Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 2020 Nr. 52 vom 17.11.2020 Seite 1055 bis 1058
Verordnung zur Durchführung online gestützter Wahlen der Hochschulen und der Studierendenschaften in Nordrhein-Westfalen (Onlinewahlverordnung) |
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Verordnung zur Durchführung online gestützter Wahlen der Hochschulen und der Studierendenschaften in Nordrhein-Westfalen (Onlinewahlverordnung)
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Verordnung
zur Durchführung online gestützter Wahlen
der Hochschulen und der Studierendenschaften
in Nordrhein-Westfalen
(Onlinewahlverordnung)
Vom 30. Oktober 2020
Auf Grund der § 13 Absatz 1 Satz 4 und 5, § 54 Absatz 3 Satz 4 und 5 des Hochschulgesetzes vom 16. September 2014 (GV. NRW. S. 547), von denen durch Artikel 1 des Gesetzes vom 12. Juli 2019 (GV. NRW. S. 425, ber. S. 593) § 13 Absatz 1 Satz 4 und 5 neu gefasst und § 54 Absatz 3 Satz 4 und 5 angefügt worden sind, verordnet das Ministerium für Kultur und Wissenschaft:
§ 1
Ziel dieser Verordnung
(1) Ziel dieser Verordnung ist es,
1. die Wahlen in den Hochschulen und Studierendenschaften dahingehend, insbesondere mit Blick auf die Erhöhung der Wahlbeteiligung, zu unterstützen, dass die jeweiligen Stimmen auch in elektronischer Form abgegeben werden können,
2. zu ermöglichen, dass insbesondere bei der Wahl der Vertreterinnen und Vertreter der Mitgliedergruppen im Senat und im Fachbereichsrat sowie der Wahl des Studierendenparlaments, die jeweils durch Stimmabgabe in elektronischer Form erfolgt, die Wahlgrundsätze erfüllt werden können,
3. die Barrierefreiheit der Wahlen in den Hochschulen und Studierendenschaften zu erhöhen und damit den Grundsatz der geheimen Wahl auch für wahlberechtigte Personen mit Behinderung zu stärken und
4. Wahlen in den Hochschulen und Studierendenschaften organisatorisch sachgerecht und finanziell angemessen durchzuführen.
(2) Die Wahlgrundsätze der unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahl gelten gemäß § 13 Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 2, Satz 4 und § 54 Absatz 1 Satz 3 Halbsatz 2, Absatz 3 Satz 4 des Hochschulgesetzes vom 16. September 2014 (GV. NRW. S. 547), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 1. September 2020 (GV. NRW. S. 890) geändert worden ist, für elektronische Wahlen nach Maßgabe dieser Verordnung. Satz 1 gilt auch für den Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl.
§ 2
Geltungsbereich
(1) Diese Verordnung gilt für die staatlich getragenen Universitäten und Fachhochschulen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Hochschulgesetzes und für die Studierendenschaften dieser Hochschulen.
(2) Die Regelungen dieser Verordnung gelten
1. für die Wahl der Vertreterinnen und Vertreter der Mitgliedergruppen im Senat und im Fachbereichsrat sowie für die Wahl des Studierendenparlaments und
2. für alle anderen in Urwahl stattfindenden Wahlen in der Hochschule und der Studierendenschaft,
wenn die Wahlordnung vorsieht, dass eine elektronische Wahl durch Abgabe der Stimme in elektronischer Form durchgeführt wird oder durchgeführt werden kann. Für Wahlen im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 kann die Wahlordnung der Hochschule und der Studierendenschaft im Übrigen von dieser Verordnung abweichende Regelungen treffen.
§ 3
Grundsatz der Autonomie
(1) Die Hochschule und die Studierendenschaft entscheiden über die Einführung der elektronischen Wahl in ihrer Autonomie. Sie sind daher nicht verpflichtet, eine elektronische Wahl in ihrer Wahlordnung zu regeln, prüfen aber, ob eine derartige Wahl angesichts der Ziele dieser Verordnung nach § 1 Absatz 1 eingeführt werden soll.
