Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 2008 Nr. 23 vom 25.7.2008 Seite 529 bis 544
Verordnung über den Erwerb von Abschlüssen der Sekundarstufe I an Waldorfschulen (PO-Waldorf-S I) |
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Verordnung über den Erwerb von Abschlüssen der Sekundarstufe I an Waldorfschulen (PO-Waldorf-S I)
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Verordnung
über den Erwerb von Abschlüssen der Sekundarstufe I
an Waldorfschulen (PO-Waldorf-S I)
Vom
21. Juni 2008
Auf Grund des § 52 des Schulgesetzes für
das Land Nordrhein-Westfalen (Schulgesetz NRW - SchulG)
vom 15. Februar 2005 (GV. NRW. S. 102), zuletzt geändert durch Artikel 1 des
Gesetzes vom 24. Juni 2008 (GV. NRW. S. 486), wird mit Zustimmung des
Ausschusses für Schule und Weiterbildung des Landtags verordnet:
§ 1
Erwerb eines dem Hauptschulabschluss gleichwertigen Abschlusses
(1) Eine Schülerin oder ein Schüler
erwirbt am Ende der Klasse 10 im Verfahren nach § 7 einen dem
Hauptschulabschluss gleichwertigen Abschluss, wenn sie oder er nach dem von der
Waldorfschule erteilten Zeugnis die Versetzungsanforderungen der Hauptschule (§
21 Abs. 1 und § 24 Abs. 1 und 2 Ausbildungs- und Prüfungsordnung Sekundarstufe
I) erfüllt.
(2) Wurde das Fach Englisch nicht
erteilt, tritt an seine Stelle die Fremdsprache, in der die Schülerin oder der
Schüler in den Klassen 5 bis 10 unterrichtet worden ist.
§ 2
Erwerb eines dem Hauptschulabschluss nach Klasse 10 gleichwertigen Abschlusses
(1) Eine Schülerin oder ein Schüler
erwirbt am Ende der Klasse 11 einen dem Hauptschulabschluss nach Klasse 10
gleichwertigen Abschluss, wenn sie oder er nach dem Abschlussverfahren (§ 5)
die Versetzungsanforderungen der Hauptschule (§ 21 Abs. 1 und § 24 Abs. 1 und 2
Ausbildungs- und Prüfungsordnung Sekundarstufe I) erfüllt.
(2) Als Fächer im Sinne von § 24 Abs. 1
Ausbildungs- und Prüfungsordnung Sekundarstufe I gelten
1. Deutsch,
2. Mathematik,
3. der Lernbereich Naturwissenschaften
(Biologie, Physik, Chemie),
4. der Lernbereich Gesellschaftslehre
(Geschichte, Erdkunde, Politik).
(3) Wurde das Fach Englisch nicht
erteilt, tritt an seine Stelle die Fremdsprache, in der die Schülerin oder der
Schüler in den Klassen 5 bis 11 unterrichtet worden ist.
§ 3
Erwerb eines dem mittleren Schulabschluss (Fachoberschulreife) gleichwertigen
Abschlusses
(1) Eine Schülerin oder ein Schüler
erwirbt am Ende der Klasse 11 einen dem mittleren Schulabschluss
(Fachoberschulreife) gleichwertigen Abschluss, wenn sie oder er nach dem
Abschlussverfahren (§ 5) die Versetzungsanforderungen der Realschule (§ 21 Abs.
1 und § 25 Ausbildungs- und Prüfungsordnung Sekundarstufe I) erfüllt. An
Waldorf-Förderschulen kann dieser Abschluss in besonderen Ausnahmefällen gemäß
§ 19 der Verordnung über die sonderpädagogische Förderung, den Hausunterricht
und die Schule für Kranke (AO-SF) auch am Ende der Klasse 12 erworben werden.
(2) Als Fach des Wahlpflichtunterrichts
im Sinne von § 25 Abs. 1 Ausbildungs- und Prüfungsordnung Sekundarstufe I
gelten die zweite Fremdsprache oder das Fach Kunst.
§ 4
Erwerb der Berechtigung zum Besuch der gymnasialen Oberstufe
(1) Eine Schülerin oder ein Schüler
erwirbt mit einem Abschluss gemäß § 3 die Berechtigung zum Besuch der
gymnasialen Oberstufe, wenn sie oder er die Anforderungen des § 41 Abs. 1
Ausbildungs- und Prüfungsordnung Sekundarstufe I erfüllt. Sie oder er kann die
Schullaufbahn in der Einführungsphase der gymnasialen Oberstufe fortsetzen.
(2) Über die Berechtigung zum Besuch der
Jahrgangsstufen 12 und 13 an Waldorfschulen entscheiden die Schulen selbst.
§ 5
Abschlussverfahren
(1) Das Ministerium bestimmt den
landeseinheitlichen Termin für die Prüfungen zum Erwerb der Abschlüsse nach § 2
und § 3. Es stellt landeseinheitliche Prüfungsaufgaben und bestimmt die
Bearbeitungsdauer.
(2) Die Prüfungsfächer im
Abschlussverfahren zum Erwerb des Abschlusses gemäß § 2 sind Deutsch und
Mathematik. In den übrigen Fächern wird die von der Waldorfschule erteilte Note
im Verfahren nach § 7 ohne Abschlussverfahren in das Zeugnis aufgenommen. Die
Prüfungsaufgaben erstrecken sich auf die erwarteten Lernergebnisse am Ende der Klasse
10 Typ A der Hauptschule.
(3) Die Prüfungsfächer im
Abschlussverfahren zum Erwerb des Abschlusses gemäß § 3 sind Deutsch, Englisch
und Mathematik. Im Übrigen gilt Absatz 2 Satz 2. Die Prüfungsaufgaben
erstrecken sich auf die erwarteten Lernergebnisse am Ende der Klasse 10 der
Realschule. An Waldorf-Förderschulen werden im Fach Deutsch die
Prüfungsaufgaben gewählt, die für Schülerinnen und Schüler der Klasse 10 Typ B
an Hauptschulen vorgesehen sind.
(4) Die Prüfungen werden schriftlich und
in Fällen gemäß § 6 auch mündlich abgelegt.
(5) Jede Prüfungsarbeit wird mit einer
Note bewertet (Prüfungsnote). Wenn keine mündliche Prüfung stattfindet, ist die
Prüfungsnote zugleich die Endnote.
(6) Die Fachlehrerin oder der Fachlehrer
der Waldorfschule beurteilt und bewertet die Prüfungsarbeit im Rahmen der vom
Ministerium erstellten Beurteilungs- und Bewertungsgrundsätze und schlägt eine
Note vor. Die Bezirksregierung beauftragt eine Lehrkraft einer öffentlichen
Schule mit der Zweitkorrektur der Prüfungsarbeit. Weichen die Notenvorschläge
voneinander ab und können sich die Lehrkräfte nicht einigen, zieht die
Bezirksregierung eine weitere Lehrkraft einer öffentlichen Schule hinzu. In
diesem Fall wird die Note im Rahmen der vorgeschlagenen Noten durch Mehrheitsbeschluss
festgesetzt.
(7) Eine Schülerin oder ein Schüler kann
Prüfungen nachholen, die sie oder er wegen einer durch ärztliches Attest
nachgewiesenen Krankheit oder aus einem anderen nicht zu vertretenden Grund
versäumt hat. In den übrigen Fällen wird eine nicht erbrachte Leistung wie eine
ungenügende Leistung bewertet.
(8) Die Prüfungsnote und die Jahresnote
der Waldorfschule werden den Schülerinnen und Schülern zu einem vom Ministerium
genannten Termin bekanntgegeben.
(9) Bei einem Täuschungsversuch gilt § 6
Abs. 7 Ausbildungs- und Prüfungsordnung Sekundarstufe I entsprechend. Die
Entscheidung trifft die Bezirksregierung.
§ 6
Mündliche Prüfungen
(1) Weicht die Prüfungsnote um eine Note
und mehr von der Jahresnote ab, kann die Schülerin oder der Schüler auf Antrag
eine mündliche Prüfung ablegen.
(2) Die Prüfung wird durch einen
Fachprüfungsausschuss aus der unterrichtenden Waldorf-Lehrkraft als Prüferin
oder Prüfer sowie zwei staatlich bestellten Lehrkräften, die den Vorsitz und
die Schriftführung übernehmen, abgenommen. Die Prüfungsaufgabe wird der
Prüfungskommission spätestens zwei Tage vor der Prüfung zur Genehmigung
vorgelegt. Die Endnote wird aus den Noten der schriftlichen und mündlichen
Prüfung im Verhältnis eins zu eins ermittelt. Ergeben sich bei der Berechnung
Dezimalstellen, entscheidet der Ausschuss in nochmaliger Abwägung der gesamten
Prüfungsleistung.
(3) Für die mündlichen Prüfungen gilt §
34 Abs. 1, 2 und 4 APO-S I entsprechend.
(4) In Fächern mit zentraler Aufgabestellung
finden keine Nachprüfungen statt.
§ 7
Abschlusszeugnis, Bescheinigung über Gleichwertigkeit des erworbenen Abschlusses
(1) Die Schule reicht das
Abschlusszeugnis der Klasse 10 oder der Klasse 11 bei der Bezirksregierung ein.
Die Leistungen auf dem Zeugnis bewertet sie mit den Notenstufen gemäß § 48 Abs.
3 Schulgesetz NRW. Das in Gutachtenform erteilte Zeugnis fügt sie bei. Die
Bezirksregierung kann weitere Unterlagen anfordern.
(2) Die Bezirksregierung bescheinigt den
Erwerb des Abschlusses und der Berechtigung nach § 1 bis § 4.
(3) Die Schule bewahrt die Zweitschrift
der Bescheinigung nach Absatz 2 zusammen mit der Zweitschrift des
Abschlusszeugnisses 50 Jahre auf.
§ 8
Inkrafttreten, Übergangsvorschriften, Berichtspflicht
(1) Diese Verordnung tritt am 1. August
2008 in Kraft.
(2) Diese Verordnung ist erstmals im
Schuljahr 2008/2009 auf die Schülerinnen und Schüler der Klassen 10 und 11
anzuwenden. Schülerinnen und Schüler, die im Schuljahr 2008/2009 die Klasse 12
besuchen, erwerben ihre Abschlüsse nach den Bestimmungen des Runderlasses
"Anwendung der Bestimmungen über die Vergabe von Abschlüssen in der
Sekundarstufe I auf Zeugnisse von Waldorfschulen" vom 19. März 1985.
Schülerinnen und Schüler, die an Waldorf-Förderschulen in zielgleichen
Bildungsgängen unterrichtet werden, nehmen erstmalig im Schuljahr 2009/2010 an
zentralen Prüfungen teil.
(3) Das Ministerium überprüft die
Auswirkungen dieser Verordnung und unterrichtet den Ausschuss für Schule und
Weiterbildung des Landtags bis spätestens 31. Dezember 2013 über das Ergebnis
der Überprüfung.
Düsseldorf, den 21. Juni 2008
Die Ministerin
für Schule und Weiterbildung
des Landes Nordrhein-Westfalen
Barbara S o m m e r
GV. NRW. 2008 S. 533