Verwaltungszustellungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landeszustellungsgesetz - LZG NRW)
2010
Verwaltungszustellungsgesetz
für das Land Nordrhein-Westfalen
(Landeszustellungsgesetz - LZG NRW)
Vom 7. März
2006
Der
Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:
Verwaltungszustellungsgesetz
für das Land Nordrhein-Westfalen
(Landeszustellungsgesetz - LZG NRW)
§ 1 Anwendungsbereich und Erfordernis der Zustellung
(1)
Dieses Gesetz gilt für das Zustellungsverfahren der Behörden des Landes, der
Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht des Landes
unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen
Rechts. Ausgenommen sind die Landesfinanzbehörden.
(2)
Zugestellt wird, soweit dies durch Rechtsvorschrift oder behördliche Anordnung
bestimmt ist.
§ 2 Allgemeines
(1)
Zustellung ist die Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen
Dokuments in der in diesem Gesetz bestimmten Form.
(2)
Die Zustellung wird durch einen Erbringer von Postdienstleistungen (Post) oder
durch die Behörde ausgeführt. Daneben gelten die in den §§ 9 bis 11 geregelten
Sonderarten der Zustellung.
(3)
Die Behörde hat die Wahl zwischen den einzelnen Zustellungsarten.
§ 3 Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde
(1)
Soll durch die Post mit Zustellungsurkunde zugestellt werden, übergibt die
Behörde der Post den Zustellungsauftrag, das zuzustellende Dokument in einem
verschlossenen Umschlag und einen vorbereiteten Vordruck einer
Zustellungsurkunde.
(2)
Für die Ausführung der Zustellung gelten die §§ 177 bis 182 der
Zivilprozessordnung entsprechend. Im Fall des § 181 Abs. 1 der
Zivilprozessordnung kann das zuzustellende Dokument bei einer von der Post
dafür bestimmten Stelle am Ort der Zustellung oder am Ort des Amtsgerichts, in
dessen Bezirk der Ort der Zustellung liegt, niedergelegt werden oder bei der
Behörde, die den Zustellungsauftrag erteilt hat, wenn sie ihren Sitz an einem
der vorbezeichneten Orte hat. Für die
Zustellungsurkunde, den Zustellungsauftrag, den verschlossenen Umschlag nach
Absatz 1 und die schriftliche Mitteilung nach § 181 Abs. 1 Satz 3 der
Zivilprozessordnung sind die Vordrucke nach der Zustellungsvordruckverordnung
zu verwenden.
§ 4 Zustellung durch die Post mittels Einschreiben
(1) Ein Dokument kann durch die Post mittels Einschreiben durch
Übergabe oder mittels Einschreiben mit Rückschein zugestellt werden.
(2) Zum Nachweis der Zustellung genügt der Rückschein. Im
Übrigen gilt das Dokument am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als
zugestellt, es sei denn, dass es nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt
zugegangen ist. Im Zweifel hat die Behörde den Zugang und dessen Zeitpunkt
nachzuweisen. Der Tag der Aufgabe zur Post ist in den Akten zu vermerken.
§ 5 Zustellung durch die Behörde gegen Empfangsbekenntnis, einschließlich elektronischer Dokumente
(1)
Bei der Zustellung durch die Behörde händigt der zustellende Bedienstete das
Dokument dem Empfänger in einem verschlossenen Umschlag aus. Das Dokument kann
auch offen ausgehändigt werden, wenn keine schutzwürdigen Interessen des
Empfängers entgegenstehen. Der Empfänger hat ein mit dem Datum der Aushändigung
versehenes Empfangsbekenntnis zu unterschreiben. Der Bedienstete vermerkt das
Datum der Zustellung auf dem Umschlag des auszuhändigenden Dokumentes oder bei
offener Aushändigung auf dem Dokument selbst.
(2)
Die §§ 177 bis 181 der Zivilprozessordnung sind anzuwenden. Zum Nachweis der Zustellung ist in den
Akten zu vermerken:
1.
im Fall der Ersatzzustellung in der Wohnung, in Geschäftsräumen und Einrichtungen
nach § 178 der Zivilprozessordnung der Grund, der diese Art der Zustellung rechtfertigt,
2.
im Fall der Zustellung bei verweigerter Annahme nach § 179 der Zivilprozessordnung,
wer die Annahme verweigert hat und dass das Dokument am Ort der Zustellung zurückgelassen oder an den Absender
zurückgesandt wurde sowie der
Zeitpunkt und der Ort der verweigerten Annahme,
3.
in den Fällen der Ersatzzustellung nach §§ 180 und 181 der Zivilprozessordnung der Grund der
Ersatzzustellung sowie, wann und wo das Dokument in einen Briefkasten eingelegt oder sonst
niedergelegt und in welcher Weise die Niederlegung
schriftlich mitgeteilt wurde.
Im
Fall des § 181 Abs. 1 der Zivilprozessordnung kann das zuzustellende Dokument
bei der Behörde, die den Zustellungsauftrag erteilt
hat, niedergelegt werden, wenn diese Behörde ihren Sitz am Ort der Zustellung
oder am Ort des Amtsgerichts hat, in dessen Bezirk der Ort der
Zustellung liegt.
(3)
Zur Nachtzeit, an Sonntagen und allgemeinen Feiertagen darf nach Absatz 1 und 2
im Inland nur mit Erlaubnis des Behördenleiters zugestellt werden. Die
Nachtzeit umfasst die Stunden von einundzwanzig bis sechs Uhr. Eine Zustellung,
bei der diese Vorschriften nicht beachtet sind, ist wirksam, wenn die Annahme
nicht verweigert ist.
(4)
Das Dokument kann an Behörden,Körperschaften,
Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, an Rechtsanwälte,
Patentanwälte, Notare, Gerichtsvollzieher, Steuerberater,
Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer,
Steuerberatungsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und
Buchprüfungsgesellschaften sowie an weitere, durch Rechtsverordnung des
Innenministeriums bestimmte Berufsgruppen auch auf andere Weise gegen
Empfangsbekenntnis zugestellt werden. Die Zustellung kann elektronisch
erfolgen, soweit der Zustellungsadressat einen Zugang eröffnet. Zum Nachweis
der Zustellung genügt das mit Datum und Unterschrift versehene
Empfangsbekenntnis, das an die Behörde zurückzusenden ist.
(5)
Ein elektronisches Dokument kann im Übrigen unbeschadet des Absatzes 4 jedem
Zustellungsadressaten elektronisch zugestellt werden, soweit dieser einen Zugang eröffnet und das Dokument mit einer
qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen wird.
Zum Nachweis der Zustellung genügt das mit Datum und Unterschrift versehene
Empfangsbekenntnis, das an die Behörde zurückzusenden ist.
§ 6 Zustellung an gesetzliche Vertreter
(1)
Bei Geschäftsunfähigen oder beschränkt Geschäftsfähigen ist an ihre
gesetzlichen Vertreter zuzustellen. Gleiches gilt bei Personen, für die ein
Betreuer bestellt ist, soweit der Aufgabenkreis des Betreuers reicht.
(2)
Bei Behörden wird an den Behördenleiter, bei juristischen Personen, nicht
rechtsfähigen Personenvereinigungen und Zweckvermögen an ihre gesetzlichen
Vertreter zugestellt. § 34 Abs. 2 der Abgabenordnung bleibt unberührt.
(3)
Bei mehreren gesetzlichen Vertretern oder Behördenleiterngenügt die Zustellung an einen von
ihnen.
(4)
Der zustellende Bedienstete braucht nicht zu prüfen, ob die Anschrift den
Vorschriften der Absätze 1 bis 3 entspricht.
§ 7
Zustellung an Bevollmächtigte
(1)
Zustellungen können an den allgemein oder für bestimmte Angelegenheiten
bestellten Bevollmächtigten gerichtet werden. Sie sind an ihn zu richten, wenn
er eineschriftliche Vollmacht
vorgelegt hat. Ist ein Bevollmächtigter für mehrere Beteiligte bestellt, so
genügt die Zustellung eines Dokumentsan
ihn für alle Beteiligten.
(2)
Einem Zustellungsbevollmächtigten mehrerer Beteiligter sind so viele Ausfertigungen
oder Abschriften zuzustellen, als Beteiligte vorhanden sind. Dies gilt nicht
bei elektronischer Übermittlung.
§ 8
Heilung von Zustellungsmängeln
Lässt
sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist es
unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, gilt es als in
dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten nachweislichzugegangen ist; im Fall des § 5 Abs.
5 in dem Zeitpunkt, in dem der Empfänger das Empfangsbekenntnis zurückgesendet
hat.
§ 9
Zustellung im Ausland
(1) Eine Zustellung im
Ausland erfolgt
1.
durch Einschreiben mit Rückschein, soweit die Zustellung von Dokumenten
unmittelbar durch die Post völkerrechtlich zulässig ist,
2.
auf Ersuchen der Behörde durch die Behörden des fremden Staates oder durch die
zuständige diplomatische oder konsularische Vertretung der Bundesrepublik
Deutschland,
3.
auf Ersuchen der Behörde durch das Auswärtige Amt an eine Person, die das Recht
der Immunität genießt und zu einer Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im
Ausland gehört sowie an Familienangehörige einer solchen Person, wenn diese das
Recht der Immunität genießen oder
4.
durch Übermittlung elektronischer Dokumente nach § 5 Abs. 5, soweit dies
völkerrechtlich zulässig ist.
(2)
Zum Nachweis der Zustellung nach Absatz 1 Nr. 1 genügt der Rückschein. Die
Zustellung nach Absatz 1 Nr. 2 und 3 wird durch das Zeugnis der ersuchten
Behörde nachgewiesen. Zum Nachweis der Zustellung gemäß Absatz 1 Nr. 4 genügt
das Empfangsbekenntnis nach § 5 Abs. 5 Satz 2.
(3)
Die Behörde kann bei der Zustellung nach Absatz 1 Nr. 2 und 3 anordnen, dass
die Person, an die zugestellt werden soll, innerhalb einer angemessenen Frist
einen Zustellungsbevollmächtigten benennt, der im Inland wohnt oder dort einen
Geschäftsraum hat. Wird kein Zustellungsbevollmächtigter benannt, können
spätere Zustellungen bis zur nachträglichen Benennung dadurch bewirkt werden,
dass das Dokument unter der Anschrift der Person, an die zugestellt werden
soll, zur Post gegeben wird. Das Dokument gilt am siebenten Tage nach Aufgabe
zur Post als zugestellt, wenn nicht feststeht, dass es den Empfänger nicht oder
zu einem späteren Zeitpunkt erreicht hat. Die Behörde
kann eine längere Frist bestimmen. In der Anordnung nach Satz 1 ist auf
diese Rechtsfolgen hinzuweisen. Zum Nachweis der Zustellung ist in den Akten zu
vermerken, zu welcher Zeit und unter welcher Anschrift
das Dokument zur Post gegeben
wurde.
§ 10
Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung
(1)
Die Zustellung kann durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, wenn
1.
der Aufenthaltsort des Empfängers unbekannt ist und eine Zustellung an einen Vertreter oder
Zustellungsbevollmächtigten nicht möglich ist oder
2.
sie im Fall des § 9 nicht möglich ist oder keinen Erfolg verspricht.
Die
Anordnung zu dieser Form der Zustellungtrifft ein zeichnungsberechtigter Bediensteter.
(2)
Die Zustellung erfolgt für Behörden des Landes durch Bekanntmachung einer
Benachrichtigung an der Stelle, die von der jeweiligen Behörde hierfür
allgemein bestimmt ist, oder durch Veröffentlichung einer Benachrichtigung im
Amtsblatt der Bezirksregierung oder Teil III des Ministerialblatts für das Land
Nordrhein-Westfalen in der gedruckten oder in der Internet-Version. Für Gemeinden
und Gemeindeverbände gilt § 4 der Verordnung über die öffentliche
Bekanntmachung von kommunalem Ortsrecht vom 26.
August 1999 in der jeweils geltenden Fassung.
Die
Benachrichtigung muss
1.
die Behörde, für die zugestellt wird,
2.
den Namen und die letzte bekannte Anschrift
des Zustellungsadressaten,
3.
das Datum und das Aktenzeichen des Dokuments
sowie
4.
die Stelle, wo das Dokument
eingesehen werden kann,
erkennen
lassen.
Die Benachrichtigung muss den Hinweis enthalten, dass das Dokument
durch öffentliche Bekanntmachung zugestellt wird und Fristen in Gang gesetzt
werden können, nach deren Ablauf Rechtsverluste drohen können. Bei der
Zustellung einer Ladung muss die Benachrichtigung den Hinweis enthalten, dass
das Dokument eine Ladung zu einem Termin enthält, dessen Versäumung
Rechtsnachteile zur Folge haben kann. In den Akten ist zu vermerken, wann und
wie die Benachrichtigung bekannt gemacht wurde und wie lange ein Aushang oder
die Bereitstellung im Internet angedauert hat. Das Dokument gilt als
zugestellt, wenn seit dem Tag der Bekanntmachung beziehungsweise seit der
Veröffentlichung der Benachrichtigung zwei Wochen vergangen sind.
§ 11
Zustellung an Beamte, Ruhestandsbeamte und sonstige Versorgungsberechtigte
(1)
Ein Beamter muss Zustellungen unter der Anschrift, die er seinem
Dienstvorgesetzten angezeigt hat, gegen sich gelten lassen. Hat der Beamte
unter der angezeigten Anschrift keine Wohnung, so steht der Versuch einer
Zustellung der Zustellung gleich.
(2)
Verfügungen und Entscheidungen, die einem Beamten, Ruhestandsbeamten oder
sonstigen Versorgungsberechtigten nach den Vorschriften des Landesbeamtenrechts
und des Landesdisziplinargesetzes zuzustellen sind, können dem Beamten oder
Versorgungsberechtigten auch in der Weise zugestellt werden, dass sie ihm
mündlich oder durch Gewährung von Einsicht bekannt gegeben werden. Hierüber ist
eine Niederschrift anzufertigen. Der Beamte oder Versorgungsberechtigte erhält
von ihr auf Antrag eine Abschrift.
(3)
Einem Beamten oder Versorgungsberechtigten, der sich im Ausland aufhält, kann
auch dadurch zugestellt werden, dass ihm der wesentliche Inhalt des
zuzustellenden Schriftstückes in anderer Form dienstlich mitgeteilt wird. Die
Zustellung soll in der sonst vorgeschriebenen Form nachgeholt werden, sobald
die Umstände es gestatten.
§ 12
In-Kraft-Treten und Außer-Kraft-Treten
Dieses Gesetz tritt mit Wirkung vom 1. Februar 2006 in
Kraft. Es tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2010 außer Kraft (Fn. 1). Zugleich
mit dem In-Kraft-Treten dieses Gesetzes tritt das Landeszustellungsgesetz vom
23. Juli 1957 (GV. NRW. S. 213) außer Kraft.
_______________
Fn. 1
Redaktionelle Anmerkung gemäß Artikel 123 des
Fünften Befristungsgesetzes:
„Dies ist eine gesetzlich angeordnete Evaluierungsverpflichtung.
Sie verpflichtet die Landesregierung, dem Landtag rechtzeitig vor dem
genannten Datum das Ergebnis der Evaluierung vorzulegen.“
Düsseldorf, den
7. März 2006
Die
Landesregierung
Nordrhein-Westfalen
Der Ministerpräsident
Dr. JürgenR ü t t g e r s
(L. S.)
Der Innenminister
Dr.
IngoW o l f
GV.
NRW. 2006 S. 94
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