Geltende Gesetze und Verordnungen (SGV. NRW.)  mit Stand vom 13.11.2024


Klimaanpassungsgesetz Nordrhein-Westfalen (KlAnG)


Inhaltsverzeichnis:

Normüberschrift

Klimaanpassungsgesetz Nordrhein-Westfalen (KlAnG)

Vom 8. Juli 2021 (Fn 1)

§ 1
Zweck des Gesetzes

(1) Zweck dieses Gesetzes ist die Festlegung von Klimaanpassungszielen sowie die Schaffung der rechtlichen Grundlagen für die Erarbeitung einer Klimaanpassungsstrategie sowie die Umsetzung, Überprüfung, Berichterstattung über und Fortschreibung von Klimaanpassungsmaßnahmen. Damit sollen die negativen Auswirkungen des Klimawandels begrenzt, insbesondere drohende Schäden verringert, die Klimaresilienz gesteigert und Beiträge zu den nationalen und internationalen Anstrengungen bei der Klimaanpassung geleistet werden.

(2) Grundlage bildet die Verpflichtung nach dem Übereinkommen von Paris aufgrund der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (BGBl. 2016 II S.1082, 1083), wonach die Vertragsparteien durch die Verbesserung der Anpassungsfähigkeit, die Stärkung der Widerstandsfähigkeit und die Verringerung der Anfälligkeit gegenüber Klimaänderungen einen Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung leisten.

§ 2
Begriffsbestimmungen

(1) Öffentliche Stellen im Sinne dieses Gesetzes sind die Landesregierung, Behörden, Einrichtungen, Sondervermögen und sonstige Stellen des Landes, Gemeinden und Gemeindeverbände sowie sonstige der Aufsicht des Landes unterstehende juristische Personen des öffentlichen Rechts und deren Vereinigungen, soweit sie nicht der Selbstverwaltung der Wirtschaft oder beruflicher Angelegenheiten dienen. Dem stehen juristische Personen des Privatrechts gleich, bei denen ein bestimmender Einfluss der Stellen nach Satz 1 besteht.

(2) Handlungsfelder im Sinne dieses Gesetzes orientieren sich an den Handlungsfeldern der bisherigen Strategien auf Bundes- und Landesebene und decken die natürlichen und sozioökonomischen Bereiche ab, die von den Folgen des Klimawandels betroffen sind.

(3) Grüne Infrastruktur wird definiert als ein strategisch geplantes Netzwerk natürlicher und naturnaher Flächen mit unterschiedlichen Umweltmerkmalen, das mit Blick auf die Bereitstellung eines breiten Spektrums an Ökosystemdienstleistungen angelegt ist und bewirtschaftet wird und umfasst terrestrische und aquatische Ökosysteme.

§ 3
Klimaanpassungsziele

(1) Die negativen Auswirkungen des Klimawandels sind seitens der jeweils zuständigen öffentlichen Stellen durch die Erarbeitung und Umsetzung von handlungsfeldspezifischen und auf die jeweilige Region abgestimmten Anpassungsmaßnahmen zu begrenzen.

(2) Die Anpassung an den Klimawandel dient insbesondere auch der Gefahrenvorsorge, der Gesundheit der oder des Einzelnen und der Allgemeinheit, der Sicherung einer menschenwürdigen Umwelt, dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen sowie der Förderung einer nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Wirtschaft. Maßnahmen nach Absatz 1 sind entsprechend auszurichten.

§ 4
Umsetzung der Klimaanpassungsziele durch die Landesregierung

(1) Für die Landesregierung sind die Klimaanpassungsziele des § 3 unmittelbar verbindlich.

(2) Die Landesregierung hat eine Vorbildfunktion und ist verpflichtet, ihre Handlungsmöglichkeiten zu nutzen, um die landesweiten Klimaanpassungsziele nach § 3 insgesamt zu erreichen. Sie räumt der Steigerung der Klimaresilienz besondere Bedeutung ein. Darüber hinaus wird die Landesregierung Maßnahmen und geeignete Unterstützungsstrukturen zur Klimaanpassung im Rahmen ihrer Möglichkeiten umsetzen und fördern. Gleichzeitig sollen das Verständnis und die Motivation der Bevölkerung für Klimaanpassungsmaßnahmen unter anderem durch Bildung, Ausbildung, Information und Beratung gesteigert werden.

(3) Für die Umsetzung der Klimaanpassungsziele übernimmt das aufgrund seines Geschäftsbereichs für ein Handlungsfeld überwiegend zuständige Ministerium die Koordinierung. Es hat die Aufgabe, die für die Umsetzung erforderlichen Maßnahmen zu veranlassen, insbesondere die Maßnahmen nach § 8 vorzulegen und deren Umsetzung zu verfolgen.

(4) Die Landesregierung erstellt eine Klimaanpassungsstrategie nach § 8 und weitere spezifische Konzeptionen zum Umgang mit den Folgen des Klimawandels.

(5) Bei der Begrenzung der negativen Folgen des Klimawandels und der Steigerung der Klimaresilienz kommen dem Schutz und dem Ausbau der Grünen Infrastruktur eine besondere Bedeutung zu.

(6) Die Landesregierung trägt dafür Sorge, dass bei der Normsetzung von Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften sowie der Verwendung von Fördermitteln des Landes die Ziele des Gesetzes unterstützt werden. Eine Überprüfung und Klärung der Klimaresilienzverträglichkeit kann auch zu

1. sonstigen Maßnahmen und Vorhaben der Landesregierung,

2. bestehenden Landesgesetzen und –verordnungen

erfolgen, wenn diese eine wesentliche Klimaanpassungsrelevanz aufweisen.

§ 5
Klimaanpassung durch andere öffentliche Stellen

(1) Die anderen öffentlichen Stellen haben ebenfalls eine Vorbildfunktion zur Anpassung an den Klimawandel und erfüllen diese in eigener Zuständigkeit und Verantwortung.

(2) Die Landesregierung unterstützt die anderen öffentlichen Stellen dabei unter anderem durch Förderprogramme und Beratungsangebote und stellt Datengrundlagen und vorhandene Erkenntnisse zur Verfügung.

(3) Den Gemeinden und Gemeindeverbänden wird empfohlen, kommunale Klimaanpassungskonzepte aufzustellen und die darin vorgesehenen Maßnahmen umzusetzen. Die Landesregierung fördert dabei Maßnahmen zur Unterstützung und Beratung von Gemeinden und Gemeindeverbänden bei der Einführung von Prozessen und Qualitätsmanagementverfahren im Bereich Klimaanpassung.

(4) Die Notwendigkeiten der Klimaanpassung sollen auch im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge Berücksichtigung finden.

§ 6
Berücksichtigungsgebot

(1) Die Träger öffentlicher Aufgaben haben bei ihren Planungen und Entscheidungen den Zweck dieses Gesetzes und die zu seiner Erfüllung festgelegten Ziele fachübergreifend und integriert zu berücksichtigen.

(2) Gemäß § 13 Absatz 3 Satz 1 des Bundes-Klimaschutzgesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2513) sind bei der Anwendung von Wirtschaftlichkeitskriterien bei vergleichenden Betrachtungen die Kosten und Einsparungen über die jeweilige gesamte Nutzungsdauer der Investition oder Beschaffung zugrunde zu legen. Dabei sind gemäß Satz 2 auch die zu erwartenden Kosten der negativen Folgen des Klimawandels auf geeignete Weise zu berücksichtigen.

§ 7
Allgemeine Vorsorge

Bei der Aufgabe der Klimaanpassung handelt es sich um eine bedeutsame gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Alle Personen und relevanten gesellschaftlichen Akteure sind dazu aufgerufen, an deren Erfüllung mitzuwirken.

§ 8
Klimaanpassungsstrategie

(1) Die Landesregierung erstellt unter Beteiligung von gesellschaftlichen Gruppen sowie der kommunalen Spitzenverbände eine Klimaanpassungsstrategie.

(2) Die Klimaanpassungsstrategie konkretisiert die notwendigen Maßnahmen zur Erreichung der Klimaanpassungsziele nach § 3. Die Klimaanpassungsstrategie wird spätestens alle fünf Jahre unter Berücksichtigung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse sowie der Entwicklungen zur Klimaanpassung auf internationaler, Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene fortgeschrieben.

(3) Die Klimaanpassungsstrategie benennt insbesondere handlungsfeldspezifische Strategien und Maßnahmen, um die negativen Auswirkungen des Klimawandels zu begrenzen, drohende Schäden zu verringern und die Klimaresilienz zu steigern. Soweit erforderlich enthält die Klimaanpassungsstrategie auch Hinweise und Vorgaben für die Gebiete des Landes gemäß § 2 Absatz 3 des Landesplanungsgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 3. Mai 2005 (GV. NRW. S. 430) in der jeweils geltenden Fassung.

(4) Bei der Erstellung der Klimaanpassungsstrategie sind Maßnahmen aus anderen Fachplanungen, die zur Erreichung der Klimaanpassungsziele nach § 3 geeignet sind, zu berücksichtigen und eine fachübergreifende, integrierte Betrachtungsweise zugrunde zu legen.

§ 9
Monitoring

(1) Die Klimaanpassungsziele und die Umsetzung der Maßnahmen der Klimaanpassungsstrategie nach § 8 werden von einem fortlaufenden, wissenschaftlich fundierten Monitoring begleitet. Die Ergebnisse des Monitorings werden veröffentlicht und bilden die Grundlage für die Fortschreibung der Klimaanpassungsstrategie nach § 8 Absatz 2 Satz 2.

(2) Zentrale Elemente des Monitorings sind:

1. eine Erhebung und Darstellung der Klimaentwicklungen in Nordrhein-Westfalen,

2. eine Erhebung und Darstellung der Auswirkungen des Klimawandels auf Mensch, Natur und Umwelt auch unter der Berücksichtigung der sozialen, wirtschaftlichen und beschäftigungspolitischen Auswirkungen,

3. ein Überblick über die durchgeführten Maßnahmen der Anpassungsstrategie und

4. ein Überblick über die Auswirkungen der durchgeführten Anpassungsmaßnahmen in Nordrhein-Westfalen.

§ 10
Aufgaben des Landesamtes für Natur-, Umwelt und Verbraucherschutz

Das Landesamt für Natur-, Umwelt- und Verbraucherschutz hat auf dem Gebiet des Klimawandels und der Klimafolgenanpassung insbesondere folgende Aufgaben:

1. Erarbeitung, fortlaufende Aktualisierung und Veröffentlichung der Ergebnisse des Klimafolgen- und Anpassungsmonitorings nach § 9 Absatz 2,

2. Erarbeitung und Bereitstellung von wissenschaftlichen Datengrundlagen und Instrumenten zur Unterstützung der Akteure der Klimaanpassung und

3. Erstellung von Fachbeiträgen zu Klimawandel und Klimaanpassung für die Regionalplanung.

§ 11
Beirat

Das für die Anpassung an die Folgen des Klimawandels zuständige Ministerium setzt einen Beirat ein, der die Klimaanpassungspolitik in Nordrhein-Westfalen beratend begleitet. Der Beirat setzt sich zusammen aus Vertreterinnen und Vertretern relevanter gesellschaftlicher und wissenschaftlicher Bereiche des Landes.

§ 12
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen

Der Ministerpräsident

Der Minister des Innern

Zugleich für den Minister der Finanzen

Sowie für den Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Internationales

Der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie

Die Ministerin für Schule und Bildung

Zugleich für den Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration

Die Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung

Zugleich für den Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales

Der Minister der Justiz

Der Minister für Verkehr

Die Ministerin für Kultur und Wissenschaft

Zugleich für die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz

Fußnoten:

Fn 1

In Kraft getreten am 16. Juli 2021 (GV. NRW. S. 910).



Normverlauf ab 2000: