Geltende Erlasse (SMBl. NRW.)  mit Stand vom 17.4.2024


Aufbewahrung geschäftlicher Unterlagen der kleineren Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit im Sinne des § 53 Versicherungsaufsichtsgesetz - VAG - RdErl. d. Finanzministeriums v. 30.8.1991

 

Aufbewahrung geschäftlicher Unterlagen der kleineren Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit im Sinne des § 53 Versicherungsaufsichtsgesetz - VAG - RdErl. d. Finanzministeriums v. 30.8.1991

Aufbewahrung geschäftlicher Unterlagen der kleineren Versicherungsvereine
auf Gegenseitigkeit im Sinne des § 53 Versicherungsaufsichtsgesetz - VAG -
RdErl. d. Finanzministeriums v. 30.8.1991

1.
Die handelsrechtliche Aufbewahrungspflicht (§§ 257, 1, 6 HGB) trifft Versicherungsaktiengesellschaften (§3 AktG), größere Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (§ 16 VAG) und Niederlassungen ausländischer Versicherungsunternehmen (§13b HGB). Für kleinere Vereine (§ 53 Abs. 1 Satz 1 VAG) und öffentlich-rechtliche Versicherungsunternehmen, die nicht Kaufmann sind, gilt § 257 HGB über die Verweisung in § 55 Abs. 1 Satz 3 VAG entsprechend. Danach sind für geschäftliche Unterlagen folgende Aufbewahrungsfristen zu beachten:

- 10 Jahre für Handelsbücher, Inventare, Eröffnungsbilanzen, Jahresabschlüsse, Lageberichte, Konzernabschlüsse,
Konzernlageberichte sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen;
hierunter fallen sämtliche zur ordnungsmäßigen Buchführung erforderlichen Aufzeichnungen,
unabhängig von ihrer jeweiligen Verkörperung (z. B. in Buch- oder Karteiform, auf Daten- oder Bildträgern oder in sonstigen nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zugelassenen Formen),
z. B. sämtliche Konten, Schadenzahlungs- und Schadenreservelisten, Stornolisten, Deckungsstockverzeichnisse und Unterlagen der Rechnungslegung.

- 6 Jahre für empfangene Handelsbriefe, die Wiedergaben abgesandter Handelsbriefe und die Belege für Buchungen,
für die nach § 238 Abs. l HGB zu führenden Bücher (Buchungsbelege). Unter den Begriff der Handelsbriefe fallen - vorbehaltlich längerer Aufbewahrungsfristen gemäß Nummer 2 - u.a. der Versicherungsantrag sowie die Kopie des Versicherungsscheins nebst Begleitschreiben.

Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die letzte Eintragung in das Handelsbuch gemacht, das Inventar aufgestellt, die Eröffnungsbilanz oder der Jahresabschluss festgestellt, der Konzernabschluss aufgestellt, der Handelsbrief empfangen oder abgesandt oder der Buchungsbeleg entstanden ist.

2.
Ferner ist der Aufbewahrungspflicht nachzukommen, die der Versicherer seinen Versicherungsnehmern und Versicherten vertraglich schuldet Sie besteht unabhängig von dem Bestehen des Vertrages so lange, wie aus dem Versicherungsvertrage noch Leistungen fällig werden können oder Auskunftspflichten zu erfüllen sind. So müssen z. B. in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung die Vertrags- und Schadenunterlagen so lange und so weit aufbewahrt werden, wie dies, erforderlich ist, um Auskünfte zur Ermittlung der richtigen Schadenklasse zu geben (vgl. Tarifbestimmung Nr. 27 Satz l in Verbindung mit § 19 Abs. 2 der Verordnung über die Tarife in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung vom 5. Dezember 1984 (BGB1.1 S. 1437), zuletzt geändert durch Verordnung vom 16. Juli 1990 (BGBl. I S. 1476). Damit endet diese Aufbewahrungspflicht für einen Vorversicherer, sobald die vom Versicherungsnehmer bei ihm erworbene Schadenfreiheit für die Einstufung eines neuen Vertrages ohne Bedeutung ist. Das ist bei einer Unterbrechung von länger als 7 Jahren der Fall, weil der neue Vertrag dann entweder in die Klasse 0 oder in die Schadenfreiheitsklasse SF 1/2 eingestuft werden muss. Mithin darf der Vorversicherer die Vertrags- und Schadenunterlagen grundsätzlich vernichten, wenn nach Beendigung eines Versicherungsvertrages 7 Jahre verstrichen sind.

3.
Neben der handels- und vertragsrechtlichen Aufbewahrungspflicht besteht außerdem eine aufsichtsrechtliche Aufbewahrungspflicht, die dem aufsichtsbehördlichen Überwachungsauftrag (vgl. GB BAV 1982 S. 31) entspricht und insbesondere aus § 55 Abs. 1, § 83 Abs. l und 2 und § 84 VAG folgt Vom Umfang und vom Zeitraum her entsprechen die gegenwärtigen handels- und rechtlichen Aufbewahrungsfristen regelmäßig auch den aufsichtsrechtlichen Anforderungen, über diesen Rahmen geht die aufsichtsrechtliche Aufbewahrungspflicht nur in Ausnahmefallen hinaus, nämlich dort, wo die Aufsichtsbehörde von der Sache her ihren Prüfungspflichten sonst nicht nachkommen könnte. Soweit die Berechnung von Rückstellungen (wie z. B. der Schwankungsruckstellung) Beobachtungszeiträume einbezieht, die über diese Frist hinausgehen, müssen die ihr zugrunde liegenden besonderen Unterlagen also entsprechend länger aufbewahrt werden. Für Rückversicherungsunternehmen, die keine Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit sind, gelten die aufsichtsrechtlichen Aufbewahrungsfristen nur für alle Unterlagen im Zusammenhang milder Rechnungslegung und der Statistik (§ l Abs. 2 VAG).

4.
Bestätigungsurkunden von Umstellungsrechnungen und Ausgleichsforderungen sowie die in diesem Zusammenhang abgegebenen Verpflichtungs- und Verzichtserklärungen der Versicherungsunternehmen sind bis zur endgültigen Abwicklung des öffentlich-rechtliche Schuldverhältnisses aufzubewahren.

5.
Alle Versicherungsunternehmen, die aufgelöst werden sollen,, haben sicherzustellen, dass die geschäftlichen Unterlagen für die Dauer von 10 Jahren nach Abschluss der Abwicklung aufbewahrt werden. Dieser Grundsatz (vgl. § 157 Abs. 2 HGB, §273 Abs. 2 AktG, §47 Abs. 3 VAG, § 93 GenG, § 74 GmbHG) ist zur Wahrung der Belange der Versicherten auch von kleineren Versicherungsvereinen und öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen zu beachten.

6.
Sollen geschäftliche Unterlagen auf Bild- oder Datenträgern aufbewahrt werden, so gelten die in § 281 HGB enthaltenen Grundsätze für alle Versicherungsunternehmen und für alle aufzubewahrenden Unterlagen. Die Grundsätze für die Mikroverfilmung von gesetzlich aufbewahrungspflichtigem Schriftgut (vgl. Bundessteuerblatt 1984 Teil I S. 156) sowie die Grundsätze ordnungsgemäßer Speicherbuchführung (vgl. Bundessteuerblatt 1978 Teil I S. 252) sind zu beachten.

7.
Die hiernach aufzubewahrenden Geschäftsunterlagen müssen im Inland verwahrt werden, es sei denn, dass die Aufsichtsbehörde der Aufbewahrung in einem anderen Land zustimmt Sind die gemäß § 83 Abs. 2 VAG vorzulegenden Unterlagen nicht am Ort der Prüfung vorhanden, so sind sie auf Anforderung unverzüglich herbeizuschaffen.

MBl. NRW. 1991 S. 1339