Historische SMBl. NRW.

 Aufgehobener Erlass: Augehoben d. RdErl. v. 13.7.2012 (MBl. NRW. 2012 S. 562).

 


Historisch: Verwaltungsvorschrift zum Vollzug der Verordnung über die gute fachliche Praxis beim Düngen (Düngeverordnung) RdErl. d. Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft III B 2 – 2220/1-33488 v. 14.2.1997

 

Historisch:

Verwaltungsvorschrift zum Vollzug der Verordnung über die gute fachliche Praxis beim Düngen (Düngeverordnung) RdErl. d. Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft III B 2 – 2220/1-33488 v. 14.2.1997

Verwaltungsvorschrift zum Vollzug der Verordnung
über die gute fachliche Praxis beim Düngen (Düngeverordnung)

RdErl. d. Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft
III B 2 – 2220/1-33488 v. 14.2.1997

Bei der Anwendung der Düngeverordnung vom 26. Januar 1996 (BGBl. I S. 118), zuletzt geändert durch Verordnung vom 14. Februar 2003 (BGBl. I S. 235) bitte ich, folgendes zu beachten:

1
Allgemeines

1.1
Rechtsgrundlagen
Die Düngeverordnung fußt auf § 1 a Düngemittelgesetz vom 15. November 1977 (BGBl. I S. 2134), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), und regelt abschließend die Anwendung von Düngemitteln im Sinne des § 1 Nr. 1bis 5 Düngemittelgesetz. Die Verordnung gilt auch uneingeschränkt für die landbauliche Verwertung von Abwasser, Fäkalien, Klärschlamm, Kompost und ähnlichen Stoffen aus Siedlungsabfällen zum Zwecke der Düngung (Sekundärrohstoffdünger im Sinne von § 1 Nr. 2 a Düngemittelgesetz). Es existieren somit im Abfallrecht keine konkurrierenden Anwendungsregelungen. Bei wasserwirtschaftlichen Stellungnahmen ist weiterhin das Schema zur Beurteilung von Tierhaltungsbetrieben mit Gülleanfall (MBl. NRW. 1989 S. 244/SMBl. NRW. 770) in der jeweils gültigen Fassung anzuwenden.

1.2
Zuständigkeiten
Die Zuständigkeiten für den Vollzug ergeben sich aus der Verordnung über Zuständigkeiten nach dem Düngemittelgesetz und der Düngeverordnung vom 8. Oktober 1996 (GV. NRW. S. 419). Danach ist grundsätzlich der Direktor der Landwirtschaftskammer als Landesbeauftragter zuständige Behörde für den Vollzug der Düngeverordnung.

Für Anordnungen, Festlegungen und Ausnahmen nach § 2 Abs. 3 Satz 3 und 4 (Festlegung von Abständen zu Gewässern) und § 3 Abs. 4 Satz 2 (Abweichungen vom Ausbringungsverbot für flüssige Wirtschaftsdünger im Winter) ist die untere Wasserbehörde im Einvernehmen mit dem Geschäftsführer der Kreisstelle der Landwirtschaftskammer als Landesbeauftragter im Kreise zuständig. Sollte ein Einvernehmen zwischen den genannten Behörden nicht hergestellt werden können, ist die Sache der Bezirksregierung als oberer Wasserbehörde und dem Direktor der Landwirtschaftskammer als Landesbeauftragtem vorzulegen.

Beabsichtigt der Direktor der Landwirtschaftskammer als Landesbeauftragter Ausnahmen im Sinne von § 8 Abs. 1 oder Abs. 2 zuzulassen, hat er dazu das Einvernehmen der zuständigen unteren Wasserbehörde einzuholen. Beabsichtigt diese ihr Einvernehmen nicht zu erteilen, hat sie die Sache der Bezirksregierung als oberer Wasserbehörde zur Entscheidung vorzulegen.

2
Zu den Einzelbestimmungen der Düngeverordnung

2.1
Sachlicher Geltungsbereich (zu § 1)
Der Anwendungsbereich erstreckt sich auf Ackerland, Dauergrünland, Obstanlagen, Baumschulen, Rebland und Weihnachtsbaumkulturen. Er schließt den erwerbsmäßigen Zierpflanzen- und Gemüsebau ein.

Ausgenommen sind Haus- und Nutzgärten, Kleingärten, Sportanlagen, Forstflächen und öffentliche Anlagen.

