Historische SGV. NRW.

 Aufgehobene Norm: (zur Aufhebung siehe unter (Fn 1))
 


Historisch: Verordnung über die Dienst- und Geschäftsverhältnisse der Gerichtsvollzieher und der Vollziehungsbeamten der Justiz


Inhaltsverzeichnis:


Historisch:

Normüberschrift

Verordnung
über die Dienst- und Geschäftsverhältnisse der
Gerichtsvollzieher und der Vollziehungsbeamten
der Justiz

Vom 22. Oktober 1984 (Fn 1)

Auf Grund des § 154 des Gerichtsverfassungsgesetzes sowie auf Grund des § 154 des Gerichtsverfassungsgesetzes in Verbindung mit § 6 Abs. 3 Satz 1 der Justizbeitreibungsordnung vom 11. März 1937 (RGBl. I S. 298), zuletzt geändert durch Gesetz vom 13. Juni 1980 (BGBl. I S. 677), in beiden Fällen in Verbindung mit § 1 des Gesetzes über Rechtsverordnungen im Bereich der Gerichtsbarkeit vom 1. Juli 1960 (BGBl. I S. 481) und § 1 der Verordnung über die Ermächtigung des Justizministers zum Erlaß von Rechtsverordnungen vom 6. Juli 1960 (GV. NW. S. 209) (Fn 2) wird verordnet:

Erster Abschnitt
Gerichtsvollzieher

§ 1

Dienstbehörde des Gerichtsvollziehers ist das Amtsgericht, bei dem er beschäftigt ist.

§ 2

Amtssitz des Gerichtsvollziehers ist der Sitz seiner Dienstbehörde. Hat das Amtsgericht seinen Sitz an einem Ort mit mehr als 100 000 Einwohnern, so kann der Präsident des Landgerichts (Amtsgerichts) den Amtssitz auf einen Teil des Ortes beschränken. Der Präsident des Landgerichts (Amtsgerichts) kann ferner einen anderen Ort des Gerichtsvollzieherbezirks zum Amtssitz des Gerichtsvollziehers bestimmen. Diese Anordnung ist durch dauernden Aushang an der Gerichtstafel, erforderlichenfalls auch in sonst geeigneter Weise bekanntzumachen.

§ 3

Der Gerichtsvollzieher übt sein Amt persönlich aus. Er darf die Ausführung eines Dienstgeschäfts keiner anderen Person übertragen, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist.

§ 4

(1) Welche Aufträge der Gerichtsvollzieher auszuführen hat, wird durch die Gesetze sowie durch Verwaltungsanordnungen der obersten Landesjustizbehörde bestimmt.

(2) Der Gerichtsvollzieher ist verpflichtet, seiner dienstlichen Tätigkeit entsprechende Aufträge der Behörden der Justizverwaltung auszuführen.

§ 5

(1) Zur Aushilfe im Gerichtsvollzieherdienst, und zwar als Vertreter oder als Verwalter von Planstellen, sind vornehmlich Beamte zu verwenden, die die Gerichtsvollzieherprüfung bestanden haben.

(2) Beamte, die sich in der Ausbildung für die Gerichtsvollzieherlaufbahn befinden, dürfen nach den Bestimmungen der Ausbildungsordnung zur Aushilfe im Gerichtsvollzieherdienst herangezogen werden.

(3) Während der Zeit der Verwendung im Gerichtsvollzieherdienst führt der nach Absatz 1 oder Absatz 2 beschäftigte Beamte die Dienstbezeichnung ,,beauftragter Gerichtsvollzieher“, abgekürzt ,,Gerichtsvollzieher (b)“.

§ 6

(1) Zur Aushilfe im Gerichtsvollzieherdienst können ferner im Bedarfsfall Beamte herangezogen werden, welche die Prüfung für den gehobenen oder für den mittleren Justizdienst bestanden haben.

(2) Es dürfen nur Beamte herangezogen werden, die in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen leben.

(3) Der Direktor (Präsident) des Amtsgerichts oder ein von ihm bestimmter Beamter hat den Hilfsbeamten, sofern dieser nicht die Prüfung für den gehobenen Justizdienst abgelegt hat, über die ihm obliegenden Aufgaben und Pflichten allgemein zu unterrichten.

