Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 2021 Nr. 39 vom 17.5.2021 Seite 559 bis 610

Satzung zur Konkretisierung der Bestimmungen des Medienstaatsvertrags über Medienplattformen und Benutzeroberflächen[1] (MB-Satzung)
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Satzung zur Konkretisierung der Bestimmungen des Medienstaatsvertrags über Medienplattformen und Benutzeroberflächen[1] (MB-Satzung)

Satzung zur Konkretisierung der Bestimmungen des Medienstaatsvertrags über
Medienplattformen und Benutzeroberflächen
[1]
(MB-Satzung)

vom 19. März 2021

Aufgrund von §§ 84 Abs. 8, 88 Medienstaatsvertrag (MStV) vom 14. bis 28. April 2020 (GV. NRW. S. 524) erlässt die Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM) übereinstimmend mit den übrigen Landesmedienanstalten die folgende Satzung:

1. Abschnitt: Allgemeine Vorschriften

§ 1
Zweck, Anwendungsbereich

(1) Diese Satzung regelt gemäß §§ 84 Abs. 8, 88 MStV Einzelheiten zur inhaltlichen und verfahrensmäßigen Konkretisierung der gesetzlichen Vorschriften des V. Abschnitts 2. Unterabschnitt des MStV über Medienplattformen und Benutzeroberflächen (§§ 78 bis 88 MStV). Sie dient der positiven Sicherung der Meinungsvielfalt (Angebots- und Anbietervielfalt).

(2) Die Bestimmungen dieser Satzung gelten für Medienplattformen und Benutzeroberflächen. Mit Ausnahme der §§ 1, 2, 3, 12 ff. dieser Satzung gelten sie nicht für Medienplattformen und Benutzeroberflächen, deren Bedeutung für die Angebots- und Meinungsvielfalt gering ist. Dies ist in der Regel der Fall, wenn die Medienplattform oder die Benutzeroberfläche die in § 78 Satz 2 Nr. 1 und 2 MStV vorgesehenen Schwellen unterschreitet.

(3) Infrastrukturgebunden sind Medienplattformen, bei denen der Anbieter der Medienplattform zugleich die Übertragungsinfrastruktur vom Einspeisepunkt bis zum Netzabschlusspunkt kontrolliert. Die Kontrolle kann auch aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Anbieter und dem Inhaber der Übertragungsinfrastruktur erfolgen.

(4) Die Ermittlung der angeschlossenen Wohneinheiten für kabelnetzgebundene Medienplattformen und deren Benutzeroberflächen nach § 78 Satz 2 Nr. 1 MStV erfolgt nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen:

  1. Es werden alle zurechenbaren Netze eines Anbieters einer kabelnetzgebundenen Medienplattform zusammengefasst betrachtet.
  2. Angeschlossene Wohneinheiten im Sinne des § 78 Satz 2 Nr. 1 MStV sind bei kabelnetzgebundenen Medienplattformen Wohneinheiten, in denen ein physischer Netzabschlusspunkt vorliegt, an dem einem Endnutzer der Zugang zu einem Kabelnetz bereitgestellt wird, soweit für den Netzabschlusspunkt eine Vereinbarung besteht, nach der der Endnutzer berechtigt ist, Rundfunkprogramme in Anspruch zu nehmen.

(5) Für die Ermittlung der tatsächlichen täglichen Nutzer im Sinne von § 78 Satz 2 Nr. 2 MStV gelten die folgenden Bestimmungen:

  1. Tatsächliche tägliche Nutzer einer nicht infrastrukturgebundenen Medienplattform oder einer Benutzeroberfläche sind Nutzer, die innerhalb eines Tages die Medienplattform oder die Benutzeroberfläche besuchen. Mehrfache Aufrufe eines Nutzers sind einfach zu zählen (Unique User);
  2. Maßgeblich ist der Aufruf der ersten Auswahlebene einer Medienplattform oder einer Benutzeroberfläche. Ist hingegen die Medienplattform abgrenzbarer Teil eines Mischangebotes, sind die Unique User-Zahlen der abgrenzbaren Funktion maßgeblich;
  3. Wird der Aufruf von Rundfunkprogrammen, rundfunkähnlichen Telemedien oder Telemedien im Sinne des § 19 Abs. 1 MStV ausschließlich von einer Registrierung oder einem LogIn abhängig gemacht, ist für die Bemessung der Unique User der Aufruf der nach der Registrierung oder dem LogIn erreichbaren ersten Auswahlebene maßgeblich;
  4. Soweit keine Angaben zu den tatsächlichen täglichen Nutzern gemacht werden können, wird bei Benutzeroberflächen die Anzahl der verkauften Geräte zugrunde gelegt;
  5. Für die obenstehenden Berechnungen des Monatsdurchschnitts wird ein Zeitraum von sechs Monaten zugrunde gelegt.

(6) Der Anbieter hat das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 78 Satz 2 Nrn. 1 und 2 MStV darzulegen.

§ 2
Anzeige

(1) Anbieter, die eine Medienplattform oder Benutzeroberfläche anbieten wollen, müssen dies mindestens einen Monat vor Inbetriebnahme der zuständigen Landesmedienanstalt anzeigen. Soweit die Inbetriebnahme des Angebots nicht im Verantwortungsbereich des Anbieters liegt, ist für die Anzeigepflicht nach Satz 1 auf den Zeitpunkt des Inverkehrbringens abzustellen.

(2) Im Rahmen der Anzeige sind insbesondere folgende Angaben zu machen sowie Unterlagen vorzulegen:

  1. Darlegung des Angebots; dies umfasst auch Angaben zur Infrastrukturgebundenheit der Medienplattform bzw. Angaben, ob es sich um eine Benutzeroberfläche einer infrastrukturgebundenen Medienplattform handelt;
  2. Benennung der natürlichen oder juristischen Person des Anbieters der Medienplattform oder Benutzeroberfläche sowie des Wohnsitzes oder Sitzes;
  3. Vorlage eines gesetzlichen Führungszeugnisses zur Vorlage bei einer Behörde oder eines vergleichbaren ausländischen Dokuments für die Person des Anbieters der Medienplattform oder Benutzeroberfläche bzw. die ihn gesetzlich oder satzungsmäßig vertretende Person, das bei Vorlage nicht älter als ein halbes Jahr ist. Bei mehreren ihn gesetzlich oder satzungsmäßig vertretenden Personen ist die Vorlage eines Dokuments im Sinne von Satz 1 für diejenigen Vertretenden ausreichend, die für die Auswahl der Angebote oder die Gestaltung der Übersicht verantwortlich sind;
  4. Angaben zur technischen und voraussichtlichen Nutzungsreichweite. Hierzu gehören insbesondere die zur Überprüfung von § 78 Satz 2 MStV sowie § 1 Abs. 4 bis 6 dieser Satzung erforderlichen Angaben.

(3) Hat der Anbieter der Medienplattform oder Benutzeroberfläche seinen Wohnsitz oder Sitz nicht in Deutschland, einem sonstigen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, hat er im Rahmen der Anzeige einen Bevollmächtigten nach § 79 Abs. 1 Satz 2 MStV unter Vorlage eines Dokuments nach Abs. 2 Nr. 3 zu benennen.

(4) Die zuständige Medienanstalt kann darüber hinaus die Vorlage weiterer Unterlagen und Informationen verlangen, die für die Beurteilung der Anzeige erforderlich sind.

§ 3
Signalintegrität, Überlagerungen und Skalierungen

(1) Eine technische Veränderung im Sinne des § 80 Abs. 1 Nr. 1 MStV liegt auch vor, wenn technisch bereitgestellte HbbTV-Signale von Medienplattformanbietern nicht weitergeleitet werden.

(2) Einer Überlagerung im Sinne des § 80 Abs. 1 Nr. 2 MStV stehen akustische oder visuelle Einblendungen gleich, die zeitlich unmittelbar nach Anwahl durch den Nutzer und vor Beginn des Rundfunkprogramms erfolgen (Pre-Roll).

(3) Eine Veranlassung im Einzelfall im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 2 und 3 MStV erfolgt durch eine eindeutige Handlung des Nutzers, mit der freiwillig, für die konkrete Nutzungssituation und unmissverständlich bekundet wird, dass der Nutzer die Überlagerung oder Skalierung auslösen will. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Nutzer entsprechend gekennzeichnete visuelle oder akustische Bedienelemente zum Auslösen der Überblendung oder der Skalierung verwendet.

2. Abschnitt: Belegungsvorgaben

§ 4

Belegungsvorgaben für infrastrukturgebundene Medienplattformen

Eine angemessene Berücksichtigung der Angebote nach § 81 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 lit. b und c MStV sowie § 81 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 lit. b MStV setzt voraus, dass

  1. nachgewiesen wird, dass die Kapazität zur Belegung nach § 82 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 MStV nicht ausreicht, die Verbreitungsverpflichtungen nach § 81 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 MStV sowie nach § 81 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 MStV vollumfänglich zu erfüllen;
  2. Programme, die in unterschiedlichen Standards verbreitet werden, nur einmal angerechnet werden;
  3. Programme nach § 81 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 MStV und § 81 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 MStV, die nicht für das jeweilige Verbreitungsgebiet gesetzlich bestimmt sind, nachrangig gegenüber Angeboten nach § 81 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 lit. b und c MStV sowie § 81 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 lit. b MStV verbreitet werden;
  4. Angebote nach § 81 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 lit. b und c MStV sowie § 81 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 lit. b MStV nicht vollständig verdrängt werden.

3. Abschnitt: Zugangsbedingungen für Medienplattformen

§ 5

Chancengleichheit

(1) Anbieter von Medienplattformen müssen den Zugang zu ihren Medienplattformen so anbieten, dass Angebote im Rahmen von § 82 Abs. 2 MStV weder unmittelbar noch mittelbar bei der Verbreitung oder Vermarktung unbillig behindert werden.

(2) Die Unbilligkeit einer Behinderung ist bei umfassender Abwägung der Interessen der Beteiligten und unter Berücksichtigung der auf die Sicherung der Meinungs- und Angebotsvielfalt gerichteten Zielsetzung des MStV und dieser Satzung festzustellen.

(3) Eine unbillige Behinderung liegt insbesondere vor, wenn Medienplattformen im Rahmen des technisch Möglichen und wirtschaftlich Zumutbaren keine realistische Chance auf Zugang eröffnen oder die Zugangsbedingungen zu einer strukturellen Benachteiligung von Angeboten nach § 82 Abs. 2 MStV führen.

§ 6

Diskriminierungsfreiheit

(1) Anbieter von Medienplattformen dürfen Angebote im Rahmen von § 82 Abs. 2 MStV gegenüber gleichartigen Angeboten nicht ohne sachlich gerechtfertigten Grund unterschiedlich behandeln. Dies ist insbesondere der Fall, wenn ein Anbieter einer Medienplattform den Zugang zu Medienplattformen einem Angebot nach § 82 Abs. 2 MStV zu anderen Zugangsbedingungen anbietet, als einem Unternehmen, das dem Anbieter der Medienplattform zuzurechnen ist, es sei denn, es liegt hierfür ein sachlich rechtfertigender Grund vor. Unternehmen sind zuzurechnen, mit denen Anbieter von Medienplattformen unmittelbar oder mittelbar durch Beteiligung oder in sonstiger Weise verbunden sind. § 62 MStV ist entsprechend anzuwenden.

(2) Der sachlich rechtfertigende Grund für eine Ungleichbehandlung muss vor dem Leitziel der Sicherung der Meinungsvielfalt Bestand haben.

§ 7

Zugangsberechtigungssysteme

(1) Ein Zugangsberechtigungssystem ist

  1. jede technische Maßnahme,
  2. jedes Authentifizierungssystem und/oder
  3. jede Vorrichtung,

die bzw. das den Zugang zu einem geschützten Hörfunk- oder Fernsehprogramm in unverschlüsselter Form von einem Abonnement oder einer anderen Form der vorherigen individuellen Erlaubnis abhängig macht.

(2) Für Zugangsberechtigungssysteme im Sinne von § 82 Abs. 2 Nr. 1 MStV gilt, dass allen Berechtigten die Nutzung der benötigten technischen Dienste zur Nutzung dieser Systeme zu ermöglichen sowie die dafür erforderlichen Auskünfte zu chancengleichen, angemessenen und nicht-diskriminierenden Bedingungen zu erteilen sind.

§ 8

Zugangsbedingungen

(1) Die Ausgestaltung der Zugangsbedingungen im Sinne von §§ 82 Abs. 2 Nr. 4, 83 Abs. 2 MStV umfasst insbesondere die Art und Weise, mit der ein Anbieter von Medienplattformen durch finanzielle und technische Vorgaben über den Zugang eines Angebots im Sinne von § 82 Abs. 2 MStV zur Medienplattform bestimmt.

(2) Begehrt ein Rundfunkveranstalter Zugang zu einer Medienplattform, sind in die Prüfung von Diskriminierungsfreiheit und Chancengleichheit alle geldwerten Leistungen, die im mittelbaren oder unmittelbaren sachlichen Zusammenhang zum Zugang ausgetauscht werden oder ausgetauscht werden sollen, einzubeziehen. Hierzu gehören insbesondere,

  1. Entgelte und Tarife, die der Anbieter einer Medienplattform von zugangsnachfragenden Rundfunkveranstaltern erhebt oder erheben will;
  2. Vergütungen, die der Anbieter einer Medienplattform auf Grund der Signalüberlassung an den Rundfunkveranstalter entrichtet oder vertraglich entrichten soll, inklusive Rückflüsse in HD-CPS Modellen.

(3) Soweit zur Bewertung der Zugangssituation erforderlich, können zusätzlich auch Vereinbarungen über die Einräumung und Vergütung von Rechten, die der Anbieter einer Medienplattform auf Grund von Urheber- oder Markenrechten mit dem Rundfunkveranstalter schließt oder schließen will, in die erforderliche Gesamtbetrachtung einbezogen werden. Die Vorschriften des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG), des Gesetzes über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten durch Verwertungsgesellschaften (VGG) und des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) sowie die hiermit verbundenen Zuständigkeiten bleiben unberührt.

§ 9

Offenlegung

(1) Anbieter von Medienplattformen sind verpflichtet,

  1. mit Überschreiten der in § 78 MStV genannten Regulierungsschwellen Zugangsbedingungen im Sinne von § 82 Abs. 2 MStV und § 8;
  2. im Fall von § 81 Abs. 2 Satz 2 MStV Angaben über die für die digitale Verbreitung von Fernsehprogrammen oder von Hörfunk zur Verfügung stehende Gesamtkapazität

auf Anfrage gegenüber der zuständigen Landesmedienanstalt offenzulegen.

(2) Die Offenlegung hat durch Vorlage geeigneter Unterlagen zu erfolgen.

(3) Insbesondere hat die Offenlegung Angaben zu folgenden Punkten zu enthalten:

Im Fall von Abs. 1 Nr. 1

  1. alle technischen Parameter und technischen Rahmenbedingungen, deren Kenntnis für die Beurteilung des Zugangs nach § 82 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MStV erforderlich sind;
  2. die von Anbietern von Medienplattformen geforderten Entgelte und Tarife, samt ihrer Berechnung zugrundeliegenden Daten und betriebswirtschaftlichen Annahmen;
  3. eine Beschreibung der angewendeten Vergütungssystematik.

Im Fall von Abs. 1 Nr. 2

  1. Angaben, welche Möglichkeiten zur effizienten Nutzung der Kapazitäten genutzt wurden;
  2. ob und in welchen unterschiedlichen Verbreitungsstandards ein Programm verbreitet wird.

4. Abschnitt: Regelungen für Benutzeroberflächen

§ 10

Auffindbarkeit in Benutzeroberflächen

(1) Maßgeblich für die Auffindbarkeit von Angeboten und Inhalten in Benutzeroberflächen sind vor allem die Sortierung, Anordnung und Präsentation von Angeboten und Inhalten ebenso wie sonstige der Auffindbarkeit dienende textliche, bildliche und akustische Formen der Darstellung. Angebote sind einzelne Rundfunkprogramme, rundfunkähnliche Telemedien, Telemedien nach § 19 Abs. 1 MStV sowie im Wesentlichen der unmittelbaren Ansteuerung der vorgenannten Angebote dienende softwarebasierte Anwendungen in ihrer Vollständigkeit. 3Inhalte sind abgrenzbare, insbesondere separat benannte oder wahrnehmbare Teile von Angeboten wie beispielsweise Sendungen.

(2) Hinsichtlich der Anforderungen an die Auffindbarkeit in und die Bedienung von Benutzeroberflächen ist in den nachfolgenden Regelungen das Verständnis eines Durchschnittsnutzers maßgeblich, der nicht über spezifische technische Kenntnisse verfügt.

(3) Gleichartige Angebote oder Inhalte müssen chancengleich und diskriminierungsfrei auffindbar sein. Eine Ungleichbehandlung ist nur dann erlaubt, wenn es hierfür einen überprüfbaren sachlichen Grund gibt, der dem Ziel der Vielfaltssicherung nicht entgegensteht. Zulässige Kriterien für die Sortierung oder Anordnung von Angeboten und Inhalten sind insbesondere:

  1. Alphabet,
  2. Genres wie Information, Bildung, Kultur, Regionales oder Unterhaltung oder
  3. Nutzungsreichweite.

Die Möglichkeit zur Weiterentwicklung der Kriterien bleibt unberührt. Eine Diskriminierung besteht insbesondere dann, wenn der Anbieter der Benutzeroberfläche von seinen eigenen zulässigen Kriterien abweicht. Der Anbieter muss den Landesmedienanstalten die Überprüfbarkeit der Kriterien und deren Einhaltung gewährleisten, insbesondere im Einzelnen darlegen, welche Kriterien verwendet und welche Informationen hierbei zugrunde gelegt werden.

Nicht zulässig ist in der Regel

  1. eine Sortierung oder Anordnung, die durch Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung beeinflusst wird oder
  2. die Bevorzugung eigener Angebote und Inhalte des Anbieters der Benutzeroberfläche, es sei denn, dass für die Nutzung ein Entgelt geleistet wird.

(4) Benutzeroberflächen müssen die Möglichkeit vorhalten, die Gesamtheit aller Angebote auf bestimmte Angebote hin durchsuchen zu können (Suchfunktion). Das Ergebnis der Suche einschließlich der während des Suchvorgangs gemachten Suchvorschläge (z.B. durch eine Autocomplete-Funktion) muss diskriminierungsfrei sein. Darüber hinaus kann eine Benutzeroberfläche auch die Möglichkeit der Suche nach Inhalten vorhalten; Abs. 3 Satz 1 gilt entsprechend.

(5) Leicht auffindbar sind Angebote in Benutzeroberflächen, wenn sie einfach und schnell zu finden sind, da sie beispielsweise vorangestellt oder hervorgehoben präsentiert werden, beispielsweise durch einen eigenen Button. Wie eine leichte Auffindbarkeit im Einzelfall gewährleistet werden kann, richtet sich nach Art, Umfang und Ausgestaltung der Benutzeroberfläche sowie der konkreten Abbildung oder sonstigen Präsentation von Angeboten und Inhalten. In der Regel ist für die leichte Auffindbarkeit der entsprechenden Angebote notwendig aber nicht ausreichend, dass diese ebenso einfach und schnell zu finden sind, wie die restlichen Angebote.

(6) Leicht auffindbar müssen in Benutzeroberflächen sein:

  1. Auf der ersten Auswahlebene der Rundfunk in seiner Gesamtheit, sofern auf dieser Ebene nicht nur Rundfunkprogramme auswählbar sind,
  2. innerhalb des Rundfunks die gesetzlich bestimmten beitragsfinanzierten Programme, die Rundfunkprogramme, die Fensterprogramme (§ 59 Abs. 4 MStV) aufzunehmen haben, sowie die privaten Programme, die in besonderem Maß einen Beitrag zur Meinungs- und Angebotsvielfalt im Bundesgebiet leisten und
  3. auf Auswahlebenen, die nur oder überwiegend rundfunkähnliche Telemedien oder ihrer unmittelbaren Ansteuerung dienende softwarebasierte Anwendungen präsentieren, die Telemedienangebote und softwarebasierten Anwendungen nach § 84 Abs. 4 MStV.

Der Rundfunk in seiner Gesamtheit muss auf der ersten Auswahlebene ohne wesentliche Zwischenschritte erreicht werden können, in der Regel mit nur einer Handlung. Werden Rundfunkprogramme abgebildet oder akustisch vermittelt, die Fensterprogramme (§ 59 Abs. 4 MStV) aufzunehmen haben, sind in dem Gebiet, für das die Fensterprogramme zugelassen oder gesetzlich bestimmt sind, die Hauptprogramme mit Fensterprogramm gegenüber dem ohne Fensterprogramm ausgestrahlten Hauptprogramm und gegenüber den Fensterprogrammen, die für andere Gebiete zugelassen oder gesetzlich bestimmt sind, vorrangig darzustellen.

(7) Unabhängig von den Voreinstellungen müssen Angebote und Inhalte vom Nutzer selbst leicht und schnell sortiert und angeordnet werden können (z.B. durch eine Favoritenliste). In der Regel können Angebote oder Inhalte leicht und schnell sortiert oder angeordnet werden, wenn dies offensichtlich ist oder leicht verständlich erklärt wird. Die vom Nutzer vorgenommene Sortierung oder Anordnung darf nur von ihm selbst und insbesondere nicht durch Updates geändert werden können.

(8) Die Absätze 4 bis 7 gelten nicht, wenn der Anbieter der Benutzeroberfläche nachweist, dass eine Umsetzung technisch unmöglich oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist. Maßgeblich für die Bestimmung unverhältnismäßigen Aufwands ist eine Gesamtabwägung, bei der insbesondere die finanzielle Leistungsfähigkeit des Anbieters, der Aufwand für sonstige der Auffindbarkeit dienende Funktionen der Benutzeroberfläche sowie Art und Umfang des bei Nichtumsetzung begangenen Verstoßes berücksichtigt werden. Unverhältnismäßig ist der Aufwand nur bei einem groben Missverhältnis.

5. Abschnitt: Transparenzanforderungen

§ 11

Transparenz

(1) Anbieter von Medienplattformen und Benutzeroberflächen haben die Informationen i. S. von § 85 MStV transparent zu machen. Die Informationen sind in deutscher Sprache so vorzuhalten, dass sie für den Nutzer leicht wahrnehmbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar sind.

(2) Hinsichtlich der Anforderungen an die Umsetzung der Transparenzvorgaben ist das Verständnis eines durchschnittlichen Nutzers maßgeblich, der nicht über spezifische technische Kenntnisse verfügt.

(3) Leicht wahrnehmbar sind die Informationen, wenn sie bei der Nutzung der Medienplattform oder Benutzeroberfläche einfach und schnell zu finden sind, da sie beispielsweise hervorgehoben dargestellt und durch einen unmissverständlichen Begriff gekennzeichnet werden. Die konkrete Ausgestaltung zur Gewährleistung leichter Wahrnehmbarkeit ist im Lichte der Art, des Umfangs und der sonstigen Gestaltung des Dienstes vorzunehmen. Erfolgt die Nutzung des Dienstes überwiegend sprachgesteuert, sollen die Informationen auf Anforderung des Nutzers auch akustisch wiedergegeben werden, wobei ein akustischer Hinweis, wo die Informationen vorgehalten werden, genügt.

(4) Unmittelbar erreichbar sind die Informationen, wenn sie in einer Weise zur Verfügung gestellt werden, dass sie innerhalb der Medienplattform oder der Benutzeroberfläche ohne wesentliche Zwischenschritte abrufbar sind. Erfolgt die Nutzung des Dienstes über das Internet, kann dies auch durch eine Verlinkung erfolgen.

(5) Ständig verfügbar sind die Informationen, wenn sie dauerhaft und ohne zeitliche Begrenzung zur Verfügung gestellt werden.

6. Abschnitt: Verfahrensvorschriften

§ 12

ZAK

(1) Für die im Rahmen dieser Satzung zu erfüllenden Aufgaben dient die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) der zuständigen Landesmedienanstalt als Organ (§ 104 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, § 105 Abs. 1 S. 1 Nrn. 8 und 9 MStV i.V.m. der Geschäfts- und Verfahrensordnung der ZAK – GVO ZAK).

§ 81 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. § 105 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 MStV bleibt unberührt.

(2) Die zuständige Landesmedienanstalt leitet Anzeigen nach § 2 und Beschwerden nach § 14 unverzüglich über die gemeinsame Geschäftsstelle an die ZAK weiter und informiert sie über Prüfungen von Amts wegen. Die zuständige Landesmedienanstalt führt das Verfahren bis zur Entscheidungsreife.

§ 13

Verfahren

(1) Die zuständige Landesmedienanstalt prüft durch die ZAK auf Grundlage einer Beschwerde eines Berechtigten nach § 14 oder von Amts wegen, ob der Anbieter einer Medienplattform oder Benutzeroberfläche die Bestimmungen der §§ 79 bis 85 MStV oder der §§ 2 bis 6 und 10, 11 dieser Satzung verletzt.

(2) Bestehen konkrete Anhaltspunkte für einen Verstoß, ist der Anbieter einer Medienplattform oder Benutzeroberfläche verpflichtet, der zuständigen Landesmedienanstalt die zur Überprüfung erforderlichen Informationen und Unterlagen unverzüglich vorzulegen.

(3) Stellt die zuständige Landesmedienanstalt durch die ZAK gemäß Abs. 1 einen Verstoß fest, kann sie dem Anbieter der Medienplattform oder Benutzeroberfläche unter Setzung einer angemessenen Frist Gelegenheit zur Nachbesserung geben. Werden die gesetzlichen Anforderungen danach weiterhin nicht erfüllt, trifft die zuständige Landesmedienanstalt auf Beschluss der ZAK sowie im Falle des § 81 Abs. 5 Satz 3 MStV auf Beschluss der GVK die nach § 109 Abs. 1 MStV erforderlichen Maßnahmen.

§ 14

Beschwerde im Rahmen der Aufsicht

(1) Beschwerdeberechtigt sind Anbieter von Rundfunk, rundfunkähnlichen Telemedien oder Telemedien nach § 19 Abs. 1 MStV, die

  1. auf einer Medienplattform verbreitet werden, oder
  2. Zugang zu einer Medienplattform begehren, um Rundfunk, rundfunkähnliche Telemedien oder Telemedien nach § 19 Abs. 1 MStV anzubieten oder zu vermarkten,

oder

  1. von der Darstellung in Benutzeroberflächen im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 15 MStV selbst betroffen sind.

Beschwerdegegner können Anbieter von Medienplattformen nach § 2 Abs. 2 Nr. 19 MStV und Anbieter von Benutzeroberflächen nach § 2 Abs. 2 Nr. 20 MStV sein.

(2) Beschwerdeberechtigte nach Abs. 1 können bei der zuständigen Landesmedienanstalt schriftlich unter Angabe konkreter Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Verstoßes gegen die Bestimmungen der §§ 80 bis 84 MStV oder der §§ 3 bis 6 und 10 dieser Satzung und unter Darlegung des zugrunde liegenden Sachverhalts Beschwerde einlegen.

(3) Bei Einlegung der Beschwerde haben Berechtigte darzulegen und glaubhaft zu machen, dass sie auf eine Klärung der streitigen Position mit dem Anbieter der Medienplattform oder Benutzeroberfläche hingewirkt haben.

(4) Die zuständige Landesmedienanstalt kann zunächst versuchen, unter den Beteiligten auf eine sachgerechte Lösung hinzuwirken. In den Fällen des § 83 Abs. 3 MStV hat die zuständige Landesmedienanstalt vor dem Beschwerdeverfahren eine Mediation durchzuführen.

(5) Soweit Zugangsberechtigungssysteme und Schnittstellen für Anwendungsprogramme betroffen sind, leitet die zuständige Landesmedienanstalt im Rahmen des mit der Bundesnetzagentur (BNetzA) verabredeten Verfahrens (Verfahrensbeschreibung vom 20. April 2010) die Beschwerde an die BNetzA weiter, bei der das Verfahren geführt wird.

(6) Die Beschwerde ist an die Landemedienanstalt zu richten, bei der die Medienplattform oder Benutzeroberfläche angezeigt ist. Besteht zum Zeitpunkt der Beschwerde keine Anzeige, gilt für bundesweit ausgerichtete Angebote § 106 Abs. 1 MStV entsprechend.

§ 15

Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung nach § 87 MStV

(1) Wird ein Antrag auf Bescheinigung der Unbedenklichkeit nach § 87 Satz 1 MStV gestellt, so informiert die zuständige Landesmedienanstalt die Anbieter der nach § 84 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 MStV privilegierten Angebote über die Einleitung des Verfahrens. Die Information kann auf elektronischem Weg erfolgen.

(2) Die zuständige Landesmedienanstalt leitet den Antrag über die gemeinsame Geschäftsstelle an die ZAK weiter. Die zuständige Landesmedienanstalt führt das Verfahren bis zur Entscheidungsreife. 

(3) Während der Laufzeit der Unbedenklichkeitsbescheinigung hat der Anbieter der Medienplattform oder Benutzeroberfläche die zuständige Landesmedienanstalt über alle wesentlichen Änderungen zu unterrichten, die auf der Medienplattform oder an der Benutzeroberfläche vorgenommen werden. Die zuständige Landesmedienanstalt prüft von Amts wegen, ob die Voraussetzungen der Unbedenklichkeitsbescheinigung weiterhin vorliegen.

                                                              

7. Abschnitt: Schlussbestimmungen

§ 16

Barrierefreiheit

Anbieter von Benutzeroberflächen und Anbieter von Medienplattformen sollen im Rahmen der technischen und ihrer finanziellen Möglichkeiten den barrierefreien Zugang zu Fernsehprogrammen und fernsehähnlichen Telemedien unterstützen (§ 21 MStV).

§ 17

Inkrafttreten, Außerkrafttreten

(1) Diese Satzung tritt am 1. Juni 2021 in Kraft. Der Vorsitzende der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) veröffentlicht im Internetauftritt unter der Dachmarke „die medienanstalten“, ob alle Landesmedienanstalten bis dahin übereinstimmende Satzungen erlassen und veröffentlicht haben. Abweichend von Satz 1 treten § 10 Abs. 5 bis 7 dieser Satzung am 1. September 2021 in Kraft.

(2) Gleichzeitig tritt die Satzung über die Zugangsfreiheit zu digitalen Diensten und zur Plattformregulierung gemäß § 53 Rundfunkstaatsvertrag vom 14. Dezember 2016 (GV. NRW. S.  850) außer Kraft.

Düsseldorf, den 19. März 2021

Der Direktor

der Landesanstalt für Medien

Nordrhein-Westfalen (LfM)

Dr. Tobias Schmid

GV. NRW. 2021 S. 606



[1] Notifiziert gemäß der Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. September 2015 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. L 241 vom 17. September 2015, S. 1).