Geltende Gesetze und Verordnungen (SGV. NRW.)  mit Stand vom 1.12.2024


Gesetz zur Durchführung strafrechtsbezogener Unterbringungen in einem psychiatrischen Krankenhaus und einer Entziehungsanstalt in Nordrhein-Westfalen (Strafrechtsbezogenes Unterbringungsgesetz NRW – StrUG NRW)

Normüberschrift

Gesetz
zur Durchführung strafrechtsbezogener Unterbringungen in einem
psychiatrischen Krankenhaus und einer Entziehungsanstalt in Nordrhein-Westfalen
(Strafrechtsbezogenes Unterbringungsgesetz NRW – StrUG NRW)

Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:

Gesetz
zur Durchführung strafrechtsbezogener Unterbringungen in einem
psychiatrischen Krankenhaus und einer Entziehungsanstalt in Nordrhein-Westfalen
(Strafrechtsbezogenes Unterbringungsgesetz NRW – StrUG NRW)

Vom 17. Dezember 2021 (Fn 1)

Inhaltsübersicht

Abschnitt 1
Allgemeine Bestimmungen

§ 1       Anwendungsbereich

§ 2       Zweck und Ziel der Unterbringung

§ 3       Grundsätze

Abschnitt 2
Maß der Freiheitsentziehung und Überprüfung der Unterbringung

§ 4       Maß der Freiheitsentziehung

§ 5       Überprüfung der Unterbringung

Abschnitt 3
Aufnahme, Behandlung und Wiedereingliederung

§ 6       Aufnahme

§ 7       Behandlungsuntersuchung

§ 8       Behandlungs- und Eingliederungsangebot

§ 9       Behandlung der Anlasserkrankung

§ 10     Ärztliche Zwangsmaßnahme zur Herstellung der Selbstbestimmungsfähigkeit

§ 11     Ärztliche Zwangsmaßnahme zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr

§ 12     Behandlung sonstiger Krankheiten, Gesundheitsförderung, Hygiene

§ 13     Schule und berufliche Förderung

§ 14     Beschäftigung und Arbeit

§ 15     Eingliederung

§ 16     Forensische Ambulanzen

§ 17     Freiwillige Wiederaufnahme

Abschnitt 4
Rechte der untergebrachten Personen

§ 18     Verpflegung

§ 19     Erwerb, Besitz und Benutzung von persönlichen Gegenständen

§ 20     Information, Kommunikation und Mediennutzung

§ 21     Schriftwechsel, Telefongespräche und sonstige Formen der Kommunikation, Pakete

§ 22     Besuche

§ 23     Freizeitgestaltung

§ 24     Ausübung religiöser oder weltanschaulicher Bekenntnisse

§ 25     Beschwerderecht

§ 26     Interessenvertretung untergebrachter Personen

§ 27     Eigengeld

§ 28     Taschengeld und Bekleidungszuschuss

§ 29     Überbrückungsgeld

Abschnitt 5
Schutz- und Sicherungsmaßnahmen

§ 30     Durchsuchungen und Kontrollen

§ 31     Maßnahmen zur Feststellung von Suchtmittelkonsum

§ 32     Beschränkung des Aufenthaltsbereichs, Beobachtung und räumliche Trennung

§ 33     Fesselung und Fixierung

§ 34     Maßnahmen bei Entweichungen

§ 35     Unmittelbarer Zwang

Abschnitt 6
Datenverarbeitung und Datenschutz

§ 36     Allgemeine Bestimmungen

§ 37     Verarbeitung personenbezogener Daten

§ 38     Datenübermittlung

§ 39     Auskunft, Akteneinsicht der untergebrachten Person

§ 40     Auskunft und Akteneinsicht für wissenschaftliche Zwecke

§ 41     Zentrale Datei, Einrichtung automatisierter Übermittlungs- und Abrufverfahren

§ 42     Erkennungsdienstliche Unterlagen

§ 43     Einrichtungsausweise

§ 44     Videoüberwachung innerhalb der Einrichtung

§ 45     Videoüberwachung im Umfeld der Einrichtung

§ 46     Berichtigung, Löschung und Einschränkung der Verarbeitung

Abschnitt 7
Qualitätssicherung und Hausordnung

§ 47     Einrichtungsstandards

§ 48     Qualität, Qualitätsentwicklung, Sicherheitsstandards

§ 49     Zusammenarbeit und wissenschaftliche Forschung

§ 50     Hausordnung

Abschnitt 8
Beiräte, Besuchskommissionen

§ 51     Beiräte

§ 52     Besuchskommissionen

Abschnitt 9
Zuständigkeiten, Aufsicht und Vollstreckungsplan

§ 53     Zuständigkeiten

§ 54     Aufsicht

§ 55     Regionalisierung, Vollstreckungsplan

Abschnitt 10
Kosten, Kostenbeteiligung und Aufwendungsersatz

§ 56     Kostentragung

§ 57     Kostenbeteiligung der untergebrachten Person

§ 58     Aufwendungsersatz

Abschnitt 11
Durchführungsbestimmungen, Grundrechtseinschränkungen, Bundesrecht

§ 59     Durchführungsbestimmungen

§ 60     Einschränkung von Grundrechten

§ 61     Ersetzen von Bundesrecht

Abschnitt 12
Schlussvorschriften

§ 62     Übergangsvorschrift

§ 63     Inkrafttreten

§ 64     Berichtspflicht

Abschnitt 1
Allgemeine Bestimmungen

§ 1
Anwendungsbereich

(1) Dieses Gesetz regelt die Durchführung der als Maßregeln der Besserung und Sicherung angeordneten Unterbringungen in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 des Strafgesetzbuches oder in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 des Strafgesetzbuches ein-schließlich der befristeten Wiederinvollzugsetzung gemäß § 67h des Strafgesetzbuches und der Unterbringung gemäß § 453c der Strafprozeßordnung in Verbindung mit § 463 der Strafprozeßordnung sowie gemäß § 7 Absatz 1 und § 93a des Jugendgerichtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3427) in der jeweils geltenden Fassung.

(2) Die Bestimmungen dieses Gesetzes sind auch anzuwenden

1. bei Personen, die gemäß § 67a Absatz 2 des Strafgesetzbuches aus der Sicherungsverwahrung in den Vollzug einer Maßregel nach § 63 oder § 64 des Strafgesetzbuches überwiesen wurden, und

2. wenn nach der Beendigung einer Maßregel (§ 67d Absatz 6 des Strafgesetzbuches) ein Strafrest verbleibt, der durch eine gerichtliche Entscheidung gemäß § 67 Absatz 5 Satz 2 Alternative 1 des Strafgesetzbuches als Vollzug der Maßregel fortzusetzen ist.

(3) Die Bestimmungen dieses Gesetzes gelten entsprechend für den Vollzug der einstweiligen Unterbringung nach § 126a der Strafprozeßordnung, der Unterbringung zur Vorbereitung eines Gutachtens über den psychischen Zustand eines Beschuldigten nach § 81 Absatz 1 der Strafprozeßordnung und der Unterbringung zur Vorbereitung eines Gutachtens über den Entwicklungsstand eines Beschuldigten nach § 73  des Jugendgerichtsgesetzes, soweit sich aus Bundesrecht oder aus diesem Gesetz nichts Abweichendes ergibt und Zweck und Eigenart des Verfahrens nicht entgegenstehen.

§ 2
Zweck und Ziel der Unterbringung

(1) Zweck der Unterbringung ist der Schutz der Allgemeinheit vor der Begehung weiterer erheblicher rechtswidriger Taten durch die untergebrachte Person und nicht der Ausgleich von individueller Schuld.

(2) Ziel der Durchführung der Unterbringung ist die Eingliederung der untergebrachten Person in die Gesellschaft.

(3) Bei einer Unterbringung nach § 63 des Strafgesetzbuches soll, soweit möglich, die untergebrachte Person geheilt werden oder durch Behandlung und Betreuung einen Zustand erreichen, in dem von ihr keine weiteren erheblichen rechtswidrigen Taten mehr zu erwarten sind. Bei einer Unterbringung nach § 64 des Strafgesetzbuches soll die untergebrachte Person von dem Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, geheilt werden oder, wenn das nicht möglich ist, vor einem Rückfall in den Hang bewahrt und von der Begehung weiterer erheblicher rechtswidriger Taten abgehalten werden, die auf ihren Hang zurückgehen.

(4) Die Unterbringung ist von Beginn an so auszugestalten, dass eine unverhältnismäßig lange Dauer, die eine Erledigung der Maßregel gemäß § 67d Absatz 6 des Strafgesetzbuches zur Folge hätte, vermieden wird.

§ 3 (Fn 2)
Grundsätze

(1) Jede untergebrachte Person ist in ihrer Würde und in ihrer persönlichen Integrität zu achten und zu schützen. Das Leben im Rahmen der Unterbringung ist den allgemeinen Lebensverhältnissen anzupassen, soweit Sicherheitsbelange nicht entgegenstehen. Der untergebrachten Person ist Raum und Gelegenheit zu geben, ihre Individualität erhalten und entwickeln zu können. Hierbei sind die unterschiedlichen Bedarfe der verschiedenen Geschlechter und Geschlechtsidentitäten zu berücksichtigen.

(2) Die untergebrachte Person hat Anspruch auf angemessene Unterkunft, Verpflegung, Behandlung und Betreuung.

(3) Die untergebrachte Person soll laufend durch Anregung und Förderung zur Behandlung motiviert werden. Die Einrichtung hat in geeigneter Weise auf vertrauensbildende Maßnahmen hinzuwirken. Zur Vermeidung von Zwangsmaßnahmen sind allen Beschäftigten, die Kontakt zu untergebrachen Personen haben, regelmäßig Kenntnisse über Aggressionen begünstigende und vermeidende Umstände sowie deeskalierend wirkende Bewältigungsstrategien zu vermitteln.

(4) Die §§ 1827 und 1828 des Bürgerlichen Gesetzbuches sind zu beachten. Dies gilt auch für den in Behandlungsvereinbarungen niedergelegten freien Willen. Der Abschluss von Behandlungsvereinbarungen ist anzubieten und zu fördern. Auf die Möglichkeit zur Niederlegung des Willens in Patientenverfügungen ist hinzuweisen.

(5) Die untergebrachte Person unterliegt den in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen. Soweit das Gesetz eine besondere Regelung nicht enthält, dürfen ihr nur solche Beschränkungen auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Einrichtung, zum Schutz der Allgemeinheit vor erheblichen Straftaten oder zur Abwehr gesundheitlicher Gefahren für die untergebrachten Personen oder die Allgemeinheit unerlässlich sind. Alle vorzunehmenden Einschränkungen müssen in einem inhaltlichen und zeitlichen Zusammenhang mit ihrem Anlass stehen. Sie dürfen die betroffene untergebrachte Person nicht mehr und nicht länger als erforderlich beeinträchtigen. Alle Eingriffe in die Rechte einer untergebrachten Person sind schriftlich oder elektronisch festzuhalten und zu begründen. Sie sollen der untergebrachten Person unverzüglich bekanntgegeben und erläutert werden. Eine Einschränkung von Rechten in disziplinarischer Absicht ist nicht zulässig.

(6) Beschäftigte dürfen eine Anordnung nicht erteilen oder befolgen, wenn dadurch Rechte der untergebrachten Person verletzt würden. Erteilen oder befolgen Beschäftigte sie dennoch, sind sie hierfür verantwortlich, wenn sie die Rechtsverletzung erkennen oder diese wegen Offensichtlichkeit hätten erkennen müssen. Bedenken der Beschäftigten gegen die Rechtmäßigkeit von Anordnungen sind den Anordnenden oder den Vorgesetzen vorzutragen.

(7) Für eine sorgfältige und den Zielen dieses Gesetzes entsprechende Dokumentation, insbesondere der Behandlungs- und Sicherungsmaßnahmen, ist Sorge zu tragen. Sämtliche wesentlichen Maßnahmen sind zu dokumentieren.

Abschnitt 2
Maß der Freiheitsentziehung und Überprüfung der Unterbringung

§ 4
Maß der Freiheitsentziehung

(1) Das Maß der Freiheitsentziehung richtet sich nach der von der untergebrachten Person ausgehenden prognostizierten Gefahr. Art und Weise sowie Intensität der Freiheitsentziehung sind auf die zu erwartenden erheblichen rechtswidrigen Taten zu beziehen und an ihr auszurichten. Das Maß der Freiheitsentziehung ist im Hinblick auf dieses Ziel fortlaufend zu überprüfen.

(2) Die therapeutische Leitung der Einrichtung bestimmt das Maß der Freiheitsentziehung nach Maßgabe folgender Grade:

Grad 0: Die untergebrachte Person ist berechtigt, außerhalb der Einrichtung in einer externen Einrichtung oder der eigenen Wohnung zu wohnen.

Grad 1: Der grundsätzliche Aufenthaltsort der untergebrachten Person ist die Einrichtung. Auf Anordnung der Einrichtung ist sie berechtigt, über eine Nacht oder über mehrere Nächte der Einrichtung fernzubleiben, ohne außerhalb zu wohnen.

Grad 2: Der grundsätzliche Aufenthaltsort der untergebrachten Person ist die Einrichtung. Auf Anordnung der Einrichtung ist sie berechtigt, die Einrichtung ohne Begleitung von Beschäftigten zu verlassen (unbegleiteter Ausgang).

Grad 3: Der grundsätzliche Aufenthaltsort der untergebrachten Person ist die Einrichtung. Auf Anordnung der Einrichtung ist sie berechtigt, diese in Begleitung von Beschäftigten der Einrichtung zu verlassen (Ausführung).

Grad 4: Der grundsätzliche Aufenthaltsort der untergebrachten Person ist die Einrichtung. Sie ist nicht berechtigt, diese zu verlassen.

Die Einrichtung kann innerhalb dieser Grade weitere Differenzierungen vornehmen.

(3) Aus besonderen Gründen oder Anlässen kann eine Ausführung angeordnet werden. Daneben sollen Ausführungen zum Erhalt der Lebenstüchtigkeit bei langjährig untergebrachten Personen, grundsätzlich spätestens nach drei Jahren, angeordnet werden.

(4) Die Einrichtung kann zur Vorbereitung einer Entscheidung nach Absatz 2, die besondere Schwierigkeiten aufweist, das Gutachten einer oder eines externen Sachverständigen einholen. Das zu erstellende Sachverständigengutachten soll sich zu Maß, Art und Weise des Sicherungsbedarfs äußern und Vorschläge für das weitere Vorgehen zur Erreichung des individuellen Unterbringungsziels unterbreiten. Wenn sich die Einschätzung der Einrichtung und die des oder der externen Sachverständigen widersprechen, entscheidet die zuständige Strafvollstreckungsbehörde.

(5) Vor der Festsetzung des Maßes der Freiheitsentziehung der Grade 0 bis 3 ist die Vollstreckungsbehörde zu hören, soweit sie es im Aufnahmeersuchen angeordnet hat. Bei untergebrachten Personen, die hinsichtlich ihrer Anlasstat, insbesondere bei Tötungs-, schweren Gewalt- und Sexualdelikten, ihrer Störung und ihres Behandlungsverlaufs besondere Schwierigkeiten bei der Beurteilung der von ihnen ausgehenden Gefahr bieten, ist vor ersten Rücknahmen von Freiheitsbeschränkungen, bei denen eine Aufsicht durch Beschäftigte der Einrichtung nicht gewährleistet ist, das Benehmen mit der Vollstreckungsbehörde herzustellen. Bei einem berechtigten Aufenthalt in einer externen Einrichtung oder der eigenen Wohnung bei einer Dauer von mehr als 21 Tagen sind die Aufsichtsbehörde und die Vollstreckungsbehörde zu unterrichten. Näheres zur Beteiligung der Vollstreckungsbehörde kann das für den die Durchführung strafrechtsbezogener Unterbringungen in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt zuständige Ministerium im Einvernehmen mit dem für Rechtspflege zuständigen Ministerium regeln.

(6) Entscheidungen über das Maß der Freiheitsentziehung können mit Auflagen und Weisungen verbunden werden. Dazu können insbesondere gehören,

1. sich der Aufsicht einer namentlich bestimmten Person zu unterstellen,

2. die Anlasserkrankung, die zur Unterbringung geführt hat, mit Einwilligung der untergebrachten Person außerhalb der Einrichtung behandeln zu lassen,

3. Anordnungen zum Aufenthaltsort und zu Verhaltensweisen außerhalb der Einrichtung zu befolgen und

4 sich zu bestimmten Zeiten an festgelegten Orten persönlich einzufinden.

(7) Entscheidungen nach Absatz 2 einschließlich der mit ihnen verbundenen Auflagen und Weisungen können aufgehoben oder geändert werden, wenn

1. Umstände eintreten oder nachträglich bekannt werden, die ihre Anordnung nicht gerechtfertigt erscheinen lassen,

2.  die untergebrachte Person ihre Freiheitsrechte missbraucht oder

3. die untergebrachte Person den ihr erteilten Auflagen oder Weisungen nicht nachkommt.

§ 5
Überprüfung der Unterbringung

(1) Die Einrichtung unterrichtet die Strafvollstreckungsbehörde, sobald es nach ihrer Beurteilung geboten ist, die Aussetzung der Vollstreckung der Maßregel zur Bewährung oder die Verhältnismäßigkeit der Dauer der Unterbringung zu prüfen. Entsprechendes gilt für die Aussetzung der einstweiligen Unterbringung nach § 126a der Strafprozeßordnung oder nach §§ 453c und 463 Absatz 1 der Strafprozeßordnung.

(2) Bei einer nach § 64 des Strafgesetzbuches oder nach § 7 Absatz 1 Alternative 2 oder § 93a des Jugendgerichtsgesetzes untergebrachten Person unterrichtet die Einrichtung die Vollstreckungsbehörde auch über eine nicht oder nicht mehr bestehende hinreichend konkrete Aussicht auf einen Behandlungserfolg im Sinne des § 2 Absatz 3 Satz 3.

Abschnitt 3
Aufnahme, Behandlung und Wiedereingliederung

§ 6
Aufnahme

(1) Bei der Aufnahme und nach der Mitteilung über die rechtskräftige Änderung der Unterbringungsanordnung ist die untergebrachte Person über ihre Rechte und Pflichten, die Rechtsfolgen der Unterbringung, den gerichtlichen Rechtsschutz und die Möglichkeit zur Beschwerde aufzuklären. Die Einrichtung hat insbesondere auf die Möglichkeit von Maßnahmen nach § 20 Absatz 4 und § 21 Absatz 2 hinzuweisen. Die Aufklärung hat mündlich und schriftlich in einer ihr verständlichen Sprache zu erfolgen. Erlaubt der Gesundheitszustand der untergebrachten Person diese Aufklärung nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Aufnahme oder dem Eintritt der Rechtskraft, so ist sie nachzuholen, sobald dies möglich ist. Darüber hinaus ist die untergebrachte Person über die Organisation und die Ordnung in der Einrichtung zu informieren. Die Hausordnung der Einrichtung ist ihr auszuhändigen. Die Aufklärung und die Übergabe der Hausordnung sind zu dokumentieren. Der untergebrachten Person ist im Rahmen der Aufnahme Gelegenheit zur Äußerung persönlicher Anliegen zu geben.

(2) Über die Aufnahme und die Rechte und Pflichten der untergebrachen Person sind ihre gesetzliche Vertretung und die durch eine Vorsorgevollmacht bevollmächtigte Person sowie auf ihren Wunsch eine von ihr benannte nahestehende Person unverzüglich zu informieren.

(3) Die untergebrachte Person ist unverzüglich nach der Aufnahme, spätestens am nächsten Werktag, ärztlich zu untersuchen. Die Untersuchung ist Grundlage für dringliche Behandlungsmaßnahmen und für die vorläufige Bestimmung der Art der Unterbringung einschließlich gegebenenfalls erforderlicher Schutz- und Sicherungsmaßnahmen. Soweit sich die Person bereits in der Einrichtung befunden, ihr rechtlicher Status sich aber geändert hat, reicht eine Überprüfung und gegebenenfalls Aktualisierung des gesundheitlichen Status aus.

(4) Zum Zwecke der Feststellung früheren Konsums von Betäubungsmitteln darf eine Haarprobe entnommen und untersucht werden, soweit der Konsum von Betäubungsmitteln möglich erscheint und ein Konsum Auswirkungen auf die Behandlungen hätte.

(5) Die untergebrachte Person ist innerhalb von drei Werktagen der therapeutischen Leitung der Einrichtung, bei selbständigen Abteilungen der therapeutischen Leitung der Abteilung, vorzustellen.

(6) Bei der Aufnahme und der Untersuchung dürfen andere untergebrachte Personen nicht anwesend sein.

(7) Die untergebrachte Person ist darin zu unterstützen, notwendige Maßnahmen für ihre Familie und hilfsbedürftige Angehörige sowie hinsichtlich ihrer Vermögensangelegenheiten vornehmen zu können. Ist eine untergebrachte Person nicht in der Lage, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln, so kann dies von einer durch eine Vorsorgevollmacht bevollmächtigten Person übernommen werden. Andernfalls ist beim Betreuungsgericht die Einrichtung einer rechtlichen Betreuung anzuregen.

§ 7
Behandlungsuntersuchung

(1) Im Anschluss an die Aufnahmeuntersuchung wird die untergebrachte Person unverzüglich umfassend dem aktuellen Stand der Wissenschaft entsprechend untersucht (Behandlungsuntersuchung).

(2) Die Behandlungsuntersuchung beinhaltet die differenzierte Erfassung aller relevanter Informationen und Befunde, die Grundlage für die Risikoeinschätzung und Behandlungsplanung sind, und beinhaltet eine umfassende medizinische Diagnostik, eine Persönlichkeitsdiagnostik sowie die Erhebung des schulischen und beruflichen Leistungsstands. Berücksichtigt werden auch die Vorbefunde, Vorstrafen und Tatumstände, die individuellen Risiko- und Ausgleichsfaktoren sowie der Behandlungsbedarf, die Behandlungsfähigkeit und die Bereitschaft der untergebrachten Person, an der Erreichung des Unterbringungsziels mitzuwirken. Gleichzeitig sollen die Fähigkeiten und Neigungen der untergebrachten Person sowie sonstige Umstände, die zu einer Lebensführung ohne Straftaten beitragen, ermittelt werden.

(3) Der Zweck der Behandlungsuntersuchung und ihre Ergebnisse sind der untergebrachten Person zu erläutern. Hat sie eine gesetzliche Vertretung oder eine durch eine Vorsorgevoll-macht bevollmächtigte Person, soll dieser oder auf Wunsch einer anderen nahestehenden Person Gelegenheit gegeben werden, an der Erläuterung teilzunehmen.

(4) Befand sich die untergebrachte Person bereits vor Eintritt der Rechtskraft der Unterbringungsanordnung aufgrund anderer rechtlicher Grundlage in der Einrichtung und ist bereits eine Behandlungsuntersuchung erfolgt, reicht eine Aktualisierung der bekannten Tatsachen nach Absatz 1 und 2 aus.

§ 8
Behandlungs- und Eingliederungsangebot

(1) Auf Grundlage der Behandlungsuntersuchung ist zeitnah, möglichst innerhalb von sechs Wochen, spätestens nach drei Monaten, ein individuell zugeschnittenes Behandlungs- und Eingliederungsangebot zu erstellen, aus dem sich detailliert ergibt, ob und gegebenenfalls mit welchen Maßnahmen die Anlasserkrankung behandelt, vorhandene Risikofaktoren minimiert und durch Stärkung schützender Faktoren kompensiert werden können, um eine Reduzierung des Maßes der Freiheitsentziehung bis hin zur Entlassung zu erreichen. In diese Planung ist die untergebrachte Person einzubeziehen. Bis zur Fertigstellung dieses Behandlungs- und Eingliederungsangebots hat die untergebrachte Person Anspruch auf ein vorläufiges Behandlungsangebot, das unverzüglich nach der Aufnahme zu erstellen ist.

(2) In diesem Behandlungs- und Eingliederungsangebot ist insbesondere nachvollziehbar auszuführen, durch welche konkreten Maßnahmen die jeweiligen Behandlungs- und Eingliederungsziele im Planungszeitraum erreicht werden sollen. Überlegungen zu alternativen Maßnahmen außerhalb des stationären Aufenthalts in der Einrichtung sind ebenso aufzunehmen wie gegebenenfalls Gründe, weshalb sie zurzeit nicht infrage kommen. Darüber hinaus sind die der jeweiligen Gefährlichkeitseinschätzung entsprechenden Maßnahmen an Freiheitseinschränkungen sowie ihre Intensität und Dauer und die vorgesehenen Überprüfungsmodalitäten festzusetzen. Das Behandlungs- und Eingliederungsangebot muss insbesondere Angaben enthalten über

1. die Behandlung einschließlich medizinischer, psychotherapeutischer, pflegerischer, soziotherapeutischer und heilpädagogischer Behandlung sowie pädagogischer Maßnahmen,

2. die Teilnahme an schulischen Angeboten und an Maßnahmen der beruflichen Tätigkeit, Ausbildung, Fortbildung und Umschulung einschließlich Alphabetisierungs- und Deutschkursen,

3. die Einbeziehung von der untergebrachten Person nahestehenden Personen zur Aufrechterhaltung, Förderung und Gestaltung von Außenkontakten,

4. die Prüfung von Möglichkeiten sozialunterstützender Maßnahmen durch außerstationäre Leistungsanbieter und

5. die Form der Unterbringung.

(3) Das Behandlungs- und Eingliederungsangebot ist bei Bedarf, spätestens alle sechs Monate, durch die Einrichtung zu überprüfen und fortzuschreiben. Die Veränderungen gegenüber dem bisherigen Behandlungs- und Eingliederungsangebot sind hervorzuheben. Dabei sind die Entwicklungsschritte der zwischenzeitlich durchgeführten Maßnahmen und ihre Auswirkungen auf die Gefährlichkeit der untergebrachten Person sowie die danach auszurichtenden Veränderungen der Freiheitseinschränkungen zu berücksichtigen. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Die gesetzliche Vertretung oder die durch eine Vorsorgevollmacht bevollmächtigte Person sowie auf Wunsch der untergebrachten Person eine ihr nahestehende Person sind im Rahmen der Erstellung, der Fortschreibung und der Umsetzung ihres Behandlungs- und Eingliederungsangebots einzubeziehen, soweit nicht erhebliche Sicherheitsbedenken oder therapeutische Gründe entgegenstehen. Das Behandlungs- und Eingliederungsangebot soll der untergebrachten Person und ihrer gesetzlichen Vertretung oder der durch eine Vorsorgevollmacht bevollmächtigten Person auf Wunsch ausgehändigt werden.

§ 9 (Fn 3)
Behandlung der Anlasserkrankung

(1) Die untergebrachte Person hat Anspruch auf eine individuelle und intensiv durchzuführende Behandlung ihrer Anlasserkrankung.

(2) Über die diagnostischen Erkenntnisse und die angebotene Behandlung ist die untergebrachte Person, oder, falls die untergebrachte Person einwilligungsunfähig ist, eine zur Einwilligung berechtigte Person entsprechend § 630e Absatz 1 bis 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches aufzuklären. Ist die untergebrachte Person minderjährig, ist ihre gesetzliche Vertretung auch dann entsprechend § 630e Absatz 1 bis 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches über die diagnostischen Erkenntnisse und die angebotene Behandlung aufzuklären, wenn die minderjährige Person einwilligungsfähig ist. § 630e Absatz 5 des Bürgerlichen Gesetzbuches gilt entsprechend.

(3) Die Behandlung bedarf der Einwilligung der untergebrachten Person entsprechend § 630d des Bürgerlichen Gesetzbuches. Bei einem der Behandlung entgegenstehenden erklärten oder natürlichen Willen der untergebrachten Person darf die Behandlung nach Absatz 1 nicht durchgeführt werden.

(4) Ist die untergebrachte Person einwilligungsunfähig und liegt eine von ihr verfasste Patientenverfügung im Sinne des § 1827 Absatz 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches vor, ist nach dem daraus zu ermittelnden Willen zu verfahren.

(5) Ist die untergebrachte Person einwilligungsunfähig und liegt eine Patientenverfügung gemäß § 1827 Absatz 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches nicht vor oder treffen die Festlegungen einer Patientenverfügung nicht auf die aktuelle Situation zu, sind die Behandlungswünsche oder der mutmaßliche Wille der untergebrachten Person entsprechend § 1827 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches zu ermitteln.

(6) Behandlungsmaßnahmen sowie Aufklärung, Einwilligung und gegebenenfalls die Ermittlung des Behandlungswillens oder des Wohls sind zu dokumentieren.

§ 10 (Fn 7)
Ärztliche Zwangsmaßnahme zur Herstellung der Selbstbestimmungsfähigkeit

(1) Ist die untergebrachte Person infolge ihrer Anlasserkrankung nicht einsichtsfähig und kann sie die mit einer Behandlung verbundene Chance auf Besserung nicht erkennen oder nicht ergreifen, ist ausnahmsweise eine ihrem natürlichen Willen widersprechende ärztliche Zwangsmaßnahme zulässig. Eine solche Zwangsmaßnahme darf ausschließlich mit dem Ziel vorgenommen werden, bei der untergebrachten Person die Einsichtsfähigkeit als tatsächliche Voraussetzungen zur Ausübung freier Selbstbestimmung zu schaffen oder wiederherzustellen.

(2) Eine Patientenverfügung gemäß § 1827 des Bürgerlichen Gesetzbuches ist zu beachten.

(3) Eine ärztliche Zwangsmaßnahme nach Absatz 1 darf nur als letztes Mittel und nur durchgeführt werden, wenn

1. die vorgesehene Behandlung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat, in Art, Umfang und Dauer erforderlich und für die Beteiligten zumutbar ist,

2. der für die untergebrachte Person zu erwartende Nutzen die mit der ärztlichen Zwangsmaßnahme einhergehenden Belastungen deutlich überwiegt und eine weniger eingreifende Behandlung aussichtslos ist,

3. die Behandlung nicht mit mehr als einem vernachlässigbaren Restrisiko irreversibler Gesundheitsschäden verbunden ist,

4. mit dem nötigen Zeitaufwand und ohne Ausübung von Druck durch eine überzeugungsfähige und -bereite Person unternommenen Versuche vorausgegangen sind, die Zustimmung der untergebrachten Person zu erreichen und

5. die untergebrachte Person durch eine Ärztin oder einen Arzt über das Ob und das Wie der vorgesehenen ärztlichen Zwangsmaßnahme entsprechend ihrer Verständnismöglichkeit aufgeklärt wurde.

(4) Die Behandlung wird fachärztlich angeordnet, geleitet und überwacht. Die Anordnung erfolgt im Einvernehmen mit der therapeutischen Leitung.

(5) Die Vornahme der ärztlichen Zwangsmaßnahme aufgrund der ärztlichen Anordnung bedarf der vorherigen richterlichen Entscheidung unter Hinzuziehung einer externen Begutachtung. Gerichtliche Zuständigkeit und gerichtliches Verfahren richten sich nach den §§ 121a und 121b des Strafvollzugsgesetzes vom 16. März 1976 (BGBl. I S. 581, 2088; 1977 I S. 436) in der jeweils geltenden Fassung. Bei Minderjährigen bedarf sie auch der Zustimmung der sorgeberechtigten Person.

(6) Das Vorliegen der Anordnungsvoraussetzungen und die ergriffenen Maßnahmen einschließlich ihres Zwangscharakters, der Durchsetzungsweise und der Wirkungsüberwachung sowie der Untersuchungs- und Behandlungsverlauf sind zu dokumentieren. Die Aufsichtsbehörde ist über durchgeführte ärztliche Zwangsmaßnahmen zeitnah durch die untere staatliche Maßregelvollzugsbehörde zu unterrichten, welche im Anschluss den gesetzlichen Betreuer und die durch eine Vorsorgevollmacht bevollmächtige Person zu informieren hat. Dem Wunsch der untergebrachten Person nach Unterrichtung weiterer Personen soll entsprochen werden.

