Geltende Gesetze und Verordnungen (SGV. NRW.)  mit Stand vom 30.11.2024


Gesetz zur Regelung des Vollzuges der Untersuchungshaft in Nordrhein-Westfalen (Untersuchungshaftvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalen – UVollzG NRW)


Inhaltsverzeichnis:

Normüberschrift

Gesetz zur Regelung des Vollzuges der Untersuchungshaft in Nordrhein-Westfalen
(Untersuchungshaftvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalen – UVollzG NRW)

Vom 27. Oktober 2009 (Fn 1)

(Artikel 1 des Gesetzes zur Regelung des Vollzuges der Untersuchungshaft
und zur Verbesserung der Sicherheit in Justizvollzugsanstalten in Nordrhein-Westfalen
(GVUVS NRW) vom 27. Oktober 2009 (GV. NRW. S. 540))

Inhaltsübersicht (Fn 13)

Abschnitt 1
Grundsätze

§ 1 Stellung der Untersuchungsgefangenen, Zweck der Untersuchungshaft

§ 2 Gestaltung des Vollzuges

§ 3 Trennung des Vollzuges

§ 4 Zuständigkeit, Mitwirkung der Anstalt, Täter-Opfer-Ausgleich

§ 5 Soziale Hilfe

Abschnitt 2
Vollzugsverlauf

§ 6 Aufnahme in die Anstalt

§ 7 Verlegung, Überstellung, Ausantwortung, Ausführung

§ 8 Unterbrechung und Beendigung der Untersuchungshaft

§ 9 Entlassung

Abschnitt 3
Gestaltung des Vollzugsalltags

§ 10 Unterbringung

§ 11 Persönlicher Bereich, Einkauf

§ 12 Verpflegung

§ 13 Beschäftigung, Bildungsmaßnahmen, Gelder

§ 14 Freizeit

Abschnitt 4
Religionsausübung

§ 15 Seelsorge, religiöse Veranstaltungen, Weltanschauungsgemeinschaften

Abschnitt 5
Außenkontakte

§ 16 Grundsatz

§ 17 Besuche

§ 18 Schriftwechsel

§ 19 Telekommunikation

§ 20 Pakete

§ 21 Kontaktverbote

§ 22 Kontakt mit Verteidigerinnen und Verteidigern sowie bestimmten Personen und Institutionen

Abschnitt 6
Gesundheitsfürsorge

§ 23 Gesundheitsfürsorge, Aufenthalt im Freien

§ 24 Medizinische Leistungen, Kostenbeteiligung, Aufwendungsersatz

§ 25 Benachrichtigung im Krankheits- oder Todesfall

Abschnitt 7
Sicherheit und Ordnung, unmittelbarer Zwang

§ 26 Grundsatz, Verhaltensvorschriften

§ 27 Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit

§ 28 Besondere Sicherungsmaßnahmen

§ 29 Unmittelbarer Zwang, Handeln auf Anordnung, Festnahmerecht

§ 30 Zwangsmaßnahmen zur Gefahrenabwehr auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge

Abschnitt 8
Disziplinarmaßnahmen

§ 31 Voraussetzungen, Konfliktregelung

§ 32 Disziplinarmaßnahmen

§ 33 Verfahren, Vollzug

Abschnitt 9
Vorschriften für junge
Untersuchungsgefangene

§ 34 Anwendungsbereich

§ 35 Gestaltung des Vollzuges

§ 36 Trennung des Vollzuges

§ 37 Betreuung, Unterrichtung und Auswahlverfahren

§ 38 Außenkontakte

§ 39 Ergänzende Anwendung des Jugendstrafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen

Abschnitt 10
Aufhebung von Maßnahmen,
Beschwerderecht

§ 40 Widerruf, Rücknahme

§ 41 Beschwerderecht

Abschnitt 11
Anstalten, innerer Aufbau, Aufsicht

§ 42 Anstaltsleitung

§ 43 Bedienstete

§ 44 Seelsorge

§ 45 Medizinische Versorgung

§ 46 Konferenzen

§ 47 Gefangenenmitverantwortung

§ 48 Hausordnung

§ 49 Aufsichtsbehörde

§ 50 Vollstreckungsplan

§ 51 Festsetzung der Belegungsfähigkeit, Verbot der Überbelegung

Abschnitt 12
Beiräte

§ 52 Aufgaben und Befugnisse der Beiräte

Abschnitt 13
Kriminologischer Dienst,

Schlussbestimmungen

§ 53 Kriminologischer Dienst

§ 54 Entsprechende Anwendung

§ 55 Einschränkung von Grundrechten

§ 56 Bundesrecht

§ 57 Inkrafttreten

Abschnitt 1
Grundsätze

§ 1 (Fn 3)
Stellung der Untersuchungsgefangenen, Zweck der Untersuchungshaft

(1) Untersuchungsgefangene gelten als unschuldig und sind entsprechend zu behandeln, so dass nicht der Anschein entsteht, sie würden zur Verbüßung einer Strafe festgehalten. Der Vollzug der Untersuchungshaft dient allein dem Zweck, durch eine sichere Unterbringung der Untersuchungsgefangenen die Durchführung eines geordneten Strafverfahrens zu gewährleisten und den in den gesetzlichen Haftgründen zum Ausdruck kommenden Gefahren zu begegnen.

(2) Annehmlichkeiten und Beschäftigungen dürfen sie sich auf ihre Kosten verschaffen, soweit sie mit dem Zweck der Haft vereinbar sind und nicht die Sicherheit oder Ordnung der Anstalten beeinträchtigen.

(3) Soweit das Gesetz eine besondere Regelung nicht enthält, dürfen den Untersuchungsgefangenen Beschränkungen nach diesem Gesetz nur auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwehr einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Anstalt unerlässlich sind. Sie müssen in einem angemessenen Verhältnis zum Zweck der Anordnung stehen und dürfen die Untersuchungsgefangenen nicht mehr und nicht länger als notwendig beeinträchtigen.

(4) Von mehreren gleich geeigneten Maßnahmen ist diejenige zu wählen, die die Untersuchungsgefangenen voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Eine Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem angestrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht. Sie ist nur so lange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder nicht mehr erreicht werden kann.

§ 2 (Fn 2, 14)
Gestaltung des Vollzuges

(1) Das Leben im Vollzug ist den allgemeinen Lebensverhältnissen anzugleichen, soweit der Zweck der Untersuchungshaft und die Erfordernisse eines geordneten Zusammenlebens in der Anstalt dies zulassen. Schädlichen Folgen des Freiheitsentzuges ist entgegenzuwirken.

(2) Die unterschiedlichen Lebenslagen und Bedürfnisse der weiblichen und männlichen Untersuchungsgefangenen, der Untersuchungsgefangenen, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (junge Untersuchungsgefangene), sowie besondere Umstände, namentlich der Zuwanderungshintergrund, die Religion, die Behinderung, die sexuelle Identität sowie die familiären und sozialen Beziehungen, werden bei der Gestaltung des Vollzuges in angemessenem Umfang berücksichtigt.

§ 3
Trennung des Vollzuges

(1) Zur Trennung von anderen Gefangenen, namentlich von Strafgefangenen, erfolgt der Vollzug der Untersuchungshaft in besonderen Abteilungen der Anstalten oder in Untersuchungshaftanstalten. Männer und Frauen sind entsprechend zu trennen.

(2) Ausnahmen von Absatz 1 Satz 1 sind mit Zustimmung der Untersuchungsgefangenen zulässig oder wenn sie zur Erreichung des Zwecks der Untersuchungshaft, aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung, aus Gründen der Vollzugsorganisation oder anderen wichtigen Gründen erforderlich sind.

§ 4 (Fn 2)
Zuständigkeit, Mitwirkung der Anstalt, Täter-Opfer-Ausgleich

(1) Die nach diesem Gesetz notwendigen Entscheidungen trifft die Anstalt. Sie hat Anordnungen nach § 119 der Strafprozessordnung (verfahrenssichernde Anordnungen) zu beachten und umzusetzen.

(2) Die Anstalt wirkt dabei mit, dass die Untersuchungshaft ihrem Zweck entsprechend vollzogen und Möglichkeiten der Haftverkürzung ergriffen werden. Während des Vollzuges gewonnene Erkenntnisse, die aus Sicht der Anstalt für das Strafverfahren von Bedeutung sein können, werden unverzüglich an das Gericht oder die Staatsanwaltschaft weitergeleitet.

(3) Auf Antrag der die Tatvorwürfe einräumenden Untersuchungsgefangenen fördert die Anstalt die Durchführung eines Täter-Opfer-Ausgleichs. Hierzu benennt sie insbesondere Stellen und Einrichtungen, die die Untersuchungsgefangenen in ihren Bemühungen begleiten.

§ 5 (Fn 2)
Soziale Hilfe

(1) Untersuchungsgefangene werden in ihrem Bestreben nach der Bewältigung ihrer persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Schwierigkeiten unterstützt. Die Hilfe ist darauf gerichtet, sie in die Lage zu versetzen, ihre Angelegenheiten selbst zu ordnen und zu regeln. Zu diesem Zweck werden ihnen auch Stellen und Einrichtungen außerhalb der Anstalt benannt, die sich um eine Vermeidung der weiteren Untersuchungshaft bemühen oder Hilfen in besonderen sozialen oder gesundheitlichen Problemlagen anbieten. Ihnen werden auch in der Anstalt Hilfen zur Verbesserung ihrer sozialen Situation angeboten, soweit es die besonderen Bedingungen der Untersuchungshaft zulassen.

(2) Die Anstalten arbeiten eng mit außervollzuglichen Einrichtungen und Organisationen sowie mit Personen und Vereinen, die soziale Hilfestellung leisten können, zusammen.

(3) Untersuchungsgefangene werden in dem Bemühen unterstützt, ihre Rechte wahrzunehmen und ihre Pflichten zu erfüllen, insbesondere ihr Wahlrecht auszuüben und für Unterhaltsberechtigte zu sorgen.

Abschnitt 2
Vollzugsverlauf

§ 6 (Fn 2, 15)
Aufnahme in die Anstalt

(1) Untersuchungsgefangene werden auf Grund eines schriftlichen Aufnahmeersuchens des Gerichts in die nach dem Vollstreckungsplan zuständige Anstalt aufgenommen, soweit das Gericht nicht im Einzelfall eine andere Anstalt bestimmt hat.

(2) Mit neu aufgenommenen Untersuchungsgefangenen ist möglichst am Tag der Aufnahme ein Aufnahmegespräch zu führen, in dem sie über ihre Rechte und Pflichten unterrichtet werden. Diese Unterrichtung kann auch mittels eines Merkblatts erfolgen, das in einer den Untersuchungsgefangenen verständlichen Sprache abgefasst ist. Ihnen sind die Hausordnung sowie ein Exemplar dieses Gesetzes zugänglich zu machen. Die Untersuchungsgefangenen sind dabei zu unterstützen, etwa notwendige Maßnahmen für hilfsbedürftige Angehörige sowie sonstige dringend erforderliche Maßnahmen zu veranlassen.

(3) Untersuchungsgefangene werden alsbald ärztlich untersucht.

(4) Bei der Aufnahme, der ärztlichen Untersuchung und dem Aufnahmegespräch dürfen andere Gefangene nicht anwesend sein. Ausnahmen sind nur zulässig, wenn die betroffenen Untersuchungsgefangenen einwilligen und die Anwesenheit anderer Gefangener unbedingt erforderlich ist.

(5) Den Untersuchungsgefangenen ist Gelegenheit zu geben, eine Angehörige oder einen Angehörigen oder eine Vertrauensperson von der Aufnahme in die Anstalt zu benachrichtigen.

§ 7 (Fn 11)
Verlegung, Überstellung, Ausantwortung, Ausführung

(1) Untersuchungsgefangene können in eine andere für den Vollzug der Untersuchungshaft zuständige Anstalt verlegt oder überstellt werden, wenn dies
1. zur Umsetzung einer verfahrenssichernden Anordnung,
2. aus Gründen der Sicherheit oder schwerwiegenden Gründen der Ordnung,
3. aus Gründen der Vollzugsorganisation oder
4. aus anderen wichtigen Gründen
erforderlich ist. Vor einer Verlegung oder Überstellung ist dem Gericht und der Staatsanwaltschaft Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Ist dies auf Grund von Gefahr im Verzug nicht möglich, ist die Stellungnahme unverzüglich nachzuholen. Die Vorschrift des § 11 Absatz 3 (Ausantwortung) und 4 (Anhörung) des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 13. Januar 2015 (GV. NRW. S. 76) in der jeweils geltenden Fassung gilt entsprechend.

(2) Untersuchungsgefangenen, die in eine andere Anstalt verlegt oder überstellt werden, ist Gelegenheit zu geben, Angehörige oder eine Vertrauensperson zu benachrichtigen.

(3) Untersuchungsgefangenen können Ausführungen aus wichtigem Anlass gewährt werden; sie sind auch ohne Zustimmung der Untersuchungsgefangenen zulässig, wenn dies aus besonderen Gründen notwendig ist.

(4) Bei Ausführungen aus wichtigem Anlass kann den Untersuchungsgefangenen, um Entweichungen entgegenzuwirken, aufgegeben werden, nach Maßgabe des § 27 des Justizvollzugsdatenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 12. Oktober 2018 (GV. NRW. S. 555) die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen.

§ 8 (Fn 2)
Unterbrechung und Beendigung der Untersuchungshaft

(1) Wird die Untersuchungshaft zur Vollstreckung einer Freiheits-, Ersatzfreiheits- oder Jugendstrafe unterbrochen, werden die Untersuchungsgefangenen für die Dauer des Vollzuges der Strafe als Strafgefangene behandelt. § 119 Absatz 6 der Strafprozessordnung bleibt unberührt.

(2) Beginn und Ende der Strafhaft sind der Vollstreckungsbehörde und dem für die Untersuchungshaft zuständigen Gericht mitzuteilen.

(3) Bei Verurteilung zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe, deren Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt wird und die nicht durch Anrechnung der Untersuchungshaft bereits erledigt ist, sind die Untersuchungsgefangenen mit Rechtskraft des Urteils nach den Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen oder des Jugendstrafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 7. April 2017 (GV. NRW. S. 484) in der jeweils geltenden Fassung zu behandeln. Dies gilt nicht, wenn aufgrund eines anderen Haftbefehls weiterhin Untersuchungshaft zu vollziehen ist.

(4) Sobald die Anstalt über den Eintritt der Rechtskraft unterrichtet worden ist, veranlasst sie im Zusammenwirken mit der Vollstreckungsbehörde die Verlegung der Gefangenen in die für die Strafvollstreckung zuständige Anstalt.

§ 9 (Fn 4)
Entlassung

(1) Untersuchungsgefangene sind zu entlassen, wenn das Gericht oder die Staatsanwaltschaft der Anstalt eine mit Dienstsiegel versehene Entlassungsanordnung zugeleitet hat. Ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist, ist einer solchen Anordnung gleichgestellt. Fehlt es an einer Übermittlung der schriftlichen oder der nach Satz 2 gleichgestellten Entlassungsanordnung, so hat die Anstalt bei einer fernmündlichen, durch einen Telefaxdienst oder elektronisch übermittelten Anordnung deren Echtheit vor der Entlassung zu prüfen.

(2) Erfolgt die Entlassungsanordnung zu einem Zeitpunkt, der es den Untersuchungsgefangenen unmöglich macht, dringende Angelegenheiten, auf die sie zu ihrer sozialen Sicherung angewiesen sind, zu erledigen, kann ihnen der freiwillige Verbleib in der Anstalt bis zum Vormittag des zweiten auf den Eingang der Entlassungsanordnung folgenden Werktages gestattet werden. Sie können zum Kostenersatz herangezogen werden. Dieser bemisst sich nach der Höhe des Betrages, der nach § 17 Absatz 1 Nummer 4 des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch durchschnittlich zur Bewertung der Sachbezüge festgesetzt worden ist. § 39 Absatz 4 Satz 2 bis 4 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen gilt entsprechend.

(3) Bedürftige Untersuchungsgefangene erhalten bei ihrer Entlassung einen Reisekostenzuschuss sowie eine Überbrückungsbeihilfe und bei Bedarf für die Entlassung ausreichende Kleidung. Bei der Bemessung der Überbrückungsbeihilfe ist der Zeitraum zu berücksichtigen, den Untersuchungsgefangene benötigen, um vorrangige Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Abschnitt 3 (Fn 2)
Gestaltung des Vollzugsalltags

§ 10 (Fn 2, 16)
Unterbringung

(1) Untersuchungsgefangene werden in ihren Hafträumen allein untergebracht.

