Geltende Erlasse (SMBl. NRW.) mit Stand vom 14.1.2025
Ausübung der Fischerei in Naturschutzgebieten RdErl. d. Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft - III B 2 – 605.15.01.00/III B 6 – 765.11 – v. 14.11.1997
Ausübung der Fischerei in Naturschutzgebieten RdErl. d. Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft - III B 2 – 605.15.01.00/III B 6 – 765.11 – v. 14.11.1997
Ausübung der Fischerei in
Naturschutzgebieten
RdErl. d. Ministeriums
für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft
- III B 2 – 605.15.01.00/III B 6 – 765.11 –
v. 14.11.1997
In
Naturschutzgebieten sind die zur Erreichung des Schutzzwecks notwendigen Ge-
und Verbote vom Verordnungsgeber festzulegen. Dabei ist im konkreten Einzelfall
zu prüfen, ob und inwieweit Einschränkungen der Fischerei aus
Naturschutzgründen notwendig sind. Unter Zugrundelegung der Kriterien der
Arbeitsanleitung können in Abstimmung zwischen Landschafts- und
Fischereibehörden in Naturschutzverordnungen zeitliche oder räumliche
Einschränkungen oder die Untersagung der Fischerei festgelegt werden.
Vertragliche Regelungen können Ge- und Verbote zur Erreichung des Schutzzwecks
ergänzen.
Rechtliche Grundlagen
Das Gesetz
zur Sicherung des Naturhaushalts und zur Entwicklung der Landschaft
(Landschaftsgesetz -LG) enthält in § 19 die Verpflichtung, die im öffentlichen
Interesse besonders zu schützenden Teile von Natur und Landschaft u.a. als
Naturschutzgebiete festzusetzen. Die Festsetzung bestimmt den Schutzgegenstand,
den Schutzzweck und die zur Erreichung des Zwecks notwendigen Gebote und
Verbote.
Naturschutzgebiete werden entweder durch entsprechende Festsetzungen im
Landschaftsplan (§ 20 LG) oder durch ordnungsbehördliche Verordnungen der
höheren oder unteren Landschaftsbehörden (§ 42 a Abs. 1 und 2 LG) ausgewiesen.
Naturschutzgebiete werden festgesetzt, soweit dies
a) zur Erhaltung von Lebensgemeinschaften oder Lebensstätten bestimmter
wildlebender Pflanzen- und Tierarten,
b) aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen, landeskundlichen oder
erdgeschichtlichen Gründen oder
c) wegen der Seltenheit, der besonderen Eigenart oder hervorragenden Schönheit
einer Fläche oder eines Landschaftsbestandteils erforderlich ist.
Die
Festsetzung ist auch zulässig zur Herstellung oder Wiederherstellung einer
Lebensgemeinschaft oder Lebensstätte im Sinne von Buchstabe a (§ 20 LG).
Die Wirkungen der Schutzausweisung ergeben sich aus § 34 Abs. 1 LG. Danach sind
in den Naturschutzgebieten nach Maßgabe näherer Bestimmungen entweder im
Landschaftsplan oder aber in der ordnungsbehördlichen Verordnung alle
Handlungen verboten, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des
geschützten Gebietes oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen
Störung führen können.
Auf der Grundlage dieser Rechtsvorschriften des Landschaftsgesetzes und unter
Abwägung der dort genannten Kriterien enthalten die Schutzausweisungen
zahlreiche Verbote, die auf die Erreichung des Schutzzwecks für das einzelne
Naturschutzgebiet gerichtet sind. Die Verbote orientieren sich also am
Schutzzweck. Ihr Ziel ist es, Schäden, Störungen oder sonstige
Beeinträchtigungen von jedem einzelnen Schutzgebiet abzuwenden. Neben
zahlreichen anderen Störfaktoren kann auch die fischereiliche Nutzung eines
Gewässers, unabhängig von der Größe der Fläche, im Naturschutzgebiet zu
Störungen führen. In derartigen Fällen sind gegebenenfalls zeitliche oder
räumliche Einschränkungen oder die gänzliche Untersagung der Fischerei
notwendig.
Dabei ist zu beachten, dass das Fischereirecht nach § 3 Abs. 1 des
Landesfischereigesetzes (LFischG) die Befugnis verleiht, in einem Gewässer
Fische, Neunaugen, zehnfüßige Krebse und Muscheln (Fische) zu hegen, zu fangen
und sich anzueignen.
Außerdem
umfasst das Fischereirecht gemäß § 3 Abs. 2 LFischG die Pflicht, einen der
Größe und Beschaffenheit des Gewässers entsprechenden artenreichen heimischen
Fischbestand zu erhalten und zu hegen. Künstlicher Besatz ist danach in der
Regel nur zulässig
a) zum Ausgleich bei beeinträchtigter natürlicher Fortpflanzung einer Fischart,
b) zur Wiederansiedlung ursprünglich heimischer Fischarten,
c) nach Fischsterben,
d) zum Erstbesatz in neugeschaffenen Gewässern,
e) zum Ausgleich fischereilicher Schäden (§§ 40 Abs. 2 und 45 Abs. 3 LFischG).
Fischereiausübungsberechtigte
und ihre Helfer sind nach § 20 Abs. 1 LFischG außerdem befugt, an das Wasser
angrenzende Ufer, Inseln, Anlandungen usw. zum Zwecke der Ausübung der
Fischerei auf eigene Gefahr zu betreten und zu benutzen, soweit
öffentlich-rechtliche (z.B. naturschutzrechtliche) Vorschriften nicht
entgegenstehen.
Kriterien für die Einschränkung der Fischereiausübung in Naturschutzgebieten
Im
Spannungsfeld der genannten Vorschriften kann die Fischereiausübung in
Naturschutzgebieten aus folgenden Gründen zeitlich oder räumlich eingeschränkt
oder gänzlich verboten werden:
Beeinträchtigung des Brutbestandes der im Uferbereich brütenden Vögel
In
Gewässernähe können Menschen unbeabsichtigt für viele brütende Vögel eine
solche Störung darstellen, dass diese ihr Gelege verlassen und nicht oder nur
verzögert wieder zurückkehren. Dadurch können die Eier je nach Witterungslage
auskühlen oder überhitzen und die Embryonen absterben oder die Gelege oder
Jungvögel von Beutegreifern aufgefressen werden. Entscheidend für den Umfang
der Störung ist, ob die Fluchtdistanz der jeweiligen Art unterschritten wird.
Die
Fluchtdistanz wird von mehreren Faktoren bestimmt:
Sie
ist nicht nur von Art zu Art verschieden, sondern hängt auch bei einer Art z.B.
von der Deckung des Nestes oder der Häufigkeit von Störungen ab. Bei einer
Annäherung vom Wasser mit dem Boot werden im Vergleich zu Störungen von der
Landseite aus in der Regel größere Fluchtdistanzen sowohl bei Brutvögeln als
auch bei Durchzüglern und Wintergästen festgestellt.
Als
effektive Fluchtdistanz ist hierbei die Entfernung zwischen der sich am Ufer
aufhaltenden Person und dem Nest zu betrachten, bei der der brütende Vogel das
Nest wieder aufsucht, um weiterzubrüten. Die Vögel verlassen nämlich das Gelege
mehrmals täglich, z.B. zur Nahrungssuche, unabhängig von äußeren Störungen; sie
kehren aber erst dann wieder zum Nest zurück, wenn die effektive Fluchtdistanz
nicht unterschritten ist.
Beeinträchtigung des Mauser-, Rast- und Winterbestandes von Vögeln
Mauserplätze
entstehen nur dort, wo es störungsarme Gewässer gibt, da Vogelarten wie Enten
und Rallen in dieser Zeit (Juli bis September) kurzzeitig flugunfähig sind oder
die Flugfähigkeit eingeschränkt ist.
Während
der Wintermonate, insbesondere zwischen Oktober und März, haben die
Schwimmvögel Fluchtdistanzen, die bei einzelnen Arten bei 200 bis 300 m liegen
können. Selbst wenn die Vögel nach der Störung auf nahegelegene Gewässer(teile)
ausweichen, verschlechtert sich bei entsprechender Störungshäufigkeit die
körperliche Leistungsfähigkeit der Wasservögel. Durch die Störungen wird
zusätzlich Energie verbraucht und es reduziert sich die Zeit für die
Nahrungsaufnahme.
Beeinträchtigung des Bestandes von Amphibien, Kleinfischen, Wasserinsekten und
wassergebundenen Säugetieren
Große
und kleine Stillgewässer sind Lebensräume für Amphibien, Kleinfische,
Wasserinsekten, Mollusken und weitere Organismen. Die vorgenannten Arten sind
durch überhöhte Besatzmaßnahmen und einen dadurch übermäßigen Bestand, der auch
gewässerökologisch nachteilig ist, gefährdet, wenn Laich, Larven oder sogar
erwachsene Tiere übermäßig gefressen werden.
Unter
den Amphibien reagieren vor allem die Molch- und Froscharten in vielen
Gewässern empfindlich auf einen hohen Fischbestand. Der Rückgang der
Kleinfische in Stillgewässern kann neben vielen anderen Ursachen auch auf den
überhöhten Fischbestand zurückzuführen sein. Überbesatz ist nach den
Bestimmungen des Fischereigesetzes jedoch nach § 3 Abs. 2 LFischG rechtswidrig
oder deutet auf mangelhafte Erfüllung der Hegepflicht hin.
Die
wassergebundenen Säugetierarten Biber und Fischotter können durch länger
andauernde Anwesenheit von Anglern in ihren Revieren nachhaltig gestört werden.
Beeinträchtigungen der heimischen Fischfauna
Einer
Beeinträchtigung der heimischen Fischfauna wird bereits durch die bestehenden
fischerei- und naturschutzrechtlichen Bestimmungen entgegengewirkt.
Nach
§ 3 Abs. 2 LFischG ist ein den örtlichen Verhältnissen entsprechender
artenreicher heimischer Fischbestand zu erhalten. In § 18 Abs. 1
Landesfischereiordnung (LFischO) wird das Aussetzen von nichtheimischen
Fischen, Neunaugen, Krebsen und Muscheln sowie deren Laich grundsätzlich
verboten. Um zusätzlich der Gefahr der Faunenverfälschung durch unklare
Herkünfte zu begegnen, ist in § 18 Abs. 2 LFischO geregelt, dass gemäß § 1
LFischO ganzjährig geschonte (heimische) Arten nur mit Genehmigung der oberen
Fischereibehörde ausgesetzt werden dürfen.
Nach
§ 10 Abs. 2 Nr. 5 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) gelten im
rechtlichen Sinne diejenigen wildlebenden Arten als heimisch, die sich in
Deutschland in freier Natur und ohne menschliche Hilfe über mehrere
Generationen als Population erhalten. Dies betrifft auch eingebürgerte oder
eingeschleppte Arten.
In
Naturschutzgewässern ist der Begriff „heimisch" eng auszulegen, soweit es
um die Erhaltung und Entwicklung einer gebietstypischen Gewässerbiozönose geht.
Deshalb sollen dort nur Fischarten erhalten werden, deren natürliches
Verbreitungsgebiet ganz oder teilweise in Nordrhein-Westfalen liegt; soweit
dies ausnahmsweise erforderlich ist, kann das auch durch künstlichen Besatz
geschehen. Alle übrigen - d.h. gebietsfremden - Fischarten sollen in
Naturschutzgebieten grundsätzlich nicht ausgesetzt werden. Für die jeweilige
gebietsspezifische Regelung ist das Einvernehmen mit der im Verfahren
beteiligten Fischereibehörde anzustreben. Gelingt dies nicht, ist die
nächsthöhere Behörde einzuschalten. In richtunggebenden Einzelfällen behält
sich das Ministerium die Entscheidung vor.
Diese
Beschränkungen gelten nicht für Naturschutzgebiete, in denen traditionell Teichwirtschaft
betrieben wird.
Beeinträchtigung der Vegetation
Im
Bereich der Ufer und an den Standplätzen am Ufer kann die Vegetation (z.B.
Röhrichte, Hochstauden- und Quellfluren) durch den Tritt oder die Entnahme von
Pflanzen stark beeinträchtigt oder zerstört werden. Deshalb ist im Einzelfall
darauf zu achten, dass eine derartige Beeinträchtigung der Vegetation nicht im
Widerspruch zum Schutzziel des betreffenden Naturschutzgebietes (§ 20 LG)
steht.
Beeinträchtigung des Wasserchemismus
Durch
Anfüttern von Fischen und Einbringung von Fremdstoffen können Gewässer belastet
werden. Auf diese Maßnahmen ist daher in Naturschutzgebieten (außerhalb der
traditionellen Teichwirtschaften) zu verzichten.
Fischhege
Die
Pflicht zur Fischhege folgt aus § 3 Abs. 2 LFischG. Danach muss ein der Größe
und Beschaffenheit des Gewässers entsprechender artenreicher heimischer
Fischbestand erhalten und gehegt werden. Künstlicher Besatz ist nur unter
bestimmten Voraussetzungen zulässig.
Grundsätze
Die
fischereiliche Hegepflicht umfasst im öffentlichen Interesse alle Maßnahmen,
die zur Erhaltung eines den Gewässerverhältnissen entsprechenden Fischbestandes
notwendig sind. Dabei sind die Standortfaktoren, die typischen
Lebensgemeinschaften der Gewässer sowie andere Nutzungsarten angemessen zu
berücksichtigen. Umfang (Biomasse) und Zusammensetzung (Arten) des
Fischbestandes sind maßgebliche Zielgrößen für Hegemaßnahmen.
Die
fischereiliche Hege wird als Teil der ordnungsgemäßen Fischereiausübung
regelmäßig im Rahmen der fischereilichen Nutzung durchgeführt.
Eine
fischereiliche Übernutzung ist nicht ordnungsgemäß. Fischbesatz zum Ausgleich
von Überfischung ist daher nicht durch die gesetzliche Hegeverpflichtung
abgesichert und grundsätzlich - insbesondere in Naturschutzgebieten -
abzulehnen.
Alle
Maßnahmen, die zur Aufstellung und Durchführung von Hegeplänen nach § 30 a
LFischG in Naturschutzgebieten notwendig sind, bedürfen der vorherigen
Zustimmung der unteren Landschaftsbehörde.
Fischereiliche Hegepflicht in Naturschutzgebieten
Im
Rahmen der fischereilichen Hegepflicht ist grundsätzlich eine Bestandskontrolle
erforderlich. Deren Umfang kann durch den Schutzzweck eingeengt werden. Alle
Hegemaßnahmen sind im Einvernehmen mit der zuständigen Landschaftsbehörde festzulegen.
Fischerei in naturschutzwürdigen Gewässern
In
naturschutzwürdigen Gewässern ist die Fischerei dem besonderen Schutzzweck des
Gebietes anzupassen. Dieser besondere Schutzzweck wird im Verordnungstext für
das Naturschutzgebiet in § 1 der jeweiligen Verordnung oder in der
Schutzausweisung des Landschaftsplans formuliert. Der Schutzzweck ist der
fachliche Maßstab für notwendige Einschränkungen bestehender
(Fischerei-)Rechte. Ermuss deshalb gebietsspezifisch formuliert werden.
Die
fischereiliche Nutzung kann im Rahmen der ordnungsgemäßen Fischereiausübung
nach § 3 Abs. 1 i.V.m. § 13 LFischG in Naturschutzgebieten gemäß §§ 19, 20 und
34 Abs. 1 LG eingeschränkt werden, sofern es der Schutzzweck erfordert. Die
Einschränkung kann räumlich oder zeitlich sein und bis zum völligen
Fischereiverbot führen.
Verfahren
Die
Federführung für den Erlass ordnungsbehördlicher Verordnungen zur Ausweisung
von Naturschutzgebieten liegt entweder bei den Bezirksregierungen als höhere
Landschaftsbehörden (§ 42 a Abs. 1 LG) oder aber bei den Kreisen oder den
kreisfreien Städten als untere Landschaftsbehörden (§ 42 a Abs. 2 LG). Die
Behörden werden fachlich durch die Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung und
Forsten Nordrhein-Westfalen (LÖBF) beraten. Bei Schutzgebietsfestsetzungen im
Rahmen der Landschaftsplanung wird das Verfahren durch die Kreise oder
kreisfreien Städte durchgeführt.
In
Beteiligungsverfahren werden neben den anderen Trägern öffentlicher Belange
auch die Fischereibehörden und die LÖBF gehört, sofern Fischereigewässer
betroffen sind. Diese beurteilen, soweit notwendig, die Entwicklung dem
Gewässer angepasster Fischbestände bei der Ausweisung von Schutzgebieten.
In
den §§ 11 und 12 der Verordnung zur Durchführung des Landschaftsgesetzes vom
22. Oktober 1986 (GV. NRW. S. 683), zuletzt geändert durch Verordnung vom 18.
Oktober 1994 (GV. NRW. S. 934), - SGV. NRW. 791 - sind die Träger öffentlicher
Belange, Stellen und Verbände aufgezählt, die bei der Aufstellung von
Landschaftsplänen und beim Erlass ordnungsbehördlicher Verordnungen zur
Ausweisung von Naturschutzgebieten, Naturdenkmalen und geschützten
Landschaftsbestandteilen zu beteiligen sind. In beiden Vorschriften ist die
Aufzählung der zu beteiligenden Behörden und öffentlichen Stellen nicht
abschließend geregelt. Im Einzelfall können weitere Behörden und öffentliche
Stellen beteiligt werden, sofern sie in ihrem Aufgabenbereich betroffen sind
oder betroffen sein können.
Es
besteht Einvernehmen darüber, dass die LÖBF sowohl bei der Aufstellung der
Landschaftspläne als auch beim Erlass ordnungsbehördlicher Schutzverordnungen
immer dann zu beteiligen ist, wenn ihre Aufgaben berührt sind oder berührt sein
können. Ferner ist eine enge Zusammenarbeit der höheren Landschaftsbehörden mit
den oberen Fischereibehörden und der LÖBF unerlässlich, wenn durch die
Ausweisung von Naturschutzgebieten Fischereirechte betroffen werden.