(2) Die Wahlordnung kann neben der elektronischen Wahl eine Stimmabgabe mit herkömmlichen Stimmzettel oder zusätzlich oder anstelle der Stimmabgabe mit herkömmlichen Stimmzetteln in der Form der Briefwahl vorsehen.
§ 4
Technische Anforderungen
(1) Zur Sicherung der Wahlgrundsätze der unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahl dürfen elektronische Wahlen nur dann durchgeführt werden, wenn das verwendete elektronische Wahlsystem aktuellen technischen Standards, insbesondere den Sicherheitsanforderungen für Online-Wahlprodukte des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik entspricht. Die Konkretisierung des Standes der Technik muss der Bedeutung der Wahl Rechnung tragen, darf aber den finanziellen Aufwand berücksichtigen.
(2) Das elektronische Wahlsystem muss gewährleisten, dass
1. die elektronische Wahlurne und das elektronische Wahlverzeichnis auf verschiedener Serverhardware geführt werden; das Wahlverzeichnis soll auf einem universitätseigenen Server gespeichert sein,
2. die Wahlserver vor Angriffen aus dem Netz geschützt und nur autorisierte Zugriffe zugelassen sind,
3. im Falle des Ausfalles oder der Störung eines Servers oder eines Serverbereiches keine Stimmen unwiederbringlich verloren gehen können,
4. das Übertragungsverfahren der Wahldaten vor Ausspäh- und Entschlüsselungsversuchen geschützt ist,
5. die Übertragungswege zur Überprüfung der Stimmberechtigung der wählenden Person, der Gültigkeit ihrer Versicherung an Eides Statt sowie zur Registrierung der Stimmabgabe im Wahlverzeichnis und die Stimmabgabe in die elektronische Wahlurne so ausgestaltet sind, dass zu keiner Zeit eine Zuordnung des Inhalts der Wahlentscheidung zur wählenden Person möglich ist,
6. eine Stimme nicht mehrfach abgegeben werden kann,
7. durch das verwendete elektronische Wahlsystem die Stimme der wählenden Person bei der Stimmeingabe nicht in dem von ihr hierzu verwendeten Computer gespeichert und der elektronische Stimmzettel auf dem Bildschirm nach Absenden der Stimmeingabe unverzüglich ausgeblendet wird,
8. unbemerkte Veränderungen der Stimmeingabe durch Dritte ausgeschlossen sind,
9. die Speicherung der abgegebenen Stimme in der elektronischen Wahlurne nach einem nicht nachvollziehbaren Zufallsprinzip erfolgt,
10. die Anmeldung am Wahlsystem, die Auswahl und Abgabe der Stimme sowie persönliche Informationen und IP-Adressen der wahlberechtigten Personen nicht in einer Weise protokolliert werden, die den Grundsatz der geheimen Wahl gefährdet, und
11. die Datensätze der elektronischen Wahlurne auch nach der Auszählung solange gesichert sind, bis die Wahlen unanfechtbar geworden sind.
Die Wahlordnung regelt das Nähere insbesondere zur näheren Spezifikation des Stands der Technik nach Absatz 1, zu dem autorisierten Zugriff nach Satz 2 Nummer 2, zum Verlustschutz nach Satz 2 Nummer 3, zu dem Schutz des Übertragungsverfahrens der Wahldaten nach Satz 2 Nummer 4 und zur Ausgestaltung nach Satz 2 Nummer 5.
(3) Die Hochschule und die Studierendenschaft sind berechtigt, zur Durchführung der elektronischen Wahl und zur Feststellung des ausreichenden technischen Sicherheitsstandards externe Dienstleistung in Anspruch zu nehmen. Bedient sich die Hochschule oder die Studierendenschaft bei der Durchführung der Wahl einer externen Dienstleistung, ist diese auf die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben dieser Verordnung und der Wahlordnung vertraglich zu verpflichten, es sei denn, nach den Geschäftsbedingungen der externen Dienstleistung, die Bestandteil des Vertrages zwischen dieser Dienstleistung und der Hochschule oder der Studierendenschaft werden, ist gesichert, dass die Dienstleistung die rechtlichen Vorgaben dieser Verordnung und der Wahlordnung einhält. Die Wahlordnung regelt das Nähere zur Sicherstellung dieser Vorgaben.
§ 5
Wahlbenachrichtigung; Wahlunterlagen;
Beginn und Ende der elektronischen Wahl
(1) Das Nähere zur Wahlbenachrichtigung regelt die Wahlordnung.
(2) Die Wahlunterlagen umfassen
1. den elektronischen Stimmzettel sowie
2. die Erklärung nach § 7 Absatz 1.
(3) Wenn die Öffnung und die Schließung des Wahlportals und damit der Beginn und das Ende der elektronischen Wahl nicht für eine spätere Überprüfung protokolliert werden, ist die Öffnung und Schließung nur nach einvernehmlichem Beschluss von mindestens zwei nach der Wahlordnung berechtigten Personen zulässig. Das Nähere regelt die Wahlordnung.
§ 6
Stimmabgabe
(1) Die Wahlordnung regelt das Nähere zur Benachrichtigung der wahlberechtigten Personen über die zur Authentifizierung erforderlichen Daten, über den Wahlzeitraum sowie über die Durchführung der Wahl und über die Nutzung der elektronischen Wahlurne und des Wahlportals.
(2) Die Stimmabgabe erfolgt persönlich und unbeobachtet in elektronischer Form und erfordert eine vorherige Authentifizierung der wahlberechtigten Person. Die Authentifizierungsdaten müssen eine eindeutige Identifizierung ermöglichen, die nach dem Stand der Technik nicht in unberechtigter Weise dupliziert oder umgangen werden kann.
(3) Stimmabgabe und Authentifizierung sind zu trennen. Nach Stimmabgabe ist eine erneute Authentifizierung zu Wahlzwecken nicht mehr zulässig.
(4) Die wahlberechtigte Person ist berechtigt, bis zur endgültigen Stimmabgabe ihre Eingabe zu korrigieren oder die Wahl abzubrechen. Ein Absenden der Stimme ist erst auf der Grundlage einer elektronischen Bestätigung durch die wählende Person zu ermöglichen. Die Übermittlung muss für diese am Bildschirm erkennbar sein. Mit dem Hinweis über die erfolgreiche Stimmabgabe ist die Stimme abgegeben.
(5) Das Nähere zur Stimmabgabe regelt die Wahlordnung. Die Hochschule und die Studierendenschaften ermöglichen die Stimmabgabe während der regulären Öffnungszeiten auch im Wahlamt oder in einer anderen in der Wahlordnung vorgesehenen geeigneten Stelle nach Maßgabe der Wahlordnung in elektronischer oder in geeigneter nichtelektronischer Form insbesondere durch Urnenwahl oder auf Antrag durch Briefwahl.
§ 7
Versicherung an Eides Statt
(1) Bei der Stimmabgabe bei der Wahl der Vertreterinnen und Vertreter der Mitgliedergruppen im Senat und im Fachbereichsrat hat die wählende Person oder deren Hilfsperson gegenüber der Wahlleitung an Eides Statt unter Angabe des Tages zu versichern, dass sie die Stimme persönlich oder als Hilfsperson gemäß dem erklärten Willen der wählenden Person gekennzeichnet habe.
(2) Die Versicherung an Eides statt wird nach Maßgabe der Wahlordnung in schriftlicher Form oder in elektronischer Form abgegeben. Die Versicherung ist in elektronischer Form abgegeben, wenn die wahlberechtigte Person die Versicherung in dem elektronischen Wahlsystem abgibt und hierbei zugleich nach Maßgabe des § 6 Absatz 2 und 5 authentifiziert ist; die Authentifizierung der wahlberechtigten Person erfolgt durch das in der Wahlbenachrichtigung genannte Authentifizierungsverfahren am Wahlportal. Das Nähere regelt die Wahlordnung.
§ 8
Stimmenauszählung
(1) Die elektronische Wahl ist nach Schließung des Wahlportals beendet. Nach dieser Schließung wird die elektronische Wahlurne durch das elektronische Wahlsystem ausgezählt und das elektronisch bereitgestellte Ergebnis eröffnet; das Sitzverteilungsverfahren bleibt unberührt. Das Nähere regelt die Wahlordnung.
(2) Das Nähere zur Feststellung des vorläufigen und des endgültigen Wahlergebnisses regelt die Wahlordnung.
§ 9
Ungültigkeit und Zurückweisung von Stimmen
(1) Elektronische Stimmzettel sind ungültig, wenn keine Stimme oder zu viele Stimmen abgegeben wurden oder der elektronische Stimmzettel als ungültig markiert wurde. Sie werden bei der Wahlbeteiligung und bei den ungültigen Stimmen berücksichtigt.
(2) Wenn die stimmabgebende Person oder die Hilfsperson die Versicherung an Eides Statt nicht wirksam erklärt hat, ist der elektronische Stimmzettel zurückgewiesen. Die stimmabgebende Person wird nicht als Wähler gezählt; ihre Stimmen gelten als nicht abgegeben.
(3) Die Stimmen einer wählenden Person werden nicht dadurch ungültig, dass sie vor der Schließung des Wahlportals stirbt oder ihr Wahlrecht verliert.
§ 10
Störungen; vorzeitige Beendigung
(1) Im Fall eines schwerwiegenden Verstoßes gegen die Vorgaben des § 4 oder der entsprechenden Vorgaben der Wahlordnung kann die Wahlordnung vorsehen, dass die elektronische Wahl vorzeitig beendet wird.
(2) Die Wahlordnung regelt das Nähere zu den Folgen einer während der Wahlfrist auftretenden Unmöglichkeit der Stimmabgabe in elektronischer Form und zu einer sonstigen Störung der elektronischen Wahl. Sie berücksichtigt dabei das Ausmaß der Beeinträchtigung der berührten Wahlgrundsätze.
(3) Die Wahl ist vorzeitig zu beenden, wenn eine Stimmenmanipulation nicht ausgeschlossen ist.
§ 11
Inkrafttreten; Übergangsregelungen
(1) Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
(2) Diese Verordnung gilt mit Ausnahme des § 5 Absatz 2 Nummer 2 sowie des § 7 Absatz 1 rückwirkend zum Tag des Inkrafttretens des Gesetzes zur Änderung des Hochschulgesetzes vom 12. Juli 2019 (GV. NRW. S. 425, ber. S. 593) am 1. Oktober 2019. Die Verpflichtung nach § 5 Absatz 2 Nummer 2 sowie die Verpflichtung zur Abgabe einer Versicherung an Eides Statt nach § 7 Absatz 1 gelten während des Zeitraums der Rückwirkung im Sinne des Satzes 1 mithin nicht. Soweit die für Wahlen geltende Wahlordnung, die vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung mit der Bekanntgabe des Wahlergebnisses bereits abgeschlossen wurden, von den Regelungen dieser Verordnung abweicht, ist dies für die Wirksamkeit dieser abgeschlossenen Wahl unschädlich.
Düsseldorf, den 30. Oktober 2020
Die
Ministerin
für Kultur und Wissenschaft
des Landes Nordrhein-Westfalen
Isabel Pfeiffer-Poensgen
GV. NRW. 2020 S. 1056