(7) Sobald es der Gesundheitszustand der von der Zwangsmaßnahme betroffenen Person zulässt, ist ihr eine Nachbesprechung über die Behandlung, den Verlauf und die daraus zu ziehenden Folgerungen anzubieten und eine Vereinbarung über geeignete Hilfen im Wiederholungsfall anzubieten.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten für Untersuchungen, die im Rahmen der Behandlung der Anlasserkrankung erforderlich und mit einem körperlichen Eingriff verbunden sind, entsprechend.

(9) Die Behandlung ist nach Erreichen des Behandlungsziels, spätestens jedoch nach Ablauf von vier Monaten, zu beenden. Sie ist auch zu beenden, wenn im Verlauf der Behandlung die erwartete Besserung nicht eintritt und unverzüglich zu beenden, wenn schwerwiegende Nebenwirkungen einen Abbruch der Behandlung erforderlich machen. Nach Ablauf von jeweils vier Monaten darf die Behandlung nur unter den Voraussetzungen der Absätze 1 bis 5 erneut angeordnet werden.

(10) Für eine ärztliche Zwangsmaßnahme bei Personen, die gemäß § 126a der Strafprozeßordnung vorläufig, gemäß § 81 der Strafprozeßordnung zur Vorbereitung eines Gutachtens oder gemäß § 73 des Jugendgerichtsgesetzes zur Beobachtung untergebracht sind, gilt § 1832 des Bürgerlichen Gesetzbuches.

§ 11 (Fn 4)
Ärztliche Zwangsmaßnahme zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr

(1) Bei gegenwärtiger Lebensgefahr sowie gegenwärtiger schwerwiegender Gefahr für die Gesundheit der untergebrachten Person oder anderer Personen ist eine ärztliche Zwangsmaßnahme gegen den natürlichen Willen der untergebrachten Person zulässig, wenn sie zur Einsicht in die Notwendigkeit der Maßnahme oder zum Handeln nach dieser Einsicht krankheitsbedingt nicht in der Lage ist und die ärztliche Zwangsmaßnahme der Behandlung der Erkrankung dient. Maßnahmen nach Satz 1 dürfen nur angeordnet werden, wenn

1. erfolglos versucht worden ist, die Zustimmung der untergebrachten Person zu der Maßnahme zu erwirken,

2. die Maßnahme zur Abwendung der Gefahr geeignet, in Art, Umfang und Dauer erforderlich und für die Beteiligten zumutbar ist,

3. der von der Maßnahme zu erwartende Nutzen für die untergebrachte Person die mit der Maßnahme für sie verbundenen Belastungen deutlich überwiegt,

4. die Behandlung nicht mit einer erheblichen Gefahr für das Leben der untergebrachten Person verbunden ist und

5. bei der Abwehr von Gefahren für andere Personen eine Prüfung ergeben hat, dass die ärztliche Zwangsmaßnahme gegenüber einer besonderen Sicherungsmaßnahme nach §§ 32 und 33 das, abhängig von Dauer und Intensität, mildere Mittel ist.

(2) Eine Patientenverfügung gemäß § 1827 des Bürgerlichen Gesetzbuches ist zu beachten.

(3) § 10 Absatz 4 bis 8 gilt entsprechend. Von der Einholung einer richterlichen Entscheidung kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn

1. diese nicht rechtzeitig erreichbar ist,

2. eine besondere Sicherungsmaßnahme nach §§ 32 und 33 nicht geeignet oder nicht ausreichend ist, um die akute Gefährdung bis zur Erreichbarkeit der gerichtlichen Entscheidung zu überwinden und

3. die sofortige ärztliche Zwangsmaßnahme zur Vermeidung einer gegenwärtigen schwerwiegenden Lebensgefahr oder einer gegenwärtigen schwerwiegenden Gefahr für die Gesundheit der untergebrachten Person oder dritter Personen erforderlich ist.

(4) Eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich zu beantragen, sofern die unmittelbare Lebensgefahr oder schwerwiegende Gefahr für die Gesundheit über einen längeren Zeitraum andauert. Die Zwangsbehandlung ist zu beenden, soweit keine akute Lebensgefahr oder schwerwiegende Gefahr für die Gesundheit mehr besteht. Eine weitere Zwangsbehandlung der Anlasskrankheit ist nur unter den Voraussetzungen des § 10 zulässig und bedarf der vorherigen richterlichen Entscheidung.

§ 12 (Fn 5)
Behandlung sonstiger Krankheiten, Gesundheitsförderung, Hygiene

(1) Eine untergebrachte Person, die nicht oder nicht in entsprechendem Umfang krankenversichert ist, hat Anspruch auf Krankenbehandlung, Vorsorgeleistungen und sonstige Maßnahmen, die nicht im Zusammenhang mit der Anlasserkrankung stehen, in entsprechender Anwendung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482) in der jeweils geltenden Fassung mit Ausnahme der §§ 23, 24, 40, 41 und 76. Bei der Krankenhausbehandlung nach § 39 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestimmt die Einrichtung das auch unter Sicherheitserfordernissen geeignete Krankenhaus.

(2) Für diese Behandlung gelten die §§ 630c bis 630h des Bürgerlichen Gesetzbuches.

(3) Für die Zulässigkeit und Durchführung ärztlicher Zwangsmaßnahmen im Rahmen der Behandlung sonstiger Krankheiten gilt § 1832 des Bürgerlichen Gesetzbuches.

(4) Die untergebrachte Person ist anzuhalten, auf ihre eigene Gesundheit zu achten und auf die Gesundheit der anderen Personen in der Einrichtung in besonderer Weise Rücksicht zu nehmen. Hygienevorschriften sind einzuhalten.

(5) Zur Abwehr von erheblichen Gefahren für die Gesundheit der in der Einrichtung befindlichen Personen ist eine zwangsweise körperliche Untersuchung einschließlich einer Blutentnahme auch ohne Einwilligung der untergebrachten Person zulässig. Voraussetzung hierfür ist, dass dadurch keine wesentliche Gefahr für die Gesundheit der untergebrachten Person zu befürchten ist. Die Bestimmungen über die Anwendung des unmittelbaren Zwangs gemäß § 35 sind zu beachten.

(6) Ist der untergebrachten Person gestattet, der Einrichtung über Nacht fernzubleiben, oder befindet sie sich in offener Unterbringung außerhalb der Einrichtung, bestehen ihre Ansprüche nach Absatz 1 fort, soweit nicht Ansprüche gegen einen anderen

Versicherungsträger vorgehen. Die Behandlung durch eine Ärztin oder einen Arzt und die Behandlung in einem anderen Krankenhaus außerhalb der Unterbringungseinrichtung bedürfen außer in Notfällen der Zustimmung der Einrichtung.

§ 13
Schule und berufliche Förderung

(1) Die Einrichtung gewährleistet einer untergebrachten Person ohne Schulabschluss in den zum Schulabschluss führenden Fächern ein Unterrichtsangebot innerhalb oder außerhalb der Einrichtung.

(2) Einer untergebrachten Person mit Schul- oder Hochschulabschluss ist die Gelegenheit zu geben, entsprechend ihrer Eignung und ihren Fähigkeiten einen weiterführenden Schul- oder Hochschulabschluss anzustreben.

(3) Einer untergebrachten Person ist entsprechend ihrer Eignung und ihren Fähigkeiten Gelegenheit zur beruflichen Orientierung, zur Berufsausbildung, zur beruflichen Fortbildung, zu einer Umschulung oder zur Teilnahme an anderen ausbildenden oder weiterbildenden Maßnahmen, einschließlich Deutsch- und Alphabetisierungskursen, zu geben.

(4) Die Wahrnehmung der Angebote und Maßnahmen nach den vorstehenden Absätzen ist der untergebrachten Person auch außerhalb der Einrichtung zu ermöglichen, sofern das Maß der Freiheitsentziehung dies gestattet. Sofern dies nicht möglich ist, ist zu prüfen, ob die Angebote und Maßnahmen in digitaler Form ermöglicht werden können.

(5) Für die Teilnahme an vorstehenden Angeboten oder Maßnahmen erhält die untergebrachte Person eine Motivationszulage, deren Höhe das für die Durchführung der strafrechtsbezogenen Unterbringungen in einem psychiatrischen Krankenhaus und einer Entziehungsanstalt zuständige Ministerium festsetzt.

(6) Zeugnis oder Teilnahmebescheinigung enthalten keine Hinweise auf die Unterbringung.

§ 14
Beschäftigung und Arbeit

(1) Die Einrichtung soll der untergebrachten Person ihren Fähigkeiten und Fertigkeiten entsprechende Tätigkeiten, die Teilnahme an einer Arbeitstherapie oder die Verrichtung von Arbeit anbieten. Arbeitstherapie und Arbeit dienen insbesondere dem Ziel, der untergebrachten Person Fähigkeiten für eine Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt oder in Einrichtungen der Teilhabe am Arbeitsleben nach der Beendigung der Unterbringung zu vermitteln und diese zu erhalten oder zu fördern.

(2) Zur Eingliederung kann ein freies Beschäftigungsverhältnis oder die Teilnahme an einer Arbeitstherapie auch außerhalb der Einrichtung gestattet werden, sofern das Maß der Freiheitseinschränkung dies gestattet.

(3) Für die Teilnahme an einer Arbeitstherapie erhält die untergebrachte Person eine Motivationszulage. Für die Verrichtung von Vollzugsarbeit erhält sie ein angemessenes Arbeitsentgelt. Die Höhe der Motivationszulagen und der Arbeitsentgelte legt das für die Durchführung der strafrechtsbezogenen Unterbringungen in einem psychiatrischen Krankenhaus und einer Entziehungsanstalt zuständige Ministerium allgemein fest. Die Festsetzung im Einzelfall erfolgt durch die Einrichtung. Sie ist der untergebrachten Person schriftlich bekanntzugeben.

§ 15
Eingliederung

(1) Zur Vorbereitung der Entlassung ist die Einrichtung verpflichtet, die untergebrachte Person so bald wie möglich bei der adäquaten Ausgestaltung des sozialen Empfangsraums, der die Bereiche Wohnen, Arbeit und Freizeit, Gesundheit sowie soziale Beziehungen umfasst, zu unterstützen.

(2) Die Einrichtung soll Angehörige und andere nahestehende Bezugspersonen in deren Bemühen bei der Eingliederung der untergebrachten Person unterstützen. Hierauf ist insbesondere im Hinblick auf die Eingliederung von Jugendlichen und Heranwachsenden besonderer Wert zu legen.

§ 16
Forensische Ambulanzen

(1) Die Einrichtungen betreiben zum Zwecke der Förderung der Eingliederung forensische Ambulanzen. Die Aufgabe der forensischen Ambulanz schließt die fortlaufende Risikoeinschätzung und das Risikomanagement ein.

(2) Die Forensische Ambulanz hat

1. ab Aufnahme der untergebrachten Person im Rahmen ihres Aufgabenbereichs an der Behandlung und Betreuung der untergebrachten Person mitzuwirken,

2. die Behandlung, Betreuung und Überwachung derjenigen untergebrachten Personen sicherzustellen, die sich für längere Zeit zur Vorbereitung der Entlassung außerhalb des stationären Bereichs der Einrichtung aufhalten, sowie

3.die Behandlung und Betreuung einer entlassenen und unter Führungsaufsicht stehenden Person bei entsprechender Weisung gemäß § 68b Absatz 1 und 2 des Strafgesetzbuches zu übernehmen.

(3) Die forensische Ambulanz ist koordinierende Schnittstelle zwischen der Einrichtung und der für die nachsorgenden Hilfen zuständigen Institutionen, insbesondere den Sozialpsychiatrischen Diensten und Einrichtungen der Gemeindepsychiatrie, der Führungsaufsicht, der Bewährungshilfe, den Sozialleistungsträgern sowie den weiteren für die Eingliederung und Teilhabe förderlichen Institutionen in den Bereichen Wohnen, Arbeit und Beschäftigung, und arbeitet mit diesen zusammen. Bei Jugendlichen gehört dazu auch die Zusammenarbeit mit Jugendämtern, Schul- und Bildungseinrichtungen, Sozialpsychiatrischen Praxen niedergelassener Kinder- und Jugendpsychiaterinnen und -psychiater, jugendpsychiatrischen Institutsambulanzen sowie sonstigen in der Jugendarbeit tätigen Organisationen. Satz 2 gilt für Heranwachsende entsprechend, soweit die genannten Stellen ein Angebot für Heranwachsende vorhalten.

(4) Im Rahmen der bestehenden Versorgungsverpflichtung der Kreise und kreisfreien Städte sollen regionale Ansprechpersonen, insbesondere Psychiatrie- und Suchtkoordinationen, gewonnen werden, die die Forensische Ambulanz bei ihren Eingliederungsbemühungen unterstützen.

(5) Soweit Kommunen über gemeindepsychiatrische Verbünde oder vergleichbare Zusammenschlüsse verfügen, sollen die Einrichtungen auch mit diesen zusammenarbeiten und Kooperationsvereinbarungen anstreben.

§ 17
Freiwillige Wiederaufnahme

(1) Eine entlassene Person, die unter Führungsaufsicht steht, ist auf ihren Antrag vorübergehend wieder in der früheren Einrichtung aufzunehmen, wenn sie aufgrund einer Krise die erneute Begehung erheblicher rechtswidriger Taten befürchtet. Die Dauer der Aufnahme ist auf drei Monate mit der Möglichkeit einer einmaligen Verlängerung um höchstens drei weitere Monate befristet. Die wiederaufgenommene Person ist auf ihren eigenen Wunsch unverzüglich zu entlassen. Eine Entlassung kann jederzeit auch durch die Leitung der Einrichtung erfolgen. Gegen die wiederaufgenommene Person dürfen keine in ihre Rechte eingreifenden Maßnahmen mit der Anwendung von Zwang nach diesem Gesetz durchgesetzt werden. Im Übrigen gelten die Vorschriften dieses Gesetzes entsprechend.

(2) Ein freiwilliger Verbleib von Personen in der Einrichtung, deren Unterbringung gemäß § 67d Absatz 6 des Strafgesetzbuches aus Gründen der Verhältnismäßigkeit für erledigt erklärt wurde, ist bis zu einer Aufenthaltsdauer von drei Monaten möglich. Ein darüber hinaus gehender Verbleib ist nur nach Zusage der Kostenübernahme durch die zuständigen Kostenträger zulässig. Absatz 1 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

Abschnitt 4
Rechte der untergebrachten Personen

§ 18
Verpflegung

(1) Die untergebrachte Person nimmt an der durch die Einrichtung bereitgestellten Gemeinschaftsverpflegung teil. Besondere Ernährungsformen (zum Beispiel vegan, vegetarisch) sollen soweit möglich im Rahmen der Gemeinschaftsverpflegung berücksichtigt werden. Auf ärztliche Anordnung erhält die untergebrachte Person eine gesonderte Verpflegung. § 24 Absatz 1 Satz 2 ist zu beachten.

(2) Einer untergebrachten Person kann gestattet werden, sich allein oder in einer Gruppe ganz oder teilweise selbst zu verpflegen, soweit dies mit der Sicherheit und der Ordnung in der Einrichtung vereinbar ist und therapeutische Gründe dem nicht entgegenstehen. Die Kosten der Selbstverpflegung trägt die untergebrachte Person. Hierzu erhält sie wöchentlich im Voraus einen zweckgebundenen Zuschuss der Einrichtung in Höhe des Betrages, der nach den Vorschriften des Vierten Buches Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 2009 (BGBl. I S. 3710, 3973; 2011 I S. 363) in der jeweils geltenden Fassung durchschnittlich zur Bewertung der Sachbezüge für die Verpflegung festgesetzt ist.

(3) Die Erlaubnis, sich selbst zu verpflegen, kann mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, wenn der Zuschuss wiederholt nicht zweckentsprechend verwendet wird.

§ 19
Erwerb, Besitz und Benutzung von persönlichen Gegenständen

(1) Die untergebrachte Person hat das Recht, persönliche Gegenstände zu erwerben, zu besitzen, zu benutzen und aufzubewahren sowie eigene Kleidung zu tragen, soweit nicht die folgenden Vorschriften spezielle Regelungen enthalten. Soweit es aus Gründen des Arbeitsschutzes notwendig ist, ist Arbeitskleidung verpflichtend.

(2) Das Recht zum Besitz und zur Benutzung persönlicher Gegenstände im täglichen Aufenthaltsbereich ist durch den hierzu für die untergebrachten Personen insgesamt zur Verfügung stehenden Raum begrenzt. Auf Wunsch der untergebrachten Person soll die Einrichtung sonstige persönliche Gegenstände verwahren, für sie verkaufen oder öffentlich versteigern lassen, soweit eine Aufbewahrung nach deren Art und Umfang nicht möglich ist. Ansonsten werden sie auf Kosten der untergebrachten Person aus der Einrichtung entfernt. Dabei sind die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Geschäftsführung ohne Auftrag entsprechend anzuwenden.

(3) Aus Gründen der Sicherheit und Ordnung oder der Hygiene in der Einrichtung oder bei ansonsten bestehender Gefahr für den eigenen oder den Behandlungserfolg anderer untergebrachter Personen kann der untergebrachten Person auferlegt werden, persönliche Gegenstände nur durch die Vermittlung der Einrichtung zu beziehen. Aus den gleichen Gründen können neue oder bereits vorhandene persönliche Gegenstände kontrolliert, ihr Besitz eingeschränkt oder verboten oder ihre Wegnahme angeordnet werden. Gefährliche oder geringwertige Gegenstände können auch vernichtet werden, soweit eine andere Verwertung ausscheidet. Das Recht nach Absatz 1 Satz 1 kann auch beschränkt werden, wenn die Kontrolle der Gegenstände eine unverhältnismäßig aufwändige Überprüfung erforderlich machen würde.

§ 20
Information, Kommunikation und Mediennutzung

(1) Die untergebrachte Person ist berechtigt, von der Einrichtung zur Verfügung gestellte Medien oder elektronische Geräte zum Zwecke der Information oder Unterhaltung zu nutzen. Der Besitz und die Nutzung eigener elektronischer Geräte ist nur mit Erlaubnis der Einrichtung zulässig. Bücher, Zeitungen und sonstige Presseerzeugnisse dürfen in angemessenem Umfang durch die Vermittlung der Einrichtung bezogen werden.

(2) Aus erheblichen Gründen der Sicherheit oder Ordnung in der Einrichtung, des Schutzes erheblicher Rechtsgüter Dritter, um den Behandlungs- und Wiedereingliederungserfolg der untergebrachten Person nicht zu gefährden oder zur Gewährleistung der ungestörten Wahrnehmung des Behandlungsangebots anderer untergebrachter Personen kann deren Recht auf Information oder die Nutzung von Anlagen, Geräten, Datenträgern und Medien eingeschränkt oder untersagt werden.

(3) Aus den in Absatz 2 genannten Gründen kann die therapeutische Leitung der Einrichtung Einschränkungen und Verbote für die Einrichtung insgesamt oder für einzelne Abteilungen oder Stationen anordnen. Die Anordnungen und etwaige Verlängerungen sind zu befristen.

(4) Elektronische Datenspeicher sowie elektronische Geräte mit Datenspeichern, die die untergebrachte Person mit Erlaubnis der Einrichtung in Gewahrsam hat, dürfen zur Abwehr einer erheblichen Gefahr für die Sicherheit in der Einrichtung auf einzelfallbezogene schriftliche Anordnung der therapeutischen Leitung ausgelesen werden, soweit dies unbedingt erforderlich ist. Soweit eine Person die in Satz 1 genannten Gegenstände ohne Erlaubnis der Einrichtung in Gewahrsam hat, ist ein Auslesen auch zulässig, soweit dies zur ordnungsgemäßen Durchführung der Unterbringung erforderlich ist. Das Auslesen erfolgt im Beisein der untergebrachten Person, es sei denn zwingende Gründe sprechen dagegen. Soweit der Auslesevorgang nicht in ihrem Beisein erfolgt, ist sie, ihre gesetzliche Vertretung oder die durch eine Vorsorgevollmacht bevollmächtigte Person unverzüglich zu informieren.

(5) Die aufgrund des Auslesens erlangten Daten dürfen nicht weiterverarbeitet werden, wenn sie zum Kernbereich der privaten Lebensgestaltung der untergebrachten Person oder Dritter gehören. Insoweit sind die ausgelesenen Daten unverzüglich zu löschen. Für die Löschung der sonstigen Daten gilt § 46 Absatz 2. Die Erfassung und die Löschung der Daten sind zu dokumentieren. Diese Dokumentation darf ausschließlich für Zwecke der Datenschutzkontrolle verwendet werden. Sie ist zu löschen, wenn sie für diese Zwecke nicht mehr erforderlich ist, spätestens jedoch am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Dokumentation folgt.

§ 21
Schriftwechsel, Telefongespräche und sonstige Formen der Kommunikation, Pakete

(1) Die untergebrachte Person hat das Recht, Schreiben abzusenden und zu empfangen sowie mittels der durch die Einrichtung erlaubten oder zur Verfügung gestellten Geräte Gespräche zu führen oder in sonstigen Formen zu kommunizieren. § 20 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(2) Aus erheblichen Gründen der Sicherheit oder Ordnung in der Einrichtung, des Schutzes erheblicher Rechtsgüter Dritter oder um den Behandlungs- und Wiedereingliederungserfolg der untergebrachten Person nicht zu gefährden, können auf Anordnung der therapeutischen Leitung Schriftwechsel, Telefongespräche und sonstige Formen der Telekommunikation erfasst, überwacht und Schreiben angehalten oder verwahrt werden. Eingriffe in die Integrität von privaten Geräten im Sinne des § 20 Absatz 1 sind ohne Zustimmung der untergebrachten Person unzulässig. § 20 Absatz 5 gilt entsprechend. Die von der Überwachung betroffenen Personen sind unverzüglich zu unterrichten. Eine im begründeten Einzelfall notwendige Überwachung eines Telefongespräches ist den Gesprächsteilnehmern vor dem Gesprächs-beginn anzukündigen. Schreiben können insbesondere angehalten werden, wenn

1. ihr Inhalt bei Weitergabe einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklichen würde,

2. ihre Weitergabe die Eingliederung anderer untergebrachter Personen nach deren Entlassung gefährden könnte,

3. sie in Geheimschrift oder ohne zwingenden Grund in einer fremden Sprache abgefasst sind oder

4. durch ihre Weitergabe erhebliche Nachteile für die untergebrachten Personen oder Dritte zu befürchten sind.

(3) Weder unterbunden noch überwacht werden dürfen Schriftwechsel, Telefongespräche und sonstige Formen der Kommunikation der untergebrachten Personen mit

1. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, Verteidigerinnen und Verteidigern, Notarinnen und Notaren sowie der gesetzlichen Vertretung oder der durch eine Vorsorgevollmacht bevollmächtigten Person,

2. Behörden, Gerichten, Staatsanwaltschaften, Seelsorgerinnen und Seelsorgern sowie Mitgliedern der Besuchskommission,

3. Volksvertretungen der Europäischen Union, des Bundes und der Länder sowie deren Mitgliedern,

4. Vertretungskörperschaften der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie deren Mitgliedern,

5. dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte,

6. Mitgliedern der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter, des Europäischen Ausschusses zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT), des Menschenrechtsausschusses der Vereinten Nationen, des Ausschusses der Vereinten Nationen gegen Folter sowie des zugehörigen Unterausschusses zur Verhütung von Folter und

7. der konsularischen oder diplomatischen Vertretung des Heimatlandes bei ausländischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern.

(4) Die vorstehenden Bestimmungen sind auch auf Telegramme, Pakete, Päckchen und Telefaxe anzuwenden. Briefe, Pakete und Päckchen sind in Gegenwart der untergebrachten Person zu öffnen, es sei denn, zwingende Gründe sprechen dagegen. § 19 gilt entsprechend.

(5) Kenntnisse aus Eingriffen in das Recht auf Kommunikation sind vertraulich zu behandeln. Sie dürfen nur den in den Maßregelvollzugsbehörden zuständigen Beschäftigten sowie den Gerichten und Behörden mitgeteilt werden, soweit es notwendig ist, um die Sicherheit oder Ordnung in der Einrichtung oder den Schutz erheblicher Rechtsgüter dritter Personen zu gewährleisten oder Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten zu verhüten, zu unterbinden oder zu verfolgen. Die Weitergabe personenbezogener Daten besonderer Kategorien ist nur erlaubt, soweit sie zur Aufgabenerfüllung unbedingt erforderlich sind.

§ 22
Besuche

(1) Die untergebrachte Person hat das Recht, im Rahmen der Hausordnung Besucherinnen oder Besucher ihrer Wahl zu empfangen. Die Einrichtung unterstützt die Aufrechterhaltung bestehender und die Anbahnung neuer familiärer und sonstiger sozialer Kontakte zu Verwandten und sonstigen nahestehenden Bezugspersonen. Dritte haben das Recht, die untergebrachte Person zu besuchen, wenn und soweit diese in den Besuch einwilligt.

(2) Die Einrichtung bietet Besucherinnen und Besuchern vor einem ersten Besuch ein Gespräch an.

(3) Der Besuch kann aus Gründen der Sicherheit und Ordnung in der Einrichtung davon abhängig gemacht werden, dass die Besucherin oder der Besucher ihre oder seine Identität durch einen amtlichen Lichtbildausweis nachweist, diesen während des Besuchs an der Pforte hinterlegt und sich durchsuchen oder mit technischen Mitteln oder sonstigen Hilfsmitteln auf verbotene Gegenstände absuchen lässt. Bei einer Durchsuchung von Verteidigerinnen oder Verteidigern, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten und Notarinnen und Notaren ist eine inhaltliche Überprüfung der von diesen Personen mitgeführten Schriftstücke, Datenträgern und sonstigen Unterlagen nicht zulässig. Namen und Anschrift von Besucherinnen und Besuchern, Besuchszeit sowie das Verhältnis zur untergebrachten Person können erfasst werden.

(4) Liegen konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass durch den Besuch die Sicherheit oder Ordnung in der Einrichtung oder der Behandlungserfolg erheblich gefährdet werden, dürfen Besuche überwacht, abgebrochen, eingeschränkt oder für einen bestimmten Zeitraum untersagt werden. Dies gilt nicht für Besuche der gesetzlichen, anwaltlichen oder notariellen Vertretung, der durch eine Vorsorgevollmacht bevollmächtigten Person sowie der Verteidigung in einer die untergebrachte Person betreffenden Rechtssache. Im Falle der Überwachung des Besuchs ist die Intimsphäre der beteiligten Personen zu wahren.

(5) Unter den in Absatz 4 genannten Voraussetzungen kann die therapeutische Leitung der Einrichtung eine optische, optisch-elektronische, akustische oder akustisch-elektronische Überwachung anordnen. Absatz 4 Satz 3 gilt entsprechend. Eine Überwachung des Besuchs ist den betroffenen Personen anzukündigen.

(6) Liegen konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass eine Besucherin oder ein Besucher Betäubungsmittel oder Waffen in die Einrichtung einbringen will, ist die Polizei zu verständigen.

(7) Gegenstände dürfen beim Besuch nur mit Erlaubnis übergeben werden. Die Leitung der Einrichtung kann im Einzelfall die Verwendung von Trennvorrichtungen anordnen, wenn dies zum Schutz von Personen oder zur Verhinderung der Übergabe von unerlaubten Gegenständen erforderlich ist.

(8) Kenntnisse aus der Überwachung von Besuchen sind vertraulich zu behandeln und in Akten und Dateien sowie bei der Übermittlung an externe Stellen eindeutig als solche zu kennzeichnen. Sie dürfen nur verwertet werden, soweit dies

1. für die Aktualisierung des Behandlungs- und Eingliederungsangebotes in besonderer Weise angezeigt ist oder

2. notwendig ist, um die Sicherheit und Ordnung in der Einrichtung oder den Schutz erheblicher Rechtsgüter dritter Personen zu gewährleisten oder Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten zu verhüten, zu unterbinden oder zu verfolgen.

Sofern im Rahmen der Überwachung Kenntnisse von besonderen Kategorien personenbezogener Daten erlangt werden, ist eine Verarbeitung nur zulässig, soweit dies für die in Satz 1 genannten Zwecke unbedingt erforderlich ist. Vor einer Verwertung zu Zwecken nach Satz 2 Nummer 1 soll die untergebrachte Person gehört werden.

(9) Die Kenntnisse, die Besucherinnen und Besucher betreffen, dürfen nur den in den Einrichtungen zuständigen Beschäftigten sowie den zuständigen Gerichten und Behörden mitgeteilt werden, die für die Verhütung, Unterbindung oder Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten zuständig sind.

§ 23
Freizeitgestaltung

(1) Die Einrichtung bietet der untergebrachten Person im Rahmen der ihr zur Verfügung stehenden Mittel, insbesondere zu therapie-, schul- und arbeitsfreien Zeiten, Möglichkeiten zur Unterhaltung und persönlichen Entfaltung insbesondere in den Bereichen Sport und Spiel, Musik, künstlerische Gestaltung, Kultur, Wissen und gesellschaftliche Betätigung an. Sie fördert und unterstützt die aktive Teilnahme an den Angeboten zur Freizeitgestaltung. Jugendliche und Heranwachsende sollen zur Teilnahme an für sie geeigneten Angeboten der Freizeitgestaltung motiviert werden.

(2) Einschränkungen der Freizeitgestaltung sind nur zulässig, wenn sie zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in der Einrichtung oder zur Abwehr von Gefahren für den eigenen oder den Behandlungserfolg anderer untergebrachter Personen erforderlich sind.

(3) Ein täglicher Aufenthalt im Freien von mindestens einer Stunde ist zu ermöglichen, wenn der Gesundheitszustand dies zulässt.

§ 24
Ausübung religiöser oder weltanschaulicher Bekenntnisse

(1) Die untergebrachte Person hat das Recht auf seelsorgliche Betreuung, Teilnahme an Veranstaltungen in der Einrichtung und Besitz, Nutzung und Erwerb von Gegenständen des religiösen Gebrauchs im Rahmen ihrer Religions-, Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaft. Auf religiöse Speisevorschriften ist Rücksicht zu nehmen.

(2) Zu religiösen Veranstaltungen einer anderen Religionsgemeinschaft oder eines anderen weltanschaulichen Bekenntnisses, die in der Einrichtung stattfinden, kann die untergebrachte Person zugelassen werden, wenn die Seelsorgerin oder der Seelsorger der anderen Religionsgesellschaft zustimmt.

(3) Auf ihren Wunsch ist die untergebrachte Person durch die Einrichtung zu unterstützen, wenn sie Kontakt mit einer Seelsorgerin oder einem Seelsorger aufnehmen will.

(4) Aus zwingenden Gründen der Sicherheit oder Ordnung in der Einrichtung oder zur Abwehr einer erheblichen Gefahr für ihren Behandlungserfolg dürfen untergebrachte Personen von Veranstaltungen nach Satz 1 in der Einrichtung vorübergehend ausgeschlossen werden. Dazu ist die Seelsorgerin oder der Seelsorger vorher zu hören. Besitz, Nutzung und Erwerb von Gegenständen des religiösen Gebrauchs können aus den in Satz 1 genannten Gründen eingeschränkt werden.

(5) Das religiöse und weltanschauliche Bekenntnis darf in der Einrichtung nicht allgemein bekannt gemacht werden. Die Seelsorgerin oder der Seelsorger werden über die Aufnahme von Personen, die der jeweiligen Religionsgesellschaft angehören, informiert, sofern die untergebrachte Person das wünscht.

§ 25
Beschwerderecht

(1) Jede untergebrachte Person hat das Recht, sich mit Wünschen, Anregungen oder Beschwerden an die therapeutische Leitung der Einrichtung zu wenden. Darüber hinaus richten die unteren staatlichen Maßregelvollzugsbehörden ein Beschwerdemanagement ein.

(2) Kenntnisse, die im Rahmen des Beschwerdemanagements über persönliche Angelegenheiten der betreffenden Person erlangt werden, sind vertraulich zu behandeln. Sie dürfen nur mit Einwilligung der betreffenden Person und nur zu dem Zweck verwendet werden, zu dem sie mitgeteilt worden sind.

(3) Durch die Inanspruchnahme des Beschwerdemanagements bleiben die Möglichkeiten der Dienst- und Fachaufsichtsbeschwerde, des gerichtlichen Rechtsschutzes sowie des Petitionsrechts gegenüber den Volksvertretungen des Bundes und des Landes unberührt.

§ 26
Interessenvertretung untergebrachter Personen

Die untergebrachten Personen können innerhalb einer Einrichtung oder einer Abteilung eine Interessenvertretung wählen. Diese kann der therapeutischen Leitung der Einrichtung in Angelegenheiten von gemeinsamen Interessen, die sich auf das Zusammenleben in der Einrichtung und dessen Gestaltung beziehen, Vorschläge unterbreiten. Diese sollen mit der Interessenvertretung erörtert werden.

§ 27
Eigengeld

(1) Die Einrichtung führt für jede untergebrachte Person ein Eigengeldkonto. Auf diesem Konto werden alle Zahlungen der Einrichtung und die Beträge geführt, die die untergebrachte Person bei der Aufnahme mitbringt und während der Unterbringung erhält und die nicht als Überbrückungsgeld gemäß § 29 gesondert angespart werden.

(2) Die Leitung der Einrichtung kann eine Verfügungsbeschränkung über das Eigengeldkonto oder hinsichtlich des Umgangs mit Bargeld treffen, wenn dies erforderlich ist, um die Sicherheit oder Ordnung in der Einrichtung oder den Behandlungserfolg der untergebrachten Person nicht zu gefährden.

(3) Die Einrichtung kann aus den in Absatz 2 genannten Gründen auch für alle untergebrachten Personen bestimmter Stationen oder Wohnbereiche Verfügungsbeschränkungen hinsichtlich des Umgangs mit Bargeld treffen.

§ 28
Taschengeld und Bekleidungszuschuss

Die untergebrachte Person erhält, soweit sie bedürftig ist, ein Taschengeld und eine Bekleidungspauschale nach den Grundsätzen und Maßstäben des § 27b Absatz 2 bis 4 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022, 3023) in der jeweils geltenden Fassung. Die Höhe der Bekleidungspauschale setzt das für die Durchführung strafrechtsbezogener Unterbringungen in einem psychiatrischen Krankenhaus und einer Entziehungsanstalt zuständige Ministerium fest.

§ 29
Überbrückungsgeld

(1) Um einer untergebrachten Person nach der aufgrund rechtskräftiger Entscheidung angeordneten Entlassung aus der Unterbringung die Wiedereingliederung in allgemeine Lebensverhältnisse zu erleichtern, ist ein Überbrückungsgeld aus den während der Unterbringung erhaltenen Einkünften zu bilden. Die Höhe des Überbrückungsgeldes ist nach dem Betrag festzusetzen, den die untergebrachte Person und ihre Unterhaltsberechtigten nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch als notwendigen Lebensunterhalt für die ersten vier Wochen nach der Entlassung benötigt.

(2) Aus Zeiten im Justizvollzug vorhandenes Überbrückungsgeld fließt in das Überbrückungsgeld gemäß Absatz 1 ein.

(3) Das Überbrückungsgeld ist in angemessenen und auf den voraussichtlichen Entlassungszeitpunkt abgestimmten Teilbeträgen anzusparen, die die Einrichtung festsetzt. Die Höhe der Teilbeiträge ist regelmäßig zu prüfen und bei grundlegenden Änderungen anzupassen.

(4) Das Überbrückungsgeld wird von der Einrichtung gesondert verwahrt und mit dem für Spareinlagen mit gesetzlicher Kündigungsfrist üblichen Zinssatz verzinst.

(5) Das Überbrückungsgeld wird der untergebrachten Person bei der Entlassung bar oder per Überweisung ausgezahlt. Mit Einwilligung der untergebrachten Person kann es auch ihrer gesetzlichen oder anwaltlichen Vertretung oder Unterhaltsberechtigten überwiesen werden. Die Leitung der Einrichtung kann der untergebrachten Person gestatten, Überbrückungsgeld schon vor ihrer Entlassung für Ausgaben in Anspruch zu nehmen, die ihrer Eingliederung dienen, wenn zu erwarten ist, dass bei der Entlassung in Freiheit noch ein Überbrückungsgeld in angemessener Höhe zur Verfügung steht.

Abschnitt 5
Schutz- und Sicherungsmaßnahmen

§ 30
Durchsuchungen und Kontrollen

(1) Liegen tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, dass eine untergebrachte Person im Besitz von Sachen ist, die Zweck oder Ziel der Unterbringung oder die Sicherheit oder das geordnete Zusammenleben in der Einrichtung gefährden, dürfen die untergebrachte Person, ihre Sachen sowie ihr Wohn- und Schlafbereich durchsucht werden. Die untergebrachte Person darf nur in Gegenwart eines Dritten, ihre Sachen nur in ihrer oder in Gegenwart eines Dritten durchsucht werden.

(2) Liegen tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, dass sich auf einer Station oder in einer Einrichtung unerlaubt gefährliche Gegenstände oder Stoffe, die dem Betäubungsmittelgesetz oder der Verschreibungspflicht nach dem Arzneimittelgesetz unterliegen, befinden und ist eine Zuordnung zu einer bestimmten untergebrachten Person nicht möglich, ist eine Durchsuchung der Station oder der Einrichtung zulässig, um den Gegenstand oder den Stoff aufzufinden. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(3) Liegen tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, dass eine untergebrachte Person Waffen oder andere gefährliche Gegenstände oder Stoffe nach Absatz 2 Satz 1 oder unzulässige Datenspeicher am Körper mit sich führt, darf bei ihr eine mit einer Entkleidung verbundene körperliche Durchsuchung vorgenommen werden. Eine körperliche Durchsuchung männlicher untergebrachter Personen darf nur von Männern, eine körperliche Durchsuchung weiblicher untergebrachter Personen nur von Frauen vorgenommen werden. Sie ist in einem geschlossenen Raum vorzunehmen. Dabei hat eine weitere in der Einrichtung beschäftigte Person gleichen Geschlechts anwesend zu sein. Andere untergebrachte Personen dürfen nicht anwesend sein. Soweit eine untergebrachte Person ein diverses Geschlecht hat, kann sie bestimmen, ob sie von einer Frau oder einem Mann durchsucht wird. Auf das Schamgefühl der untergebrachten Person ist Rücksicht zu nehmen.

(4) Liegen tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, dass eine untergebrachte Person Stoffe nach Absatz 2 Satz 1, gefährliche Gegenstände oder unzulässige Datenspeicher im Körper oder in Körperhöhlen mit sich führt oder dass sie Alkohol oder sonstige Drogen konsumiert hat, ist eine körperliche Untersuchung oder eine Untersuchung zum Nachweis des Konsums gegebenenfalls mittels einer Blutentnahme durch eine Ärztin oder einen Arzt vorzunehmen. Auf das Schamgefühl der untergebrachten Person ist Rücksicht zu nehmen.

(5) Liegen tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, dass Waffen, andere gefährliche Gegen-stände, unzulässige Datenspeicher, Stoffe nach Absatz 2 Satz 1, Alkohol oder sonstige Drogen durch eine untergebrachte Person oder deren Besucherin oder deren Besucher in die Einrichtung eingebracht wurden oder werden sollen, kann die therapeutische Leitung der Ein-richtung bei dieser untergebrachten Person anordnen, dass sie bei jeder Rückkehr in die Ein-richtung oder in ihren gewöhnlichen Aufenthaltsbereich oder nach jedem Besuch durchsucht oder untersucht wird. Die Anordnung ist zeitlich zu befristen. Die Absätze 3 und 4 gelten entsprechend.

§ 31
Maßnahmen zur Feststellung von Suchtmittelkonsum

(1) Zur Gewährleistung der Sicherheit oder der Ordnung in der Einrichtung oder zur Abwehr einer Gefahr für den Behandlungserfolg können allgemein oder im Einzelfall Maßnahmen angeordnet werden, die geeignet sind, den Konsum von Suchtmitteln festzustellen. Diese Maßnahmen dürfen nur mit einem geringfügigen körperlichen Eingriff verbunden sein.

(2) Verweigert die untergebrachte Person die nach Absatz 1 angeordnete Kontrolle ohne hinreichenden Grund, gilt dieses Verhalten als unzulässiger Gebrauch von Suchtmitteln. Ein hinreichender Grund liegt zum Beispiel vor, wenn die untergebrachte Person bisher keine Suchtmittel konsumiert hat und es keine Anhaltspunkte für einen derartigen Konsum gibt.

§ 32
Beschränkung des Aufenthaltsbereichs, Beobachtung und räumliche Trennung

(1) Bei einer erheblichen Gefahr für die Sicherheit oder Ordnung in der Einrichtung, insbesondere bei Fremd- oder Selbstgefährdung oder bei Fluchtgefahr sowie erheblicher Gefahr für den eigenen oder den Behandlungserfolg anderer untergebrachter Personen, können folgende besondere Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden:

1. Beschränkung des Aufenthalts im Freien,

2. Beschränkung des Aufenthaltes auf bestimmte Bereiche innerhalb der Einrichtung,

3. Beobachtung bei Nacht,

4. Einschluss bei Nacht,

5. räumliche Trennung von anderen untergebrachten Personen in einem Zimmer des Wohn- und Schlafbereichs oder

6. Unterbringung in einem besonders gesicherten Raum.

Alle besonderen Sicherungsmaßnahmen dürfen nur angeordnet werden, wenn weniger einschneidende Maßnahmen zur Abwehr der Gefahr als nicht ausreichend erscheinen.

(2) Die Anordnung trifft die therapeutische Leitung. Bei Gefahr in Verzug kann die Anordnung auch eine andere in der Einrichtung beschäftigte Person treffen. Die Genehmigung der therapeutischen Leitung ist unverzüglich nachzuholen.

(3) Maßnahmen gemäß Absatz 1 sind zu befristen und bedürfen der ärztlichen Mitwirkung und Überwachung. Der von anderen Personen räumlich getrennt untergebrachten Person sind individuelle therapeutische Angebote zu unterbreiten. Jede räumliche Trennung nach Absatz 1 Nummer 5 und Nummer 6, die länger als 48 Stunden dauert, bedarf der richterlichen Entscheidung und ist der Aufsichtsbehörde anzuzeigen. Die gerichtliche Zuständigkeit und das gerichtliche Verfahren richten sich nach §§ 121a und 121b des Strafvollzugsgesetzes vom 16. März 1976 (BGBl. I S. 581, 2088; 1977 I S. 436) in der jeweils geltenden Fassung.

(4) Über die Anordnung einer Maßnahme sind die gesetzliche Vertretung der untergebrachten Person, ihre anwaltliche Vertretung und auf Wunsch der untergebrachten Person eine sonstige Bezugs- oder Vertrauensperson unverzüglich zu benachrichtigen.

(5) Nach Abschluss der Maßnahme ist der untergebrachten Person eine Nachbesprechung und eine Vereinbarung über geeignete Hilfen im Wiederholungsfall anzubieten. Auf die Möglichkeit des nachgehenden Rechtsschutzes ist sie hinzuweisen.

(6) Die Anordnung, der Grund, der Verlauf und die Beendigung der Maßnahme sind zu dokumentieren.

§ 33
Fesselung und Fixierung

(1) Gegen eine untergebrachte Person kann als weitere besondere Sicherungsmaßnahme eine Fesselung durch die therapeutische Leitung angeordnet werden, wenn nach ihrem Verhalten oder aufgrund ihres Zustandes in erhöhtem Maße die Gefahr der Entweichung, von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen oder die Gefahr der Selbstverletzung oder Selbsttötung besteht. Absatz 4 Satz 2 sowie Satz 3 gelten entsprechend.

(2) Eine Fixierung, durch die die Bewegungsfreiheit der untergebrachten Person aufgehoben wird, darf nur als letztes Mittel angeordnet werden, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen erheblichen Selbstgefährdung oder einer von der untergebrachten Person ausgehenden erheblichen Gefährdung bedeutender Rechtsgüter anderer unerlässlich ist und nach ihrem Verhalten oder auf Grund ihres Zustandes andere, weniger einschneidende Maßnahmen zur Abwendung der Gefahr als nicht ausreichend erscheinen.

(3) Die Fesselung oder die Fixierung ist unverzüglich zu lockern oder zu entfernen, sobald die Gefahr nicht mehr fortbesteht oder durch mildere Mittel abgewendet werden kann.

(4) Eine Fixierung wird von der therapeutischen Leitung nach vorheriger ärztlicher Inaugenscheinnahme und Stellungnahme angeordnet. Bei Gefahr im Verzug können auch andere therapeutisch oder pflegerisch Beschäftigte diese Maßnahme vorläufig anordnen. Die ärztliche Inaugenscheinnahme und Stellungnahme sowie die Anordnung der therapeutischen Leitung sind unverzüglich nachzuholen.

(5) Die Durchführung einer Fixierung, durch die die Bewegungsfreiheit der untergebrachten Person absehbar nicht nur kurzfristig aufgehoben wird, bedarf der vorherigen richterlichen Entscheidung über die Zulässigkeit der Anordnung unter Beachtung der in Absatz 2 genannten Voraussetzungen. Bei Gefahr im Verzug darf die Maßnahme vorläufig durchgeführt werden. Die richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen. Einer Antragsstellung bei Gericht bedarf es nur dann nicht, wenn bereits zu Beginn der Maßnahme absehbar ist, dass die Entscheidung erst nach Wegfall des Grundes der Maßnahme ergehen wird oder die Maßnahme vor Herbeiführung der Entscheidung tatsächlich beendet und auch keine Wiederholung zu erwarten ist. Das Gericht ist unverzüglich zu unterrichten, wenn die Fixierung nach Antragstellung bei Gericht, aber vor einer gerichtlichen Entscheidung, nicht mehr erforderlich ist.

(6) Bei einer Fixierung ist eine ununterbrochene, unmittelbare persönliche Eins-zu-eins-Bezugsbegleitung durch Beschäftigte mit therapeutischer oder pflegerischer Qualifikation grundsätzlich innerhalb des Raumes, indem sich die fixierte Person befindet, zu gewährleisten.

(7) Die Notwendigkeit der Fixierung ist fortlaufend zu überprüfen. Sie ist ärztlich zu überwachen.

(8) Die Notwendigkeit einer Fesselung oder einer Fixierung ist der untergebrachten Person zusammen mit der Anordnung zu erläutern. Ist dies aufgrund der Umstände nicht möglich, ist die Erläuterung nachzuholen. Über eine Fixierung sind die gesetzliche Vertretung der untergebrachten Person und ihre anwaltliche Vertretung unverzüglich zu unterrichten. Dem Wunsch der untergebrachten Person nach Unterrichtung weiterer Personen soll entsprochen werden.

(9) Nach der Beendigung einer Fesselung oder einer Fixierung ist der untergebrachten Person die Möglichkeit zu einer Nachbesprechung und einer Absprache für den Wiederholungsfall anzubieten. Soweit eine Fixierung nicht richterlich angeordnet worden ist, ist die untergebrachte Person durch die Einrichtung über die Möglichkeit zu belehren, die Rechtmäßigkeit der durchgeführten Fixierung gerichtlich überprüfen zu lassen.

(10) Bei einer Fesselung oder einer Fixierung dokumentiert die Einrichtung

1. die Anordnung,

2. die hierfür maßgeblichen Gründe,

3. die Durchführung,

4. die Dauer,

5. kontinuierlich die Art der Überwachung und der Kontrolle sowie

6. die Belehrung nach Absatz 9 Satz 2.

(11) Die gerichtliche Zuständigkeit und das gerichtliche Verfahren bei einer Fixierung nach Absatz 5 richten sich nach den §§ 121a und 121b des Strafvollzugsgesetzes.

§ 34
Maßnahmen bei Entweichungen

(1) Hält sich eine untergebrachte Person ohne Erlaubnis außerhalb der Einrichtung auf, kann sie durch Beschäftigte der Einrichtung zurückgebracht werden. Die Anwendung unmittelbaren Zwangs ist zulässig.

(2) Gelingt es den Beschäftigten der Einrichtung nicht, die entwichene Person zurückzubringen, ist die Polizei um Amtshilfe im Rahmen ihrer Zuständigkeit zu ersuchen. Die Polizei ist unverzüglich über eine Entweichung zu informieren, soweit eine Gefahr für die Allgemeinheit zu befürchten ist. Die Befugnisse der Polizei bleiben unberührt.

(3) Die Einrichtung berichtet der Aufsichtsbehörde unverzüglich über Entweichungen, deren Begleitumstände und die veranlassten Maßnahmen zur Wiederergreifung. Eine Entweichung liegt vor, wenn sich die untergebrachte Person ohne Erlaubnis aus der Einrichtung entfernt hat, länger als erlaubt außerhalb der Einrichtung aufhält oder während einer Ausführung entfernt.

§ 35
Unmittelbarer Zwang

(1) Beschäftigte der Einrichtung dürfen gegenüber einer untergebrachten Person unmittelbaren Zwang anwenden, wenn dieser erforderlich ist, um den Schutz erheblicher Rechtsgüter dritter Personen oder die Sicherheit oder Ordnung in der Einrichtung bei einer erheblichen Gefährdung aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen.

(2) Gegenüber anderen Personen als den untergebrachten Personen darf unmittelbarer Zwang angewendet werden, wenn sie es unternehmen, untergebrachte Personen zu befreien, wenn sie unbefugt in den Bereich der Einrichtung eindringen oder wenn sie sich trotz Aufforderung zum Verlassen weiterhin unbefugt darin aufhalten.

(3) Unmittelbarer Zwang ist anzudrohen. Die Androhung darf nur unterbleiben, wenn die Umstände sie nicht zulassen, insbesondere, wenn unmittelbarer Zwang sofort angewendet werden muss, um eine gegenwärtige Gefahr abzuwenden.

(4) Unter mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs ist diejenige zu wählen, die die betreffende Person und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Unmittelbarer Zwang hat zu unterbleiben, wenn ein durch ihn zu erwartender Schaden erkennbar außer Verhältnis zum angestrebten Erfolg steht.

Abschnitt 6
Datenverarbeitung und Datenschutz

§ 36
Allgemeine Bestimmungen

Soweit in diesem Gesetz nichts Abweichendes geregelt ist, gelten für die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke der Durchführung strafrechtsbezogener Unterbringungen in einem psychiatrischen Krankenhaus und einer Entziehungsanstalt die Vorschriften des dritten Teils des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 17. Mai 2018 (GV. NRW. S. 244, ber. S. 278 und S. 404) in der jeweils geltenden Fassung mit der Maßgabe, dass § 55 auch der Aufsichtsbehörde Einsichtsrecht in die Protokolldateien gewährt.

§ 37
Verarbeitung personenbezogener Daten

(1) Die in den §§ 53 und 54 genannten Stellen (verantwortliche Stellen) dürfen personenbezogene Daten verarbeiten, soweit dies zu Zwecken der Durchführung der Unterbringung nach diesem Gesetz erforderlich ist oder ein anderes Gesetz oder eine andere auf Grund eines Gesetzes erlassene Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder die betroffene Person nach Maßgabe des § 38 des Datenschutzgesetzes NRW eingewilligt hat. Die Verarbeitung personenbezogener Daten besonderer Kategorien im Sinne des § 36 Nummer 18 des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen durch die verantwortlichen Stellen nach Absatz 1 ist nur zulässig, soweit dies zur Erfüllung der Aufgaben unbedingt erforderlich ist.

Zwecke der Durchführung der Unterbringung nach Satz 1 sind:

1. die Aufgabenerfüllung nach Maßgabe dieses Gesetzes, einschließlich der Erreichung des jeweiligen Unterbringungsziels der untergebrachten Person,

2. die Vorbereitung und Durchführung von nachsorgenden Maßnahmen der untergebrachten Person,

3. der Schutz der Allgemeinheit vor weiteren rechtswidrigen Taten der untergebrachten Person,

4. die Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in der Einrichtung,

5. die Sicherung der Durchführung der Unterbringung,

6. sonstige den in Satz 1 genannten Stellen durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes übertragenen Aufgaben und

7. die Erstellung von Statistiken, insbesondere zur Evaluierung der Maßnahmen zur Durchführung der Unterbringung in Bezug auf die Unterbringungsziele nach § 2.

(2) Personenbezogene Daten über die untergebrachte Person sollen grundsätzlich bei ihr erhoben werden. Sie dürfen bei Dritten nur erhoben werden, wenn sie zur Beurteilung des Gesundheitszustandes der untergebrachten Person, zu ihrer Eingliederung oder zur Risikoeinschätzung unbedingt erforderlich sind und die Art der Erhebung schutzwürdige Interessen der betroffenen Person nicht beeinträchtigt. Die Datenverarbeitung ist an dem Ziel auszurichten, so wenig personenbezogene Daten wie möglich zu verarbeiten. Von den Möglichkeiten der Anonymisierung und Pseudonymisierung ist Gebrauch zu machen, soweit dies nach dem Verwendungszweck möglich ist und der Aufwand in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck steht.

§ 38 (Fn 6)
Datenübermittlung

(1) Die verantwortlichen Stellen dürfen bei Ärztinnen und Ärzten, sonstigen behandelnden oder betreuenden Personen, Gerichten, Staatsanwaltschaften und Behörden Daten, insbesondere Strafurteile, staatsanwaltschaftliche Ermittlungssachverhalte, psychiatrische und psychologische Gutachten aus gerichtlichen und staatsanwaltlichen Verfahren, den Lebenslauf und Angaben über die bisherige Entwicklung sowie Angaben über Krankheiten, Körperschäden und Verhaltensauffälligkeiten der untergebrachten Person erheben, es sei denn, dass Rechtsvorschriften außerhalb der allgemeinen Regelungen über die Berufs- und Amtsverschwiegenheit dies untersagen. Für besondere Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des § 36 Nummer 18 des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen gilt dies nur, sofern dies zur Aufgabenerfüllung unbedingt erforderlich ist.

(2) Die verantwortlichen Stellen im Sinne des § 37 Absatz 1 dürfen personenbezogene Daten, sofern Datenübermittlungen nicht nach anderen Vorschriften zulässig sind, an Dritte übermitteln, soweit dies erforderlich ist

1. zur Unterrichtung der Strafvollstreckungsbehörde, der Ermittlungsrichterin oder des Ermittlungsrichters, des erkennenden und des vollstreckenden Gerichts, der Führungsaufsichtsstelle oder der Bewährungshilfe,

2. zur Unterrichtung der Aufsichtsbehörden,

3. zur Unterrichtung der zuständigen Stellen für die Einleitung oder Durchführung eines Verfahrens über die Bestellung einer rechtlichen Betreuung gemäß § 1814 des Bürgerlichen Gesetzbuches für die untergebrachte Person,

4. zur Weiterbehandlung der untergebrachten Person durch die Einrichtung, in die die untergebrachte Person im Rahmen der Durchführung der Unterbringung verlegt werden soll oder verlegt worden ist,

5. zur Unterrichtung der in § 16 Absatz 3 genannten Stellen zum Zwecke der Eingliederung der untergebrachten Person,

6. zur Unterrichtung der zuständigen Polizeidienststellen zum Zweck der Fahndung und Festnahme nach Entweichung einer untergebrachten Person,

7. zur Unterrichtung der zuständigen Polizeibehörden des Bundes und der Länder zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Rechtsgüter innerhalb der Einrichtung,

8. zur Übermittlung von Informationen an eine externe Sachverständige oder einen externen Sachverständigen für die Erstellung eines Sachverständigengutachtens nach § 4 Absatz 4 oder zur Erstellung eines Gerichtsgutachtens,

9. zur Unterrichtung der für die Verfolgung und Verhütung von Straftaten zuständigen Stellen zum Zwecke der Verfolgung und Verhütung von Straftaten von erheblicher Bedeutung sowie zur Abwehr von Gefahren für das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung Dritter oder vergleichbarer Rechtsgüter,

10. zur Information von Personen, Einrichtungen oder im Rahmen der Geltendmachung von Ansprüchen der Einrichtungen oder zur Abwehr von Ansprüchen, die gegen die Einrichtung oder ihre Beschäftigten gerichtet sind und

11. zur Unterrichtung des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen im Rahmen von landesweiten Konzeptionen zum Umgang mit den nach diesem Gesetz untergebrachten Personen, insbesondere rückfallgefährdeten Sexualstraftätern.

Besondere Kategorien personenbezogener Daten gemäß § 36 Nummer 18 des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen dürfen nur übermittelt werden, sofern die Übermittlung zur Erfüllung der genannten Aufgabe unbedingt erforderlich ist.

(3) Datenübermittlungen nach diesem Gesetz zu anderen als den in § 37 Absatz 1 genannten Zwecken sind nur zulässig, wenn der konkrete Übermittlungszweck in angemessenem Verhältnis zu der Art der Eingriffsintensität der Erhebungsform und der Art der erhobenen personenbezogenen Daten steht. Ein angemessenes Verhältnis liegt regelmäßig vor, wenn die Übermittlung zu Zwecken nach Absatz 2 erfolgt oder die Stelle, die die Daten empfängt, diese auch selbst hätte erheben dürfen.

(4) Die Übermittlung von personenbezogenen Daten, einschließlich derer besonderer Kategorien, an die in Absatz 2 genannten Stellen darf zur Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von unbegleiteten Ausgängen sowie längerfristigen Aufenthalten außerhalb der Einrichtung sowie zur Vorbereitung der Entlassung im Einzelfall auch im Rahmen von Fallkonferenzen erfolgen, sofern dies zum Zwecke der Sicherung des Behandlungserfolges, der Wiedereingliederung in das Berufs- oder Sozialleben oder zur Abwehr von schwerwiegenden Gefahren für die öffentliche Sicherheit unbedingt erforderlich ist. Der Datenaustausch ist hierbei auf das zwingend erforderliche Mindestmaß zu beschränken. Der Kreis der Beteiligten der jeweiligen Fallkonferenz ist auf die Personen oder Stellen zu begrenzen, deren Teilnahme im konkreten Einzelfall für die Erfüllung des Zweckes der Fallkonferenz zwingend erforderlich ist. Die gleichzeitige Behandlung von mehreren Fällen in einer Fallkonferenz ist nicht zulässig. Die Einrichtung dokumentiert die Gründe für die Fallkonferenz, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie die wesentlichen Ergebnisse der Fallkonferenz. Die im Rahmen der Fallkonferenzen gewonnenen personenbezogenen Daten sind in gesonderten Akten oder in personenbezogenen Dateien zu verarbeiten.

(5) Die Übermittlung personenbezogener Daten ist auch zulässig, wenn sie für die Bearbeitung von Eingaben, parlamentarischen Anfragen oder Aktenvorlageersuchen erforderlich ist und überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person nicht entgegenstehen. Die Übermittlung besonderer Kategorien personenbezogener Daten ist darüber hinaus nur zulässig, wenn sie zur Aufgabenerfüllung unbedingt erforderlich ist.

(6) Die Empfängerin oder der Empfänger darf die übermittelten personenbezogenen Daten nur für die Zwecke verarbeiten, zu denen sie übermittelt wurden.

(7) Die Verantwortung für die Zulässigkeit der Übermittlung trägt die übermittelnde Einrichtung. Fordert die Aufsichtsbehörde zur Erfüllung ihrer Aufgaben von der Einrichtung Daten zur Übermittlung an, trägt sie die Verantwortung für die Zulässigkeit der Datenübermittlung.

§ 39
Auskunft, Akteneinsicht der untergebrachten Person

(1) Die untergebrachte Person erhält Akteneinsicht, soweit sie nach § 49 des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen zur Auskunft berechtigt ist, eine Auskunft für die Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen nicht ausreicht, die Einsichtnahme hierfür erforderlich ist und berechtigte Interessen Dritter nicht entgegenstehen. Die Akteneinsicht kann eingeschränkt oder ausgeschlossen werden, wenn die Daten der betroffenen Person in Akten mit personenbezogenen Daten Dritter oder geheimhaltungsbedürftigen Daten derart verbunden sind, dass ihre Trennung nicht oder nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand möglich ist.

(2) Bei der Einsicht haben die betroffenen Personen das Recht, sich aus den Akten Notizen zu machen. Soll die Akteneinsicht durch eine beauftragte Rechtsanwältin, Notarin oder Verteidigerin oder einen beauftragten Rechtsanwalt, Notar oder Verteidiger wahrgenommen werden, kann die Akte an deren oder dessen Geschäftsräume versandt werden.

(3) Für die untergebrachten Personen sind aus den über sie geführten Akten auf Antrag Ablichtungen einzelner Dokumente oder aus automatisierten Dateien Ausdrucke eines Teilbestands der Daten zu fertigen, soweit die Akten der Einsicht unterliegen und ein nachvollziehbarer Grund vorliegt. Ein solcher Grund ist insbesondere anzunehmen, wenn die untergebrachte Person zur Geltendmachung von Rechten gegenüber Gerichten und Behörden auf Ablichtungen oder Ausdrucke angewiesen ist. Ablichtungen und Ausdrucke aus der Gesundheitsakte werden kostenfrei zur Verfügung gestellt. Für sonstige Ablichtungen und Ausdrucke kann ein angemessener Kostenbeitrag erhoben werden. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn die verantwortliche Stelle die Erteilung der Auskunft nach § 49 des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen in Form von Ablichtungen und Ausdrucken vornimmt.

§ 40
Auskunft und Akteneinsicht für wissenschaftliche Zwecke

Für die Auskunft und Akteneinsicht für wissenschaftliche Zwecke gilt § 476 der Strafprozeßordnung entsprechend mit der Maßgabe, dass auch elektronisch gespeicherte personenbezogene Daten übermittelt werden können. Die Übermittlung kann auch auf elektronischem Weg erfolgen.

§ 41
Zentrale Datei, Einrichtung automatisierter Übermittlungs- und Abrufverfahren

(1) Die nach Maßgabe dieses Gesetzes erhobenen Daten können durch die zuständige Aufsichtsbehörde zum Zwecke der Aufsicht einschließlich statistischer Zwecke in einem automatisierten Verfahren verarbeitet werden, soweit dies erforderlich ist. Personenbezogene Daten besonderer Kategorien dürfen in einem automatisierten Verfahren nur verarbeitet werden, soweit dies unbedingt erforderlich ist.

(2) Die unteren staatlichen Maßregelvollzugsbehörden einschließlich der Einrichtungen sind berechtigt und verpflichtet, der zuständigen Aufsichtsbehörde zu den in Absatz 1 genannten Zwecken die erforderlichen Daten elektronisch zur Verfügung zu stellen. Besondere Kategorien personenbezogener Daten dürfen nur übermittelt werden, soweit dies unbedingt erforderlich ist.

(3) Das für die Durchführung der strafrechtsbezogenen Unterbringungen in einem psychiatrischen Krankenhaus und einer Entziehungsanstalt zuständige Ministerium bestimmt durch Rechtsverordnung die Einzelheiten der Einrichtung automatisierter Übermittlungs- und Abrufverfahren. Die empfangene Stelle, die Datenart und der Zweck des Abrufs sind festzulegen. Die Rechtsverordnung hat Maßnahmen zur Datensicherung und zur Kontrolle vorzusehen, die in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stehen. Die oder der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit ist frühzeitig zu unterrichten.

(4) Der Empfänger trägt die Verantwortung für die Rechtmäßigkeit des Abrufs oder der Übermittlung im automatisierten Verfahren.

§ 42
Erkennungsdienstliche Unterlagen

(1) Zur Sicherung der Durchführung der Unterbringung erhebt die Einrichtung Daten als er-kennungsdienstliche Unterlagen über die untergebrachte Person. Zu diesem Zweck können mit Kenntnis der untergebrachten Person Lichtbilder aufgenommen, äußerliche körperliche Merkmale festgehalten und Messungen vorgenommen sowie biometrische Merkmale von Fingern, Händen und Gesicht erfasst werden.

(2) Diese Daten sind, soweit sie nicht zugleich für die Behandlung erforderlich sind, getrennt von den Personal- und Krankenakten aufzubewahren.

(3) Die Verarbeitung der nach Absatz 1 erhobenen Daten durch die jeweils zuständigen Stellen ist zulässig

1. für Zwecke der Fahndung und Festnahme der entwichenen oder sich sonst ohne Erlaubnis außerhalb der Einrichtung aufhaltenden Person,

2. zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit,

3. zur Verhinderung oder Verfolgung von Straftaten sowie zur Verhinderung oder Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten, durch die die Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung gefährdet wird, oder

4. zur Verhinderung des Austauschs untergebrachter Personen.

(4) Die Verarbeitung der Daten nach Absatz 3 ist nur zulässig, sofern dies zur Aufgabenerfüllung unbedingt erforderlich ist.

§ 43
Einrichtungsausweise

(1) Sofern

1. bei Belassung der Ausweispapiere eine erhöhte Fluchtgefahr oder eine Gefahr für die Sicherheit und Ordnung in der Einrichtung oder den Behandlungserfolg der untergebrachten Person besteht, oder

2. die untergebrachte Person nicht selbst in der Lage ist, ihre Ausweispapiere sicher zu verwahren,

kann die Einrichtung die Ausweispapiere für die Dauer der Unterbringung für diese verwahren.

(2) Die Einrichtung kann die untergebrachte Person im Rahmen von Ausgängen und einem Aufenthalt außerhalb der Einrichtung verpflichten, zu ihrer Identifizierung einen Lichtbildausweis der Einrichtung mit sich zu führen. Dabei ist sicherzustellen, dass der Ausweis nur die zur Erreichung dieses Zwecks der Identifizierung notwendigen Daten enthält. Der Ausweis ist bei der Entlassung oder bei Verlegung in eine andere Einrichtung einzuziehen und unverzüglich zu vernichten. Die Ausweise dürfen mit technischen Bauteilen zur elektronischen Lesbarkeit versehen werden, die Datenschutz und Datensicherheit gewährleisten. Die Erstellung von Bewegungsprofilen ist unzulässig. Die Auslesung eines elektronischen Ausweises darf nur mit Kenntnis der untergebrachten Person erfolgen.

§ 44
Videoüberwachung innerhalb der Einrichtung

(1) Das Einrichtungsgelände sowie das Innere des Einrichtungsgebäudes dürfen aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung mittels Videotechnik unter Berücksichtigung der nachfolgenden Einschränkungen überwacht werden.

(2) Jede Einrichtung, die Videotechnik einsetzt, hat ein einheitliches Konzept zur optisch-elektronischen Überwachung der baulichen Anlagen zu erstellen, in dem die Gründe für die Überwachung dokumentiert werden. Das Konzept muss alle betriebsfähigen Anlagen zur Videoüberwachung sowie die von ihnen erfassten Bereiche in kartenmäßiger Darstellung enthalten und ist laufend fortzuschreiben. Statt einer kartenmäßigen Darstellung kann eine tabellarische Übersicht über alle optisch-elektronischen Anlagen erstellt werden, die eine Beschreibung der optisch-elektronisch überwachten Bereiche in Textform enthält.

(3) Bei der Planung optisch-elektronischer Anlagen ist sicherzustellen, dass

1. die Überwachung nur in dem Maße erfolgt, das für die Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung unbedingt erforderlich ist, insbesondere um das Betreten bestimmter Bereiche durch Unbefugte oder das Einbringen verbotener Gegenstände zu verhindern,

2. den in der Einrichtung untergebrachten Personen angemessen große Bereiche verbleiben, in denen sie nicht mittels Videotechnik überwacht werden, und

3. die ständig besetzten Arbeitsplätze der Beschäftigten von der Überwachung mittels Videotechnik ausgenommen bleiben, sofern dies nicht die Sicherheit der Einrichtung beeinträchtigt.

(4) Die Überwachung mittels optisch-elektronischer Anlagen ist durch geeignete Hinweise kenntlich zu machen.

(5) Eine Beobachtung untergebrachter Personen mittels Videotechnik in Kriseninterventions-, Aufenthalts-, Wohn- und Schlafräumen sowie in Räumlichkeiten, in denen medizinische Untersuchungen erfolgen, ist grundsätzlich unzulässig. Sie ist im Einzelfall in Kriseninterventions- oder Schlafräumen zeitlich befristet erlaubt, soweit dies zur Abwehr einer gegenwärtigen erheblichen Selbstgefährdung durch die untergebrachte Person erforderlich und angemessen ist. Durch geeignete Maßnahmen ist sicherzustellen, dass die Intimsphäre der untergebrachten Person bei der Beobachtung unangetastet bleibt. Eine Aufzeichnung ist unzulässig.

(6) Die Beobachtung mittels Videotechnik gemäß Absatz 5 ist durch die therapeutische Leitung anzuordnen. Eine regelmäßige ärztliche Untersuchung der unter Beobachtung stehenden Person sowie eine persönliche Betreuung ist sicherzustellen. Entfallen die Gründe, die zur Anordnung geführt haben, muss diese unverzüglich beendet werden.

(7) Optisch-elektronisch hergestellte Aufzeichnungen mittels Videotechnik gemäß Absatz 1 sind zwei Wochen nach ihrer Erhebung zu löschen. Eine darüber hinaus gehende Speicherung ist nur zulässig

1. zur Abwehr erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl oder einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit,

2. zur Abwehr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung einer anderen Person oder

3. zur Verhinderung oder Verfolgung von erheblichen Straftaten, durch die die Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung gefährdet wird.

Sie sind unverzüglich zu löschen, wenn schutzwürdige Interessen der Betroffenen einer weiteren Verarbeitung entgegenstehen.

§ 45
Videoüberwachung im Umfeld der Einrichtung

(1) Die Überwachung öffentlich frei zugänglichen Raumes außerhalb der Grenzen der Ein-richtung mittels Videotechnik ist nur in dem Umfang zulässig, der aufgrund der örtlichen Gegebenheiten zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung der Einrichtung oder der Sicherung der Durchführung der Unterbringung, insbesondere um Fluchtversuche sowie Über-würfe oder Abwürfe von Gegenständen auf das Einrichtungsgelände zu verhindern, erforderlich ist und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass schutzwürdige Interessen betroffener Personen überwiegen.

(2) Optisch-elektronisch hergestellte Aufzeichnungen mittels Videotechnik sind zwei Wochen nach ihrer Erhebung zu löschen.

(3) § 44 Absatz 2, 3, 4 und 7 gilt entsprechend.

§ 46
Berichtigung, Löschung und Einschränkung der Verarbeitung

(1) Die unter dem Namen der untergebrachten Person vorhandenen personenbezogenen Daten sind von der Einrichtung spätestens zehn Jahre nach dem Ende der Unterbringung zu löschen oder zu vernichten, soweit nicht nach anderen Vorschriften andere Aufbewahrungsfristen bestehen. Ist zu dem in Satz 1 genannten Zeitpunkt ein Rechtsstreit anhängig, sind die für den Rechtsstreit benötigten Daten erst nach Rechtskraft der Entscheidung zu löschen.

(2) Erhobene Daten nach § 20 Absatz 4, § 21 Absatz 2, § 22 Absatz 4 und § 42 Absatz 1 sind spätestens nach der Entlassung der untergebrachten Person zu löschen.

(3) Soweit die Einrichtung im Rahmen der Durchführung der Unterbringung einer Person nach § 1 Absatz 3 von einer nicht nur vorläufigen Einstellung des Verfahrens, einer unanfechtbaren Ablehnung der Eröffnung des Hauptsacheverfahrens oder einem rechtskräftigen Freispruch ohne gleichzeitige Anordnung einer Unterbringung nach §§ 63 oder 64 des Strafgesetzbuches Kenntnis erlangt, hat sie personenbezogene Daten bis spätestens einen Monat nach der Kenntnisnahme zu löschen.

(4) Im Übrigen gilt § 54 des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen mit der Maßgabe, dass auf Verlangen der untergebrachten Person eine zumindest vorübergehende Einschränkung der Verarbeitung anstelle der Löschung tritt, um die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung überprüfen zu können. Die Löschung der personenbezogenen Daten darf nicht vor Kenntniserlangung der Verarbeitung durch die untergebrachte Person erfolgen.

Abschnitt 7
Qualitätssicherung und Hausordnung

§ 47
Einrichtungsstandards

(1) Die Einrichtungen sind baulich so zu gestalten, organisatorisch so zu gliedern und personell und sächlich so auszustatten, dass eine auf die unterschiedlichen Sicherungserfordernisse und indizierten Maßnahmen zur Behandlung und Eingliederung der untergebrachten Personen abgestimmte Gestaltung der Unterbringung gewährleistet werden kann. Sie haben, soweit möglich, die Voraussetzungen für offene und differenziert gesicherte Unterbringungsmöglichkeiten vorzuhalten. Die besonderen Erfordernisse jugendlicher und heranwachsender Personen sind zu beachten.

(2) Die Einrichtungen haben die strukturellen Voraussetzungen für eine Behandlung und Eingliederung der untergebrachten Personen nach dem jeweils anerkannten Stand der medizinischen, pflegerischen, therapeutischen, sozialpsychiatrischen und heilpädagogischen Erkenntnisse zu gewährleisten. An dem Unterbringungsziel ausgerichtete Bildungsangebote sind vorzuhalten.

(3) Die Räume für die Behandlung, den Aufenthalt während der Ruhe- und Freizeit, für beschäftigungs- und arbeitstherapeutische sowie schulische und berufliche Bildungsangebote und Maßnahmen und andere angemessene Beschäftigungen sowie Gemeinschafts- und Besuchsräume sind zweckentsprechend auszugestalten. Sie müssen für eine gesunde Lebensführung geeignet und ausreichend mit Heizung und Lüftung, Boden- und Fensterfläche ausgestattet sein.

(4) Jugendliche und Heranwachsende sollen von Erwachsenen abgegrenzt untergebracht werden. Geschlechts- sowie behinderungsbedingte Aspekte sind zu berücksichtigen.

§ 48
Qualität, Qualitätsentwicklung, Sicherheitsstandards

(1) Das für die Durchführung strafrechtsbezogener Unterbringungen in einem psychiatrischen Krankenhaus und einer Entziehungsanstalt zuständige Ministerium erlässt im Benehmen mit den in § 53 Absatz 3 Satz 1 genannten Stellen Leitlinien zur Qualität, Qualitätssicherung und zu Sicherheitsstandards.

(2) Die Einrichtungen haben eine an anerkannten wissenschaftlichen Standards orientierte Qualität der Behandlungs- und Eingliederungsmaßnahmen sowie der Versorgungsabläufe zu gewährleisten. Die unteren staatlichen Maßregelvollzugsbehörden führen regelmäßig qualitätssichernde Maßnahmen durch. Jede Einrichtung muss über Konzepte zu Gewaltprävention und Zwangsvermeidung verfügen. Soweit Jugendliche und Heranwachsende in der Einrichtung behandelt werden, ist darüber hinaus ein Schutzkonzept für diese Personengruppe erforderlich.

(3) Die baulich-technischen und die organisatorischen Sicherheitsvorkehrungen der Einrichtungen haben einen wirksamen Schutz der Allgemeinheit, der Beschäftigten, der untergebrachten Personen und sonstiger Personen sicherzustellen. Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Zur Unterstützung der besonderen Belange der Sicherheit der Einrichtung bestellt jede Einrichtung eine Sicherheitsfachkraft.

(5) Die unteren staatlichen Maßregelvollzugsbehörden bilden ihre Beschäftigten regelmäßig fachlich fort und gewährleisten in ausreichendem Maß Supervisionen.

(6) Zur qualitativen Weiterentwicklung der Durchführung der strafrechtsbezogenen Unterbringung, insbesondere hinsichtlich der Personalausstattung, werden Vereinbarungen zwischen dem Land und den unteren staatlichen Maßregelvollzugsbehörden getroffen, soweit nicht die Rechtsverordnung nach § 59 eine abschließende Regelung trifft.

§ 49
Zusammenarbeit und wissenschaftliche Forschung

(1) Zur Förderung von Therapie und Eingliederung sollen die Einrichtungen mit geeigneten Personen, Organisationen, Behörden und Einrichtungen von Wissenschaft und Forschung zusammenarbeiten.

(2) Die Einrichtungen können Beschäftigten die Durchführung wissenschaftlicher Forschungsvorhaben ermöglichen und sie dabei unterstützen.

§ 50
Hausordnung

Die Einrichtung erlässt eine Hausordnung. Die Hausordnung soll in leicht verständlicher Sprache nähere Bestimmungen über die persönliche Wahrnehmung der Rechte und Pflichten der untergebrachten Personen nach diesem Gesetz unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse der Einrichtung enthalten. Die Hausordnung kann für die gesamte Einrichtung oder für Teilbereiche erlassen werden. Hausordnungen sind der Aufsichtsbehörde auf Verlangen zur Kenntnis zu geben.

Abschnitt 8
Beiräte, Besuchskommissionen

§ 51
Beiräte

(1) Die unteren staatlichen Maßregelvollzugsbehörden zur Durchführung von Unterbringungen nach § 1 berufen für jeden Standort einen Beirat.

(2) Aufgabe des Beirats ist die Förderung des Verständnisses und der Akzeptanz der Öffentlichkeit für die Aufgaben der Einrichtungen. Die Beiräte können der Leitung der Einrichtung konzeptionelle oder organisatorische Vorschläge zur Verbesserung der strafrechtsbezogenen Unterbringung unterbreiten. Die Mitglieder der Beiräte nehmen ihre Aufgaben ehrenamtlich wahr.

(3) Den Beiräten sollen Personen aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen angehören. Sie sollen überwiegend Einwohner der Gemeinde sein, in der die Einrichtung liegt. Höchstens die Hälfte der Mitglieder des Beirats ist vom Rat der Gemeinde nach Satz 2 zu bestimmen. Die übrigen Mitglieder des Beirats werden vom Träger bestimmt. Der Beirat wählt aus seiner Mitte den Vorsitz und seine Stellvertretung.

(4) Die Mitglieder des Beirats können sich über inhaltliche und organisatorische Fragen der Durchführung der Unterbringungen unterrichten lassen sowie die Einrichtung besichtigen. Ein Recht auf Akteneinsicht besteht nicht. An Entscheidungen über einzelne untergebrachte Personen sind die Beiräte nicht beteiligt. Das Recht der untergebrachten Person auf Datenschutz ist zu wahren. Personenbezogene Daten über untergebrachte Personen dürfen den Mitgliedern des Beirats nicht offengelegt werden.

(5) Das Nähere regeln die unteren staatlichen Maßregelvollzugsbehörden in einer Geschäftsordnung.

§ 52
Besuchskommissionen

(1) Die Besuchskommissionen nach dem Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten vom 17. Dezember 1999 (GV. NRW. S. 662) in der jeweils geltenden Fassung sind auch für die Einrichtungen zur Durchführung von Unterbringungen nach diesem Gesetz zuständig. Das für die Durchführung strafrechtsbezogener Unterbringungen in einem psychiatrischen Krankenhaus und einer Entziehungsanstalt zuständige Ministerium wird ermächtigt, die Einzelheiten nach Anhörung des zuständigen Landtagsausschusses durch Rechtsverordnung zu regeln.

(2) Die Besuche des Europäischen Ausschusses zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe, des Unterausschusses der Vereinten Nationen zur Prävention von Folter sowie der Nationalen Stelle sind von den unteren staatlichen Maßregelvollzugsbehörden und deren Einrichtungen entsprechend der für diese Besuche geltenden rechtlichen Bestimmungen zu ermöglichen.

Abschnitt 9
Zuständigkeiten, Aufsicht und Vollstreckungsplan

§ 53
Zuständigkeiten

(1) Die Unterbringung nach diesem Gesetz in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt einschließlich der Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung der hierzu erforderlicher baulichen Anlagen ist Aufgabe des Landes.

(2) Für die Durchführung dieser Aufgabe mit Ausnahme der Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung baulicher Anlagen sind die Direktorinnen oder die Direktoren der Landschaftsverbände als untere staatliche Maßregelvollzugsbehörde zuständig, soweit nicht eine andere Behörde durch Gesetz oder Rechtsverordnung nach § 59 bestimmt oder Dritte nach Satz 4 beliehen werden. Die Landschaftsverbände haben, soweit die Direktorinnen oder Direktoren der Landschaftsverbände als untere staatliche Maßregelvollzugsbehörde zuständig sind, das erforderliche Personal und die bestehenden Einrichtungen zur Verfügung zu stellen. Sie können dem Land weitere Einrichtungen zur Verfügung stellen. Darüber hinaus kann das Land Dritte durch öffentlich-rechtlichen Beleihungsvertrag mit den zur Durchführung von Unterbringungen erforderlichen hoheitlichen Befugnissen ausstatten. Die Gestaltung der Verträge erfolgt im Einvernehmen zwischen der Beliehenen und dem für die Durchführung strafrechtsbezogener Unterbringungen in einem psychiatrischen Krankenhaus und einer Entziehungsanstalt zuständigen Ministerium.

(3) Die untere staatliche Maßregelvollzugsbehörde bestellt die ärztliche oder psychologische oder psychotherapeutische Leitung der Einrichtung oder der selbständigen Abteilung (therapeutische Leitung). Diese soll über forensisch-psychiatrische Sachkunde und Erfahrung verfügen. Sie trifft als Vollzugsleitung die Maßnahmen zur Durchführung der Unterbringung, soweit in diesem Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes nichts Abweichendes bestimmt ist. Eine Übertragung der Zuständigkeit auf andere Beschäftigte ist zulässig, soweit in diesem Gesetz nicht eine ausdrückliche Zuständigkeit der therapeutischen Leitung bestimmt ist. Bei Beliehenen erfolgt die Bestellung der therapeutischen Leitung durch das für die Durchführung strafrechtsbezogener Unterbringungen in einem psychiatrischen Krankenhaus und einer Entziehungsanstalt zuständige Ministerium im Einvernehmen mit der Beliehenen.

(4) Soweit im Fall des Absatzes 2 Satz 1 bei der Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung baulicher Anlagen von Einrichtungen oder Abteilungen für die Durchführung strafrechtsbezogener Unterbringungen in einem psychiatrischen Krankenhaus und einer Entziehungsanstalt Selbstverwaltungsangelegenheiten der Landschaftsverbände berührt sind, sind die nach der Landschaftsverbandsordnung zuständigen Gremien anzuhören.

§ 54
Aufsicht

(1) Aufsichtsbehörde ist das für die Durchführung strafrechtsbezogener Unterbringungen in einem psychiatrischen Krankenhaus und einer Entziehungsanstalt zuständige Ministerium. Die Direktorinnen oder Direktoren der Landschaftsverbände als untere staatliche Maßregelvollzugsbehörde einschließlich ihrer Einrichtungen sowie die Beliehenen unterstehen nach § 11 des Landesorganisationsgesetzes vom 10. Juli 1962 (GV. NRW. S. 421), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 17. Dezember 2020 (GV. NRW. S. 1238) geändert worden ist, der Dienst- und Fachaufsicht. Die Fachaufsicht über die rechtmäßige und zweckmäßige Aufgabenwahrnehmung nach § 13 des Landesorganisationsgesetzes umfasst auch die Aufsicht über das jeweilige Maß der Freiheitsentziehung nach § 4 sowie die Verhältnismäßigkeit der Dauer gemäß § 2 Absatz 4.

(2) Die Aufsichtsbehörde ist zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben in Ergänzung zu § 13 Absatz 3 des Landesorganisationsgesetzes insbesondere berechtigt,

1. die Einrichtungen zu den üblichen Behandlungs- und Betreuungszeiten und zur Verhütung drohender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung auch außerhalb dieser Zeiten zu betreten und zu überprüfen und

2. die in den Einrichtungen geführten Unterlagen vollständig einzusehen und jederzeit Auskünfte daraus zu verlangen. Soweit die Unterlagen besondere Kategorien personenbezogener Daten enthalten, können sie eingesehen werden, wenn dies zur Ausübung der Aufsichtsfunktion unbedingt erforderlich ist.

(3) Die nachgeordneten Behörden haben der Aufsichtsbehörde über alle Vorgänge zu berichten, die von Bedeutung sind.

§ 55
Regionalisierung, Vollstreckungsplan

(1) Das für die Durchführung der strafrechtsbezogenen Unterbringungen in einem psychiatrischen Krankenhaus und einer Entziehungsanstalt zuständige Ministerium stellt im Einvernehmen mit dem für die Rechtspflege zuständigen Ministerium nach Anhörung der Direktorinnen und Direktoren der Landschaftsverbände und des zuständigen Landtagsausschusses durch Rechtsverordnung einen Vollstreckungsplan auf. Der Vollstreckungsplan regelt die Zuordnung der einzelnen Einrichtungen der unteren staatlichen Maßregelvollzugsbehörden sowie der Beliehenen zu den Landgerichtsbezirken.

(2) Bei der Aufstellung des Vollstreckungsplans soll der Grundsatz der Regionalisierung durch eine wohnortnahe Behandlungs- und Unterbringungsmöglichkeit berücksichtigt werden. Spezielle überregionale Angebote können vorgesehen werden.

(3) Eine untergebrachte Person kann abweichend vom Vollstreckungsplan einer anderen Einrichtung zugewiesen oder in eine andere Einrichtung, auch in einem anderen Land, verlegt werden, wenn

1. hierdurch die Behandlung der untergebrachten Person oder ihre psychosoziale Eingliederung besser gefördert wird oder

2. dies aus zwingenden Gründen der Vollzugsorganisation oder anderen zwingenden Gründen, insbesondere unter Schutzerfordernissen, unumgänglich erscheint.

(4) Eine Verlegung kann auch auf Antrag der untergebrachten Personen erfolgen.

(5) Die Entscheidung über die Zuweisung trifft die untere staatliche Maßregelvollzugsbehörde aufgrund eines entsprechenden Aufnahmeersuchens der Vollstreckungsbehörde.

(6) Die Entscheidung über eine Verlegung trifft die untere staatliche Maßregelvollzugsbehörde. Bei Beliehenen und bei Verlegungen in ein anderes Land entscheidet das für die Durchführung strafrechtsbezogener Unterbringungen in einem psychiatrischen Krankenhaus und einer Entziehungsanstalt zuständige Ministerium. Die Vollstreckungsbehörde ist zu informieren.

Abschnitt 10
Kosten, Kostenbeteiligung und Aufwendungsersatz

§ 56
Kostentragung

(1) Die notwendigen Kosten zur Durchführung der Unterbringung nach diesem Gesetz trägt das Land, soweit nicht Sozialleistungsträger zur Kostentragung verpflichtet sind oder die untergebrachte Person gemäß § 57 an den Kosten zu beteiligen ist.

(2) Für die Durchführung der Aufgaben nach diesem Gesetz erhalten die Träger der Einrichtungen ein jährliches Budget für jede von ihnen betriebene Einrichtung oder Abteilung. Soweit sich die untergebrachte Person in einer Einrichtung befindet, die weder vollständig noch mit Abteilungen für die Durchführung strafrechtsbezogener Unterbringungen zur Verfügung steht, wird ein pauschaler Aufwendungsersatz pro Unterbringung geleistet.

(3) Das für die Durchführung strafrechtsbezogener Unterbringungen in einem psychiatrischen Krankenhaus und einer Entziehungsanstalt zuständige Ministerium genehmigt das Budget.

(4) Kommt eine Budgetvereinbarung ganz oder teilweise nicht zustande, kann eine Schiedsstelle, die von der Gemeinschaft der forensischen Träger und dem Land gebildet wird, angerufen werden. § 18a Absätze 2 bis 3 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. April 1991 (BGBl. I S. 886) in der jeweils geltenden Fassung gilt entsprechend, § 18a Absatz 4 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes insoweit, als die entsprechenden Inhalte durch öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen den Beteiligten nach Satz 2 festgelegt werden. Der Spruch der Schiedsstelle ist von dem für die Durchführung strafrechtsbezogener Unterbringungen in einem psychiatrischen Krankenhaus und einer Entziehungsanstalt zuständigen Ministerium zu prüfen. Dieses setzt das Budget nach schriftlicher Anhörung der zuständigen Behörde und des Trägers der Einrichtung fest und begründet seine Entscheidung.

(5) Das für die Durchführung strafrechtsbezogener Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt zuständige Ministerium wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem für Finanzen zuständigen Ministerium und nach Anhörung des zuständigen Landtagsausschusses, die Einzelheiten der Kostentragung nach Absatz 1 und der Nach-weis- und Prüfpflichten durch Rechtsverordnung zu erlassen über

1. die Ermittlung des Budgets für die psychiatrischen Krankenhäuser und Entziehungsanstalten zur Durchführung strafrechtsbezogener Unterbringungen gemäß Absatz 2 Satz 1 einschließlich der forensischen Ambulanzen gemäß § 16,

2. die Bemessung des Aufwendungsersatzes für die Unterbringung in Einrichtungen gemäß Absatz 2 Satz 2,

3. die Rechnungs-, Buchführungs- und Nachweispflichten der Einrichtungen,

4. die Bemessung des Aufwendungsersatzes und die Erhebung anteiliger Erstattungsleistungen für die Unterbringung von Personen aus anderen Bundesländern und

5. die Prüfberechtigungen der Aufsichtsbehörden.

(6) Der Landesrechnungshof ist berechtigt, die Verwendung der Landesmittel bei den unteren staatlichen Maßregelvollzugsbehörden nach § 91 der Landeshaushaltsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. April 1999 (GV. NRW. S. 158) in der jeweils geltenden Fassung zu prüfen.

§ 57
Kostenbeteiligung der untergebrachten Person

(1) An den Kosten für die Unterbringung und die Verpflegung wird die untergebrachte Person nicht beteiligt.

(2) Die untergebrachte Person kann an den Kosten nach § 12 beteiligt werden, höchstens bis zum Umfang der Beteiligung vergleichbarer gesetzlich Versicherter. Zu diesem Zweck hat die untergebrachte Person auf Verlangen Auskunft über ihre Einkünfte und ihr Vermögen zu erteilen.

(3) Die Kosten des Schrift- und des Paketverkehrs sowie der Telekommunikation und bestellter Zeitungen nach § 21 trägt die untergebrachte Person. Bei bedürftigen untergebrachten Personen kann die Einrichtung die Kosten in angemessenem Umfang übernehmen.

(4) Sofern der Konsum von Suchtmitteln nach § 31 festgestellt wird und therapeutische Gründe nicht entgegenstehen, kann die untergebrachte Person an den Kosten der Maßnahmen zur Feststellung des Suchtmittelkonsums beteiligt werden.

(5) Die Reisekosten, die Kosten für ihren Lebensunterhalt und andere Aufwendungen während ihres Aufenthalts außerhalb der Einrichtung und die Kosten von Ausführungen können der untergebrachten Person in angemessenem Umfang auferlegt werden, soweit nicht ein Sozialleistungsträger zur Kostentragung verpflichtet ist. Die Kosten, die mit einem Aufenthalt in der eigenen Wohnung verbunden sind, gehören nicht zu den Kosten zur Durchführung der Unterbringung nach diesem Gesetz.

§ 58
Aufwendungsersatz

(1) Aufwendungen der Einrichtung, die eine untergebrachte Person durch unerlaubtes Entfernen, durch die Verletzung anderer untergebrachter Personen oder von Beschäftigten oder durch Sachbeschädigung verursacht hat, hat sie zu ersetzen, wenn ihr diese Tat als verantwortlich zugerechnet werden kann.

(2) Forderungen dürfen nur so durchgesetzt werden, dass das Ziel der Unterbringung nicht behindert wird.

Abschnitt 11
Durchführungsbestimmungen, Grundrechtseinschränkungen, Bundesrecht

§ 59
Durchführungsbestimmungen

Das für die Durchführung strafrechtsbezogener Unterbringungen in einem psychiatrischen Krankenhaus und einer Entziehungsanstalt zuständige Ministerium wird ermächtigt, nach Anhörung des zuständigen Landtagsausschusses durch Rechtsverordnung

1. die Anforderungen an die Einrichtungsstandards nach § 47,

2. die Anforderungen an die Qualität, Qualitätsentwicklung und Sicherheitsstandards nach § 48,

3. die Unterrichtung der untergebrachten Person nach § 6 Absatz 1,

4. die Bestellung von Datenschutzbeauftragten insoweit im Benehmen mit dem für den Datenschutz zuständigen Ministerium,

5. die Bestellung einer Sicherheitsfachkraft nach § 48 Absatz 4 einschließlich ihres Aufgaben- und Einsatzbereiches,

6. Schriftwechsel, Telefongespräche und sonstige Formen der Kommunikation nach § 21,

7. Besuchsregelungen nach § 22,

8. den Ausschluss von religiösen Veranstaltungen nach § 24 Absatz 2,

9. die Ansparung und Verwendung des Überbrückungsgeldes nach § 29,

10. Art und Umfang der Meldungen über Entweichungen nach § 34 Absatz 3,

11. Durchsuchungen und Kontrollen nach § 30,

12. Maßnahmen zur Feststellung von Suchtmittelkonsum nach § 31 und

13. die Beschränkung des Aufenthaltsbereichs, Beobachtung und räumliche Trennung nach § 32

zu regeln und die zuständigen Behörden zu bestimmen. Es erlässt die zur Ausführung dieses Gesetzes notwendigen Verwaltungsvorschriften.

§ 60
Einschränkung von Grundrechten

Durch dieses Gesetz werden die Grundrechte aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 und 2 (körperliche Unversehrtheit und Freiheit der Person), Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 (allgemeines Persönlichkeitsrecht), Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1, (Recht auf informationelle Selbstbestimmung), Artikel 10 Absatz 1 (Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis), Artikel 13 (Unverletzlichkeit der Wohnung) und Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 (Eigentum) des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland eingeschränkt. Diese Grundrechte können auch auf Grund dieses Gesetzes eingeschränkt werden.

§ 61
Ersetzen von Bundesrecht

Das Gesetz ersetzt nach Artikel 125a Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes in seinem Geltungsbereich die §§ 136, 137 und 138 Absatz 2 des Strafvollzugsgesetzes.

Abschnitt 12
Schlussvorschriften

§ 62
Übergangsvorschrift

Die Regelung über den Vollstreckungsplan nach § 15 des Maßregelvollzugsgesetzes vom 15. Juni 1999 (GV. NRW. S. 402), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 2. Juli 2019 (GV. NRW. S. 339) geändert worden ist, sowie die Kostenregelung des § 30 des Maßregelvollzugsgesetzes einschließlich der Finanzierungsverordnung MRV vom 27. November 2002 (GV. NRW. S. 608, ber. 2003 S. 177), die zuletzt durch Artikel 2 Nummer 3 des Gesetzes vom 23. Mai 2006 (GV. NRW. S. 197) geändert worden ist, gelten bis zum Erlass der Rechtsverordnungen nach § 56 Absatz 5 und § 59 weiter.

§ 63
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Gleichzeitig tritt das Maßregelvollzugsgesetz nach Maßgabe des § 62 außer Kraft.

§ 64
Berichtspflicht

Über die Erfahrungen mit diesem Gesetz ist dem Landtag bis zum 31. Dezember 2022 und danach alle fünf Jahre zu berichten.

Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen

Der Ministerpräsident

Für den Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration
Die Ministerin für Schule und Bildung

Der Minister der Finanzen

Der Minister des Innern

Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales

Der Minister der Justiz
Zugleich für die Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung

Fußnoten:

Fn 1

In Kraft getreten am 31. Dezember 2021 (GV. NRW. S. 1494); geändert durch Gesetz vom 18. Oktober 2022 (GV. NRW. S. 962), in Kraft getreten am 1. Januar 2023.

Fn 2

§ 3 Absatz 4 geändert durch Gesetz vom 18. Oktober 2022 (GV. NRW. S. 962), in Kraft getreten am 1. Januar 2023.

Fn 3

§ 9 Absatz 4 und 5 geändert durch Gesetz vom 18. Oktober 2022 (GV. NRW. S. 962), in Kraft getreten am 1. Januar 2023.

Fn 4

§ 11 Absatz 2 geändert durch Gesetz vom 18. Oktober 2022 (GV. NRW. S. 962), in Kraft getreten am 1. Januar 2023.

Fn 5

§ 12 Absatz 3 geändert durch Gesetz vom 18. Oktober 2022 (GV. NRW. S. 962), in Kraft getreten am 1. Januar 2023.

Fn 6

§ 38 Absatz 2 geändert durch Gesetz vom 18. Oktober 2022 (GV. NRW. S. 962), in Kraft getreten am 1. Januar 2023.

Fn 7

§ 10 Absatz 2 und 10 geändert durch Gesetz vom 18. Oktober 2022 (GV. NRW. S. 962), in Kraft getreten am 1. Januar 2023.



Normverlauf ab 2000: