Geltende Gesetze und Verordnungen (SGV. NRW.)  mit Stand vom 17.4.2024


Gesetz über die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern sowie Gemeinden an der Windenergienutzung in Nordrhein-Westfalen (Bürgerenergiegesetz NRW - BürgEnG)


Inhaltsverzeichnis:

Normüberschrift

Gesetz
über die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern sowie
Gemeinden an der Windenergienutzung in Nordrhein-Westfalen
(Bürgerenergiegesetz NRW - BürgEnG)

Vom 19. Dezember 2023 (Fn 1)

§ 1
Zweck des Gesetzes

Zweck dieses Gesetzes ist es, durch die finanzielle Beteiligung von Einwohnerinnen und Einwohnern sowie Gemeinden an Bau und Betrieb von neuen Windenergieanlagen ein größtmögliches Maß an Akzeptanz und Teilhabe zu erreichen. Daher soll das Gesetz auch dazu beitragen, die regionale Wertschöpfung im Umfeld von Windenergieanlagen zu erhöhen, die Akteursvielfalt in der Energiewende zu steigern und die Erfolgschancen für Windenergieprojekte durch sinnvolle Kommunikations- und Beteiligungsprozesse unter Einbezug aller relevanten Anspruchsgruppen vor Ort zu verbessern. In Ermangelung einer bundeseinheitlichen Beteiligungsverpflichtung sieht dieses Gesetz als Regelfall eine Beteiligungsvereinbarung nach § 7 vor, die sich wertmäßig an der Ersatzbeteiligung nach § 8 ausrichten soll.

§ 2
Anwendungsbereich

(1) Dieses Gesetz gilt, vorbehaltlich von Absatz 2 bis 5, für die Errichtung von genehmigungsbedürftigen Windenergieanlagen in Nordrhein-Westfalen nach § 4 Absatz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Mai 2013 (BGBl. I S. 1274; 2021 I S. 123), das zuletzt durch Artikel 11 Absatz 3 des Gesetzes vom 26. Juli 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 202) geändert worden ist, in Verbindung mit § 1 sowie Nummer 1.6 des Anhangs 1 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Mai 2017 (BGBl. I S. 1440), die durch Artikel 1 der Verordnung vom 12. Oktober 2022 (BGBl. I S. 1799) geändert worden ist, und für den vollständigen Austausch von Anlagen bei einem Repowering im Sinne von § 16b Absatz 2 Satz 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes.

(2) Dieses Gesetz gilt nicht für Windenergieanlagen, die nach § 35 Absatz 1 des Baugesetzbuches in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. November 2017 (BGBl. I S. 3634), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 28. Juli 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 221) geändert worden ist, als unselbstständiger Teil eines im bauplanungsrechtlichen Außenbereich privilegierten Betriebes genehmigungsfähig sind.

(3) Dieses Gesetz gilt nicht für Windenergieanlagen, die überwiegend der Eigenversorgung eines oder mehrerer Betriebe dienen und innerhalb eines im jeweiligen Regionalplan festgelegten Bereichs für gewerbliche oder industrielle Nutzungen (GIB) liegen.

(4) Dieses Gesetz gilt nicht für Windenergieanlagen, die weit überwiegend der Entwicklung oder Erprobung wesentlicher technischer Neuerungen dienen. Das Vorliegen der Voraussetzung nach Satz 1 ist vom Vorhabenträger gegenüber der zuständigen Behörde darzulegen und von dieser festzustellen.

(5) Dieses Gesetz gilt nicht für Bürgerenergiegesellschaften im Sinne des § 3 Nummer 15 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vom 21. Juli 2014 (BGBl. I S. 1066), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 26. Juli 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 202) geändert worden ist. Satz 1 ist auch auf Bürgerenergiegesellschaften anzuwenden, die den Anforderungen nach § 3 Nummer 15 Buchstabe c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes nicht entsprechen.

§ 3
Begriffsbestimmung

Im Rahmen dieses Gesetzes gelten folgende Begriffsbestimmungen:

(1) Vorhabenträger ist derjenige, der beabsichtigt, Windenergieanlagen nach § 2 Absatz 1 zu errichten und die dafür erforderliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung beantragt, sowie dessen Rechtsnachfolger; nach Errichtung und Inbetriebnahme der Windenergieanlagen ist Vorhabenträger der Betreiber der Windenergieanlagen, mithin auch jeder Erwerber des Vorhabens oder einzelner dazugehöriger Windenergieanlagen und dessen Rechtsnachfolger.

(2) Vorhaben ist die Gesamtheit aller Windenergieanlagen, für die von einem Vorhabenträger im räumlichen und zeitlichen Zusammenhang immissionsschutzrechtliche Genehmigungen zur Errichtung und zum Betrieb beantragt werden.

(3) Offerte ist die Aufforderung zur Abgabe eines verbindlichen Vertragsangebots.

(4) Beteiligungsentwurf ist der vom Vorhabenträger zu entwerfende Vorschlag für eine Beteiligungsvereinbarung.

(5) Beteiligungsvereinbarung ist das vom Vorhabenträger und den Standortgemeinden verabschiedete Konzept über die finanzielle Beteiligung der nach den §§ 5 und 6 Berechtigten.

(6) Standortgemeinden sind alle Gemeinden, auf deren Gemeindegebiet sich zumindest eine Windenergieanlage eines Vorhabens befinden.

(7) Zuständige Behörde ist die Behörde nach § 12 Absatz 1.

§ 4
Information und Erarbeitung eines Beteiligungsentwurfs

(1) Innerhalb eines Monats nach Erhalt der Genehmigung im Sinne der §§ 4 oder 16b des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, soweit es sich um einen vollständigen Austausch von Anlagen handelt, hat der Vorhabenträger die zuständige Behörde über die Genehmigung zu informieren. Der Umfang der Informationen entspricht dabei den vom Vorhabenträger auf Grund der Marktstammdatenregisterverordnung vom 10. April 2017 (BGBl. I S. 842), die zuletzt durch Artikel 10 des Gesetzes vom 20. Juli 2022 (BGBl. I S. 1237) geändert worden ist, abzugebenden Angaben.

(2) Führt zu einem späteren Zeitpunkt eine Änderung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach Absatz 1 Satz 1 zu einer Veränderung des Standorts des Vorhabens, welche die beteiligungsberechtigten Gemeinden verändert, so ist die zuständige Behörde innerhalb von zwei Wochen hierüber zu informieren. Eine wirksame Beteiligung nach den §§ 7 oder 8 wird hierdurch nicht berührt. Die Pflichten des Vorhabenträgers aus diesem Gesetz sind durch die wirksame Beteiligung erfüllt.

(3) Der Vorhabenträger erarbeitet den Entwurf einer Beteiligungsvereinbarung. Vor Erarbeitung eines Beteiligungsentwurfes tritt der Vorhabenträger in einen frühzeitigen Austausch mit den beteiligungsberechtigten Gemeinden mit dem Ziel, eine Übereinstimmung für einen Beteiligungsentwurf herzustellen. Der frühzeitige Austausch soll nach Einreichung des vollständigen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsantrags erfolgen, spätestens jedoch bis einen Monat nach Erhalt der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung.

(4) Der Vorhabenträger legt auf Basis des frühzeitigen Austausches nach Absatz 3 bis spätestens sechs Monate nach Erhalt der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung den Standortgemeinden einen Beteiligungsentwurf vor. Den Beteiligungsentwurf legt der Vorhabenträger zudem der zuständigen Behörde zur weiteren Nutzung im Sinne von § 11 Absatz 1 Satz 1 Buchstabe b bis spätestens zwei Wochen nach Einreichung bei den Standortgemeinden vor. Die Standortgemeinde meldet innerhalb von drei Monaten nach Erhalt des Beteiligungsentwurfes eine Zustimmung, Ablehnung oder Änderungsvorschläge zum Beteiligungsentwurf an den Vorhabenträger.

§ 5
Beteiligungsberechtigte Personen

Beteiligungsberechtigt sind alle natürlichen Personen, die zum Zeitpunkt der Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung seit mindestens drei Monaten ihren Haupt- oder Nebenwohnsitzinnerhalb einer beteiligungsberechtigten Gemeinde haben. Die Beteiligungsvereinbarung kann darüber hinaus die Beteiligung natürlicher und juristischer Personen vorsehen, die seit mindestens drei Monaten Eigentümer eines Grundstückes in einer beteiligungsberechtigten Gemeinde sind. Zudem kann eine Beteiligungsvereinbarung besondere Regelungen für die direkten Anwohnerinnen und Anwohner innerhalb eines Umkreises von 2 500 Metern um die Turmmitte der jeweiligen Windenergieanlagen vorsehen.

§ 6
Beteiligungsberechtigte Gemeinden

Beteiligungsberechtigt sind alle Gemeinden im Sinne des § 6 Absatz 2 Satz 2 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes.

§ 7
Beteiligungsvereinbarung

(1) Der Vorhabenträger ist verpflichtet, der Standortgemeinde ein Angebot zur finanziellen Beteiligung der beteiligungsberechtigten Personen sowie der beteiligungsberechtigten Gemeinden am Ertrag des Vorhabens zu machen. Hierfür haben der Vorhabenträger und die Standortgemeinden Verhandlungen zu führen mit dem Ziel, sich auf eine gemeinsame Beteiligungsvereinbarung für das Vorhaben zu einigen. Grundlage für die Verhandlungen ist der vom Vorhabenträger vorzulegende Beteiligungsentwurf. Die Beteiligungsvereinbarung ist der zuständigen Behörde spätestens innerhalb eines Jahres nach Erhalt der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nachzuweisen. Die Wirksamkeit der Beteiligungsvereinbarung soll ab Inbetriebnahme der ersten Windenergieanlage des Vorhabens eintreten.

(2) Die Beteiligungsvereinbarung hat finanzielle Beteiligungsmöglichkeiten für die Beteiligungsberechtigten nach den §§ 5 und 6 vorzusehen. Die Beteiligungsvereinbarung soll den örtlichen Gegebenheiten und den Wünschen der Einwohnerinnen und Einwohner im bestmöglichen Sinne des Gesetzeszwecks Rechnung tragen. Die Beteiligungsvereinbarung kann auch den Abschluss einer Vereinbarung nach dem § 6 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes beinhalten.

(3) Im Rahmen der Beteiligungsvereinbarung nach Absatz 1 können dabei insbesondere folgende Möglichkeiten der direkten und indirekten finanziellen Beteiligung an dem Vorhaben vorgesehen werden:

a) eine Beteiligung an der Projektgesellschaft des Vorhabens,

b) das Angebot über den Kauf einer oder mehrerer Windenergieanlagen,

c) die finanzielle Beteiligung über Anlageprodukte,

d) vergünstigte lokale Stromtarife und Sparprodukte,

e) pauschale Zahlungen an einen definierten Kreis von Anwohnerinnen und Anwohnern oder Gemeinden,

f) die Finanzierung gemeinnütziger Stiftungen oder Vereine oder

g) die finanzielle, gesellschaftsrechtliche oder anderweitige Beteiligung von Bürgerenergiegesellschaften, Genossenschaften, Gemeinden oder im überwiegenden Eigentum der beteiligungsberechtigten Gemeinden stehenden Unternehmen.

(4) Sind mehrere Gemeinden Standortgemeinde eines Vorhabens, so ist eine gemeinsame Beteiligungsvereinbarung abzuschließen.

(5) Wird die immissionsschutzrechtliche Genehmigung eines Vorhabens beklagt, so verlängert sich die Frist zur Nachweiserbringung für eine Beteiligungsvereinbarung um ein Jahr nach gerichtlicher Entscheidung.

§ 8
Ersatzbeteiligung

(1) Sofern keine Beteiligungsvereinbarung mit der Standortgemeinde innerhalb eines Jahres nach Erhalt der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung der zuständigen Behörde nachgewiesen wird, hat der Vorhabenträger ein Angebot zur jährlichen Zahlung in Höhe von 0,2 Cent pro Kilowattstunde über 20 Jahre an die beteiligungsberechtigten Gemeinden ab Inbetriebnahme abzugeben. Bei mehreren beteiligungsberechtigten Gemeinden gilt § 6 Absatz 2 Satz 4 bis 7 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes entsprechend. Sofern es sich bei dem Angebot zur Zahlung an die beteiligungsberechtigten Gemeinden um ein Angebot nach § 6 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes handelt, richten sich die Anforderungen und Rechtsfolgen nach dieser Vorschrift.

(2) Zudem hat der Vorhabenträger eine Offerte für eine Eigenkapitalbeteiligung in Form eines Nachrangdarlehens an die beteiligungsberechtigten Personen abzugeben. Die Ersatzbeteiligung ist spätestens bis zur Inbetriebnahme der ersten Windenergieanlage aus dem Vorhaben anzubieten. Die Anforderungen an das zu offerierende Nachrangdarlehen bestimmen sich nach den Absätzen 3 bis 6.

(3) Das Beteiligungsvolumen am Nachrangdarlehen entspricht mindestens 90 000 Euro je Megawatt installierter Leistung je Vorhaben. Die Mindestanlagesumme für die beteiligungsberechtigten Personen darf 500 Euro nicht übersteigen. Eine Zeichnung von Nachrangdarlehen ist für jede beteiligungsberechtigte Person maximal in einer Höhe von 25 000 Euro möglich. Die zu offerierende Verzinsung des Nachrangdarlehens hat mindestens der Festlegung der Kreditanstalt für Wiederaufbau im Rahmen des Programms Erneuerbare Energien „Standard“ bei einer Laufzeit von zehn Jahren sowie Preisklasse D, in der jeweils aktuell gültigen Fassung zu entsprechen. Es zählt der Stichtag 90 Tage vor der geplanten Emission der Nachrangdarlehen. Das Nachrangdarlehen muss eine Laufzeit von zehn Jahren haben. Der Vorhabenträger stellt die gesetzlich notwendigen Anlageinformationen entsprechend der gewählten Beteiligungsform zur Verfügung.

(4) Die Zeichnung der offerierten Nachrangdarlehen durch die beteiligungsberechtigten Personen erfolgt durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Vorhabenträger oder dem von diesem benannten Adressaten. Aus der Erklärung muss hervorgehen, wie viel Volumen gezeichnet werden soll. Nach Ablauf der Beteiligungsfrist hat der Vorhabenträger die zuständige Behörde über die Anzahl der wirksamen Zeichnungen zu informieren. Nach Ablauf der Zeichnungsfrist hat der Vorhabenträger die Annahme form- und fristgerechter Erklärungen der beteiligungsberechtigten Personen sicherzustellen. Nicht form- oder fristgerechte Erklärungen sind vom Vorhabenträger schriftlich zurückzuweisen und werden im jeweiligen Zuteilungsverfahren nicht berücksichtigt. Den Nachweis, dass eine Person beteiligungsberechtigt im Sinne dieses Gesetzes ist, hat diese selbst im Rahmen der Zeichnung gegenüber dem Vorhabenträger zu erbringen.

(5) Die Offerte des Vorhabenträgers nach Absatz 2 hat eine Wirksamkeit von drei Monaten. Beginn und Ende der Beteiligungsmöglichkeit auf Grund der Offerte wird vom zuständigen Vorhabenträger festgelegt. Die Offerte nach Absatz 2 ist der zuständigen Behörde zwecks Veröffentlichung auf der Transparenzplattform mindestens einen Monat vor Beginn der Beteiligungsmöglichkeit zuzuleiten. Diese hat die Offerte nach Absatz 2 zeitnah zu veröffentlichen, spätestens zum Beginn der Beteiligungsmöglichkeit.

(6) Wenn das Volumen der gezeichneten Nachrangdarlehen das offerierte Volumen übersteigt, wird dieses unter den beteiligungsberechtigten Personen so verteilt, dass jede beteiligungsberechtigte Person, die die Mindestanlagesumme gezeichnet hat, dieses Volumen erhält. Die beteiligungsberechtigten Personen, die mindestens einen weiteren Betrag in Höhe der Mindestanlagesumme gezeichnet haben, erhalten dieses zusätzliche Volumen. Dieser Verteilmodus ist anzuwenden, bis das gesamte gezeichnete Volumen zugewiesen ist. Über das verbleibende Volumen, das nicht nach diesem Prinzip zugewiesen werden kann, entscheidet der zeitlich frühere Eingang der Erklärung einer beteiligungsberechtigten Person. Wenn das Volumen der gezeichneten Nachrangdarlehen das offerierte Volumen unterschreitet, muss der Vorhabenträger das verbleibende Volumen zunächst den beteiligungsberechtigten Gemeinden und den im überwiegenden Eigentum der beteiligungsberechtigten Gemeinden stehenden Unternehmen anbieten.

§ 9
Ausgleichsabgabe

(1) Solange der Vorhabenträger seinen Verpflichtungen nach § 8 Absatz 1 und 2 nicht oder nicht in vollem Umfang nachkommt, kann die zuständige Behörde auf Antrag der beteiligungsberechtigten Gemeinde den Vorhabenträger zur Zahlung einer Ausgleichsabgabe an die beteiligungsberechtigten Gemeinden verpflichten.

(2) Die Ausgleichsabgabe beträgt 0,8 Cent pro Kilowattstunde für die tatsächlich eingespeiste Strommenge und für die fiktive Strommenge nach Nummer 7.2. der Anlage 2 des Erneuerbare- Energien-Gesetzes. Die Zahlung der Ausgleichsabgabe beginnt ab dem Zeitpunkt, ab dem der Vorhabenträger seiner Verpflichtung nach § 8 Absatz 1 und 2 nicht oder nicht in vollem Umfang nachkommt. Die Zahlung der Ausgleichsabgabe endet mit dem Zeitpunkt, ab dem der Vorhabenträger seinen Verpflichtungen nach § 8 Absatz 1 und 2 in vollem Umfang nachkommt, spätestens jedoch nach 20 Jahren ab Inbetriebnahme der ersten Anlage.

(3) Vor Erlass eines Bescheides nach Absatz 1 hat die zuständige Behörde den Vorhabenträger und die Standortgemeinde anzuhören. Auf Wunsch des Vorhabenträgers, der Standortgemeinde, der beteiligungsberechtigten Gemeinden oder der zuständigen Behörde kann die nach § 12 Absatz 2 zu beauftragende oder einzurichtende Stelle einbezogen werden.

(4) Bei einem Vorhaben, das sich über mehrere beteiligungsberechtigte Gemeinden erstreckt, gilt § 6 Absatz 2 Satz 4 bis 7 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes entsprechend.

§ 10
Mittelverwendung durch die Gemeinde

(1) Die Gemeinden haben die Mittel aus der Ersatzbeteiligung beziehungsweise der Ausgleichsabgabe zur Steigerung der Akzeptanz für die Windenergieanlagen bei ihren Einwohnerinnen und Einwohnern einzusetzen.

Zur Erreichung dieses Zwecks kommen insbesondere die folgenden Maßnahmen in Betracht:

1. Aufwertung von Ortsbild und ortsgebundener Infrastruktur sowie sonstige Maßnahmen der ländlichen Entwicklung,

2. Optimierung der Energiekosten oder des Energieverbrauchs der Gemeinde oder der Einwohnerinnen und Einwohner,

3. Förderung kommunaler Veranstaltungen oder Einrichtungen, die der Kultur, Bildung oder Freizeit dienen, oder unternehmerischer Tätigkeiten in der Gemeinde,

4. kommunale Bauleit- und Wärmeplanung im Bereich der Erneuerbaren Energien,

5. Maßnahmen für Natur- und Artenschutz,

6. Maßnahmen für Klimaschutz- und Klimaanpassung oder

7. vergleichbare Verwendungen.

(2) Die Gemeinde legt im Haushaltsaufstellungsverfahren dar, für welche Maßnahmen und Verwendungen im Sinne des Absatzes 1 sie die Einnahmen aus der Ersatzbeteiligung oder der Vergleichsabgabe voraussichtlich einsetzen wird.

(3) Die Einnahmen aus der Beteiligungsvereinbarung, der Ersatzbeteiligung beziehungsweise der Ausgleichsabgabe werden von den Finanzausgleichsvorschriften des Bundes und des Landes Nordrhein-Westfalen nicht erfasst.

§ 11
Transparenzplattform

(1) Die zuständige Behörde errichtet und betreibt online eine Transparenzplattform, welche zu den Vorhaben im Anwendungsbereich dieses Gesetz nachfolgende Informationen veröffentlicht:

a) die vom Vorhabenträger nach § 4 Absatz 1 und 2 einzureichenden Informationen,

b) die angebotenen Beteiligungsmöglichkeiten, sobald diese vorliegen,

c) die vereinbarten Beteiligungsmöglichkeiten, sobald diese vorliegen,

d) weiterführende Hinweise zu den Möglichkeiten einer Beteiligung im Rahmen der Beteiligungsvereinbarung,

e) Hinweise und Möglichkeiten der Ersatzbeteiligung in Form von Nachrangdarlehen,

f) eine Übersicht und Berichte der beteiligungsberechtigten Gemeinden über die Mittelverwendung sowie

g) eine Übersicht über die abgeschlossenen Beteiligungsvereinbarungen, durchgeführten Ersatzbeteiligungen sowie die beschiedenen Ausgleichsabgaben.

Die zuständige Behörde hat die Transparenzplattform auch für Vorhaben außerhalb des Anwendungsbereichs dieses Gesetzes bereitzustellen.

(2) Auf der Transparenzplattform werden Informationen zu den Offerten oder Angeboten der Vorhabenträger für den Beteiligungszeitraum frühestmöglich veröffentlicht. Darüber hinaus soll die zuständige Behörde weitere Möglichkeiten der Bekanntmachung und Information über die Beteiligungsmöglichkeiten ergreifen. Hierzu können insbesondere regionale Tageszeitungen gehören. Dem Vorhabenträger dürfen hierfür keine Kosten auferlegt werden.

§ 12
Durchführung des Gesetzes und Verordnungsermächtigung

(1) Das für Energie zuständige Ministerium ist für die Überwachung und Durchsetzung der Pflichten aus diesem Gesetz zuständig. Das Ministerium kann Befugnisse und Aufgaben durch Rechtsverordnung an eine andere Behörde übertragen.

(2) Das für Energie zuständige Ministerium hat eine Stelle zu beauftragen oder einzurichten, die Streitfälle zwischen Beteiligungsberechtigten, Bürgerenergiegesellschaften, Gemeinden sowie von diesem Gesetz betroffenen Vorhabenträgern vermittelt und schlichtet.

(3) Das für Energie zuständige Ministeriumerlässt die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlichen Verwaltungsvorschriften.

(4) Der Vorhabenträger hat gegenüber der zuständigen Behörde die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlichen Auskünfte zu erteilen und Einsichtnahme in seine Unterlagen zu gewähren, soweit diese für die Überwachung und Durchsetzung der Pflichten aus diesem Gesetz erforderlich sind.

§ 13
Übergangsvorschrift

Dieses Gesetz findet keine Anwendung auf zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits genehmigte Windenergieanlagen und Anlagen, für die vor diesem Datum vollständige Antragsunterlagen im Sinne von § 7 der Verordnung über das Genehmigungsverfahren in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. Mai 1992 (BGBl. I S. 1001), die zuletzt durch Artikel 10 des Gesetzes vom 22. März 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 88) geändert worden ist, für die Erteilung einer Genehmigung eingereicht wurden.

§ 14
Inkrafttreten, Berichtspflicht

(1) Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

(2) Über die Erfahrungen mit diesem Gesetz, insbesondere über die Auswirkungen des Gesetzes auf die Akzeptanz für den weiteren Windenergieausbau in der Bevölkerung, berichtet die Landesregierung zum 31. Dezember 2026, im Anschluss daran alle drei Jahre.

Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen

Der Ministerpräsident

Die Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie

Der Minister der Finanzen

Die Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung

Der Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr

Die Ministerin für Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Fußnoten:

Fn 1

In Kraft getreten am 28. Dezember 2023 (GV. NRW. S. 1386).



Normverlauf ab 2000: