Aufgehobener Erlass:
Obsolet durch Fristablauf.
Verfolgung und
Ahndung von Verkehrsordnungswidrigkeiten
durch die Ordnungsbehörden
RdErl. d. Innenministeriums v. 27.1.2004
- 44 - 57.04.16 - 3
Inhaltsübersicht
1
Zuständigkeiten
1.1 Sachliche Zuständigkeit
1.2 Örtliche Zuständigkeit
2 Verfolgung von
Verkehrsordnungswidrigkeiten
2.1 Allgemeine Verfahrensgrundsätze
2.2 Besondere Verfahrensgrundsätze
3 Anhörung des Betroffenen
4 Beweiserhebung
4.1 Vernehmen von Zeugen
4.2 Lichtbildabgleich nach § 2 b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 PAuswG
4.3 Akteneinsicht
5 Einstellung des Verfahrens
6 Verwarnung
7 Bußgeldbescheid
8 Fahrverbot
9 Verfahren nach Einspruch
9.1 Eigene Prüfung und Abgabe an die Staatsanwaltschaft
9.2 Beteiligung der Ordnungsbehörde
am gerichtlichen Bußgeldverfahren
10 Vollstreckung des Bußgeldbescheides
10.1 Zulässigkeit
10.2 Verfahren
11
Verfahren bei bestimmten Personengruppen
11.1 Geltung der Richtlinien für die Polizei
11.2 Personen ohne Inlandswohnsitz
11.3 Stationierungsstreitkräfte
11.4 Exterritoriale
12 Gnadengesuche
13 Örtliche Dateien
14 Aufbewahrung der Akten
15 Mitteilung an das
Kraftfahrt-Bundesamt
16 Schlussbestimmungen
1
Zuständigkeiten
1.1
Sachliche Zuständigkeit
Die Kreisordnungsbehörden sind zuständig für die Verfolgung
und Ahndung von Verkehrsordnungswidrigkeiten nach den §§ 24 und 24a des
Straßenverkehrsgesetzes (StVG); abweichend hiervon
sind die örtlichen Ordnungsbehörden zuständig für die Verfolgung und Ahndung
von Ordnungswidrigkeiten im ruhenden Straßenverkehr nach § 24 StVG .
Die großen kreisangehörigen Gemeinden i.S. von § 4
der Gemeindeordnung sind neben den Kreisordnungsbehörden zuständig für die
Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten bei der Überwachung der
Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit und der Befolgung von
Lichtzeichenanlagen im Straßenverkehr, soweit sie die Ordnungswidrigkeiten
selbst festgestellt haben (Verordnung zur Bestimmung der für die Verfolgung und
Ahndung von Verkehrsordnungswidrigkeiten zuständigen Verwaltungsbehörden - SGV. NRW. 45 -). Die Zuständigkeit der Polizeibehörden bleibt unberührt.
Die Zuständigkeit der örtlichen Ordnungsbehörden für
Maßnahmen der Gefahrenabwehr im Rahmen der Überwachung des ruhenden
Straßenverkehrs, der Kreisordnungsbehörden und der Großen kreisangehörigen
Städte für die Überwachung der Einhaltung zulässiger Höchstgeschwindigkeiten
und der Befolgung von Lichtzeichenanlagen im Straßenverkehr an Gefahrenstellen
nach § 48 Abs. 3 des Ordnungsbehördengesetzes(OBG) bleibt unberührt.
1.2
Örtliche Zuständigkeit
Örtlich zuständig ist gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes
über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) die Ordnungsbehörde,
in deren Bezirk die Verkehrsordnungswidrigkeit begangen oder entdeckt worden
ist.
Auf Grund übereinstimmender Verwaltungspraxis in den Ländern
sieht die gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 2 OWiG zuständige
Ordnungsbehörde bei Verkehrsordnungswidrigkeiten in der Regel davon ab, tätig
zu werden. § 39 OWiG bleibt unberührt.
2
Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten
2.1
Allgemeine Verfahrensgrundsätze
Wegen
der allgemeinen Grundsätze für die Verfolgung von Verkehrsverstößen sowie wegen
des Verfahrens bei Verwarnungen und Ordnungswidrigkeitsanzeigen wird auf den RdErl. v. 27. Januar 2004 (SMBl. NRW. 2051) „Verfolgung von Verkehrsverstößen durch die Polizei und Erhebung von
Sicherheitsleistungen“ verwiesen.
Abweichend von Nr.
2.4.1 des vorgenannten RdErl. können die
Ordnungsbehörden vorrangig oder ausschließlich schriftliche Verwarnungen
erteilen. Soll eine schriftliche Verwarnung erfolgen, ist entweder eine
Verwarnung mit Zahlschein oder eine allgemeine Mitteilung über die
beabsichtigte Ahndung des festgestellten Verkehrsverstoßes am Fahrzeug gut
sichtbar anzubringen bzw. dem Betroffenen auszuhändigen.
Die Ordnungsbehörden
regeln das Zahlungs- und Abrechnungsverfahren in eigener Zuständigkeit. Die im
Text erwähnten Vordrucke sind als Anlagen dem o.g.
Runderlass beigefügt. Sie sind ihrem materiellen Inhalt nach verbindlich. In
der Form können sie – insbesondere im Hinblick auf eine EDV-gerechte
Vordruckgestaltung – verändert werden.
Durch die Ausstattung
der Ordnungsbehörden (Bußgeldstellen) mit den notwendigen Kräften und Mitteln
ist sicherzustellen, dass Ordnungswidrigkeitsverfahren so schnell wie möglich
abgewickelt werden. Rn. 48.36 der Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des
Ordnungsbehördengesetzes (VwV OBG) ist zu beachten.
Werden zur
Beweissicherung technische Geräte verwendet, so ist dabei der RdErl. v. 22.5.1996 (SMBl. NRW. Nr. 2055) „Verkehrssicherheitsarbeit der Polizei“ zu beachten.
2.2
Besondere Verfahrensgrundsätze
Gehen
Anzeigen Dritter wegen Verkehrsordnungswidrigkeiten bei den Ordnungsbehörden
ein oder stellen sie im Zusammenhang mit ihren sonstigen Aufgaben z.B. als
Straßenverkehrsbehörde selbst Verkehrsordnungswidrigkeiten fest, so haben sie
im Interesse der Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens notwendige
Ermittlungen grundsätzlich selbst zu führen. Amtshilfeersuchen sind in
Nordrhein-Westfalen an die nach § 48 Abs.3 OBG zuständige Bußgeldstelle zu
richten. Eine Inanspruchnahme der Polizei kommt nur in begründeten
Ausnahmefällen in Betracht.
Bei
Anzeigen Dritter ist die Mitteilung des Namens sowie des Wohnorts des
Anzeigenden sowohl im Rahmen der Anhörung als auch im Bescheid erforderlich,
aber auch ausreichend, soweit der Anzeigende in dem laufenden Ordnungswidrigkeitenverfahren zugleich Zeuge ist. Die
zusätzliche Mitteilung der Wohnanschrift des Zeugens unterbleibt aus Gründen
des Datenschutzes. Eine Benennung als Zeuge ist
dann nicht erforderlich, wenn die ermittelnde Behörde in der Lage ist, durch
eigene Nachforschungen Erkenntnisse zu dem Vorwurf ordnungswidrigen Verhaltens
zu erlangen und damit der Zeuge für das weitere Verfahren entbehrlich ist. Ein
überwiegendes Drittschutzinteresse des Anzeigenerstatters spricht gegen die
Benennung als Zeuge, wenn im konkreten Einzelfall Gefährdungen für Leib, Leben,
Eigentum, Besitz oder Hausfrieden des Zeugen bzw. seiner Angehörigen zu
erwarten sind. Bloße Belästigungen gehören nicht hierzu.
Ist die
Ordnungsbehörde, bei der die Anzeige eingeht, nicht zuständig, leitet sie die
Anzeige an die zuständige Ordnungsbehörde weiter.
Die Ordnungsbehörde gibt die Sache an die
Staatsanwaltschaft ab, wenn Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass die Tat
eine Straftat ist (§§ 41, 21 OWiG).
3
Anhörung des Betroffenen
Hat
sich das Verfahren nicht durch Zahlung eines Verwarnungsgeldes erledigt, oder
ist in einem Bußgeldverfahren der Betroffene nicht an Ort und Stelle gehört
worden, ist ihm durch Übersendung eines Anhörungsbogens (Anlage 5)
Gelegenheit zu geben, sich innerhalb einer Woche schriftlich zu äußern. Dies
gilt ebenso, wenn der Betroffene an Ort und Stelle gegenüber den
einschreitenden Polizeibeamten erklärt hat, sich schriftlich äußern zu wollen
und dieses Begehren von der Polizei in der Ordnungswidrigkeiten-Anzeige
vermerkt wurde.
Muss der Halter
zuvor ermittelt werden, so ist gemäß Nr. 2.4 und 2.5 des RdErl.
v. 27. Januar 2004 (SMBl. NRW. 2051) „Verfolgung von
Verkehrsverstößen durch die Polizei und Erhebung von Sicherheitsleistungen“ zu
verfahren.
Liegt eine
Frontaufnahme vom Fahrer und Fahrzeug als Beweismittel vor, ist es nur dann
erforderlich, einen Abzug des entsprechenden Bildausschnitts dem Anhörungsbogen
beizufügen, wenn der Halter eine natürliche Person ist und wenn dafür im
begründeten Einzelfall Veranlassung besteht. Der Abzug darf nur einen
Bildausschnitt aufweisen, auf dem die Person des Fahrers abgebildet ist.
Ist in einem
Ermittlungsvorgang der Halter keine natürliche Person oder kommt er als
Betroffener nicht in Betracht, so ist dem Halter zunächst ein Zeugenfragebogen
(Anlage 9/10) zu übersenden. Beruht das Verfahren auf der Anzeige eines
Dritten, ist die Mitteilung des Namens sowie des Wohnortes des Anzeigenden
sowohl bei der Anhörung als auch im Bescheid erforderlich. Die zusätzliche
Mitteilung der Wohnanschrift ist im Interesse der schutzwürdigen Belange des
Zeugen nicht zulässig.
Wird der
Anhörungsbogen nicht innerhalb von zwei Wochen zurückgesandt, ist grundsätzlich
ohne weitere Anhörung ein Bußgeldbescheid (Anlage 6) zu fertigen, sofern
der Halter eine natürliche Person ist.
Bei Halt- oder
Parkverstößen ist ggf. nach § 25 a StVG
(Kostentragungspflicht des Halters) zu verfahren.
Sendet der Halter
den Anhörungsbogen mit dem Vermerk zurück, dass nicht er selbst, sondern ein
anderer als Fahrzeugführer in Betracht kommt, und hat sich dieser im
Anhörungsbogen noch nicht geäußert, ist dem betroffenen Fahrzeugführer ein
Anhörungsbogen zuzusenden. Gibt der Betroffene die geforderten Angaben zur
Person nicht oder nur unvollständig an, sind sie über die Ordnungsbehörde des
Wohnorts zu ermitteln. Hat der Betroffene zur Sache keine oder nur
unvollständige Angaben gemacht, gilt die Anhörung dennoch als erfolgt.
Wird der
Anhörungsbogen nicht zurückgesandt und ist der Halter keine natürliche Person,
ist ein Anhörungsbogen an die für den Halter zuständige Ordnungsbehörde zu
senden mit der Bitte, den Betroffenen zu hören. In dem Ersuchen ist die
Anschrift des Halters anzugeben und darauf hinzuweisen, dass der Versuch einer
schriftlichen Anhörung erfolglos geblieben ist.
Die Entscheidung des
Sachbearbeiters über die Anhörung als Betroffener ist schriftlich niederzulegen
und durch Unterschrift oder Handzeichen zu dokumentieren.
4
Beweiserhebung
4.1
Vernehmung von Zeugen
Sind
Zeugen zu hören, hat dies grundsätzlich schriftlich zu erfolgen. Hierfür sind
unter Beifügung eines Freiumschlages das Anschreiben an Zeugen (Anlage 10)
und der Zeugenfragebogen (Anlage 9) zu verwenden. Vernehmungen von
Zeugen zu Protokoll kommen nur ausnahmsweise in Betracht. Hierüber entscheidet
der Sachbearbeiter oder der Dienststellenleiter.
4.2
Lichtbildabgleich nach § 2 b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 PersAuswG
Es
ist im Einzelfall abzuwägen, ob ein im Vergleich zum Erfolg unverhältnismäßig
hoher Aufwand vorliegt. Der Aufwand liegt in den notwendigen finanziellen
Aufwendungen (personellen/sachlichen) sowie administrativen und/oder
organisatorischen Schwierigkeiten der Behörde. Der Erfolg ist die Ahndung der
konkreten Ordnungswidrigkeit. Dabei ist die Höhe der Verwarnung oder Geldbuße
Richtschnur für das Gewicht des Erfolgs bei der Abwägung. Der Aufwand ist dann
unverhältnismäßig, wenn er in keinem vernünftigen Verhältnis zum angestrebten
Erfolg steht oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht zum
Erfolg führt.
Daten beim
Betroffenen werden, wenn die Prüfung des Einzelfalls keine andere
Verfahrensweise geboten erscheinen lässt, in dieser Rangfolge erhoben:
- Anhörung des Betroffenen,
- Vorladung des Betroffenen,
-
Lichtbildabgleich beim Personalausweisregister, wenn das
Zeugnisverweigerungsrecht in Anspruch genommen wird, die Tat bestritten wird
oder keine Reaktion auf die Vorladung erfolgt,
-
Aufsuchen des Betroffenen.
Die
obenstehende Regelung gilt für die Datenerhebung bei
Tatverdächtigen entsprechend.
Hat der Betroffene
seinen Wohnsitz nicht im örtlichen Zuständigkeitsbereich der ermittelnden
Ordnungsbehörde, ist zu prüfen, ob der Aufwand einer weiteren Ermittlung durch
den Schuldvorwurf gerechtfertigt ist.
Die Befragung
anderer Personen ist keine Datenerhebung beim Betroffenen im Sinne von § 2 b
Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 PersAuswG. Sie ist daher erst
dann zu erwägen, wenn ein Lichtbildabgleich erfolglos ist.
Bei der Wahl des
Mittels ist zu bedenken, in welchem Maße die konkrete Art der Datenerhebung
beim Betroffenen im Verhältnis zum Lichtbildabgleich in dessen
Persönlichkeitsrecht eingreift.
Die Behörde muss im
Antrag bei der Personalausweisbehörde versichern, dass die Voraussetzungen des
§ 2 b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 PersAuswG gegeben sind.
Weitere Erläuterungen sind nicht erforderlich.
Sollte eine mögliche
Ermittlung beim Betroffenen als unverhältnismäßig angesehen werden, müssen die
Gründe dafür festgehalten werden. Diese können sich aus generellen Erwägungen
der Behörde über den Aufwand von Ermittlungen ergeben, wenn die Erwägungen die
wesentlichen Momente des Einzelfalls erfassen und der einzelne Vorgang auf sie
nachvollziehbar verweist.
4.3
Akteneinsicht
Die
Gewährung von Akteneinsicht richtet sich nach den §§ 49 bis 49 b OWiG. Bei der Gewährung von Akteneinsicht sind
grundsätzlich die Richtlinien über das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren
(RiStBV) anzuwenden. Auf Nr. 296 RiStBV
i. V. m. Nr. 182 bis 189 RiStBV wird hingewiesen.
In
Verkehrsordnungswidrigkeitsverfahren soll Akteneinsicht gewährt werden, wenn
hierdurch keine wesentliche Verzögerung eintritt und der Ermittlungszweck nicht
beeinträchtigt wird. Wird nicht unmittelbar mit dem Verfahren befassten Stellen
(z.B. Versicherungen oder von diesen bevollmächtigten Rechtsanwälten) Einsicht
gewährt, sind die Auszüge aus dem Verkehrszentralregister zurückzubehalten.
Fotografien, die sich bei den Akten befinden, können ebenfalls eingesehen
werden; ein Anspruch auf Herstellung eines Abzugs besteht jedoch nicht.
Vor Übersendung der
Akten an die Staatsanwaltschaft ist einem Antrag auf Gewährung der
Akteneinsicht (§ 147 Abs. 1 StPO) zu entsprechen (§ 69 Abs. 3 Satz 2 OWiG).
Werden Akten an
andere Behörden als die Staatsanwaltschaft versandt, sind nach § 49 a OWiG nur die für die Amtshilfe erforderlichen Aktenteile zu
übersenden.
Werden Akten auf
Anforderung an Private mit der Post versandt, ist gem. § 107 Abs. 5 OWiG je Sendung eine Gebühr von 12,- Euro zu erheben [5,-
Euro bei elektronischer Aktenführung und elektronischem Versand (§ 107 Abs. 5 OWiG)].
5
Einstellung des Verfahrens
Die
Einstellung des Verfahrens ist geboten, wenn
nach dem
Ermittlungsergebnis ein ausreichender Tatbeweis oder eine Feststellung des
Betroffenen nicht möglich erscheint (§ 46 Abs.1 OWiG i.V.m. § 170 Abs.2 StPO),
der mit weiteren
Ermittlungen verbundene Aufwand außer Verhältnis zur Bedeutung der Tatstehen
würde (§ 47 Abs. 1 OWiG),
nach den Umständen
des Einzelfalles ein Verzicht auf Ahndung angebracht erscheint (§ 47 Abs. 1 OWiG) oder
die Tat verjährt ist
(§ 31 Abs.1 Satz 1 OWiG).
Muss das Verfahren eingestellt werden, weil
der Betroffene nicht festgestellt werden kann (Buchst. a), so ist zu prüfen, ob
bei der Verkehrsbehörde angeregt werden soll, dem Fahrzeughalter die Führung
eines Fahrtenbuches aufzuerlegen (§ 31 a StVZO).
Die Einstellung ist
auf der Ordnungswidrigkeiten-Anzeige unter Angabe des
Grundes zu verfügen.
Ist der Betroffene
zu dem Vorwurf gehört worden, so ist er von der Einstellung formlos in Kenntnis
zu setzen (§ 46 Abs. 1 OWiG i. V. m. § 170 Abs. 2
StPO, § 50 Abs. 1 OWiG). Bei Minderjährigen soll
außerdem der gesetzliche Vertreter verständigt werden.
Kann in einem
Bußgeldverfahren wegen eines Halt- oder Parkverstoßes der Führer des
Kraftfahrzeugs, der den Verstoß begangen hat, voraussichtlich nicht vor
Eintritt der Verfolgungsverjährung ermittelt werden oder würde seine Ermittlung
einen unangemessenen Aufwand erfordern, so ist zu entscheiden, ob nach § 25 a StVG dem Fahrzeughalter die Kosten des Verfahrens auferlegt
werden.
6
Verwarnung
Auf
Grund von Ordnungswidrigkeitsanzeigen der Polizei kann eine schriftliche
Verwarnung mit Verwarnungsgeld ausnahmsweise dann erteilt werden, wenn sich
herausstellt, dass es sich nur um eine geringfügige Verkehrsordnungswidrigkeit
handelt. Ein Bußgeldbescheid würde in einem solchen Fall den Betroffenen vor
allem wegen der Kosten benachteiligen. Diese Vorschrift ist nicht anzuwenden
bei Anschlussbußgeldverfahren.
7
Bußgeldbescheid
Kommt
nach Abschluss der Ermittlungen unter Berücksichtigung der Äußerung des
Betroffenen und etwaiger Zeugenaussagen ein Bußgeldbescheid in Betracht, so
ist, mit Ausnahme bei Bagatelldelikten, eine Auskunft aus dem
Verkehrszentralregister einzuholen und zur Akte zu nehmen.
Die Festsetzung der Geldbuße und die Anordnung eines Fahrverbots richten sich
nach der Bußgeldkatalog-Verordnung (BGBl. III/FNA 9231-1-12) und dem
Bundeseinheitlichen Tatbestandskatalog Straßenverkehrsordnungswidrigkeiten.
Der Bußgeldbescheid ist grundsätzlich dem
Betroffenen zuzustellen. Dies kann durch eingeschriebenen Brief, mit
Postzustellungsurkunde oder gegen Empfangsbekenntnisgeschehen (§ 50 Abs. 1 Satz
2, § 51 Abs. 1 OWiG i. V. m. dem
Verwaltungszustellungsgesetz (LZG).
Einem Betroffenen ist der Bußgeldbescheid
auch dann zuzustellen, wenn er nur beschränkt geschäftsfähig ist; dem
gesetzlichen Vertreter des Betroffenen ist der Bußgeldbescheid formlos
zuzuleiten (§ 51 Abs. 2 OWiG).
Hat der Betroffene einen gewählten
Verteidiger, dessen Vollmacht sich bei den Akten befindet, oder ist ein
Verteidiger bestellt, soll der Bußgeldbescheid nur diesem zugestellt werden.
Der Betroffene wird von der Zustellung zugleich unterrichtet. Dabei erhält er
formlos eine Abschrift des Bußgeldbescheides (§ 51 Abs. 3 OWiG).
Der Bußgeldbescheid gegen einen Jugendlichen
soll auch dem Erziehungsberechtigten, der nicht gleichzeitig gesetzlicher
Vertreter des Betroffenen ist, formlos mitgeteilt werden; bei mehreren
Erziehungsberechtigten genügt die Mitteilung an einen von ihnen (§ 46 Abs. 1 OWiG i. V. m. § 67 Abs. 2 und Abs. 5 Satz 3 des
Jugendgerichtsgesetzes ‑ JGG).
Bei
der Zustellung eines Bußgeldbescheides sind die Hinweise auf die Änderung des
Verwaltungszustellungsrechts [RdErl. d.
Innenministeriums v. 4.10.2002 (SMBl. NRW. 2010)] zu beachten
Wenn das Verfahren Anlass zur Frage gibt, ob sich der Inhaber einer
Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen hat, wird
der Bußgeldbescheid der nach § 68 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung
(StVZO) zuständigen Straßenverkehrsbehörde mitgeteilt. Hierbei ist der Grund
für die Erteilung des Bußgeldbescheides besonders zu vermerken.
8
Fahrverbot
Zur Bestimmung der Wirksamkeit des Fahrverbots nach § 25 Abs. 2 a StVG ist zu prüfen, ob gegen den Betroffenen in den letzten
zwei Jahren vor der Ordnungswidrigkeit und bis zum Bußgeldbescheid bereits ein
Fahrverbot verhängt wurde. Die Anordnung der Wirksamkeit des Fahrverbotes nach
a) § 25 Abs. 2 a StVG oder
b) § 25 Abs. 2 StVG
hat
im Bußgeldbescheid vor der Unterschrift zu erfolgen. Die Belehrung gemäß § 25
Abs. 8 StVG erfolgt auf der 2. Seite. [Auf Anlage 6
zum RdErl. d. Innenministeriums v. 27.1.2004 (SMBl. NRW. 2051) wird besonders verwiesen.].
Ein verhängtes
Fahrverbot (§ 25 StVG) ist der nach § 68 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung
(StVZO) zuständigen Straßenverkehrsbehörde mitzuteilen.
Der Führerschein wird von der
Kreisordnungsbehörde verwahrt, die das Fahrverbot angeordnet hat, oder von der
Wohnsitzbehörde, wenn die anordnende Behörde dem zugestimmt hat. Die
Verbotsfrist beginnt erst mit dem Tag, an dem der Führerschein in Verwahrung
genommen wird. Übersendet der Betroffene den Führerschein durch die Post, so
ist ihm der Tag des Eingangs zu bestätigen und mitzuteilen, mit Ablauf welchen
Tages das Fahrverbot endet.
Der Betroffene ist in jedem Fall darauf
hinzuweisen, dass er den Führerschein bei der Kreisordnungsbehörde zu einem von
ihr benannten Termin abholen kann, wenn er dies rechtzeitig vorher erklärt,
oder dass ihm andernfalls der Führerschein mit der Post zugesandt wird.
Dem Betroffenen ist der Führerschein zu dem
benannten Termin auszuhändigen oder so rechtzeitig zu übersenden, dass er am
letzten Werktag der Verbotsfrist bei ihm eintrifft. Der Betroffene ist darauf
hinzuweisen, dass er vor Ablauf der Verbotsfrist kein Fahrzeug führen darf, für
das das Fahrverbot gilt, selbst wenn er den Führerschein vorher erhält.
Erscheint der Betroffene entgegen seiner Erklärung nicht zu dem
benannten Termin, ist ihm der Führerschein innerhalb von zwei Wochen nach dem
Termin zuzusenden.
9
Verfahren nach
Einspruch
9.1
Eigene Prüfung und Abgabe an die Staatsanwaltschaft
Ist
der Einspruch rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form eingelegt, so prüft
die Ordnungsbehörde, ob der Vorwurf aufrechterhalten werden kann oder der
Bußgeldbescheid zurückzunehmen ist (§ 69 Abs. 2 OWiG).
Zu diesem Zweck kann sie
- weitere Ermittlungen anordnen oder selbst
vornehmen,
- von Behörden und sonstigen Stellen die
Abgabe von Erklärungen über dienstliche Wahrnehmungen, Untersuchungen und
Erkenntnisse (§ 77 a Abs. 2 OWiG) verlangen.
Die Ordnungsbehörde kann dem Betroffenen auch
Gelegenheit geben, innerhalb einer zu bestimmenden Frist dazu Stellung zu
nehmen, ob und welche Tatsachen und Beweismittel er im weiteren Verfahren zu
seiner Entlastung vorbringen will; er ist darauf hinzuweisen, dass es ihm nach
dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache
auszusagen.
Ist der Einspruch nicht rechtzeitig, nicht in
der vorgeschriebenen Form oder sonst nicht wirksam eingelegt, so verwirft ihn
die Ordnungsbehörde als unzulässig (§ 69 Abs. 1 Satz 1 OWiG).
Die Ordnungsbehörde übersendet die Akten an
die Staatsanwaltschaft, wenn sie den Bußgeldbescheid nicht zurücknimmt oder ihn
als unzulässig verwirft; sie vermerkt die Gründe dafür in den Akten, soweit
dies nach der Sachlage angezeigt ist (§ 69 Abs.3 Satz 1 OWiG).
Über die Gewährung der Wiedereinsetzung in
den vorigen Stand entscheidet die Ordnungsbehörde, solange das Gericht noch
nicht mit der Sache befasst ist (§ 52 OWiG).
9.2
Beteiligung
der Ordnungsbehörde am gerichtlichen Bußgeldverfahren
In
der Regel soll die Ordnungsbehörde darauf verzichten, am gerichtlichen
Bußgeldverfahren nach § 76 OWiG beteiligt zu werden,
da bei Verkehrsordnungswidrigkeiten die Sachkunde des Gerichts und der
Staatsanwaltschaft vorausgesetzt werden kann.
10
Vollstreckung des Bußgeldbescheides
10.1
Zulässigkeit
Die
Vollstreckung ist zulässig, wenn der Bußgeldbescheid rechtskräftig geworden ist
(§ 89 OWiG). Zuständig ist die Ordnungsbehörde, die
den Bußgeldbescheid erlassen hat (§ 92 OWiG). Das
gilt auch dann, wenn der
Einspruch zurückgenommen oder verworfen wird.
10.2
Verfahren
Das
Vollstreckungsverfahren richtet sich gemäß § 90 Abs. 1 OWiG
nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Nordrhein‑Westfalen.
Daneben sind die Vorschriften des OWiG, insbesondere
über Zahlungserleichterungen (§ 93), die Erzwingungshaft
(§ 96) und die Vollstreckung gegen Jugendliche und Heranwachsende (§ 98), zu
beachten.
11
Verfahren bei bestimmten Personengruppen
11.1
Geltung der Richtlinien für die Polizei
Wegen
der Verfolgung von Verkehrsverstößen bei Kindern, Jugendlichen,
Heranwachsenden, Stationierungsstreitkräften, Exterritorialen und Abgeordneten
wird auf die Nr. 1.3 des RdErl. v. 27. Januar 2004 (SMBl. NRW. 2051) verwiesen. Ergänzend gelten die folgenden Richtlinien.
11.2
Personen ohne Inlandswohnsitz
Die
Ordnungsbehörde hat den von Personen, die im Geltungsbereich der Strafprozess-Ordnung
keinen festen Wohnsitz oder Aufenthalt haben, als Sicherheit geleisteten
Geldbetrag oder die beschlagnahmte Sache zu verwahren.
Der Bußgeldbescheid ist dem
Zustellungsbevollmächtigten zuzustellen. Ist ein solcher nicht bestellt, ist zu
prüfen, ob eine Zustellung im Ausland erfolgen kann; andernfalls kommt eine
öffentliche Zustellung in Betracht.
Sobald der Bußgeldbescheid rechtskräftig ist,
wird die Sicherheitsleistung mit der Geldbuße und den Kosten verrechnet. Wird
das Verfahren eingestellt, so ist der Betrag zurückzuerstatten. Das gilt auch,
soweit die Sicherheitsleistung höher ist als Geldbuße und Kosten. In
beschlagnahmte Sachen kann nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das
Land Nordrhein-Westfalen vollstreckt werden.
Die Sicherheitsleistung oder die
beschlagnahmten Sachen stehen im Falle eines Einspruchs auch für die
Vollstreckung einer gerichtlichen Bußgeldentscheidung zur Verfügung.
11.3
Stationierungsstreitkräfte
Im
Bußgeldverfahren nehmen die Ordnungsbehörden die Aufgaben der
Staatsanwaltschaft nach Art. 3 des Gesetzes zum NATO‑Truppenstatut vom
18. August 1961 (BGBl. II S. 1183) wahr (§ 46 Abs. 2 OWiG).
Ordnungswidrigkeitsanzeigen gegen Personen,
die der Militärgerichtsbarkeit unterliegen, sind zusammen mit dem Bußgeldbescheid
den einzelnen Verbindungsstellen zuzuleiten.
Hält die Militärbehörde ihre Zuständigkeit
für gegeben, so unterrichtet sie die Bußgeldbehörde hiervon unter Rücksendung
des Bußgeldbescheids; andernfalls leitet sie den Bescheid an den Betroffenen
weiter.
Bei der Berechnung der Verbotsfrist eines
Fahrverbots ist eine Entziehung des Führerscheins oder einer
Zusatzbescheinigung durch die Behörden der Truppe zu berücksichtigen, sofern
die Militärbehörde diese gem. Art. 9 Abs. 6a des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut
mitgeteilt hat.
Der Militärgerichtsbarkeit unterliegen nicht
- Mitglieder des zivilen Gefolges und
Angehörige mit deutscher Staatsangehörigkeit oder ständigem Aufenthalt in der
Bundesrepublik Deutschland,
- Angehörige der Mitglieder des zivilen
Gefolges der kanadischen Stationierungsstreitkräfte,
- Mitglieder des zivilen Gefolges und
Angehörige der Stationierungsstreitkräfte der Niederlande und der USA,
- Jugendliche der französischen
Stationierungsstreitkräfte,
- Mitglieder der Truppe und des zivilen
Gefolges sowie Angehörige der dänischen, griechischen, italienischen,
luxemburgischen, norwegischen, portugiesischen oder türkischen
Stationierungsstreitkräfte.
11.4
Exterritoriale
Kann
ein Verkehrsverstoß nicht geahndet werden, weil der Betroffene nach den §§ 18‑20
des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) der deutschen Gerichtsbarkeit nicht
unterliegt, so haben die Ordnungsbehörden das Auswärtige Amt, bei Inhabern
eines Konsularausweises die zuständige Staats‑/ Senatskanzlei zu
unterrichten. Auf den RdErl. v. 1.6.1994 (SMBI. NRW. 2106) „Diplomaten und andere bevorrechtigte Personen" wird verwiesen.
12
Gnadengesuche
Gnadengesuche
sind nach dem Erlass „Verfahren in Gnadensachen bei
Verkehrsordnungswidrigkeiten“ v. 5.8.2002 (SMBl. NRW 2051) zu behandeln.
13
Örtliche Dateien
Besondere
Dateien oder Listen zur Erkennung von Mehrfachtätern sind nicht zulässig.
Unberührt bleiben Dateien oder Listen, die aus kassentechnischen Gründen oder
zur Aktenerschließung geführt werden.
14
Aufbewahrung der Akten
Akten
über Bußgeldverfahren, in denen wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit eine
Geldbuße von mindestens 40,- € festgesetzt oder ein Fahrverbot angeordnet
wurde, sind drei Jahre aufzubewahren. In allen übrigen Fällen sowie bei
Verwarnungsgeldverfahren beträgt die Aufbewahrungsfrist grundsätzlich zwei
Jahre; ‑ abweichend hiervon kann für diese Fälle vom Behördenleiter eine
kürzere Dauer der Aufbewahrung angeordnet werden. Die Aufbewahrungsfrist
beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen
ist. Soweit das Interesse an einer Archivierung besteht, können die
Bußgeldakten nach Ablauf der Frist den Archiven überlassen werden.
15
Mitteilung an das Kraftfahrt‑Bundesamt
Rechtskräftige
Bußgeldbescheide sind dem Kraftfahrt‑Bundesamt gem. § 28 Abs.4 StVG unverzüglich mitzuteilen, wenn eine Geldbuße von
mindestens 40,- € festgesetzt oder ein Fahrverbot angeordnet wird (§§ 13, 13b
StVZO). Hierbei ist nach den Standards für die Übermittlung von Anfragen an die
zentralen Register und Auskünften aus den zentralen Registern beim
Kraftfahrtbundesamt (SDÜ-VZR-ANF –veröffentlicht im Bundanzeiger vom 9.10.2002,
Nr.188a) zu verfahren.
16
Schlussbestimmungen
Im
Interesse der Lesbarkeit und damit der Verständlichkeit dieses Erlasses wird
nur eine Sprachform verwandt, wenn der jeweilige Begriff in anzuwendenden
Rechtsvorschriften in dieser Form üblich ist.
Der RdErl. tritt
mit Wirkung vom 1.2.2004 in Kraft und mit Ablauf des 31.12.2008 außer Kraft.
Der RdErl. v. 15.10.1987 (SMBl. NRW. 920) wird aufgehoben.
Der RdErl. ergeht
im Einvernehmen mit dem Justizministerium und dem Ministerium für Bauen und
Verkehr.
MBl. NRW. 2004 S. 211,
geändert durch RdErl. v. 1.9.2005 (=SpellE>MBl. NRW. 2005 S. 1151), 9.8.2006 (MBl.
NRW. 2006 S. 416).