Geltende Gesetze und Verordnungen (SGV. NRW.)  mit Stand vom 8.11.2024


Verordnung über die Erprobung von Richterinnen und Richtern, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten im Geschäftsbereich des Ministeriums der Justiz (Erprobungsverordnung JM - ErprobVO JM)


Inhaltsverzeichnis:

Normüberschrift

Verordnung über die Erprobung von Richterinnen und Richtern,
Staatsanwältinnen und Staatsanwälten im Geschäftsbereich des
Ministeriums der Justiz (Erprobungsverordnung JM - ErprobVO JM)

Vom 14. Dezember 2022 (Fn 1)

Aufgrund des § 14 Absatz 6 Satz 2 und 4 des Landesrichter- und Staatsanwältegesetzes vom 8. Dezember 2015 (GV. NRW. S. 812), der durch Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 504) eingefügt worden ist, verordnet das Ministerium der Justiz:

§ 1
Grundsätze

(1) Diese Verordnung regelt die Grundsätze für die Erprobung von Richterinnen und Richtern der ordentlichen Gerichtsbarkeit, der Verwaltungs-, der Arbeits- und der Sozialgerichtsbarkeit sowie von Staatsanwältinnen und Staatsanwälten des Landes Nordrhein-Westfalen. Für Richterinnen und Richter in der Finanzgerichtsbarkeit gilt kein Erprobungserfordernis. Einzelheiten zu dieser Verordnung werden in einer Verwaltungsvorschrift geregelt.

(2) Auf Erprobungsmöglichkeiten und deren Voraussetzungen ist in geeigneter Weise hinzuweisen.

§ 2
Erprobungserfordernis, Ausnahmen

(1) Die erstmalige Übertragung eines Amts mit höherem Endgrundgehalt als dem eines Eingangsamts setzt voraus, dass die Richterin oder der Richter beziehungsweise die Staatsanwältin oder der Staatsanwalt erprobt worden ist. Erprobt ist, wer nach Maßgabe der folgenden Vorschriften zu dem Zweck verwendet worden ist, ihre oder seine Eignung, Befähigung und fachliche Leistung für ein Amt nach Satz 1 zu bewerten.

(2) Abweichend von Absatz 1 ist die erstmalige Übertragung der Ämter

1. der Direktorinnen und Direktoren beziehungsweise Präsidentinnen und Präsidenten der Amtsgerichte sowie ihrer ständigen Vertreterinnen und ständigen Vertreter,

2. der Direktorinnen und Direktoren der Arbeitsgerichte sowie ihrer ständigen Vertreterinnen und ständigen Vertreter,

3. der Richterinnen und Richter am Amtsgericht, am Arbeitsgericht oder am Sozialgericht - als weitere aufsichtführende Richterin oder weiterer aufsichtführender Richter - und

4. der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte - als Gruppenleitung bei einer Staatsanwaltschaft -

von dem Erfordernis einer Erprobung mit der Maßgabe ausgenommen, dass für die nachfolgende Übertragung anderer als der vorgenannten Beförderungsämter die Erprobung vorausgesetzt bleibt.

§ 3
Geeignete Dienststellen und Aufgaben

(1) Die Erprobung kann durch die Wahrnehmung von Aufgaben

1. der rechtsprechenden Gewalt bei einem oberen Landesgericht,

2. des staatsanwaltlichen Dienstes bei einer Generalstaatsanwaltschaft,

3. als wissenschaftliche Mitarbeiterin oder wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Bundesverfassungsgericht, beim Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, bei einem obersten Bundesgericht oder bei der Bundesanwaltschaft beim Bundesgerichtshof,

4. als Mitarbeiterin oder Mitarbeiter bei dem für Justiz zuständigen Bundesministerium, dem für Justiz zuständigen Ministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, der Fachhochschule für Rechtspflege Nordrhein-Westfalen, dem Zentralen IT-Dienstleister für die Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen oder der Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen,

5. als Mitarbeiterin oder Mitarbeiter bei einer internationalen Institution, insbesondere bei den Institutionen und Organen der Europäischen Union und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte,

6. für Beförderungsämter im Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit auch als Mitarbeiterin oder Mitarbeiter einer anderen obersten Bundes- oder Landesbehörde und

7. für Beförderungsämter im Bereich der Arbeits- und der Sozialgerichtsbarkeit auch als Mitarbeiterin oder Mitarbeiter der für Arbeit und der für Soziales zuständigen Ministerien des Bundes und des Landes Nordrhein-Westfalen

durchgeführt werden.

(2) Die Erprobung bei einer Dienststelle nach Absatz 1 Nummer 3 bis 7 setzt die Wahrnehmung von Aufgaben der Justiz- oder Ministerialverwaltung oder von überwiegend juristischen Aufgaben voraus. Das für Justiz zuständige Ministerium entscheidet abschließend und verbindlich vor Beginn der beabsichtigten Erprobung über das Vorliegen dieser Voraussetzung. Die Stellen zur Erprobung bei den nach Absatz 1 Nummer 3 bis 7 geeigneten Dienststellen müssen insgesamt in einem angemessenen Verhältnis zu Erprobungsstellen nach Absatz 1 Nummer 1 und 2 stehen.

§ 4
Erprobungsdauer

(1) Die regelmäßige Erprobungsdauer beträgt in den Fällen des § 3 Absatz 1 Nummer 1 und 2 neun Monate und in den Fällen des § 3 Absatz 1 Nummer 3 bis 7 zwei Jahre. Die Erprobungsdauer kann im Einzelfall verkürzt oder, insbesondere bei Beurlaubungszeiten ohne Dienstbezüge oder Krankheitszeiten, verlängert werden. Die Entscheidung über eine Verkürzung oder Verlängerung trifft die für die dienstliche Beurteilung nach § 3 Absatz 2 Nummer 3 der Beurteilungsverordnung JM vom 14. Dezember 2022 (GV. NRW. S. 1104) in der jeweils geltenden Fassung zuständige Stelle. Die Verkürzung bedarf der Zustimmung des für Justiz zuständigen Ministeriums.

(2) Die Erprobung kann auch in Teilzeit mit mindestens der Hälfte des regelmäßigen Dienstes durchgeführt werden. Sowohl Erprobungen in Vollzeit als auch in Teilzeit müssen mit der vollen jeweils zur Verfügung stehenden Arbeitskraft erfolgen.

§ 5
Voraussetzungen der Erprobung

Zur Erprobung einberufen werden kann nur, wer

1. auf Lebenszeit ernannt ist,

2. nach der Erlangung der Planreife im Sinne von § 10 des Deutschen Richtergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. April 1972 (BGBl. I S. 713), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2154) geändert worden ist, regelmäßig mindestens zwei Jahre richterlich beziehungsweise staatsanwaltlich tätig gewesen ist und

3. nach ihrer oder seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung in der Verwendung nach Nummer 2 hierfür in Betracht kommt.

Für die Berechnung der Verwendungszeit nach Satz 1 Nummer 2 gilt eine Teilzeitbeschäftigung von mindestens 30 Prozent des regelmäßigen Dienstes als volle Arbeitszeit. Bei einer geringeren Teilzeitbeschäftigung ist die Teilzeitbeschäftigung entsprechend ihrem Verhältnis zur Beschäftigung mit 30 Prozent des regelmäßigen Dienstes zu berücksichtigen. Die Sätze 2 und 3 gelten entsprechend für den Fall einer teilweisen Freistellung von der dienstlichen Tätigkeit wegen der Mitgliedschaft in einem Richter-, Staatsanwalts- oder Präsidialrat oder als Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen sowie für den Fall einer teilweisen Freistellung von Rechtsprechungs- oder staatsanwaltlichen Aufgaben zur Wahrnehmung von Aufgaben der Justizverwaltung.

§ 6
Beurteilung nach Abschluss der Erprobung

(1) Nach Abschluss der Erprobung sind Eignung, Befähigung und fachliche Leistung nach Maßgabe der Beurteilungsverordnung JM zu beurteilen.

(2) Zur Vorbereitung der Erstellung der dienstlichen Beurteilung ist nach Abschluss der Erprobung nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ein schriftlicher Beurteilungsbeitrag der Vorsitzenden oder des Vorsitzenden des Senats einzuholen.

§ 7
Evaluierung

Diese Verordnung wird nach Ablauf von drei Jahren seit ihrem Inkrafttreten von dem für Justiz zuständigen Ministerium überprüft.

§ 8
Übergangsregelung

Auf im Zeitpunkt des Inkrafttretens noch nicht abgeschlossene Erprobungen ist das bis zum 31. Dezember 2022 geltende Recht anzuwenden, unter Ausnahme der Vorgaben zur dienstlichen Beurteilung nach Abschluss der Erprobung.

§ 9
Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2023 in Kraft.

Der Minister der Justiz
des Landes Nordrhein-Westfalen

Fußnoten:

Fn 1

In Kraft getreten am 1. Januar 2023 (GV. NRW. S. 1106).



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