bedeutung zu. Danach hat die zuständige Behörde die Maßnahmen des Luftreinhalteplans mit den ihr zu Gebote stehenden Mitteln durchzusetzen. Bei dieser Vorschrift handelt es sich nicht um eine selbständige Ermächtigungsgrundlage für behördliche Maßnahmen. Vielmehr wird durch sie das in anderen Befugnisnormen eingeräumte Ermessen (z.B. §§ 17, 21, 24, 25 BImSchG) eingeschränkt.

22
Zu § 47a (Lärmminderungspläne)

22.1
Durch Lärmminderungspläne soll bei vorhandenen oder zu erwartenden Einwirkungen verschiedenartiger Geräuschquellen ein Programm zur systematischen Verminderung der Lärmbelastung der Bevölkerung erstellt und eine koordinierte Durchführung der erforderlichen Maßnahmen ermöglicht werden. Das setzt voraus, dass die Belastung durch die einwirkenden Geräuschquellen erfasst und ihre Auswirkungen auf die Umwelt festgestellt werden (§ 47a Abs. 1). Dabei müssen die Geräuschbelastungen in "Gebieten" und damit flächenhaft auftreten. Punktuelle schädliche Umwelteinwirkungen (z.B. an einem einzelnen Wohnhaus) reichen nicht aus.

Bei der Erarbeitung des Programms ist die Abstimmung und Verzahnung mit allen anderen Fachplanungen von wesentlicher Bedeutung, d.h. die vorhandenen und zukünftigen Planungen (Flächennutzungs-, Verkehrsentwicklungs-, Stadtentwicklungs- und Sanierungspläne sowie Luftreinhaltemaßnahmen im Sinne des § 40 Abs. 2 BImSchG) sind bei der Erstellung der Lärmminderungspläne maßgeblich zu berücksichtigen.

Nach § 47a Abs. 2 sind Lärmminderungspläne aufzustellen, wenn in Wohngebieten und anderen schutzwürdigen Gebieten nicht nur vorübergehend schädliche Umwelteinwirkungen durch Geräusche hervorgerufen werden oder zu erwarten sind und die Beseitigung oder Verminderung ein abgestimmtes Vorgehen gegen verschiedenartige Geräuschquellen erfordern.

22.2
Die Belastungen durch einwirkende Geräusche sind im Rahmen des § 47a Abs. 1 für die einzelnen Geräuschquellenarten gesondert zu erfassen. Dabei soll soweit wie möglich auf die bei den zuständigen Behörden (z.B. den Staatlichen Umweltämtern für genehmigungsbedürftige Anlagen) vorliegenden Daten zurückgegriffen werden.

Zu erfassende Geräuschquellenarten sind:

- Straßenverkehr
- Schienenverkehr
- Wasserverkehr
- Luftverkehr
-Anlagen im Sinne § 3 Abs. 5 BImSchG, ggf. differenziert nach Sonderregelungen

Wesentliche Geräuschquellen sind:

- Bundesautobahnen, Bundes- oder Landesstraßen, kommunale Straßen mit einer Verkehrsbelastung von täglich mehr als 1.000 Fahrzeugen (DTV)
- Schienenwege mit einer Zugfahrt oder mehr pro Stunde
- zivile und militärische Flughäfen und Landeplätze
- großflächige, geräuschintensive Anlagen, wie sie z.B. im Anhang der Vierten Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz - 4. BImSchV - (Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen) aufgeführt sind
- militärische Anlagen, wie z.B. Schießplätze, Standortschießanlagen, Truppenübungsplätze, Instandsetzungsbetriebe
- größere Sport- und Freizeitanlagen.

22.3
Lärmminderungspläne müssen unter den in § 47a Absatz 2 genannten Voraussetzungen nur für Wohngebiete und andere schutzbedürftige Gebiete aufgestellt werden; sie können auch für sonstige Gebiete erarbeitet werden.

Wohngebiete im Sinne des § 47a Abs. 2 sind alle Gebiete, in denen Wohnen ohne planungsrechtliche Einschränkungen möglich ist, d.h.:

- Kleinsiedlungsgebiete
- reine Wohngebiete
- allgemeine Wohngebiete
- besondere Wohngebiete
- Dorfgebiete
- Mischgebiete
- Kerngebiete

sowie Gebiete in unbeplantem Innenbereich mit entsprechenden Nutzungen.

Andere schutzwürdige Gebiete im Sinne des § 47a Abs. 2 sind:

- Sondergebiete, die der Erholung dienen, und
- sonstige Sondergebiete, in denen ein erhöhtes Ruhebedürfnis besteht, wie z.B.:
Kurgebiete und Gebiete für Fremdenbeherbergung,
Hochschulgebiete oder Klinikgebiete.

22.4
Die für die Pflicht zur Aufstellung von Lärmminderungsplänen maßgebende Feststellung, ob schädliche Umwelteinwirkungen im Gemeindegebiet vorhanden sind, ergibt sich aus dem Vergleich der vorhandenen Immissionsbelastung (Schallimmissionskataster) mit den in Nummer 22.4.4 aufgeführten Immissionswerten (Immissions-Empfindlichkeitskataster) für die verschiedenen Quellenarten. Dabei ist auch das mögliche Zusammenwirken mehrerer Quellenarten (Kumulation) und in Gemengelagen die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme zu beachten.

22.4.1
Die Aufstellung eines Schallimmissionskatasters ist sehr aufwendig. Um den Erhebungsaufwand zu begrenzen, kann die Gemeinde zunächst eine Vorprüfung mit möglichst einfachen Mitteln und mit im allgemeinen vorhandenen Daten durchführen.

Im Rahmen der Vorprüfung sind alle Ergebnisse zu nutzen, wenn zumindest näherungsweise die Beurteilungspegel für die verschiedenen Geräuschquellenarten nach den in Nummer 22.4.3 aufgeführten Vorschriften ermittelt wurden. Liegen keine Daten vor, kann geprüft werden, ob und wo im Gemeindegebiet "wesentliche Geräuschquellen" vorhanden oder zu erwarten sind. Schädliche Umwelteinwirkungen sind insbesondere zu erwarten, wenn "wesentliche Geräuschquellen"(vgl. Nummer 22.2) Wohngebiete und andere schutzwürdige Gebiete (vgl. Nummer 22.3) durchschneiden, tangieren und somit erheblich auf sie einwirken können.

22.4.2
Sind in einem Gebiet detailliertere Untersuchungen durchzuführen, müssen alle Quellen, die zur Geräuschimmissionsbelastung kausal beitragen, erfasst und ihre Auswirkungen auf das zu untersuchende Gebiet festgestellt werden. Dabei ist das Untersuchungsgebiet möglichst großflächig auszuwählen, da die festzulegenden planerischen, gestalterischen, verkehrlichen und baulichen Maßnahmen Auswirkungen auf große Teile des Gemeindegebietes haben können und hinsichtlich der planerischen Bewältigung (z.B. Aussiedlung von geräuschrelevanten Anlagen, Überplanung lärmrelevanter Gebiete, Verkehrsverlagerungen) unmittelbaren Wechselwirkungen unterliegen.

22.4.3
Die Geräuschbelastung wird für die Untersuchungsgebiete getrennt für die einzelnen nachfolgend beschriebenen Geräuschquellenarten in Schallimmissionskatastern erfasst. Darin werden für die verschiedenen Quellenarten die Beurteilungspegel in den jeweiligen Beurteilungszeiträumen örtlich differenziert dargestellt.

In den Schallimmissionskatastern sind für die einzelnen Quellenarten nach Nummer 22.2 die Beurteilungspegel nach folgenden Vorschriften getrennt festzustellen:

öffentliche Straßen und Schienenwege:

16. BImSchV

Luftverkehr:

a) Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm

b) DIN 45 643, Teil 1, Nr. 3.2.1 für Flugplätze, die nicht durch dieses Gesetz erfasst sind

Wasserverkehr:

DIN 18005, Teil 1

Anlagen im Sinne des § 3 Abs.5 BImSchG, soweit keine Sonderregelungen bestehen:

TA Lärm

Schießanlagen für Handfeuerwaffen:

VDI 3745, Blatt 1

Sportanlagen:

18. BImSchV

Freizeitanlagen:

RdErl. d. MURL "Messung, Beurteilung und Verminderung von Geräusch-Immissionen bei Freizeitanlagen" v. 11.10.1997 (MBl. NRW. S. 1352/ SMBl. NRW. 7129)

Dies gilt nur für den üblicherweise auftretenden Bereich des Luftschalls. Führen Körperschall oder tieffrequente Schwingungen zu schädlichen Umwelteinwirkungen, so ist hierfür eine gesonderte Vorgehensweise erforderlich.

Die Beurteilungspegel werden klassiert mit Klassenbreiten von bis zu fünf dB(A) angegeben; Klassenobergrenzen sind die entsprechenden Immissionswerte nach Nummer 22.4.4. Die Genauigkeit der Pegelermittlung soll der gewählten Klassenbreite entsprechen. Die Vorgehensweise ist den örtlichen Strukturen im Untersuchungsgebiet anzupassen.

22.4.4
Zur Konkretisierung des Begriffs der schädlichen Umwelteinwirkungen, d.h. zur Beurteilung der für die verschiedenen Geräuscharten ermittelten Geräuschimmissionen, sind die in den entsprechenden Rechts- und allgemeinen Verwaltungsvorschriften festgelegten Immissionswerte (Immissionsgrenzwerte oder Immissionsrichtwerte) heranzuziehen oder sinngemäß anzuwenden. Fehlen entsprechende Regelungen, müssen andere Beurteilungsmaßstäbe - wie z.B. DIN-Normen oder VDI-Richtlinien - zu Grunde

gelegt werden. Die kartenmäßige Darstellung der Gebiete mit den zugehörigen Immissionswerten ergibt das Immissionsempfindlichkeitskataster.

Die Höhe der Immissionswerte hängt von der Nutzungsart der betroffenen Gebiete ab. Die Nutzungsart ergibt sich aus den Festsetzungen in den Bebauungsplänen. Weicht die tatsächliche bauliche Nutzung erheblich von der im Bebauungsplan festgesetzten baulichen Nutzung ab, so ist von der tatsächlichen baulichen Nutzung unter Berücksichtigung der vorgesehenen baulichen Entwicklung des Gebietes auszugehen. Ist ein Bebauungsplan nicht aufgestellt, so ist die tatsächliche bauliche Nutzung zu Grunde zu legen; eine voraussehbare Änderung der baulichen Nutzung ist zu berücksichtigen. Sonstige in Bebauungsplänen festgesetzte Flächen und Gebiete sowie Anlagen und Gebiete, für die keine Festsetzungen bestehen, sind entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit zu beurteilen.

Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 47a liegen - bezogen auf die einzelnen Geräuschquellenarten - vor, wenn die im Schallimmissionskataster festgestellte Geräuschbelastung die Werte in der Tabelle der Anlage 3 überschreitet.

Für hier nicht aufgeführte Gebiete ist der für die Beurteilung maßgebende Wert entsprechend der Schutzbedürftigkeit im Einzelfall festzulegen.

Gleichzeitig einwirkende verschiedenartige Geräuschquellen (Kumulation) stören besonders. Daher können schädliche Umwelteinwirkungen auch vorliegen, wenn die Immissionswerte für die einzelnen Geräuschquellenarten zwar geringfügig unterschritten werden, aber mindestens zwei verschiedenartige Geräuschquellen ein Gebiet belasten. Dies ist im Einzelfall zu prüfen.

22.5
Aus der flächenhaften Erfassung der verschiedenen Geräuschquellen im

- Schallimmissionskataster und
- Immissionsempfindlichkeitskataster

werden durch arithmetische Differenz die Über- und Unterschreitungen für die verschiedenen Geräuschquellenarten getrennt für die jeweiligen Beurteilungszeiträume als Konfliktkataster ermittelt. Hierbei sind wegen möglicher Kumulation auch Gebiete besonders darzustellen, bei denen die Pegel bis zu fünf dB(A) unter dem maßgebenden Immissionswert liegen.

Konfliktkataster kennzeichnen im Untersuchungsgebiet die Bereiche, in denen Überschreitungen der Immissionswerte vorliegen oder in denen bei verschiedenartigen Geräuschquellen die Immissionswerte um jeweils nicht mehr als fünf dB(A) unterschritten sind. Dabei ist in einer Einzelfallprüfung festzustellen, ob erhebliche Belästigungen durch die Kumulation der Einwirkungen aus den verschiedenartigen Geräuschquellen auftreten.

Bei Anwendung der unterschiedlichen Immissionswerte nach Nummer 22.4.4 ergeben sich Konfliktgebiete für einzelne Geräuschquellenarten, die als Konfliktkataster z.B. für den Straßenverkehr, den Schienenverkehr, den Industrie- und Gewerbebereich etc. dargestellt werden. Die Summe aller Konfliktgebiete wird durch Überlagerung als Gesamtkonfliktgebiet der Gemeinde oder des untersuchten Gemeindeteils dargestellt.

22.6
Wirken im Konfliktgebiet verschiedene Geräuschquellenarten nicht nur vorübergehend auf Wohngebiete oder andere schutzwürdige Gebiete (vgl. Nummer 22.3) pegelbestimmend ein oder sind bei gleichen Geräuschquellenarten unterschiedliche Zuständigkeiten gegeben, hat die Gemeinde einen Lärmminderungsplan aufzustellen. Dabei kann es zweckmäßig sein, das zu sanierende Gebiet auch nach städtebaulichen Kriterien abzugrenzen.

Für eine Lärmsanierung an bestehenden öffentlichen Straßen und Schienenwegen besteht keine rechtliche Anspruchsgrundlage. Lärmsanierungsmaßnahmen an Bundes- und Landesstraßen werden als freiwillige Leistung im Rahmen vorhandener Haushaltsmittel durchgeführt. Hierfür gelten die Richtlinien des Bundesministeriums für Verkehr (jetzt Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen), die das Land Nordrhein-Westfalen auch für die Landesstraßen eingeführt hat (vgl. RdErl. des Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Technologie und Verkehr vom 25.8.1997 - SMBl. NRW. S. 910). Voraussetzung für eine Lärmsanierung ist, dass Lärmsanierungspegel überschritten werden, die wesentlich höher als die Werte für die die Lärmvorsorge nach § 41 in Verbindung mit der 16. BImSchV liegen.

22.6.1
Die für die Anordnung bzw. Durchführung von Maßnahmen zuständigen Stellen sind bei der Aufstellung des Lärmminderungsplanes zu beteiligen. Die Erfordernisse der Raumordnung und der Landesplanung sind bei der Aufstellung ebenfalls zu beachten.

22.6.2
Der Lärmminderungsplan ist das Ergebnis der Untersuchungen über die Möglichkeiten, die Durchsetzbarkeit, die Kosten und die Wirksamkeit von Lärmminderungsmaßnahmen. Planerische Varianten sind zu prüfen und in die Abwägung einzubeziehen, wenn ein Minderungserfolg in einem absehbaren Zeitraum erwartet werden kann. Das Schallimmissionskataster soll hierbei als Planungs- und Informationssystem sowie als Entscheidungsgrundlage für umweltverträgliche und kostengünstige Lösungen dienen. Hierbei ist sowohl groß- wie auch kleinräumig die Zuordnung von Gewerbe und Wohnen, die Ordnung des Verkehrs und der Freizeitaktivitäten in die Prüfung einzubeziehen.

