Historische SMBl. NRW.
Historisch: Benutzung von Kinderrückhalteeinrichtungen RdErl. d. Ministeriums für Stadtentwicklung und Verkehr - III C 2 - 22 - 21/01- (am 1.1.2003: MVEL) v. 15.3.1993
Historisch:
Benutzung von Kinderrückhalteeinrichtungen RdErl. d. Ministeriums für Stadtentwicklung und Verkehr - III C 2 - 22 - 21/01- (am 1.1.2003: MVEL) v. 15.3.1993
Benutzung von
Kinderrückhalteeinrichtungen
RdErl. d. Ministeriums für
Stadtentwicklung und Verkehr
- III C 2 - 22 - 21/01- (am 1.1.2003:
MVEL)
v. 15.3.1993
Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr, die kleiner als 150
cm sind, dürfen in Kraftfahrzeugen auf Sitzen, für die Sicherheitsgurte
vorgeschrieben sind, nur mitgenommen werden, wenn Kinderrückhalteeinrichtungen
benutzt werden, die amtlich genehmigt und für das Kind geeignet sind. Zur
Anwendung dieser Vorschrift wird auf folgendes hingewiesen:
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Die Benutzung von Kinderrückhalteeinrichtungen ist
abschließend im § 21 Abs. l a StVO geregelt. Zur Auslegung ist von folgendem
auszugehen:
Kraftfahrzeuge sind alle maschinell angetriebenen, nicht an
Gleise gebundenen Fahrzeuge (z.B. Pkw, Omnibusse, Wohnmobile).
Sitze, für die Sicherheitsgurte (in der Regel Zwei- und
Dreipunktgurte) vorgeschrieben sind, bestimmen sich nach § 35 a StVZO. Nicht
erfasst werden dagegen durch Verwaltungsentscheidung vorgeschriebene
Sicherheitsgurte oder „Haltegurte" (z.B. durch Auflage bei einzelnen
Fahrgastsitzen in 100 km/h-Omnibussen).
Amtlich genehmigt sind Kinderrückhalteeinrichtungen, die
entsprechend der ECE-Regelung Nr. 44 (BGB1. II 1984 S. 746 mit weiteren
Änderungen und Ergänzungen, zuletzt vom 20. 02. 2002) gebaut, geprüft,
genehmigt und mit dem nach ECE-Regelung Nr. 44 vorgeschriebenen
Genehmigungszeichen gekennzeichnet sind. Seit 1. 1. 1989 dürfen
Kinderrückhalteeinrichtungen nur in amtlich genehmigter Bauart in den Handel
kommen (§ 22 a Abs. l Nr. 27 StVZO, § 72 Abs. 2 StVZO); als Prüfvorschrift für
die Bauartgenehmigung ist die ECE-Regelung Nr. 44 festgeschrieben.
Geeignet sind Rückhalteeinrichtungen für Kinder, wenn sie im
Einzelfall
- für den bestimmten Fahrzeugtyp (Genehmigungszeichen mit
Angabe der Bezeichnung „universal" für die Verwendung in jedem
Fahrzeugtyp; Angabe der Bezeichnung „nicht-universal" für die Verwendung
in bestimmten Fahrzeugtypen oder für die Verwendung in einem einzigen Fahrzeugtyp;
ergibt sich aus der Genehmigung in Verbindung mit der Anweisung des
Herstellers)
- für den benutzten Sitz (Vordersitz, Rücksitz, usw.) und
- für das Kind (Gewichtsklasse des Kindes usw.)
zugelassen und entsprechend den Anweisungen des Herstellers
angebracht werden.
Die ECE-Regelung Nr. 44 unterteilt die
Rückhalteeinrichtungen für Kinder in folgende fünf „Gewichtsklassen":
Klasse 0: Körpergewicht von weniger als 10 kg (Alter: bis
ca. neun Monate)
Klasse 0+: Körpergewicht von weniger als 13 kg (Alter: bis
ca. ein Jahr)
Klasse I: Körpergewicht von 9 kg bis 18 kg (Alter: bis ca.
drei Jahre)
Klasse II: Körpergewicht von 15 kg bis 25 kg (Alter: ca.
drei bis sechs Jahre)
Klasse III: Körpergewicht von 22 kg bis 36 kg (Alter: ca.
sechs bis zwölf Jahre)
Die ECE-Regelung Nr. 44 unterscheidet die
Rückhalteeinrichtungen für Kinder nach verschiedenen Arten. Dies sind
insbesondere
- Rückhalteeinrichtungen mit eigenen
Befestigungseinrichtungen (der Sicherheitsgurt für Erwachsene wird nicht
benötigt)
- Rückhalteeinrichtungen, welchen den Körper des Kindes
unter Benutzung des Sicherheitsgurtes für Erwachsene umfassen
- Sitzkissen zum Höhenausgleich, welche zusammen mit dem
Sicherheitsgurt für Erwachsene verwendet werden.
Angebot und Konstruktionen sind sehr vielschichtig. Bei der
Klasse 0 gibt es vor allem die Babyschale bzw. gesicherte Kinderwagenoberteile,
in der die Kinder liegend transportiert werden. Bei der Klasse I gibt es
Systeme mit Vierpunktgurten, Fangkörpersystemen, Systeme unter Verwendung des Dreipunktgurtes
des Kraftfahrzeugs und rückwärts gerichtete Systeme für den Beifahrersitz. Bei
der Klasse II gibt es vor allem Sitze mit Fangkörpersystem sowie
unterschiedlich konstruierte Sitzerhöhungen. Bei der Klasse III werden vor
allem Sitzkissen zum Höhenausgleich mit einem Sicherheitsgurt für Erwachsene
verwendet.
Das Genehmigungszeichen nach der ECE-Regelung Nr. 44 muss
deutlich lesbar, dauerhaft und verschleißfest an der Rückhalteeinrichtung
angebracht sein.
Von der Sicherungspflicht für Kinder gelten kraft Verordnung
folgende Ausnahmen:
Die Verpflichtung zur Sicherung von Kindern auf Rücksitzen
in Taxen, soweit nicht eine regelmäßige Beförderung der Kinder gegeben ist (§
21 Abs. la Satz 2 StVO), wird bis zum 31.12.2005 gemäß der 7.
Ausnahmeverordnung zur StVO vom 17.12.1997 (BGBl. I S. 3196), zuletzt geändert
durch Verordnung vom 18.11.2002 (BGBl. I S. 4414), auf die Verwendung von
Rückhalteeinrichtungen der Gewichtsklassen I, II und IIII im Sinne der ECE-Regelung
Nr. 44 (siehe Nr. 2 dieses Erlasses) beschränkt. Eine „regelmäßige
Beförderung" liegt auch dann vor, wenn ein Taxiunternehmer Kinder
regelmäßig befördert, aber für die Fahrten unterschiedliche Fahrzeuge einsetzt.
Dies ergibt sich zum einen aus dem Wortlaut der Vorschrift, der auf die
regelmäßige Beförderung der Kinder, nicht aber auf den Einsatz der Fahrzeuge,
abstellt. Außerdem ergibt es sich aus dem Sinn der Vorschrift, dass Taxen nur
deshalb befristet ausgenommen wurden, weil sie nicht ständig eine ausreichende
Zahl der unterschiedlichen Rückhalteeinrichtungen für Kinder mitführen können.
Dagegen kann bei rechtzeitig geplanten Fahrten auch hier eine ausreichende Zahl
geeigneter Rückhalteeinrichtungen für Kinder mitgeführt werden.
Kinder dürfen auf Rücksitzen ohne Sicherung durch
Rückhalteeinrichtungen befördert werden, wenn wegen der Sicherung von anderen
Personen für die Befestigung von Rückhalteeinrichtungen für Kinder keine
Möglichkeit mehr besteht (§21 Abs. l a Satz 3 StVO). In der Regel sind auf den
Rücksitzen drei Sicherungsmöglichkeiten (zwei Dreipunktgurte, ein
Zweipunktgurt) vorhanden. § 21 Abs. l a Satz 3 StVO stellt klar, dass auch
weitere Kinder auf dem Rücksitz mitgenommen werden können, wenn alle
Befestigungsmöglichkeiten für Rückhalteeinrichtungen ausgenutzt sind.
Voraussetzung ist jedoch, dass für das Kind ausreichend Platz zum Sitzen
vorhanden ist.
Fallgestaltungen und Lösungen
Sicherung von Kindern, wenn auf den Rücksitzen nur
Beckengurte zur Verfügung stehen
Sicherung von Kindern unter 150 cm Körpergröße mit einem
Körpergewicht über 36 kg
Sicherung von Kindern unter 150 cm Körpergröße in
Kraftfahrzeugen mit geeigneter Gurtgeometrie (der Schräggurt muss über das
Schlüsselbein verlaufen, der Beckengurt über die Beckenknochen) für das Kind.
Je nach Anbringung der Verankerungspunkte der Gurte in dem Kraftfahrzeug kann
auch bei Kindern unter 150 cm Körpergröße mit dem Erwachsenengurt eine
geeignete Gurtgeometrie erreicht werden. In diesen Fällen darf der
Erwachsenengurt verwendet werden. Auf die Ausnahmeregelung in Nr. 8 wird
hingewiesen.
Familien mit mehr als drei Kindern
Der Verordnungsgeber hat in seiner Entscheidung neben der
Kindersicherheit (gleiche Sicherheit nicht nur für Erwachsene mit dem
Erwachsenengurt, sondern auch für Kinder mit Rückhalteeinrichtung) auch die
organisatorischen Probleme, aber auch die finanzielle Belastung,
berücksichtigt. Insbesondere gilt dies für die gelegentliche oder nicht
geplante Beförderung von Kindern (z.B. durch Großeltern, Nachbarn), bei der
Benutzung von gemieteten Kraftfahrzeugen und bei der Beförderung durch
Sportvereine, Kirchen, Kindergärten und ähnlichen Organisationen in Schulbussen.
Hier wurde es für zumutbar angesehen, dass durch geeignete organisatorische
Vorkehrungen sichergestellt wird, dass in ausreichender Zahl geeignete
Rückhalteeinrichtungen für Kinder bereitstehen. So können
Kinderrückhalteeinrichtungen für die Fahrt mitgegeben, an bestimmten Stellen
deponiert (z.B. Turnhalle, Vereinsheim, im Kindergarten) oder ausgeliehen
werden. In diesen Fällen liegt regelmäßig keine besondere Ausnahmesituation
vor, da sie vom Verordnungsgeber beim Erlass bzw. bei der Zustimmung zur
Verordnung hinreichend berücksichtigt wurden. Die gesetzliche Ausnahme nach §
21 Abs. la Satz 3 StVO gilt in diesen Fällen nicht.
Airbag und Rückhalteeinrichtungen für Kinder auf
Vordersitzen
Die Benutzung einer Kinderrückhalteeinrichtung kann zur
Folge haben, dass der Kopf des Kindes über die Rückenlehne des Fahrzeugsitzes
hinausragt. Auch in diesen Fällen ist die Kinderrückhalteeinrichtung zu
benutzen. Kopfstützen können zwar das mit schmerzhaften Folgen verbundene
„Kopfnicken" bei Auffahrunfällen dämpfen, im Gegensatz zu den
Rückhalteeinrichtungen sind Kopfstützen aber nicht obligatorisch
vorgeschrieben. Im Rahmen einer Interessenabwägung hat der Verordnungsgeber die
Sicherung durch Rückhaltesysteme als zielführender und notwendiger erachtet.
Die Mitnahme von behinderten Kindern darf nur erfolgen, wenn
eine besondere Rückhalteeinrichtung für Behinderte benutzt wird und in einer
ärztlichen Bescheinigung, die auf den Namen des behinderten Kindes ausgestellt
ist, bestätigt wird, dass anstelle einer bauartgenehmigten Rückhalteeinrichtung
nach § 22 a Abs. l Nr. 27 StVZO nur eine besondere Rückhalteeinrichtung
verwendet werden kann. Im übrigen wird auf die Dritte Verordnung über Ausnahmen
von straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften vom 5. Juni 1990 (BGB1.1 S. 999),
geändert durch Verordnung vom 22. Dezember 1992 (BGB1.1 S. 2480), verwiesen.
Sicherung von Kindern über 12 Jahren unter 150 cm
Körpergröße
Die Mitnahme von Kindern durch den Fahrzeugführer ohne
Verwendung von Rückhalteeinrichtungen für Kinder stellt eine Ordnungswidrigkeit
nach § 49 Abs. l Nr. 20 StVO dar. Bei der Ahndung ist nur auf den Tatbestand
„Personenbeförderung entgegen...", nicht jedoch auf die Anzahl der
verbotswidrig mitgenommenen Kinder abzustellen. Im Rahmen des
Opportunitätsprinzips kann von der Erhebung eines Verwarnungsgeldes abgesehen
werden, wenn der Fahrzeugführer ansonsten zum Ausschluss der Gefährdung des
Kindes alles ihm Mögliche getan hat.
Ausnahmen
Gem. § 46 Abs. 2 StVO wird hiermit in den Fällen 6.1 bis 6.4
die entsprechende Ausnahme - Befreiung von der Benutzung einer
Kinderrückhalteeinrichtung -erteilt.
Dieser Erlass ergeht im Einvernehmen mit dem
Innenministerium.
MBl. NRW. 1993 S. 726, geändert durch RdErl. v. 15.3.1993 (MBl. NRW. 1994 S. 553).