Geltende Erlasse (SMBl. NRW.)  mit Stand vom 17.4.2024


Übermittlungssperren gemäß § 41 Straßenverkehrsgesetz (StVG)

 

Übermittlungssperren gemäß § 41 Straßenverkehrsgesetz (StVG)

Übermittlungssperren
gemäß § 41 Straßenverkehrsgesetz (StVG)

Runderlass
des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Verkehr
– 58.88.04.17-000001 –

Vom 9. Januar 2024

Für die Anordnung und weitere Bearbeitung von Übermittlungssperren sind nachfolgende Hinweise zu beachten:

1
Grundsätze

Die Anordnung von Übermittlungssperren richtet sich nach § 41 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) vom 5. März 2003 (BGBl. I. S. 310, 919) in der jeweils gültigen Fassung. Für Daten, die nicht übermittelt werden dürfen, werden gemäß § 33 Absatz 4 StVG in den Fahrzeugregistern Übermittlungssperren gespeichert.

1.1
Übermittlungssperre gemäß § 41 Absatz 1 StVG

Die Anordnung von Übermittlungssperren in den Fahrzeugregistern ist zulässig, wenn erhebliche öffentliche Interessen gegen die Offenbarung der Halterdaten bestehen. Das öffentliche Interesse ist in § 41 StVG nicht näher bestimmt. Mangels einer eindeutigen Definition kann die in § 11 Absatz 2 Nummer 4 Buchstabe b) des Bundesmeldegesetzes (BMG) vom 3. Mai 2013 (BGBl. I S. 1084) in der jeweils geltenden Fassung enthaltene Begründung herangezogen werden, wonach die Auskunft unter anderem unterbleibt, soweit sie die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährdet oder sich sonst nachteilig auf das Wohl des Bundes oder eines Landes auswirken würde und deswegen das Interesse der betroffenen Person an der Auskunftserteilung zurücktreten muss. Bei Beschäftigten, die in einem öffentlich-rechtlichen Arbeits- oder Dienstverhältnis stehen, ist von einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auszugehen, wenn die Halterin oder der Halter aufgrund der dienstlichen Nutzung eines Privatfahrzeugs oder aufgrund der dienstlichen Tätigkeit besonders gefährdet ist. In diesen Fällen ist auf Antrag der Dienststelle oder der Halterin beziehungsweise des Halters unter Beifügung einer entsprechenden Bescheinigung der Dienst­stelle eine Übermittlungssperre nach § 41 Absatz 1 StVG anzuordnen.

1.2
Übermittlungssperre gemäß § 41 Absatz 2 StVG

Außerdem sind Übermittlungssperren auf Antrag der oder des Betroffenen anzuordnen, wenn glaubhaft gemacht wird, dass durch die Übermittlung schutzwürdige Interessen beeinträchtigt würden.

Von einer Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen ist auszugehen, wenn Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass der oder dem Betroffenen oder einer anderen Person bei Erteilung der begehrten Auskunft eine Gefahr für Leben, Gesundheit, persönliche Freiheit oder vergleichbare schutzwürdige Interessen erwachsen kann.

1.3
Verhältnis der Übermittlungssperren nach § 41 Absatz 1 und 2 StVG

Die Gründe für Übermittlungssperren nach § 41 Absatz 1 und 2 schließen sich gegenseitig nicht aus, sondern können auch in einer Person kumulativ vorliegen. Absatz 1 stellt dabei auf die behördlich motivierte und beantragte Anordnung einer Übermittlungssperre ab. Eine derartige Übermittlungssperre erfolgt dann in der Regel auch gleichzeitig, um den schutzwürdigen Interessen einer oder eines Betroffenen nach Absatz 2 gerecht zu werden.

2.
Verfahren

2.1
Antragstellung

Zu 1.1
Die Dienststelle prüft in den Fällen des § 41 Absatz 1 StVG unter Anlegung eines strengen Maßstabs, ob die Gefährdung der oder des Beschäftigten gegeben ist und ggf. auf Familienangehörige ausgedehnt werden muss. Der Betroffene ist darauf hinzuweisen, dass eine Offenlegung von Halterdaten, insbesondere durch entsprechende Präsenz in den sozialen Medien, dem Zweck einer Übermittlungssperre zuwiderlaufen kann. Gleiches gilt für die Beibehaltung beziehungsweise Zuteilung von Wunschkennzeichen mit Daten, die Rückschlüsse auf die betroffene Person (vor allem Initialen) zulassen oder sonstige auffällige Kennzeichen.

Zu 1.2
In den Fällen des § 41 Absatz 2 StVG ist die konkrete oder auch abstrakte Gefährdung von den Betroffenen glaubhaft zu machen. Eine abstrakte Gefährdungslage ist ein hypothetischer, aber nicht vollkommen unwahrscheinlicher Sachverhalt, der, wenn er tatsächlich eintritt, eine konkrete Gefährdung darstellen würde. Eine solche Gefähr­dungslage wäre zum Beispiel das Ausspähen einer Zielperson durch extremistische, terroristische oder kriminelle Organisationen bzw. Personen.

Die Definition der Glaubhaftmachung ist im StVG nicht enthalten. Allerdings kann unter Zugrundelegung der Anforderungen zur Glaubhaftmachung in Nummer 14.2.2 der Verwaltungsvorschriften zur Durchführung des Meldegesetzes Nordrhein-Westfalen (MBl. NRW. S. 1149) in der jeweils geltenden Fassung ein plausibler, das heißt in sich widerspruchsfreier und nachvollziehbarer Vortrag ohne Beibringung weiterer Beweismittel genügen, wenn nach den Gesamtumständen und der Lebenserfahrung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die behaupteten Tatsachen gegeben ist. Ansonsten kommen als Mittel der Glaubhaftmachung beispielsweise Zeugenaussagen, Gerichtsurteile oder Anzeigen in Betracht.

Im Übrigen gelten die Hinweise zu Nummer 1.1.

2.2
Anordnung der Übermittlungssperre

2.2.1
Bescheid

Die zuständige Zulassungsbehörde erteilt der Fahrzeughalterin oder dem Fahrzeughalter einen schriftlichen Bescheid über die angeordnete Übermittlungssperre. Die Anordnung von Nebenbestimmungen im Sinne des § 36 Verwaltungsverfahrensgesetz NW, insbesondere einer Befristung, ist unzulässig.

Wurde der Antrag nach § 41 Absatz 1 StVG durch die Dienststelle der Fahrzeughalterin/ des Fahrzeughalters gestellt, ist die Dienststelle über die erfolgte Anordnung in Kenntnis zu setzen. Dies gilt entsprechend, wenn der Antrag nach § 41 Absatz 1 StVG durch die Fahrzeughalterin beziehungsweise den Fahrzeughalter gestellt wird.

In den Fällen des § 41 Absatz 1 StVG ist die Dienststelle verpflichtet, die Zulas­sungsbehörde zu unterrichten, wenn das Schutzbedürfnis der beziehungsweise des Betroffenen entfallen ist.

In den Fällen des § 41 Absatz 2 StVG liegt es in der Zuständigkeit der Zulassungsbehörde, sich in regelmäßigen Abständen über den Fortbestand der Voraussetzungen zu vergewissern.

2.2.2
Umfang der Übermittlungssperre

Wenn die Antragsprüfung die Anordnung einer Übermittlungssperre ergeben hat, sind sämtliche Fahrzeuge der oder des Betroffenen von der Sperre erfasst.

2.2.3
Kennzeichen

Mit Ausnahme des Kurzzeitkennzeichens nach § 42 Verordnung über die Zulassung von Fahrzeugen zum Straßenverkehr (FZV) vom 20. Juli 2023 (BGBl. 2023 I. Nr. 199) in der jeweils geltenden Fassung kann eine Übermittlungssperre grundsätzlich für alle Kennzeichenarten angeordnet werden.

2.2.4
Umzug

Der Umzug in einen anderen Zulassungsbezirk bewirkt keine Aufhebung der Übermitt­lungssperre. Nach § 15 Absatz 4 Nummer 2 FZV ist die Weiterführung des bisherigen Kennzeichens möglich, wenn die Halterin oder der Halter ihren/ seinen Wohnsitz in einen anderen Zulassungsbezirk verlagert.

Die/ der Betroffene ist mit Anordnung der Übermittlungssperre darauf hinzuweisen, dass der Eintrag der Übermittlungssperre (neben dem Zentralen Fahrzeugregister) in das örtliche Fahrzeugregister erfolgt. Im Falle eines Umzugs in den Zuständigkeitsbereich einer anderen Zulassungsbehörde hat die beziehungsweise der Betroffene, die für den neuen Wohnsitz zuständige Zulassungsbehörde auf die Übermittlungssperre hinzuweisen. Die zuständige Zulassungsbehörde entscheidet in eigener Zuständigkeit, ob sie die Übermittlungssperre ohne weitere Prüfung/ Nachweis der Voraussetzungen in ihr örtliches Fahrzeugregister übernimmt.

Bei einem Halterwechsel nach § 15 Absatz 4 Satz 4 FZV bleiben die Daten der bisherigen zu schützenden Person gesperrt, nicht aber die personenbezogenen Daten der neuen Halterin oder des neuen Halters.

2.2.5
Unterrichtung des Kraftfahrt-Bundesamtes

Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) wird gemäß § 71 Absatz 2 FZV von den Zulassungs­behörden über die Anordnung, Änderung oder Aufhebung von Übermittlungssperren gegenüber Dritten unterrichtet und berichtigt den Datenbestand im Zentralen Fahr­zeugregister entsprechend.

2.2.6
Gebühr

Die Anordnung der Übermittlungssperre für Beschäftigte in einem öffentlich-rechtlichen Arbeits- oder Dienstverhältnis ist gebührenfrei, unabhängig davon, ob es sich um eine Übermittlungssperre nach § 41 Absatz 1 oder Absatz 2 StVG handelt.

In den anderen Fällen der Anordnung einer Übermittlungssperre nach 1.2 ist eine Gebühr nach Ziffer 254 „Sonstige Anordnungen nach dem Kraftfahrzeugsteuergesetz, der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung, der Fahrzeug-Zulassungsverordnung, der EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung, der Fahrerlaubnis-Verordnung“ der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt) vom 25. Januar 2011 (BGBl. I. S. 98) in der jeweils geltenden Fassung zu erheben.

3.
Auskunftsersuchen bei angeordneter Übermittlungssperre

3.1
Übermittlung trotz bestehender Sperre

Nach § 41 Absatz 3 Satz 1 StVG ist die Übermittlung trotz bestehender Sperre im Einzelfall zulässig, wenn an der Kenntnis der gesperrten Daten ein überwiegendes öffentliches Interesse, insbesondere an der Verfolgung von Straftaten besteht. Bei der Güterabwägung im Einzelfall sind die Bedeutung des betroffenen öffentlichen Gutes auf der einen Seite und der Schutzzweck der Übermittlungssperre auf der anderen Seite zu berücksichtigen.

Außerdem ist die Übermittlung trotz bestehender Sperre im Einzelfall nach § 41 Absatz 4 Satz 1 StVG zulässig, wenn die Geltendmachung, Sicherung oder Vollstreckung oder die Befriedigung oder Abwehr von Rechtsansprüchen im Sinne des § 39 Absatz 1 und 2 StVG sonst nicht möglich wäre.

Unabhängig von der anfragenden Stelle ist vor der Übermittlung gesperrter Daten der Fahrzeughalterin oder dem Fahrzeughalter Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, es sei denn, die Anhörung würde dem Zweck der Übermittlung zuwiderlaufen. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass bei angeordneter Übermittlungssperre bestimmte öffentliche Stellen wie Polizei, Staatsanwaltschaft, Bußgeldbehörden oder Gerichte einen Auskunftsanspruch ohne vorherige Anhörung der Betroffenen haben. Nach obergerichtlicher Rechtsprechung findet eine teilweise Übermittlungssperre, von der bestimmte öffentliche Stellen vorab generell ausgenommen werden, keine Rechtsgrundlage in § 41 StVG (OVG Lüneburg, Beschluss vom 20. September 2016 – 12 ME 122/16 - juris).

Werden Bedenken erhoben, ist über die Datenübermittlung trotz bestehender Sperre nach § 41 Absatz 3 und 4 StVG zu entscheiden.

Die Anhörung gem. § 41 Absatz 3 Satz 4 StVG ist grundsätzlich der oder dem Betroffenen unmittelbar zuzusenden. Lediglich in den Fällen, in denen die antragstellende Dienststelle bei der Beantragung von Übermittlungssperren entsprechende Einverständniserklärungen der Betroffenen vorlegt, kann die Anhörung stattdessen an die Dienststelle gesandt werden.

Über die Aufhebung im Einzelfall entscheidet die für die Anordnung der Sperre zuständige Behörde (sperrende Behörde) nach § 41 Absatz 5 Satz 1 StVG.

3.2
Festhalten an einer Übermittlungssperre

Will die sperrende Behörde an der Übermittlungssperre nach § 41 Absatz 5 Satz 2 StVG festhalten, führt sie die Entscheidung der zuständigen Stelle herbei. Dies sind nach § 3 Nummer 6 der Verordnung über Zuständigkeiten im Bereich Straßenverkehr und Güterbeförderung in der jeweils geltenden Fassung die Bezirksregierungen.

4.
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Dieser Runderlass tritt am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft und am 31. Dezember 2028 außer Kraft.

MBl. NRW. 2024 S. 114.