Anbauflächen unter Glas sind nur dann vom Geltungsbereich der Verordnung ausgenommen, wenn Nährstoffausträge systembedingt bei geschlossenen, bodenunabhängigen Kulturverfahren (z.B. NFT, Fließrinnenverfahren etc.) ausgeschlossen werden können.

2.2
Anwendungsgrundsätze (zu § 2)

2.2.1
Bedarfsorientierte Stickstoffdüngung (zu § 2 Abs. 1)
Für die Beurteilung der bedarfsorientierten Stickstoffdüngung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 2 ist die Menge des leicht pflanzenverfügbaren Stickstoffs im jeweiligen Düngemittel heranzuziehen (Nitrat-und Ammoniumstickstoff, Harnstoff) und mit dem zu erwartenden Pflanzenbedarf zu vergleichen. Bei der Ermittlung des Pflanzenbedarfs ist der im Boden vorhandene leicht pflanzenverfügbare Stickstoff anzurechnen (siehe § 4 Abs. 2 Nr. 1). Im Düngemittel organisch gebundener Stickstoff soll mit der voraussichtlich während der Wachstumsphase der Kultur zu erwartenden mineralisierten Stickstoffmenge angerechnet werden.

2.2.2
Ausbringungstechnik (zu § 2 Abs. 2)
Alle Geräte zum Ausbringen von organischen und mineralischen Düngemitteln müssen den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen. Diese werden in der Verordnung insofern konkretisiert, als die Geräte
- eine sachgerechte Mengenbemessung ermöglichen,
- eine sachgerechte Verteilung erlauben und
- eine verlustarme Ausbringung gewährleisten müssen.

Die Generalklausel „allgemein anerkannte Regeln der Technik" wird für Fälle mit vergleichsweise geringem Gefährdungspotenzial verwandt, die aufgrund gesicherter Erfahrungen technisch beherrschbar sind. Allgemein anerkannte Regeln der Technik sind danach schriftlich fixierte oder mündlich überlieferte technische Festlegungen für Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen. Sie sind nach herrschender Auffassung der beteiligten Kreise (Fachleute, Anwender und Anwenderinnen, Verbraucher und Verbraucherinnen sowie öffentliche Hand) zur Erreichung des gesetzlich vorgegebenen Zieles geeignet und haben sich in der Praxis allgemein bewährt oder es steht deren Bewährung nach herrschender Auffassung in überschaubarer Zeit bevor. Wirtschaftliche Gesichtspunkte sind im Rahmen der gesetzlichen Zielvorgabe als Teil der Verhältnismäßigkeitserwägungen zu berücksichtigen. Aus dieser Definition ergibt sich, dass hier nicht nur die Technik selbst betroffen ist, sondern auch, wie die Technik eingesetzt wird (Betriebsweise).

Geräte, die auch bei sorgfältiger Einstellung nicht geeignet sind, die beschriebenen Anforderungen der Verordnung zu erfüllen oder sich in der Praxis nicht bewährt haben, entsprechen nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik. Zu diesen Geräten zählen insbesondere:
- Festmiststreuer ohne gesteuerte Mistzufuhr zum Verteiler (z.B. Kettenschleuderwagen),
- Güllewagen mit freiem Auslauf auf den Verteiler,
- Güllewagen mit senkrecht angeordneter, offener Schleuderscheibe als Verteiler,
- zentrale Prallverteiler, bei denen der Wirtschaftsdünger nach oben abgestrahlt wird und
- Drehstrahlregner zur Verregnung von unverdünnter Gülle.

Der Gebrauch dieser Ausbringungsgeräte ist ab 1.1. 1999 nicht mehr zulässig. Es soll durch die Behörden beratend darauf hingewirkt werden, dass derartige Geräte bereits vor diesem Termin keine Anwendung mehr finden. Der Gebrauch von zentralen Prallverteilern, die vor dem 1.3.1997 angeschafft wurden und keine Abstrahlung der Gülle nach unten ermöglichen, ist darüber hinaus zulässig, wenn der Wirtschaftsdünger nicht über eine Höhe von 1,5 m hinaus abgestrahlt wird.

Andere zur Düngerverteilung eingesetzte Geräte erfüllen derzeit die beschriebenen Anforderungen nur dann, wenn sie sorgfältig eingestellt, technisch in Ordnung, leistungsmäßig nicht überfordert und unter Beachtung der genannten Einschränkungen eingesetzt werden.

