Geltende Gesetze und Verordnungen (SGV. NRW.)  mit Stand vom 3.5.2024


Verordnung zur elektronischen Aktenführung bei den Gerichten in Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz im Land Nordrhein-Westfalen (eAkten-Verordnung in Strafvollzugssachen – eAktVO StVollz)


Inhaltsverzeichnis:

Normüberschrift

Verordnung
zur elektronischen Aktenführung bei den Gerichten in Verfahren
nach dem Strafvollzugsgesetz im Land Nordrhein-Westfalen
(eAkten-Verordnung in Strafvollzugssachen – eAktVO StVollz)

Vom 12. März 2024 (Fn 1)

Auf Grund des § 110a Absatz 2 Satz 1 des Strafvollzugsgesetzes vom 16. März 1976 (BGBl. I S. 581, 2088; 1977 I S. 436), der durch Artikel 5 Nummer 2 des Gesetzes vom 5. Juli 2017 (BGBl. I S. 2208) eingefügt worden ist, in Verbindung mit § 1 Absatz 2 des Justizgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 26. Januar 2010 (GV. NRW. S. 30), der zuletzt durch Gesetz vom 23. Februar 2022 (GV. NRW. S. 254) geändert worden ist, verordnet das Ministerium der Justiz:

§ 1
Anordnung der elektronischen Aktenführung

(1) Bei den in der Anlage zu dieser Verordnung bezeichneten Gerichten werden die Akten in den durch Verwaltungsvorschrift bekannt zu machenden Verfahren elektronisch geführt. Die Bekanntmachung erfolgt durch Allgemeine Verfügung im Justizministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen. Akten, die ab dem in der Allgemeinen Verfügung nach Satz 1 angegebenen Datum neu angelegt werden, werden im Ganzen elektronisch geführt. Akten, die zum angegebenen Datum bereits in Papierform angelegt sind, werden im Ganzen in Papierform geführt.

(2) Abweichend von Absatz 1 Satz 4 werden in der Rechtsmittelinstanz die in der Vorinstanz in Papierform angelegten Akten elektronisch weitergeführt. Nach Rücksendung der Akten erfolgt die Aktenführung in der Vorinstanz unverändert nach Maßgabe des Absatzes 1. Sind aufgrund einer gesetzlichen Vorschrift zwei Dokumente untrennbar miteinander zu verbinden, hat die Verbindung in Papierform zu erfolgen, wenn nicht beide Dokumente Teil der elektronischen Akte sind.

§ 2
Bildung elektronischer Akten

(1) Elektronische Dokumente sowie in Papierform beibehaltene Schriftstücke und sonstige Unterlagen gemäß § 3 Absatz 1 Satz 2, die dieselbe Angelegenheit betreffen, sind zu Akten zu vereinigen.

(2) Enthält eine elektronisch geführte Akte sowohl elektronische als auch in Papierform beibehaltene Bestandteile, so muss beim Zugriff auf jeden der Teile ein Hinweis auf den jeweils anderen Teil

enthalten sein.

(3) Elektronisch geführte Akten sind so zu strukturieren, dass sie die gerichtsinterne Bearbeitung sowie den Aktenaustausch unterstützen.

§ 3
Struktur und Format elektronischer Akten; Repräsentat

(1) In der elektronischen Akte werden zur Akte gebrachte elektronische Dokumente einschließlich zugehöriger Signaturdateien sowie sonstige zur Akte gebrachte Dateien und Informationen gespeichert. Elektronische Empfangsbekenntnisse werden als Datensätze in der elektronischen Akte gespeichert.

(2) Die nach Absatz 1 in der elektronischen Akte gespeicherten Inhalte müssen jederzeit zusätzlich als elektronische Dokumente im Format PDF/A wiedergegeben werden können; diese Dokumente bilden das Repräsentat. Das Repräsentat muss den gesamten zur Akte gebrachten Inhalt mit Ausnahme der nur für die Datenverarbeitung notwendigen Struktur-, Definitions- und Schemadateien wiedergeben. Soweit die Wiedergabe eines Inhalts technisch nicht möglich ist, ist ein entsprechender Hinweis in das Repräsentat aufzunehmen. An die Stelle von Signaturdateien treten im Repräsentat Vermerke über das Ergebnis der Signaturprüfung. Das Repräsentat muss druckbar, kopierbar und, soweit technisch möglich, durchsuchbar sein. Die Seiten des Repräsentats sind so zu nummerieren, dass sie eindeutig zitiert werden können.

(3) Bei der elektronischen Aktenführung sind alle Daten vorzuhalten, die erforderlich sind, um den für die Übermittlung von elektronischen Akten vorgesehenen strukturierten maschinenlesbaren Datensatz im Dateiformat XML gemäß der Bekanntmachung nach § 6 der Strafvollzugsgerichtsaktenübermittlungsverordnung vom 3. März 2020 (BGBl. I. S. 410) in der jeweils geltenden Fassung zu erzeugen und die Bearbeitung zu unterstützen.

§ 4
Übertragung von Papierdokumenten

(1) Schriftstücke und sonstige Unterlagen, die zu einer elektronisch geführten Akte in Papierform eingereicht werden, sind in die elektronische Form zu übertragen. Ausgenommen sind Schriftstücke und sonstige Unterlagen, deren Übertragung wegen ihres Umfanges oder ihrer sonstigen Beschaffenheit unverhältnismäßig wäre, sowie in Papierform geführte Akten anderer Instanzen und Beiakten.

(2) Es ist sicherzustellen, dass das elektronische Dokument mit den vorliegenden Schriftstücken und sonstigen Unterlagen bildlich und inhaltlich übereinstimmt. Die Übertragung hat nach dem Stand der Technik zu erfolgen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn den Anforderungen der jeweils aktuellen Technischen Richtlinie 03138 Ersetzendes Scannen (RESISCAN) des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik genügt wird. Eingescannte Leerseiten werden nicht gespeichert.

(3) Die in Papierform vorliegenden, in die elektronische Form übertragenen Schriftstücke und sonstigen Unterlagen können sechs Monate nach der Übertragung vernichtet werden, sofern für sie keine Rückgabeverpflichtung besteht.

§ 5
Bearbeitung der elektronischen Akten

(1) Elektronische Dokumente sowie sonstige Dateien und Informationen gelten als zur Akte genommen, wenn sie bewusst und dauerhaft in der elektronischen Akte gespeichert worden sind.

(2) Es ist sicherzustellen, dass in der elektronischen Akte alle Bearbeitungsvorgänge nachvollzogen werden können. Es ist insbesondere sicherzustellen, dass nachvollzogen werden kann, welche Stelle die Akte zu welchem Zeitpunkt bearbeitet hat.

(3) Es ist sicherzustellen, dass die elektronische Akte nur von der jeweils lese- und schreibberechtigten Stelle eingesehen und bearbeitet werden kann. Dies gilt auch, wenn die Lese- und Schreibrechte nur teilweise auf eine andere Stelle übergehen.

§ 6
Führung und Aufbewahrung elektronischer Akten

Die elektronische Akte ist mit einem elektronischen Datenverarbeitungssystem nach dem Stand der Technik zu führen und aufzubewahren, das insbesondere gewährleistet, dass

1. die elektronische Akte benutzbar, lesbar und auffindbar ist (Verfügbarkeit),

2. die Funktionen der elektronischen Akte nur genutzt werden können, wenn sich die Benutzerin oder der Benutzer dem System gegenüber identifiziert und authentisiert (Identifikation und Authentisierung),

3. die eingeräumten Benutzungsrechte im System verwaltet werden (Berechtigungsverwaltung),

4. die eingeräumten Benutzungsrechte vom System geprüft werden (Berechtigungsprüfung),

5. die Vornahme von Veränderungen und Ergänzungen der elektronischen Akte im System protokolliert wird (Beweissicherung),

6. eingesetzte Datensicherungssysteme ohne Sicherheitsrisiken wiederhergestellt werden können (Wiederaufbereitung),

7. etwaige Verfälschungen der gespeicherten Daten durch Fehlfunktionen des Systems durch geeignete technische Prüfmechanismen rechtzeitig bemerkt werden können (Unverfälschtheit),

8. die Funktionen des Systems fehlerfrei ablaufen und auftretende Fehlfunktionen unverzüglich gemeldet werden (Verlässlichkeit) und

9. der Austausch von Daten im System und bei Einsatz öffentlicher Netze sicher erfolgen kann (Übertragungssicherheit).

§ 7
Barrierefreiheit

Elektronische Akten und Verfahren zur elektronischen Aktenführung und -bearbeitung sollen technisch so gestaltet werden, dass sie, soweit technisch möglich, barrierefrei zugänglich und nutzbar sind. Hierzu sollen die Anforderungen an die Barrierefreiheit im Sinne der Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung vom 12. September 2011 (BGBl. I S. 1843) in der jeweils geltenden Fassung bereits bei der Planung, Entwicklung, Ausschreibung und Beschaffung beachtet werden.

§ 8
Ersatzmaßnahmen

Im Fall technischer Störungen der elektronischen Aktenführung kann die Gerichtsleitung des von der Störung betroffenen Gerichts anordnen, dass eine Ersatzakte in Papierform geführt wird. Diese ist in die elektronische Form zu übertragen, sobald die Störung behoben ist. Art und Dauer der Störung sind zu dokumentieren. Bei anhaltenden technischen Störungen ist das für die Justiz zuständige Ministerium zu unterrichten.

§ 9
Geltung der Aktenordnungen

Im Übrigen bleiben die Aktenordnungen unberührt.

§ 10
Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am 1. April 2024 in Kraft.

Der Minister der Justiz
des Landes Nordrhein-Westfalen


Anlagen:

Fußnoten:

Fn 1

In Kraft getreten am 1. April 2024 (GV. NRW. S. 182).



Normverlauf ab 2000: