Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 2015 Nr. 21 vom 5.5.2015 Seite 411 bis 422
Verordnung über weitere polizeiliche Aufgaben des Landeskriminalamts bei der Gefahrenabwehr sowie der Erforschung und Verfolgung von Straftaten (Aufgabenverordnung LKA - LKAAufgVO) |
---|
Normkopf Norm Normfuß |
Verordnung über weitere polizeiliche Aufgaben des Landeskriminalamts bei der Gefahrenabwehr sowie der Erforschung und Verfolgung von Straftaten (Aufgabenverordnung LKA - LKAAufgVO)
205
Verordnung
über weitere polizeiliche Aufgaben
des Landeskriminalamts bei der Gefahrenabwehr sowie
der Erforschung und Verfolgung von Straftaten
(Aufgabenverordnung LKA - LKAAufgVO)
Vom 16. April 2015
Auf Grund der §§ 5 Absatz 2 und 13 Absatz 3 Nummer 3 und Absatz 4 des Polizeiorganisationsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Juli 2002 (GV. NRW. S. 308, ber. S. 629), die durch Artikel 2 des Gesetzes vom 29. März 2007 (GV. NRW. S. 140) neu gefasst worden sind, verordnet das Ministerium für Inneres und Kommunales im Einvernehmen mit dem Justizministerium und dem Finanzministerium:
§ 1
Das Landeskriminalamt ist zuständige Landesbehörde der Polizei im Sinne von § 4 Absatz 2 Nummer 1 und § 17 Absatz 1 des Bundeskriminalamtgesetzes vom 7. Juli 1997 (BGBl. I S. 1650), das durch Artikel 3 in Verbindung mit Artikel 9 des Gesetzes vom 20. Juni 2013 (BGBl. I S. 1602) geändert worden ist.
§ 2
(1) Das Landeskriminalamt hat alle für die vorbeugende Bekämpfung sowie für die Erforschung und Verfolgung von Straftaten bedeutsamen Informationen und Unterlagen zu sammeln, auszuwerten und ergänzend zu erheben, insbesondere die Polizeibehörden laufend über den Stand der Kriminalität und über geeignete Maßnahmen zur vorbeugenden Bekämpfung sowie für die Erforschung und Verfolgung von Straftaten zu unterrichten.
(2) Als Informationssammel- und -auswertungsstelle sowie als kriminaltechnische Zentralstelle kann das Landeskriminalamt den Kreispolizeibehörden fachliche Weisungen erteilen, insbesondere
1. für einen einheitlichen und wirksamen Informationsaustausch über Straftaten und Straftäter zwischen den Kreispolizeibehörden und dem Landeskriminalamt sowie dem Bundeskriminalamt,
2. im Zusammenhang mit der Nutzung von landesweiten Datenbankanwendungen und Falldateien zur Kriminalitätsbekämpfung,
3. für die Polizeiliche Kriminalstatistik und
4. zu Labortätigkeiten der Kriminaltechnischen Untersuchungsstellen.
§ 3
(1) Die Übernahme von Ermittlungen durch das Landeskriminalamt auf Grund von Ersuchen gemäß § 13 Absatz 3 Nummer 3 des Polizeiorganisationsgesetzes kommt in Betracht bei Straftaten, wenn Anhaltspunkte für überregionale, länderübergreifende oder internationale Tatzusammenhänge erkennbar sind und eine zentrale Aufgabenwahrnehmung erforderlich ist, insbesondere bei
1. Delikten der politisch motivierten Kriminalität, vornehmlich bei Straftaten gemäß den §§ 129, 129a und 129b des Strafgesetzbuches in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 23. April 2014 (BGBl. I S. 410) geändert worden ist,
2. Landesverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit gemäß den §§ 93 ff. des Strafgesetzbuches,
3. nationalsozialistischen Gewaltverbrechen gemäß § 211 des Strafgesetzbuches,
4. Delikten nach dem Völkerstrafgesetzbuch vom 26. Juni 2002 (BGBl. I S. 2254),
5. Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen im Sinne des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. November 1990 (BGBl. I S. 2506), das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 2 des Gesetzes vom 6. Juni 2013 (BGBl. I S. 1482) geändert worden ist, und der Vorschriften des Außenwirtschaftsrechts (Proliferation),
6. Organisierter Kriminalität und schwerer Bandenkriminalität,
7. Wirtschafts-, Umwelt- und Korruptionskriminalität,
8. Computerkriminalität und Kriminalität in Datennetzen und
9. gewerbsmäßiger Verbreitung kinderpornografischer Schriften.
(2) Das Landeskriminalamt führt auf Ersuchen einer Staatsanwaltschaft oder einer Kreispolizeibehörde im Einvernehmen mit der zuständigen Staatsanwaltschaft die gezielte Fahndung nach einer Person durch, wenn diese
1. zu einer hohen Freiheitsstrafe verurteilt ist und sich der Strafvollstreckung durch Flucht entzieht,
2. einer schweren Straftat dringend verdächtig ist und sich verborgen hält oder
3. vorläufig gemäß § 126a der Strafprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319), die zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 23. April 2014 (BGBl. I S. 410) geändert worden ist, oder nach rechtskräftigem Abschluss eines Sicherungsverfahrens gemäß § 63 des Strafgesetzbuches in einem psychiatrischen Krankenhaus unterzubringen ist oder untergebracht war und sich der Vollstreckung einer Maßregel durch Flucht entzieht
und eine Ausschreibung zur internationalen Fahndung oder im Schengener Informationssystem erfolgt ist.
(3) Hat das Landeskriminalamt Bedenken gegen die Übernahme der Ermittlungen gemäß Absatz 1 oder gegen die Durchführung der gezielten Fahndung nach Absatz 2, trägt es diese dem für Inneres zuständigen Ministerium vor, welches dann im Einvernehmen mit dem Justizministerium entscheidet.
(4) Das Landeskriminalamt verfolgt eine Straftat im Falle des § 18 des Bundeskriminalamtgesetzes, es sei denn, das für Inneres zuständige Ministerium überträgt die Zuständigkeit einer anderen Kreispolizeibehörde.
§ 4
(1) Das Landeskriminalamt ist unter den Voraussetzungen des § 13 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 des Polizeiorganisationsgesetzes zuständig für
1. die Durchführung polizeilicher Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit durch die in Nordrhein-Westfalen bevorstehende Begehung von schweren Straftaten, wenn eine örtlich zuständige Kreispolizeibehörde noch nicht bestimmbar ist oder örtliche Maßnahmen einer Kreispolizeibehörde zur Abwehr von Gefahren nicht ausreichen und ergänzende einheitliche Maßnahmen durch eine zentrale Stelle erforderlich sind und
2. landeszentrale Maßnahmen zur Erkennung, Erforschung und Verfolgung von Straftaten in und unter Ausnutzung von Datennetzen.
(2) Das Landeskriminalamt gibt in den Fällen des Absatzes 1 die Aufgabenwahrnehmung an eine Kreispolizeibehörde ab, wenn deren örtliche Zuständigkeit nicht nur vorübergehend vorliegt.
§ 5
Das Landeskriminalamt ist auf der Grundlage des § 13 Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 des Polizeiorganisationsgesetzes zuständig für die Auswertung und Analyse von Kriminalitätsphänomenen und von Straftaten, die eine zentrale, länderübergreifende oder internationale Aufgabenwahrnehmung erfordern, in anderen Fällen für die Koordinierung dieser Aufgaben durch die Kreispolizeibehörden.
§ 6
(1) Das Landeskriminalamt ist als zentrale Stelle im Sinne des § 13 Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 des Polizeiorganisationsgesetzes zuständig für
1. die Entgegennahme und Bearbeitung von Geldwäscheverdachtsanzeigen nach dem Geldwäschegesetz vom 13. August 2008 (BGBl. I S. 1690), das zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 15. Juli 2014 (BGBl. I S. 934) geändert worden ist, und § 31b der Abgabenordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3866; 2003 I S. 61), die zuletzt durch Artikel 16 des Gesetzes vom 25. Juli 2014 (BGBl. I S. 1266) geändert worden ist,
2. die Entgegennahme und Bearbeitung von Anzeigen nach § 12 des Korruptionsbekämpfungsgesetzes vom 16. Dezember 2004 (GV. NRW. 2005 S. 8) in der jeweils geltenden Fassung und sonstigen Korruptionshinweisen, die unmittelbar beim Landeskriminalamt angezeigt werden, bis die Zuständigkeit einer Kreispolizeibehörde oder Staatsanwaltschaft bestimmt ist,
3. die Sammlung, Auswertung und Steuerung von Informationen über Grundstoffe nach dem Grundstoffüberwachungsgesetz vom 11. März 2008 (BGBl. I S. 306), das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 22 und Artikel 4 Absatz 9 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154) geändert worden ist, und über andere Produkte, die zur Herstellung und Verbreitung von Betäubungsmitteln missbraucht werden können sowie über Grundstoffe zur Herstellung von Explosiv- und Sprengstoffen und
4. die Entgegennahme von Ersuchen, den Datenabgleich und die Auskunftserteilung im Rahmen von Zuverlässigkeitsüberprüfungen, insbesondere nach luftsicherheits- und atomrechtlichen Vorschriften.
(2) Das Landeskriminalamt ist im Rahmen der zentralen Informationsverarbeitung, -auswertung und -steuerung zuständig für die Koordinierung
1. des Einsatzes von Vertrauenspersonen und verdeckt ermittelnden Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten anderer Länder, des Bundes oder anderer Staaten durch Polizeibehörden des Landes Nordrhein-Westfalen,
2. der Anforderung von Vertrauenspersonen oder verdeckt ermittelnder Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten durch Polizeidienststellen anderer Länder, des Bundes oder anderer Staaten,
3. von Maßnahmen des Zeugenschutzes der Polizeibehörden des Landes oder des Bundes oder anderer Länder in Nordrhein-Westfalen und
4. von polizeilichen Maßnahmen zur Unterstützung der Suche nach Vermissten oder der Identifizierung von unbekannten Toten bei größeren Schadenslagen auch in anderen Ländern und im Ausland.
§ 7
(1) Das Landeskriminalamt ist Prüfungs- und Bewilligungsbehörde für ein- und ausgehende polizeiliche Rechtshilfeersuchen und koordiniert polizeiliche Belange bei der justiziellen Rechtshilfe.
(2) Das Landeskriminalamt ist zentrale Verbindungs- und Ansprechstelle für die grenzüberschreitende polizeiliche Zusammenarbeit sowie für die Zusammenarbeit mit EUROPOL.
§ 8
(1) Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
(2) Gleichzeitig tritt die Verordnung über weitere polizeiliche Aufgaben des Landeskriminalamtes bei der Gefahrenabwehr sowie der Erforschung und Verfolgung von Straftaten vom 2. Juli 2007 (GV. NRW. S. 214), die durch Artikel 7 der Verordnung vom 22. Mai 2012 (GV. NRW. S. 206) geändert worden ist, außer Kraft.
Düsseldorf, den 16. April 2015
Der Minister
für Inneres und Kommunales
des Landes Nordrhein-Westfalen
Ralf J ä g e r MdL
GV. NRW. 2015 S. 413