2.2.3
Vermeidung des Eintrages von Düngemitteln in Gewässer (zu § 2 Abs. 3)
Ein direkter Eintrag von Düngemitteln in Oberflächengewässer liegt dann vor, wenn die Düngemittel unmittelbar bei der Ausbringung in das Gewässer gelangen. In der Regel kann Direkteintrag durch Einhaltung eines ausreichenden Fahrabstandes zum Gewässer vermieden werden. Der erforderliche Abstand bemisst sich nach der gerätespezifischen Ausbringungstechnik des Verteilorgans. Bemessungsgrundlage ist die Streubreite, nicht die Arbeitsbreite des Gerätes.

Oberflächengewässer im Sinne der Düngeverordnung sind stehende und fließende Gewässer. Für die Beurteilung sind die wasserrechtlichen Vorgaben des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Wasserhaushaltsgesetz in Verbindung mit § 3 Landeswassergesetz zu beachten.

Die Beurteilung der Frage, ob bei der Bemessung des ausreichenden Abstandes zu Oberflächengewässern die Gefahr der Abschwemmung angemessen berücksichtigt wurde, kann nur im Einzelfall erfolgen. Dabei sind insbesondere Hangneigung, Bodenart, Bewuchs sowie außergewöhnliche Witterungsbedingungen zu berücksichtigen. Von Anordnungen im Sinne von § 2 Abs. 3 Sätze 3 und 4 ist nur in besonders gelagerten Einzelfällen Gebrauch zu machen. Hierzu rechnen wiederkehrende Verstöße gegen die in § 2 Abs. 3 Sätze 1 und 2 genannten Grundsätze oder eine deutlich erhöhte Gewässerbelastung aus nachweislich landwirtschaftlichen Einträgen in abgegrenzten Gewässerabschnitten. Vor einer behördlichen Anordnung sollen kooperative Lösungen (soweit möglich unter Nutzung des Uferrandstreifenprogramms des Landes; MBl. NRW. 2003 S. 40) geprüft werden.

Anordnungen allein unter Hinweis auf Vorsorgegründe können auf der Grundlage der Düngeverordnung nicht erfolgen. Diese müssen ggf. auf Basis des Wasserrechts getroffen werden. Adressaten einer Anordnung sind im Fall wiederkehrender Verstöße der Betriebsinhaber oder die Betriebsinhaberin, in dessen bzw. deren Betrieb Düngemittel unsachgemäß ausgebracht wurden. Derartige Anordnungen sind daher in der Regel verursacher- und flächenbezogen zu erlassen. Anordnungen für den Fall nachweislich aus landwirtschaftlichen Quellen besonders belasteter Gewässerabschnitte können in Form von Allgemeinverfügungen erlassen werden. Sie sollen jedoch nur in Ausnahmefällen und begrenzt auf bestimmte Gewässerabschnitte erlassen werden. Besondere wasserrechtliche Regelungen bleiben unberührt.

2.2.4
Ausbringung stickstoffhaltiger Düngemittel (zu § 2 Abs. 4)
Die Vorschrift des § 2 Abs. 4 Satz 1 gilt für alle stickstoffhaltigen Düngemittel, unabhängig von ihrem Stickstoffgehalt.

Ein Boden gilt als wassergesättigt im Sinne der Verordnung, wenn seine Feldkapazität, bezogen auf die Ackerkrume oder bei Grünland auf den humosen Oberboden, erreicht oder überschritten wird. Dies ist auf schweren Böden u.a. daran erkennbar, dass auf freier, ebener Fläche Wasserlachen sichtbar sind. Weitere Kriterien sind starkes Glänzen der Oberfläche des feuchten Bodens oder das Austreten von Wasser beim Pressen des Bodens mit der Faust. Ein Boden gilt als tief gefroren im Sinne der Verordnung, wenn der Frost tiefer als 15 cm (gemessen von der Oberfläche aus) in den Boden eingedrungen ist. Eine Aufnahmefähigkeit für stickstoffhaltige Düngemittel kann allerdings unter Berücksichtigung der Jahreszeit, des aktuellen Witterungsverlaufs, der Standortbedingungen und der Vegetationsentwicklung auch dann schon gegeben sein, wenn die Bodenoberfläche aufgetaut ist, obgleich der Boden darunter noch gefroren ist. Eine Düngung zu diesem Zeitpunkt ist zulässig, wenn Art und Höhe angepasst sind, um Abschwemmungen - vor allem bei nachfolgenden Niederschlägen - zu vermeiden und wenn bei dieser Art der Anwendung Strukturschäden der Böden durch bessere Befahrbarkeit vermieden werden können. Ein Boden gilt als stark schneebedeckt, wenn die Schneehöhe mehr als 10 cm beträgt. Bei einer Schneehöhe zwischen 5 und 10 cm sind die Schneekonsistenz, die Witterung (Anfang bzw. Ende einer Schnee-/Kälteperiode) und der Bodenzustand zu berücksichtigen.

