Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 2015 Nr. 22 vom 12.5.2015 Seite 423 bis 434

Verordnung für den Vollzug von Abschiebungshaft in Nordrhein-Westfalen (Abschiebungshaftvollzugsverordnung - AHaftVollzVO)
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Verordnung für den Vollzug von Abschiebungshaft in Nordrhein-Westfalen (Abschiebungshaftvollzugsverordnung - AHaftVollzVO)

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Verordnung
für den Vollzug von Abschiebungshaft in Nordrhein-Westfalen
(Abschiebungshaftvollzugsverordnung - AHaftVollzVO)

Vom 7. Mai 2015

Auf Grund des § 3 des Abschiebungshaftvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 5. Mai 2015 (GV. NRW. S. 424) verordnet das Ministerium für Inneres und Kommunales:

Inhaltsübersicht

§ 1 Geltungsbereich

§ 2 Zuständigkeit, Aufgabenwahrnehmung

§ 3 Grundsätze der Unterbringung

§ 4 Aufnahme

§ 5 Unterbringung

§ 6 Bewegungsfreiheit

§ 7 Betreuung und Beratung

§ 8 Arbeit, Verpflegung, Einkauf, Eigengeld, persönlicher Bereich

§ 9 Körperpflege

§ 10 Raucherbereiche

§ 11 Reinigung

§ 12 Nachtruhe, Einschluss

§ 13 Freizeit und Sport

§ 14 Seelsorgerische Betreuung, Religionsausübung

§ 15 Besuche

§ 16 Schriftverkehr, Pakete und Geschenke, Telekommunikation

§ 17 Bezug von Zeitungen, Mediennutzung

§ 18 Verhaltensregeln, Durchsuchung

§ 19 Besondere Sicherungsmaßnahmen, unmittelbarer Zwang

§ 20 Schusswaffenverbot

§ 21 Medizinische Versorgung

§ 22 Beschwerderecht

§ 23 Beirat

§ 24 Dokumentation, Akteneinsicht

§ 25 Unvereinbarkeit

§ 26 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

§ 1

Geltungsbereich

Diese Verordnung trifft Regelungen für die Durchführung von Abschiebungshaft im Sinne der §§ 62 und 62a des Aufenthaltsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 23. Dezember 2014 (BGBl. I S. 2439) geändert worden ist, und des Abschiebungshaftvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 5. Mai 2015 (GV. NRW. S. 424).

§ 2
Zuständigkeit, Aufgabenwahrnehmung

(1) Abschiebungshaft wird in Nordrhein-Westfalen in der Unterbringungs-einrichtung für Ausreisepflichtige in Büren (Einrichtung) vollzogen, die Bestandteil der Bezirksregierung Detmold ist.

(2) Soweit zur Durchführung von Abschiebungshaft Personen eingesetzt werden, die nicht Bedienstete oder Beschäftigte des Landes Nordrhein-Westfalen sind, ist sicherzustellen, dass diese keine hoheitlichen Aufgaben anordnen.

§ 3
Grundsätze der Unterbringung

(1) Die Persönlichkeit und die Würde der Untergebrachten sind zu achten. Die unterschiedlichen Bedürfnisse der Untergebrachten, insbesondere im Hinblick auf Geschlecht, Alter, Zuwanderungshintergrund, Religion und sexuelle Identität, werden bei der Gestaltung des Vollzugs in angemessenem Umfang berücksichtigt.

(2) Das Leben im Vollzug ist den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit wie möglich anzugleichen. Schädlichen Folgen des Freiheitsentzuges ist entgegenzuwirken.

(3) Den in der Einrichtung untergebrachten Personen (Untergebrachte) dürfen nur Beschränkungen auferlegt werden, soweit es der Zweck von Abschiebungshaft oder die Sicherheit oder Ordnung in der Einrichtung erfordern.

(4) Unter Berücksichtigung der Absätze 1 bis 3, des Zwecks und der Eigenart der Abschiebungshaft sowie der besonderen Verhältnisse der Einrichtung werden die Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 13. Januar 2015 (GV. NRW. S. 76) in der jeweils geltenden Fassung über die Aufnahme, Unterbringung, Außenkontakte, Religionsausübung, Gesundheitsfürsorge, Freizeit, Sicherheit und Ordnung, Beschwerderecht und Beirat durch die nachfolgenden Regelungen an die Bedingungen der Abschiebungshaft angepasst.

§ 4
Aufnahme

(1) Die Aufnahme von in Abschiebungshaft zu nehmenden Personen erfolgt, unbeschadet abweichender Absprachen im Einzelfall, täglich in der Zeit von 7 bis 21 Uhr.

(2) Die Aufnahme erfolgt nach Vorlage einer richterlichen Anordnung und eines schriftlichen Aufnahmeersuchens der zuständigen Behörde. Die zuständige Behörde informiert die Einrichtung vor der Aufnahme über ihr vorliegende vollzugsrelevante Erkenntnisse. Auf die Belange besonders schutzbedürftiger Personen im Sinne der Richtlinie 2008/115/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348 vom 24.12.2008, S. 98 )ist zu achten.

(3) Untergebrachte sind nach ihrer Aufnahme unverzüglich möglichst mithilfe von Merkblättern in einer für sie verständlichen Sprache über ihre Rechte und Pflichten zu unterrichten.

(4) Untergebrachte werden nach ihrer Aufnahme alsbald ärztlich untersucht und der sozialen Betreuung vorgestellt. Entsprechend § 36 Absatz 4 des Infektionsschutzgesetzes vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 36 und Artikel 4 Absatz 21 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154) geändert worden ist, und § 8 Absatz 1 Satz 4 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen sind sie verpflichtet, die ärztliche Untersuchung einschließlich einer Röntgenaufnahme der Lunge zu dulden. Bei Schwangeren ist von einer Röntgenaufnahme abzusehen.

(5) Bei anlässlich der Untersuchung oder später festgestellter fehlender Haftfähigkeit ist die zuständige Behörde unverzüglich zu unterrichten; die zuständige Behörde führt eine Entscheidung über die Aufrechterhaltung der Haft herbei. Bis zur Entscheidung übernimmt die Einrichtung die Bewachung der betreffenden Person.

(6) Mit den Untergebrachten werden die Voraussetzungen und der Ablauf der Ausreise erörtert, wenn eine Eigen- oder Fremdgefährdung dem nicht entgegensteht. Unter den gleichen Voraussetzungen ist der voraussichtliche Ausreisezeitpunkt mitzuteilen, sobald dieser feststeht.

§ 5
Unterbringung

(1) Frauen und Männer sind grundsätzlich in verschiedenen, voneinander getrennten Bereichen der Einrichtung unterzubringen. Sie werden regelmäßig einzeln untergebracht.

(2) Eine gemeinsame Unterbringung ist zulässig, wenn eine Gefahr für Leben oder Gesundheit oder Hilfsbedürftigkeit besteht oder Untergebrachte übereinstimmend eine gemeinsame Unterbringung wünschen.

(3) Untergebrachte, die Asyl beziehungsweise internationalen Schutz beantragt haben, sind so weit möglich getrennt von anderen Drittstaatsangehörigen, die keinen Antrag auf Asyl oder internationalen Schutz gestellt haben, unterzubringen.

(4) Angehörigen derselben Familie und einander nahestehenden Personen soll auf übereinstimmenden Wunsch ein Zusammenleben in der Einrichtung getrennt von anderen Untergebrachten ermöglicht werden.

(5) Bei der Unterbringung sind religiöse und ethnische Belange zu beachten.

(6) Die Zimmer sollen wohnlich gestaltet werden. Die Untergebrachten dürfen ihre Zimmer in angemessenem Umfang mit eigenen Gegenständen ausstatten. Ihnen kann der Besitz technischer Geräte des täglichen Gebrauchs, wie insbesondere Kaffeemaschinen, in den Zimmern gestattet werden. Soweit eine Gefährdung des Unterbringungszwecks oder der Sicherheit oder Ordnung zu befürchten ist, können die vorstehenden Rechte eingeschränkt werden. Die Einrichtung muss jederzeit zweifelsfrei feststellen können, dass an den Geräten keine Manipulationen vorgenommen worden sind; auf Verlangen haben die Untergebrachten den Nachweis zu erbringen.

(7) In den Zimmern sollen den Untergebrachten abschließbare Fächer zur Verfügung stehen.

(8) Die Untergebrachten haben ihre Zimmer und ihre Gegenstände sauber zu halten; dies gilt auch für die ihnen von der Einrichtung überlassenen Gegenstände, die schonend zu behandeln sind.

§ 6

Bewegungsfreiheit

(1) Außerhalb der Nachtruhe dürfen sich die Untergebrachten in den für sie vorgesehenen Bereichen der Einrichtung grundsätzlich frei bewegen; dies gilt auch für den zugehörigen Außenbereich. Einschränkungen sind zulässig, wenn und soweit es die Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung erfordern. Untergebrachte dürfen sich jederzeit in ihre Zimmer zurückziehen.

(2) Von den Zimmern der jeweiligen Unterbringungsbereiche nach § 5 Absatz 1 bis 5 wird außerhalb der Nachtruhe ein ungehinderter Zugang zu den in dem jeweiligen Bereich befindlichen Telefonen, Sanitärräumen, Gemeinschaftswohnküchen und allgemeinen Sozialräumen gewährleistet.

(3) Die Gewährung von Urlaub oder Ausgang ist unzulässig. Zur Erledigung notwendiger Behördengänge oder Arztbesuche oder dringender privater Angelegenheiten können Untergebrachte ausgeführt werden.

§ 7
Betreuung und Beratung

(1) Die Untergebrachten werden während ihres Aufenthalts durch die Zentralen Ausländerbehörden in ausländerrechtlichen sowie in Familien- und Vermögensangelegenheiten in angemessenen Abständen betreut und beraten. Bei Bedarf vermitteln die zentralen Ausländerbehörden Kontakte zu den jeweils zuständigen Ausländerbehörden.

(2) Die soziale Betreuung der Untergebrachten wird durch Betreuungsorganisationen gewährleistet. Auf Wunsch erhalten Untergebrachte eine durch die Einrichtung vermittelte kostenlose allgemeine Rechtsberatung (Erstberatung).

§ 8
Arbeit, Verpflegung, Einkauf, Eigengeld, persönlicher Bereich

(1) Die Untergebrachten sind zur Arbeit nicht verpflichtet. Auf eigenen Wunsch können sich die Untergebrachten mit unterstützenden Arbeiten oder in sonstiger Weise für die Gemeinschaft in der Einrichtung einbringen. Gegenleistungen werden hierfür nicht gewährt.

(2) Die Untergebrachten nehmen an der Verpflegung in der Einrichtung mit Frühstück, Mittagessen und Abendbrot teil. Ihnen ist zu ermöglichen, religiöse Speisevorschriften zu befolgen oder sich vegetarisch zu ernähren.

(3) Den Untergebrachten ist im Rahmen der baulich-organisatorischen Möglichkeiten zu gestatten, in Gemeinschaftswohnküchen Speisen selbst zuzubereiten.

(4) Die Untergebrachten können unter Verwendung eigener finanzieller Mittel zusätzliche Nahrungsmittel und Getränke käuflich erwerben.

(5) In der Einrichtung ist ein Einkaufsangebot vorzuhalten, das die Wünsche und Bedürfnisse der Unterbrachten angemessen berücksichtigt. Alkoholhaltige Getränke und andere berauschende Mittel, rezept- und apothekenpflichtige Arzneimittel sowie gefährliche Gegenstände sind vom Einkauf ausgeschlossen.

(6) Der Besitz von Bargeld ist Untergebrachten in der Einrichtung aus Gründen der Sicherheit und Ordnung nicht erlaubt. Insbesondere bei der Aufnahme mitgeführtes Bargeld und persönliche Wertgegenstände sind der Einrichtung gegen Bestätigung in Verwahrung zu geben.

(7) Untergebrachten sind eingebrachte, für sie eingezahlte oder überwiesene Geldbeträge als Eigengeld gutzuschreiben. Untergebrachte dürfen über entsprechende Guthaben verfügen.

(8) Untergebrachte dürfen eigene Kleidung benutzen. Dies gilt nicht, wenn und soweit Gründe der Sicherheit oder Ordnung es erfordern. Bettzeug und Handtücher werden durch die Einrichtung gestellt. Bei Bedarf ist Untergebrachten Kleidung zur Verfügung zu stellen. Kleidung ist von den Untergebrachten regelmäßig selbst zu reinigen. Geeignete Waschmöglichkeiten sind in der Einrichtung vorzusehen.

(9) Untergebrachte dürfen keine Gegenstände besitzen, welche die Sicherheit oder Ordnung in der Einrichtung gefährden können. Hierzu gehören insbesondere Gegenstände, die geeignet sind Personen zu verletzten oder Sachen zu beschädigen oder zur Entziehung von der Unterbringung oder zur Flucht dienen können. Derartige Gegenstände werden den Untergebrachten entzogen und dürfen verwertet oder auf Kosten der Untergebrachten vernichtet werden, wenn sie nicht zu ihrer Habe genommen werden können. Ebenfalls nicht zulässig ist der Besitz und Konsum von Alkohol oder sonstiger Rauschmittel sowie rezept- oder apothekenpflichtiger Medikamente, soweit nicht nach ärztlicher Verordnung zugelassen.

§ 9
Körperpflege

Den Untergebrachten ist täglich Gelegenheit zum Waschen, Duschen und Rasieren zu geben. Handtücher und Seife sind zur Verfügung zu stellen. Bei Bedarf können Gegenstände der persönlichen Hygiene ausgegeben werden.

§ 10
Raucherbereiche

(1) Das Rauchen ist in den jeweiligen Außenbereichen, in ausgewiesenen Raucherzimmern und in entsprechender Anwendung des § 3 Absatz 4 des Nichtraucherschutzgesetzes NRW vom 20. Dezember 2007 (GV. NRW. S. 742), das zuletzt durch Gesetz vom 4. Dezember 2012 (GV. NRW. S. 635) geändert worden ist, auch in den Zimmern bei geschlossener Tür gestattet, soweit hierdurch die Sicherheit oder Ordnung in der Einrichtung nicht gefährdet wird.

(2) Andere Untergebrachte dürfen durch Raucherinnen und Raucher nicht gestört werden. Dies gilt insbesondere für Schwangere oder erkrankte Personen.

§ 11
Reinigung

(1) Gemeinschafts- und Verwaltungsräume, Flure, Treppenhäuser und sanitäre Einrichtungen werden außerhalb der Nachtruhe regelmäßig gereinigt. Während der Reinigung haben die Untergebrachten die jeweils zu säubernden Bereiche zu verlassen.

(2) Bedienstete der Einrichtung kontrollieren außerhalb der Nachtruhe in regelmäßigen Abständen den hygienischen Zustand aller Räume und Einrichtungsgegenstände.

§ 12
Nachtruhe, Einschluss

(1) Die Nachtruhe umfasst den Zeitraum 22 bis 7 Uhr.

(2) Während der Nachtruhe haben sich die Untergebrachten in ihren Zimmern aufzuhalten und werden in entsprechender Anwendung des § 14 Absatz 1 Satz 1 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen dort eingeschlossen.

§ 13
Freizeit und Sport

(1) Nach Maßgabe der räumlichen Gegebenheiten sind ausreichende Möglichkeiten der Freizeitgestaltung vorzuhalten.