(2) Eine gemeinsame Unterbringung ist insbesondere zulässig, wenn
1. eine Gefahr für Leben oder Gesundheit der Untersuchungsgefangenen besteht,
2. Untersuchungsgefangene hilfsbedürftig sind,
3. dies aus Gründen der Anstaltsorganisation erforderlich ist, wobei der Zeitraum der gemeinsamen Unterbringung für die einzelnen Untersuchungsgefangenen vier Monate nicht überschreiten soll,
4. sich die Untersuchungsgefangenen im Justizvollzugskrankenhaus oder in Kranken- oder Pflegeabteilungen von Justizvollzugseinrichtungen befinden,
5. die Untersuchungsgefangenen die gemeinsame Unterbringung beantragen oder
6. die gemeinsame Unterbringung geeignet erscheint, schädlichen Folgen der Inhaftierung entgegenzuwirken,
und in den Fällen der Nummern 1 bis 5 eine schädliche Beeinflussung der Untersuchungsgefangenen nicht zu befürchten ist.

(3) Untersuchungsgefangene dürfen sich außerhalb ihrer Hafträume in Gemeinschaft aufhalten, soweit es die räumlichen, personellen und organisatorischen Verhält-nisse der Anstalt gestatten und Gründe der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt nicht entgegenstehen.

§ 11 (Fn 2, 11)
Persönlicher Bereich, Einkauf

(1) Untersuchungsgefangene dürfen eigene Kleidung tragen und eigene Bettwäsche benutzen, soweit sie für die Reinigung, die Instandhaltung und den regelmäßigen Wechsel auf eigene Kosten sorgen und die Sicherheit oder schwerwiegende Gründe der Ordnung der Anstalt nicht entgegenstehen. Im Einzelfall kann gestattet werden, für die Untersuchungsgefangenen Kleidungsstücke und Bettwäsche in der Anstalt abzugeben und dort abzuholen.

(2) Untersuchungsgefangene dürfen ihren Haftraum in angemessenem Umfang mit eigenen Sachen ausstatten. Sie dürfen nur in Gewahrsam haben, was ihnen von der jeweiligen Anstalt oder mit deren jeweiliger Erlaubnis überlassen worden ist. Gegenstände, die die Übersichtlichkeit des Haftraums behindern, eine unverhältnismäßig aufwändige Überprüfung erfordern, sonst die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt oder den Zweck der Untersuchungshaft gefährden können, dürfen sie nicht in Gewahrsam haben.

(3) Eingebrachte Sachen, die Untersuchungsgefangene nicht in Gewahrsam haben dürfen, sind für sie aufzubewahren. Lassen die Verhältnisse der Anstalt eine Aufbewahrung nicht zu und weigern sich Untersuchungsgefangene, die Sachen zu versenden, werden diese auf Kosten der Untersuchungsgefangenen vernichtet, verwertet oder aus der Anstalt entfernt.

(4) Aufzeichnungen und andere Gegenstände, die Kenntnisse über Sicherungsvorkehrungen einer Anstalt vermitteln, dürfen vernichtet oder unbrauchbar gemacht werden.

(5) Untersuchungsgefangene dürfen in angemessenem Umfang aus einem von der Anstalt vermittelten Angebot Nahrungs- und Genussmittel sowie andere Gegenstände des persönlichen Bedarfs einkaufen. Für ein Einkaufsangebot, das die Wünsche und Bedürfnisse der Untersuchungsgefangenen angemessen berücksichtigt, ist zu sorgen. § 17 Absatz 3 und 4 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen gilt entsprechend.

§ 12 (Fn 2)
Verpflegung

Untersuchungsgefangene erhalten Anstaltsverpflegung. Zusammensetzung und Nährwert der Anstaltsverpflegung werden ärztlich überwacht. Auf ärztliche Anordnung wird besondere Verpflegung gewährt. Untersuchungsgefangenen ist zu ermöglichen, Speisevorschriften ihrer Religionsgemeinschaften zu befolgen oder sich vegetarisch zu ernähren.

§ 13 (Fn 2, 17)
Beschäftigung, Bildungsmaßnahmen, Gelder

(1) Untersuchungsgefangenen soll auf Nachfrage eine Arbeit oder eine sonstige Tätigkeit angeboten werden, die ihre körperlichen und geistigen Fähigkeiten sowie ihre Interessen berücksichtigt. Ihnen kann auch eine arbeitstherapeutische Maßnahme oder eine Hilfstätigkeit angeboten werden, soweit dies angezeigt ist.

(2) Bei der Ausübung einer angebotenen Beschäftigung oder einer Hilfstätigkeit erhalten die Untersuchungsgefangenen eine Vergütung, welches mit fünf Prozent der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 2009 (BGBl. I S. 3710, 3973; 2011 I S. 363) in der jeweils geltenden Fassung zu bemessen ist (Eckvergütung). Ein Tagessatz ist der zweihundertfünfzigste Teil der Eckvergütung. § 32 Absatz 3, Absatz 4 Satz 1 und 2, Absatz 5 und 6 sowie § 33 Absatz 1 und 2 sowie 4 und 5 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen gelten entsprechend. Das für Justiz zuständige Ministerium wird ermächtigt, zur Umsetzung der Vorschriften über die Vergütung eine Rechtsverordnung über die Bemessung des Arbeitsentgeltes, die Ausbildungsbeihilfe, die anrechenbaren Arbeitszeiten, die Zeiteinheiten in Stunden oder Minuten, die Entgeltart als Zeit- oder Leistungsentgelt, die Vergütungsstufen und die Gewährung von Zulagen zu erlassen. Zeiten, die zur Begründung von Freistellungsansprüchen nach diesem Gesetz beitragen, werden anteilig auf Freistellungsansprüche nach dem Strafvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalen angerechnet.

(3) Geeigneten Untersuchungsgefangenen soll Gelegenheit zur Teilnahme an schulischen und beruflichen Orientierungs-, Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen gegeben werden, soweit es die Möglichkeiten der Anstalt und die besonderen Bedingungen der Untersuchungshaft zulassen. Untersuchungsgefangenen, die während der Arbeitszeit ganz oder teilweise an solchen Maßnahmen teilnehmen, wird Ausbildungsbeihilfe gewährt, soweit ihnen keine Leistungen zum Lebensunterhalt zustehen, die nicht inhaftierten Personen aus solchem Anlass gewährt werden. Absatz 2 gilt entsprechend.

(4) § 29 Absatz 5 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen gilt entsprechend.

(5) In Ausnahmefällen, namentlich zur Überbrückung einer unverschuldeten Bedürftigkeit zu Beginn der Inhaftierung, kann die Anstalt Untersuchungsgefangenen auf Antrag bis zu drei Monaten Taschengeld gewähren. Die Höhe des Taschengeldes beträgt 14 Prozent des Tagessatzes der Eckvergütung nach Absatz 2 Satz 2.

(6) Vergütungen nach den Absätzen 2 und 3 sowie Gelder, die Untersuchungsgefangene in die Anstalt einbringen oder die für sie von Dritten eingebracht oder überwiesen werden, sind als Eigengeld gutzuschreiben. Die Untersuchungsgefangenen können über ihr Eigengeld verfügen.

§ 14 (Fn 2)
Freizeit

(1) Untersuchungsgefangene erhalten Gelegenheit, ihre Freizeit sinnvoll zu gestalten. Es sollen insbesondere Angebote zur kulturellen Betätigung, zur Bildung, zum Sport sowie Angebote zur kreativen Entfaltung vorgehalten werden. Die Benutzung einer bedarfsgerecht ausgestatteten Bibliothek ist zu ermöglichen.

(2) Der Zugang zum Hörfunk- und Fernsehempfang ist zu ermöglichen. Eigene Geräte können unter den Voraussetzungen des § 11 Absatz 2 zugelassen werden.

(3) Untersuchungsgefangene dürfen unter den Voraussetzungen des § 11 Absatz 2 nach Maßgabe der Anstalt in angemessenem Umfang sonstige Geräte der Informations- und Unterhaltungselektronik, Bücher sowie andere Gegenstände zur Aus- und Fortbildung oder Freizeitgestaltung besitzen. Zeitungen und Zeitschriften dürfen sie durch Vermittlung der Anstalt in angemessenem Umfang auf eigene Kosten beziehen. § 52 Absatz 3 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen gilt entsprechend.

(4) Untersuchungsgefangene können auf ein Haftraummediensystem verwiesen werden. Der Betrieb von Empfangsanlagen und Haftraummediensystemen sowie die Ausgabe von Hörfunk- und Fernsehgeräten und sonstigen Geräten der Informations- und Unterhaltungselektronik können auf Dritte übertragen werden. In diesen Fällen ist Untersuchungsgefangenen der Besitz eigener Geräte in der Regel nicht gestattet.

(5) Die Untersuchungsgefangenen können an den Kosten für die Überlassung, die Überprüfung und den Betrieb von Hörfunk- und Fernsehgeräten, sonstigen Geräten der Informations- und Unterhaltungselektronik sowie Haftraummediensystemen und die Bereitstellung des Hörfunk- und Fernsehempfangs angemessen beteiligt werden.

Abschnitt 4
Religionsausübung

§ 15 (Fn 2)
Seelsorge, religiöse Veranstaltungen, Weltanschauungsgemeinschaften

Die Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen über die Seelsorge (§ 40), religiöse Veranstaltungen (§ 41) und Weltanschauungsgemeinschaften (§ 42) gelten entsprechend.

(Fn 5)

Abschnitt 5 (Fn 2)
Außenkontakte

§ 16 (Fn 2)
Grundsatz

(1) Untersuchungsgefangene dürfen nach Maßgabe der Vorschriften dieses Abschnitts
1. regelmäßig Besuch empfangen,
2. Schreiben absenden und empfangen,
3. Einrichtungen der Telekommunikation nutzen und
4. Pakete versenden und empfangen,
soweit eine verfahrenssichernde Anordnung nicht entgegensteht.

(2) Soweit die Vorschriften dieses Abschnittes für die Überwachung, das Verbot oder andere Beschränkungen von Außenkontakten auf die Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen verweisen, finden diese mit der Maßgabe Anwendung, dass Anordnungen nur aus Gründen der Sicherheit und Ordnung oder zum Schutz der in dem der Vollstreckung zugrunde liegenden Haftbefehl als Opfer bezeichneten Personen zulässig sind.

(3) Der Kontakt zu Angehörigen, insbesondere zu minderjährigen Kindern der Untersuchungsgefangenen, und anderen nahestehenden Personen wird besonders gefördert.

(4) Die Kosten des Schrift- und des Paketverkehrs sowie der Telekommunikation tragen die Untersuchungsgefangenen. Bei bedürftigen Untersuchungsgefangenen können die Kosten in angemessenem Umfang übernommen werden.

§ 17 (Fn 2, 11)
Besuche

(1) Untersuchungsgefangene dürfen regelmäßig Besuch empfangen. Die Gesamtdauer beträgt mindestens zwei Stunden im Monat. Das Nähere regelt die Anstalt.

(2) Zur besonderen Förderung der Besuche von minderjährigen Kindern der Untersuchungsgefangenen sollen zwei weitere Stunden zugelassen werden. Ein familiengerechter Umgang zum Wohl der minderjährigen Kinder ist zu gestatten. Bei der Ausgestaltung der Besuchsmöglichkeiten, namentlich der Besuchstage, Besuchszeiten und der Rahmenbedingungen der Besuche, sind die Bedürfnisse der minderjährigen Kinder der Untersuchungsgefangenen zu berücksichtigen.

(3) Besuche sollen darüber hinaus zugelassen werden, wenn sie den persönlichen, rechtlichen oder geschäftlichen Angelegenheiten dienen, die von den Untersuchungsgefangenen nicht schriftlich oder durch Dritte wahrgenommen werden können.

(4) Den Untersuchungsgefangenen können zudem nach einer angemessenen Zeit der Bewährung in der Anstalt mehrstündige, unbeaufsichtigte Besuche (Langzeitbesuche) ermöglicht werden, wenn dies zur Förderung oder zum Erhalt familiärer, partnerschaftlicher oder anderer gleichwertiger Kontakte der Untersuchungsgefangenen geboten erscheint und verantwortet werden kann.

(5) Soweit eine verfahrenssichernde Anordnung den Empfang von Besuch beschränkt, wird hierzu nur zugelassen, wer über eine schriftliche Besuchserlaubnis des Gerichts oder der Staatsanwaltschaft verfügt.

(6) Aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt kann die Zulassung einer Person zum Besuch von ihrer Durchsuchung oder einer Sicherheitsanfrage nach § 21 des Justizvollzugsdatenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen abhängig gemacht werden.

(7) Die Anstalt kann die Anzahl der gleichzeitig zum Besuch zugelassenen Personen beschränken.

(8) Gegenstände dürfen beim Besuch nur mit Erlaubnis der Anstalt übergeben werden. § 11 Absatz 2 gilt entsprechend.

(9) Für die Überwachung von Besuchen gilt § 20 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen entsprechend. Besuche dürfen auch dann abgebrochen werden, wenn die Besucherinnen und Besucher oder Untersuchungsgefangene gegen verfahrenssichernde Anordnungen verstoßen.

§ 18 (Fn 2)
Schriftwechsel

(1) Für den Schriftwechsel gelten die Regelungen des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen über den Schriftwechsel (§ 21), die Überwachung des Schriftwechsels (§ 22) und das Anhalten von Schreiben (§ 23) entsprechend.

(2) Ist die Überwachung des Schriftwechsels nach § 119 Absatz 1 der Strafprozessordnung angeordnet, vermittelt die Anstalt die Absendung und den Empfang aller Schreiben der Untersuchungsgefangenen über die zur Überwachung zuständige Stelle. Ist der Schriftwechsel auch aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt oder zum Schutz einer im Haftbefehl als Opfer bezeichneten Person überwacht worden, vermerkt die Anstalt Art und Umfang der Kontrolle in geeigneter Weise auf dem Begleitumschlag.

(3) Bei der Überwachung des Schriftwechsels ist dafür zu sorgen, dass von dem gedanklichen Inhalt der Schreiben allein die im Rahmen der Textkontrolle befugten Personen Kenntnis nehmen können.

§ 19 (Fn 2)
Telekommunikation

Die Regelungen des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen über die Telefongespräche (§ 24) und andere Formen der Telekommunikation (§ 27) gelten entsprechend. Telefongespräche dürfen auch dann abgebrochen werden, wenn die Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner oder Untersuchungsgefangene gegen verfahrenssichernde Anordnungen verstoßen.

§ 20 (Fn 2)
Pakete

§ 28 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen gilt entsprechend.

§ 21 (Fn 2)
Kontaktverbote

Kontakte können untersagt oder beschränkt werden, wenn im Einzelfall
1. die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet würde,
2. die Untersuchungsgefangenen mit Opfern von Straftaten der Untersuchungsgefangenen oder Personen, die im Haftbefehl als Opfer genannt werden, in Verbindung treten wollen und durch den Kontakt nachteilige Auswirkungen auf die Opfer oder gefährdete Dritte zu befürchten sind oder diese einer Kontaktaufnahme widersprochen haben,
3. bei minderjährigen Untersuchungsgefangenen Personensorgeberechtigte aus nachvollziehbaren Gründen nicht mit dem Kontakt einverstanden sind oder
4. zu befürchten ist, dass der Kontakt Bestrebungen im Sinne des § 3 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 5 des Verfassungsschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 20. Dezember 1994 (GV. NRW. 1995, S. 28) in der jeweils geltenden Fassung oder entsprechende Verhaltensweisen fördert.

§ 22 (Fn 2)
Kontakt mit Verteidigerinnen und Verteidigern sowie bestimmten Personen und Institutionen

Für die Kontakte der Untersuchungsgefangenen mit ihren Verteidigerinnen und Verteidigern, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, Notarinnen und Notaren sowie mit bestimmten Personen und Institutionen gilt § 26 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen entsprechend. Soweit Untersuchungsgefangene unter Bewährungs- oder Führungsaufsicht stehen oder über sie Berichte der Gerichtshilfe angefordert sind, stehen die Fachkräfte des ambulanten Sozialen Dienstes den Verteidigerinnen und Verteidigern gleich.

Abschnitt 6 (Fn 2)
Gesundheitsfürsorge

§ 23 (Fn 6)
Gesundheitsfürsorge, Aufenthalt im Freien

(1) Für das körperliche, seelische, geistige und soziale Wohlergehen der Untersuchungsgefangenen ist zu sorgen. Untersuchungsgefangene haben die notwendigen Maßnahmen zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene zu unterstützen.

(2) Ihnen wird täglich mindestens eine Stunde Aufenthalt im Freien ermöglicht, wenn die Witterung dem nicht zwingend entgegensteht.

(3) Untersuchungsgefangenen kann nach Anhörung des ärztlichen Dienstes der Anstalt gestattet werden, auf eigene Kosten externen ärztlichen Rat einzuholen. Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn die betroffenen Untersuchungsgefangenen die gewählte ärztliche Vertrauensperson und den ärztlichen Dienst der Anstalt nicht wechselseitig von der Schweigepflicht entbinden. Sie kann aus räumlichen, organisatorischen oder personellen Gründen oder zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt versagt werden.

§ 24 (Fn 7)
Medizinische Leistungen, Kostenbeteiligung, Aufwendungsersatz

(1) Die Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen über die suchtmedizinische Behandlung (§ 44), die medizinischen Leistungen und die Kostenbeteiligung (§ 45), die Überstellung und Verlegung aus medizinischen Gründen (§ 46) und über Schwangerschaft, Mutterschaft und Geburtsanzeige (§ 86) gelten entsprechend.

(2) Bei Überstellungen und Verlegungen aus medizinischen Gründen sind das Gericht und die Staatsanwaltschaft unverzüglich zu unterrichten.

(3) Die Untersuchungsgefangenen sind verpflichtet, der Anstalt Aufwendungen zu ersetzen, die sie durch eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Selbstverletzung oder Verletzung anderer Gefangener verursacht haben. Ansprüche aus sonstigen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.

(Fn 5)

§ 25 (Fn 7)
Benachrichtigung im Krankheits- oder Todesfall

§ 49 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen gilt entsprechend.

(Fn 5)

Abschnitt 7 (Fn 2)
Sicherheit und Ordnung, unmittelbarer Zwang

§ 26 (Fn 2, 18)
Grundsatz, Verhaltensvorschriften

(1) Sicherheit und Ordnung bilden die Grundlage eines gewalt- und konfliktfreien Zusammenlebens in der Anstalt. Die Anstalt trifft die erforderlichen Maßnahmen, um ein Entweichen der Untersuchungsgefangenen zu verhindern und die Sicherheit zu gewährleisten. Der Zugang einer Person zu einer Anstalt kann aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung von ihrer Durchsuchung abhängig gemacht werden. Die Anstalt ist zudem befugt, zur Erfüllung ihrer Aufgaben die Identität der Personen, die Zugang begehren, festzustellen.

(2) Untersuchungsgefangene haben sich nach der Tageseinteilung der Anstalt zu richten. Sie dürfen durch ihr Verhalten gegenüber Bediensteten, Mitgefangenen und anderen Personen das geordnete Zusammenleben nicht stören.

(3) Untersuchungsgefangene haben die Anordnungen der Bediensteten zu befolgen, auch wenn sie sich durch sie beschwert fühlen. Einen ihnen zugewiesenen Bereich dürfen sie nicht ohne Erlaubnis verlassen.

(4) Ihre Hafträume und die ihnen von der Anstalt überlassenen Sachen haben sie in Ordnung zu halten und schonend zu behandeln.

(5) Untersuchungsgefangene haben Umstände, die eine Gefahr für das Leben oder eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit einer Person bedeuten, unverzüglich zu melden.

§ 27 (Fn 2)
Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit

Die Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen über die Durchsuchung (§ 64), die Maßnahmen zur Feststellung von Suchtmittelkonsum (§ 65) und die Maßnahmen zur Verhinderung unerlaubter Telekommunikation (§ 67) gelten entsprechend.

§ 28 (Fn 2, 12)
Besondere Sicherungsmaßnahmen

Die Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen über die besonderen Sicherungsmaßnahmen (§ 69), die Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen und das Verfahren (§ 70) sowie die medizinische und psychologische Überwachung (§ 71) gelten entsprechend. Gerichtliche Zuständigkeit und gerichtliches Verfahren bei Fixierungen, durch die die Bewegungsfreiheit der Gefangenen absehbar nicht nur kurzfristig aufgehoben wird, richten sich nach § 126 Absatz 5 der Strafprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319) in der jeweils geltenden Fassung.

§ 29 (Fn 2)
Unmittelbarer Zwang, Handeln auf Anordnung, Festnahmerecht

(1) Die Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen über die Begriffsbestimmungen (§ 72), die allgemeinen Voraussetzungen (§ 73), den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (§ 74) und die Androhung (§ 75) von unmittelbarem Zwang sowie die allgemeinen Vorschriften für den Schusswaffengebrauch (§ 76) und die besonderen Vorschriften für den Schusswaffengebrauch (§ 77) gelten entsprechend.

(2) Wird unmittelbarer Zwang von einer oder einem Vorgesetzten oder einer sonst befugten Person angeordnet, sind Bedienstete verpflichtet, ihn anzuwenden, es sei denn, die Anordnung verletzt die Menschenwürde oder ist nicht zu dienstlichen Zwecken erteilt worden. Die Anordnung darf nicht befolgt werden, wenn dadurch eine Straftat begangen würde. Befolgen Bedienstete die Anordnung trotzdem, trifft die Bediensteten eine Schuld nur, wenn sie erkennen oder wenn es nach den ihnen bekannten Umständen offensichtlich ist, dass dadurch eine Straftat begangen wird.

(3) Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Anordnung haben Bedienstete der oder dem Anordnenden gegenüber vorzubringen, soweit das nach den Umständen möglich ist. Abweichende Vorschriften des allgemeinen Beamtenrechts über die Mitteilung solcher Bedenken an Vorgesetzte sind nicht anzuwenden.

(4) Untersuchungsgefangene, die entwichen sind oder sich sonst ohne Erlaubnis außerhalb der Anstalt aufhalten, können durch die Anstalt oder auf ihre Veranlassung hin festgenommen und zurückgebracht werden.

§ 30 (Fn 2)
Zwangsmaßnahmen zur Gefahrenabwehr auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge

(1) Medizinische Untersuchung und Behandlung sowie Ernährung sind gegen den natürlichen Willen der Untersuchungsgefangenen nur bei gegenwärtiger Lebensgefahr sowie gegenwärtiger schwerwiegender Gefahr für die Gesundheit der Untersuchungsgefangenen oder anderer Personen zulässig, wenn die oder der Untersuchungsgefangene zur Einsicht in die Notwendigkeit der Maßnahme oder zum Handeln nach dieser Einsicht krankheitsbedingt nicht in der Lage ist. Maßnahmen nach Satz 1 dürfen nur angeordnet werden, wenn
1. erfolglos versucht worden ist, die Zustimmung der Untersuchungsgefangenen zu der Maßnahme zu erwirken,
2. die Anordnung der Maßnahme den Untersuchungsgefangenen angekündigt wurde und sie über Art, Umfang und Dauer der Maßnahme informiert wurden,
3. die Maßnahme zur Abwendung der Gefahr geeignet, in Art, Umfang und Dauer erforderlich und für die Beteiligten zumutbar ist,
4. der von der Maßnahme zu erwartende Nutzen die mit der Maßnahme verbundenen Belastungen deutlich überwiegt und
5. die Maßnahme nicht mit einer erheblichen Gefahr für das Leben der Untersuchungsgefangenen verbunden ist.

(2) Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 1 werden ärztlich angeordnet, geleitet und überwacht. Die Anordnung erfolgt im Einvernehmen mit der Anstaltsleitung und bedarf der Einwilligung des nach § 126 der Strafprozessordnung zuständigen Gerichts, es sei denn, diese kann nicht mehr rechtzeitig eingeholt werden. In diesem Fall ist die gerichtliche Zustimmung unverzüglich nachzuholen. Das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 1 sowie die ergriffenen Maßnahmen, einschließlich ihres Zwangscharakters, der Durchsetzungsweise und der Wirkungsüberwachung, sowie der Untersuchungs- und Behandlungsverlauf sind zu dokumentieren.

(3) Erfordert die Beurteilung der Gefahrenlage und die Abschätzung der Notwendigkeit einer Behandlung psychischer Erkrankungen eine angemessene Zeit der Beobachtung der Untersuchungsgefangenen oder droht der oder dem Untersuchungsgefangenen aufgrund einer anderen Erkrankung eine schwerwiegende Gesundheitsbeeinträchtigung, darf die Behandlung zwangsweise unter den weiteren Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 nur begonnen werden, wenn
1. die Maßnahme der oder dem Untersuchungsgefangenen mindestens eine Woche vor ihrer Umsetzung schriftlich und mündlich unter Angabe der Gründe sowie Art, Umfang und Dauer in einer dem Gesundheitszustand entsprechenden Weise angekündigt worden ist,
2. vor dem Eingriff durch ein von der behandelnden Einrichtung unabhängiges fachpsychiatrisches oder fachärztliches Votum bestätigt wird, dass
a) die oder der zu behandelnde Untersuchungsgefangene einsichtsunfähig ist,
b) die Vorteile des medizinischen Eingriffs gegenüber den damit verbundenen Nachteilen und Risiken deutlich überwiegen,
c) die Maßnahme nicht mit einer erheblichen Gefahr für das Leben der oder des Untersuchungsgefangenen verbunden ist,
d) eine schwerwiegende Gefahr für die Gesundheit der oder des Untersuchungsgefangenen droht, und
3. die Fachaufsichtsbehörde oder eine von ihr beauftragte Anstaltsärztin oder ein von ihr beauftragter Anstaltsarzt, die oder der an der Anordnung und Durchführung der Maßnahme nicht beteiligt ist, in die Maßnahme einwilligt.
Die Anordnung gilt höchstens für die Dauer von drei Monaten. Nach Ablauf dieser Zeit ist eine neue Anordnung zu treffen.

(4) Über Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 3 sind Personensorgeberechtigte der Untersuchungsgefangenen unverzüglich zu unterrichten. Bei minderjährigen Untersuchungsgefangenen muss vor der Durchführung von Zwangsmaßnahmen erfolglos versucht worden sein, die Einwilligung der Personensorgeberechtigten einzuholen. Kann diese nicht rechtzeitig eingeholt werden, sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches anzuwenden.

(5) Zur Gewährleistung des Gesundheitsschutzes und der Hygiene ist die zwangsweise körperliche Untersuchung der Untersuchungsgefangenen über Absatz 1 hinaus zulässig, wenn sie nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden ist. Duldungspflichten der Untersuchungsgefangenen nach Vorschriften anderer Gesetze bleiben unberührt.

Abschnitt 8 (Fn 2)
Disziplinarmaßnahmen

§ 31 (Fn 2)
Voraussetzungen, Konfliktregelung

(1) Verstoßen Untersuchungsgefangene schuldhaft gegen Pflichten, die ihnen durch oder auf Grund dieses Gesetzes auferlegt sind, können gegen sie Disziplinarmaßnahmen angeordnet werden. Disziplinarmaßnahmen sind auch zulässig, wenn wegen derselben Verfehlung ein Straf- oder Bußgeldverfahren eingeleitet wird.

(2) Von einer Disziplinarmaßnahme wird abgesehen, wenn es genügt, die Untersuchungsgefangenen zu verwarnen.

(3) Zur Abwendung oder Milderung von Disziplinarmaßnahmen können im Wege einvernehmlicher Streitbeilegung Vereinbarungen getroffen werden, die insbesondere die Wiedergutmachung des Schadens, die Entschuldigung bei Geschädigten oder die Erbringung von Leistungen für die Gemeinschaft zum Inhalt haben können.

§ 32 (Fn 2)
Disziplinarmaßnahmen

(1) Als Disziplinarmaßnahmen sind zulässig:
1. Verweis,
2. Beschränkung oder Entzug des Rechts auf Einkauf (§ 11 Absatz 5 Satz 1) bis zu einem Monat,
3. Beschränkung oder Entzug der Teilnahme an gemeinsamen Veranstaltungen bis zu sechs Wochen,
4. getrennte Unterbringung während der Freizeit bis zu vier Wochen,
5. Beschränkung oder Entzug des Besitzes von Gegenständen mit Ausnahme des Lesestoffs bis zu vier Wochen,
6. Beschränkung oder Entzug des Hörfunk- oder Fernsehempfangs bis zu sechs Wochen,
7. Arrest bis zu drei Wochen.

(2) Arrest darf nur wegen schwerer oder mehrfach wiederholter Verfehlungen verhängt werden.

(3) Mehrere Disziplinarmaßnahmen können miteinander verbunden werden.

(4) Disziplinarmaßnahmen sollen in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Pflichtverletzung angeordnet werden. Mehrere Verfehlungen, die gleichzeitig zu beurteilen sind, sollen durch eine Entscheidung geahndet werden.

§ 33 (Fn 2)
Verfahren, Vollzug

Für das Verfahren und den Vollzug der Disziplinarmaßnahmen gelten § 81 Absatz 1 bis 4 und 6 und § 82 Absatz 1, 2 und 4 bis 6 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen entsprechend.

Abschnitt 9 (Fn 2)
Vorschriften für junge Untersuchungsgefangene

§ 34 (Fn 2)
Anwendungsbereich

(1) Die Vorschriften dieses Abschnitts finden ergänzend Anwendung auf junge Untersuchungsgefangene (§ 2 Absatz 2).

(2) Bei Erwachsenen, die zur Tatzeit das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, kann die Untersuchungshaft bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres nach den Vorschriften dieses Abschnitts für junge Untersuchungsgefangene vollzogen werden.

§ 35 (Fn 2)
Gestaltung des Vollzuges

(1) Der Vollzug der Untersuchungshaft an jungen Untersuchungsgefangenen soll erzieherisch gestaltet werden.

(2) Den jungen Untersuchungsgefangenen sollen neben altersgemäßen Beschäftigungs-, Bildungs- und Freizeitmöglichkeiten auch sonstige entwicklungsfördernde Hilfestellungen angeboten werden. Die Bereitschaft zur Annahme der Angebote ist zu wecken und zu fördern.

(3) Schulpflichtige Untersuchungsgefangene nehmen in der Anstalt am allgemein- oder berufsbildenden Unterricht teil.

(4) Die Personensorgeberechtigten sind über die Inhaftierung und den jeweiligen Aufenthaltsort der minderjährigen Untersuchungsgefangenen zu unterrichten, soweit sie noch keine Kenntnis hierüber haben. Sie sollen in die Gestaltung des Vollzuges in angemessener Weise einbezogen werden.

(5) Die in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen können minderjährigen Untersuchungsgefangenen auch auferlegt werden, soweit es dringend geboten ist, einer Gefährdung ihrer Entwicklung entgegenzuwirken.

§ 36 (Fn 2, 19)
Trennung des Vollzuges

(1) Bei jungen Untersuchungsgefangenen erfolgt der Vollzug der Untersuchungshaft in besonderen Abteilungen der Anstalten oder sonstiger Einrichtungen des Jugendstrafvollzuges. Lässt die geringe Anzahl Gefangener derselben Altersgruppe und desselben Geschlechts die Einrichtung einer besonderen Abteilung oder Einrichtung im Jugendstrafvollzug als nicht angemessen erscheinen, können junge Untersuchungsgefangene in getrennten Abteilungen des Strafvollzuges für Erwachsene desselben Geschlechts untergebracht werden, wenn dies ihrem Wohl nicht widerspricht. Wenn dies ihrem Wohl nicht widerspricht, können sie in den Fällen des Satzes 1 und 2 in den Anstalten und Einrichtungen auch an gemeinsamen Förderangeboten, insbesondere einer gemeinsamen Schul- und Berufsausbildung sowie gemeinsamen kulturellen oder religiösen Veranstaltungen und Freizeitangeboten, teilnehmen.

(2) Von einer getrennten Unterbringung volljähriger junger Untersuchungsgefangener nach Absatz 1 Satz 2 darf in Einrichtungen des Erwachsenenvollzuges nur zur Erreichung des Zwecks der Untersuchungshaft oder aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung abgewichen werden, wenn die erzieherische Gestaltung des Vollzuges nach § 35 gewährleistet und nicht zu befürchten ist, dass die volljährigen jungen Untersuchungsgefangenen schädlichen Einflüssen ausgesetzt sind.

(3) Hinsichtlich der Trennung minderjähriger Untersuchungsgefangener gilt § 89c Absatz 2 des Jugendgerichtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3427) in der jeweils geltenden Fassung.

§ 37 (Fn 2, 20)
Betreuung, Unterrichtung und Auswahlverfahren

(1) Den jungen Untersuchungsgefangenen sind bei der Aufnahme in den Vollzug ständige Ansprechpartnerinnen oder Ansprechpartner aus dem Kreis der Bediensteten zu benennen. Für die Unterrichtung von minderjährigen Untersuchungsgefangenen gilt § 70a Absatz 3 des Jugendgerichtsgesetzes.

(2) Während der Untersuchungshaft wird unter Beteiligung der Fachdienste in einem Verfahren zur Feststellung des Förder- und Erziehungsbedarfs (Auswahlverfahren) die Grundlage für eine erzieherische Ausgestaltung der Untersuchungshaft geschaffen und für den Fall der rechtskräftigen Verurteilung zu einer Jugendstrafe die Erstellung des späteren Vollzugsplans vorbereitet, um frühzeitig gemeinsam mit den jungen Untersuchungsgefangenen Zukunftsperspektiven zu entwickeln.

§ 38 (Fn 2, 21)
Außenkontakte

(1) Die Gesamtdauer der Besuche beträgt mindestens vier Stunden im Monat.

(2) Betreuungspersonen, Erziehungsbeiständen, Beiständen nach § 69 des Jugendgerichtsgesetzes und Personen, die Aufgaben der Jugendgerichtshilfe wahrnehmen, ist der Kontakt mit jungen Untersuchungsgefangenen in demselben Umfang zu gestatten, wie er einer Verteidigerin oder einem Verteidiger gestattet wird.

§ 39 (Fn 2)
Ergänzende Anwendung des Jugendstrafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen

Die Vorschriften des Jugendstrafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen über die Grundsätze der Vollzugsgestaltung (§ 3 Absatz 5), die Feststellung des Förder- und Erziehungsbedarfs (§ 11), die Verlegung (§ 13 Absatz 2), die Unterbringung (§ 17 Absatz 1 Nummer 3), die Gesundheitsfürsorge (§ 35 Absatz 2), die Rechte der Personensorgeberechtigten (§ 37), den Sport (§ 38), die Freizeit und die Förderung der Kreativität (§ 39), die Pflichtverstöße, das erzieherische Gespräch und die Konfliktregelung (§ 53), die Disziplinarmaßnahmen (§ 54 Absatz 1 und 3), den Vollzug der Disziplinarmaßnahmen (§ 56 Absatz 5 Satz 2 und 6) und die Bediensteten (§ 62 Absatz 2 Satz 2) sind ergänzend anzuwenden.

Abschnitt 10 (Fn 2)
Aufhebung von Maßnahmen, Beschwerderecht

§ 40 (Fn 2)
Widerruf, Rücknahme

§ 83 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen gilt entsprechend.

§ 41 (Fn 2)
Beschwerderecht

Die Untersuchungsgefangenen erhalten Gelegenheit, sich mit Wünschen, Anregungen und Beschwerden in Angelegenheiten, die sie selbst betreffen, an die Anstaltsleitung zu wenden. Die Möglichkeit, sich an die Justizvollzugsbeauftragte oder den Justizvollzugsbeauftragten des Landes Nordrhein-Westfalen zu wenden, bleibt unberührt.

Abschnitt 11 (Fn 2)
Anstalten, innerer Aufbau, Aufsicht

§ 42 (Fn 2)
Anstaltsleitung

(1) Für jede Untersuchungshaftvollzugsanstalt ist eine Beamtin oder ein Beamter zur hauptamtlichen Leiterin oder zum hauptamtlichen Leiter zu bestellen, die oder der die Voraussetzungen der Laufbahngruppe 2, zweites Einstiegsamt, erfüllt. Aus besonderen Gründen kann eine Anstalt auch von einer Beamtin oder einem Beamten der Laufbahngruppe 2, erstes Einstiegsamt, geleitet werden.

(2) Die Anstaltsleitung vertritt die Anstalt nach außen und trägt die Verantwortung für den gesamten Vollzug. Im Innenverhältnis kann sie die Verantwortung für bestimmte Aufgabenbereiche auf andere Bedienstete übertragen.

(3) Die Befugnis, die Durchsuchung nach § 27 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 64 Absatz 2 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen, die besonderen Sicherungsmaßnahmen nach § 28 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 69 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen und die Disziplinarmaßnahmen nach § 32 dieses Gesetzes anzuordnen, darf nur mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde übertragen werden.

§ 43 (Fn 2)
Bedienstete

(1) Die Aufgaben der Anstalten werden von Vollzugsbeamtinnen und Vollzugsbeamten wahrgenommen. Aus besonderen Gründen können sie auch anderen Bediensteten der Anstalten sowie nebenamtlichen oder vertraglich verpflichteten Personen übertragen werden.

(2) Für jede Anstalt ist die erforderliche Anzahl von geeigneten und fachlich qualifizierten Bediensteten, insbesondere des medizinischen, pädagogischen, psychologischen und sozialen Dienstes, des allgemeinen Vollzugsdienstes, des Verwaltungsdienstes, des Werkdienstes sowie der Seelsorge vorzuhalten.

(3) Die Bediensteten werden fortgebildet und erhalten Praxisberatung und Praxisbegleitung sowie Gelegenheit zur Supervision.

§ 44 (Fn 2)
Seelsorge

(1) Seelsorgerinnen und Seelsorger werden im Einvernehmen mit der jeweiligen Religionsgemeinschaft im Hauptamt bestellt oder vertraglich verpflichtet.

(2) Wenn die geringe Zahl der Angehörigen einer Religionsgemeinschaft eine Seelsorge nach Absatz 1 nicht rechtfertigt, ist die seelsorgliche Betreuung auf andere Weise zuzulassen.

(3) Mit Zustimmung der Anstaltsleitung darf die Anstaltsseelsorge sich freier Seelsorgehelferinnen oder Seelsorgehelfer bedienen und für Gottesdienste sowie für andere religiöse Veranstaltungen Seelsorgerinnen oder Seelsorger von außen hinzuziehen.

§ 45 (Fn 2, 22)
Medizinische Versorgung

(1) Die ärztliche Versorgung soll durch hauptamtliche Ärztinnen oder Ärzte sichergestellt werden.

(2) Die Pflege erkrankter Untersuchungsgefangener soll von Krankenpflegekräften oder Pflegefachkräften ausgeübt werden. Stehen solche Kräfte nicht zur Verfügung, können Bedienstete des Vollzuges oder sonstige Kräfte eingesetzt werden, soweit sie eine entsprechende Qualifikation besitzen.

§ 46 (Fn 2)
Konferenzen

Zur Vorbereitung wichtiger Entscheidungen im Vollzug führt die Anstaltsleitung Konferenzen durch. Das Konferenzergebnis und die tragenden Gründe der jeweiligen Entscheidung sind zu dokumentieren.

§ 47 (Fn 2)
Gefangenenmitverantwortung

(1) Den Untersuchungsgefangenen ist zu ermöglichen, eine Vertretung zu wählen. Diese kann in Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse, die sich ihrer Eigenart und der Aufgabe der Anstalt nach für eine Mitwirkung eignen, der Anstaltsleitung Vorschläge und Anregungen unterbreiten. Diese sollen mit der Vertretung erörtert werden.

(2) Wird die Untersuchungshaft in Gebäuden oder Abteilungen auf dem Gelände einer Justizvollzugsanstalt vollzogen, die auch Strafhaft oder Jugendstrafe vollstreckt, können die Interessen der Untersuchungsgefangenen in der dort bestehenden Gefangenenmitverantwortung wahrgenommen werden, wenn eine angemessene Vertretung der Interessen sichergestellt wird.

§ 48 (Fn 2)
Hausordnung

Die Anstaltsleitung erlässt eine Hausordnung. Diese informiert in verständlicher Form namentlich über die Rechte und Pflichten der Untersuchungsgefangenen und enthält Erläuterungen zur Organisation des Besuchs, zur Arbeitszeit, Freizeit und Ruhezeit sowie Hinweise zu den Möglichkeiten, Anträge und Beschwerden anzubringen.

§ 49 (Fn 2)
Aufsichtsbehörde

(1) Das Justizministerium führt die Aufsicht über die Anstalten und sichert gemeinsam mit ihnen die Qualität des Vollzuges.

(2) An der Aufsicht über die Fachdienste sind eigene Fachkräfte zu beteiligen. Soweit die Aufsichtsbehörde nicht über eigene Fachkräfte verfügt, ist fachliche Beratung sicherzustellen.

§ 50 (Fn 2)
Vollstreckungsplan

Die örtliche und sachliche Zuständigkeit der Anstalten wird durch die Aufsichtsbehörde in einem Vollstreckungsplan nach allgemeinen Merkmalen geregelt.

§ 51 (Fn 2, 23)
Festsetzung der Belegungsfähigkeit, Verbot der Überbelegung

(1) Die Aufsichtsbehörde setzt die Belegungsfähigkeit unter Berücksichtigung von § 10 für jede Anstalt fest. Es ist eine bedarfsgerechte Anzahl und Ausstattung von Plätzen, insbesondere für Maßnahmen der Beschäftigung, Freizeit, Sport, Seelsorge und Besuche, vorzuhalten. Gemeinschafts- und Besuchsräume sind wohnlich und zweckentsprechend auszustatten. Insbesondere ist im Rahmen der baulichen Gegebenheiten für eine kindgerechte Ausgestaltung der Besuchsräume und Wartebereiche zu sorgen.

(2) Hafträume dürfen nicht mit mehr Personen als zugelassen belegt werden. Ausnahmen hiervon sind nur vorübergehend zulässig und sind zu dokumentieren.

Abschnitt 12 (Fn 2)
Beiräte

§ 52 (Fn 2)
Aufgaben und Befugnisse der Beiräte

Die Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen über die Aufgaben der Beiräte (§ 105), die Befugnisse (§ 106) und die Pflicht zur Verschwiegenheit (§ 107) gelten entsprechend.

Abschnitt 13 (Fn 2, 11)
Kriminologischer Dienst, Schlussbestimmungen

(Fn 5)

§ 53 (Fn 8)
Kriminologischer Dienst

(1) Dem kriminologischen Dienst obliegt es, in Zusammenarbeit mit den Einrichtungen der Forschung den Untersuchungshaftvollzug wissenschaftlich fortzuentwickeln und seine Ergebnisse für Zwecke der Strafrechtspflege nutzbar zu machen.

(2) § 19 des Justizvollzugsdatenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen gilt entsprechend.

§ 54 (Fn 9)
Entsprechende Anwendung

(1) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden entsprechende Anwendung auf den Vollzug

1. der gemäß § 127b Absatz 2, § 230 Absatz 2, §§ 236, 329 Absatz 3 und § 412 Satz 1 der Strafprozessordnung angeordneten Haft,

2. der Unterbringung gemäß § 275a Absatz 6 der Strafprozessordnung,

3. der Sicherungshaft gemäß § 453c Absatz 1 der Strafprozessordnung und

4. der Auslieferungshaft und Durchlieferungshaft gemäß § 27 Absatz 6 und § 45 Absatz 6 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen in der Fassung und Bekanntmachung vom 27. Juni 1994 (BGBl. I S. 1537) in der jeweils geltenden Fassung.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 2 sind die Betroffenen in einer Anstalt oder sonstigen Einrichtung des Justizvollzuges unterzubringen, die den Vorgaben der §§ 91 und 92 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen entspricht.

§ 55 (Fn 10)
Einschränkung von Grundrechten

Durch dieses Gesetz werden die Grundrechte aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 und 2 (körperliche Unversehrtheit und Freiheit der Person), Artikel 5 Absatz 1 Satz 1 (Informationsfreiheit) und Artikel 10 Absatz 1 (Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis) des Grundgesetzes eingeschränkt.

§ 56 (Fn 7)
Bundesrecht

§ 119a der Strafprozessordnung über das gerichtliche Verfahren bleibt unberührt.

§ 57 (Fn 7)
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am ersten Tag des vierten auf die Verkündung folgenden Kalendermonats in Kraft.

Die Landesregierung
Nordrhein-Westfalen

Der Ministerpräsident

Der Minister
für Innovation, Wissenschaft,
Forschung und Technologie

Der Finanzminister

Der Innenminister

Der Minister
für Arbeit, Gesundheit und Soziales

Die Justizministerin

Der Minister
für Generationen, Familie,
Frauen und Integration

Fn 1

GV. NRW. S. 540, in Kraft getreten am 1. März 2010; geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 14. Juni 2016 (GV. NRW. S. 310), in Kraft getreten am 1. Juli 2016; Artikel 2 des Gesetzes vom 7. April 2017 (GV. NRW. S. 511), in Kraft getreten am 1. September 2017; Artikel 3 des Gesetzes vom 12. Oktober 2018 (GV. NRW. S. 555), in Kraft getreten am 25. Oktober 2018; Artikel 2 des Gesetzes vom 2. Juli 2019 (GV. NRW. S. 339), in Kraft getreten am 17. Juli 2019; Artikel 5 des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 543), in Kraft getreten am 28. April 2022.

Fn 2

§ 4, 5, 6, 8, Abschnitt 3, § 15, Abschnitt 5, Überschrift von Abschnitt 6, Abschnitte 7 bis 12 und Überschrift von Abschnitt 14 neu gefasst durch Artikel 2 des Gesetzes vom 7. April 2017 (GV. NRW. S. 511), in Kraft getreten am 1. September 2017. 

Fn 3

§ 1: Überschrift und Absätze 1 und 2 neu gefasst und Absatz 4 angefügt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 7. April 2017 (GV. NRW. S. 511), in Kraft getreten am 1. September 2017.

Fn 4

§ 9: Überschrift und Absatz 3 neu gefasst, Absatz 2 geändert und Absatz 4 aufgehoben durch Artikel 2 des Gesetzes vom 7. April 2017 (GV. NRW. S. 511), in Kraft getreten am 1. September 2017; Absatz 1 geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 543), in Kraft getreten am 28. April 2022.

Fn 5

§§ 16 (alt), 17 (alt), 26 (alt), 28 bis 30 (alt), § 65 (alt), 67 bis 73 (alt) und 75 (alt) aufgehoben durch Artikel 2 des Gesetzes vom 7. April 2017 (GV. NRW. S. 511), in Kraft getreten am 1. September 2017.

Fn 6

§ 24 (alt) wird § 23 und Überschrift neu gefasst, Absätze 1 und 2 geändert und Absatz 4 aufgehoben durch Artikel 2 des Gesetzes vom 7. April 2017 (GV. NRW. S. 511), in Kraft getreten am 1. September 2017.

Fn 7

§ 25 (alt) wird § 24 und neu gefasst, § 27 (alt) wird § 25 und neu gefasst, § 66 (alt) wird § 53 und neu gefasst, § 78 (alt) wird § 57 und neu gefasst und § 79 (alt) wird § 58 und neu gefasst durch Artikel 2 des Gesetzes vom 7. April 2017 (GV. NRW. S. 511), in Kraft getreten am 1. September 2017; § 57 wird § 56 und § 58 wird § 57 durch Artikel 3 des Gesetzes vom 12. Oktober 2018 (GV. NRW. S. 555), in Kraft getreten am 25. Oktober 2018.

Fn 8

§ 74 (alt) wird § 54 und Überschrift und Absatz 2 neu gefasst durch Artikel 2 des Gesetzes vom 7. April 2017 (GV. NRW. S. 511), in Kraft getreten am 1. September 2017; umbenannt in § 53 und Absatz 2 neu gefasst durch Artikel 3 des Gesetzes vom 12. Oktober 2018 (GV. NRW. S. 555), in Kraft getreten am 25. Oktober 2018.

Fn 9

§ 76 (alt) wird § 55, Wortlaut wird Absatz 1 und geändert und Absatz 2 angefügt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 7. April 2017 (GV. NRW. S. 511), in Kraft getreten am 1. September 2017; umbenannt in § 54 durch Artikel 3 des Gesetzes vom 12. Oktober 2018 (GV. NRW. S. 555), in Kraft getreten am 25. Oktober 2018.

Fn 10

§ 77 (alt) wird § 56 durch Artikel 2 des Gesetzes vom 7. April 2017 (GV. NRW. S. 511), in Kraft getreten am 1. September 2017; umbenannt in § 55 durch Artikel 3 des Gesetzes vom 12. Oktober 2018 (GV. NRW. S. 555), in Kraft getreten am 25. Oktober 2018.

Fn 11

§ 7 zuletzt geändert, § 11, § 17, § 27 und § 32 geändert, Abschnitt 13 aufgehoben und Abschnitt 14 wird Abschnitt 13 durch Artikel 3 des Gesetzes vom 12. Oktober 2018 (GV. NRW. S. 555), in Kraft getreten am 25. Oktober 2018; § 11 Absatz 2 und § 17 Absatz 2 geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 543), in Kraft getreten am 28. April 2022.

Fn 12

§ 28 geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 2. Juli 2019 (GV. NRW. S. 339), in Kraft getreten am 17. Juli 2019.

Fn 13

Inhaltsübersicht zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 543), in Kraft getreten am 28. April 2022.

Fn 14

§ 2 Absatz 2 geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 543), in Kraft getreten am 28. April 2022.

Fn 15

§ 6 Absatz 4 geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 543), in Kraft getreten am 28. April 2022.

Fn 16

§ 10 Absatz 2 geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 543), in Kraft getreten am 28. April 2022.

Fn 17

§ 13 Absatz 1 (alt) aufgehoben, Absatz 2 (alt) umbenannt in Absatz 1 (neu) und neu gefasst, Absatz 3 (alt) umbenannt in Absatz 2 (neu) und geändert, Absatz 4 (alt) umbenannt in Absatz 3 (neu) und geändert, Absatz 4 (neu) eingefügt und sowie Absatz 5 und 6 geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 543), in Kraft getreten am 28. April 2022.

Fn 18

§ 26 Absatz 1 geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 543), in Kraft getreten am 28. April 2022.

Fn 19

§ 36 Absatz 3 neu gefasst und Absatz 4 aufgehoben durch Artikel 5 des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 543), in Kraft getreten am 28. April 2022.

Fn 20

§ 37 Überschrift und Absatz 1 geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 543), in Kraft getreten am 28. April 2022.

Fn 21

§ 38 Absatz 2 geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 543), in Kraft getreten am 28. April 2022.

Fn 22

§ 45 Absatz 1 und 2 geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 543), in Kraft getreten am 28. April 2022.

Fn 23

§ 51 Absatz 1 geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 543), in Kraft getreten am 28. April 2022.



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