Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 2003 Nr. 9 vom 14.3.2003 Seite 83 bis 98
Gesetz über die Aufnahme von Aussiedlern, Flüchtlingen und Zuwanderern (Landesaufnahmegesetz - LAufG) |
---|
Normkopf Norm Normfuß |
Gesetz über die Aufnahme von Aussiedlern, Flüchtlingen und Zuwanderern (Landesaufnahmegesetz - LAufG)
24
Gesetz
über die Aufnahme von Aussiedlern,
Flüchtlingen und Zuwanderern
(Landesaufnahmegesetz - LAufG)
Vom 28. Februar 2003
Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:
Gesetz
über die Aufnahme von Aussiedlern,
Flüchtlingen und Zuwanderern
(Landesaufnahmegesetz - LAufG)
§ 1
Aufgaben
Die Aufnahme (vorläufige Unterbringung und bevorzugte Versorgung mit Wohnraum) und Betreuung von Aussiedlern, Spätaussiedlern und Zuwanderern (§ 2) ist eine öffentliche Aufgabe, die als Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung durch die Gemeinde wahrgenommen wird.
§ 2
Personenkreis
Anspruch auf Aufnahme nach Maßgabe der folgenden Vorschriften haben
Aussiedler und diesen gleichgestellte Personen (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 3 des Bundesvertriebenengesetzes in der jeweils geltenden Fassung),
Spätaussiedler (§ 4 Abs. 1 und 2 des Bundesvertriebenengesetzes) und diesen gleichgestellte Personen (§ 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes),
Zuwanderer, die als Ausländer mit dem Spätaussiedler im Aufnahmeverfahren eingereist, in einem Grenzdurchgangslager registriert und auf das Land Nordrhein-Westfalen verteilt worden sind.
§ 3
Verpflichtung der Aufnahmegemeinden
(1) Zur Aufnahme ist die Gemeinde verpflichtet, in der der Berechtigte (§ 2) erstmals seinen Wohnsitz nimmt oder genommen hat.
(2) Bei einem Wechsel der Wohnsitzgemeinde ist die neue Gemeinde zur Aufnahme verpflichtet, wenn die von dem für Vertriebenen- und Integrationsfragen zuständigen Ministerium bestimmte Behörde der Aufnahme zugestimmt hat. Die Zustimmung erfolgt auf Antrag des Berechtigten und ist zu erteilen, wenn ein begründeter Anlass für den Wechsel der Wohnsitzgemeinde vorliegt. Das Nähere regelt das für Vertriebenen- und Integrationsfragen zuständige Ministerium durch Rechtsverordnung.
§ 4
Vorläufige Unterbringung
(1) Ist eine angemessene Versorgung mit Wohnraum im Zeitpunkt der Wohnsitznahme nicht möglich, sind die Berechtigten vorläufig in Übergangsheimen unterzubringen.
(2) Der Aufenthalt in Übergangsheimen soll zwei Jahre nicht übersteigen.
§ 5
Errichtung und Unterhaltung
von Übergangsheimen
(1) Die Gemeinden sind verpflichtet, die erforderlichen Übergangsheime zu errichten und zu unterhalten. Die Übergangsheime müssen nach Lage, Bauzustand und Ausstattung für die vorläufige Unterbringung der Berechtigten geeignet sein.
(2) Bei kreisangehörigen Gemeinden kann die Verpflichtung nach Absatz 1 durch eine Gemeinde für mehrere Gemeinden erfüllt werden.
(3) Über den Umfang und die Dauer der Unterhaltung von Übergangsheimen entscheidet die Bezirksregierung.
§ 6
Rechtsform der Übergangsheime
(1) Die Übergangsheime sind als nichtrechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts zu errichten. Das Benutzungsverhältnis ist öffentlich-rechtlich.
(2) Von den Berechtigten sind nach den Bestimmungen des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen Benutzungsgebühren zu erheben.
§ 7
Bevorzugte Versorgung mit Wohnraum
(1) Der Berechtigte hat unter den Voraussetzungen der §§ 4 und 5 Wohnungsbindungsgesetz 1965 Anspruch auf eine bevorzugte erstmalige Versorgung mit einer öffentlich geförderten Wohnung, die im Rahmen verfügbarer Haushaltsmittel in einem Sonderprogramm für Berechtigte (§ 2) gefördert worden ist. Der Anspruch richtet sich gegen die nach § 3 des Wohnungsbindungsgesetzes 1965 in der jeweils geltenden Fassung zuständige Stelle.
(2) Dieser Anspruch kann durch die Versorgung mit einer anderen geeigneten und zumutbaren Wohnung erfüllt werden.
§ 8
Verlust des Anspruchs
auf bevorzugte Versorgung
mit Wohnraum
Der Berechtigte (§ 2) verliert den Anspruch auf bevorzugte erstmalige Versorgung mit Wohnraum, wenn er die wohnungsmäßige Unterbringung aus von ihm zu vertretenden Gründen verhindert.
§ 9
Kostenregelung
(1) Die mit der Errichtung und Unterhaltung der Übergangsheime verbundenen Kosten tragen die Gemeinden.
(2) Für die mit der Unterhaltung der Übergangsheime verbundenen Aufwendungen erhalten die Gemeinden vom Land eine Vierteljahrespauschale von 200 Euro für jeden in einem Übergangsheim untergebrachten Berechtigten. Die Zuweisung erfolgt zum 1.3., 1.6., 1.9. und 1.12. durch die Bezirksregierung.
(3) Maßgebend für die Berechnung der Vierteljahresbeträge ist der Bestand der an den Stichtagen 31.12., 31.3., 30.6. und 30.9. in Übergangsheimen untergebrachten Berechtigten, der von den Gemeinden der Landesstelle für Aussiedler, Zuwanderer und ausländische Flüchtlinge in Nordrhein-Westfalen (Landesstelle) bis zum 15.1., 15.4., 15.7. und 15.10. gemeldet wurde. Sofern eine Gemeinde zu einem Stichtag keinen Bestand meldet, wird davon ausgegangen, dass keine Berechtigten in einem Übergangsheim untergebracht sind.
(4) Das für Vertriebenen- und Integrationsfragen zuständige Ministerium wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Innenministerium und dem Finanzministerium die Höhe der Pauschale durch Rechtsverordnung der Preisentwicklung anzupassen.
§ 10
Unterrichtungs- und Weisungsrecht
(1) Die Aufsichtsbehörden können sich jederzeit über Art, Umfang und Zustand der Übergangsheime und den Stand der wohnungsmäßigen Versorgung der Berechtigten (§ 2) unterrichten.
(2) Die Aufsichtsbehörden können Weisungen erteilen, um die gesetzmäßige Erfüllung der in diesem Gesetz enthaltenen Aufgaben zu sichern.
(3) Zur zweckmäßigen Erfüllung dieser Aufgaben dürfen die Aufsichtsbehörden
a) allgemeine Weisungen erteilen, um die gleichmäßige Erfüllung der Aufgaben zu sichern,
b) besondere Weisungen erteilen, wenn die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben nicht gesichert erscheint oder überörtliche Interessen gefährdet sein können.
(4) Die Aufsicht führen die für die allgemeine Aufsicht zuständigen Behörden, Oberste Aufsichtsbehörde ist das für das Vertriebenen- und Flüchtlingswesen zuständige Ministerium.
(5) Die §§ 25 und 26 des Wohnungsbauförderungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Dezember 1991 (GV. NRW. S. 561), zuletzt geändert durch Artikel 6 des Gesetzes vom 2. Juli 2002 (GV. NRW. S. 284) bleiben unberührt.
§ 10a
Erweiterter Personenkreis
(1) Die Vorschriften der §§ 1 bis 10 dieses Gesetzes finden nach Maßgabe der Absätze 2 bis 4 entsprechende Anwendung für
1. Ausländer im Sinne des Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge vom 22. Juli 1980 (BGBl. I S. 1057) in der jeweils geltenden Fassung,
2. Ausländer, denen nach § 33 Abs. 1 des Ausländergesetzes (AuslG) vom 9. Juli 1990 (BGBl. I S. 1354) in der jeweils geltenden Fassung die Einreise und der Aufenthalt im Geltungsbereich des AuslG gestattet worden ist.
(2) Zuweisungen der Personen nach Absatz 1 in die Aufnahmegemeinden des Landes erfolgen in entsprechender Anwendung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes vom 28. Februar 2003 (GV. NRW. S. 93) in der jeweils geltenden Fassung durch die Landesstelle für Aussiedler, Zuwanderer und ausländische Flüchtlinge in Nordrhein-Westfalen (Landesstelle).
(3) Das Land gewährt für jeden Ausländer im Sinne von Absatz 1, der
a) laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) durch eine kreisfreie Stadt oder durch eine nach § 3 AG BSHG vom 15. Juni 1999 (GV. NRW. S. 386) in der jeweils geltenden Fassung herangezogene kreisangehörige Gemeinde oder
b) Leistungen nach dem Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1310) in der jeweils geltenden Fassung durch eine kreisfreie Stadt oder durch einen Kreis oder durch eine herangezogene kreisangehörige Gemeinde
erhält, für die Dauer von drei Jahren ab dem Datum der Einreise eine Vierteljahrespauschale in Höhe von 990 Euro und eine Betreuungspauschale von 46 Euro pro Quartal. Die Betreuungspauschale ist ausschließlich für die soziale Betreuung durch die Kommunen oder durch die von ihnen beauftragten Träger zu verwenden.
(4) Die Gemeinden haben die genaue Zahl der Berechtigten nach Absatz 3 an den Stichtagen 31.12., 31.3., 30.6. und 30.9. jeweils bis zum 15. des darauffolgenden Monats der Bezirksregierung zu melden. Die Bezirksregierung weist die entsprechenden Vierteljahrespauschalbeträge nach Absatz 3 zum 1.3., 1.6., 1.9. und 1.12. zu.
§ 10b
Kostenerstattung
(1) Das Land erstattet den Landschaftsverbänden die Aufwendungen nach dem Bundessozialhilfegesetz oder dem Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für Personen im Sinne des § 10a längstens für die Dauer von drei Jahren seit der Einreise.
(2) Das Land erstattet den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe für Personen im Sinne des § 10a für die Dauer der in Absatz 1 genannten Frist die nach dem Achten Buch Sozialgesetz-buch (SGB VIII) vom 26. Juni 1990 (BGBl. I S. 1163) in der jeweils geltenden Fassung notwendigen Aufwendungen für Leistungen der Jugendhilfe außerhalb des Elternhauses in einer anderen Familie und den Einrichtungen der Jugendhilfe sowie für Inobhutnahmen von ausländischen Flüchtlingen.
§ 11
Beiräte
(1) Bei dem für Vertriebenen- und Integrationsfragen zuständigen Ministerium wird ein Beirat für Vertriebenen-, Flüchtlings- und Spätaussiedlerfragen gebildet.
(2) Der Beirat hat die Aufgabe, die Landesregierung in Vertriebenen-, Flüchtlings- und Spätaussiedlerfragen zu unterrichten und sachverständig zu beraten. Er soll die Interessen der Vertriebenen, Flüchtlinge und Spätaussiedler in der Öffentlichkeit vertreten und bei ihnen Verständnis für die Maßnahmen der Behörden wecken.
(3) Bei den Bezirksregierungen können Beiräte für Vertriebenen-, Flüchtlings- und Spätaussiedlerfragen gebildet werden.
(4) Das Nähere, insbesondere die Zusammensetzung der Beiräte, die Wahl oder die Berufung der Mitglieder und ihre Amtsdauer regelt das für Vertriebenen- und Integrationsfragen zuständige Ministerium nach Anhörung des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit, Soziales und Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge des Landtags durch Rechtsverordnung
§ 12
Übergangsregelung
(1) Die §§ 10a und 10b finden entsprechende Anwendung auf Personen gem. § 2 Nrn. 2 und 3 des Flüchtlingsaufnahmegesetzes vom 27. März 1984 (GV. NRW. S. 214) in der bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Fassung.
(2) Die Auswirkungen der in den §§ 10a und 10b getroffenen Regelungen werden nach einem Erfahrungszeitraum von drei Jahren durch die Landesregierung unter Mitwirkung der kommunalen Spitzenverbände überprüft. Die Landesregierung unterrichtet danach den zuständigen Landtagsausschuss über das Ergebnis.
§ 13
In-Kraft-Treten,
Außer-Kraft-Treten
Dieses Gesetz tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2003 in Kraft.
Gleichzeitig tritt das Gesetz über die Aufnahme von Aussiedlern, Flüchtlingen und Zuwanderern (Landesaufnahmegesetz - LAufG) vom 21. März 1972 (GV. NRW. S. 61), zuletzt geändert durch Artikel 65 des Gesetzes vom 25. September 2001 (GV. NRW. S. 708), außer Kraft.
Düsseldorf, den 28. Februar 2003
Die Landesregierung
Nordrhein-Westfalen
Peer S t e i n b r ü c k
(L. S.)
Der Finanzminister
Jochen D i e c k m a n n
Der Innenminister
Dr. Fritz B e h r e n s
Die Ministerin
für Gesundheit, Soziales,
Frauen und Familie
Birgit F i s c h e r
GV. NRW. 2003 S. 95