Durch eine Auslagerung von Emittenten oder eine Verlagerung von Verkehr dürfen keine neuen Konfliktgebiete entstehen. Unterhalb der Grenze der schädlichen Umwelteinwirkungen sind z.B. bei der Verlagerung von Geräuschquellen zusätzliche Belastungen nur dann zu tolerieren, wenn dem eine wesentliche Entlastung in anderen schutzwürdigen Gebieten gegenübersteht.

22.6.3
Für die Konfliktgebiete sind die Geräuschquellen, die auf das jeweilige Gebiet pegelbestimmend einwirken, anzugeben und ihre jeweiligen Beiträge zur Geräuschbelastung zu ermitteln (Emissionsanalyse). Die Emissionsanalyse umfasst die Ermittlung der Höhe der für die Geräuschimmissionen wirksamen Geräuschemissionen der verschiedenen Geräuschquellenarten insgesamt und der bedeutendsten Teilquellen (z.B. von Industrieanlagen). Sie dient der Feststellung, wo Geräuschminderungsmaßnahmen am wirksamsten anzusetzen haben.

22.6.4
Im Lärmminderungsplan werden Pegelzielwerte (anzustrebende Immissionspegel) angegeben, nach denen die Maßnahmen auszurichten sind. Die Pegelzielwerte werden jedoch erst dann unter Beteiligung der für die jeweiligen Geräuschquellen zuständigen Behörden endgültig festgelegt, wenn die Maßnahmen einschließlich der Alternativen geprüft sind. Hierzu kann es erforderlich sein, eine an den vorgesehenen Maßnahmen sich orientierende Schallimmissionsprognose (z.B. nach VDI 2714 und 2720) zu erstellen, die feinrastiger als das Schallimmissionskataster ist und Abschirmungen, Reflexionen im Detail sowie Pegel an Fenstern in verschiedenen Höhen berücksichtigt.

Die anzugebenden Pegelzielwerte sollen nicht nur darauf ausgerichtet sein, die in den Rechts- und Verwaltungsvorschriften festgesetzten Pegel gerade einzuhalten. Soweit es der Stand der Technik und die Verhältnismäßigkeit der Mittel zulassen, soll vielmehr im Sinne der Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen angestrebt werden, die für die Nutzungsempfindlichkeit der Gebiete festgelegten Immissionsgrenz- oder -richtwerte zu unterschreiten. In solchen Fällen sollen die Pegelzielwerte für die einzelnen Geräuscharten unter den in Nummer 22.4.4 genannten Werten liegen. Dies gilt insbesondere in Gebieten, in denen verschiedenartige Geräuschquellen gleichzeitig auf das Immissionsgebiet einwirken (Kumulation), in denen die Geräuschquellen aus verschiedenen Richtungen einwirken, alle Außenwände von Wohngebäuden belasten und keine Möglichkeit besteht, sich innerhalb der Wohnung in ruhigere Räume zurückzuziehen.

In gewachsenen Gemengelagen, in denen die verschiedenartigen Nutzungen unterschiedlich schutzbedürftig sind (z.B. Aneinandergrenzen von Industrie/Gewerbe und Wohnen), kann die Prüfung im Einzelfall auch dazu führen, dass der Pegelzielwert oberhalb des in Nummer 22.4.4 genannten Immissionswertes festgelegt wird. Sofern an störenden Anlagen alle verhältnismäßigen Emissionsminderungsmaßnahmen durchgeführt sind, kann die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme dazu führen, dass in einem Übergangsbereich die betroffenen Anwohner mehr an Geräuschen hinnehmen müssen als die Bewohner von gleichartig genutzten Gebieten, die fernab derartiger Anlagen liegen. Die im Einzelfall hinzunehmende Geräuscheinwirkung hängt von der Schutzbedürftigkeit der Bewohner des Gebietes und den tatsächlich nicht weiter zu vermindernden Geräuschemissionen ab. Die zu duldenden Geräuscheinwirkungen sollen diejenigen Immissionswerte nicht überschreiten, die für die Gebietsart mit dem nächst niedrigeren Schutzanspruch gelten.

22.6.5
Die zur Lärmminderung und zur Verhinderung des weiteren Anstiegs oder zur Vermeidung weiterer Lärmbelastung erforderlichen

- technischen
- baulichen
- gestalterischen
- verkehrlichen
- planerischen und
- organisatorischen Maßnahmen

und die zu erwartende Geräuschentlastung sind im Lärmminderungsplan anzugeben, ebenso die Stellen, die für die Umsetzung der Maßnahmen zuständig sind, die Kosten der Maßnahmen, der Kostenträger und die zeitliche Abwicklung.

Die Dringlichkeit der Lärmsanierung für die einzelnen Gebiete (Reihenfolge) wird von der Gemeinde nach Abstimmung mit den Fachbehörden festgestellt. Dabei können Mehrfachbelastungen aus verschiedenen Richtungen in einzelnen Wohnbereichen sowie die Anzahl der betroffenen Bewohner in die Prioritätenfestlegungen eingehen.

22.6.6
Die Maßnahmen eines nach § 47a Abs. 2 aufzustellenden Lärmminderungsplans sind durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen (Absatz 4).

Der Lärmminderungsplan ist für die Träger öffentlicher Verwaltung im Rahmen der vorhandenen gesetzlichen Grundlagen grundsätzlich verbindlich. Da diese Bindung auf einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung beruht und alle Träger öffentlicher Verwaltung erfasst, geht sie weiter als z.B. ganz allgemein die von Verwaltungsvorschriften. Dagegen entfaltet der Lärmminderungsplan keine unmittelbare Außenwirkung gegenüber dem Bürger und stellt keine selbständige Rechtsgrundlage zur Anordnung bestimmter Maßnahmen, sondern einen Hinweis auf andere Eingriffsermächtigungen dar. Das bedeutet, dass im Lärmminderungsplan vorgesehene Eingriffsmaßnahmen, insbesondere Anordnungen, eine selbständige Rechtsgrundlage im geltenden Recht, wie z.B. §§ 17, 21, 24, 25 BImSchG, voraussetzen. Soweit in diesen Vorschriften ein Ermessensspielraum eingeräumt wird, wird er durch den Lärmminderungsplan eingeschränkt.

22.6.7
Um die Ziele des Lärmminderungsplans zu erreichen, können auch planungsrechtliche Mittel ("planungsrechtliche Festlegungen", Absatz 4 in Verbindung mit § 47 Abs. 3 Satz 2) eingesetzt werden. Insoweit besteht allerdings nur eine eingeschränkte Bindungswirkung. Ob und inwieweit Planungen in Betracht zu ziehen sind, haben die zuständigen Planungsträger lediglich zu prüfen.

Der in § 47 Abs. 3 Satz 2 verwendete Begriff "planungsrechtliche Festlegungen" erfasst nicht jegliche öffentliche Planung, sondern nur solche aufgrund des Planungsrechts. In Betracht kommen neben der räumlichen Zuordnung von emissionsträchtigen und besonders schutzwürdigen Gebieten allgemein insbesondere solche nach § 9 Nr. 24 BauGB (u.a. Vorkehrungen gegen schädliche Umwelteinwirkungen). An entsprechende Vorgaben im Lärmminderungsplan ist die Gemeinde jedoch nicht gebunden; d.h. sie ist nicht verpflichtet, speziell zur Umsetzung eines Lärmminderungsplaneseinen Bauleitplan aufzustellen. Stellt sie jedoch einen Bauleitplan auf, so hat sie nach § 1 Abs. 6 BauGB alle hiervon berührten Belange zu ermitteln, zu gewichten und gegeneinander und untereinander abzuwägen. Zu den abwägungserheblichen Belangen gehören nach § 1 Abs. 5 BauGB u.a. gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse sowie Belange des Umweltschutzes gemäß § 1a des BauGB.

Nach § 1a Abs. 2 Nr. 1 BauGB sind bei der Aufstellung von Bauleitplänen auch die Darstellungen von Plänen des Immissionsschutzrechts (z. B. Lärmminderungsplan) in der planerischen Abwägung zu berücksichtigen. Um Abwägungsfehler zu vermeiden, muss die Gemeinde im Rahmen ihrer Planung zumindest bei der Sachverhaltsermittlung die Angaben im Lärmminderungsplan zur Kenntnis nehmen, ihre Bedeutung würdigen und sich dann bei der Abwägung mit ihnen auseinandersetzen. Dabei wird das Gewicht eines Lärmminderungsplanes umso größer sein, je sorgfältiger und ausgewogener er gestaltet ist.

23
Zu § 51 b (Sicherstellung der Zustellungsmöglichkeit)

23.1
§ 51 b wurde durch das Gesetz über die Umwelthaftung vom 10. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2634) in das Bundes-Immissionsschutzgesetz eingefügt. Die Regelung soll nach dem Willen des Gesetzgebers zugunsten der potentiell Geschädigten sicherstellen, dass eine Zustellung (insbesondere eine Klagezustellung) auch im Inland durchgeführt werden kann, wenn der Betreiber der Anlage seinen Sitz im Ausland hat. Dem Geschädigten soll dadurch der häufig langwierige und kostenträchtige Weg einer Auslandszustellung erspart bleiben.

Nach dem Wortlaut der Vorschrift obliegt dem Betreiber allgemein die Pflicht, eine Zustellungsmöglichkeit für Schriftstücke im Inland sicherzustellen. § 51 b hat damit Bedeutung für die Zustellung aller behördlichen Schriftstücke, die im Zusammenhang mit dem Betrieb einer genehmigungsbedürftigen Anlage stehen.

23.2
Bei Betreibern von genehmigungsbedürftigen Anlagen, die einen Wohn- oder Firmensitz in Deutschland haben, ist die Zustellung von Schriftstücken im Sinne von § 51 b Satz 1 grundsätzlich sichergestellt. Eine besondere Meldung der Zustellungsanschrift oder die Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten ist in diesem Fall nicht erforderlich.

Betreibt dagegen ein ausländischer Inhaber in Deutschland eine Anlage, ohne dort einen Wohn- oder Firmensitz zu haben, muss eine Zustellungsmöglichkeit sichergestellt werden. Dazu ist in der Regel ein Zustellungsbevollmächtigter zu bestellen und gegenüber der zuständigen Überwachungsbehörde zu benennen.

23.3
Soweit im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens oder später Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Inlandszustellung an einen ausländischen Anlagenbetreiber nicht oder nicht mehr gewährleistet ist, soll die zuständige Überwachungsbehörde auf die Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten hinwirken oder dies erforderlichenfalls anordnen. Die Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten zählt auch zu den Informationen, die der Auskunftspflicht nach § 9 Satz 3 des Umwelthaftungsgesetzes unterliegen.

24
Zu § 52 (Überwachung)

24.1
Für die Überwachung der Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der hierauf gestützten Rechtsverordnungen sind die in den Nummern 10.6.2 bis 10.6.8 des Verzeichnisses der Anlage zur ZustVOtU genannten Behörden zuständig, soweit sich nicht aus vorrangigen bundesrechtlichen Vorschriften (§ 4 AEG, § 4 FStrG) etwas anderes ergibt (vgl. Nummern 18.1.1 bis 18.1.2 dieses RdErl.). Die Überwachung genehmigungsbedürftiger Anlagen auf Einhaltung spezialgesetzlicher Vorschriften (z.B. Landeswassergesetz, Abgrabungsgesetz) durch die dafür zuständigen Fachbehörden bleibt unberührt.

24.1.1
Die Staatlichen Umweltämter und die Bergämter sollen durch unvermutete Kontrollen die Durchführung der immissionsschutzrechtlichen Vorschriften überwachen. Beschwerden über schädliche Umwelteinwirkungen durch Anlagen ist unverzüglich nachzugehen. Werden bei Betriebsbesichtigungen, die die Überwachungsbehörden im Rahmen anderer ihnen übertragener Aufgaben durchführen, Verstöße gegen immissionsschutzrechtliche Vorschriften bekannt, so sind unverzüglich die für diesen Bereich zuständigen Stellen (bei den Umweltämtern die Immissionsschutzabteilungen) zu unterrichten, sofern die Einhaltung der sich aus dem Immissionsschutzrecht ergebenden Anforderungen nicht an Ort und Stelle sichergestellt werden kann.

24.1.2
Werden während des Streifendienstes bei Anlagen, die nicht der Überwachung durch die Staatlichen Umweltämter unterliegen, Feststellungen getroffen, die einen Verstoß gegen umweltschutzrechtliche Vorschriften vermuten lassen, so ist die zuständige Überwachungsbehörde unverzüglich zu unterrichten; bei Gefahr im Verzug können unaufschiebbare Maßnahmen durch das Staatliche Umweltamt selbst angeordnet werden (vgl. § 6 OBG, § 3 Abs. 4 VwVfG. NRW.). Im Übrigen wird auf Nummer 9.1 Abs. 4 dieses RdErl. hingewiesen.

24.1.3
Wird eine genehmigungsbedürftige Anlage nach ihrer Errichtung oder wesentlichen Änderung in Betrieb genommen, haben die Staatlichen Umweltämter bzw. die Bergämter sich in der Regel davon zu überzeugen, dass die Lage, Beschaffenheit und Betriebsweise der Anlage der Genehmigung entsprechen und alle Anforderungen der Genehmigung einschließlich deren Nebenbestimmungen eingehalten sind (Abnahmeprüfung). Den im Genehmigungsverfahren beteiligten Behörden ist Gelegenheit zur Teilnahme an der Abnahmeprüfung zu geben. Das Ergebnis der Abnahmeprüfung ist aktenkundig zu machen; der Aktenvermerk ist zu den Genehmigungsunterlagen zu nehmen.

24.2
Nach Absatz 2 haben die Angehörigen der Überwachungsbehörden und deren Beauftragte ein Zutrittsrecht zu den Grundstücken, auf denen die Anlage betrieben wird. Nach Absatz 3 erstreckt sich das Zutrittsrecht auch auf Grundstücke, auf denen sich Anlagen, Stoffe, Erzeugnisse, Brenn-, Treib- und Schmierstoffe befinden, für die Regelungen in Rechtsverordnungen nach §§ 32 bis 35 und 37 getroffen worden sind. Nach Absatz 6 besteht ein Zutrittsrecht gegenüber Eigentümern und Besitzern von Grundstücken, auf denen Immissionen zu ermitteln sind. Wird der Zutritt verweigert, kann die Überwachungsbehörde aufgrund ihrer Befugnisse nach § 52 eine ggf. im Wege des Verwaltungszwanges durchzusetzende Duldungsverfügung erlassen.

24.3
Die Überwachungsbehörden können verlangen, dass ihnen alle Auskünfte erteilt und alle Unterlagen vorgelegt werden, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind. Auskunftspflichtig ist der Betreiber (Besitzer) der Anlage und - soweit keine Personengleichheit besteht - auch der Grundstückseigentümer; juristische Personen handeln durch ihre vertretungsberechtigten Organe.

Besteht für den Auskunftspflichtigen die Gefahr einer strafgerichtlichen Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, so kann er unter Hinweis hierauf die Auskunft verweigern (Absatz 5); unrichtige oder - ohne besonderen Hinweis - unvollständige Angaben sind auch in einem derartigen Fall unzulässig.

Die Angehörigen der Überwachungsbehörden unterliegen hinsichtlich der amtlich zu ihrer Kenntnis gelangenden Tatsachen der allgemeinen dienstrechtlichen Schweigepflicht. Hinsichtlich der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse ergibt sich aus § 203 des Strafgesetzbuches (StGB) eine Geheimhaltungspflicht, deren Verletzung unter Strafe gestellt ist. Beauftragte, die nicht selbst Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB sind, sollen im Rahmen des § 52 nur hinzugezogen werden, wenn sie auf Grund eines Gesetzes (vgl. § 1 des Verpflichtungsgesetzes vom 2. März 1974 - BGBl. I S. 547 -) auf die gewissenhafte Erfüllung der Obliegenheiten (Geheimhaltung u.a.) verpflichtet worden sind.

24.4
Zu den behördlichen Befugnissen im Rahmen der Überwachung gehört auch ein Recht zur Prüfung der Anlage sowie der Stoffe, Erzeugnisse, Brenn-, Treib- und Schmierstoffe. Hierbei kann die Unterstützung durch Arbeitskräfte und Hilfsmittel verlangt werden.

Soweit die Voraussetzungen des Absatzes 4 Satz 2 oder 3 vorliegen, sind die durch die Prüfungen verursachten notwendigen Kosten (Sachverständigenkosten, Sachkosten für Gerätebenutzung u.a., nicht jedoch die Personalkosten der Überwachungsbehörde) durch einen schriftlich zu begründenden Verwaltungsakt dem Auskunftspflichtigen (vgl. Nummer 24.3 Abs. 1 dieses RdErl.) aufzuerlegen. Die Sätze 2 und 3 des Absatzes 4 sind auch anzuwenden, wenn die behördliche Tätigkeit derVorbereitung von Anordnungen nach §§ 17, 20, 24 und 25 dient.

24.5
Ist ein Immissionsschutzbeauftragter/Störfallbeauftragter für die Anlage bestellt, soll die Überwachungsbehörde seine Hinzuziehung zu allen Überwachungsmaßnahmen verlangen; erforderlichenfalls sind auch Abfall- und Gewässerschutzbeauftragte hinzuzuziehen. Auch in einem solchen Fall sind Auskunftsersuchen jedoch an den Anlagenbetreiber bzw. den Eigentümer oder Besitzer des Grundstücks zu richten, der seinerseits dem Immissionsschutzbeauftragten/Störfallbeauftragten die Beantwortung übertragen kann.

24.6
Nach § 52 Abs. 1 haben die zuständigen Überwachungsbehörden auch zu prüfen, ob die Betreiber von Anlagen die ihnen gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 obliegenden Pflichten erfüllen. Gegenstand und Ablauf der hiernach erforderlichen Prüfung hängen entscheidend davon ab, ob und ggf. welche Regelungen bezüglich dieser Betreiberpflichten im jeweiligen Genehmigungsbescheid bzw. in Rechtsverordnungen nach § 22 Abs. 1 Satz 2 getroffen sind.

24.6.1
Soweit im Genehmigungsbescheid festgelegt ist, dass die Abfälle vermieden werden müssen, hat die Überwachungsbehörde zu prüfen, ob die getroffenen Regelungen eingehalten sind. Hierzu ist es erforderlich, Art und Menge der Einsatzstoffe sowie die Prozesstechnik mit den entsprechenden Angaben in den Genehmigungsunterlagen zu vergleichen.

24.6.2
Ist nach den Festlegungen im Genehmigungsbescheid die Verwertung oder die Beseitigung der Abfälle zugelassen, hat die Überwachungsbehörde anhand der vom Anlagenbetreiber zu führenden Nachweise zu prüfen, ob die Abfälle in der genehmigten Weise der Verwertung bzw. der Beseitigung zugeführt werden. Bei dieser Prüfung können auch vorhandene Abfallbilanzen im Sinne des § 20 KrW-/ AbfG berücksichtigt werden.

24.6.3
Stellt die Überwachungsbehörde fest, dass im Genehmigungsbescheid keine ausdrücklichen Festlegungen zur Grundpflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 3 enthalten sind, hat sie sich vom Betreiber deren Erfüllung nachweisen zu lassen. In diesem Zusammenhang sind insbesondere jene Anlagen von Bedeutung, die nach § 67 Abs. 2 anzuzeigen waren oder vor dem Inkrafttreten des BImSchG nach § 16 Abs. 1 der Gewerbeordnung (GewO) genehmigt wurden oder nach § 16 Abs. 4 GewO anzuzeigen waren, da unter der Geltung des § 16 GewO eine dem § 5 Abs. 1 Nr. 3 vergleichbare Betreiberpflicht nicht bestand.

24.6.4
Bedarf es zur Durchsetzung der Grundpflicht aus § 5 Abs. 1 Nr. 3 einer nachträglichen Anordnung nach § 17 Abs. 1, ist zu prüfen, ob dabei neben der Abfallbehandlungsart (Vermeidung, Verwertung, Beseitigung) auch Maßnahmen zur Aufbereitung der Abfälle festzulegen sind. Dabei ist zu beachten, dass die Durchführung von Aufbereitungsmaßnahmen eine Anzeige nach § 15 Abs. 1 oder eine Änderungsgenehmigung nach § 16 Abs. 1 erforderlich machen kann.

24.6.5
Bei nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen, für die aufgrund der Art oder Menge aller oder einzelner anfallender Abfälle durch Rechtsverordnung nach § 22 Abs. 1 Satz 2 die Anforderungen des § 5 Abs. 1 Nr. 3 entsprechend gelten, hat die Überwachungsbehörde zu prüfen, ob die Abfälle in rechtlich zulässiger Weise vermieden, verwertet oder beseitigt werden. Hinsichtlich der Zulässigkeit der Maßnahmen gelten die gleichen Prüfkriterien wie bei den genehmigungsbedürftigen Anlagen.

24.7
Für Anlagen, die zu einem nach Artikel 8 EG-Umwelt-Audit-Verordnung eingetragenen Standort gehören, wird auf Nummer 2 des Gem. RdErl. d. Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft u. d. Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Technologie und Verkehr v. 15.6.2000 (SMBl. NRW. 283) verwiesen.

25
Zu § 52 a (Mitteilungspflichten zur Betriebsorganisation)

25.1
Absatz1 bestimmt, dass der zuständigen Behörde diejenigen Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs (bei einer Kapitalgesellschaft) oder der Gesellschafter (bei einer Personengesellschaft) anzuzeigen sind, welche die der Gesellschaft obliegenden Betreiberpflichten wahrnehmen.

25.1.1
Nach Absatz 1 Satz 1 genügt es nicht aufzuzeigen, auf wen - unterhalb der Leitungsebene der Gesellschaft - Aufgaben delegiert wurden. Da § 52 a Abs. 1 voraussetzt, dass die Verantwortung für die Wahrnehmung der Betreiberpflichten das vertretungsberechtigte Organ oder die Gesellschafter in ihrer Gesamtheit trifft, wird der gesetzlichen Forderung des Absatzes 1 nur durch die namentliche Benennung der jeweils nach der internen Geschäftsverteilung zuständigen Organmitglieder oder Gesellschafter genügt. Mitzuteilen sind die entsprechenden Regelungen, die von den verantwortlichen Organen der betroffenen Gesellschaften (z.B. Aufsichtsrat oder Gesellschaftsversammlung) getroffen wurden, so dass bei Verteilung der hier angesprochenen Aufgaben auf mehrere Personen alle zu benennen sind (einschl. der Stellvertreter, wenn auch insoweit eine Regelung erfolgte). Auch Änderungen sind unverzüglich anzuzeigen. Gesetzliche Regelungen der Vertretung, Geschäftsführung und Haftung bleiben von der internen Aufgabenzuordnung und ihrer Anzeige unberührt.

25.1.2
Die Anzeigepflicht betrifft nur solche Gesellschaften, die selbst und unmittelbar genehmigungsbedürftige Anlagen betreiben, weil nur diese Adressaten der Betreiberpflichtigen (wie z.B. der Betreibergrundpflichten des § 5) sind. Auf Holdinggesellschaften eines Konzerns, der aus mehreren Gesellschaften besteht, trifft dies in aller Regel nicht zu.

25.1.3
Betreibt eine Gesellschaft mehrere Werke mit genehmigungsbedürftigen Anlagen in den Bezirken verschiedener Überwachungsbehörden, so ist die Anzeige für jedes Werk gesondert gegenüber der jeweils örtlich zuständigen Behörde abzugeben.

25.1.4
Die zuständige Behörde soll darauf hinwirken, dass Anzeige und Mitteilung unter Verwendung des Formulars der Anlage 4 erfolgen. Für Anlagen, die zu einem nach Artikel 8 EG-Umwelt-Audit-Verordnung eingetragenen Standort gehören, wird auf Nummer 3 des Gem. RdErl. d. Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft u. d. Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Technologie und Verkehr v. 15.6.2000 (SMBl. NRW.283) verwiesen.

25.2
Die Mitteilungspflicht nach Absatz 2 betrifft alle Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage.

25.2.1
Bei Einzelfirmen ist der Betriebsinhaber gleichzeitig Anlagenbetreiber. In einem solchen Fall gilt zwar nicht die Anzeigepflicht nach Absatz 1, wohl aber die Mitteilungspflicht nach Absatz 2. Bei Kapital- und Personengesellschaften trifft die Mitteilungspflicht - unbeschadet der Gesamtverantwortung aller Organmitglieder oder Gesellschafter - (intern) die nach Absatz 1 anzuzeigende Person.

25.2.2
Inhalt der Mitteilung ist die Beschreibung der organisatorischen Maßnahmen zur Gewährleistung des Einhaltens der Betreibergrundpflichten aus § 5 Abs. 1 Nr. 1, 2 und Abs. 3 Nr. 1 sowie ihrer Konkretisierungen. Diese Konkretisierungen können sich aus Rechtsverordnungen (insbesondere aus der Störfall-Verordnung, der Großfeuerungsanlagen-Verordnung und der Abfallverbrennungsanlagen-Verordnung) sowie aus Auflagen zu einem Genehmigungsbescheid oder aus nachträglichen Anordnungen ergeben.

Durch die Formulierung "auf welche Weise sichergestellt ist" wird deutlich, dass nicht lediglich die Behauptung genügt, die entsprechenden Anforderungen würden beachtet. Vielmehr ist im Einzelnen zu beschreiben und zu erläutern, wie sich dies im Betrieb organisatorisch darstellt. Erforderlich ist eine Beschreibung der innerbetrieblichen Strukturen (Organisationsplan; Meldewege; Mitarbeiterauswahl, insbesondere im Hinblick auf Delegation von Verantwortung; innerbetriebliche Kontrolle) und der Fortbildung der Mitarbeiter im Hinblick auf die Einhaltung der Pflichten aus § 5 Abs. 1 Nrn. 1, 2 und Abs. 3 Nr. 1. Soweit dies der Behörde noch nicht anderweitig mitgeteilt wurde, ist auch die organisatorische Einbindung der Immissionsschutz- und Störfallbeauftragten (ggf. auch deren Entscheidungskompetenz) zu beschreiben. Änderungen sind unverzüglich mitzuteilen.

In jedem Fall ist nach Absatz 2 ein Organisationsplan vorzulegen, aus dem die unterschiedlichen Funktionen, die Besetzung der Organisationseinheiten und die Weisungsstränge ersichtlich sind. Mit Blick auf § 20 Absatz 3 ist eine Namensangabe derjenigen Personen erforderlich, die mit der Leitung des Betriebes der einzelnen genehmigungsbedürftigen Anlagen beauftragt sind, und ihrer weisungsbefugten Vorgesetzten. Darüber hinaus brauchen Namen der Funktionsträger nicht angegeben zu werden.

25.2.3
Die zuständige Behörde kann sich nicht darauf beschränken, die Mitteilung nach Absatz 2 entgegen und zur Kenntnis zu nehmen. Vielmehr hat sie die Übereinstimmung mit dem rechtlich Geforderten zu prüfen (§ 52 Abs. 1) sowie ggf. die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen. Insbesondere bei umfangreichen Organisationsmitteilungen darf sie sich dabei auf Stichproben beschränken.

Die in Absatz 2 vorausgesetzten Organisationspflichten ergeben sich bereits aus § 5 Abs. 1 und 3. Allerdings wird hier keine bestimmte Organisationsform vorgegeben; deren Festlegung ist allein Sache des Anlagenbetreibers. Die zuständige Behörde kann jedoch Organisationsmängel beanstanden und ggf. die Vorlage eines Organisationsplanes verlangen, der bestimmten von ihr vorgegebenen Zielanforderungen entspricht.

26
Zu §§ 53 bis 58d (Betriebsbeauftragter für Immissionsschutz, Störfallbeauftragter)

26.1
Betriebsbeauftragter für Immissionsschutz

26.1.1
Die Pflicht zur Bestellung eines Immissionsschutzbeauftragten ergibt sich für die Betreiber der in der Fünften Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über Immissionsschutz und Störfallbeauftragte - 5. BImSchV) vom 30. Juli 1993 (BGBl. I S. 1433), zuletzt geändert durch Gesetz v. 3. Mai 2000 (BGBl. I S. 632), genannten Anlagen unmittelbar aus § 53 Abs. 1. Ein Verstoß gegen diese Bestimmung ist nicht bußgeldbewehrt. Zur Durchführung des § 53 Abs. 1 kann die Überwachungsbehörde jedoch eine (unselbständige) Ordnungsverfügung erlassen und ggf. mit den Mitteln des Verwaltungszwangs durchsetzen.

Nach § 53 Abs. 2 kann das Staatliche Umweltamt bzw. das Bergamt (vgl. Nummer 10.7.1 des Verzeichnisses der Anlage zur ZustVOtU) auch in anderen Fällen die Bestellung eines oder mehrerer Immissionsschutzbeauftragter anordnen. Von dieser Befugnis soll Gebrauch gemacht werden, wenn die beim Betrieb einer Anlage zu erwartenden Immissionsschutzprobleme eine sachverständige Beratung des Anlagenbetreibers und seiner Bediensteten erfordern. Das wird beispielsweise bei Automobilfabriken und sonstigen Fahrzeugfabriken mit einer Tagesproduktion von mehr als 500 Fahrzeugen, bei größeren Papierfabriken, bei Anlagen zur Herstellung von Autoreifen und bei Maschinenfabriken mit mehr als 1000 Beschäftigten zu bejahen sein. Der Verstoß gegen eine Anordnung nach § 53 Abs. 2 kann nicht als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden, die Anordnung kann jedoch mit den Mitteln des Verwaltungszwanges durchgesetzt werden.

26.1.2
Für Anlagen, die zu einem nach Artikel 8 EG-Umwelt-Audit-Verordnung eingetragenen Standort gehören, wird auf Nummer 5 Abs. 1 des Gem. RdErl. d. Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft u. d. Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Technologie und Verkehr v. 15.6.2000 (SMBl. NRW. 283) verwiesen.

Die Eintragung eines Standorts in das Register nach Artikel 8 EG-Umwelt-Audit-Verordnung ist auch im Rahmen der Entscheidung über eine Befreiung nach § 6 der 5. BImSchV zu berücksichtigen (Nummer 5 Abs. 2 d. o.g. Erlasses).

26.1.3
Unberührt bleibt die dem Betreiber nach anderen gesetzlichen Vorschriften obliegende Pflicht, für sonstige Bereiche des Umweltschutzes Betriebsbeauftragte zu bestellen (Betriebsbeauftragter für Gewässerschutz - vgl. §§ 21a ff. WHG; Betriebsbeauftragter für Abfall - vgl. §§ 54, 55 KrW-/AbfG). Werden derartige Betriebsbeauftragte neben einem oder mehreren Immissionsschutzbeauftragten bestellt, so hat der Betreiber für die erforderliche Koordinierung in der Wahrnehmung der Aufgaben, insbesondere durch Bildung eines Ausschusses für Umweltschutz, zu sorgen (§ 55 Abs. 3). Grundsätzlich können jedoch der bzw. die Immissionsschutzbeauftragten - bezogen auf den Bereich Umweltschutz - zugleich auch Betriebsbeauftragte für Gewässerschutz oder/und Betriebsbeauftragte für Abfall sein, sofern die hierfür jeweils erforderlichen Qualifikationen (Fachkunde und Zuverlässigkeit - vgl. Nummer 26.1.5 -) vorliegen und nach den Umständen des Einzelfalles (Art und Größe des Betriebes usw.) die ordnungsmäßige Erfüllung der den Betriebsbeauftragten nach Immissionsschutzrecht, Wasserrecht
oder/und Abfallrecht obliegenden Aufgaben sichergestellt ist.

26.1.4
Der Immissionsschutzbeauftragte nimmt seine Aufgaben (§ 54) auf Grund eines privatrechtlichen Vertrages mit dem Anlagenbetreiber wahr. Er hat keine hoheitlichen Befugnisse. Soweit der Betreiber keinen Störfallbeauftragten nach Nummer 26.2 dieses RdErl. bestellt hat, erstrecken sich die Aufgaben des Immissionsschutzbeauftragten auch auf den Bereich der Anlagensicherheit.

Adressat für behördliche Maßnahmen ist stets der Anlagenbetreiber. Nimmt der Immissionsschutzbeauftragte die ihm obliegenden Aufgaben nicht ordnungsgemäß wahr, kann lediglich vom Anlagenbetreiber aufgrund des § 55 Abs. 2 Satz 2 die Bestellung eines anderen Immissionsschutzbeauftragten verlangt werden. Lässt der Anlagenbetreiber dem Immissionsschutzbeauftragten nicht die erforderliche Unterstützung zukommen, kann die Überwachungsbehörde eine (unselbständige) Ordnungsverfügung zur Durchsetzung des § 55 Abs. 4 erlassen und ggf. mit den Mitteln des Verwaltungszwanges durchsetzen.

26.1.5
Die Bestellung des Immissionsschutzbeauftragten hat der Anlagenbetreiber vorzunehmen; der Überwachungsbehörde ist die Bestellung nach § 55 Abs. 1 Satz 2 lediglich anzuzeigen. Für die Anzeige ist eine bestimmte Form nicht vorgeschrieben. Sie muss aber die Bezeichnung der den Immissionsschutzbeauftragten übertragenen Aufgaben (Erklärung, für welche Anlagen - einschließlich der zu benennenden Nebeneinrichtungen - der Immissionsschutzbeauftragte bestellt worden ist und welche Aufgaben er neben den Pflichten im Sinne des § 54 wahrzunehmen hat) enthalten; Veränderungen sind der zuständigen Behörde anzuzeigen. Die Staatlichen Umweltämter und die Bergämter sollen darauf hinwirken, dass ihnen eine Durchschrift oder eine Ablichtung der schriftlichen Bestellung sowie ergänzende Unterlagen vorgelegt werden, aufgrund deren die Erfüllung der Anforderungen der 5. BImSchV ausreichend beurteilt werden kann.

26.1.6
Der Immissionsschutzbeauftragte als "Immissionsschutzgewissen des Betriebes" darf nicht mit dem Betreiber, einem Mitglied der Geschäftsleitung, des Vorstands oder dem allein verantwortlichen Betriebsleiter identisch sein. Allein verantwortlicher Betriebsleiter ist, wer die Gesamtverantwortung für die Beschaffenheit und Betriebsweise der Anlage trägt und nicht lediglich bestimmte Betriebsabläufe zu überwachen und zu steuern hat.

26.2
Störfallbeauftragter

Bezüglich der Bestellung eines Störfallbeauftragten gilt die Nummer 26.1 dieses RdErl. entsprechend.

In § 1 Abs. 2 der 5. BImSchV sind die genehmigungsbedürftigen Anlagen bestimmt, für die ein Störfallbeauftragter zu bestellen ist. Die Aufgaben des Störfallbeauftragten (§ 58 b) beziehen sich auf die Anlagensicherheit.

27
Zu § 59 (Zuständigkeit bei Anlagen der Landesverteidigung)

Für Anlagen, die der Landesverteidigung dienen, hat die Bundesregierung aufgrund des § 59 eigene Zuständigkeitsregelungen getroffen (vgl. die Vierzehnte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes - Verordnung über Anlagen der Landesverteidigung - 14. BImSchV - vom 9. April 1986 - BGBl. I S. 380). Nach § 1 der 14. BImSchV obliegt der Vollzug der Vorschriften bei Anlagen der militärischen Landesverteidigung nur ausnahmsweise den zivilen Behörden (in der Regel Staatliche Umweltämter). Dagegen ist Genehmigungsbehörde stets die zuständige zivile Behörde, da die §§ 6 und 15 BImSchG in § 1 Abs. 1 der 14. BImSchV nicht als Gegenstand der Sonderzuständigkeit aufgeführt sind.

28
Zu § 67 (Bestehende Anlagen und begonnene Verfahren)

28.1
Absatz 1 schreibt vor, dass eine Genehmigung, die vor dem 1.4.1974 nach § 16 oder § 25 Abs. 1 GewO a.F. erteilt worden ist, so zu behandeln ist, als ob es sich um eine Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz handelt. Der Inhaber einer solchen Genehmigung hat damit dieselben Rechte und Pflichten wie der Inhaber einer im Verfahren nach § 10 erteilten Genehmigung. Ist eine Anlage genehmigt, die nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz lediglich im vereinfachten Verfahren zu genehmigen ist, so ist bei einer derartigen Genehmigung § 14 nicht anzuwenden (vgl. § 19 Abs. 2).

Die Vorschriften der §§ 15 bis 18, 20 und 26 bis 31 gelten unmittelbar für die Betreiber von Anlagen, die nach § 16 GewO a.F. genehmigt worden sind. Hinsichtlich der Anwendung des § 21 wird auf Nummer 16.1 Abs. 2 dieses RdErl. verwiesen.

28.2
Sind Anlagen bereits errichtet oder mit ihrer Errichtung oder wesentlichen Änderung begonnen, wenn sie in den Katalog der genehmigungsbedürftigen Anlagen neu aufgenommen werden, so sind sie dem Staatlichen Umweltamt bzw. dem Bergamt (vgl. Nummer 10.9 des Verzeichnisses der Anlage zur ZustVOtU) innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten der Änderungsverordnung anzuzeigen. Eine Anzeige ist nur entbehrlich, wenn die Anlage nach der Gewerbeordnung a.F. genehmigt oder angezeigt war (Absatz 2 Satz 1) oder wenn es sich um eine ortsveränderliche Anlage handelt, die im vereinfachten Verfahren (§ 19) genehmigt werden kann (Absatz 3).

28.2.1
Im Sinne des Absatzes 2 ist mit der Errichtung oder wesentlichen Änderung der Anlage begonnen worden, wenn der Betroffene nicht oder nur schwer rückgängig zu machende Tatsachen geschaffen hat und deshalb schutzbedürftig ist. Das ist nicht schon dann der Fall, wenn die Planungen für das Vorhaben abgeschlossen sind, sondern erst, wenn die Absicht des Unternehmers, die Anlage zu betreiben, durch konkrete Vorbereitungshandlungen in Erscheinung getreten ist. Als Beginn der Errichtung oder wesentlichen Änderung kann frühestens der Zeitpunkt angesehen werden, in dem den zuständigen Behörden alle Unterlagen vorgelegt worden sind, die für die Erteilung der Baugenehmigung und sonst einzuholender behördlicher Entscheidungen erforderlich sind. In diesen Fällen ist nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz nur eine Anzeige erforderlich; die Genehmigungspflicht nach anderen gesetzlichen Bestimmungen bleibt unberührt.

28.2.2
Um die Einheitlichkeit der Anzeigen und damit die Möglichkeit einer automatisierten Datenverarbeitung zu erreichen, ist darauf hinzuwirken, dass die Anzeige nach dem Muster der Anlage 5 erstattet wird. Den Anforderungen des Absatzes 2 Satz 1 wird jedoch auch durch eine formlose Anzeige genügt. Geht eine solche beim zuständigen Staatlichen Umweltamt bzw. beim zuständigen Bergamt ein, so ist der Anzeigende unter Übersendung eines Formulars aufzufordern, dieses nebst den erforderlichen Unterlagen (vgl. Nummer 28.2.3 dieses RdErl.) innerhalb von 2 Monaten nach Eingang der formlosen Anzeige ausgefüllt zurückzusenden.

28.2.3
Der Anzeigenpflichtige muss nach Absatz 2 Satz 2 innerhalb eines Zeitraumes von zwei Monaten nach Erstattung der Anzeige die Unterlagen vorlegen, die zur Beurteilung der in § 6 genannten Genehmigungsvoraussetzungen notwendig sind. Unbeschadet der Möglichkeit, andere vom Anzeigepflichtigen vorgelegte Unterlagen als ausreichend anzusehen (z.B. Unterlagen im Sinne von § 4 des Abgrabungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. November 1979 - GV. NRW. S. 922 - , zuletzt geändert durch Gesetz vom 9. Mai 2000 - GV. NRW. S. 439 -, - SGV. NRW. 75 - ) oder weitergehende Angaben zu verlangen, werden in der Regel folgende Unterlagen zu fordern sein:

28.2.3.1
Eine topographische oder sonstige maßstabgetreue Karte, aus der die Lage der Anlage und die Grenzen des Betriebsgrundstücks hervorgehen.

Die Größe der Karte soll so gewählt werden, dass sie den Einwirkungsbereich der Emissionen umfasst. Ihr Maßstab soll in der Regel nicht größer als 1 : 5.000 und nicht kleiner als 1 : 25.000 sein.

Soweit es dem Antragsteller zuzumuten ist, soll die Karte erkennen lassen, wie die benachbarten Grundstücke genutzt und für welche Bebauung sie vorgesehen sind.

Sofern sinnvolle Eintragungen in die Karte nicht möglich sind, sollen Beikarten im geeigneten Maßstab beigefügt werden, aus denen die genannten Informationen hervorgehen.

Soweit ortsveränderliche Anlagen anzuzeigen sind (vgl.

§ 67 Abs. 3), ist der Umfang des Einwirkungsbereichs zu beschreiben; die üblichen Einsatzorte sind anzugeben.

28.2.3.2
Anlagen- und Betriebsbeschreibung, aus der alle die Kapazität und Leistung der Anlage kennzeichnenden Größen, die Art der verwendeten Apparate, Art und Menge der Einsatzstoffe, der erzeugten Produkte und der anfallenden Nebenprodukte, Abfälle sowie die Grundzüge des Verfahrens hervorgehen

In der Beschreibung sollen Art und Ausmaß der Emissionen wie Rauch, Ruß, Staub, Gase, Dämpfe, Gerüche, Erschütterungen und Geräusche angegeben sowie die bestehenden Einrichtungen zur Verminderung und zur Messung der Emissionen aufgeführt werden. Das gleiche gilt für die Wiederverwertung bzw. Beseitigung der anfallenden Abfälle.

28.2.3.3
Schematische Darstellung, aus der der Herstellungsgang unter Verwendung von Symbolen für die vorhandenen Maschinen, Apparate, Leitungen, Druckbehälter usw. hervorgeht

In dieser Darstellung sind die Entstehungs- und Ableitungsstellen der unter Nummer 28.2.3.2 dieses RdErl. genannten Emissionen kenntlich zu machen; auf Nummer 5 der DIN 28004 Teil I (Verfahrensfließbild mit Grundinformation) wird hingewiesen.

28.2.3.4
Bei ortsfesten Anlagen sollen aus einem Maschinenaufstellungsplan die bauliche Ausführung und der Verwendungszweck der Fabrikationsräume und der Nebenräume, soweit sie zur Anlage gehören, hervorgehen. Die größeren Maschinen, Apparate usw. sollen eingetragen und die Treppen, Bühnen und Rettungswege eingezeichnet sein.

Soweit ortsveränderliche Anlagen anzuzeigen sind (vgl. § 67 Abs. 3), ist ein Plan vorzulegen, aus dem sich die übliche Aufstellung der Anlagenteile ergibt.

28.2.4
Der Eingang der Anzeige und der Unterlagen ist schriftlich zu bestätigen; dabei ist darauf hinzuweisen, dass Änderungen der Anlage gem. § 15 anzuzeigen und wesentliche Änderungen der Anlage nach § 16 genehmigungspflichtig sind. Anzeige und Unterlagen sind zweifach zu fordern. Eine Ausfertigung verbleibt beim zuständigen Staatlichen Umweltamt bzw. Bergamt, eine weitere bei der Bezirksregierung bzw. dem Landesoberbergamt, soweit diese Behörden Genehmigungsbehörden sind. Die Formulare für die Anzeigen sind bei den zuständigen Behörden vorrätig zu halten.

28.2.5
Bei anzeigepflichtigen Anlagen ist eine Genehmigung auch dann nicht erforderlich, wenn die Anzeigefrist versäumt worden ist. Die Pflicht zur Anzeige bleibt bei Fristversäumnis grundsätzlich bestehen.

Wer eine Anzeige nach Absatz 2 Satz 1 nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstattet oder entgegen Absatz 2 Satz 2 Unterlagen nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig vorlegt, begeht gemäß § 62 Abs. 2 Nr. 6 oder 7 eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße bis zu 20.000,-- Deutsche Mark geahndet werden kann (§ 62 Abs. 3). Darüber hinaus können auf Erfüllung der Anzeigepflicht gerichtete (unselbständige) Ordnungsverfügungen erlassen werden, die mit Verwaltungszwangsmaßnahmen, insbesondere mit Androhung und Festsetzung von Zwangsgeld, durchgesetzt werden können.

28.3
Absatz 4 enthält einen allgemeinen Grundsatz für das Recht der genehmigungsbedürftigen Anlagen. Die Regelung ist deshalb bei allen Änderungen des Immissionsschutzrechts anwendbar.

29
Der Gem. RdErl. d. Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft, d. Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales, d. Ministeriums für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie, d. Ministeriums für Bauen und Wohnen u. d. Ministeriums für Stadtentwicklung und Verkehr v. 16.7.1993 (SMBl. NRW. 7129) wird aufgehoben.

Dieser RdErl. ergeht im Einvernehmen mit dem Innenministerium.

MBl. NRW. 2000 S. 1180


Anlagen: