Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 2014 Nr. 29 vom 15.10.2014 Seite 619 bis 654

Gesetz zur Entwicklung und Stärkung einer demographiefesten, teilhabeorientierten Infrastruktur und zur Weiterentwicklung und Sicherung der Qualität von Wohn- und Betreuungsangeboten für ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen und ihre Angehörigen (GEPA NRW)
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Gesetz zur Entwicklung und Stärkung einer demographiefesten, teilhabeorientierten Infrastruktur und zur Weiterentwicklung und Sicherung der Qualität von Wohn- und Betreuungsangeboten für ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen und ihre Angehörigen (GEPA NRW)

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Gesetz
zur Entwicklung und Stärkung einer demographiefesten,
teilhabeorientierten Infrastruktur und zur Weiterentwicklung
und Sicherung der Qualität von Wohn- und Betreuungsangeboten
für ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen und ihre Angehörigen
(GEPA NRW)

Vom 2. Oktober 2014

Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:

Gesetz
zur Entwicklung und Stärkung einer demographiefesten,
teilhabeorientierten Infrastruktur und zur Weiterentwicklung
und Sicherung der Qualität von Wohn- und Betreuungsangeboten
für ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen und ihre Angehörigen
(GEPA NRW)

Artikel 1

Gesetz
zur Weiterentwicklung des Landespflegerechtes
und Sicherung einer unterstützenden Infrastruktur
für ältere Menschen,
pflegebedürftige Menschen
und deren Angehörige
(Alten- und Pflegegesetz Nordrhein-Westfalen - APG NRW)

Inhaltsübersicht

Teil 1
Allgemeine Bestimmungen

§ 1 Ziele

§ 2 Gestaltung der Angebote

§ 3 Trägerinnen und Träger, Kooperationsgebot, Landesausschuss

§ 4 Sicherstellung und Koordinierung der Angebotsstruktur

§ 5 Zusammenwirken von Pflegeeinrichtungen, Krankenhäusern und Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen

§ 6 Beratung

§ 7 Örtliche Planung

§ 8 Kommunale Konferenz Alter und Pflege

§ 9 Datenverarbeitung und Auskunftspflichten

Teil 2
Finanzierung der pflegerischen Angebotsstruktur

§ 10 Ermittlung der anerkennungsfähigen Aufwendungen stationärer Pflegeeinrichtungen

§ 11 Allgemeine Grundsätze der Förderung von Pflegeeinrichtungen

§ 12 Förderung ambulanter Pflegeeinrichtungen

§ 13 Förderung von Tages-, Nacht- und Kurzzeitpflegeeinrichtungen

§ 14 Förderung vollstationärer Dauerpflegeeinrichtungen (Pflegewohngeld)

§ 15 Gesonderte Berechnung nicht geförderter Aufwendungen

Teil 3
Weitere Angebote

§ 16 Komplementäre ambulante Dienste

§ 17 Angebote zur Unterstützung pflegender Angehöriger

§ 18 Einrichtungen der Behindertenhilfe

Teil 4
Maßnahmen des Landes

§ 19 Landesförderplan

§ 20 Bericht der Landesregierung zur Lage der Älteren in Nordrhein-Westfalen

Teil 5

§ 21 Verfahren, Datenschutz

§ 22 Übergangsregelungen

§ 23 Inkrafttreten, Außerkrafttreten; Berichtspflicht

Teil 1
Allgemeine Bestimmungen

§ 1
Ziele

(1) Ziel dieses Gesetzes ist die Sicherstellung einer leistungsfähigen und nachhaltigen Unterstützungsstruktur für ältere Menschen und pflegebedürftige Menschen sowie deren Angehörige durch die Förderung der Entstehung, Entwicklung und Qualität von Dienstleistungen, Beratungsangeboten, Pflegeeinrichtungen und alternativen Wohnformen.

(2) Sämtliche Maßnahmen nach diesem Gesetz sind darauf auszurichten, das Selbstbestimmungsrecht von älteren Menschen und pflegebedürftigen Menschen in jeder Lebensphase zu sichern.

(3) Die Bedürfnisse der Pflegepersonen im Sinne von § 19 des Elften Buches Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014, 1015), das zuletzt durch Artikel 2a des Gesetzes vom 15. Juli 2013 (BGBl. I S. 2423) geändert worden ist, und aller anderen Menschen, die auf der Basis von Selbstverpflichtung, ohne kommerzielle Interessen, verlässlich und auf frei bestimmte Dauer Verantwortung für andere Menschen, denen sie sich zugehörig fühlen, übernehmen (Angehörige), sind bei der Gestaltung der Versorgungsstruktur nach diesem Gesetz besonders zu berücksichtigen. Angehörige sind in ihrer eigenen Rolle anzuerkennen, in Planung und Umsetzung strukturell einzubinden und zu unterstützen.

§ 2
Gestaltung der Angebote

(1) Ausgangspunkt für Planungen und die Gestaltung der Angebote sind die Bedarfe älterer Menschen, pflegebedürftiger Menschen und deren Angehöriger. Dabei sind die besonderen Bedürfnisse von Frauen und Männern durchgängig zu berücksichtigen. Die Angebote sollen orts- beziehungsweise stadtteilbezogen vorgehalten und weiterentwickelt werden und den älteren oder pflegebedürftigen Menschen weitestgehend ermöglichen, an dem Ort ihrer Wahl wohnen zu können; die besonderen Bedarfe des ländlichen Raums sind zu berücksichtigen. Dabei sind alle Wohn- und Pflegeangebote vorrangig einzubeziehen, die eine Alternative zu einer vollständigen stationären Versorgung darstellen. Maßnahmen nach diesem Gesetz sollen auch kultursensible Aspekte berücksichtigen, insbesondere die unterschiedlichen Bedürfnisse der Menschen, die sich durch Migrationsgeschichte, sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität ergeben können. Darüber hinaus ist Armut und sozialer Ausgrenzung entgegen zu wirken.

(2) Bei Planung, Gestaltung und Betrieb beziehungsweise Ausführung von Angeboten ist darauf hinzuwirken, dass die Bestimmungen des Gesetzes zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (BGBl. 2008 II S. 1420; UN-Behindertenrechtskonvention) berücksichtigt werden.

(3) Bei Pflegeeinrichtungen haben Sanierung, Modernisierung, Umbau und Ersatzneubau Vorrang vor Neubau.

§ 3
Trägerinnen und Träger, Kooperationsgebot, Landesausschuss

(1) Trägerinnen und Träger der Angebote nach diesem Gesetz können insbesondere die Kommunen, die Landschaftsverbände, die Trägerinnen und Träger der Pflegeversicherung, die Medizinischen Dienste der Krankenversicherungen, die Freie Wohlfahrtspflege, andere gemeinnützige oder privat-gewerbliche Anbieter sozialer Dienstleistungen, die Verbraucherzentralen, die Seniorenvertretungen und die Vertretungen der pflegebedürftigen Menschen, Menschen mit Behinderungen, chronisch Kranken und Angehörigen sowie die zuständigen Landesbehörden sein. Diese sollen ihre Angebote bestmöglich aufeinander abstimmen und unter Berücksichtigung der Vorschriften zum Datenschutz zur Erreichung der in § 1 bestimmten Ziele eng und vertrauensvoll im Interesse der pflegebedürftigen Menschen zusammenarbeiten.

(2) Zur Beratung der Landesregierung in Fragen der Alten- und Pflegepolitik nach diesem Gesetz wird vom zuständigen Ministerium ein „Landesausschuss Alter und Pflege“ gebildet. Ihm gehören Vertretungen der in Absatz 1 genannten Institutionen und Verbände sowie Interessenvertretungen der Beschäftigten an.

(3) Die Landesregierung wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Landtag durch Rechtsverordnung die dem „Landesausschuss Alter und Pflege“ angehörenden Organisationen unter Berücksichtigung der Interessen aller an der Alten- und Pflegepolitik im Land Beteiligten zu benennen und das Verfahren zur Berufung der Mitglieder und zur Arbeit des Landesausschusses zu regeln.

§ 4
Sicherstellung und Koordinierung der Angebotsstruktur

(1) Die Kreise und kreisfreien Städte sind verpflichtet, eine den örtlichen Bedarfen entsprechende pflegerische Angebotsstruktur nach Maßgabe dieses Gesetzes sicherzustellen, und beziehen hierbei die kreisangehörigen Städte und Gemeinden ein.

(2) Die Verpflichtung des Absatz 1 erstreckt sich auch auf nicht pflegerische Angebote für ältere, pflegebedürftige, von Pflegebedürftigkeit bedrohte Menschen sowie auf pflegende Angehörige, wenn diese Angebote nachweisbar dazu beitragen, den aktuellen oder späteren Bedarf an pflegerischen Angeboten zu vermeiden oder zu verringern. Dies gilt nur, soweit der den Kreisen und kreisfreien Städten für diese Angebote entstehende Aufwand höchstens dem Aufwand entspricht, den sie zur Sicherstellung der durch diese Angebote entbehrlich werdenden pflegerischen Angebote hätten aufwenden müssen. Einklagbare Rechtsansprüche werden hierdurch nicht begründet.

(3) Öffentliche Träger sollen neue eigene Einrichtungen und Angebote nur schaffen, soweit sich keine geeigneten freigemeinnützigen oder privaten Träger finden. Insgesamt ist zur Absicherung des Wahlrechts der Betroffenen eine größtmögliche Trägervielfalt anzustreben.

§ 5
Zusammenwirken von Pflegeeinrichtungen, Krankenhäusern
Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen

(1) Die zugelassenen Krankenhäuser, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen (§ 107 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 11. August 2014 (BGBl. I S. 1346) geändert worden ist) sind verpflichtet, mit zugelassenen Pflegeeinrichtungen (§ 72 des Elften Buches Sozialgesetzbuch), dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung oder dem Prüfdienst des Verbandes der Privaten Krankenversicherung e.V., den Betroffenen sowie ihren Vertretungen und den Angehörigen mit dem Ziel zusammenzuwirken, den Übergang von der Krankenhausbehandlung oder Rehabilitationsbehandlung in die eigene Wohnung oder unter Wahrung der Wahlfreiheit in eine Pflegeeinrichtung sicherzustellen. Einem Wunsch nach Rückkehr in die eigene Wohnung oder einer quartiersnahen Versorgung ist dabei durch Ausnutzung aller präventiven und rehabilitativen Angebote möglichst zu entsprechen.

(2) Über die Zusammenarbeit nach Absatz 1 schließen die Landesverbände der Pflegekassen mit den Vereinigungen der Trägerinnen und Träger und, soweit solche nicht existieren, mit den Trägerinnen und Trägern von Krankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen und Pflegeeinrichtungen Vereinbarungen. Diese Vereinbarungen sind für die zugelassenen Krankenhäuser und Rehabilitationseinrichtungen sowie die Pflegeeinrichtungen und Pflegekassen im Land unmittelbar verbindlich.

§ 6
Beratung

Personen, die sich auf eine Situation der eigenen Pflegebedürftigkeit vorbereiten oder bei denen diese bereits eingetreten ist, sowie deren Angehörige sind trägerunabhängig über die Ansprüche und Unterstützungsmöglichkeiten entsprechend ihrer individuellen Bedarfe zu beraten. Die Beratung soll im abgestimmten Zusammenwirken der Beratungsangebote, insbesondere der Kommunen und Pflegekassen, vorgehalten werden. Hierbei soll insbesondere auf gemeinsame, unabhängige Beratungsangebote vor Ort mit der Möglichkeit von zugehender Beratung und Fallmanagement hingewirkt werden, wobei für Personen, die eine Beratung in Anspruch nehmen, die fachliche Qualifikation der Beratungsperson erkennbar sein muss. Das zuständige Ministerium schließt hierzu Rahmenvereinbarungen mit den Kreisen und kreisfreien Städten, den Landschaftsverbänden, den Pflegekassen und Dachverbänden sonstiger in der Beratung tätiger Institutionen.

§ 7
Örtliche Planung

(1) Die Planung der Kreise und kreisfreien Städte umfasst

1. die Bestandsaufnahme der Angebote,

2. die Feststellung, ob qualitativ und quantitativ ausreichend Angebote zur Verfügung stehen und

3. die Klärung der Frage, ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen zur Herstellung, Sicherung oder Weiterentwicklung von Angeboten erforderlich sind.

Sie umfasst insbesondere komplementäre Hilfen, Wohn- und Pflegeformen sowie zielgruppenspezifische Angebotsformen wie persönliche Assistenz und die Weiterentwicklung der örtlichen Infrastruktur. Die Planung hat übergreifende Aspekte der Teilhabe einer altengerechten Quartiersentwicklung zur Sicherung eines würdevollen, inklusiven und selbstbestimmten Lebens, bürgerschaftliches Engagement und das Gesundheitswesen einzubeziehen.

(2) Die Kreise beziehen die kreisangehörigen Gemeinden in den Planungsprozess ein und berücksichtigen die Planungen angrenzender Gebietskörperschaften.

(3) Zur Umsetzung der Planung teilen die Kreise und kreisfreien Städte anderen Behörden, die über Entscheidungsbefugnisse bei der Gestaltung der kommunalen Infrastruktur verfügen, die Ergebnisse des Planungsprozesses mit und stimmen sich mit diesen ab. Dies gilt insbesondere für die die Bauleitplanung verantwortenden Trägerinnen und Träger.

(4) Die Kreise und kreisfreien Städte stellen die Ergebnisse der örtlichen Planung sowie die Umsetzung von Maßnahmen zum Stichtag 31. Dezember jedes zweite Jahr, beginnend mit dem Jahr 2015, zusammen.

(5) Sie haben die örtliche Planung nach Absatz 4 verständlich sowohl im Internet als auch in anderer geeigneter Form kostenfrei zu veröffentlichen und darüber hinaus dem zuständigen Ministerium zur Verfügung zu stellen. Das für die Pflegeversicherung zuständige Ministerium wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Landtag durch Rechtsverordnung konkrete Vorgaben, insbesondere zu Aufbau und Mindestinhalten der Planungsprozesse, festzulegen.

(6) Wenn die Planung nach Absatz 1 Grundlage für eine verbindliche Entscheidung über eine bedarfsabhängige Förderung zusätzlicher teil- oder vollstationärer Pflegeeinrichtungen nach diesem Gesetz sein soll, ist sie jährlich nach Beratung in der Kommunalen Konferenz Alter und Pflege durch Beschluss der Vertretungskörperschaft festzustellen (verbindliche Bedarfsplanung) und öffentlich bekannt zu machen. Die verbindliche Bedarfsplanung muss zukunftsorientiert einen Zeitraum von drei Jahren ab der Beschlussfassung umfassen und auf der Grundlage nachvollziehbarer Parameter darstellen, ob das Angebot an Pflegeeinrichtungen den örtlichen Bedarf abdeckt oder in welcher Höhe zur Bedarfsdeckung zusätzliche Kapazitäten erforderlich sind. Die Aussagen können auf verschiedene Sozialräume innerhalb eines Kreises oder einer kreisfreien Stadt bezogen sein. Eine Bedarfsdeckung kann angenommen werden, wenn einer zu erwartenden Nachfrage nach den jeweiligen Pflege- und Betreuungsangeboten ein mindestens deckungsgleiches Angebot gegenübersteht und auch Wahlmöglichkeiten in angemessenem Umfang gesichert sind.

§ 8
Kommunale Konferenz Alter und Pflege

(1) Zur Umsetzung der in diesem Gesetz und in den §§ 8 und 9 des Elften Buches Sozialgesetzbuch beschriebenen Aufgaben richten die Kreise und kreisfreien Städte örtliche Konferenzen ein. Diese tagen in der Regel zweimal jährlich.

(2) Die Konferenzen wirken mit bei der Sicherung und Weiterentwicklung der örtlichen Angebote. Hierzu gehören insbesondere:

1. die Mitwirkung an der kommunalen Pflegeplanung,

2. die Mitwirkung an der Schaffung von altengerechten Quartiersstrukturen insbesondere unter Einbeziehung neuer Wohn- und Pflegeformen,

3. die Beratung stadt- beziehungsweise kreisübergreifender Gestaltungsnotwendigkeiten im Zusammenwirken mit den angrenzenden Kommunen,

4. die Mitwirkung beim Aufbau integrierter Unterstützungs-, Entlastungs- und Vernetzungsstrukturen für pflegende Angehörige,

5. die Beteiligung der Gruppen nach § 3 Absatz 1 an Fragen der zukünftigen Sicherung der Pflege in den Kommunen,

6. die Unterstützung der örtlichen Aufgabenkoordination, insbesondere im Bereich der Beratung und des Fallmanagements und

7. die Beratung von Investitionsvorhaben bei teil- und vollstationären Pflegeeinrichtungen und, soweit die Kommune nicht von der Möglichkeit des § 11 Absatz 7 Gebrauch macht, einer diesbezüglichen Bedarfseinschätzung.

(3) Mitglieder der örtlichen Konferenzen sind insbesondere:

1. die jeweils einrichtende Kommune,

2. in Kreisen die kreisangehörigen Gemeinden, die es wünschen,

3. die Ombudspersonen nach § 16 des Wohn- und Teilhabegesetzes vom 2. Oktober 2014 (GV. NRW. S. 625),

sowie Vertreterinnen oder Vertreter

4. der vor Ort tätigen ambulanten und stationären Wohn- und Pflegeeinrichtungen bzw. –dienste,

5. der entsprechenden Interessenvertretungen zur Mitwirkung und Mitbestimmung in den Pflegeeinrichtungen (Beiräte, Vertretungsgremien, Vertrauenspersonen),

6. der Trägerinnen und Träger der gesetzlichen und privaten Pflegeversicherung,

7. des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung,

8. der kommunalen Seniorenvertretung,

9. der kommunalen Integrationsräte und

10. der örtlichen Selbsthilfegruppen und Interessenvertretungen von pflegebedürftigen Menschen, Menschen mit Behinderungen, chronisch kranken Menschen, Angehörigen und Alten-Wohngemeinschaften sowie

11. der örtlichen Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege.

Andere an der Versorgung beteiligte Institutionen oder Organisationen (zum Beispiel Vertretungen der Wohnungswirtschaft und der Verbände der Pflegeberufe und Gewerkschaften) können beteiligt werden.

(4) Die Berichte der Behörden nach § 14 Absatz 11 des Wohn- und Teilhabegesetzes sind regelmäßig in die Beratungen einzubeziehen.

(5) Über die Ergebnisse der Beratungen der kommunalen Konferenzen Alter und Pflege ist dem zuständigen Ministerium zum 31. Dezember eines jeden Jahres zu berichten. Den Trägerinnen und Trägern ist zu ihren Investitionsvorhaben das etwaige Ergebnis der Beratung mitzuteilen.

§ 9
Datenverarbeitung und Auskunftspflichten

(1) Die Pflegekassen, die Trägerinnen und Träger der Sozialhilfe, die Trägerinnen und Träger der Pflegeeinrichtungen, die privaten Versicherungsunternehmen sowie die Medizinischen Dienste der Krankenversicherungen sind verpflichtet, dem zuständigen Ministerium und den Kreisen und kreisfreien Städten die für die Zwecke der Planung und der Investitionskostenförderung im Pflegebereich erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Personenbezogene Daten sind zu anonymisieren.

(2) Das für die Pflegeversicherung zuständige Ministerium kann die Erfüllung der Aufgaben nach diesem Gesetz durch den Einsatz eines Verfahrens zur elektronischen Datenverarbeitung unterstützen. Das Ministerium ist berechtigt, zum Zwecke einer landesweiten Planung Auswertungen vorzunehmen. Personenbezogene Daten sind vorher zu anonymisieren.

(3) Das für die Pflegeversicherung zuständige Ministerium wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Landtag durch Rechtsverordnung das Nähere zur Ausgestaltung des Verfahrens zu bestimmen, insbesondere die Nutzung des Verfahrens zur elektronischen Datenverarbeitung nach Absatz 2 für die zuständigen Stellen und die Trägerinnen und Träger verbindlich vorzugeben sowie Art und Umfang der Daten und die datenverantwortlichen Stellen festzulegen.

Teil 2
Finanzierung der pflegerischen Angebotsstruktur

§ 10
Ermittlung der anerkennungsfähigen Aufwendungen
stationärer Pflegeeinrichtungen

(1) Grundlage der Finanzierung von stationären Pflegeeinrichtungen nach §§ 9, 82 Absatz 3 des Elften Buches Sozialgesetzbuch ist die Ermittlung der betriebsnotwendigen Aufwendungen im Sinne des § 82 Absatz 2 Nummer 1 und Nummer 3 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (förderungsfähige Aufwendungen) durch den zuständigen überörtlichen Träger der Sozialhilfe.

(2) Anerkennungsfähig sind dabei Aufwendungen, die für bereits durchgeführte Maßnahmen angefallen sind oder für sicher im Veranlagungszeitraum durchzuführende Maßnahmen anfallen werden und betriebsnotwendig sind. Sofern hierfür eine öffentliche Förderung gewährt wurde oder wird, ist diese mindernd zu berücksichtigen.

(3) Aufwendungen gelten als betriebsnotwendig, wenn sie

1. dazu dienen, eine den aktuellen fachlichen Standards entsprechende Qualität von Pflege und Betreuung zu gewährleisten und beziehungsweise oder die für Pflegeeinrichtungen geltenden öffentlich-rechtlichen Anforderungen, insbesondere die qualitativen Vorgaben nach § 11 Absatz 3, zu erfüllen und

2. den Grundsätzen der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit entsprechen und insbesondere landesrechtlich festgelegte Angemessenheitsgrenzen nicht überschreiten. Über Ausnahmen im Fall einer Überschreitung der Angemessenheitsgrenzen entscheidet die jeweils zuständige Behörde, wobei stets das Einvernehmen zwischen dem zuständigen örtlichen und überörtlichen Träger der Sozialhilfe anzustreben ist. Sollte Einvernehmen nicht hergestellt werden können, so entscheidet der örtliche Träger der Sozialhilfe.

(4) Der zuständigen Behörde ist im Vorfeld von baulichen Maßnahmen Gelegenheit zu geben, die Trägerinnen und Träger der Einrichtungen hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit und Betriebsnotwendigkeit (Anerkennungsfähigkeit) der entstehenden Aufwendungen zu beraten.

(5) Die förderungsfähigen Aufwendungen sind über einen angemessenen Zeitraum linear zu verteilen.

(6) Aufwendungen für Erweiterungen und sonstige bauliche Maßnahmen an einem Gebäude (Folgeinvestitionen), die als wesentliche Verbesserung über einen Erhalt oder eine Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes hinausgehen, sind anzuerkennen, wenn sie erforderlich sind, um die für die Einrichtungsträgerin oder den Einrichtungsträger geltenden und zwingend umzusetzenden gesetzlichen Vorgaben für die Gestaltung der Gebäude zum Betrieb der Einrichtung zu erfüllen. Sie können darüber hinaus auch anerkannt werden, wenn die Maßnahme dazu dient, das Gebäude dem jeweils aktuellen Stand pflegefachlicher, energetischer und sonstiger baufachlicher Erkenntnisse anzupassen und die Aufwendungen in einem angemessenen Verhältnis zu den Vorteilen stehen, die die Maßnahme für die Nutzerinnen und Nutzer bringt. Aufwendungen für Maßnahmen, die zu einer Erweiterung des bisher vorhandenen Platzangebotes führen, können nur anerkannt werden, wenn ohne sie ein dem aktuellen Bedarf entsprechendes Angebot an Plätzen in stationären Einrichtungen vor Ort nicht sichergestellt werden kann. Die Summe aus der Addition der Aufwendungen für Maßnahmen im Sinne des Satzes 2 und der vor der Maßnahme bestehenden Restwerte darf die Höhe der für einen Neubau anerkennungsfähigen Aufwendungen nicht überschreiten.

(7) Für stationäre Pflegeeinrichtungen gelten einheitliche Anforderungen an die Anerkennungsfähigkeit von Aufwendungen, es sei denn, in der Vergangenheit wurden abweichende Angemessenheitsgrenzen und Verteilungszeiträume anerkannt. Diese gelten auch weiterhin fort.

(8) Für Eigentum und Miete beziehungsweise Pacht gelten grundsätzlich die gleichen Maßstäbe insbesondere hinsichtlich der Angemessenheit der anerkennungsfähigen Aufwendungen in ihrem Verhältnis zum tatsächlichen Nutzwert des Objektes. Befinden sich betriebsnotwendige Anlagegüter nicht im Eigentum der Trägerinnen und Träger, sondern in einem Miet- beziehungsweise Pachtverhältnis, so können die tatsächlichen Miet- bzw. Pachtzahlungen als Aufwendung im Sinne des § 82 Absatz 3 des Elften Buches Sozialgesetzbuch anerkannt werden, sofern sie betriebsnotwendig und angemessen sind. Die Anerkennungsfähigkeit der Zahlungen ist dabei auf die Beträge beschränkt, die bei einer vergleichbaren Einrichtung im Eigentum der Trägerin oder des Trägers anerkennungsfähig wären.

(9) Das für die Pflegeversicherung zuständige Ministerium wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Landtag durch Rechtsverordnung das Nähere zu regeln zur Ermittlung der förderungsfähigen Aufwendungen, insbesondere zum Verfahren und zu Art, Höhe und linearer Verteilung der anerkennungsfähigen Aufwendungen, zur Angemessenheit von Aufwendungen nach Absatz 6 Satz 2 sowie der Berechnung zur Verteilung der anerkannten Beträge auf die Pflegebedürftigen. Für Instandhaltungs- und Instandsetzungsaufwendungen sowie die jeweils der Verteilung zugrunde zu legende Belegungsquote können Pauschalierungen vorgenommen werden, die sich an den tatsächlichen Gegebenheiten zu orientieren haben. Durch Rechtsverordnung sind zudem das Verfahren einer Vergleichsberechnung nach Absatz 8 sowie mögliche Ausnahmen näher zu regeln. Darüber hinaus wird das Ministerium ermächtigt, das Verwaltungsverfahren zur gesonderten Berechnung nicht geförderter Aufwendungen gemäß § 82 Absatz 3 des Elften Buches Sozialgesetzbuch zu regeln.

§ 11
Allgemeine Grundsätze der Förderung von Pflegeeinrichtungen

(1) Für Einrichtungen nach § 71 des Elften Buches Sozialgesetzbuch werden förderungsfähige Aufwendungen im Sinne des § 10 Absatz 1 nach Maßgabe dieses Gesetzes gefördert.

(2) Voraussetzungen für die Förderung sind der Abschluss eines Versorgungsvertrages nach § 72 Absatz 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch und eine vertragliche Regelung nach § 85 oder § 89 des Elften Buches Sozialgesetzbuch.

(3) Voraussetzung für die Bewilligung der Förderung ist die Beachtung der Anforderungen an die Wohnqualität nach dem Wohn- und Teilhabegesetz und den hierauf beruhenden Rechtsverordnungen, soweit sie für die Einrichtung anwendbar sind. Zuständige Stellen für diese Feststellungen sind die Kreise und kreisfreien Städte.

(4) Werden Förderungen nach Teil 2 dieses Gesetzes gewährt, handelt es sich hierbei um öffentliche Förderungen der Pflegeeinrichtungen gemäß § 9 des Elften Buches Sozialgesetzbuch. Dies gilt insbesondere auch für die an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Pflegebedürftigen orientierte finanzielle Unterstützung der Pflegebedürftigen nach § 14.

(5) Zuständig für die Förderung ist der örtliche Träger der Sozialhilfe oder für Berechtigte nach dem Sozialen Entschädigungsrecht der überörtliche Träger der Kriegsopferfürsorge. Die Kreise können kreisangehörige Gemeinden zur Durchführung der ihnen nach diesem Gesetz obliegenden Aufgaben durch Satzung heranziehen; diese entscheiden dann in eigenem Namen. In den Satzungen ist zu bestimmen, welche Aufgaben ganz oder teilweise zu erfüllen sind.

(6) Die der Förderung stationärer Pflegeeinrichtungen zugrunde gelegten Aufwendungen bedürfen der Ermittlung durch den zuständigen überörtlichen Träger der Sozialhilfe nach den Grundsätzen des § 10. Die Aufwendungen sind für alle pflegebedürftigen Menschen nach einheitlichen Grundsätzen zu bemessen; eine Differenzierung nach Kostenträgern ist unzulässig.

(7) Der örtliche Träger der Sozialhilfe kann bestimmen, dass eine Förderung für teil- und vollstationäre Pflegeeinrichtungen im Sinne der §§ 13 und 14 dieses Gesetzes, die innerhalb seines örtlichen Zuständigkeitsbereiches neu entstehen und zusätzliche Plätze schaffen sollen, davon abhängig ist, dass für die Einrichtungen auf der Grundlage der örtlichen verbindlichen Bedarfsplanung nach § 7 Absatz 6 ein Bedarf bestätigt wird (Bedarfsbestätigung). Eine solche Fördervoraussetzung ist von der Vertretungskörperschaft mit Wirkung für alle zusätzlich entstehenden Plätze in Einrichtungen innerhalb ihres örtlichen Zuständigkeitsbereiches zu beschließen und öffentlich bekannt zu machen. Sie gilt für sämtliche Plätze einer Einrichtung unabhängig davon, wer Kostenträger einer Förderung nach diesem Gesetz ist. Der Beschluss nach Satz 1 gilt für sämtliche Plätze, für die erstmals nach dem Beschluss ein Antrag auf Förderung gestellt wird, es sei denn, die Trägerin oder der Träger der Einrichtung hat zu einem früheren Zeitpunkt eine Bestätigung der zuständigen Behörde über die Förderfähigkeit erhalten. In dem Beschluss ist festzulegen, ob Maßstab für die Bedarfsfeststellung alleine der Gesamtbedarf im örtlichen Zuständigkeitsbereich sein soll oder auch ein in der örtlichen Planung ausdrücklich ausgewiesener sozialräumlicher Bedarf Grundlage einer Bedarfsbestätigung sein kann.

(8) Das für die Pflegeversicherung zuständige Ministerium wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Landtag durch Rechtsverordnung das Nähere zu den Anforderungen an den Beschluss nach Absatz 7 Satz 1 und zum Verfahren der Bedarfsbestätigung zu regeln. Zu regeln sind insbesondere ein diskriminierungsfreies Auswahlverfahren und objektive Entscheidungskriterien für den Fall, dass nach Feststellung und öffentlicher Bekanntmachung einer verbindlichen Bedarfsplanung mehr Trägerinnen und Träger Interesse an der Schaffung zusätzlicher Angebote bekunden, als dies zur Bedarfsdeckung im Sinne des § 7 Absatz 6 erforderlich ist. Kriterium für die Auswahl kann dabei neben den in diesem Gesetz formulierten Zielsetzungen insbesondere auch eine sozialräumliche Bedarfsorientierung sein.

§ 12
Förderung ambulanter Pflegeeinrichtungen

(1) Die durchschnittlichen Aufwendungen nach § 10 Absatz 1, die durch unmittelbar pflegerische Leistungen nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch bedingt sind, werden bei Pflegediensten nach § 71 Absatz 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch durch angemessene Pauschalen gefördert. Betreibt der Träger eines Pflegedienstes eine Wohngemeinschaft nach § 24 Absatz 3 des Wohn- und Teilhabegesetzes und stellt die Nutzung dieses Angebotes eine angemessene Alternative zur Nutzung einer nach § 11 geförderten stationären Einrichtung dar, so umfasst die Förderung nach Satz 1 auch die Aufwendungen, die dem Träger für diese Wohngemeinschaft entstehen.

(2) Das für die Pflegeversicherung zuständige Ministerium wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Landtag durch Rechtsverordnung die Höhe der Pauschale nach Absatz 1 Satz 1, das Verfahren zu ihrer Berechnung anhand überprüfbarer Leistungskennzahlen sowie die Einzelheiten einer möglichen zusätzlichen Förderung nach Absatz 1 Satz 2 festzulegen.

§ 13
Förderung von Tages-, Nacht- und Kurzzeitpflegeeinrichtungen

(1) Die Förderung von Plätzen in Tages-, Nacht- und Kurzzeitpflegeeinrichtungen, die von als pflegebedürftig im Sinne des Elften Buches Sozialgesetzbuch anerkannten Personen genutzt werden, erfolgt zur Finanzierung der gesondert ausgewiesenen förderungsfähigen Aufwendungen im Sinne des § 10 durch einen auf die einzelne Nutzerin beziehungsweise. den einzelnen Nutzer bezogenen Aufwendungszuschuss. Bei der Ermittlung der förderungsfähigen Aufwendungen werden die Besonderheiten der Belegung und Kostengestaltung berücksichtigt. Der Anspruch auf Zahlung des Aufwendungszuschusses besteht nur für Einrichtungen, die nicht nach den Regelungen dieses Gesetzes oder der auf Grundlage dieses Gesetzes erlassenen Verordnung von der Förderung nach diesem Gesetz ausgeschlossen sind.

(2) Das für die Pflegeversicherung zuständige Ministerium wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Landtag durch Rechtsverordnung das Nähere zum Verfahren der Förderung nach Absatz 1 zu regeln. Dabei kann es zur Erreichung eines bedarfsangemessenen Angebotes auch Abweichungen von den nach § 10 Absatz 8 festgelegten Berechnungsmaßstäben festlegen, die zu einer schnelleren Refinanzierung der tatsächlichen Aufwendungen führen.

§ 14
Förderung vollstationärer Dauerpflegeeinrichtungen (Pflegewohngeld)

(1) Pflegewohngeld wird in vollstationären Dauerpflegeeinrichtungen in Nordrhein-Westfalen als Unterstützung der Personen (Anspruchsberechtigte) gewährt, die gemäß § 14 des Elften Buches Sozialgesetzbuch pflegebedürftig und nach § 43 des Elften Buches Sozialgesetzbuch oder im Rahmen einer privaten Pflegeversicherung anspruchsberechtigt sind und deren Einkommen und Vermögen unter Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens ihrer nicht getrennt lebenden Ehegattinnen, Ehegatten, eingetragenen Lebenspartnerinnen oder Lebenspartnern oder der mit ihnen in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft lebenden Personen zur Finanzierung der von ihnen ansonsten zu tragenden förderungsfähigen Aufwendungen im Sinne des § 10 Absatz 1 ganz oder teilweise nicht ausreicht. Hiervon ist auszugehen, wenn der Träger der Sozialhilfe die Kosten nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 1. Oktober 2013 (BGBl. I S. 3733) geändert worden ist, endgültig trägt oder im Falle der Sozialhilfeberechtigung zu tragen hätte. Der Anspruch auf Zahlung von Pflegewohngeld besteht nur in Einrichtungen, die nicht nach den Regelungen dieses Gesetzes oder der auf Grundlage dieses Gesetzes erlassenen Verordnung von der Förderung nach diesem Gesetz ausgeschlossen sind.

(2) Pflegewohngeld wird nicht gezahlt, wenn durch Einsatz eigenen Einkommens und Vermögens die Zahlung der Investitionskosten möglich ist oder wenn die erforderliche Leistung von Dritten oder Trägern anderer Sozialleistungen außerhalb des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vorgesehen ist. Pflegewohngeld wird nicht gezahlt für Berechtigte, die als Kriegsopfer einen Anspruch auf Gewährung von Versorgung nach § 1 in Verbindung mit § 26c des Bundesversorgungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Januar 1982 (BGBl. I. S. 21), das zuletzt durch Artikel 1a des Gesetzes vom 24. Mai 2014 (BGBl. I. S. 538) geändert worden ist, haben oder Leistungen in den Fällen des § 25 Absatz 4 des Bundesversorgungsgesetzes mittelbar erhalten.

(3) Die Ermittlung des einzusetzenden monatlichen Einkommens und Vermögens erfolgt entsprechend der Regelungen des Elften Kapitels des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und der §§ 25 bis 27j des Bundesversorgungsgesetzes. Abweichend hiervon sind von dem Einkommen zusätzlich abzusetzen:

1. der Barbetrag zur persönlichen Verfügung nach § 27b Absatz 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und für Personen, die sich am 31. Dezember 2004 in einer stationären Einrichtung befinden, der zusätzliche Barbetrag des § 133a des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch,

2. die Kosten für Unterkunft und Verpflegung,

3. die von der Pflegekasse nicht abgedeckten Pflegekosten (§ 43 Absatz 2 des Elften Buches Sozialgesetzbuch) und

4. ein weiterer Selbstbehalt von 50 Euro monatlich, jedoch beschränkt auf den jeweiligen Einkommensüberhang.

Die Gewährung von Pflegewohngeld darf zudem nicht abhängig gemacht werden von dem Einsatz oder der Verwertung kleinerer Barbeträge und sonstiger Geldwerte in Höhe von bis zu 10 000 Euro beziehungsweise 15 000 Euro bei nicht getrennt lebenden Ehegattinnen, Ehegatten, eingetragenen Lebenspartnerinnen oder Lebenspartnern sowie eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaften.

(4) Unterhaltsansprüche der pflegebedürftigen Person, ausgenommen gegenüber nicht getrennt lebenden Ehegattinnen, Ehegatten, Partnerinnen und Partnern eingetragener Lebenspartnerschaften sowie eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaften, bleiben unberücksichtigt. § 94 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und § 27h des Bundesversorgungsgesetzes finden keine Anwendung. § 41 Absatz 4 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch findet entsprechend Anwendung.

(5) Gleichartige Leistungen anderer Sozialleistungsträger bleiben von der Förderung mit Pflegewohngeld unberührt. § 2 Absatz 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.

(6) Pflegewohngeld wird nur für pflegebedürftige Menschen gewährt, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des § 30 Absatz 3 Satz 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - (Artikel 1 des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl I S. 3015), das zuletzt durch Artikel 10 des Gesetzes vom 19. Oktober 2013 (BGBl. I S. 3836) geändert worden ist, vor Heimeintritt im Land Nordrhein-Westfalen gehabt haben. Dies gilt nicht, sofern die pflegebedürftige Person nachweist, dass in dem Kreis oder der kreisfreien Stadt, in dem oder in der die Pflegeeinrichtung ihren Sitz hat, eine in gerader oder nicht gerader Linie verwandte Person des ersten oder zweiten Grades im Sinne des § 1589 Bürgerliches Gesetzbuch ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat.

(7) Pflegewohngeld ist kein Einkommen der Bewohnerin und des Bewohners im Sinne des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch.

(8) §§ 91 und 93 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch sind entsprechend anwendbar.

(9) Das für die Pflegeversicherung zuständige Ministerium wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Landtag durch Rechtsverordnung das Nähere festzulegen zum Antragsverfahren, zur Prüfung und Berechnung der Anspruchsvoraussetzungen, zur Dauer und Höhe sowie zum Verfahren zur Änderung der Leistungsgewährung.

§ 15
Gesonderte Berechnung nicht geförderter Aufwendungen

Pflegeeinrichtungen können pflegebedürftigen Menschen die durch öffentliche Förderung nicht gedeckten Aufwendungen im Sinne des § 10 Absatz 1 gesondert berechnen. Die gesonderte Berechnung bedarf der Zustimmung des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe. Dies gilt nicht für Einrichtungen, die nach den Regelungen dieses Gesetzes oder der auf Grundlage dieses Gesetzes erlassenen Verordnung von der Förderung nach diesem Gesetz ausgeschlossen sind.

§ 16
Komplementäre ambulante Dienste

(1) Zu den komplementären ambulanten Diensten gehören insbesondere hauswirtschaftliche Hilfen, Beratungsdienste zur Wohnraumanpassung, Hausbetreuungsdienste, Hausnotrufdienste und andere ergänzende ambulante Hilfen wie persönliche Assistenz für ältere und pflegebedürftige Menschen und Angehörige.

(2) Die Kreise und kreisfreien Städte stellen die zur Umsetzung des Vorranges der häuslichen Versorgung erforderlichen komplementären ambulanten Dienste sicher.

§ 17
Angebote zur Unterstützung pflegender Angehöriger

(1) Die Kreise und kreisfreien Städte sind für ein bedarfsgerechtes Angebot an Unterstützungsleistungen für pflegende Angehörige verantwortlich. Hierbei sind mindestens solche Angebote vorzuhalten, ohne deren Inanspruchnahme den pflegenden Angehörigen die Fortsetzung ihrer pflegenden Tätigkeiten nicht möglich wäre. § 4 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(2) Als Angebote nach Absatz 1 kommen insbesondere Qualifizierungsangebote, Rechtsinformationen, und Erfahrungsaustausch in Betracht. Zudem sind bei der Gestaltung der Pflege- und Betreuungsangebote, die die Pflege durch Angehörige ergänzen, die Bedarfe der pflegenden Angehörigen zu berücksichtigen.

§ 18
Einrichtungen der Behindertenhilfe

Soweit in Einrichtungen der Behindertenhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch Pflegeleistungen nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch erbracht werden, sind die betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen oder Aufwendungen für Miete, Pacht, Erbbauzins, Nutzung oder Mitbenutzung gemäß § 82 Absatz 3 Satz 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch vom zuständigen überörtlichen Träger der Sozialhilfe zu fördern, soweit nicht andere Leistungsträger zur Finanzierung verpflichtet sind.

§ 19
Landesförderplan

(1) Das zuständige Ministerium erstellt für jede Legislaturperiode einen Landesförderplan, in dem die Maßnahmen der Landesregierung zur Erreichung der Ziele nach § 1 gebündelt und planmäßig aufbereitet werden. Hierzu können insbesondere gehören

1. die Förderung landesweiter Strukturen der Partizipation älterer Menschen,

2. die Förderung landesweiter Beratungsstrukturen zur Unterstützung der kommunalen Beratungsangebote und Maßnahmen zur Koordinierung und Qualifizierung von Beratungsangeboten einschließlich der Wohnberatungsstellen,

3. besondere Maßnahmen zur Förderung alternativer Wohn- und Betreuungsformen,

4. die Förderung von Maßnahmen zur Implementierung von altengerechten Quartiersstrukturen,

5. Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität in der Pflege unter besonderer Berücksichtigung einer kultur- und geschlechtersensiblen Ausrichtung der Pflege,

6. die Förderung landesweit wirksamer Strukturen und Initiativen zur Unterstützung pflegender Angehöriger,

7. besondere Maßnahmen zur Berücksichtigung der spezifischen Bedarfe von älteren Männern und Frauen sowie von älteren Menschen mit Migrationsgeschichte und die Unterstützung und Entwicklung von bedarfsgerechten Angeboten für ältere Menschen mit unterschiedlicher sexueller Orientierung und geschlechtlicher Identität,

8. besondere Maßnahmen gegen soziale Ausgrenzung,

9. besondere Maßnahmen zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen von Menschen mit Demenz und der sie unterstützenden Angehörigen,

10. Rahmenbedingungen für mögliche strukturelle Anteilsförderungen kommunaler Strukturen der Beratung, der Unterstützung pflegender Angehöriger und des sorgenden Umfelds,

11. Maßnahmen zur Unterstützung der politischen Teilhabe älterer Menschen und Förderung der Arbeit der Landesseniorenvertretung und

12. Hilfeangebote für eine gewaltfreie, autonomiestärkende Pflege und Maßnahmen zur Reduzierung der Anwendung freiheitsbeschränkender Maßnahmen in der Pflege,

Rahmenbedingungen und Zielsetzungen für Modellförderungen in den Themenbereichen Alter, Pflege und demographische Entwicklung.

(2) Der Landesförderplan soll eine verlässliche und transparente Fördergrundlage schaffen und regelmäßig für die Dauer einer Legislaturperiode erstellt werden.

(3) Das für die Pflege zuständige Ministerium erarbeitet den Förderplan nach Absatz 1 unter Beteiligung der Vertretungen aller in § 3 genannten Trägerinnen und Träger. Die Ergebnisse der Landesberichterstattung nach § 20 sowie die Berichte der Kommunen über die Ergebnisse ihrer kommunalen Altenberichterstattung und der Beratungen der Kommunalen Konferenzen Alter und Pflege werden berücksichtigt. Vor der Veröffentlichung des Förderplans ist dem zuständigen Ausschuss des Landtags Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Das Land fördert die Maßnahmen im Rahmen der Alten- und Pflegepolitik auf der Grundlage des Förderplans nach Absatz 1 nach Maßgabe des Landeshaushaltes.

§ 20
Bericht der Landesregierung zur Lage der Älteren in Nordrhein-Westfalen

Das für die Altenpolitik zuständige Ministerium erarbeitet und veröffentlicht einmal in jeder Legislaturperiode einen Bericht als Gesamtanalyse zur Lage der Älteren in Nordrhein-Westfalen. Dieser dient zugleich als Planungsgrundlage für den Landesförderplan nach § 19.

§ 21
Verfahren

Für Verwaltungsverfahren nach diesem Gesetz und nach den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen gelten, soweit nichts anderes bestimmt ist, die Vorschriften des Sozialgesetzbuches entsprechend.

§ 22
Übergangsregelungen

(1) Bescheide über die Zustimmung zur gesonderten Berechnung, die auf der Grundlage des § 13 des Gesetzes zur Umsetzung des Pflege-Versicherungsgesetzes (Landespflegegesetz Nordrhein-Westfalen) vom 19. März 1996 (GV. NRW. S. 137), zuletzt geändert durch Artikel 17 des Gesetzes vom 3. Mai 2005 (GV. NRW. S. 498), für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2014 ergangen sind, gelten bis zum 31. Dezember 2015 fort. Dies gilt nicht, wenn die Trägerin oder der Träger der Einrichtung einen Antrag auf Erteilung eines neuen Bescheides auf der Grundlage dieses Gesetzes stellt.

(2) Pflegebedürftigen Personen, denen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bei der Berechnung von Pflegewohngeld gemeinsam mit ihren nicht getrennt lebenden Ehegattinnen, Ehegatten, Lebenspartnerinnen, Lebenspartnern oder Partnerinnen oder Partnern von eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaften ein doppelter Vermögensschonbetrag gewährt wurde, weil beide vollstationär gepflegt werden, bleibt der bisher gewährte Vermögensschonbetrag erhalten.

(3) Soweit in diesem Gesetz oder in der auf Grundlage dieses Gesetzes erlassenen Verordnung Fristen festgesetzt sind, kann das für die Pflegeversicherung zuständige Ministerium für die Jahre 2015 und 2016 ausnahmsweise abweichende Fristen im Wege der Allgemeinverfügung festlegen.

(4) Macht ein örtlicher Sozialhilfeträger von der Möglichkeit des § 11 Absatz 7 bis zum 31. Dezember 2014 Gebrauch, kann er die Entscheidungen über Bedarfsbestätigungen nach § 11 Absatz 7 Satz 1 bis zur Erarbeitung und Beschlussfassung einer verbindlichen Bedarfsplanung gemäß § 7 Absatz 6, längstens aber bis zum 31. März 2015 aussetzen.

§ 23
Inkrafttreten, Außerkrafttreten, Berichtspflicht

(1) Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Gleichzeitig tritt das Landespflegegesetz Nordrhein-Westfalen außer Kraft.

(2) Die Landesregierung überprüft beginnend mit dem Inkrafttreten die Wirkungen dieses Gesetzes sowie der hierauf beruhenden Verordnung insbesondere im Hinblick auf die Sicherstellung einer bedarfsgerechten Versorgungsstruktur und die auskömmliche Bemessung der damit geregelten Investitionskostenfinanzierung. Sie berichtet dem Landtag abschließend bis zum 31. Juli 2019 über die Erfahrungen mit diesem Gesetz und der hierzu ergangenen Verordnung.

(3) Die Landesregierung überprüft zudem in Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden bis zum 1. Januar 2019 fortlaufend die durch das Gesetz und die hierauf beruhende Verordnung entstehenden Be- und Entlastungen bei den betroffenen Gemeinden und Gemeindeverbänden. Maßstab für die Feststellungen von Be- und Entlastungen ist ein Vergleich mit der bis zum 31. Juli 2013 bestehenden Verwaltungspraxis. Im Falle der Feststellung einer wesentlichen Belastung sind das Gesetz oder die hierauf beruhende Verordnung umgehend so anzupassen, dass bei den betroffenen Gemeinden und Gemeindeverbänden wesentliche Belastungen vermieden werden.

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Artikel 2

Wohn- und Teilhabegesetz (WTG)

Inhaltsübersicht

Teil 1
Allgemeiner Teil

Kapitel 1
Allgemeine Vorschriften

§ 1 Zweck des Gesetzes

§ 2 Geltungsbereich

§ 3 Begriffsbestimmungen

Kapitel 2
Gemeinsame Anforderungen an alle Wohn- und Betreuungsangebote

§ 4 Allgemeine Anforderungen

§ 5 Teilhabe am Leben in der Gesellschaft

§ 6 Informationspflichten, Beschwerdeverfahren

§ 7 Leistungen an Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter und deren Beschäftigte

§ 8 Freiheitsbeschränkende und freiheitsentziehende Maßnahmen

§ 9 Anzeigepflichten

§ 10 Dokumentationspflichten

Kapitel 3
Qualitätssicherung

§ 11 Anspruch auf Information und Beratung

§ 12 Abwägungsgebot und einheitliche Rechtsanwendung

§ 13 Möglichkeit begründeter Abweichung von Anforderungen

§ 14 Durchführung der behördlichen Qualitätssicherung

§ 15 Mittel der behördlichen Qualitätssicherung

§ 16 Ombudsperson

§ 17 Arbeitsgemeinschaft zur Beratung der Landesregierung

Teil 2
Besonderer Teil

Kapitel 1
Einrichtungen mit umfassendem Leistungsangebot

§ 18 Begriffsbestimmung

§ 19 Grundsätzliche Anforderungen

§ 20 Anforderungen an die Wohnqualität

§ 21 Personelle Anforderungen

§ 22 Mitwirkung und Mitbestimmung der Nutzerinnen und Nutzer

§ 23 Behördliche Qualitätssicherung

Kapitel 2
Wohngemeinschaften mit Betreuungsleistungen

§ 24 Begriffsbestimmung

§ 25 Selbstverantwortete Wohngemeinschaften

§ 26 Grundsätzliche Anforderungen an anbieterverantwortete Wohngemeinschaften

§ 27 Anforderungen an die Wohnqualität

§ 28 Personelle Anforderungen

§ 29 Mitwirkung und Mitbestimmung der Nutzerinnen und Nutzer

§ 30 Behördliche Qualitätssicherung

Kapitel 3
Servicewohnen

§ 31 Begriffsbestimmung

§ 32 Anforderungen und Qualitätssicherung

Kapitel 4
Ambulante Dienste

§ 33 Begriffsbestimmung

§ 34 Grundsätzliche Anforderungen

§ 35 Behördliche Qualitätssicherung

Kapitel 5
Gasteinrichtungen

§ 36 Begriffsbestimmung

§ 37 Grundsätzliche Anforderungen

§ 38 Anforderungen an die Wohnqualität

§ 39 Personelle Anforderungen

§ 40 Mitwirkung und Mitbestimmung

§ 41 Qualitätssicherung

Teil 3
Ordnungswidrigkeit, Zuständigkeit, Zusammenarbeit,
Verordnungsermächtigung

§ 42 Ordnungswidrigkeiten

§ 43 Zuständigkeit

§ 44 Zusammenarbeit der Behörden

§ 45 Rechtsverordnungen

Teil 4
Schlussvorschriften

§ 46 Einschränkung von Grundrechten

§ 47 Übergangsregelungen

§ 48 Bestandsschutzregelung für personelle Anforderungen

§ 49 Inkrafttreten, Außerkrafttreten, Ersetzung von Bundesrecht, Berichtspflicht

Teil 1
Allgemeiner Teil

Kapitel 1
Allgemeine Vorschriften

§ 1
Zweck des Gesetzes

(1) Dieses Gesetz hat den Zweck, die Würde, die Rechte, die Interessen und Bedürfnisse der Menschen, die Wohn- und Betreuungsangebote für ältere oder pflegebedürftige Menschen und Menschen mit Behinderung nutzen, vor Beeinträchtigungen zu schützen, die Rahmenbedingungen für Betreuungs- und Pflegekräfte positiv zu gestalten und die Einhaltung der den Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbietern obliegenden Pflichten zu sichern. Es soll älteren oder pflegebedürftigen Menschen und Menschen mit Behinderung ein selbstbestimmtes Leben gewährleisten, deren Mitwirkung und Mitbestimmung unterstützen, die Transparenz über Gestaltung und Qualität von Betreuungsangeboten fördern und zu einer besseren Zusammenarbeit aller zuständigen Behörden beitragen. Dabei soll es insbesondere kleinere Wohn- und Betreuungsangebote fördern und eine quartiersnahe Versorgung mit Betreuungsleistungen ermöglichen.

(2) Das Gesetz soll die angemessene Berücksichtigung der kulturellen und religiösen Belange der älteren oder pflegebedürftigen Menschen und der Menschen mit Behinderung und die unterschiedlichen Bedürfnisse von Männern und Frauen sowie von Menschen unterschiedlicher sexueller Orientierung und geschlechtlicher Identität sicherstellen. Es soll ältere oder pflegebedürftige Menschen und Menschen mit Behinderung vor Gewalt, Ausbeutung und Missbrauch schützen.

(3) Die Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter haben ihre Leistungserbringung auch auf eine Förderung der Teilhabemöglichkeiten auszurichten. Sie sollen den Menschen, die Angebote nach diesem Gesetz nutzen, eine angemessene und individuelle Lebensgestaltung insbesondere durch die gleichberechtigte Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben in der Gesellschaft ermöglichen.

(4) Die Menschen, die Angebote nach diesem Gesetz nutzen, sollen insbesondere

1. ein möglichst selbstbestimmtes Leben führen können,

2. in der Wahrnehmung ihrer Selbstverantwortung unterstützt werden,

3. vor Gefahren für Leib und Seele geschützt werden,

4. in ihrer Privat- und Intimsphäre geschützt sowie in ihrer sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität geachtet werden,

5. eine am persönlichen Bedarf ausgerichtete, gesundheitsfördernde und qualifizierte Betreuung erhalten,

6. umfassend über Möglichkeiten und Angebote der Beratung, der Hilfe, der Pflege und der Behandlung informiert werden,

7. Wertschätzung erfahren, sich mit anderen Menschen austauschen und am gesellschaftlichen Leben teilhaben,

8. ihrer Kultur und Weltanschauung entsprechend leben und ihre Religion ausüben können und

9. in jeder Lebensphase in ihrer unverletzlichen Würde geachtet und am Ende ihres Lebens auch im Sterben respektvoll begleitet werden.

§ 2
Geltungsbereich

(1) Dieses Gesetz gilt für Betreuungsleistungen sowie die Überlassung von Wohnraum, wenn diese Angebote entgeltlich sind und im Zusammenhang mit den durch Alter, Pflegebedürftigkeit oder Behinderung ausgelösten Unterstützungsbedarfen und darauf bezogenen Leistungen stehen.

(2) Angebote im Sinne dieses Gesetzes sind

1. Einrichtungen mit umfassendem Leistungsangebot,

2. Wohngemeinschaften mit Betreuungsleistungen,

3. Angebote des Servicewohnens,

4. ambulante Dienste und

5. Gasteinrichtungen.

(3) Dieses Gesetz gilt nicht für Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, soweit diese der Erlaubnispflicht nach § 45 des Achten Buches Sozialgesetzbuch - Kinder und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. September 2012 (BGBl. I S. 2022) unterliegen, Krankenhäuser im Sinne des § 2 Nummer 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. April 1991 (BGBl. I S. 886), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 3. April 2013 (BGBl. I S. 617), Internate der Berufsbildungs- und Berufsförderungswerke und Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen im Sinne des § 107 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2789) geändert worden ist, und des § 15 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch– Gesetzliche Rentenversicherung – in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 2002 (BGBl. I S. 754, 1404, 3384), zuletzt geändert durch Artikel 9 Absatz 3 des Gesetzes vom 3. April 2013 (BGBl. I S. 610).

(4) Die Feststellung, ob ein Angebot dem Geltungsbereich dieses Gesetzes unterfällt, lässt dessen Einordnung nach anderen Rechtsvorschriften unberührt. Dies gilt insbesondere auch für leistungsrechtliche Regelungen.

§ 3
Begriffsbestimmungen

(1) Betreuung und Betreuungsleistungen im Sinne dieses Gesetzes umfassen Pflege im Sinne des Elften Buches Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014, 1015), zuletzt geändert durch Artikel 2 Absatz 14 des Gesetzes vom 8. April 2013 (BGBl. I S. 730) und soziale Betreuung. Soziale Betreuung umfasst Tätigkeiten, die Menschen in einer selbstbestimmten Lebensführung und insbesondere der Erfüllung ihrer sozialen und kognitiven Bedürfnisse unterstützen sowie der Förderung einer unabhängigen Lebensführung und der vollen Teilhabe am Leben in der Gesellschaft dienen. Hierzu gehören darüber hinaus die Hilfestellung bei der Gestaltung und Strukturierung des Alltagslebens, die Erhaltung oder Wiederherstellung der körperlichen Mobilität und Arbeitsfähigkeit zugleich mit der anleitenden Unterstützung bei der Ausübung einer Erwerbstätigkeit wie auch bei der Gestaltung der sozialen Beziehungen und der Freizeit. Nicht umfasst sind allgemeine unterstützende Tätigkeiten, die nicht vorwiegend auf Grund eines durch hohes Alter, Pflegebedürftigkeit oder eine Behinderung begründeten Unterstützungsbedarfes erbracht werden.

(2) Leistungsanbieterin oder Leistungsanbieter ist, wer allein oder gemeinschaftlich mit einer anderen natürlichen oder juristischen Person älteren oder pflegebedürftigen Menschen oder Menschen mit Behinderungen Wohn- oder Betreuungsleistungen nach diesem Gesetz anbietet.

(3) Nutzerinnen und Nutzer sind ältere oder pflegebedürftige Menschen oder Menschen mit Behinderungen, denen Wohn- oder Betreuungsleistungen nach diesem Gesetz angeboten werden oder die diese Leistungen tatsächlich in Anspruch nehmen.

(4) Beschäftigte sind Personen, die im Rahmen eines entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses in den Angeboten tätig sind, unabhängig davon, mit wem das Beschäftigungsverhältnis besteht. Für Personen, die nicht in einem Beschäftigungsverhältnis zur Leistungsanbieterin oder zum Leistungsanbieter stehen, gilt dies nur, soweit sie betreuende Tätigkeiten im Sinne dieses Gesetzes erbringen.

(5) Fachkräfte sind Beschäftigte, die in einer mindestens dreijährigen Ausbildung oder einem Studium die erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse erworben haben, um Tätigkeiten auf dem Gebiet der Pflege oder sozialen Betreuung unter Beachtung des jeweils aktuellen Standes der fachlichen Erkenntnisse auszuüben. Hauswirtschaftsfachkräfte sind Beschäftigte, die in einer dreijährigen Ausbildung oder einem Studium die erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse erworben haben, um die hauswirtschaftliche Versorgung (Ernährung, Verpflegung, Reinigung, Wäscheversorgung) der Nutzerinnen und Nutzer zu organisieren, zu planen, durchzuführen sowie dabei durch Einhaltung der Hygieneanforderungen einen ausreichenden Schutz vor Infektionen zu gewährleisten.

(6) Mitwirkung der Nutzerinnen und Nutzer umfasst Informations-, Mitsprache- und Beratungsrechte bei Entscheidungen der Leistungsanbieterin oder des Leistungsanbieters, wobei die Entscheidung nicht von der Zustimmung der Nutzerinnen und Nutzer abhängig ist.

(7) Mitbestimmung bezeichnet die Form der Mitwirkung, bei der Entscheidungen oder Maßnahmen der Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter erst durch Zustimmung der Nutzerinnen und Nutzer wirksam werden.

Kapitel 2
Gemeinsame Anforderungen an alle Wohn- und Betreuungsangebote

§ 4
Allgemeine Anforderungen

(1) Angebote und Leistungen nach diesem Gesetz müssen dem jeweiligen Stand der fachlichen und wissenschaftlichen Erkenntnisse einschließlich der Barrierefreiheit entsprechen. Die Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter haben hierfür die angebotsbezogen erforderlichen personellen, sächlichen, baulichen und organisatorischen Voraussetzungen zu schaffen und zu unterhalten und ihre Verpflichtungen aus den leistungsrechtlichen Vereinbarungen zu erfüllen. Maßstab für Leistungserbringung und Angebotsgestaltung müssen im Rahmen der vertraglich vereinbarten Leistungen die individuellen Bedarfe der Nutzerinnen und Nutzer sein.

(2) Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter müssen die notwendige Zuverlässigkeit besitzen. Sie müssen angebotsbezogen sicherstellen, dass der Zweck des Gesetzes in die Konzeption der Leistungserbringung eingeht und sich die Umsetzung daran ausrichtet.

(3) Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter von Betreuungsleistungen müssen ein Qualitätsmanagement betreiben, das mindestens umfasst:

1. eine Beschreibung der Qualitätsziele,

2. eine verbindliche und dokumentierte Festlegung von Aufgaben, Verantwortlichkeiten und Maßnahmen für die Entwicklung und Sicherung von Qualität,

3. ein verbindliches Konzept für die Fort- und Weiterbildung der Beschäftigten,

4. ein Verfahren zur regelmäßigen Evaluation der Zufriedenheit der Beschäftigten,

5. eine Beschreibung der Kernprozesse des Betriebes

6. eine geeignete Dokumentation der Maßnahmen.

(4) Sie haben zudem sicherzustellen, dass bei der Leistungserbringung ein ausreichender Schutz vor Infektionen gewährleistet ist und die Beschäftigten die Hygieneanforderungen nach dem anerkannten Stand der fachlichen Erkenntnisse einhalten.

(5) Zur Gewährleistung einer angemessenen Palliativversorgung haben Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter die Inanspruchnahme der Leistungen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung durch eine Kooperation mit den entsprechenden Angeboten zu ermöglichen. Dies gilt nur, wenn auch Nutzerinnen und Nutzer mit nicht heilbaren, fortschreitenden und weit fortgeschrittenen Erkrankungen bei einer zugleich eng begrenzten Lebenserwartung betreut werden sollen und die Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter sich insoweit nicht zur vollständigen Leistungserbringung durch eigene Beschäftigte entschieden haben. Der Leistungsanspruch gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung nach den Vorschriften des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 11. August 2014 (BGBl. I S. 1346) geändert worden ist, bleibt unberührt.

(6) Wohnangebote nach diesem Gesetz sollen in räumlicher Anbindung an Wohnsiedlungen errichtet werden und so gelegen sein, dass den Nutzerinnen und Nutzern eine Teilhabe am Leben in der örtlichen Gemeinschaft möglich ist.

(7) Sofern in diesem Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes keine besonderen Anforderungen an die Ausführung baulicher Anlagen gestellt werden, gelten die Vorschriften der Landesbauordnung und der aufgrund dieser Vorschrift erlassenen Vorschriften.

(8) Alle Beschäftigten müssen die erforderliche persönliche und fachliche Eignung für die von ihnen ausgeübte Tätigkeit besitzen. Die Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter überzeugen sich bei der Einstellung und in regelmäßigen Abständen von der persönlichen Eignung der Beschäftigten und stellen den Fortbestand der fachlichen Eignung durch Umsetzung des Fort- und Weiterbildungskonzeptes nach Absatz 3 Nummer 3 sicher.

(9) Leitungskräfte (Einrichtungsleitung, verantwortliche Fachkraft und Pflegedienstleitung) müssen Fachkräfte sein oder über einen Studienabschluss verfügen, der in besonderer Weise die für eine Leitungskraft erforderlichen Kompetenzen vermittelt. Sie müssen darüber hinaus über eine mindestens zweijährige einschlägige hauptberufliche Berufstätigkeit verfügen. Zeiten einer Teilzeitbeschäftigung mit mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit zählen in vollem Umfang, Zeiten einer Teilzeitbeschäftigung mit weniger als der Hälfte zählen entsprechend ihrem Verhältnis zur hälftigen Beschäftigung.

(10) Betreuende Tätigkeiten dürfen nur durch Fachkräfte oder unter deren angemessener Beteiligung wahrgenommen werden. Die Leistungsanbieterin oder der Leistungsanbieter hat schriftlich mindestens festzulegen,

1. welche betreuenden Tätigkeiten im Einzelnen ausgeführt werden und welchen Beschäftigten dabei welche Aufgaben und Verantwortungen zuzuordnen sind,

2. welche fachlichen Standards es für die Ausübung der betreuenden Tätigkeiten gibt und wie deren Umsetzung gesichert wird,

3. wie die oder der Beschäftigte für die Ausübung der betreuenden Tätigkeiten qualifiziert wurde und

4. wie die Überwachung der Ausübung dieser betreuenden Tätigkeit organisiert ist.

Die Beschäftigten sind von den Festlegungen in Kenntnis zu setzen und deren Umsetzung ist zu dokumentieren.

(11) Ausschließlich von Fachkräften wahrzunehmende Tätigkeiten sind:

1. die Steuerung und Überwachung von Pflege- und Betreuungsprozessen sowie die Zielfestlegung und Planung der Maßnahmen im Pflege- und Betreuungsprozess einschließlich der Kontrolle und Auswertung der Pflege- und Betreuungsqualität und der wesentlichen Abstimmungen mit anderen Leistungserbringern der medizinischen Versorgung,

2. die Beratung der Nutzerinnen und Nutzer über fachlich begründete Maßnahmen zur Sicherung der gesundheitlichen und psychosozialen Versorgung sowie die Mitwirkung bei Entscheidungen über deren Anwendung und

3. die Überprüfung der Erforderlichkeit und Angemessenheit sowie die Überwachung der Durchführung freiheitsbeschränkender und freiheitsentziehender Maßnahmen.

(12) Soweit die Tätigkeiten nach Absatz 11 auf pflegerische Prozesse bezogen sind, sind sie Fachkräften der Pflege vorbehalten, soweit sich die Tätigkeiten nach Absatz 11 auf Betreuungsprozesse beziehen, Fachkräften der sozialen Betreuung, die jeweils über die angebotsbezogene erforderliche Fachkunde verfügen.

(13) Bei der Planung und Durchführung individueller Pflege- und Betreuungsprozesse sowie des Wohnens ist die Freiheit der Nutzerinnen und Nutzer, eigene Entscheidungen zu treffen, zu beachten und ihre Selbstbestimmung zu fördern. Sie sind deshalb rechtzeitig zu beteiligen und ihre Wünsche sind zu berücksichtigen. Die Durchführung von Pflege und Betreuung bedarf des Einverständnisses der Nutzerin oder des Nutzers.

§ 5
Teilhabe am Leben in der Gesellschaft

(1) Die Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter haben im Rahmen der jeweiligen Leistungsvereinbarungen die gleichberechtigte Teilhabe der Nutzerinnen und Nutzer am Leben in der Gesellschaft zu unterstützen und zu fördern. Zu diesem Zweck sollen sie mit Angehörigen, sonstigen Vertrauenspersonen der Nutzerinnen und Nutzer, bürgerschaftlich Engagierten und Institutionen der Gemeinde, des Sozialwesens, der Kultur und des Sports zusammenwirken und diese möglichst in die Gestaltung der Angebote einbeziehen.

(2) Der Sicherung der Selbstbestimmung und gleichberechtigten Teilhabe der Nutzerinnen und Nutzer am Leben in der Gesellschaft dient unter anderem

1. die Einbeziehung von Angehörigen und anderen Bezugspersonen sowie bürgerschaftlich Engagierten in das von dem jeweiligen Angebot unterstützte Alltagsleben sowie die Öffnung der Angebote für Kooperationen und Veranstaltungen mit externen Institutionen, Vereinen und anderen Stellen,

2. zielgruppenbezogen Betätigungen anzubieten, die die Fertigkeiten der Nutzerinnen und Nutzer in alltagsnahen und gewohnten Handlungen zur Geltung bringen,

3. in Zusammenarbeit mit geeigneten Einrichtungen und Organisationen regelmäßig über Veranstaltungen und Aktivitäten im Quartier zu informieren und die Teilnahme daran zu unterstützen und zu fördern und

4. die Wahrnehmung auswärtiger Termine zu unterstützen und zu fördern.

§ 6
Informationspflichten, Beschwerdeverfahren

(1) Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter sind vorbehaltlich weitergehender zivilrechtlicher Ansprüche der Nutzerinnen und Nutzer verpflichtet,

1. alle Interessierten über ihr Leistungsangebot nach Art, Umfang und Preis in geeigneter Weise zu informieren,

2. die Nutzerinnen und Nutzer schriftlich über vorhandene Beratungs- und Beschwerdestellen zu informieren,

3. die aktuellen Prüfberichte über Regelprüfungen der Aufsichtsbehörde an gut sichtbarer Stelle auszuhängen oder auszulegen sowie die Prüfberichte über Regelprüfungen der letzten drei Jahre zur Einsichtnahme durch die gegenwärtigen oder künftigen Nutzerinnen und Nutzer oder von ihnen beauftragte Personen bereitzuhalten,

4. den aktuellen Prüfbericht über Regelprüfungen der Aufsichtsbehörde gegenwärtigen sowie künftigen Nutzerinnen und Nutzern auf Wunsch in Kopie auszuhändigen und

5. Nutzerinnen und Nutzern oder ihren Vertreterinnen und Vertretern Einblick in die Dokumentation der Betreuungsleistungen zu gewähren und ihnen im Einzelfall erforderliche Kopien zu überlassen.

(2) Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter haben ein Beschwerdeverfahren sicherzustellen. Dieses muss mindestens beinhalten:

1. die Information der Nutzerinnen und Nutzer über ihr Beschwerderecht einschließlich eines Hinweises auf die Erreichbarkeit der zuständigen Behörde,

2. die Benennung der für die Bearbeitung der Beschwerden verantwortlichen Person,

3. die Bestimmung einer angemessenen Bearbeitungsfrist und

4. die geeignete Dokumentation und Auswertung der Beschwerden und der Art ihrer Erledigung.

§ 7
Leistungen an Leistungsanbieterinnen und
Leistungsanbieter und deren Beschäftigte

(1) Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbietern und deren Beschäftigten ist es untersagt, sich von oder zugunsten von gegenwärtigen oder zukünftigen Nutzerinnen und Nutzern Geld- oder geldwerte Leistungen über das vertraglich vereinbarte Entgelt hinaus versprechen oder gewähren zu lassen, soweit es sich dabei nicht nur um geringwertige Aufmerksamkeiten handelt.

(2) Das Verbot gilt nicht für Leistungen, die im Zusammenhang mit der Überlassung eines Platzes in einem Wohn- und Betreuungsangebot von der Nutzerin oder dem Nutzer der Leistungsanbieterin oder dem Leistungsanbieter darlehensweise gewährt werden oder die im Zusammenhang mit dem Erwerb oder Besitz von Genossenschaftsanteilen oder mit dem Wohnangebot stehen und deren Rückzahlung angemessen abgesichert ist.

(3) Spenden an gemeinnützige Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter fallen nicht unter die Regelung des Absatzes 1. Dies gilt auch für Spenden im zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme in ein Wohn- und Betreuungsangebot. Es ist sicherzustellen, dass den Spenderinnen oder Spendern oder ihren Angehörigen weder bei der Aufnahme in ein Angebot noch während der Nutzung eines Angebotes eine günstigere oder weniger günstige Behandlung zukommt als jeder anderen Person in einer vergleichbaren Situation. Spenden umfassen sowohl Verfügungen zu Lebzeiten als auch Verfügungen von Todes wegen. Die Leistungsanbieterin oder der Leistungsanbieter hat das Verfahren zur Spendenannahme der zuständigen Behörde vorher anzuzeigen und die Einnahme sowie ihre Verwendung zu dokumentieren.

(4) Die zuständige Behörde kann weitere Ausnahmen zulassen, wenn die Leistung noch nicht gewährt wurde und das Verbot zur Sicherung des Schutzes der Nutzerinnen und Nutzer nicht erforderlich ist.

§ 8
Gewaltprävention, freiheitsbeschränkende und
freiheitsentziehende Maßnahmen

(1) Die Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter treffen geeignete Maßnahmen zum Schutz der Nutzerinnen und Nutzer vor jeder Form der Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch, einschließlich ihrer geschlechtsspezifischen Aspekte.

(2) Freiheitsbeschränkende und freiheitsentziehende Maßnahmen sind unter Berücksichtigung des besonderen Schutzbedürfnisses der Nutzerinnen und Nutzer auf das unbedingt notwendige Maß zu beschränken und unter Angabe der Genehmigung des Betreuungsgerichts oder der rechtswirksamen Einwilligung der Nutzerin oder des Nutzers sowie der oder des für die Anordnung und Überwachung der Durchführung der Maßnahme Verantwortlichen zu dokumentieren. Sofern im Rahmen des Angebotes freiheitsbeschränkende oder freiheitsentziehende Maßnahmen umgesetzt werden, müssen die Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter schriftlich in einem Konzept Möglichkeiten der Vermeidung freiheitsbeschränkender und freiheitsentziehender Maßnahmen festlegen. In diesem Konzept ist darzulegen, wie die Trennung zwischen Durchführung und Überwachung der Maßnahmen geregelt ist. Die Beschäftigten sind mit Alternativen zu freiheitsbeschränkenden und freiheitsentziehenden Maßnahmen vertraut zu machen.

§ 9
Anzeigepflichten

(1) Wer Angebote nach diesem Gesetz betreiben will, hat seine Absicht spätestens zwei Monate vor der vorgesehenen Betriebsaufnahme der zuständigen Behörde anzuzeigen. Die Anzeige muss die für die behördliche Qualitätssicherung erforderlichen Angaben enthalten. Die zuständige Behörde kann weitere Angaben verlangen, soweit sie zur zweckgerichteten Aufgabenerfüllung erforderlich sind.

(2) Soweit die zuständige Behörde den Einsatz einer internetgestützten, elektronischen Datenbank zur Verfügung stellt, haben die Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter diese Datenbank zur Erfüllung ihrer Anzeigepflicht nach Absatz 1 zu nutzen. Verfügt eine Leistungsanbieterin oder ein Leistungsanbieter nicht über die dafür erforderlichen technischen Voraussetzungen, kann ausnahmsweise auch eine schriftliche Meldung der erforderlichen Daten erfolgen.

(3) Eine beabsichtigte vollständige oder teilweise Einstellung des Angebotes ist unverzüglich der zuständigen Behörde anzuzeigen. Angaben über die zukünftige Unterkunft und Betreuung der Nutzerinnen und Nutzer und die geplante ordnungsgemäße Abwicklung der Vertragsverhältnisse mit den Nutzerinnen und Nutzern sind mit dieser Anzeige zu verbinden oder baldmöglichst nachzuholen.

(4) Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter haben eine bereits eingetretene Überschuldung oder eine eingetretene oder drohende Zahlungsunfähigkeit oder eine sonstige Unfähigkeit, die Verpflichtungen gegenüber den Nutzerinnen und Nutzern zu erfüllen, unverzüglich der zuständigen Behörde anzuzeigen.

§ 10
Dokumentationspflichten

(1) Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter haben zu dokumentieren, dass und wie sie die Anforderungen nach diesem Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes erfüllen. Aufzeichnungen, die für andere Stellen als die zuständige Behörde angelegt worden sind, können seitens der Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter zum Nachweis der Erfüllung der Anforderungen des Satzes 1 verwendet werden, wenn sie nicht älter als ein Jahr sind. Die Dokumentation muss sich je nach Angebotstyp und Leistungsumfang erstrecken auf die tatsächliche Art der Nutzung, die Betreuung der Nutzerinnen und Nutzer einschließlich deren Versorgung mit Arzneimitteln und der Zusammenarbeit mit Ärztinnen und Ärzten, die Umsetzung von Konzepten, insbesondere zur Teilhabeförderung und Gewaltprävention, und die Verwaltung von Geldern. Aus der Dokumentation müssen auch Angaben über die Beschäftigten und ihre Aufgaben ersichtlich sein.

(2) Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter haben die aktuellen und für die Leistungserbringung erforderlichen nutzerinnen- und nutzerbezogenen Teile der Dokumentation am Ort der Leistungserbringung zur Prüfung vorzuhalten. Die anderen Teile der Dokumentation können auch am Ort der Verwaltung der Leistungsanbieterin oder des Leistungsanbieters vorgehalten werden.

Kapitel 3
Qualitätssicherung

§ 11
Anspruch auf Information und Beratung

(1) Die zuständigen Behörden informieren und beraten Personen, die ein berechtigtes Interesse haben, über die Rechte und Pflichten der Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter und der Nutzerinnen und Nutzer solcher Wohn- und Betreuungsangebote informiert zu werden. Ein berechtigtes Interesse haben insbesondere Nutzerinnen und Nutzer, deren Vertreterinnen und Vertreter, Nutzerinnen- und Nutzerbeiräte, Beschäftigte und ihre Vertretungen, Mitglieder von Vertretungsgremien, Vertrauenspersonen und diejenigen, die Leistungen nach diesem Gesetz erbringen oder erbringen wollen. Die Behörde kann auf geeignete Informations- und Beratungsangebote Dritter verweisen.

(2) Einem Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen steht der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen regelmäßig nicht entgegen, soweit sich die Informationen auf die Mitteilung von festgestellten Rechtsverstößen, die zu einer Gefährdung von Leben, Gesundheit oder Freiheit geführt haben, und die zu deren Beseitigung ergangenen Anordnungen beschränken. Soweit die Vorgänge personenbezogene Daten enthalten, sind diese zu anonymisieren, sofern nicht das Einverständnis des Betroffenen vorliegt. Im Übrigen findet das Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen Anwendung.

§ 12
Abwägungsgebot und einheitliche Rechtsanwendung

(1) Ermessensentscheidungen der Behörden sollen so getroffen werden, dass die Teilhabe der Nutzerinnen und Nutzer am Leben in der Gesellschaft gefördert wird. Maßstab für die Entscheidung soll das Alltagsleben in einer privaten Häuslichkeit sein. Bei Verwaltungsentscheidungen ist darzulegen, wie der Gesichtspunkt der selbstbestimmten Teilhabe berücksichtigt wurde.

(2) Beim Vollzug aller Rechtsvorschriften, die in Wohn- und Betreuungsangeboten angewandt werden, übernehmen die für die Durchführung dieses Gesetzes zuständigen Behörden die koordinierende Funktion. Dies gilt nicht für das Baugenehmigungsverfahren und das Verfahren nach dem Gesetz zur Förderung und Nutzung von Wohnraum für das Land Nordrhein-Westfalen.

§ 13
Möglichkeit begründeter Abweichung von Anforderungen

(1) Von den Anforderungen nach diesem Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes kann mit Genehmigung der zuständigen Behörde abgewichen werden, wenn hierdurch der Zweck des Gesetzes nicht gefährdet wird und

1. ohne die Abweichung ein besonderes Betreuungskonzept nicht umgesetzt werden kann oder

2. die Abweichung im Sinne der Erprobung neuer Betreuungs- oder Wohnformen geboten ist oder

3. die Abweichung auf Grund einer geringen Größe des Wohn- und Betreuungsangebotes und einer geringen Zahl von Nutzerinnen und Nutzern geboten ist.

Die mit Hilfe der Abweichung umzusetzenden Konzepte und Angebotsformen müssen auf eine bessere Umsetzung besonderer Bedarfe und Wünsche der Nutzerinnen und Nutzer ausgerichtet sein.

(2) Von den Anforderungen an die Wohnqualität kann auch dann abgewichen werden, wenn der Leistungsanbieterin oder dem Leistungsanbieter die Erfüllung einer Anforderung zur Wohnqualität im vorhandenen Gebäudebestand technisch oder aus denkmalschutzrechtlichen Gründen nicht möglich oder aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar ist und die Abweichung mit den Maßstäben des Alltags eines häuslichen Lebens, der Sicherung der Privatsphäre sowie den durch dieses Gesetz geschützten Interessen und Bedürfnissen der betroffenen Nutzerinnen und Nutzern vereinbar ist.

(3) Die zuständige Behörde soll binnen sechs Wochen nach Eingang des Antrags über den Antrag entscheiden oder Gründe für eine Verzögerung der Entscheidung mitteilen. Die Leistungsanbieterin oder der Leistungsanbieter ist vom Zeitpunkt der Antragstellung bis zur Entscheidung über den Antrag für die beantragten Tatbestände von der Verpflichtung zur Umsetzung der Anforderungen vorläufig befreit. Dies gilt nicht, soweit die zuständige Behörde nach Antragseingang anordnet, dass die betroffenen Anforderungen bis zur abschließenden Entscheidung über den Antrag umzusetzen sind.

§ 14
Durchführung der behördlichen Qualitätssicherung

(1) Die zuständigen Behörden prüfen die Wohn- und Betreuungsangebote daraufhin, ob sie in den Geltungsbereich dieses Gesetzes fallen und die Anforderungen nach diesem Gesetz und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen erfüllen. Soweit in diesem Gesetz vorgesehen, prüfen die zuständigen Behörden die Wohn- und Betreuungsangebote regelmäßig in den in diesem Gesetz festgelegten Zeitabständen (Regelprüfungen). Eine Prüfung erfolgt darüber hinaus, wenn Anhaltspunkte oder Beschwerden vorliegen, die darauf schließen lassen, dass die Anforderungen nach diesem Gesetz oder der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen nicht erfüllt sind (anlassbezogene Prüfungen).

(2) Die Prüfungen können unangemeldet und zu jeder Zeit erfolgen. Prüfungen zur Nachtzeit sind nur zulässig, wenn und soweit das Überwachungsziel zu anderen Zeiten nicht erreicht werden kann. Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter sowie ihre verantwortlichen Beschäftigten haben den zuständigen Behörden die für die Durchführung dieses Gesetzes und den hierzu ergangenen Rechtsverordnungen erforderlichen mündlichen und schriftlichen Auskünfte auf Verlangen und unentgeltlich zu erteilen.

(3) Prüfergebnisse anderer gesetzlich vorgesehener Prüfinstitutionen, die nicht älter als ein Jahr sind, sind der Prüfung hinsichtlich des jeweils festgestellten Sachverhaltes zugrunde zu legen. Die erneute Prüfung eines bereits anderweitig geprüften Sachverhaltes ist zu vermeiden. Ergeben sich jedoch Beanstandungen oder liegen unabhängig von der Prüfung Anhaltspunkte für eine Gefährdung der Interessen und Bedürfnisse der Nutzerinnen und Nutzer vor, kann die zuständige Behörde eine eigenständige Prüfung durchführen.

Bei der Prüfung ist in Bezug auf die bauliche Barrierefreiheit grundsätzlich die Baugenehmigung zugrunde zu legen. Sofern Anhaltspunkte für eine Änderung der baulichen Anlage und für einen Verstoß gegen die baurechtlich geforderte Barrierefreiheit festgestellt werden, ist die zuständige Bauaufsichtsbehörde zu informieren.

(4) Die von der zuständigen Behörde mit der Überwachung der Wohn- und Betreuungsangebote beauftragten Personen sind befugt,

1. die für die Wohn- und Betreuungsangebote genutzten Grundstücke und Räume - soweit diese einem Hausrecht der Nutzerinnen und Nutzer unterliegen, nur mit deren Zustimmung - sowie Geschäftsräume der Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter zu betreten,

2. Prüfungen und Besichtigungen vorzunehmen,

3. Einsicht in die Dokumentation über die Erfüllung der Anforderungen nach diesem Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes zu nehmen,

4. sich mit den Nutzerinnen und Nutzern sowie den Mitwirkungsgremien oder Vertrauenspersonen in Verbindung zu setzen,

5. bei pflegebedürftigen Nutzerinnen und Nutzern den Pflegezustand in Augenschein zu nehmen und

6. die Beschäftigten zu befragen.

Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter haben diese Maßnahmen zu dulden. Es steht der zuständigen Behörde frei, zu ihren Prüfungen weitere fach- und sachkundige Personen hinzuzuziehen. Die Leistungsanbieterin oder der Leistungsanbieter kann eine Vertretung der Vereinigung, der sie oder er angehört, hinzuziehen, soweit dies die zeitgerechte Durchführung der Prüfung nicht behindert. Die hinzugezogenen Personen sind zur Verschwiegenheit verpflichtet.

(5) Zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung können Grundstücke und Räume, die einem Hausrecht der Nutzerinnen und Nutzer unterliegen oder Wohnzwecken des oder der Auskunftspflichtigen dienen, jederzeit betreten werden. Der oder die Auskunftspflichtige und die Nutzerinnen und Nutzer haben die Maßnahmen nach Satz 1 zu dulden.

(6) Das zuständige Ministerium kann die Erfüllung der Aufgaben nach diesem Gesetz durch den Einsatz eines Verfahrens zur elektronischen Datenverarbeitung unterstützen. Es ist berechtigt, zum Zwecke einer landesweiten Planung Auswertungen vorzunehmen. Personenbezogene Daten sind vorher zu anonymisieren.

(7) Soweit bei der behördlichen Tätigkeit personenbezogene Daten erhoben werden, ist dies nur zulässig, soweit es zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben erforderlich ist. Die Inaugenscheinnahme des Pflegezustandes ist nur mit Einwilligung der Nutzerinnen und Nutzer zulässig. Sofern die Nutzerinnen oder die Nutzer nicht mehr einwilligungsfähig sind, genügt abweichend von den allgemeinen datenschutzrechtlichen Vorschriften die Erteilung der Einwilligung in mündlicher Form durch die Vertreterinnen oder Vertreter der Nutzerinnen oder Nutzer, wenn die Einholung der Einwilligung in schriftlicher Form Zweck oder Durchführbarkeit der unangemeldeten Prüfung vereiteln würde. Mündlich erteilte Einwilligungen dieser Art sind im Rahmen der Prüfungsunterlagen zu dokumentieren.

(8) Die Ergebnisse der Prüfungen werden von den zuständigen Behörden in einem schriftlichen Prüfbericht festgehalten.

(9) Um die Nutzerinnen und Nutzer, ihre Angehörigen und an der Nutzung des Wohn- und Betreuungsangebotes Interessierte zu informieren, werden die wesentlichen Ergebnisse der Regelprüfungen in einem Ergebnisbericht im Internet-Portal der zuständigen Behörde veröffentlicht. Der Ergebnisbericht soll Angaben über die Feststellungen von Mangelfreiheit, geringfügigen Mängeln oder wesentlichen Mängeln zu den Prüfgegenständen Wohnqualität, hauswirtschaftliche Versorgung, Gemeinschaftsleben und Alltagsgestaltung, Information und Beratung, Mitwirkung und Mitbestimmung, personelle Ausstattung, Pflege und Betreuung, freiheitsentziehende Maßnahmen und Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt enthalten. Die Veröffentlichung der Ergebnisberichte wird jeweils zu dem auf den Zeitraum von zwei Jahren folgenden 1. Oktober beendet.

Bei der Veröffentlichung werden auf Antrag der Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter von der zuständigen Behörde überprüfte Selbstdarstellungen der Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter in angemessenem Umfang berücksichtigt. Die sich aus dem Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen ergebenden Rechte bleiben unberührt. Der veröffentlichte Bericht darf keine personenbezogenen Daten enthalten.

(10) Die Veröffentlichung des Ergebnisberichts soll bis zur rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung unterbleiben, wenn im Ergebnisbericht festgestellte Mängel und getroffene Anordnungen mit Rechtsbehelfen angegriffen werden und die Behörde die Veröffentlichung nicht dennoch zur Verwirklichung des Gesetzeszwecks für geboten hält. Die Veröffentlichung hat zu unterbleiben beziehungsweise ist einzustellen, wenn ein Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen die Mängelfeststellung oder die Anordnungen angeordnet hat.

(11) Die zuständigen Behörden müssen die Durchführung der behördlichen Qualitätssicherung durch Personen mit der hierzu erforderlichen Fachkunde und persönlichen Eignung sicherstellen und alle zwei Jahre einen Tätigkeitsbericht über ihre Arbeit erstellen. Dieser Bericht ist zu veröffentlichen und den kommunalen Vertretungsgremien sowie den Aufsichtsbehörden zur Verfügung zu stellen. Absatz 8 Satz 6 gilt entsprechend.

§ 15
Mittel der behördlichen Qualitätssicherung

(1) Wird festgestellt, dass die Anforderungen nach diesem Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes nicht erfüllt werden, soll die zuständige Behörde zunächst über die Möglichkeiten zur Abstellung dieser Mängel beraten. Die Beratung findet auf Wunsch an einem gesonderten Termin statt, wenn die Leistungsanbieterin oder der Leistungsanbieter eine Vertreterin oder einen Vertreter der Vereinigung, der sie oder er angehört, hinzuziehen will.

(2) Werden festgestellte oder drohende Mängel nicht abgestellt, können gegenüber den Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbietern Anordnungen erlassen werden, die zur Beseitigung einer eingetretenen oder Abwendung einer drohenden Beeinträchtigung des Wohls der Nutzerinnen und Nutzer und zur Durchsetzung der den Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbietern obliegenden Pflichten erforderlich sind. Kann auf Grund der festgestellten Mängel die Betreuung weiterer Nutzerinnen und Nutzer nicht sichergestellt werden, kann für einen bestimmten Zeitraum die Aufnahme weiterer Nutzerinnen und Nutzer untersagt werden. Wenn Anordnungen zur Beseitigung der Mängel nicht ausreichen, ist der Betrieb des Wohn- und Betreuungsangebotes zu untersagen.

(3) Der Betrieb eines Wohn- und Betreuungsangebotes kann ferner untersagt werden, wenn die Leistungsanbieterin oder der Leistungsanbieter

1. die Anzeige über die beabsichtigte Aufnahme des Wohn- und Betreuungsangebotes unterlassen oder unvollständige Angaben gemacht hat,

2. Anordnungen zur Mängelbeseitigung nicht innerhalb der gesetzten Frist befolgt oder

3. Personen entgegen einem Beschäftigungsverbot beschäftigt oder gegen § 7 Absatz 1 oder gegen eine nach § 45 Absatz 1 Nummer 2 erlassene Rechtsverordnung verstößt.

(4) Sind in einem Wohn- und Betreuungsangebot mit pflegerischer Betreuung, das der leistungsrechtlichen Qualitätssicherung nach dem Elften Buch des Sozialgesetzbuches unterfällt, Mängel festgestellt worden, die eine gegenwärtige Gefahr für die Nutzerinnen und Nutzer darstellen, so fordert die zuständige Behörde die verantwortlichen Landesverbände der Pflegeversicherungen auf, eine umgehende Durchführung einer Qualitätsprüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung oder den Prüfdienst des Verbandes der Privaten Krankenversicherung e. V. nach den Vorschriften des Elften Buches des Sozialgesetzbuches sicherzustellen. Die Einzelheiten des Verfahrens werden in einer Vereinbarung nach § 44 Absatz 3 geregelt.

(5) Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbietern kann der Einsatz einer oder eines Beschäftigten oder einer anderen im Wohn- und Betreuungsangebot tätigen Person ganz oder für bestimmte Funktionen oder Tätigkeiten untersagt werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie oder er die für ihre oder seine Tätigkeit erforderliche Eignung nicht besitzt.

(6) Stellt die zuständige Behörde fest, dass eine Einrichtungsleitung, eine Pflegedienstleitung oder eine Beschäftigte oder ein Beschäftigter nicht über die erforderliche persönliche oder fachliche Eignung verfügt, so ist sie berechtigt und verpflichtet, allen anderen für die Durchführung dieses Gesetzes sowie die Durchführung der Berufszulassungsverfahren zuständigen Behörden Namen, Geburtsdatum und Anschrift der betreffenden Person mitzuteilen, wenn die fehlende Eignung bereits zu einem Beschäftigungsverbot geführt hat oder ein solches im Fall der Aufnahme einer Beschäftigung unmittelbar rechtfertigen würde. Soweit bekannt wird, dass die betreffende Person beabsichtigt, eine Tätigkeit in einem Wohn- und Betreuungsangebot aufzunehmen, ist die Behörde, die die Feststellung der mangelnden Eignung getroffen hat, berechtigt und verpflichtet, alle personenbezogenen Daten, die Grundlage der Feststellung waren, im erforderlichen Umfang an die nunmehr örtlich zuständige Behörde zu übermitteln. Liegen Gründe für ein Beschäftigungsverbot vor, ist die zuständige Behörde auch berechtigt, insoweit personenbezogene Daten einer Leistungsanbieterin oder einem Leistungsanbieter mitzuteilen, soweit dies zur Begründung eines erneuten Beschäftigungsverbotes erforderlich ist. Die Behörden haben die genannten Daten streng vertraulich zu behandeln und nur für den Dienstgebrauch zu verwenden.

(7) Wirken mehrere Leistungsanbieterinnen oder Leistungsanbieter zur Erbringung eines Angebotes nach diesem Gesetz zusammen, so soll eine behördliche Anordnung gegenüber demjenigen von ihnen erfolgen, der den Mangel zu vertreten hat oder in dessen Verantwortungsbereich die nicht erfüllte Anforderung fällt. Die Anordnung und ihre Vollziehung sind von den anderen beteiligten Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbietern zu dulden.

(8) Anfechtungsklagen gegen Maßnahmen zur Durchführung der behördlichen Qualitätssicherung und gegen Anordnungen haben keine aufschiebende Wirkung.

§ 16
Ombudsperson

Die Kreise und kreisfreien Städte können ehrenamtlich engagierte Personen zu Ombudspersonen bestellen. Bei der Wahl geeigneter Personen können örtlich tätige Organisationen zur Wahrnehmung der Interessen älterer oder pflegebedürftiger Menschen oder von Menschen mit Behinderungen sowie aus Selbsthilfeorganisationen von Menschen unterschiedlicher sexueller Orientierung und geschlechtlicher Identität um Vorschläge gebeten werden. Die Ombudspersonen vermitteln auf Anfrage bei Streitigkeiten zwischen Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbietern und Nutzerinnen und Nutzern beziehungsweise Angehörigen über alle Fragen im Zusammenhang mit der Nutzung der Angebote nach diesem Gesetz. Die Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter sind verpflichtet, die Wahrnehmung der Aufgaben der Ombudspersonen zu ermöglichen und ihnen zu den üblichen Geschäftszeiten den Zutritt zu den gemeinschaftlichen Räumen zu gewähren. Ombudspersonen kann eine Aufwandsentschädigung gezahlt werden.

§ 17
Arbeitsgemeinschaft zur Beratung der Landesregierung

(1) Zur Beratung der Landesregierung wird eine Arbeitsgemeinschaft gebildet. Ihr gehören an:

1. Vertreterinnen und Vertreter

a) der kommunalen Spitzenverbände,

b) der Landschaftsverbände,

c) der Landesverbände der gesetzlichen Pflegeversicherungen und des Verbandes der Privaten Krankenversicherung e. V.,

d) der Medizinischen Dienste der gesetzlichen Krankenversicherung sowie der Prüfdienst des Verbandes der Privaten Krankenversicherung e. V.,

e) der nach diesem Gesetz zuständigen Beratungs- und Prüfbehörden sowie der Bezirksregierungen,

f) der Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege,

g) der Verbände der privaten und kommunalen Anbieter von Betreuungs- und Pflegeleistungen,

h) der Verbände und Institutionen zur Interessenvertretung von Nutzerinnen und Nutzern sowie ihren Angehörigen,

i) der Behindertenverbände,

j) der Verbände der Pflegeberufe und Gewerkschaften,

k) des Hospiz- und Palliativverbandes,

l) der Betreuungsbehörden,

m) der Betreuungsvereine,

n) der Verbraucherzentrale,

o) der Landesseniorenvertretung und des Landesintegrationsrates,

p) der Verbände der freien und genossenschaftlichen Wohnungswirtschaft,

q) des Kuratoriums Deutsche Altershilfe,

r) der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen.

2. die oder der Beauftragte der Landesregierung Nordrhein-Westfalen für Patientinnen und Patienten und

3. die oder der Beauftragte der Landesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen.

(2) Die Arbeitsgemeinschaft berät die Landesregierung bei der Umsetzung und Weiterentwicklung dieses Gesetzes. Sie soll unter anderem beteiligt werden:

1. bei der Erarbeitung von Verfahrensregeln zur Koordination der Prüftätigkeit,

2. bei der inhaltlichen Ausgestaltung der Prüfungen im Rahmen der behördlichen Qualitätssicherung,

3. bei der Erarbeitung von Vorgaben zur Anerkennung von Ausbildungsgängen als gleichwertige Ausbildung zur sozialen Betreuung,

4. vor Erlass von allgemeinen Verwaltungsvorschriften durch die oberste Landesbehörde.

(3) Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft werden auf Vorschlag der betreffenden Verbände durch das zuständige Ministerium berufen; dieses führt den Vorsitz und die Geschäfte. Das Ministerium kann weitere Sachverständige hinzuziehen. Eine geschlechtsparitätische Besetzung der Arbeitsgemeinschaft ist anzustreben. Die Arbeitsgemeinschaft tagt mindestens zweimal jährlich.

(4) Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft tragen die ihnen durch die Zusammenarbeit entstehenden Kosten grundsätzlich selbst. Mitgliedern, die in keinem Beschäftigungsverhältnis zu ihren Verbänden stehen und auch sonst keine Vergütung erhalten, können die notwendigen Fahrtkosten in entsprechender Anwendung der jeweils geltenden Fassung des Ausschussmitglieder-Entschädigungsgesetzes vom 13. Mai 1958 (GV. NRW. S. 193), zuletzt geändert durch Gesetz vom 9. Dezember 2008 (GV. NRW. S. 771), erstattet werden.

Teil 2
Besonderer Teil

Kapitel 1
Einrichtungen mit umfassendem Leistungsangebot

§ 18
Begriffsbestimmung

Einrichtungen mit umfassendem Leistungsangebot sind Einrichtungen,

1. die den Zweck haben ältere oder pflegebedürftige Menschen oder Menschen mit Behinderungen aufzunehmen, ihnen Wohnraum zu überlassen sowie ihnen Betreuungsleistungen und umfassende Leistungen der hauswirtschaftlichen Versorgung zur Verfügung zu stellen,

2. die in ihrem Bestand vom Wechsel der Nutzerinnen und Nutzer unabhängig sind und

3. die entgeltlich betrieben werden.

Eine Einrichtung ist eine organisatorisch selbständige Einheit mit einer einheitlichen Leitungsstruktur und einer einheitlichen Personaleinsatzplanung. Es ist unerheblich, ob die Leistungen Gegenstand verschiedener Verträge sind oder von mehreren Leistungsanbieterinnen oder Leistungsanbietern erbracht werden.

§ 19
Grundsätzliche Anforderungen

(1) Die Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter müssen

1. die haus-, zahn- und fachärztliche sowie die gesundheitliche Betreuung der Nutzerinnen und Nutzer organisieren und die Wahrnehmung von hierzu erforderlichen auswärtigen Terminen unterstützen und fördern,

2. gewährleisten, dass Pflegeplanungen, Förder- und Hilfepläne aufgestellt, umgesetzt und ihre Umsetzung aufgezeichnet werden,

3. sicherstellen, dass die Arzneimittel nutzerbezogen und ordnungsgemäß aufbewahrt, die in der Betreuung tätigen Beschäftigten mindestens alle zwei Jahre über den sachgerechten Umgang mit Arzneimitteln beraten und Qualitätsinstrumente implementiert werden, um Über-, Unter- oder Fehlversorgung vorbehaltlich der ärztlichen Anordnungsbefugnis zu vermeiden,

4. die soziale Betreuung sowie die hauswirtschaftliche Versorgung sicherstellen und

5. Maßnahmen zur Gewaltprävention durchführen und die Beschäftigten zur Vermeidung von Gewalt durch ihr Verhalten und Handeln schulen.

Sie müssen zudem nach einer fachlichen Konzeption handeln, die gewährleistet, dass die Vorgaben der Nummern 1 bis 5 umgesetzt werden.

(2) Besuche dürfen von den Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbietern oder der Einrichtungsleitung ganz oder teilweise nur untersagt werden, wenn dies unerlässlich ist, um eine unzumutbare Beeinträchtigung der Interessen von Nutzerinnen und Nutzern oder des Betriebes der Einrichtung abzuwenden. Das gleiche gilt, wenn mit der Nutzung eines Angebots nach § 18 ein besonderer therapeutischer Zweck verfolgt wird und dieser durch mögliche Besuche gefährdet würde. Besuchsuntersagungen und -einschränkungen sind unverzüglich gegenüber der Nutzerin oder dem Nutzer sowie betroffenen Besucherinnen oder Besuchern schriftlich zu begründen und der zuständigen Behörde anzuzeigen.

(3) Wirken mehrere Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter zusammen, so trägt jeder die Gesamtverantwortung für die Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen.

§ 20
Anforderungen an die Wohnqualität

(1) Die Gestaltung der Wohn- und Gemeinschaftsräume muss sich insbesondere im Hinblick auf Wohnlichkeit, Raumangebot, Sicherheit, Möglichkeiten der Orientierung und das Recht auf Privatsphäre an den Bedürfnissen von älteren Menschen, Menschen mit Behinderung und pflegebedürftigen Menschen auf gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe ausrichten und soll ein an den Maßstäben des Alltags eines häuslichen Lebens orientiertes Zusammenleben in kleinen Gruppen erlauben und fördern.

(2) Einrichtungen sollen nicht mehr als 80 Plätze umfassen. Leistungsrechtliche Vereinbarungen, die geringere Platzzahlen vorschreiben, bleiben unberührt.

(3) Den Nutzerinnen und Nutzern ist auf Wunsch bei Verfügbarkeit ein Einzelzimmer zur Verfügung zu stellen. Um dies zu gewährleisten, muss der Anteil der Einzelzimmer bei mindestens 80 vom Hundert innerhalb eines Gebäudes oder eines räumlich verbundenen Gebäudekomplexes liegen. In neu errichteten Einrichtungen sind nur Einzelzimmer zulässig, wobei Personen, die in einer Partnerschaft leben, auf Wunsch die Zusammenlegung von zwei Zimmern zu einer Nutzungseinheit ermöglicht werden kann. Zur Sicherstellung des Rechts auf Privatsphäre müssen Sanitärräume in ausreichender Zahl in Form von Einzel- oder Tandembädern vorhanden sein. Der Zugang zu den Sanitärräumen soll unmittelbar aus den Einzel- oder Doppelzimmern der Nutzerinnen und Nutzer möglich sein.

(4) Zimmer für mehr als zwei Nutzerinnen und Nutzer sind unzulässig.

(5) Über die Gestaltung der Individualbereiche entscheiden die Nutzerinnen und Nutzer im Rahmen des gesetzlich Zulässigen selbst. Eine gegen ihren Willen getätigte Veränderung ist nur zulässig, wenn diese auch nach zivilrechtlichen Vorschriften zu dulden wäre. Die Nutzerinnen und Nutzer haben ein Mitspracherecht, soweit es um die Belegung eines Zweibettzimmers mit einer anderen Nutzerin oder einem anderen Nutzer geht.

§ 21
Personelle Anforderungen

(1) Die Einrichtung muss unter der Leitung einer persönlich und fachlich ausreichend qualifizierten Person stehen (Einrichtungsleitung). Diese muss zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergänzend zu den Qualifikationserfordernissen des § 4 Absatz 9 sowohl über grundlegende betriebs- und personalwirtschaftlichen Kenntnisse sowie angebotsbezogen auch über grundlegende pflege- oder betreuungsfachlichen Kompetenzen verfügen. Sie soll in der Regel eine mindestens zweijährige Leitungserfahrung nachweisen können. Einrichtungen, die vornehmlich auf die Erbringung von Pflegeleistungen ausgerichtet sind, müssen außerdem über eine verantwortliche Pflegefachkraft (Pflegedienstleitung) verfügen.

(2) Die Leistungsanbieterin oder der Leistungsanbieter und die Einrichtungsleitung haben sicherzustellen, dass die Gesamtzahl der Beschäftigten und ihre Qualifikation ausreichen, um den Pflege- beziehungsweise Betreuungsbedarf der Nutzerinnen und Nutzer zu erfüllen. Dies wird vermutet, wenn mindestens das Personal eingesetzt wird, das nach Zahl und Qualifikation der Beschäftigten in Verträgen nach dem Fünften, Elften oder Zwölften Buch des Sozialgesetzbuches vereinbart ist. Jeweils mindestens die Hälfte der mit sozialen beziehungsweise pflegerischen betreuenden Tätigkeiten beauftragten Beschäftigten müssen Fachkräfte sein. Die Berechnung erfolgt anhand der Vollzeitäquivalente und, soweit vorhanden, auf der Grundlage der in den Vereinbarungen nach Satz 2 festgesetzten Personalmengen. Sofern über diese Vereinbarungen hinaus Personal eingesetzt wird, ist gesondert darzulegen, wie die fachliche Anleitung, Beratung und Aufsicht der durch dieses Personal ausgeübten Tätigkeiten gewährleistet wird; im Übrigen bleibt dieses zusätzliche Personal bei der Berechnung der Fachkraftquote außer Betracht.

(3) Zusätzlich muss mindestens eine Hauswirtschaftsfachkraft vorhanden sein. Darüber hinaus muss jederzeit, auch nachts und an Wochenenden, mindestens eine zur Leistung des konkreten Betreuungsbedarfes der Nutzerinnen und Nutzer geeignete Fachkraft anwesend sein. Die zuständige Behörde kann bei entsprechendem Bedarf höhere Anforderungen festlegen.

§ 22
Mitwirkung und Mitbestimmung der Nutzerinnen und Nutzer

(1) Die Nutzerinnen und Nutzer vertreten ihre Interessen im Rahmen von Mitwirkung und Mitbestimmung. Hierzu wird in jeder Einrichtung ein Beirat der Nutzerinnen und Nutzer gewählt. Ein Beirat kann für einen Teil einer Einrichtung, aber auch für mehrere Einrichtungen zusammen gebildet werden, wenn dadurch die Mitwirkung und Mitbestimmung der Nutzerinnen und Nutzer besser gewährleistet wird.

(2) Der Beirat vertritt die Interessen der Nutzerinnen und Nutzer ohne Unterscheidung nach sexueller Orientierung und geschlechtlicher Identität, Herkunft, religiöser Weltanschauung oder anderen persönlichen Merkmalen. Seiner Mitwirkung unterliegen Fragen der Unterkunft, Betreuung und der Aufenthaltsbedingungen. Der Mitbestimmung unterliegen die Grundsätze der Verpflegungsplanung, die Freizeitgestaltung und die Hausordnung in der Einrichtung.

(3) Wahlberechtigt bei den Wahlen zum Beirat sind Personen, die am Wahltag in der Einrichtung wohnen, ohne Beschäftigte, Leistungsanbieterin oder Leistungsanbieter zu sein (Wahlberechtigte). Neben den Wahlberechtigten dürfen auch Angehörige und sonstige Vertrauenspersonen, etwa Mitglieder von örtlichen Seniorenvertretungen oder Behindertenorganisationen, zu Mitgliedern eines Beirates gewählt werden. Nicht gewählt werden kann, wer mit der Leistungsanbieterin oder dem Leistungsanbieter, mit denjenigen, die die Einrichtung auf sozialrechtlicher Grundlage finanzieren, oder mit einer für die Prüfung der Einrichtung zuständigen Behörde in einem entgeltlichen Beschäftigungsverhältnis steht oder mit einer dort in verantwortlicher Funktion tätigen Person verwandt oder verschwägert ist.

(4) Der Beirat soll mindestens einmal im Jahr die Nutzerinnen und Nutzer zu einer Versammlung einladen, zu der jede Nutzerin oder jeder Nutzer eine andere Person beiziehen kann. Im Rahmen der Versammlung erstattet der Beirat Bericht über seine Tätigkeit. Auf Verlangen des Beirats muss auch die Einrichtungsleitung an der gesamten Sitzung teilnehmen und auf einzelne Fragen der Nutzerinnen und Nutzer Antwort geben.

(5) Auf Wunsch des Beirates soll in der Einrichtung neben dem Beirat ein Beratungsgremium gebildet werden, das den Beirat bei seinen Aufgaben unterstützt und dem Vertreterinnen und Vertreter sowie sonstige Vertrauenspersonen der Nutzerinnen und Nutzer angehören können. Absatz 1 Satz 3 und Absatz 3 Satz 3 gelten entsprechend. Das Beratungsgremium berät die Einrichtungsleitung und den Beirat bei ihrer Arbeit und unterstützt sie durch Vorschläge und Stellungnahmen. Die Senioren- und Behindertenvertretungen können ebenfalls beraten.

(6) Die zuständige Behörde fördert die Unterrichtung der Nutzerinnen und Nutzer und ihrer gemeinschaftlichen Interessensvertretungen über die Wahl, die Zusammensetzung und die Befugnisse der Interessensvertretung. Sie kann in Einzelfällen auf Antrag der Mehrheit der Nutzerinnen und Nutzer einer Einrichtung Abweichungen von den Bestimmungen zur Mitwirkung, insbesondere zur Zahl der Mitglieder eines Beirates und zum Wahlverfahren zulassen, wenn dadurch eine wirksame Interessenvertretung im Sinne dieses Gesetzes unterstützt wird. Vor der Entscheidung der Behörde ist die Leistungsanbieterin oder der Leistungsanbieter zu hören.

(7) Kann ein Beirat nicht gebildet werden, werden seine Aufgaben durch ein Vertretungsgremium aus Angehörigen oder Vertreterinnen und Vertreter wahrgenommen. Gibt es kein Vertretungsgremium, das die Interessen der Nutzerinnen und Nutzer wie ein Beirat wahrnehmen kann, bestellt die zuständige Behörde nach Beratung mit den Nutzerinnen und Nutzern mindestens eine Vertrauensperson. In Einrichtungen, die von rechtsfähigen Religionsgemeinschaften betrieben werden, ist hierbei zusätzlich das Einvernehmen mit der Leistungsanbieterin oder dem Leistungsanbieter herzustellen.

(8) Die Tätigkeit als Beiratsmitglied, als Mitglied des Beratungs- oder Vertrauensgremiums oder als Vertrauensperson ist unentgeltlich und ehrenamtlich. Keine Nutzerin oder kein Nutzer darf auf Grund ihrer oder seiner Tätigkeit oder der Tätigkeit eines Angehörigen oder einer Vertrauensperson im Beirat, im Vertretungsgremium oder im Beratungsgremium Vorteile oder Nachteile haben.

(9) Die Leistungsanbieterin oder der Leistungsanbieter stellt dem Beirat unentgeltlich Räume zur Verfügung und trägt die angemessenen Kosten für den Beirat. Hierzu gehören auch die Kosten für die Teilnahme an Schulungsveranstaltungen für den Beirat.

(10) Die Leistungsanbieterin oder der Leistungsanbieter hat den Mitgliedern der genannten Gremien und der Vertrauensperson Zutritt zur Einrichtung zu gewähren.

Auf Verlangen ist einer Vertretung der genannten Gremien und der Vertrauensperson Gelegenheit zu geben, die jeweiligen Standpunkte in den Gremien der Leistungsanbieterin oder des Leistungsanbieters darzulegen.

§ 23
Behördliche Qualitätssicherung

(1) Die Erfüllung der Pflichten der Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter werden von den zuständigen Behörden durch Regelprüfungen und anlassbezogene Prüfungen überwacht. Die Prüfungen finden unangemeldet statt.

(2) Die zuständige Behörde nimmt bei jeder Einrichtung mindestens eine Regelprüfung im Jahr vor. Abweichend von Satz 1 können Regelprüfungen in größeren Abständen bis zu höchstens zwei Jahren stattfinden, wenn bei der letzten Prüfung durch die zuständige Behörde keine Mängel festgestellt wurden, zu deren Beseitigung eine Anordnung erforderlich wurde (wesentliche Mängel).

(3) Hat die zuständige Behörde die Beschäftigung einer Einrichtungsleitung gemäß § 15 Absatz 5 verboten und hat die Leistungsanbieterin oder der Leistungsanbieter keine neue geeignete Einrichtungsleitung eingesetzt, kann die zuständige Behörde, um die Betreuung in dem Wohn- und Betreuungsangebot aufrechtzuerhalten, auf Kosten der Leistungsanbieterin oder des Leistungsanbieters eine kommissarische Einrichtungsleitung für eine begrenzte Zeit einsetzen. Die kommissarische Einrichtungsleitung übernimmt die Rechte und Pflichten der bisherigen Einrichtungsleitung, bis die Leistungsanbieterin oder der Leistungsanbieter mit Zustimmung der zuständigen Behörde eine geeignete Einrichtungsleitung bestimmt hat.

Kapitel 2
Wohngemeinschaften mit Betreuungsleistungen

§ 24
Begriffsbestimmung

(1) Wohngemeinschaften mit Betreuungsleistungen sind Wohn- und Betreuungsangebote, in denen mehrere ältere oder pflegebedürftige Menschen oder Menschen mit Behinderungen in einer Wohnung mit einem gemeinsamen Hausstand leben und ihnen von einem oder mehreren Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbietern Betreuungsleistungen angeboten werden. Dies gilt nicht für Personen, die in einer Partnerschaft leben oder verwandt sind und in einem gemeinsamen Haushalt leben. Wohngemeinschaften mit Betreuungsleistungen können selbstverantwortet oder anbieterverantwortet sein.

(2) Eine Wohngemeinschaft ist selbstverantwortet, wenn

1. die Ansprüche auf Wohnraumüberlassung und Betreuungsleistungen rechtlich voneinander unabhängig sind und

2. die Nutzerinnen und Nutzer oder ihre Vertreterinnen und Vertreter mindestens

a) bei der Wahl und dem Wechsel der Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter frei sind,

b) das Hausrecht ausüben,

c) die Gemeinschaftsräume selbst gestalten,

d) die gemeinschaftlichen Finanzmittel selbst verwalten und

e) die Lebens- und Haushaltsführung sowie das Alltagsleben selbstbestimmt gemeinschaftlich gestalten.

Zudem dürfen neue Nutzerinnen und Nutzer unbeschadet der zivilrechtlichen Befugnisse der Vermieterin oder des Vermieters nicht gegen den Willen der bereits in der Wohngemeinschaft lebenden Nutzerinnen und Nutzer aufgenommen werden. Entscheidungen, die die Nutzerinnen und Nutzer oder ihre rechtlichen Vertreterinnen und Vertreter mehrheitlich treffen, schließen die Annahme einer selbstverantworteten Wohngemeinschaft nicht aus.

Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter dürfen aber auf einzelne oder gemeinschaftliche Entscheidungen keinen bestimmenden Einfluss haben. Sofern Leistungsanbieterinnen oder Leistungsanbieter bei der Gründung einer Wohngemeinschaft bestimmend mitwirken, ist eine selbstverantwortete Wohngemeinschaft nur dann gegeben, wenn nach Abschluss der Gründungsphase die unter Nummern 1 und 2 genannten Voraussetzungen vorliegen.

(3) Eine Wohngemeinschaft ist anbieterverantwortet

1. bei fehlender rechtlicher Unabhängigkeit von Wohnraumüberlassung und Betreuungsleistungen im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 oder

2. wenn die Kriterien der Selbstverantwortung nach Absatz 2 Nummer 2 nicht erfüllt sind.

§ 25
Selbstverantwortete Wohngemeinschaften

(1) Selbstverantwortete Wohngemeinschaften sind vorbehaltlich anderer gesetzlicher Regelungen frei in der Gestaltung des Zusammenlebens, der Auswahl und der Gestaltung der Räumlichkeiten für die Wohngemeinschaft und der Organisation der Betreuung. Sie unterfallen nicht den Anforderungen nach diesem Gesetz oder den aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen.

(2) Für Angebote ambulanter Dienste, die in selbstverantworteten Wohngemeinschaften tätig werden, gelten die Anforderungen nach Teil 2 Kapitel 4.

§ 26
Grundsätzliche Anforderungen an anbieterverantwortete Wohngemeinschaften

(1) Wohngemeinschaften sollen in den Sozialraum integriert werden, um eine umfassende Teilhabe der Nutzerinnen und Nutzer am Leben in der örtlichen Gemeinschaft zu ermöglichen.

(2) Wirken mehrere Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter im Rahmen einer Wohngemeinschaft zusammen, so haben sie schriftlich festzuhalten, wer die Verantwortung und Abstimmung für welche Unterstützungsleistungen und Abläufe in der Wohngemeinschaft übernimmt. Die Regelung muss den Nutzerinnen und Nutzern oder Vertreterinnen und Vertretern bekannt sein. Erbringt eine Leistungsanbieterin oder ein Leistungsanbieter in der Wohngemeinschaft lediglich einzelvertraglich vereinbarte Leistungen für einzelne Nutzerinnen und Nutzer, so sollen diese sich mit den für die Wohngemeinschaft verantwortlichen Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbietern abstimmen.

(3) Im Rahmen der Regelung nach Absatz 2 ist insbesondere festzulegen, dass und durch wen

1. die haus-, zahn- und fachärztliche sowie die gesundheitliche Betreuung der Nutzerinnen und Nutzer organisiert und die Wahrnehmung von hierzu erforderlichen auswärtigen Terminen unterstützt und gefördert werden,

2. die Aufstellung und Umsetzung von Pflegeplanungen, Förder- und Hilfeplänen gewährleistet werden,

3. die nutzerbezogene und ordnungsgemäße Aufbewahrung der Arzneimittel und die regelmäßige Beratung der in der Betreuung tätigen Beschäftigten über den sachgerechten Umgang mit Arzneimitteln sichergestellt werden sowie die Implementierung von Qualitätsinstrumenten erfolgt, um vorbehaltlich der ärztlichen Anordnungsbefugnis Über-, Unter- oder Fehlversorgung zu vermeiden und

4. die soziale Betreuung sichergestellt wird. Gleiches gilt für die hauswirtschaftliche Versorgung, sofern die Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter sich zu deren Übernahme vertraglich verpflichtet haben.

Auf Wunsch der Nutzerinnen und Nutzer können diese die Regelungen nach Satz 1 Nummern 1, 3 und 4 auch eigenverantwortlich treffen.

(4) Wird das Angebot insgesamt nur von einer Leistungsanbieterin oder einem Leistungsanbieter alleine erbracht, müssen sich die Festlegungen nach Absatz 3 aus einer den Nutzerinnen und Nutzern bekannten schriftlichen Konzeption erkennen lassen.

(5) Besuche dürfen von den Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbietern ganz oder teilweise nur untersagt werden, wenn dies unerlässlich ist, um eine unzumutbare Beeinträchtigung der Interessen von Nutzerinnen und Nutzern abzuwenden, und mietrechtliche Regelungen nicht entgegenstehen. Das gleiche gilt, wenn mit der Nutzung eines Angebots nach § 24 Absatz 3 ein besonderer therapeutischer Zweck verfolgt wird und dieser durch mögliche Besuche gefährdet würde. Besuchsuntersagungen und -einschränkungen sind gegenüber der Nutzerin oder dem Nutzer sowie betroffenen Besucherinnen oder Besuchern schriftlich zu begründen und der zuständigen Behörde anzuzeigen.

(6) Für Wohngemeinschaften mit Wohnraum für mehr als zwölf Nutzerinnen und Nutzer gelten insgesamt die Regelungen für Einrichtungen mit umfassendem Leistungsangebot (§§ 18 bis 23) entsprechend. Das Gleiche gilt, wenn eine Leistungsanbieterin oder ein Leistungsanbieter in einem Gebäude Wohnraum für mehr als 24 Nutzerinnen und Nutzer in Wohngemeinschaften bereitstellt.

§ 27
Anforderungen an die Wohnqualität

(1) In den Wohngemeinschaften sind nur Einzelzimmer zulässig. Auf Wunsch kann Personen, die miteinander in einer Partnerschaft leben, die Zusammenlegung von zwei Zimmern zu einer Nutzungseinheit ermöglicht werden.

(2) Größe, Anzahl und Gestaltung der Räume haben eine Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben aus anderen Rechtsnormen sicherzustellen und sowohl dem Recht auf Privatsphäre als auch den Erfordernissen einer funktionierenden Hausgemeinschaft zu entsprechen.

(3) Über die Gestaltung der Individualbereiche entscheiden die Nutzerinnen und Nutzer im Rahmen des gesetzlich Zulässigen selbst. Eine gegen ihren Willen vorgenommene Veränderung ist nur zulässig, wenn diese auch nach zivilrechtlichen Vorschriften zu dulden wäre oder aus Gründen der Betreuung oder medizinischen Versorgung zwingend erforderlich ist.

§ 28
Personelle Anforderungen

(1) Die Betreuung in der Wohngemeinschaft muss unter der Verantwortung einer fachlich und persönlich geeigneten Fachkraft stehen (verantwortliche Fachkraft).

(2) Sofern es der Betreuungsbedarf mindestens einer Nutzerin oder eines Nutzers erfordert, kann die zuständige Behörde die ständige Anwesenheit einer Fachkraft oder einer anderen geeigneten Betreuungskraft anordnen. Erfordert der konkrete Betreuungsbedarf der Nutzerinnen und Nutzer nicht die ständige Anwesenheit einer Fachkraft, ist durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass im Bedarfsfall in angemessener Zeit eine zur Leistung des konkreten Betreuungsbedarfes geeignete Fachkraft zur Verfügung steht.

(3) Soweit sich die Leistungsanbieterinnen oder Leistungsanbieter zur Erbringung hauswirtschaftlicher Leistungen verpflichtet haben, muss diese Leistungserbringung unter Beteiligung einer Hauswirtschaftsfachkraft erfolgen. Hierzu genügt deren verantwortliche Einbindung in die Konzeption und Überwachung der hauswirtschaftlichen Leistungserbringung.

§ 29
Mitwirkung und Mitbestimmung der Nutzerinnen und Nutzer

(1) Die Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte insbesondere in Fragen der Unterkunft, Betreuung, Aufenthaltsbedingungen, Ordnung des Zusammenlebens, Verpflegung und Freizeitgestaltung werden durch eine mindestens jährlich stattfindende Versammlung aller Nutzerinnen und Nutzer wahrgenommen. Soweit diese Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte durch die Vertreterinnen und Vertreter wahrgenommen werden, ist diesen Personen Zutritt zu den gemeinschaftlich genutzten Räumen der Wohngemeinschaft zu gewähren.

(2) Der Mitwirkung unterliegen alle für das Leben in der Wohngemeinschaft wesentlichen Entscheidungen. Der Mitbestimmung unterliegen die Grundsätze der Verpflegungsplanung sowie der Unterkunft und Betreuung, die Freizeitgestaltung und die Hausordnung in der Wohngemeinschaft.

§ 30
Behördliche Qualitätssicherung

(1) In selbstverantworteten Wohngemeinschaften prüft die zuständige Behörde bei Bekanntwerden der Wohngemeinschaft und in regelmäßigen Abständen das Vorliegen der Voraussetzungen des § 24 Absatz 2. Dabei ist die Selbsteinschätzung der Nutzerinnen und Nutzer vorrangig zu berücksichtigen. Im Übrigen bezieht sich die behördliche Qualitätssicherung nur auf die in der Wohngemeinschaft erbrachten Leistungen ambulanter Dienste nach § 33.

(2) In anbieterverantworteten Wohngemeinschaften wird die Erfüllung der Pflichten der Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter von den zuständigen Behörden durch Regelprüfungen und anlassbezogene Prüfungen überwacht.

(3) Die zuständige Behörde nimmt bei jeder anbieterverantworteten Wohngemeinschaft mindestens eine Regelprüfung im Jahr vor. Abweichend von Satz 1 können Regelprüfungen in größeren Abständen bis zu höchstens zwei Jahren stattfinden, wenn bei der letzten Prüfung durch die zuständige Behörde keine wesentlichen Mängel festgestellt wurden.

Kapitel 3
Servicewohnen

§ 31
Begriffsbestimmung

Angebote des Servicewohnens sind Angebote, in denen die Überlassung einer Wohnung rechtlich verpflichtend mit der Zahlung eines Entgelts für allgemeine Unterstützungsleistungen wie Leistungen der hauswirtschaftlichen Versorgung, die Vermittlung von Betreuungsleistungen oder Notrufdienste (Grundleistungen) verbunden ist, die über die Grundleistungen hinausgehenden Leistungen von den Nutzerinnen und Nutzern hinsichtlich des Umfangs und der Person der Leistungsanbieterin oder des Leistungsanbieters aber frei wählbar sind.

§ 32
Anforderungen und Qualitätssicherung

(1) Angebote des Servicewohnens unterfallen mit Ausnahme der Anzeigepflicht nach § 9 Absatz 1 Satz 1 nicht den Anforderungen nach diesem Gesetz oder aufgrund dieses Gesetzes.

(2) Die zuständigen Behörden können an Stelle der nach dem Ordnungsbehördengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 1980 (GV. NRW. S. 528) zuständigen örtlichen Ordnungsbehörde die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Falle bestehende Gefahr für eine Nutzerin oder einen Nutzer abzuwehren.

Kapitel 4
Ambulante Dienste

§ 33
Begriffsbestimmung

Ambulante Dienste sind mobile Pflege- und Betreuungsdienste, die entgeltlich Betreuungsleistungen im Sinne dieses Gesetzes erbringen.

§ 34
Grundsätzliche Anforderungen

Die Regelungen des Kapitels 2 des Allgemeinen Teils dieses Gesetzes gelten für ambulante Dienste nur insoweit, als sie ihre Leistungen in Angeboten nach § 24 Absatz 1 erbringen. Die Anzeigepflicht nach § 9 gilt für alle ambulanten Dienste.

§ 35
Behördliche Qualitätssicherung

(1) Soweit ambulante Dienste ihre Leistungen in Angeboten nach § 24 Absatz 2 erbringen, wird die Erfüllung der Pflichten der Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter von den zuständigen Behörden durch anlassbezogene Prüfungen überwacht. Vor einer Prüfung durch die zuständige Behörde hat diese die Landesverbände der Pflegekassen, den Verband der privaten Krankenversicherungen, den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung oder den Prüfdienst des Verbandes der privaten Krankenversicherung e.V. zu informieren und ihm Gelegenheit zur vorrangigen Prüfung zu geben, soweit die Leistungserbringung in deren gesetzlichen Zuständigkeitsbereich fällt. Eine eigene Prüfung durch die zuständige Behörde erfolgt in diesen Fällen nur, sofern eine umgehende eigene Prüfung wegen einer akuten Gefahr für die Nutzerinnen und Nutzer ausnahmsweise geboten ist, die Prüfung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung oder des Prüfdienstes des Verbandes der privaten Krankenversicherung e.V. nicht zeitnah erfolgt oder keine hinreichende Entscheidungsgrundlage erbringt. Soweit ein anlassbezogenes Prüfergebnis des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung oder des Prüfdienstes des Verbandes der privaten Krankenversicherung e.V. vorliegt, ist dieses den weiteren Entscheidungen der zuständigen Behörde zugrunde zulegen.

(2) Werden die Leistungen in Angeboten nach § 24 Absatz 3 erbracht, erfolgt die behördliche Qualitätssicherung im Rahmen der Prüfungen nach § 30 Absatz 2 und 3.

(3) Soweit ambulante Dienste ihre Leistungen außerhalb der Angebote nach § 24 erbringen, können die zuständigen Behörden an Stelle der nach dem Ordnungsbehördengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 1980 (GV. NRW. 528) zuständigen örtlichen Ordnungsbehörde die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Falle bestehende Gefahr für eine Nutzerin oder einen Nutzer abzuwehren.

Kapitel 5
Gasteinrichtungen

§ 36
Begriffsbestimmung

Gasteinrichtungen sind entgeltlich betriebene Einrichtungen, die dem Zweck dienen, ältere oder pflegebedürftige Menschen oder Menschen mit Behinderungen nur vorübergehend aufzunehmen und ihnen Betreuungsleistungen anzubieten. Gasteinrichtungen sind Hospize, Einrichtungen der Tages- und Nachtpflege sowie Kurzzeitpflegeeinrichtungen.

§ 37
Grundsätzliche Anforderungen

Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter in Gasteinrichtungen haben eine an der entsprechenden Zielgruppe orientierte personelle, bauliche und sonstige Ausstattung vorzuhalten. Unter Beachtung dieses Grundsatzes richten sich die Anforderungen an Einrichtungen der Tages- und Nachtpflege nach den Regelungen des Teils 1 Kapitel 2 und an Hospize und Kurzzeiteinrichtungen zusätzlich nach Teil 2 Kapitel 1 dieses Gesetzes, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist.

§ 38
Anforderungen an die Wohnqualität

(1) In Hospizen sind nur Einzelzimmer zulässig.

(2) In Hospizen müssen Grundriss, Gebäudeausstattung und räumliche Gestaltung geeignet sein, um eine palliativ-medizinische und palliativ-pflegerische Versorgung sowie eine psychosoziale und spirituelle Betreuung zu gewährleisten und den besonderen Bedürfnissen schwer kranker, sterbender Menschen angemessen Rechnung zu tragen.

(3) Die Räumlichkeiten in Einrichtungen der Tages- und Nachtpflege müssen sich insbesondere im Hinblick auf Wohnlichkeit, Raumangebot, Sicherheit, Möglichkeiten der Orientierung und Rückzugsmöglichkeiten (Recht auf Privatsphäre) an den Bedürfnissen von älteren Menschen, Menschen mit Behinderung und pflegebedürftigen Menschen ausrichten.

§ 39
Personelle Anforderungen

Bei der fachlichen Eignung der Beschäftigten in Hospizen sind die für die Palliativversorgung erforderliche Kenntnisse besonders zu berücksichtigen.

§ 40
Mitwirkung und Mitbestimmung der Nutzerinnen und Nutzer

Für Gasteinrichtungen bestellt die zuständige Behörde eine Vertrauensperson. In Einrichtungen, die von rechtsfähigen Religionsgemeinschaften betrieben werden, ist hierbei das Einvernehmen mit der Leistungsanbieterin oder dem Leistungsanbieter herzustellen. Die Vertrauensperson vertritt die Interessen der Nutzerinnen und Nutzer in Angelegenheiten wie Unterkunft, Betreuung, Aufenthaltsbedingungen, Ordnung des Zusammenlebens, Verpflegung und Freizeitgestaltung im Rahmen von Mitwirkung und Mitbestimmung und setzt sich für ein Miteinander in der Einrichtung ein.

§ 41
Qualitätssicherung

Die Erfüllung der Pflichten der Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter in Gasteinrichtungen werden von den zuständigen Behörden anlassbezogen sowie regelmäßig im Abstand von höchstens drei Jahren geprüft.

Teil 3
Ordnungswidrigkeit, Zuständigkeit, Zusammenarbeit,
Verordnungsermächtigung

§ 42
Ordnungswidrigkeiten

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1. entgegen §§ 7 Absatz 3 Satz 5, 9 Absatz 1, 3 oder 4 , 19 Absatz 2 Halbsatz 2 oder 26 Absatz 5 Satz 2 eine Anzeige nicht oder nicht rechtzeitig erstattet,

2. entgegen § 14 Absatz 2 Satz 3 eine Auskunft nicht oder nicht rechtzeitig erteilt,

3. einer vollziehbaren Anordnung nach § 15 Absatz 2 Satz 1, 2 oder 3 oder Absatz 3 Nummer 1, 2 oder 3 zuwiderhandelt,

4. als Leistungsanbieterin oder Leistungsanbieter entgegen § 14 Absatz 4 Satz 2 oder Absatz 5 Satz 2 eine Maßnahme nicht duldet,

5. entgegen § 7 Absatz 1 sich Geld- oder geldwerte Leistungen versprechen oder gewähren lässt,

6. entgegen § 22 Absatz 8 Satz 2 Nutzerinnen und Nutzer wegen ihrer Tätigkeit im Beirat oder wegen der Tätigkeit eines Angehörigen oder einer rechtlichen Vertreterin oder eines rechtlichen Vertreters im Beirat, im Vertretungsgremium oder im Beratungsgremium benachteiligt oder begünstigt,

7. es als Leiterin oder Leiter einer Einrichtung oder als verantwortliche Fachkraft einer anbieterverantworteten Wohngemeinschaft zulässt, dass einer Nutzerin oder einem Nutzer ohne rechtfertigenden Grund die Freiheit entzogen wird,

8. einer Rechtsverordnung nach § 45 Absatz 1 oder Absatz 2 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu zwanzigtausend Euro geahndet werden.

§ 43
Zuständigkeit

(1) Sachlich zuständig für die Durchführung dieses Gesetzes und die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten sind die Kreise und kreisfreien Städte als Beratungs- und Prüfbehörden. Sie nehmen diese Aufgabe als Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung wahr. Bei Gefahr im Verzug können sie an Stelle der örtlichen Ordnungsbehörde die Befugnisse nach dem Ordnungsbehördengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 1980 (GV. NRW. S. 528) wahrnehmen.

(2) Örtlich zuständig ist die Beratungs- und Prüfbehörde, in deren Bezirk das Leistungsangebot nach diesem Gesetz erbracht wird.

(3) Aufsichtsbehörden über die Kreise und kreisfreien Städte sind die Bezirksregierungen. Diese stellen insbesondere sicher, dass es bei zuständigen Behörden, die zugleich rechtlich oder wirtschaftlich an Leistungsbieterinnen oder Leistungsanbietern von Angeboten nach diesem Gesetz beteiligt sind, nicht zu Interessenkollisionen kommt.

(4) Oberste Aufsichtsbehörde ist das zuständige Ministerium.

(5) Die Aufsichtsbehörden können sich jederzeit über die Aufgabenwahrnehmung durch die Kreise und kreisfreien Städte unterrichten. Sie können allgemeine oder besondere Weisungen erteilen, um die rechtmäßige Erfüllung der Aufgaben zu sichern.

(6) Zur zweckmäßigen Erfüllung der Aufgaben dürfen die Aufsichtsbehörden

1. allgemeine Weisungen erteilen, um die gleichmäßige Durchführung der Aufgaben zu sichern,

2. besondere Weisungen erteilen, wenn dies im Einzelfall zur Sicherung des Zwecks dieses Gesetzes geboten erscheint.

§ 44
Zusammenarbeit der Behörden

(1) Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben und zur Weiterentwicklung einer angemessenen Betreuungsqualität sind die nach diesem Gesetz zuständigen Behörden, die Landesverbände der Pflegekassen, die Medizinischen Dienste der Krankenversicherung und der Prüfdienst des Verbandes der privaten Krankenversicherung e.V. sowie die zuständigen Träger der Sozialhilfe verpflichtet, unter Berücksichtigung der Vorschriften zum Datenschutz zusammenzuarbeiten und sich gegenseitig zu informieren. Soweit Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter nach anderen Rechtsvorschriften verpflichtet sind, gegenüber anderen als den nach diesem Gesetz zuständigen Behörden Anzeigen oder Mitteilungen zu machen, sind diese Behörden verpflichtet, die für die Durchführung dieses Gesetzes relevanten Informationen den nach diesem Gesetz zuständigen Behörden zuzuleiten. § 67d des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch bleibt unberührt.

(2) Die in Absatz 1 genannten Behörden, Sozialversicherungsträger und Prüfinstitutionen sind berechtigt und verpflichtet, die bei der Durchführung ihrer Prüfungen gewonnenen Erkenntnisse über die Erfüllung der fachlichen Anforderungen an Pflege und Betreuung sowie die personelle Ausstattung der Wohn- und Betreuungsangebote untereinander auszutauschen, soweit dies für ihre Zusammenarbeit und für die Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Aufgaben erforderlich ist. § 67d des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch bleibt unberührt.

(3) Die für die Durchführung dieses Gesetzes zuständigen Behörden schließen mit den zuständigen Verbänden der Kranken- und Pflegeversicherungen innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten dieses Gesetzes unter Beteiligung der Aufsichtsbehörden, der Medizinischen Dienste der Krankenversicherung und des Prüfdienstes der Privaten Krankenversicherung e.V., der Landschaftsverbände und der kommunalen Spitzenverbände eine Vereinbarung über die Koordination ihrer jeweiligen Prüftätigkeiten. Diese Vereinbarungen sollen insbesondere Regelungen zum Informationsaustausch, zur Vermeidung inhaltlicher Doppelprüfungen, zur zeitlichen Abstimmung der Prüftätigkeiten und zur wechselseitigen Beteiligung vor dem Erlass von Anordnungen und sonstigen Maßnahmen enthalten.

(4) Im Rahmen der Vereinbarung nach Absatz 3 können die genannten Stellen mit Zustimmung des zuständigen Ministeriums vereinbaren, dass gesetzliche Aufgaben befristet von anderen als den eigentlich zuständigen Stellen oder gemeinsam wahrgenommen werden. Zur Ermöglichung solcher Modellvorhaben im Bereich der Qualitätssicherung kann das zuständige Ministerium die zuständige Behörde von ihren Verpflichtungen nach diesem Gesetz teilweise entbinden.

§ 45
Rechtsverordnungen

(1) Das zuständige Ministerium wird ermächtigt, zur Durchführung dieses Gesetzes Rechtsverordnungen zu erlassen

1. über die Anforderungen an die persönliche und fachliche Eignung der Einrichtungs- und Pflegedienstleitungen, der Fachkräfte im Sinne des § 3 Absatz 5, § 4 Absatz 11 und der Beschäftigten im Sinne des § 3 Absatz 4 und deren Fort- und Weiterbildung,

2. über die Zahl und Qualifikation der Beschäftigten im Verhältnis zur Anzahl und zum Pflege- und Betreuungsbedarf der zu betreuenden Nutzerinnen und Nutzer,

3. über die Voraussetzungen, Absicherungen und sonstigen Anforderungen bezüglich der Leistungen nach § 7 Absatz 1,

4. zur Regelung der Einzelheiten zu den Informationspflichten der Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter in Einrichtungen mit umfassendem Leistungsangebot,

5. zur Regelung der Einzelheiten zu den Anzeige- und Dokumentationspflichten nach den §§ 9 und 10; dabei kann sie abweichend von § 9 angebotsbezogen auch längere Anzeigefristen festsetzen,

6. über die Wahl oder Einsetzung, die Amtszeit, das Verfahren und die Zusammensetzung der Mitwirkungsgremien nach §§ 22 Absatz 1, Absatz 7 Satz 1 und 29 sowie die Bestellung einer Vertrauensperson nach §§ 22 Absatz 7 Satz 2 und 40 und über Art, Umfang und Form ihrer Mitwirkung und Mitbestimmung,

7. im Einvernehmen mit dem für Bauen und Wohnungsbau zuständigen Ministerium über die Anforderungen an die Wohnqualität, insbesondere die Anforderungen an Wohn-, Aufenthalts-, Therapie- und Wirtschaftsräume sowie die Verkehrsflächen, sanitären Anlagen und die technischen Einrichtungen,

8. über hygienerechtliche Anforderungen für Wohn- und Betreuungsangebote, um einen ausreichenden und dem Konzept angepassten Schutz der Nutzerinnen und Nutzer vor Infektionen sowie die Einhaltung der für ihren Aufgabenbereich einschlägigen Anforderungen der Hygiene durch die Beschäftigten zu gewährleisten.

(2) Das zuständige Ministerium wird zudem ermächtigt, durch Rechtsverordnung Vorschriften über das Verfahren bei Prüfungen, die Kriterien der Veröffentlichung von Prüfergebnissen und die an eine Selbstdarstellung der Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter zu stellenden Anforderungen nach § 14 Absatz 9 zu erlassen.

(3) Das zuständige Ministerium wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Landtag durch Rechtsverordnung das Nähere zur Ausgestaltung des Verfahrens zur elektronischen Datenverarbeitung zu bestimmen, insbesondere die Nutzung des Verfahrens für die zuständigen Stellen und die Anbieterinnen und Anbieter verbindlich vorzugeben sowie Art und Umfang der Daten und die datenverantwortlichen Stellen festzulegen.

(4) Die Rechtsverordnungen werden im Einvernehmen mit dem Landtag erlassen.

Teil 4
Schlussvorschriften

§ 46
Einschränkung von Grundrechten

Durch §§ 14 Absatz 4 und 5, 16, 22 Absatz 9 und 29 wird das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Absatz 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 11. Juli 2012 (BGBl. I S. 1478)) eingeschränkt.

§ 47
Übergangsregelungen

(1) Wohn- und Betreuungsangebote, die bereits vor Inkrafttreten dieses Gesetzes ihren Betrieb aufgenommen haben und bisher nicht in den Geltungsbereich dieses Gesetzes in der bis vor Ablauf des 15. Oktober 2014 geltenden Fassung fielen, müssen dies bei der zuständigen Behörde bis zum 30. Juni 2015 anzeigen. Für sie gelten die Anforderungen nach diesem Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes erst ein Jahr nach dem 15. Oktober 2014. Soweit Anforderungen an die Wohnqualität nicht erfüllt werden, soll die zuständige Behörde Abweichungen zulassen, wenn dies mit den Interessen der Nutzerinnen und Nutzer vereinbar ist. Sofern dies zur Abwehr einer Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Nutzerin oder eines Nutzers erforderlich ist, hat die zuständige Behörde schon vor dem in Satz 2 bestimmten Zeitpunkt das Recht zur Wahrnehmung der ihr nach diesem Gesetz zustehenden Befugnisse.

(2) Soweit auf Grund einer Änderung der rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnisse ein Wohn- und Betreuungsangebot die Merkmale eines anderen Wohn- und Betreuungsangebotes erfüllt, sind spätestens drei Monate nach Feststellung dieser Tatsache durch die zuständige Behörde die Anforderungen an das neue Wohn- und Betreuungsangebot zu erfüllen. Die zuständige Behörde kann im Einzelfall diese Frist im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens auf bis zu ein Jahr verlängern. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Die Anforderungen nach § 20 Absatz 3 Sätze 1, 2, 4 und 5 sind für bestehende Einrichtungen spätestens bis zum 31. Juli 2018 umzusetzen; für Einrichtungen der Eingliederungshilfe gilt dies nur hinsichtlich der Anforderungen nach § 20 Absatz 3 Sätze 1 und 2. Die Frist kann im Einzelfall für Einrichtungen, die auf die Regelung des § 17 Absatz 3 Landespflegegesetz Nordrhein-Westfalen vom 19. März 1996 (GV. NRW. S. 137), zuletzt geändert durch Artikel 17 des Gesetzes vom 3. Mai 2005 (GV. NRW. S. 498), vertraut haben und ab dem 31. Juli 2018 auf die Inanspruchnahme von Pflegewohngeld verzichten, bis längstens zum 31. Juli 2023 verlängert werden. In Rechtsverordnungen nach § 45 Absatz 1 Nummer 7 dieses Gesetzes kann bestimmt werden, dass dort näher bezeichnete Anforderungen bis zum Ablauf einer Übergangsfrist erfüllt werden müssen.

(4) Die Regelung des § 20 Absatz 2 Satz 3 gilt für nach Inkrafttreten des Gesetzes in Betrieb genommene Einrichtungen ausnahmsweise nicht, wenn diese Einrichtungen bereits vor dem 1. Juni 2013 über eine Abstimmungsbescheinigung verfügten beziehungsweise sämtliche zur Erteilung einer solchen Bescheinigung wesentlichen Unterlagen bei der zuständigen Behörde eingereicht hatten und den Bau des Vorhabens innerhalb von anderthalb Jahren nach dem Erhalt der Abstimmungsbescheinigung tatsächlich begonnen haben.

(5) Die Anforderung nach § 27 Absatz 1 Satz 1 ist für bestehende anbieterverantwortete Wohngemeinschaften spätestens bis zum 31. Dezember 2023 umzusetzen; bis zum 31. Juli 2018 ist auch in diesen Angeboten die Anforderung nach § 20 Absatz 2 Sätze 1 und 2 entsprechend umzusetzen.

(6) Im Übrigen genießen bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bestehende Wohn-und Betreuungsangebote im Hinblick auf die Anforderungen an die Wohnqualität Bestandsschutz nach Maßgabe der folgenden Regelungen:

1. Für Gebäude, deren Bau bis zum Ablauf des 9. Dezember 2008 genehmigt wurde und die bis vor Ablauf des 15. Oktober 2014 genutzt wurden, gelten für die Anforderungen an die Wohnqualität das Heimgesetz vom 7. August 1974 in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. November 2001 (BGBl. I S. 2970) und die Heimmindestbauverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Mai 1983 (BGBL. I S. 550),

2. Für Gebäude, deren Bau in der Zeit vom 10. Dezember 2008 bis vor Ablauf des 15. Oktober 2014 genehmigt wurde und die bis vor Ablauf des 15. Oktober 2014 genutzt wurden, gelten die Anforderungen an die Wohnqualität nach dem Wohn- und Teilhabegesetz und der Durchführungsverordnung zum Wohn- und Teilhabegesetz in der bis vor Ablauf des 15. Oktober 2014 geltenden Fassung.

Für Wohngemeinschaften im Sinne des § 24 dieses Gesetzes, die bereits nach Maßgabe der Regelungen des Heimgesetzes oder des Wohn- und Teilhabegesetzes in der bis vor Ablauf des 15. Oktober 2014 geltenden Fassung betrieben wurden, gelten die Anforderungen nach diesem Gesetz und der Durchführungsverordnung in der ab dem 16. Oktober 2014 geltenden Fassung, sofern dies aus der Sicht der Leistungsanbieterin oder des Leistungsanbieters günstiger ist.

(7) Die Aufgabe einer Nutzung, ein wesentlicher Umbau oder Ersatzbau führen zum Verlust des Bestandsschutzes. Bei Umbau- oder Ersatzbaumaßnahmen, die zur Erfüllung der Anforderungen nach § 20 Absatz 2 Sätze 1, 2, 4 und 5 oder § 27 Absatz 1 vorgenommen werden, müssen die umgebauten Zimmer den Anforderungen dieses Gesetzes entsprechen; im Übrigen lassen diese Maßnahmen den Bestandsschutz ebenso unberührt wie der Wechsel einer Leistungsanbieterin oder eines Leistungsanbieters.

§ 48
Bestandsschutzregelung für personelle Anforderungen

(1) Beschäftigte, die keine Fachkräfte sind, aber nach dem Heimgesetz, der Heimpersonalverordnung oder diesem Gesetz in der bis vor Ablauf des 15. Oktober 2014 geltenden Fassung als Fachkräfte bei der Ermittlung der Fachkraftquote berücksichtigt worden sind, werden auch weiterhin berücksichtigt, soweit und solange ihre Tätigkeit nicht Anlass zur Beanstandung in Form von entsprechenden ordnungsbehördlichen Anordnungen gibt. Sie können berücksichtigt werden, wenn sie in anderen Ländern nach landesrechtlichen Vorschriften als Fachkraft anerkannt wurden.

(2) Einrichtungsleitungen, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits ihre Tätigkeit aufgenommen haben, aber die Anforderungen nach §§ 4 Absatz 9 oder 21 Absatz 1 nicht erfüllen, können ihre Tätigkeit weiterhin ausüben, soweit und solange ihre Tätigkeit nicht Anlass zur Beanstandung in Form von entsprechenden ordnungsbehördlichen Anordnungen gibt. Soweit Einrichtungsleitungen die erforderlichen Kenntnisse nach § 21 Absatz 1 noch nicht nachweisen können, sind entsprechende Fort- und Weiterbildungen innerhalb von vier Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes nachzuholen.

§ 49
Inkrafttreten
, Außerkrafttreten, Ersetzung von Bundesrecht, Berichtspflicht

(1) Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Gleichzeitig tritt das Gesetz über das Wohnen mit Assistenz und Pflege in Einrichtungen (Wohn- und Teilhabegesetz) vom 18. November 2008 (GV. NRW. S. 738) außer Kraft.

(2) Dieses Gesetz ersetzt im Land Nordrhein-Westfalen gemäß Artikel 125a Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland das Heimgesetz vom 7. August 1974 in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. November 2001 (BGBl. I S. 2970).

(3) Die Landesregierung überprüft unter Mitwirkung der Arbeitsgemeinschaft nach § 17 die Wirksamkeit dieses Gesetzes und unterrichtet den Landtag über das Ergebnis bis zum 31. Dezember 2019.

(4) Das für Pflege zuständige Ministerium überprüft in Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden und im Einvernehmen mit dem Ministerium für Inneres und Kommunales sowie dem Finanzministerium zum 1. Januar 2018 und danach alle fünf Jahre, ob das Gesetz bei den betroffenen Gemeinden und Gemeindeverbänden zu einer wesentlichen Belastung im Sinne des Konnexitätsausführungsgesetzes (KonnexAG) führt. Maßstab ist ein Vergleich mit dem Gesetz über das Wohnen mit Assistenz und Pflege in Einrichtungen (Wohn- und Teilhabegesetz) vom 18. November 2008 (GV. NRW. S. 738). Im Falle der Feststellung einer wesentlichen Belastung, ist das Gesetz so anzupassen, dass bei den betroffenen Gemeinden und Gemeindeverbänden zukünftig keine konnexitätsrelevante wesentliche Belastung mehr entsteht.

Artikel 3

Inkrafttreten

Das Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Düsseldorf, den 2. Oktober 2014

Die Landesregierung
Nordrhein-Westfalen

Die Ministerpräsidentin

Hannelore  K r a f t

(L. S.)

Die Ministerin
für Schule und Weiterbildung
zugleich für die
Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter

Sylvia L  ö h r m a n n

Der Minister
für Wirtschaft, Energie, Industrie,
Mittelstand und Handwerk
zugleich für den Finanzminister

Garrelt  D u i n

Der Minister
für Inneres und Kommunales

Ralf  J ä g e r

Der Minister
für Arbeit, Integration und Soziales
zugleich für den
Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr
und die Ministerin für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien

Guntram  S c h n e i d e r

Der Justizminister

Thomas  K u t s c h a t y

Der Minister
für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft,
Natur- und Verbraucherschutz

Johannes  R e m m e l

Die Ministerin
für Innovation, Wissenschaft und Forschung

Svenja  S c h u l z e

Die Ministerin
für Familie, Kinder, Jugend,
Kultur und Sport

Ute  S c h ä f e r

GV. NRW. 2014 S. 625