(2) Den Untergebrachten soll ausreichende sportliche Betätigung sowohl im Außenbereich als auch in den Gebäuden der Einrichtung ermöglicht werden.

(3) In den Gemeinschaftsräumen sollen Spiele und handwerklich-künstlerische Aktivitäten angeboten werden. Darüber hinaus sollen Druckerzeugnisse in verschiedenen Sprachen im Rahmen eines Medienangebots bereitgehalten werden.

§ 14
Seelsorgerische Betreuung, Religionsausübung

(1) Auf Wunsch wird Untergebrachten der Kontakt zu einer Seelsorgerin oder einem Seelsorger der eigenen Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft durch die Einrichtung vermittelt. Die Seelsorgerin oder der Seelsorger kann Untergebrachte auf deren Wunsch auch besuchen.

(2) In der Einrichtung ist eine ausreichende Zahl von Räumen einzurichten, um eine angemessene Religions- oder Weltanschauungsausübung zu gewährleisten.

(3) Die Untergebrachten haben die Möglichkeit an Gottesdiensten und anderen religiösen Veranstaltungen ihrer Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft in der Einrichtung teilzunehmen. Ein Ausschluss ist nur zulässig, wenn und soweit dies aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung erforderlich ist; die Seelsorgerin oder der Seelsorger ist vorher zu hören.

(4) Zu Teilnahme von Untergebrachten an konfessionsfremden Gottesdiensten und Veranstaltungen anderer Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften kann zugelassen werden, wenn die ausführende Seelsorgerin oder der ausführende Seelsorger zustimmt.

§ 15
Besuche

(1) Untergebrachte dürfen täglich in der Zeit von 9 bis 19 Uhr Besuch in hierfür vorgesehenen Besuchsräumen empfangen. Die Besuchsdauer kann im Einzelfall auf 90 Minuten begrenzt werden, wenn die Raumkapazitäten erschöpft sind. Besucherinnen und Besucher werden bis 17 Uhr 30 Minuten eingelassen. Eine Beaufsichtigung von Besuchen ist zulässig.

(2) Das Besuchsrecht darf nur aus Gründen der Sicherheit und schwerwiegenden Gründen der Ordnung, namentlich bei Gefährdung des Unterbringungs-zwecks, durch die Leitung der Einrichtung eingeschränkt werden.

(3) Ein Besuch kann nach einer Abmahnung abgebrochen werden, wenn auf Grund des Verhaltens der Besucherinnen oder Besucher oder der Untergebrachten die Sicherheit oder in schwerwiegender Weise die Ordnung der Einrichtung gefährdet wird. Die Abmahnung unterbleibt, wenn es unerlässlich ist, den Besuch sofort abzubrechen.

(4) Besucherinnen und Besucher haben sich auszuweisen. Aus Gründen der Sicherheit kann ein Besuch davon abhängig gemacht werden, dass die Besucherin oder der Besucher sich und ihre mitgebrachten Gegenstände durchsuchen lassen. Die Verwendung eines Metalldetektors vor Gewährung des Zutritts zur Einrichtung ist zulässig. Insbesondere Taschen, Jacken und Mäntel, Mobiltelefone mit Kamerafunktion oder Internetzugang oder Gegenstände, die geeignet sind Personen zu verletzen oder Sachen zu beschädigen oder zur Entziehung von der Unterbringung oder zur Flucht dienen könnten, sind in den Besuchsräumen nicht gestattet.

(5) Besuche beauftragter Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sowie durch Angehörige der Konsularbehörden und Behördenvertreter sind auch außerhalb der Besuchszeit von 9 bis 19 Uhr, jedoch nicht innerhalb der Nachtruhe von 22 bis 7 Uhr, zuzulassen. Diese Besuche finden ohne zeitliche Begrenzung und ohne Beaufsichtigung statt. Die Vertraulichkeit dabei geführter Gespräche ist bei Bedarf über eigens hierfür bereit gestellte Räume sicherzustellen; dies gilt auch für Gespräche mit Betreuungspersonen von anerkannten Hilfs- und Unterstützungsorganisationen. Eigene Taschen, Mobiltelefone und Mittel der Bürokommunikation dürfen von dem in Satz 1 genannten Personenkreis mitgeführt werden. Im Übrigen gilt Absatz 4 für anwaltliche Besuche mit der Einschränkung, dass eine inhaltliche Überprüfung der von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten bei Besuchen mitgeführten Schriftstücke und sonstigen Unterlagen nicht zulässig ist.

(6) Angehörigen anerkannter Hilfs- und Unterstützungsorganisationen der Flüchtlingshilfe kann mit Zustimmung der Untergebrachten gestattet werden, an Gesprächen nach den Absätzen 1 und 5 teilzunehmen. Die Einrichtung darf Informationen über Untergebrachte nur mit deren schriftlicher Zustimmung weitergeben.

§ 16
Schriftverkehr, Pakete und Geschenke, Telekommunikation

(1) Untergebrachte dürfen im Rahmen der organisatorischen Möglichkeiten der Einrichtung Schriftstücke, Pakete und Geschenke erhalten und Schriftstücke und Pakete auf eigene Kosten versenden. Gegenstände sowie Alkoholika, Rauschmittel und Medikamente im Sinne von § 8 Absatz 9 sind hiervon ausgenommen. Sie erhalten auf Wunsch Schreibmaterial.

(2) Eingehende und ausgehende Schriftstücke sowie Pakete werden durch Sichtkontrollen auf verbotene Gegenstände sowie Alkoholika, Rauschmittel und Medikamente im Sinne von § 8 Absatz 9 kontrolliert.

(3) Eingehende Pakete und sonstige Zuwendungen von dritter Seite dürfen Untergebrachten ausgehändigt werden, wenn die Untergebrachten mit einer Überprüfung des Inhalts in ihrer Gegenwart einverstanden sind und der Empfang mit dem Unterbringungszweck vereinbar ist. Vom Empfang auszuschließende Gegenstände sowie Alkoholika und Medikamente im Sinne von § 8 Absatz 9 sind zur Habe der Untergebrachten zu nehmen oder an den Absender zurückzusenden oder zurückzugeben, soweit deren Besitz rechtlich zulässig ist.

(4) Weitergehende Überwachungen des Schrift- und Paketverkehrs sind nur bei konkretem Verdacht auf Gefährdung der Sicherheit der Einrichtung oder einer Person zulässig.

(5) Schriftwechsel und vergleichbare Formen der Kommunikation mit beauftragten Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten (Rechtsbeiständen) werden nicht überwacht. Nicht überwacht werden ferner Schreiben der Untergebrachten an Volksvertretungen des Bundes und der Länder sowie an deren Mitglieder, soweit die Schreiben an die Anschriften dieser Volksvertretungen gerichtet sind und die absendende Person zutreffend angeben. Entsprechendes gilt für Schreiben an Institutionen der Europäischen Union oder der Vereinten Nationen, an die konsularische Vertretung des Heimatlands und weitere Einrichtungen, mit denen der Schriftverkehr auf Grund völkerrechtlicher Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland geschützt ist. Satz 1 gilt auch für den Schriftverkehr mit Gerichten und Behörden sowie mit den Integrations- und Ausländerbeauftragten und den Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder.

(6) Untergebrachte haben im Rahmen der organisatorisch-technischen Möglichkeiten das Recht, auf eigene Kosten in der Einrichtung vorhandene Telefone und andere dort vorhandene Formen der Telekommunikation zu nutzen.

(7) Der Besitz und Gebrauch eigener Mobiltelefone ohne Kamerafunktion und ohne Internetzugang sind zulässig.

(8) Bedürftigen Untergebrachten werden Telefongespräche mit ihren Rechtsbeiständen und konsularischen Vertretungen in Deutschland sowie mit anerkannten Hilfs- und Unterstützungsorganisationen der Flüchtlingshilfe durch die Einrichtung ermöglicht.

§ 17
Bezug von Zeitungen, Mediennutzung

(1) Untergebrachte dürfen auf eigene Kosten über die Einrichtung Zeitungen und andere Druckerzeugnisse beziehen. Der Zugang zu öffentlich-rechtlichen und sonstigen nicht kostenpflichtigen Rundfunk- und Fernsehangeboten ist in angemessenem Umfang zu ermöglichen.

(2) Die Nutzung eigener TV-und Rundfunkempfangsgeräte in den Zimmern kann zugelassen werden.

(3) Andere Untergebrachte dürfen durch den Fernseh- oder Hörfunkempfang in den Zimmern und Gemeinschaftsräumen nicht gestört werden. Anderenfalls kann der Fernseh- und Hörfunkempfang eingeschränkt oder unterbunden werden.

(4) Untergebrachte können im Rahmen der technischen Möglichkeiten an Computern der Einrichtung das Internet unter Aufsicht nutzen.

(5) § 5 Absatz 6 Satz 3 und 4 gilt entsprechend, die Internetnutzung kann hierzu eingeschränkt oder unterbunden werden.

§ 18
Verhaltensregeln, Durchsuchung

(1) Untergebrachte dürfen durch ihr Verhalten gegenüber dem Personal der Einrichtung, anderen Untergebrachten und sonstigen Personen das geordnete Zusammenleben in der Einrichtung nicht beeinträchtigen. Den Anordnungen des Aufsichtspersonals haben sie Folge zu leisten.

(2) Untergebrachte haben sich nach der Tageseinteilung in der Einrichtung zu richten.

(3) Untergebrachte, ihre Sachen und ihre Zimmer sowie sonstige Räume der Einrichtung können zur Wahrung der Sicherheit der in der Einrichtung tätigen Bediensteten und der untergebrachten Personen und zur Verhinderung von Eigen- oder Fremdgefährdungen durchsucht werden. Die Durchsuchung männlicher Personen ist durch männliche und die Durchsuchung weiblicher Personen ist durch weibliche Bedienstete unter Beachtung der Menschenwürde in einem abgeschirmten Bereich durchzuführen. Durchsuchungen der Zimmer und der Sachen von Untergebrachten werden grundsätzlich von mindestens zwei Bediensteten der Einrichtung gemeinsam durchgeführt.

(4) Durchsuchungen der Untergebrachten, ihrer Zimmer und ihrer Sachen sollen den Untergebrachten erläutert werden und sind außerdem zu dokumentieren.

§ 19
Besondere Sicherungsmaßnahmen, unmittelbarer Zwang

(1) Gegenüber Untergebrachten können folgende besondere Sicherungsmaßnahmen unter entsprechender Anwendung des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen unter den einschränkenden Voraussetzungen der Absätze 2 bis 8 angeordnet werden:

1. die Unterbringung in einem besonders gesicherten Raum ohne gefährdende Gegenstände,

2. die Fesselung in einem besonders gesicherten Raum,

3. die Fixierung in einem besonders gesicherten Raum,

4. die Fesselung während des Transports,

5. die Verlegung in einen anderen Gewahrsamstrakt und

6. die Beobachtung während des Einschlusses.

(2) Die Unterbringung in einem besonders gesicherten Raum ohne gefährdende Gegenstände kann die Leitung der Einrichtung verfügen, wenn und solange nach dem Verhalten von Untergebrachten oder auf Grund ihres seelischen Zustands in erhöhtem Maße die Gefahr der Entweichung, von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen oder der Selbstverletzung besteht und mildere Mittel nicht ausreichen. Die Maßnahme ist auch zulässig, wenn die Gefahr einer Befreiung oder eine erhebliche Störung der Sicherheit oder Ordnung in der Einrichtung nicht anders abgewendet werden kann.

(3) Unterbringungen in einem besonders gesicherten Raum ohne gefährdende Gegenstände von mehr als 24 Stunden Dauer sind der Aufsichtsbehörde unverzüglich mitzuteilen. Die Untergebrachten sind während dieser Unterbringung in besonderem Maße ärztlich und psychologisch zu betreuen und durch Bedienstete der Einrichtung kontinuierlich zu beobachten. Eine ununterbrochene Beobachtung mittels Videotechnik ist nur zulässig, wenn sie im Einzelfall zur Abwehr gegenwärtiger Gefahren für das Leben oder gegenwärtiger erheblicher Gefahren für die Gesundheit von Untergebrachten oder Dritten erforderlich ist. Das Schamgefühl der Untergebrachten ist zu schonen.

(4) Die Fesselung und Fixierung in einem besonders gesicherten Raum oder eine Fesselung während des Transports kann die Leitung der Einrichtung unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 1 anordnen.

(5) Fesseln dürfen in der Regel nur an Händen oder Füßen angelegt werden. Bei Art und Umfang der Fesselung oder Fixierung sind die Untergebrachten zu schonen. Die Fesselung oder Fixierung ist unverzüglich zu lockern oder zu entfernen, sobald die Gefahr nicht mehr fortbesteht oder durch mildere Mittel abgewendet werden kann. Für die Dauer der Fixierung in dem besonders gesicherten Raum ist die untergebrachte Person durch Bedienstete ständig und in unmittelbarem Sichtkontakt zu beobachten. Bei einer Ausführung ist die Fesselung zulässig, wenn die Beaufsichtigung nicht ausreicht, um ein Entweichen zu verhindern.

(6) Die Verlegung in einen anderen Gewahrsamstrakt oder die Beobachtung während des Einschlusses kann die Leitung der Einrichtung unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 1 anordnen. Die Verlegung in einen anderen Gewahrsamstrakt ist auch unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 2 zulässig.

(7) Bei Gefahr im Verzug können besondere Sicherungsmaßnahmen nach Absatz 2 bis 6 auch durch andere Bedienstete getroffen werden; die Entscheidung der Leitung ist in diesem Fall unverzüglich nachzuholen.

(8) Besondere Sicherungsmaßnahmen nach Absatz 2 bis 6 sollen den Untergebrachten zusammen mit ihrer Anordnung erläutert werden. Bei einer Eigen- oder Fremdgefährdung durch die Untergebrachten kann die Erläuterung nachgeholt werden. Anordnung und Dauer der Maßnahmen sind außerdem zu dokumentieren.

(9) Für die Anwendung unmittelbaren Zwanges durch Bedienstete der Einrichtung gelten die Vorschriften des Abschnittes 13 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen entsprechend, soweit nicht in anderen Rechtsvorschriften etwas anderes bestimmt ist.

§ 20
Schusswaffenverbot

Im Inneren der Einrichtung ist der Einsatz von Schusswaffen durch Bedienstete oder Beschäftigte der Einrichtung unzulässig. Ebenfalls unzulässig ist der Einsatz von Schusswaffen zur Vereitelung der Flucht oder zur Wiederergreifung von Untergebrachten.

§ 21
Medizinische Versorgung

(1) Untergebrachte werden im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften medizinisch versorgt. Die Versorgung erfolgt grundsätzlich durch den für die Einrichtung bestellten medizinisch-ärztlichen Dienst. Für psychologische und fachpsychiatrische Kriseninterventionen und Intensivbetreuungen sollen bei Bedarf geeignete Betreuungspersonen oder externe Fachkräfte, in Eilfällen ein Notarzt, herangezogen werden. Besteht der Verdacht einer ansteckenden Krankheit, sind Betroffene sofort separat unterzubringen.

(2) Kann eine sachgemäße medizinische Behandlung nach Feststellung der für die Einrichtung bestellten Ärztin beziehungsweise des für die Einrichtung bestellten Arztes nur durch eine Fachärztin oder einen Facharzt außerhalb der Einrichtung durchgeführt werden, sind Untergebrachte unter Beachtung der Maßnahmen der Sicherung dieser Behandlung zuzuführen.

(3) Ist eine sachgemäße Behandlung oder Beobachtung nur in einem Krankenhaus möglich, wo die Bewachung nicht aufrechterhalten werden kann, ist die zuständige Behörde unverzüglich zu unterrichten, um die Aussetzung der Haftanordnung zu prüfen und gegebenenfalls deren Aufhebung beantragen zu können.

(4) Die Einrichtung beschafft bei Bedarf die für Untergebrachte für eine Erstversorgung im Zielstaat erforderlichen Medikamente und stellt sicher, dass für eine Erstversorgung erforderliche Medikamente mit den notwendigen Erläuterungen an das jeweilige Abholteam übergeben werden, das zudem über wesentliche medizinische Vorkommnisse während der Unterbringung im erforderlichen Umfang unterrichtet wird. Die zuständige Ausländerbehörde stellt sicher, das Flugtauglichkeits- und Reisefähigkeitsbescheinigungen beigebracht werden.

(5) Von während der Unterbringung vom medizinisch-ärztlichen Dienst der Einrichtung erstellten Berichten sollen den Untergebrachten bei Verlassen der Einrichtung Abschriften in deutscher Sprache ausgehändigt werden.

§ 22
Beschwerderecht

(1) Untergebrachte haben das Recht, sich mit Wünschen, Anregungen und Beschwerden in Angelegenheiten, die sie selbst betreffen, an die Leitung der Einrichtung zu wenden. Die Leitung richtet eine wöchentliche Sprechstunde ein und gibt Zeitpunkt und Ort den Untergebrachten bekannt. In der Sprechstunde sind Untergebrachte auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme des Rechtswegs hinzuweisen.

(2) Schriftliche Beschwerden sind unverzüglich der Leitung der Einrichtung vorzulegen und bevorzugt zu bearbeiten. Die sachliche Zuständigkeit für die Bearbeitung richtet sich nach der Geschäftsordnung der zuständigen Bezirksregierung. Das Ergebnis ist den Untergebrachten mündlich bekannt zu geben und zu erläutern. Im Falle einer schriftlich eingereichten Beschwerde ist dem Beschwerdeführer eine schriftliche Bekanntgabe anzubieten.

(3) Beschwerden sind zu dokumentieren.

§ 23
Beirat

(1) Es wird ein Beirat Abschiebungshaft eingerichtet. Der Beirat Abschiebungshaft hat die Aufgabe, bei der Gestaltung des Abschiebungshaftvollzuges und bei der Betreuung der Untergebrachten mitzuwirken. Er unterstützt die zuständige Bezirksregierung durch Anregungen und Verbesserungsvorschläge und berät das zuständige Ministerium in grundsätzlichen Fragen des Vollzuges, insbesondere bei der Vorbereitung allgemeiner Richtlinien für die Vollzugsgestaltung. Untergebrachte können sich mit Anregungen, Wünschen und Beanstandungen unmittelbar an den Beirat Abschiebungshaft wenden, der sich für ihre Interessen einsetzt.

(2) Die Amtsperiode des Beirats Abschiebungshaft ist an der Wahlperiode des nordrhein-westfälischen Landtags orientiert und beginnt mit der konstituierenden Sitzung des Beirats, die alsbald nach der ersten Sitzung des neu gewählten Landtags stattfindet. Am Tag vor der konstituierenden Sitzung endet folglich die Amtsperiode des vorherigen Beirats.

(3) Alle im Landtag vertretenen Fraktionen haben das Recht, jeweils ein Mitglied in den Beirat Abschiebungshaft zu entsenden. Daneben benennen die katholische und die evangelische Kirche sowie die Stadt Büren jeweils ein Mitglied für den Beirat. Die Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege des Landes NRW und die anerkannten Hilfs- und Unterstützungsorganisationen der Flüchtlingshilfe benennen jeweils zwei Mitglieder; von diesen vier Mitgliedern soll eines den islamischen Organisationen angehören.

(4) Das für die Inneres zuständige Ministerium bestellt die Mitglieder des Beirats. Scheidet ein Mitglied des Beirats im Lauf der Amtsperiode aus, so kann für den Rest der Amtsperiode ein neues Mitglied bestellt werden. Die Bestellung eines Mitglieds kann aus wichtigem Grund, insbesondere wegen Verletzung der Verschwiegenheitspflicht, widerrufen werden.

(5) Der Beirat wählt aus seiner Mitte das vorsitzende Mitglied und dessen Stellvertretung mit den Stimmen der Mehrheit der Mitglieder. Unter denselben Voraussetzungen ist auch eine Abwahl möglich. Wahl oder Abwahl können nur erfolgen, wenn eine entsprechende Tagesordnung den Mitgliedern des Beirats rechtzeitig vor der Sitzung schriftlich zugegangen ist.

(6) Das vorsitzende Mitglied führt die Geschäfte, vertritt den Beirat nach außen und beruft den Beirat zu den Sitzungen ein. Auf Wunsch des Beirats sollen von ihm benannte Bedienstete der Einrichtung an der Beiratssitzung teilnehmen. Der Beirat ist beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte der Mitglieder anwesend ist. Er beschließt mit einfacher Mehrheit der anwesenden Mitglieder, bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des vorsitzenden Mitglieds den Ausschlag. Beiratsmitglieder können sich nicht durch beiratsfremde Personen vertreten lassen. Eine Übertragung des Stimmrechts auf ein anderes Beiratsmitglied ist nicht zulässig.

(7) Über jede Beiratssitzung ist eine Niederschrift nebst Anwesenheitsliste zu fertigen, die der Leitung der Einrichtung und dem für den Vollzug der Abschiebungshaft zuständigen Ministerium zuzuleiten ist. Soweit der Beirat Vertraulichkeit zugesichert hat, kann von der Aufnahme entsprechender Informationen in die Niederschrift abgesehen werden.

(8) Die Mitglieder des Beirats können die Einrichtung besichtigen und sich insbesondere über die Unterbringung, Freizeitangebote, Verpflegung und medizinische Versorgung unterrichten. Sie können die Untergebrachten in ihren Zimmern während des Tagesdienstes unangemeldet aufsuchen. Aussprache und Schriftwechsel von Mitgliedern des Beirats mit Untergebrachten werden nicht überwacht. Der Beirat kann im Einzelfall Aufgaben einem Mitglied übertragen.

(9) Die Leitung der Einrichtung unterstützt den Beirat bei der Erfüllung seiner Aufgaben, erteilt ihm auf Verlangen die erforderlichen Auskünfte und nimmt an Anstaltsbesichtigungen des Beirats und auf Wunsch des Beirates an dessen Sitzungen teil. Die zuständige Bezirksregierung händigt den Mitgliedern des Beirats Ausweise aus. Aus den Unterbringungsakten dürfen mit Zustimmung der Untergebrachten Mitteilungen gemacht werden. Die Mitglieder des Beirats sind bei allen vertraulichen Angelegenheiten zur Verschwiegenheit, auch nach dem Ende ihrer Mitgliedschaft, verpflichtet.

(10) Die Leitung der Einrichtung unterrichtet das vorsitzende Mitglied über jeden Ausbruch und jede Entweichung aus dem umschlossenen Einrichtungsbereich sowie über besondere Vorkommnisse in der Einrichtung, die voraussichtlich besonderes Aufsehen in der Öffentlichkeit erregen werden.

(11) Die Namen der Mitglieder des Beirats sind den Untergebrachten bekanntzugeben. Die Untergebrachten sind in geeigneter Weise darauf hinzuweisen, dass sie sich mit Wünschen, Anregungen und Beanstandungen an den Beirat wenden können.

(12) Das Ministerium für Inneres und Kommunale soll mindestens halbjährlich eine Besprechung mit dem Beirat durchführen. Der Beirat erstellt jährlich einen Bericht über seine Tätigkeit.

(13) Die Mitglieder des Beirats nehmen ihre Aufgabe ehrenamtlich wahr. Sie werden nach dem Ausschussmitglieder-Entschädigungsgesetz vom 13. Mai 1958 (GV. NRW. S. 193) in der jeweils geltenden Fassung entschädigt. Beiratsmitglieder sind gemäß § 2 Absatz 1 Nummer 10 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254), das durch Artikel 2 Absatz 22 des Gesetzes vom 1. April 2015 (BGBl. I S. 434) geändert worden ist, unfallversichert.

§ 24
Dokumentation, Akteneinsicht

(1) Neben den bereits genannten Durchsuchungen und Maßnahmen nach § 19 ist auch der sonstige Aufenthalt der Untergebrachten in der Einrichtung zu dokumentieren.

(2) Untergebrachte und von ihnen bevollmächtigte Personen haben das Recht, diese Dokumentation in Gegenwart einer oder eines Bediensteten der Einrichtung einzusehen.

§ 25
Unvereinbarkeit

Bestimmungen des Asylbewerberleistungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. August 1997 (BGBl. I S. 2022), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 23. Dezember 2014 (BGBl. I S. 2439) geändert worden ist, sowie Zweck und Eigenart der Abschiebungshaft stehen insbesondere der Anwendung der Regelungen des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen über

1. die Vollzugsgestaltung, den Behandlungsvollzug und den Vollzugsplan,

2. den offenen und geschlossenen Vollzug,

3. die Sozialtherapie,

4. die Beschäftigung und Vergütung,

5. Gelder der Gefangenen,

6. vollzugsöffnende Maßnahmen,

7. die Entlassung und soziale Eingliederung,

8. sozialtherapeutische Einrichtungen,

9. den Vollzug der Freiheitsstrafe bei angeordneter, vorbehaltener oder nachträglicher Sicherungsverwahrung,

10. den inneren Aufbau, Personal, Aufsicht und

11. den kriminologischen Dienst

entgegen.

§ 26
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Diese Verordnung tritt zwei Tage nach Verkündung des Abschiebungshaftvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 5. Mai 2015 (GV. NRW. S. 424) in Kraft. Sie tritt am 31. Dezember 2015 außer Kraft.

Düsseldorf, den 7. Mai 2015

Der Minister
für Inneres und Kommunales
des Landes Nordrhein-Westfalen

Ralf  J ä g e r

GV. NRW. 2015 S. 424