Zweites Gesetz zur Änderung der Landesbauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen
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Zweites Gesetz zur Änderung
der Landesbauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen
Vom 12.
Dezember 2006
Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen,
das hiermit verkündet wird:
Zweites Gesetz zur
Änderung
der Landesbauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen
Artikel I
Änderung
der Landesbauordnung
Die Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen
(Landesbauordnung – BauO NRW) vom 1. März 2000 (GV. NRW. S. 256), zuletzt geändert durch Artikel 91 des Vierten Befristungsgesetzes
vom 5. April 2005 (GV. NRW. S. 332), wird wie folgt geändert:
1. § 6 erhält folgende Fassung:
„§ 6
Abstandflächen
(1) Vor den Außenwänden von
Gebäuden sind Abstandflächen von oberirdischen Gebäuden freizuhalten. Innerhalb
der überbaubaren Grundstücksfläche ist eine Abstandfläche nicht erforderlich
gegenüber Grundstücksgrenzen,
a) gegenüber denen nach
planungsrechtlichen Vorschriften ohne Grenzabstand oder mit geringerem
Grenzabstand als nach den Absätzen 5 und 6 gebaut werden muss oder
b) gegenüber denen nach
planungsrechtlichen Vorschriften ohne Grenzabstand gebaut werden darf, wenn
gesichert ist, dass auf dem Nachbargrundstück ohne Grenzabstand gebaut wird.
(2) Die Abstandflächen müssen auf
dem Grundstück selbst liegen. Sie dürfen auch auf öffentlichen Verkehrsflächen,
öffentlichen Grünflächen und öffentlichen Wasserflächen liegen, jedoch nur bis
zu deren Mitte. Abstandflächen dürfen sich ganz oder teilweise auf andere
Grundstücke erstrecken, wenn durch Baulast gesichert ist, dass sie nur mit in
der Abstandfläche zulässigen baulichen Anlagen überbaut werden und auf die auf
diesen Grundstücken erforderlichen Abstandflächen nicht angerechnet werden.
(3) Die Abstandflächen dürfen sich
nicht überdecken; dies gilt nicht für
1. Außenwände, die in einem Winkel
von mehr als 75 Grad zueinander stehen,
2. Außenwände zu einem fremder
Sicht entzogenen Gartenhof bei Wohngebäuden mit nicht mehr als zwei Wohnungen
und
3. Gebäude und andere bauliche
Anlagen, die in den Abstandflächen zulässig sind oder gestattet werden.
(4) Die Tiefe der Abstandfläche
bemisst sich nach der Wandhöhe; sie wird senkrecht zur Wand gemessen. Als
Wandhöhe gilt das Maß von der Geländeoberfläche bis zur Schnittlinie der Wand
mit der Dachhaut oder bis zum oberen Abschluss der Wand. Besteht eine Außenwand
aus Wandteilen unterschiedlicher Höhe, so ist die Wandhöhe je Wandteil zu
ermitteln. Bei geneigter Geländeoberfläche ist die im Mittel gemessene Wandhöhe
maßgebend; diese ergibt sich aus den Wandhöhen an den Gebäudekanten oder den
vertikalen Begrenzungen der Wandteile. Abgrabungen, die der Belichtung oder dem
Zugang oder der Zufahrt zu einem Gebäude dienen, bleiben bei der Ermittlung der
Abstandfläche außer Betracht, auch soweit sie nach § 9 Abs. 3 die
Geländeoberfläche zulässigerweise verändern. Zur Wandhöhe werden hinzugerechnet:
1. voll die Höhe von
- Dächern und Dachteilen mit einer
Dachneigung von mehr als 70°,
- Giebelflächen im Bereich dieser Dächer und
Dachteile, wenn beide Seiten eine Dachneigung von mehr als 70° haben,
2. zu einem Drittel die Höhe von
- Dächern und Dachteilen mit einer
Dachneigung von mehr als 45°,
- Dächern mit Dachgauben oder Dachaufbauten,
deren Gesamtbreite je Dachfläche mehr als die Hälfte der darunter liegenden
Gebäudewand beträgt,
- Giebelflächen im Bereich von Dächern und
Dachteilen, wenn nicht beide Seiten eine Dachneigung von mehr als 70° haben.
Das sich ergebende Maß ist H.
(5) Die Tiefe der Abstandflächen
beträgt, soweit in einer örtlichen Bauvorschrift nach § 86 Abs. 1 Nr. 6 nichts
anderes bestimmt ist,
- 0,8 H,
- 0,5 H in Kerngebieten,
- 0,25 H in Gewerbegebieten und
Industriegebieten.
Zu öffentlichen Verkehrsflächen,
öffentlichen Grünflächen und öffentlichen Wasserflächen beträgt die Tiefe der
Abstandfläche
- 0,4 H,
- 0,25 H in Kerngebieten, Gewerbegebieten und
Industriegebieten.
In Sondergebieten können geringere
Tiefen der Abstandflächen gestattet werden, wenn die Nutzung des Sondergebiets
dies rechtfertigt. Zu angrenzenden anderen Baugebieten gilt die jeweils größere
Tiefe der Abstandfläche. In allen Fällen muss die Tiefe der Abstandflächen
mindestens 3 m betragen. Absatz 16 bleibt unberührt.
(6) Auf einer Länge der Außenwände
und von Teilen der Außenwändevon
nicht mehr als 16 m genügt gegenüber jeder Grundstücksgrenze und gegenüber
jedem Gebäude auf demselben Grundstück als Tiefe der Abstandflächen 0,4 H, in
Kerngebieten 0,25 H, mindestens jedoch 3 m. Bei hintereinander liegenden
Außenwänden wird nur die Außenwand mit der größten Länge auf die Länge nach
Satz 1 angerechnet.
(7) Bei der Bemessung der
Abstandfläche bleiben außer Betracht, wenn sie nicht mehr als 1,50 m vor die
jeweilige Außenwand vortreten,
1. das Erdgeschoss erschließende
Hauseingangstreppen und Überdachungen über erdgeschossigen
Hauseingängen, wenn sie von den Nachbargrenzen mindestens 1,50 m entfernt sind,
2. untergeordnete Bauteile wie
Gesimse, Dachvorsprünge und Terrassenüberdachungen, wenn sie von den
Nachbargrenzen mindestens 2 m entfernt sind, und
3. Vorbauten wie Erker und Balkone
sowie Altane, wenn sie insgesamt nicht mehr als ein Drittel der Breite der
jeweiligen Außenwand in Anspruch nehmen und sie von den Nachbargrenzen
mindestens 3 m entfernt sind.
Bei der Ermittlung des Maßes nach
Satz 1 bleiben Loggien außer Betracht.
(8) aufgehoben
(9) aufgehoben
(10) Gegenüber Gebäuden und
Grundstücksgrenzen gelten die Absätze 1 bis 7 entsprechend für Anlagen, die
nicht Gebäude sind,
1. soweit sie höher als 2 m über der
Geländeoberfläche sind und von ihnen Wirkungen wie von Gebäuden ausgehen oder
2. soweit sie höher als 1 m über
der Geländeoberfläche sind und dazu geeignet sind, von Menschen betreten zu
werden.
Für Windenergieanlagen gelten die
Absätze 4 bis 7 nicht. Bei diesen Anlagen bemisst sich die Tiefe der
Abstandfläche nach der Hälfte ihrer größten Höhe. Die größte Höhe errechnet
sich bei Anlagen mit Horizontalachse aus der Höhe der Rotorachse über der
geometrischen Mitte des Mastes zuzüglich des Rotorradius. Die Abstandfläche ist
ein Kreis um den geometrischen Mittelpunkt des Mastes.
(11) Gebäude mit einer mittleren
Wandhöhe bis zu 3 m über der Geländeoberfläche an der Grenze, die als Garage,
Gewächshaus oder zu Abstellzwecken genutzt werden, sind ohne eigene Abstandflächen
sowie in den Abstandflächen eines Gebäudes zulässig
- ohne Öffnungen in den der
Nachbargrenze zugekehrten Wänden,
- einschließlich darauf errichteter
untergeordneter Anlagen zur Gewinnung von Solarenergie und Antennenanlagen
jeweils bis zu 1,5 m Höhe,
- auch, wenn sie nicht an die Grundstücksgrenze
oder an ein Gebäude angebaut werden,
- auch, wenn das Gebäude über einen Zugang zu
einem anderen Gebäude verfügt.
Absatz 4 gilt nicht. Die Höhe von
Giebelflächen ist bei der Berechnung der mittleren Wandhöhe zu berücksichtigen.
Die Höhe von Dächern und Dachteilen mit einer Dachneigung von mehr als 30°
werden der mittleren Wandhöhe hinzugerechnet. Die Gesamtlänge der Bebauung nach
Satz 1 darf je Nachbargrenze 9 m und auf einem Grundstück zu allen Nachbargrenzen
insgesamt 15 m nicht überschreiten.
(12) aufgehoben
(13) Liegen sich Wände desselben
Gebäudes oder Wände von Gebäuden auf demselben Grundstück gegenüber, so können
geringere Abstandflächen als nach den Absätzen 5 und 6 gestattet werden, wenn
die Belichtung der Räume nicht wesentlich beeinträchtigt wird.
(14) Bei bestehenden Gebäuden ist
die nachträgliche Bekleidung oder Verblendung von Außenwänden sowie die
nachträgliche Anhebung der Dachhaut zulässig, wenn die Baumaßnahme der
Verbesserung des Wärmeschutzes dient und wenn die Stärke der Bekleidung oder
Verblendung bzw. die Anhebung der Dachhaut nicht mehr als 0,25 m und der
verbleibende Abstand zur Nachbargrenze mindestens 2,50 m beträgt. Darüber
hinaus können unter Würdigung nachbarlicher Belange und der Belange des
Brandschutzes geringere Tiefen der Abstandflächen gestattet werden, wenn die
Baumaßnahme der Verbesserung des Wärmeschutzes dient. Die Sätze 1 und 2 gelten
auch für Außenwände, deren Abstandfläche Absatz 5 nicht entspricht.
(15) Bei Gebäuden, die ohne
Einhaltung von Abstandflächen oder mit geringeren Tiefen der Abstandflächen als
nach den Absätzen 5 und 6 bestehen, sind zulässig
1. Änderungen innerhalb des
Gebäudes,
2. Nutzungsänderungen, wenn der
Abstand des Gebäudes zu den Nachbargrenzen mindestens 2,50 m beträgt,
3. Änderungen, wenn der Abstand des
Gebäudes zu den Nachbargrenzen mindestens 2,50 m beträgt, ohne Veränderung von
Länge und Höhe der diesen Nachbargrenzen zugekehrten Wände und Dachflächen und
ohne Einrichtung neuer Öffnungen oder Vergrößerung bestehender Öffnungen in
diesen Wänden und Dachflächen.
Darüber hinaus gehende Änderungen
und Nutzungsänderungen können unter Würdigung nachbarlicher Belange und der
Belange des Brandschutzes gestattet werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für
Gebäude nach Absatz 11.
(16) In überwiegend bebauten
Gebieten können geringere Tiefen der Abstandflächen gestattet oder verlangt
werden, wenn die Gestaltung des Straßenbildes oder besondere städtebauliche
Verhältnisse dies auch unter Würdigung nachbarlicher Belange rechtfertigen.“
2. § 7 wird aufgehoben
3. § 73 Abs. 1 erhält folgende
Fassung:
„(1) Soweit in diesem Gesetz oder
in aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften nichts anderes geregelt
ist, kann die Genehmigungsbehörde Abweichungen von bauaufsichtlichen
Anforderungen dieses Gesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen
Vorschriften zulassen, wenn sie unter Berücksichtigung des Zwecks der
jeweiligen Anforderungen und unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit
den öffentlichen Belangen vereinbar sind. Abweichungen von § 6 sind
insbesondere zulässig, wenn durch das Vorhaben nachbarliche Interessen nicht
stärker oder nur unwesentlich stärker beeinträchtigt werden als bei einer Bebauung
des Grundstücks, die nach § 6 zulässig wäre. Unter den Voraussetzungen des
Satzes 1 sind Abweichungen zuzulassen, wenn sie der Verwirklichung von Vorhaben
zur Einsparung von Wasser oder Energie dienen. Soll von einer technischen
Anforderung abgewichen werden, ist der Genehmigungsbehörde nachzuweisen, dass
dem Zweck dieser Anforderung auf andere Weise entsprochen wird.“
Artikel
II
In-Kraft-Treten,
eingeleitete Verfahren
1. Dieses Gesetz tritt am Tage nach
der Verkündung in Kraft.
2. Wird vor
In-Kraft-Treten dieses Gesetzes ein Antrag auf Erlass eines nach der
Landesbauordnung vorgesehenen Verwaltungsaktes gestellt, über den bei
In-Kraft-Treten dieses Gesetzes noch nicht entschieden ist, so kann die
Antragstellerin oder der Antragsteller verlangen, dass § 6 der Bauordnung für
das Land Nordrhein-Westfalen in der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden
Fassung angewandt wird.
Düsseldorf, den 12. Dezember 2006
Die
Landesregierung
Nordrhein-Westfalen
Der
Ministerpräsident
Dr.
JürgenR ü t t
g e r s
(L. S.)
Der
Minister
für Bauen und Verkehr
OliverW i t t k e
Die
Justizministerin
zugleich
für den Innenminister
RoswithaM ü l l e r-
P i e p e n k ö t t e r
GV. NRW. 2006 S. 615
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