Ein Abschwemmen der aufgebrachten Düngemittel ist in jedem Fall zu vermeiden (siehe § 2 Abs. 3 Satz 1).

2.3
Besondere Grundsätze für die Anwendung von Wirtschaftsdüngern tierischer Herkunft (zu § 3)

2.3.1
Einarbeitung flüssiger Wirtschaftsdünger auf unbestelltem Ackerland (zu § 3 Abs. 2 Satz 3)
Für die von der Verordnung geforderte weitgehende Vermeidung gasförmiger Verluste (Ammoniakverflüchtigung) müssen Ausbringungszeitpunkte mit emissionsbegünstigender Witterung (sonnig, warm, windig) vermieden werden. „Unverzügliche Einarbeitung" bedeutet, dass die Einarbeitung ohne schuldhafte Verzögerung durchgeführt werden muss. Für die Beurteilung der Unverzüglichkeit sind der Zeitpunkt der Ausbringung, das angewandte Ausbringungsverfahren und die aktuelle Witterung zu berücksichtigen. Grundsätzlich ist eine Einarbeitung am Tag der Ausbringung erforderlich. Beginnt die Ausbringung erst am Abend, hat die Einarbeitung spätestens am folgenden Vormittag zu erfolgen.

Werden die betroffenen Wirtschaftsdünger bei einer aus fachlicher Sicht ungünstigen - weil emissions- und damit verlustträchtigen - Witterung ausgebracht, ist insbesondere bei breitflächigen Verteilverfahren eine sofortige Einarbeitung (paralleles Arbeitsverfahren oder Gülledrill) erforderlich, um die Nährstoffverluste im Sinne der Verordnung so gering wie möglich zu halten.

Bei verlustarmer Ausbringungstechnik (z.B. Schleppschlauchverteiler) ist in solchen Fällen eine Frist von 3 Stunden bis zur Einarbeitung ausreichend.

2.3.2
Ausbringung flüssiger Wirtschaftsdünger nach Ernte der Hauptfrucht (zu § 3 Abs. 3)
Die mit flüssigen Wirtschaftsdüngern tierischer Herkunft möglichen Stickstoffgaben nach Ernte der Hauptfrucht berechnen sich nach Abzug der ansetzbaren Lagerungs- und Ausbringungsverluste. Die Prozentabzüge sind nicht zu addieren, sondern müssen in Einzelschritten berechnet werden. Für die Beurteilung, ob eine Ausbringung flüssiger Wirtschaftsdünger nach der Ernte der Hauptfrucht ordnungsgemäß ist, ist nicht nur § 3 Abs. 3 maßgeblich, sondern es gelten gleichrangig die Grundsätze der §§ 2 und 4. Voraussetzung für das Aufbringen der genannten Wirtschaftsdünger ist demnach, dass die angebauten Kulturen Stickstoffbedarf aufweisen und die im Wirtschaftsdünger enthaltenen Nährstoffe in einer am Bedarf orientierten Menge verfügbar werden. Ist kein Stickstoffdüngebedarf für die Restdauer der Vegetationsperiode gegeben (z. B. wegen hoher N-Reste der Vorfrucht oder sehr hohem Mineralisierungsvermögen des Bodens), ist die Aufbringung nicht zulässig.

In begründeten Zweifelsfällen soll die zuständige Behörde mittels geeigneter Untersuchungen feststellen, ob ein Düngebedarf für die Restdauer der Vegetationsperiode vorlag bzw. vorliegt.

Ausnahmen regeln sich nach § 8 Abs. 2.

2.3.3
Ausbringungsverbote (zu § 3 Abs. 4)
Die Ermächtigung der unteren Wasserbehörde erstreckt sich auf die Zulassung von Ausnahmen von der Kernsperrfrist (15. November bis 15. Januar) und die Anordnung von weitergehenden zeitlichen Ausbringungsverboten. Die Begründung einer von der Kernsperrfrist abweichenden Regelung muss sich auf eine aus dem Düngemittelgesetz abgeleitete pflanzenbauliche, agrarmeteorologische und die Standortbedingungen der Region berücksichtigende Bewertung beziehen. Dies sollen in erster Linie klimatische und witterungsbedingte Besonderheiten sein.

Ausnahmen von der Sperrfrist der Düngeverordnung können auf Antrag im Einzelfall oder als Allgemeinverfügung zugelassen werden, wenn die Beachtung der Vorgaben der guten fachlichen Praxis der Düngung sichergestellt ist. Hierzu können die Bescheide mit Auflagen (z.B. Einsatz von Nitrifikationshemmstoffen, Mengenbegrenzungen, Einsatz nur zu bestimmten Kulturen) versehen sein. Allgemeinverfügungen für eine Reihe von Betrieben sollen ergehen, wenn gleichartige Standort-, Anbau-, Witterungs- und Wirtschaftsdüngervoraussetzungen vorliegen.

Nicht ausreichende Lagerkapazität kann als Begründung für Ausnahmen im Sinne des § 3 Abs. 4 nicht herangezogen werden. Derartige Ausnahmen regeln sich nach § 8 Abs. 2.

2.3.4
Aufbringung auf sehr hoch versorgten Böden (zu § 3 Abs. 6)
Zur Aufrechterhaltung eines pflanzenbaulich und wirtschaftlich sinnvollen Nährstoffkreislaufes in viehhaltenden Betrieben lässt die Düngeverordnung die Ausbringung von Wirtschaftsdüngern auch auf Böden zu, die nach Feststellung einer amtlich anerkannten Untersuchungseinrichtung sehr hoch mit Phosphat oder Kali versorgt sind, wenn schädliche Auswirkungen auf Gewässer nicht zu erwarten sind.

Diese Regelung gilt nur für betriebseigene Wirtschaftsdünger. Das Aufbringen von betriebsfremden Wirtschaftsdüngern oder Sekundärrohstoffdüngern auf sehr hoch mit Phosphat oder Kalium versorgten Flächen ist nicht zulässig.

Amtlich anerkannte Untersuchungseinrichtungen im Sinne der Düngeverordnung sind die Landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungsanstalten in Nordrhein-Westfalen bzw. anderen Bundesländern. Andere Untersuchungseinrichtungen, die im Rahmen des Vollzuges der Klärschlammverordnung vom 15. April 1992 (BGBl. I S. 912) als Untersuchungsstellen für Bodenproben gemäß § 3 Abs. 4 Klärschlammverordnung anerkannt sind, gelten im Rahmen des Vollzuges der Düngeverordnung ebenfalls als amtlich anerkannt.

Als sehr hoch mit Phosphat oder Kali versorgt, gelten gemäß den Empfehlungen der Landwirtschaftskammern in Nordrhein-Westfalen Standorte, die die Versorgungsstufe „E“ aufweisen. Wird auf einem Einzelschlag die Versorgungsstufe „E“ erreicht, ist die Ausbringung von Wirtschaftsdüngern tierischer Herkunft auf diesem Schlag auf die Höhe des Netto-Entzuges (Nährstoffabfuhr vom Feld) begrenzt.

Im Rahmen des Vollzuges der Düngeverordnung (insbesondere bei Kontrollen der Bodenuntersuchungsergebnisse nach § 4 Abs. 2 Nr. 2) gilt, dass der Direktor der Landwirtschaftskammer als Landesbeauftragter die Einhaltung dieser Vorschrift gesondert zu prüfen und ggf. gemäß § 7 Nr. 6 als Ordnungswidrigkeit zu ahnden hat, wenn die Gehalte je 100 g Boden
a) bei Phosphat über 50 mg oder
b) bei Kali auf leichten Böden über 45 mg, auf mittleren Böden über 55 mg oder auf schweren Böden über 65 mg liegen.

