Geltende Erlasse (SMBl. NRW.) mit Stand vom 27.5.2023
Naturschutz und Landschaftspflege in wasserrechtlichen Verfahren und bei wasserwirtschaftlichen Maßnahmen RdErl. d. Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten – IV B 4 – 1.05.02, III B 3 – 2700-30919, II B 6 – 2474.5 v. 26.11.1984
Naturschutz und Landschaftspflege in wasserrechtlichen Verfahren und bei wasserwirtschaftlichen Maßnahmen RdErl. d. Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten – IV B 4 – 1.05.02, III B 3 – 2700-30919, II B 6 – 2474.5 v. 26.11.1984
Naturschutz und
Landschaftspflege
in wasserrechtlichen Verfahren
und bei wasserwirtschaftlichen Maßnahmen
RdErl. d. Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
– IV B 4 – 1.05.02, III B 3 – 2700-30919, II B 6 – 2474.5
v. 26.11.1984
Vorbemerkung
Die große Bedeutung der Gewässer und ihrer Ufer für den Naturhaushalt, namentlich als Lebensstätten für bedrohte Tier- und Pflanzenarten, erfordert es, die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege in wasserrechtlichen Verfahren und bei der Durchführung wasserwirtschaftlicher Maßnahmen zu beachten und ihnen im Rahmen der Abwägung des Einzelfalles besonderes Gewicht zu geben. Eine enge Zusammenarbeit der Wasserbehörden sowie der Träger wasserwirtschaftlicher Maßnahmen mit den Landschaftsbehörden und der Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung und Forsten / NRW (LÖBF) ist dafür unerlässlich. Der nachstehende Erlass enthält verfahrensmäßige und inhaltliche Regelungen über die Zusammenarbeit der beteiligten Behörden und öffentlichen Stellen und die Beteiligung der anerkannten Naturschutzverbände.
Die Landschaftsbehörden haben bei der Anwendung dieses Erlasses nach Abstimmung mit den Fischereibehörden der jeweiligen Verwaltungsebenen deren Belange mit zu vertreten, soweit sie auf Fragen der Wassergüte, auf die Erhaltung und den Schutz des Gewässers mit einem artenreichen und gesunden Fischbestand gerichtet sind.
Wegen der internen Beteiligung der Beiräte durch die
Landschaftsbehörde wird auf meinen RdErl. v. 11.04.1990 (SMBl. NRW. 791)
verwiesen. Soweit im folgenden die Beteiligung der zuständigen
Landschaftsbehörde vorgeschrieben wird, ist in Bündelungsbehörden die für
Naturschutz und Landschaftspflege zuständige Stelle einzuschalten.
Gewässerbenutzung
Soweit durch die Benutzung eines Gewässers nach § 3 Wasserhaushaltsgesetz (WHG
vom 19. August 2002, BGBl. I S. 3246) die Belange von Naturschutz und
Landschaftspflege berührt werden können, hat die nach der Verordnung zur
Regelung von Zuständigkeiten auf dem Gebiet des technischen Umweltschutzes
(ZustVOtU vom 14.6.1994, SGV. NRW. 228) in der jeweils geltenden Fassung
zuständige Wasserbehörde rechtzeitig vor Erteilung einer Bewilligung oder
Erlaubnis die zuständige Landschaftsbehörde zu beteiligen.
Kann eine Maßnahme nach § 3 WHG die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts oder
das Landschaftsbild erheblich oder nachhaltig beeinträchtigen, so handelt es
sich um einen Eingriff gemäß § 4 Abs. 1 des Landschaftsgesetzes - LG - in der
Fassung der Bekanntmachung vom
21.7.2000 (GV. NRW. S. 568), zuletzt geändert durch Gesetz vom 25.9.2001 (GV. NRW. S. 708 ) - SGV. NRW. 791.
Dies bedeutet, dass die für die Erlaubnis oder Bewilligung
zuständigen Wasserbehörden im Benehmen mit den Landschaftsbehörden neben den
Vorschriften der Wassergesetze die §§ 4 und 5 LG anzuwenden haben (§ 6 Abs. 1
LG). So sind Ersatzmaßnahmen nach § 5 LG immer dann anzuordnen, wenn die Folgen
des Eingriffes nicht ausgeglichen werden können, der Eingriff aber unter
Berücksichtigung der Vorschriften in § 6 WHG und § 4Abs. 5 und 6 LG gleichwohl
erlaubt oder bewilligt wird. Soweit das Ausmaß der Beeinträchtigung des
Naturhaushalts oder des Landschaftsbildes bei der Entscheidung noch nicht zu
übersehen ist, ist in die Erlaubnis oder Bewilligung ein Vorbehalt aufzunehmen,
der eine spätere Festsetzung von Ersatzmaßnahmen zulässt. Sofern ein besonders
geschützter Teil von Natur und Landschaft nach §§ 19 ff. LG durch eine
Gewässerbenutzung betroffen wird, sind bei der Abwägung insbesondere auch die
Belange von Naturschutz und Landschaftspflege zu berücksichtigen. Die
Notwendigkeit einer Befreiung nach § 69 LG wird hierdurch nicht berührt.
Bei Bewilligungen oder Erlaubnissen für Benutzungen im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr.
6 WHG (Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten und Ableiten von Grundwasser)
sowie für Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der Anlage oder Erweiterung von
Fischteichen stehen, ist stets die zuständige Landschaftsbehörde zu beteiligen.
Nr. 2.3 gilt auch für Erlaubnisverfahren, die das Einleiten oder Einbringen von
Stoffen in oberirdische Gewässer betreffen, die aufgrund ihrer Funktion im
Naturhaushalt besonders schutzwürdig und als solche bei den Bezirksregierungen
bzw. bei der LÖBF erfasst sind. Ist ein Naturschutzgebiet betroffen, so können,
sofern eine Versagung nicht möglich ist, in der Erlaubnis zur
Abwassereinleitung nach Maßgabe des § 6 WHG erhöhte Anforderungen an die
Abwasserreinigung gestellt werden.
Gemeingebrauch
Bei der Zulassung des Gemeingebrauchs nach § 33 Abs. 2 und 3
Landeswassergesetz (LWG, Bekanntmachung der Neufassung des Wassergesetzes vom
25. Juni 1995, GV. NRW. S. 926) sind insbesondere auch die Belange des
Naturschutzes und der Landschaftspflege zu berücksichtigen. In
Naturschutzgebieten hat der Schutzzweck Vorrang gegenüber dem Gemeingebrauch, es
sei denn, die Schutzverordnung lässt andere Regelungen offen. Die zuständige
Landschaftsbehörde ist in beiden vorgenannten Fällen zu beteiligen.
Genehmigung von Anlagen
Bei der Genehmigung von Anlagen im Sinne des § 99 LWG, § 105
Abs. 3 sowie § 113 LWG finden Nr. 2.1 und 2.2 entsprechende Anwendung.
Wasserschutzgebiete
Wasserschutzgebiete, in denen in der Regel schon aus Gründen
des Schutzes der öffentlichen Wasserversorgung Nutzungsbeschränkungen
angeordnet werden, sind daraufhin zu überprüfen, ob sie gleichzeitig als
Naturschutzgebiete ausgewiesen werden können. Die obere Wasserbehörde teilt der
höheren Landschaftsbehörde die bestehenden und die zur Ausweisung vorgesehenen
Wasserschutzgebiete mit. Zur Beurteilung der Schutzwürdigkeit in natur-schutzrechtlicher
Hinsicht holt die höhere Landschaftsbehörde in geeigneten Fällen eine
gutachterliche Stellungnahme der LÖBF ein.
Ausbau von Gewässern
Der Ausbau von Gewässern gilt nach § 4 Abs. 2 Nr. 6 LG als Eingriff in Natur
und Landschaft. Einer näheren Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 LG
vorliegen, bedarf es nicht.
Der Träger der Ausbaumaßnahme hat die zum Ausgleich und Ersatz des Eingriffes
erforderlichen Maßnahmen im Ausbauplan oder in einem landschaftspflegerischen
Begleitplan darzustellen. Die landschaftspflegerischen Untersuchungen zum
Ausbauplan bzw. landschaftspflegerischen Begleitplan haben den gesamten
ökologischen Einflussbereich der Ausbaumaßnahme abzudecken. Der Plan muss
mindestens enthalten:
- Umfassende Aufnahme und Bewertung der ökologischen und landschaftlichen
Gegebenheiten unter besonderer Hervorhebung der wertvollen Biotope,
- Darstellung von Art, Umfang und zeitlichem Ablauf des Eingriffes,
- Art, Umfang und zeitlichem Ablauf der Maßnahmen zur Verminderung, zum
Ausgleich und zum Ersatz der Eingriffsfolgen.
Die zur Durchführung dieser Maßnahmen erforderlichen
Anordnungen müssen im Ausbauplan oder im landschaftspflegerischen Begleitplan
so konkret wie möglich getroffen werden. Die für die Durchführung des Verfahrens
zur Zulassung des Gewässerausbaus (§ 31 Abs. 1 WHG) zuständige Behörde (§ 104
Abs. 1 LWG) hat darauf hinzuwirken, dass der Träger der Ausbaumaßnahme zur
Standortfindung und zur Aufstellung des landschaftspflegerischen Begleitplans
möglichst frühzeitig die höhere Landschaftsbehörde um Mitteilung der
vorhandenen ökologischen Grunddaten bittet. Die höhere Landschaftsbehörde
beteiligt dazu ggf. die LÖBF.
Für den Ausbau von Fließgewässern sieht die Richtlinie für naturnahen Ausbau
und -Unterhaltung (RdErl. v. 6.4.1999, SMBl. NRW. 772) die Aufnahme der
Maßnahmen nach Nr. 6.2 in den Ausbauplan vor und regelt im einzelnen Methode
und Inhalt der Darstellung.
Beim Bau größerer Stauanlagen (Talsperren, Hochwasserrückhaltebecken) empfiehlt
sich in der Regel die Aufstellung eines gesonderten landschaftspflegerischen
Begleitplanes.
Für den Gewässerausbau im Zusammenhang mit der Gewinnung von Bodenschätzen
(Abgrabung) gelten die Richtlinien für Abgrabungen (RdErl. v. 1.1.1984 - SMBl. NRW. 750).
Die am Planfeststellungsverfahren zu beteiligende Landschaftsbehörde hat bei
Gewässerausbaumaßnahmen, die Natur und Landschaft in besonderem Maße
beeinträchtigen können, die LÖBF einzuschalten. Die LÖBF gibt eine
gutachterliche Stellungnahme ab, der eine vertiefte Analyse des Naturhaushalts
und ggf. eine ökologische Bewertung des Fließgewässers zugrunde zu legen ist.
Gemäß § 58 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) vom 25.3.2002 (BGBl. I S. 1193)
hat die zuständige Wasserbehörde über das Vorhaben, das Gegenstand des
Planfeststellungsverfahrens ist, den anerkannten Naturschutzverbänden
Gelegenheit zur Äußerung sowie zur Einsicht in die einschlägigen
Sachverständigengutachten zu geben. Anerkannt sind in Nordrhein-Westfalen:
- Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt NRW e.V. (LNU)
- Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Landesverband NRW (BUND).
Die zur Beurteilung des Vorhabens notwendigen Unterlagen
sind jedem der zwei Verbände über das gemeinsame Landesbüro (Ripshorster Str.
306, 46117 Oberhausen) zuzuleiten. Die Unterrichtung ist so früh wie möglich
vorzunehmen.
Die Beteiligungspflicht nach § 58 BNatSchG ist auch auf den Fall der
Plangenehmigung nach § 31 Abs. 1 Satz 2 WHG anzuwenden. Nr. 6.4 findet hierauf
entsprechende Anwendung.
Auch für die Planfeststellungsbehörde gilt § 6 Abs. 1 LG. Sie kann die
Planfeststellung mit Nebenbestimmungen versehen, wenn dies zur Verwirklichung
der Ausgleichs- und Ersatzverpflichtungen ausreicht. Ist der
landschaftspflegerische Begleitplan oder der Ausbauplan selbst in der
Darstellung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen unzulänglich, so ist der
Maßnahmeträger zur Überarbeitung aufzufordern. Gegebenenfalls ist die
Planfeststellung abzulehnen.
Wenn sich herausstellt, dass der mit einem Ausbau verbundene
Eingriff nicht ausgleichbar ist, d.h. nachteilige Folgen für den Naturhaushalt
und das Landschaftsbild nicht an Ort und Stelle oder im funktionellen
Zusammenhang mit dem Eingriff behoben werden können, ist auch im
Planfeststellungsverfahren zu prüfen, ob der Eingriff nach § 4 Abs. 5 LG zu
untersagen ist.
Gewässerunterhaltung
Die Abgrenzung zwischen Maßnahmen der Gewässerunterhaltung und des
Gewässerausbaus kann im Einzelfall schwierig sein. Im Zweifel sind
Wasserbaumaßnahmen nicht einfach als Gewässerunterhaltung nach § 28 und 29 WHG
zu behandeln.