(4) Der nach Absatz 1 herangezogene Beamte führt seine bisherige Amtsbezeichnung mit dem Zusatz ,,als Gerichtsvollzieher“.

§ 7

(1) Den Dienstleistungsauftrag für den Hilfsbeamten (§§ 5 und 6) erteilt der Präsident des Oberlandesgerichts.

(2) In besonderen Eilfällen ist der Direktor (Präsident) des Amtsgerichts ermächtigt, ausnahmsweise einen vorläufigen Dienstleistungsauftrag zu erteilen. In diesem Fall hat er dem Präsidenten des Oberlandesgerichts unverzüglich zu berichten.

§ 8

(1) Im Bedarfsfall ist der Direktor (Präsident) des Amtsgerichts oder bei seiner Verhinderung der Geschäftsleiter ermächtigt, mit der Wahrnehmung einzelner Gerichtsvollziehergeschäfte zu beauftragen:

a) Beamte, die nach § 6 Absatz 1 zur Aushilfe im Gerichtsvollzieherdienst herangezogen werden können,

b) Beamte, welche die Prüfung für den Justizbeitreibungsdienst bestanden haben,

c) ausnahmsweise auch geeignete Beamte anderer Dienstzweige der Justizverwaltung.

§ 6 Absatz 2 und 3 finden Anwendung. Falls nötig, sind dem beauftragten Beamten die für die Erledigung des einzelnen Dienstgeschäfts erforderlichen Weisungen zu erteilen.

(2) Als Hilfskraft gilt auch der zum ständigen Vertreter eines Gerichtsvollziehers bestellte Justizbeamte, sofern er nur von Fall zu Fall in Ausübung der Vertretung Gerichtsvollziehergeschäfte wahrnimmt.

(3) Die Hilfskraft führt bei Ausübung des Gerichtsvollzieherdienstes ihre Amtsbezeichnung mit dem Zusatz ,,als Gerichtsvollzieher“.

Zweiter Abschnitt
Vollziehungsbeamte der Justiz

§ 9 (Fn 4)

(1) Die Vollziehungsbeamtin oder der Vollziehungsbeamte der Justiz wirkt bei der Beitreibung von Ansprüchen nach der Justizbeitreibungsordnung mit.

(2) Die Vollziehungsbeamtin oder der Vollziehungsbeamte führt in diesen Angelegenheiten Aufträge jeder Art aus. Zur Abnahme der Vermögensauskunft nach den § 802c bis § 802l der Zivilprozessordnung ist diejenige Vollziehungsbeamtin oder derjenige Vollziehungsbeamte befugt, die oder der eine Qualifizierungsmaßnahme nach § 9a erfolgreich abgeschlossen hat. Sie oder er führt dabei die bisherige Amtsbezeichnung mit dem Zusatz „als Gerichtsvollzieherin“ oder „als Gerichtsvollzieher“.

(3) Die Vollziehungsbeamtin oder der Vollziehungsbeamte kann zur Aushilfe im Innendienst der Gerichtskasse oder im mittleren Justizdienst herangezogen werden.

§ 9a (Fn 4)

(1) Die fünfmonatige Qualifizierungsmaßnahme nach § 9 Absatz 2 gliedert sich in einen dreimonatigen fachtheoretischen Teil im Ausbildungszentrum der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen - Nebenstelle Monschau - und einen sich anschließenden zweimonatigen fachpraktischen Teil bei einer Gerichtsvollzieherin oder einem Gerichtsvollzieher. Das Gesuch um Zulassung zur Teilnahme an der Qualifizierungsmaßnahme ist auf dem Dienstweg an die Präsidentin oder den Präsidenten des Oberlandesgerichts des Bezirks zu richten, dem die Bewerberin oder der Bewerber angehört. Über die Zulassung zur Teilnahme an der Qualifizierungsmaßnahme entscheidet die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts. Diese regeln auch die Einzelheiten der Fachpraxis.

(2) Die Fachtheorie umfasst mindestens 300 Unterrichtseinheiten. Vermittelt werden Grundlagen des bürgerlichen Rechts, des Handelsrechts, des Zivilprozessrechts, des Zwangsvollstreckungsrechts und des gerichtlichen Kostenrechts sowie der Gerichtsvollziehergeschäftsanweisung und der Gerichtsvollzieherordnung. Hierüber werden zum Ende der Fachtheorie vier jeweils dreistündige schriftliche Erfolgskontrollen angefertigt. Täglich soll nicht mehr als eine Erfolgskontrolle stattfinden. Die Erfolgskontrollen sind mit Note und Punkten entsprechend § 23 Absatz 3 der Verordnung über die Ausbildung und Prüfung für die Laufbahn des Gerichtsvollzieherdienstes des Landes Nordrhein-Westfalen vom 14. März 2005 (GV. NRW. S. 203; ber. S. 824) in der jeweils geltenden Fassung zu bewerten. Darüber hinaus werden Kenntnisse im Insolvenzrecht und im Umgang mit Büroprogrammen vermittelt. Die Durchführung sowie die nähere Ausgestaltung des fachtheoretischen Teils einschließlich der schriftlichen Erfolgskontrollen obliegt der Leitung des Ausbildungszentrums der Justiz Nordrhein-Westfalen oder einer von ihr beauftragten Lehrkraft. Während der Fachtheorie ist die Gewährung von Erholungsurlaub ausgeschlossen.

(3) Die Qualifizierungsmaßnahme ist erfolgreich, wenn mindestens zwei Erfolgskontrollen mit „ausreichend“ (4 Punkte) bewertet worden sind und der durchschnittliche Punktwert aller Erfolgskontrollen 4 Punkte nicht unterschreitet. § 29 Absatz 2 und 3, Absatz 4 Satz 1, 3 und 4, Absatz 5 und Absatz 6 der Verordnung über die Ausbildung und Prüfung für die Laufbahn des Gerichtsvollzieherdienstes des Landes Nordrhein Westfalen gelten sinngemäß.

(4) Die Leitung des Ausbildungszentrums der Justiz Nordrhein-Westfalen bestimmt aus dem Kreis der Lehrkräfte für jede Erfolgskontrolle eine Erst- und Zweitkorrektorin oder einen Erst- und Zweitkorrektor. Die schriftlichen Prüfungsarbeiten werden von jeder Korrektorin und jedem Korrektor selbstständig begutachtet und bewertet. Bei abweichender Bewertung gilt der Mittelwert. Nach Abschluss der Erfolgskontrolle sind die Aufgaben, die dazu erstellten Musterlösungen und die Arbeiten der Teilnehmenden von der Leitung des Ausbildungszentrums der Justiz Nordrhein-Westfalen oder einer von ihr beauftragten Lehrkraft in getrennten, versiegelten Umschlägen den Korrektorinnen oder Korrektoren zu übersenden.

(5) Über das Bestehen der Qualifizierungsmaßnahme erstellt die Leitung des Ausbildungszentrums der Justiz Nordrhein-Westfalen eine Bescheinigung. Die Bescheinigung wird den Teilnehmenden von der Präsidentin oder dem Präsidenten des Oberlandesgerichts des Bezirks, dem die Teilnehmenden angehören, zum Abschluss des fachpraktischen Teils der Qualifizierungsmaßnahme ausgehändigt. Die Entscheidung über das Nichtbestehen stellt die Leitung des Ausbildungszentrums der Justiz Nordrhein-Westfalen den Teilnehmenden mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu.

(6) Eine Wiederholung der vier Erfolgskontrollen ist einmalig und nur im Ganzen binnen sechs Monaten möglich. § 36 Absatz 1 bis 3, § 37 Absatz 1 und 2 der Verordnung über die Ausbildung und Prüfung für die Laufbahn des Gerichtsvollzieherdienstes des Landes Nordrhein Westfalen gelten sinngemäß. Die Entscheidungen trifft die Leitung des Ausbildungszentrums der Justiz Nordrhein-Westfalen oder eine von ihr beauftragte Lehrkraft. Sie sind der oder dem Teilnehmenden mit einer Rechtsmittelbelehrung zuzustellen.

(7) § 40 der Verordnung über die Ausbildung und Prüfung für die Laufbahn des Gerichtsvollzieherdienstes des Landes Nordrhein Westfalen gilt sinngemäß.

§ 10

(1) Der Vollziehungsbeamte ist innerhalb der Gemeinde örtlich zuständig, in der die Dienstbehörde, bei der er beschäftigt ist, ihren Sitz hat. Der Präsident des Oberlandesgerichts kann diese Zuständigkeit einschränken oder erweitern.

(2) Sind bei einer Behörde mehrere Vollziehungsbeamte tätig, so verteilt der Kassenleiter die Geschäfte unter sie und regelt die Vertretung; in der Regel weist er jedem einen örtlich abgegrenzten Vollstreckungsbezirk zu. Hat die Gerichtskasse ihren Sitz nicht am Beschäftigungsort des Vollziehungsbeamten, so steht diese Befugnis dem Leiter der Beschäftigungsbehörde zu. Die Zuteilung von Aufträgen, die beschleunigt ausgeführt werden müssen, ist an die Geschäftsverteilung nicht gebunden.

(3) Die Gültigkeit einer Amtshandlung des Vollziehungsbeamten wird dadurch nicht berührt, daß sie von einem anderen als dem nach der Geschäftsverteilung zuständigen Vollziehungsbeamten vorgenommen wird.

§ 11

(1) Zur Aushilfe im Beitreibungsdienst, und zwar als Vertreter oder als Verwalter von Planstellen, sind vornehmlich Beamte zu verwenden, die die Prüfung für den Justizbeitreibungsdienst bestanden haben.

(2) Während der Verwendung im Justizbeitreibungsdienst führt der nach Absatz 1 beschäftigte Beamte die Dienstbezeichnung ,,beauftragter Vollziehungsbeamte", abgekürzt ,,Vollziehungsbeamter (b)".

§ 12

(1) Im Bedarfsfall kann als Vollziehungsbeamter beschäftigt werden

a) ein Beamter, der die Gerichtsvollzieherprüfung bestanden hat,

b) ein Beamter des mittleren Justizdienstes.

(2) Ausnahmsweise kann ein Beamter des Justizwachtmeisterdienstes als Vollziehungsbeamter beschäftigt werden.

(3) Als Hilfskraft darf nur beschäftigt werden, wer in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt.

(4) Die im Bedarfsfall beschäftigte Hilfskraft führt im Beitreibungsdienst die bisherige Amtsbezeichnung mit dem Zusatz ,,im Vollstreckungsdienst".

§ 13

(1) Den Dienstleistungsauftrag für die Hilfskraft (§§ 11 u. 12) erteilt der Präsident des Oberlandesgerichts.

(2) In Eilfällen ist der Leiter der Beschäftigungsbehörde ermächtigt, ausnahmsweise einen vorläufigen Dienstleistungsauftrag zu erteilen. In diesem Fall hat er dem Präsidenten des Oberlandesgerichts unverzüglich zu berichten.

Dritter Abschnitt

§ 14 (Fn 3)

§ 15

(1) Diese Verordnung tritt am 1. Dezember 1984 in Kraft.

(2) Die bei Inkrafttreten dieser Verordnung noch nach § 15 Nr. 1 der Verordnung vom 14. Dezember 1954 (GV. NW. S. 347/GS. NW. S. 552) herangezogenen Beamten des Justizbeitreibungsdienstes können als Aushilfe im Gerichtsvollzieherdienst für die Dauer ihres vorgesehenen Einsatzes, längstens jedoch bis zum 31. Dezember 1985 weiterbeschäftigt werden.

Der Justizminister
des Landes Nordrhein-Westfalen

Fußnoten:

Fn1

GV. NW. 1984 S. 658; geändert durch Verordnung vom 16. Juni 2014 (GV. NRW. S. 347), in Kraft getreten am 1. Juli 2014.
Aufgehoben durch Verordnung vom 4. Juni 2019 (GV. NRW. S. 259), in Kraft getreten am 1. Juni 2019.

Fn2

SGV. NW. 311.

Fn3

§ 14 gegenstandslos; Aufhebungsvorschriften.

Fn4

§ 9 neu gefasst und § 9a eingefügt durch Verordnung vom 16. Juni 2014 (GV. NRW. S. 347), in Kraft getreten am 1. Juli 2014.



Normverlauf ab 2000: