Geltende Erlasse (SMBl. NRW.)  mit Stand vom 14.3.2024


Richtlinien für die Bewilligung der Mitwirkung von Kindern nach § 6 JarbSchG im Medien- und Kulturbereich RdErl. d. Ministeriums für Arbeit, Soziales und Stadtentwicklung, Kultur und Sport - 215-8413.4.3- (am 1.1.2003 Ministerium für Wirtschaft und Arbeit – 212 – 8413.4.3) v. 20.4.2000

 

Richtlinien für die Bewilligung der Mitwirkung von Kindern nach § 6 JarbSchG im Medien- und Kulturbereich RdErl. d. Ministeriums für Arbeit, Soziales und Stadtentwicklung, Kultur und Sport - 215-8413.4.3- (am 1.1.2003 Ministerium für Wirtschaft und Arbeit – 212 – 8413.4.3) v. 20.4.2000

Richtlinien für die Bewilligung
der Mitwirkung von Kindern nach § 6 JarbSchG
im Medien- und Kulturbereich
RdErl. d. Ministeriums für Arbeit, Soziales und
Stadtentwicklung, Kultur und Sport - 215-8413.4.3-
(am 1.1.2003 Ministerium für Wirtschaft und Arbeit – 212 – 8413.4.3)
v. 20.4.2000

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Rahmen für die Genehmigung
1.1
Der Zweck der Vorschrift des § 6 JArbSchG besteht darin, die Mitwirkung von Kindern im Medien- und Kulturbereich zu ermöglichen, sofern sie dem Schutzgedanken nicht zuwiderläuft und die geistige, seelische, sittliche und körperliche Entwicklung sowie das Fortkommen in der Schule nicht beeinträchtigt werden.
1.2
Nach den heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen stärkt der Umgang mit kreativen Anforderungen allgemein die kindliche Kompetenz.

Das Bild von der „Kindheit“ hat sich gewandelt, was auch an den veränderten Verhältnissen, in denen Kinder heute aufwachsen, liegt. Beispielsweise sind Medien für sie selbstverständlicher Bestandteil ihrer Lebenswelt.
1.3
Die Prüfung muss dies einbeziehen und zwischen unzumutbaren physischen und psychischen Belastungen des Kindes sowie möglichen Beeinträchtigungen seiner Schulbildung und pädagogisch sinnvollen Herausforderungen für seine Persönlichkeitsentwicklung abwägen.
1.4
Vor dem Hintergrund individueller Entwicklungsvoraussetzungen müssen Maßnahmen zum Schutz des Kindes zur Vermeidung von psychischen und physischen Belastungen und Überforderungen sowie Maßnahmen zur schulischen Förderung individuell erfolgen.

Die nachfolgenden Verfahrensrichtlinien für die Bewilligung von Ausnahmen berücksichtigen neben einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnissen das Recht des Kindes auf körperliche und seelisch-geistige Unversehrtheit und das Recht auf schulische Bildung sowie für Arbeitgeber/Veranstalter tragbare Rahmenbedingungen.

2
Verfahren
Anträge für eine Mitwirkung von Kindern werden entsprechend Ziffer 5.1 der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Arbeits- und technischen Gefahrenschutzes

(ZustVO ArbtG) von dem jeweils zuständigen Staatlichen Amt für Arbeitsschutz (StAfA) bewilligt. Pauschalbewilligungen sind möglich und mit Bedingungen und Auflagen zu versehen gem. entsprechendem Formblatt. Dabei kann ggf. auf den Antrag Bezug genommen werden.

Um eine landeseinheitliche Verfahrenspraxis zu gewährleisten, gelten nachfolgende Regelungen.
2.1
Regelbewilligungen

- Mitwirkung von Kindern an bis zu 30 Tagen im Kalenderjahr -
2.1.1
Bei der Prüfung der Antragsunterlagen sind insbesondere folgende Aspekte zu berücksichtigen:

- Der jeweilige Antrag muss eine Inhaltsangabe enthalten (z.B. Inhalt bzw. Gegenstand der Produktion, Rolle des Kindes bei der künstlerischen Darstellung).

- Inhalt und Umsetzung der beabsichtigten Tätigkeit (Produkt) müssen geprüft werden.

- Die tägliche Beschäftigungszeit muss unter Berücksichtigung der altersangemessenen Belastung festgelegt werden.

- Erholungspausen sind keine Beschäftigungszeit.

- Wegezeiten sind bei der Gesamtbelastung zu berücksichtigen.

- Altersangemessene Betreuung, Einschaltung von Schule, Jugendamt, Arzt sind zu gewährleisten.
2.1.2
Im begründeten Einzelfall, insbesondere bei psychisch belastenden Inhalten, kann die Aufsichtsbehörde festlegen, dass das Verfahren entsprechend Ziff. 2.2 angewandt wird.
2.2
Besonderes Verfahren
- Mitwirkung von Kindern an mehr als 30 Tagen im Kalenderjahr -

Anträge auf Bewilligung an mehr als 30 Kalendertagen für die Mitwirkung in Film- und Fernsehen (Serienproduktionen), Musicals, Theater/Oper, Werbeveranstaltungen, Fotoaufnahmen, sonstigen Veranstaltungen etc. können nur mit folgender Maßgabe bewilligt werden:
2.2.1
Einbeziehung einer weisungsunabhängigen medienpädagogisch qualifizierten, sozialpädagogischen oder psychologischen Fachkraft durch den Antragsteller.
2.2.2
Bei der Gewinnung geeigneter Fachkräfte können u.a. folgende Einrichtungen Hilfestellung leisten:
- Landesjugendämter NRW

- Deutscher Kinderschutzbund, Landesverband NRW e.V.

- Universitäten und Fachhochschulen mit medienpädagogischen Schwerpunkten im Kontext von Erziehungswissenschaft, Entwicklungspsychologie, Pädagogische Psychologie, Sozialarbeit/Sozialpädagogik

- Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz, Landesstelle NRW e.V.
2.2.3
Die Aufgabe der Fachkraft ist es, einen Mitwirkungsplan individuell für jedes mitwirkende Kind zu erstellen, der folgende Aspekte berücksichtigen muss:

- Pädagogische Bewertung des Produkts (z.B Drehbuch) und Vorbereitung der kindgerechten Gestaltung und Betreuung;

- Beteiligung beim Casting;

- Mitwirkung bei Gesprächen/Vertragsabsprachen mit den Erziehungsberechtigten;

- familiäres/soziales Umfeld, schulische Leistungen, kindliche Kompetenz;

- ggf. Einholung eines (kinder)psychologischen Gutachtens und/oder Hinzuziehung eines Therapeuten;

- Einholung der schriftlichen Einwilligungserklärung der Erziehungsberechtigten;

- ärztlichen Bescheinigung, die von einem Kinderarzt/einer Kinderärztin ausgestellt sein muss, nach der gesundheitliche Bedenken nicht bestehen;

- Bescheinigung durch die Schule, dass das Fortkommen in der Schule nicht beeinträchtigt wird;

- Begleitung der Kinder bei der Produktionsvorbereitung;

- Art und Umfang der pädagogischen, schulischen, medizinischen Betreuung;
Beispiel: Werden private Lehrkräfte eingesetzt, sollen die Kinder möglichst in Kleingruppen und nicht einzeln unterrichtet werden. Der Unterrichtsplan für das jeweilige Kind ist mit der Schule, die das Kind besucht, abzustimmen, damit das Kind nach Beendigung der Mitwirkung über den aktuellen Wissensstand der Klasse verfügt und problemlos in den Klassenverband zurückkehren kann.

- Begleitung der Kinder, vor allem bei der öffentlichen Vermarktung und Aufführung der Produktion und nachgehende Betreuung.
2.2.4
Durch Auflagen in der Bewilligung ist dem Antragsteller aufzugeben, der Fachkraft das Recht einzuräumen, die Arbeiten einzuschränken oder abzubrechen, sofern sich Unzuträglichkeiten für das Kind bei der Mitwirkung ergeben.

Das zuständige StAfA ist hiervon zu unterrichten.
2.2.5
Über den Antrag kann erst entschieden werden, wenn vom Antragsteller mit dem Antrag ein entsprechender Mitwirkungsplan an das zuständige StAfA eingereicht worden ist. Der Mitwirkungsplan, der ggf. vom StAfA ergänzt oder geändert werden kann, ist Bestandteil der Bewilligung.
2.2.6
Bei der Mitwirkung von Kindern an weniger als 30 Tagen in Produktionen mit psychisch belastenden Inhalten gelten die Ziffern 2.2.1 bis 2.2.5 entsprechend.
2.3
Vereinfachtes Verfahren

- Mitwirkung von Kindern an bis zu drei Tagen im Kalenderjahr -
2.3.1
Dem StAfA ist eine Inhaltsangabe (z.B. Inhalt bzw. Gegenstand der Produktion, Rolle des Kindes bei der künstlerischen Darstellung) seitens des Antragsstellers einzureichen. Wenn keine Hinweise vorliegen, dass das Fortkommen in der Schule beeinträchtigt wird, inhaltlich keine besondere Belastung des Kindes zu befürchten ist und keine gesundheitlichen Bedenken bestehen, kann auf eine Bescheinigung seitens der Schule und eines Arztes verzichtet werden.
2.3.2
Die glaubhafte schriftliche Zusicherung des Antragsstellers, die erforderlichen Vorkehrungen und Maßnahmen zum Schutze des Kindes gegen Gefahren für Leben und Gesundheit sowie zur Vermeidung einer Beeinträchtigung der körperlichen oder seelisch-geistigen Entwicklung zu treffen sowie Betreuung und Beaufsichtigung sicherzustellen (§ 6 Abs.2 Nrn.3 und 4 JArbSchG), kann als ausreichend angesehen werden, wenn entsprechende Informationen vorliegen.
2.3.3
Eine Beaufsichtigung von Kindern über 14 Jahren ist nicht zwingend erforderlich, kann jedoch in besonderen Einzelfällen geboten sein.

2.3.4
Das vereinfachte Verfahren schließt die Überprüfung im Einzelfall sowie Kontrollen (Stichproben) nicht aus.
2.3.5
Sofern für das gleiche Kind weitere Kalendertage für die Mitwirkung beantragt werden, gelten Ziff. 2.1bzw. 2.2 entsprechend.

3
Kosten
Kosten, die im Zusammenhang mit dem Bewilligungsverfahren entstehen, z.B. Honorare für unabhängige Fachkräfte, psychologische Gutachten, Hinzuziehung von Therapeuten, Gebühren, etc. sind vom Antragsteller zu tragen.

Eine Erklärung der Kostenübernahme ist dem StAfA vorzulegen.

4
Information über Bewilligungen
4.1
Die Bewilligung einer Ausnahme sowie der Widerruf (§ 54 Abs.1 JArbSchG) sind dem Antragssteller und dem Arbeitgeber, sofern dieser nicht gleichzeitig Antragsteller ist, schriftlich bekannt zu geben.

Die unabhängige Fachkraft erhält eine Durchschrift. Die beteiligten Stellen sind von der Entscheidung zu unterrichten.
4.2
Bewilligt das StAfA Ausnahmen für die Beschäftigung von Kindern außerhalb seines Aufsichtsbezirks, so leitet es dem jeweils örtlich zuständigen StAfA unmittelbar eine Durchschrift der Bewilligung zu, sofern die Beschäftigungsorte bekannt sind. Sind diese Orte nicht bekannt, ist die Bewilligung mit der Auflage zu verbinden, das für den Beschäftigungsort zuständige StAfA vor Beginn der Mitwirkung zu benachrichtigen.

Bei Bewilligungen nach Nr. 2.2 ist das MWA zu unterrichten.

5. Zuständigkeitsfragen
Für die Zusammenarbeit mit dem Jugendamt und der Schule gilt § 6 Abs.2 JArbSchG.

Bei der Vorbereitung und Bewertung des Mitwirkungsplans unterstützen Jugendamt und Schule die unabhängige Fachkraft und das StAfA.

Nach den Bestimmungen dieses Runderlasses ist ab sofort zu verfahren.

Gleichzeitig wird der Runderlass des Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen vom 04.06.1987 (MBl. NRW. S. 818) aufgehoben.

MBl. NRW. 2000 S. 610