Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 2011 Nr. 24 vom 21.11.2011 Seite 535 bis 556
Gesetz zur Weiterentwicklung der Schulstruktur in Nordrhein-Westfalen (6. Schulrechtsänderungsgesetz) |
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Gesetz zur Weiterentwicklung der Schulstruktur in Nordrhein-Westfalen (6. Schulrechtsänderungsgesetz)
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Gesetz zur
Weiterentwicklung der Schulstruktur in Nordrhein-Westfalen
(6. Schulrechtsänderungsgesetz)
Vom 25. Oktober 2011
Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:
Gesetz zur Weiterentwicklung
der Schulstruktur in Nordrhein-Westfalen
(6. Schulrechtsänderungsgesetz)
Artikel 1
Änderung des Schulgesetzes
Das Schulgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Schulgesetz NRW – SchulG) vom 15. Februar 2005 (GV. NRW. S. 102), zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. April 2011 (GV. NRW. S. 205), wird wie folgt geändert:
Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert:
a) Nach § 17 wird „§ 17 a Sekundarschule“ eingefügt.
b) In § 83 werden die Wörter „Organisatorischer Zusammenschluss von Schulen, Teilstandorte“ durch die Wörter „Grundschulverbund, Teilstandorte von Schulen“ ersetzt.
§ 10 wird wie folgt geändert:
a) Absatz 1 Satz 3 wird wie folgt gefasst: „Die Schulformen sind so zu gestalten, dass die Durchlässigkeit zwischen ihnen gewahrt und die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Schulen gefördert wird.“
b) In Absatz 3 werden nach dem Wort „Realschule“ ein Komma und die Wörter „die Sekundarschule“ eingefügt.
§ 12 wird wie folgt geändert:
a) In Absatz 1 Satz 2 werden nach der Angabe „§ 17 Abs. 1“ ein Komma und die Angabe „§ 17 a Abs. 1“ eingefügt.
b) In Absatz 3 Satz 1 werden nach den Wörtern „der Realschule“ ein Komma und die Wörter „der Sekundarschule“ eingefügt.
Nach § 17 wird folgender § 17 a eingefügt:
„§ 17 a
Sekundarschule
(1) In der Sekundarschule können alle Abschlüsse der Sekundarstufe I mit oder ohne Zuordnung zu unterschiedlichen Schulformen erreicht werden. Sie bereitet die Schülerinnen und Schüler darauf vor, ihren Bildungsweg in der gymnasialen Oberstufe, an einem Berufskolleg oder in der Berufsausbildung fortzusetzen.
(2) Die Sekundarschule umfasst die Klassen 5 bis 10. Sie gewährleistet in allen Organisationsformen auch gymnasiale Standards und stellt die Möglichkeit zum Erwerb der allgemeinen Hochschulreife über mindestens eine verbindliche Kooperation mit einem Gymnasium, einer Gesamtschule oder einem Berufskolleg sicher.
(3) Der Unterricht findet in den Klassen 5 und 6 in integrierter und binnendifferenzierender Form im Klassenverband statt. Ab der Klasse 7 kann der Unterricht integriert, teilintegriert oder in mindestens zwei getrennten Bildungsgängen (kooperativ) erteilt werden. Bei Einrichtung von zwei Bildungsgängen werden diese auf der Grundlage unterschiedlicher Anforderungsebenen gebildet. Die Grundebene orientiert sich an den Anforderungen der Hauptschule und der Realschule, die Erweiterungsebene an denen der Realschule und des Gymnasiums. Bei teilintegrierter oder kooperativer Unterrichtsorganisation kann der Unterricht teilweise in gemeinsamen Lerngruppen erteilt werden.
(4) An der Sekundarschule werden der Hauptschulabschluss, der Hauptschulabschluss nach Klasse 10 und der mittlere Schulabschluss (Fachoberschulreife) vergeben. Mit dem mittleren Schulabschluss wird nach Maßgabe der Ausbildungs- und Prüfungsordnung die Berechtigung zum Besuch der Einführungsphase der gymnasialen Oberstufe, für Schülerinnen und Schüler mit besonders guten Leistungen auch zum Besuch der Qualifikationsphase erteilt.“
§ 80 wird wie folgt geändert:
a) Absatz 1 wird wie folgt geändert:
aa) Satz 1 wird durch die folgenden Sätze ersetzt:
„Soweit Gemeinden, Kreise und Landschaftsverbände Schulträgeraufgaben nach § 78 zu erfüllen haben, sind sie verpflichtet, für ihren Bereich eine mit den Planungen benachbarter Schulträger abgestimmte Schulentwicklungsplanung zu betreiben. Sie dient nach Maßgabe des Bedürfnisses (§ 78 Abs. 4) der Sicherung eines gleichmäßigen und alle Schulformen und Schularten umfassenden Bildungs- und Abschlussangebots in allen Landesteilen.“
bb) Die bisherigen Sätze 2 und 3 werden aufgehoben.
cc) Der neue Satz 3 wird wie folgt gefasst:
„Die oberen Schulaufsichtsbehörden beraten die Schulträger dabei und geben ihnen Empfehlungen.“
b) Absatz 2 Satz 2 wird durch die folgenden Sätze ersetzt:
„Die Schulträger sind verpflichtet, in enger Zusammenarbeit und gegenseitiger Rücksichtnahme auf ein regional ausgewogenes, vielfältiges und umfassendes Angebot zu achten und benachbarte Schulträger rechtzeitig anzuhören, die durch die Planungen in ihren Rechten betroffen sein können. Dabei sind auch die Angebote der Berufskollegs und der Weiterbildungskollegs zu berücksichtigen. Sofern es sich bei dem Schulträger um eine kreisangehörige Gemeinde handelt, ist der Kreis im Hinblick auf seine Aufgaben gemäß § 78 Abs. 4 frühzeitig über die Planungen zu unterrichten. Macht ein benachbarter Schulträger eine Verletzung eigener Rechte geltend und hält der Schulträger an seiner Planung fest, kann jeder der beteiligten Schulträger ein Moderationsverfahren bei der oberen Schulaufsichtsbehörde beantragen. Die beteiligten Schulträger können auch die Moderation durch eine andere Stelle vereinbaren. Das Ergebnis der Abstimmung mit benachbarten Schulträgern und des Moderationsverfahrens ist festzuhalten.“
c) Absatz 3 Sätze 1 und 2 werden wie folgt gefasst:
„Bei der Errichtung neuer Schulen muss gewährleistet sein, dass andere Schulformen, soweit ein entsprechendes schulisches Angebot bereits besteht und weiterhin ein Bedürfnis dafür vorhanden ist, auch künftig in zumutbarer Weise erreichbar sind. Bei der Auflösung von Schulen muss gewährleistet sein, dass das Angebot in zumutbarer Weise erreichbar bleibt, soweit dafür ein Bedürfnis besteht.“
d) In Absatz 4 Satz 1 wird nach dem Wort „Realschulen,“ das Wort „Sekundarschulen,“ eingefügt.
e) Folgender Absatz 7 wird angefügt:
„(7) Die Träger öffentlicher Schulen und die Träger von Ersatzschulen informieren sich gegenseitig über ihre Planungen. Die Träger öffentlicher Schulen können bestehende Ersatzschulen in ihren Planungen berücksichtigen, soweit deren Träger damit einverstanden sind.“
§ 81 wird wie folgt geändert:
a) In Absatz 2 Satz 1 werden die Wörter „sowie den organisatorischen Zusammenschluss von Schulen“ gestrichen.
b) Absatz 3 Satz 2 wird aufgehoben.
§ 82 wird wie folgt geändert:
a) In Absatz 1 Satz 2 werden nach dem Wort „Klasse“ ein Komma und die Wörter „für Gesamtschulen und für Sekundarschulen 25 Schülerinnen und Schüler“ eingefügt.
b) Absatz 3 wird aufgehoben.
c) Die bisherigen Absätze 4 und 5 werden die Absätze 3 und 4.
d) Nach Absatz 4 wird folgender Absatz 5 eingefügt:
„(5) Sekundarschulen müssen mindestens drei Parallelklassen pro Jahrgang haben. Wird diese Mindestgröße unterschritten, kann eine Sekundarschule fortgeführt werden, wenn sich aus der Schulentwicklungsplanung ergibt, dass dies im Planungszeitraum nur vorübergehend der Fall ist und den Schülerinnen und Schülern der Weg zu einer anderen Sekundarschule mit mindestens drei Parallelklassen pro Jahrgang nicht zugemutet werden kann.“
§ 83 wird wie folgt gefasst:
„§ 83
Grundschulverbund, Teilstandorte von Schulen
(1) Grundschulen mit weniger als zwei Klassen pro Jahrgang sollen, wenn der Schulträger deren Fortführung für erforderlich hält, zur Erreichung angemessener Klassen- und Schulgrößen im Sinne von § 81 Abs. 1 möglichst als Teilstandort geführt werden (Grundschulverbund).
(2) Grundschulverbünde können auch aus Gemeinschaftsgrundschulen und Bekenntnisgrundschulen oder Weltanschauungsgrundschulen gebildet werden. An dem bekenntnisgeprägten oder weltanschaulich geprägten Standort werden Schülerinnen und Schüler nach den Grundsätzen dieses Bekenntnisses oder dieser Weltanschauung unterrichtet und erzogen. §§ 26 und 27 finden auf einen solchen Standort entsprechende Anwendung.
(3) Besteht ein Grundschulverbund aus Standorten unterschiedlicher Schularten, müssen beide Schularten in der Schulleitung (§ 60) vertreten sein. An einem bekenntnisgeprägten oder weltanschaulich geprägten Standort nehmen eine Teilschulkonferenz und eine Teilschulpflegschaft die darauf bezogenen Belange wahr.
(4) Eine Sekundarschule kann mit allen Parallelklassen mehrerer Jahrgänge an einem und allen Parallelklassen der übrigen Jahrgänge an anderen Teilstandorten geführt werden (horizontale Gliederung). Sie kann mit mindestens fünf Parallelklassen pro Jahrgang einen Teilstandort mit zwei Parallelklassen pro Jahrgang führen, wenn nur dann das schulische Angebot der Sekundarstufe I in einer Gemeinde gesichert wird (vertikale Gliederung). Weitere Ausnahmen bei vertikaler Gliederung sind in begründeten Einzelfällen möglich, wenn das fachliche Angebot und die Qualitätsstandards nicht eingeschränkt werden.
(5) Schulen können in begründeten Fällen an Teilstandorten in zumutbarer Entfernung geführt werden. Absätze 1 bis 4 bleiben unberührt.
(6) In den Fällen der Absätze 1 bis 5 darf durch die Bildung von Teilstandorten kein zusätzlicher Lehrerstellenbedarf entstehen. Der Schulträger ist verpflichtet, die sächlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass der ordnungsgemäße Unterricht nicht beeinträchtigt wird.“
Artikel 2
Übergangsvorschriften
(1)
Schulen, die an dem zum 1. August 2011 begonnenen Schulversuch „Längeres
gemeinsames Lernen – Gemeinschaftsschule“ teilnehmen, können bis zum Ablauf des
Schuljahres 2019/2020 und danach auslaufend nach den Versuchsbedingungen
arbeiten.
Ab 1. August 2020 werden sie kraft dieses Gesetzes als Sekundarschule gemäß §
17 a SchulG geführt, wenn sie nur die Sekundarstufe I
umfassen, oder als Gesamtschule gemäß § 17 SchulG,
wenn sie die Sekundarstufen I und II umfassen. Die gesetzliche Mindestgröße
muss gewährleistet sein. Auf Antrag des Schulträgers ist die Überführung auch
vorher möglich. Gemeinschaftsschulen, die die Sekundarstufen I und II umfassen,
können Kooperationspartner gemäß § 17 a Abs. 2 Satz 2 SchulG
sein.
(2) Das Ministerium kann auf Antrag des Schulträgers und nach Anhörung der betroffenen Schulen an bis zu 15 Schulen beginnend mit dem Schuljahr 2013/2014 oder dem Schuljahr 2014/2015 für einen Zeitraum von zehn Schuljahren und danach jahrgangsstufenweise auslaufend erproben, ob durch den Zusammenschluss mit einer Grundschule zu einer Schule die Chancengerechtigkeit und die Leistungsfähigkeit des Schulwesens erhöht werden und die Schülerinnen und Schüler dadurch zu besseren Abschlüssen geführt werden können. Außerdem soll hierbei erprobt werden, wie im Hinblick auf die demografische Entwicklung und die sich wandelnde Abschlussorientierung der Eltern weiterhin ein wohnortnahes Schulangebot ermöglicht werden kann. Die Anerkennung der Abschlüsse in den Ländern der Bundesrepublik Deutschland muss gesichert sein. Die näheren Regelungen über Änderungen und Ergänzungen der Unterrichtsinhalte, der Unterrichtsorganisation, über die Formen der Schulverfassung und der Schulleitung sowie über die Rahmenbedingungen trifft das Ministerium.
(3) Die Arbeit der Schulen nach Absatz 1 und Absatz 2 wird wissenschaftlich begleitet und ausgewertet. Das Ministerium berichtet dem Landtag bis 31. Dezember 2016 über das Ergebnis der Arbeit der Schulen nach Absatz 1 und zum 31. Juli 2020 über das Ergebnis der Arbeit der Schulen nach Absatz 2.
(4) Die Schulträger sind berechtigt, bei Inkrafttreten dieses Gesetzes genehmigte organisatorische Zusammenschlüsse von Schulen nach Maßgabe des § 83 Abs. 1 bis 3 in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes vom 27. Juni 2006 (GV. NRW. S. 278) bis zum Ablauf des Schuljahres 2019/2020 und danach auslaufend fortzuführen. Ab 1. August 2020 werden sie kraft dieses Gesetzes als Sekundarschulen gemäß § 17 a SchulG geführt. Die gesetzliche Mindestgröße muss stets gewährleistet sein. Auf Antrag des Schulträgers ist die Änderung auch vorher möglich.
(5) Die Genehmigung von Sekundarschulen gemäß § 17 a SchulG bedarf bis zum Ablauf des Schuljahres 2015/2016 der Zustimmung des Ministeriums.
Artikel 3
Überprüfung
Die Landesregierung überprüft die Auswirkungen der Einführung der Sekundarschule und der neuen Regelungen zur Gemeindegrenzen überschreitenden Schulentwicklungsplanung gemäß § 80 und unterrichtet den Landtag bis zum 31. Dezember 2016 über das Ergebnis.
Artikel 4
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Düsseldorf, den 25. Oktober 2011
Die Landesregierung
Nordrhein-Westfalen
Für die
Ministerpräsidentin
Der Finanzminister
zugleich in eigener Ressortzuständigkeit
Dr. Norbert W a l t e r-B o r j a n s
(L. S.)
Für die Ministerin
für Schule und Weiterbildung,
den Minister
für Inneres und Kommunales
und den Justizminister
Die Ministerin
für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter
Barbara S t e f f e n s
GV. NRW. 2011 S. 540