Auch Unterhaltungsmaßnahmen können im einzelnen Fall Eingriffe im Sinne von § 4
Abs. 1 LG sein. Voraussetzung dafür ist, dass sie die Leistungsfähigkeit des
Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich oder nachhaltig
beeinträchtigen können.
Inhaltlich ist bei der Beurteilung und der Durchführung der
Unterhaltungsmaßnahmen an Fließgewässern die Richtlinie für naturnahen Ausbau
und Unterhaltung zu beachten.
Die Realisierung der Verursacherpflichten richtet sich bei Eingriffen im Rahmen
der Gewässerunterhaltung nach § 6 Abs. 3 LG. Der Unterhaltungsträger
entscheidet selbst über die von ihm durchzuführenden Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen
oder auch über die ggf. notwendige Unterlassung der Unterhaltungsmaßnahme. Er
hat hierzu das Benehmen mit der zuständigen Landschaftsbehörde herzustellen.
Bei Zweifeln, ob bei Unterhaltungsmaßnahmen ein Eingriff im Sinne von § 4 Abs.
1 LG vorliegt empfiehlt es sich, die beabsichtigten Unterhaltungsarbeiten vor
Beginn mit der Landschaftsbehörde abzustimmen.
Für die Abstimmung der Unterhaltungsmaßnahmen im Sinne von Nr. 7.5 mit der
zuständigen Landschaftsbehörde wird folgendes Verfahren empfohlen:
Der Träger der Unterhaltung eines Gewässers zweiter Ordnung legt bis spätestens
1. März eines jeden Jahres der unteren Wasserbehörde einen Unterhaltungsplan
(Karte und tabellarische Zusammenstellung) über die vorgesehenen
Unterhaltungsarbeiten vor. Im Unterhaltungsplan ist vor allem auf Art und
Umfang der Arbeiten einzugehen, insbesondere bei:
- Erdarbeiten,
- Gehölzpflege,
- Beseitigung und Neuanpflanzung von Gehölzen,
- Einsatz von toten Baustoffen,
- Krautung,
- Schneiden von Röhrichtbeständen.
Vorgesehene Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind anzugeben.
Die untere Wasserbehörde überprüft den Unterhaltungsplan daraufhin, ob die
vorgesehenen Maßnahmen zur Erhaltung eines ordnungsgemäßen Zustandes des
Gewässers im Sinne von § 28 WHG erforderlich sind. Bei ausgebauten Gewässern
ist insbesondere zu prüfen, ob bei Abwägung aller Anforderungen an das Gewässer
ganz oder teilweise auf die Erhaltung des Ausbauzustandes im Interesse von
Natur und Landschaft verzichtet werden kann und sich bestimmte Maßnahmen
bereits deshalb erübrigen (vgl. § 90 Abs. 1 Satz 2 LWG).
Die untere Wasserbehörde setzt sich mit der unteren Landschaftsbehörde ins
Benehmen und teilt innerhalb von 6 Wochen seit Vorlage des Unterhaltungsplans
dem Träger der Unterhaltung mit, ob und ggf. gegen welche
Unterhaltungsmaßnahmen Bedenken bestehen. Unterbleibt eine Mitteilung innerhalb
der genannten Frist so gilt dies als Zustimmung zu dem vorgelegten
Unterhaltungsplan.
Soweit der Träger der Unterhaltung den mitgeteilten Bedenken nicht Rechnung
tragen will, hat er dies unverzüglich der unteren Wasserbehörde mitzuteilen.
Lässt sich, ggf. nach einem gemeinsamen Ortstermin, eine Einigung nicht
erzielen oder hat der Beirat bei der unteren Landschaftsbehörde widersprochen,
so ist die Entscheidung der oberen Wasserbehörde einzuholen.
Für die in der Unterhaltungspflicht des Landes liegenden Gewässer erster
Ordnung legt der für die Durchführung der Unterhaltung zuständige Träger der
Maßnahme den Unterhaltungsplan bis spätestens 1. März eines jeden Jahres der
oberen Wässerbehörde vor, die nach Abstimmung mit der höheren
Landschaftsbehörde bis spätestens 15. April desselben Jahres abschließend
entscheidet.
Maßnahmen zur Gefahrenabwehr, die als Folge eines unvorhersehbaren Ereignisses
unverzüglich vorgenommen werden müssen, sind der unteren bzw. der oberen
Wasserbehörde anzuzeigen. Die notwendigen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind
entsprechend den Nr.7.6.1 und 7.6.2 abzustimmen.