Bei den genannten Werten handelt es sich um ordnungsrechtliche Eingriffswerte. Im Rahmen der Beratung der Landwirtschaftskammern ist anzustreben, dass bereits mit Erreichen der Versorgungsstufe „D“ (hoch versorgt) die Zufuhr von Wirtschaftsdüngern tierischer Herkunft auf die Höhe des Netto-Entzuges oder darunter begrenzt wird. Werden andere anerkannte Methoden angewandt, muss eine entsprechende Umrechnung erfolgen. In Zweifelsfällen kann eine Nachuntersuchung nach der CAL-Methode erforderlich sein.

2.3.5
Begrenzung der Stickstoffmengen aus Wirtschaftsdünger (zu § 3 Abs. 7)
Die hier genannten Obergrenzen an Gesamtstickstoff stellen Netto-Werte dar, d. h. nach Abzug der zulässigen Lagerungs- und Ausbringungsverluste. Bei Betrieben, die sowohl Acker- als auch Grünland bewirtschaften, sind gewogene Durchschnitte aus dem Acker- und Grünlandanteil zu bilden.

Von den im Betrieb anfallenden Wirtschaftsdüngermengen kann im Fall der Abgabe von Wirtschaftsdünger im Rahmen von Abnahmeverträgen mit Landwirten oder Landwirtinnen oder Güllebörsen die hierin enthaltene N-Menge abgezogen werden. In diesen Fällen sind die aufnehmenden Betriebe stichprobenartig auf die Anrechnung der entsprechenden Wirtschaftsdüngermengen beim Nährstoffvergleich gemäß § 5 zu überprüfen.

2.4
Grundsätze der Düngebedarfsermittlung (zu § 4)

2.4.1
Empfohlene Beratungseinrichtungen (zu § 4 und 5 allg.)
Nach Landesrecht zuständige Stellen für die landwirtschaftliche Beratung sind gemäß Gesetz über die Errichtung von Landwirtschaftskammern im Lande Nordrhein-Westfalen vom 11. Februar 1949 (GV. NRW. S. 53/GS. NRW. S. 706), zuletzt geändert durch Gesetz vom 25.11.1997 (GV. NRW. S. 430), die Landwirtschaftskammern Rheinland und Westfalen-Lippe. Insofern sind deren Richtwerte und Empfehlungen für die Düngung im Rahmen des Vollzuges der Düngeverordnung verbindlich. Sonstige Beratungseinrichtungen, die gegenüber den Landwirtschaftskammern eine Erklärung in dem Sinne abgeben, im Rahmen ihrer Tätigkeit ausschließlich die Richtwerte und Empfehlungen der Landwirtschaftskammern zu Grunde zu legen, bedürfen keiner gesonderten Empfehlung oder Anerkennung.

2.4.2
Bewirtschaftungseinheit (zu § 4 Abs. 1 Satz 1)
Die Zusammenfassung mehrerer kleiner Schläge zu einer Bewirtschaftungseinheit im Sinne der Verordnung setzt voraus, dass auf allen Einzelflächen bezüglich der Nährstoffnachwirkung gleichwertige Vorfrüchte (z.B. Getreidearten) angebaut wurden. Auf Parzellen bis zur Größe von 1 Hektar mit gärtnerischem Mischanbau von mindestens 4 Kulturen kann von einem Durchschnittswert für den Nährstoffbedarf aller angebauten Kulturen ausgegangen werden.

Die hier getroffene Vereinfachung gilt ausschließlich im Geltungsbereich der Düngeverordnung. Andere Vorschriften (z.B. Klärschlammverordnung) bleiben davon unberührt.

2.4.3
Nährstoffbedarf des Pflanzenbestandes (zu § 4 Abs. 1 Nr. 1)
Für die Ermittlung des Nährstoffbedarfs der angebauten Kulturen werden im Rahmen der Verordnung bundeseinheitlich abgestimmte Werte zugrundegelegt. Diese werden von den Landwirtschaftskammern in geeigneter Weise veröffentlicht bzw. zugänglich gemacht. Sie können bei folgenden Stellen angefordert werden:
- Landwirtschaftskammer Rheinland, Postfach 1669, 53009 Bonn oder
- Landwirtschaftskammer Westfalen-Lippe, Postfach 5925, 48135 Münster.

Liegen betriebseigene Analysenergebnisse (z.B. Nährstoffgehalt der Gülle oder der Ernteprodukte) vor oder sind besondere regionale Anbau- und Ertragsbedingungen gegeben, kann von den genannten bundeseinheitlichen Werten abgewichen werden.

2.4.4
Wissenschaftliche Methoden /Richtwerte (zu § 4 Abs. 1 Nr. 4)
Wissenschaftlich anerkannte Methoden im Sinne der Verordnung sind Methoden, die die entsprechenden Kriterien des Verbandes Deutscher Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und Forschungsanstalten (VDLUFA) erfüllen. Darüber hinaus können Methoden von der zuständigen Behörde zugelassen werden, sofern diese von anderen Wissenschaftlern anerkannt sind und sich langjährig in der Praxis bewährt haben.

2.5
Nährstoffvergleiche (zu § 5)
Für die Erstellung von Nährstoffvergleichen sind die unter 2.4.3 genannten Werte verbindlich. Abweichungen sind möglich, wenn dadurch besonderen regionalen Anbau- und Ertragsbedingungen bzw. den Verhältnissen des Einzelbetriebes besser Rechnung getragen werden kann.

Nährstoffvergleiche sind als Hoftor-, Feld/Stall oder Einzelschlagbilanzen möglich. Vorschriften für die Form des Vergleiches bestehen nicht. Insofern sind alle Vergleiche zulässig, die in nachvollziehbarer Form die inhaltlichen Vorgaben des § 5 Abs. 3 erfüllen und auf den unter 2.4.3 genannten Werten basieren. Die Nutzung von EDV ist möglich.

2.5.1
Verpflichtung zum Nährstoffvergleich (zu § 5 Abs. 1)
Die Pflicht zur Erstellung der Nährstoffvergleiche gilt grundsätzlich für alle Betriebe mit mehr als 10 Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche sowie für solche, die in der Summe mehr als 1 ha der Kulturen Gemüse, Hopfen, Reben, Erdbeeren, Gehölzen (außer Baumschulen sowie nicht im Ertrag stehende Dauerkulturflächen des Wein- und Obstbaus) oder Tabak anbauen.

2.5.2
Ausnahmen vom Nährstoff vergleich (zu § 5 Abs. 2)
Für den unter § 5 Abs. 2 Nr. 1 genannten Ausschluss von Betrieben von der Verpflichtung zum Nährstoffvergleich müssen alle drei genannten Voraussetzungen gleichzeitig vorliegen. Die Nachweispflicht obliegt dem Betrieb. Auf die Auskunftspflichten des § 8 Düngemittelgesetz wird verwiesen. Die aus der betriebseigenen Viehhaltung anfallenden Stickstoffmengen sind als Netto-Werte anzusetzen, wobei nur die Lagerungsverluste angerechnet werden dürfen.

2.6
Übergangsvorschriften (zu § 8)
Die Zulassung einer Ausnahme im Sinne des § 8 Abs. 1 und 2 bedarf eines schriftlichen Antrages mit Darlegung der Gründe, die für den Betrieb zu einer unbilligen Härte führen würden. Bezüglich der Zuständigkeiten wird auf Nummer 1.2 verwiesen.

Ausnahmen von den Vorschriften des § 5 Abs. 1 sollen insbesondere dann zugelassen werden, wenn es sich um auslaufende Betriebe handelt.

Ausnahmen von den Vorschriften des § 3 Abs. 3, 4 oder 6, die von den Antragstellenden mit grundsätzlich nicht ausreichenden Lagerkapazitäten für Wirtschaftsdünger oder nicht ausreichender Betriebsfläche begründet werden, sollen nur dann zugelassen werden, wenn der Antragsteller oder die Antragstellerin glaubhaft machen kann, bis zum Ende des jeweiligen Übergangszeitraumes die betrieblichen Voraussetzungen zur Einhaltung der Vorschriften zu schaffen. Liegt das Ausnahmeersuchen nicht in außergewöhnlichen Witterungsbedingungen begründet, ist vom Antragsteller oder der Antragstellerin nachzuweisen, dass er bzw. sie sich erfolglos um Möglichkeiten der überbetrieblichen Verwertung überschüssiger Wirtschaftsdüngermengen bemüht hat.

Eine unbillige Härte im Sinne der Verordnung ist bei den Antragstellenden insbesondere dann anzunehmen, wenn es sich um einen auslaufenden Betrieb handelt, dem ggf. notwendige Investitionen zur Erhöhung von Lagerkapazitäten für Wirtschaftsdünger nicht zugemutet werden können. Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend.

MBl. NRW. 1997 S. 291