Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 2021 Nr. 55 vom 29.7.2021 Seite 919 bis 938
Satzung zur Durchführung der Vorschriften gemäß § 84 Abs. 8 Medienstaatsvertrag zur leichten Auffindbarkeit von privaten Angeboten[1] (Public-Value-Satzung) |
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Satzung zur Durchführung der Vorschriften gemäß § 84 Abs. 8 Medienstaatsvertrag zur leichten Auffindbarkeit von privaten Angeboten[1] (Public-Value-Satzung)
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Satzung zur Durchführung der
Vorschriften gemäß § 84 Abs. 8 Medienstaatsvertrag
zur leichten
Auffindbarkeit von privaten Angeboten[1]
(Public-Value-Satzung)
Vom 25. Juni 2021
Aufgrund von § 88 Medienstaatsvertrag (MStV) vom 14. bis 28. April 2020 (GV. NRW. S. 524) erlässt die Landesanstalt für Medien NRW übereinstimmend mit den übrigen Landesmedienanstalten folgende Satzung:
Präambel
Auffindbarkeit wird für Inhalteangebote – insbesondere online – immer wichtiger. Aufgrund quantitativ steigender Angebotsvielfalt wird es beispielsweise für kostenintensive journalistische Angebote zunehmend schwerer, die auch zur Refinanzierung notwendige Aufmerksamkeit zu generieren.
Die im Medienstaatsvertrag vorgesehene Mechanik der leichten Auffindbarkeit bestimmter für die öffentliche Meinungsbildung besonders relevanter Angebote auf Benutzeroberflächen verfolgt die Ziele, die Vielfalt zu stärken und der steigenden Bedeutung der Auffindbarkeit Rechnung zu tragen. Es entsteht ein direkter individueller Nutzen bei den Rezipierenden, der sich auch auf die öffentliche Meinungsbildung insgesamt auswirkt. Die leichte Auffindbarkeit soll bestehende Akteure, die für die öffentliche Meinungsbildung relevante Inhalte anbieten, darin bestärken sowie dieses Engagement auch für weitere Anbieter interessant machen.
§ 1
Zweck
Die Landesmedienanstalten bestimmen nach Maßgabe des § 84 Abs. 5 MStV Anbieter von Angeboten (im Folgenden „Angebote“) im Sinne von § 84 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 MStV (Bestimmungsverfahren).
§ 2
Antragsberechtigung
Antragsberechtigt sind
1. gemäß § 84 Abs. 3 Satz 2 MStV Rundfunkangebote privater Anbieter, die in besonderem Maß einen Beitrag zur Meinungs- und Angebotsvielfalt im Bundesgebiet leisten,
oder
2. gemäß § 84 Abs. 4 MStV vergleichbare rundfunkähnliche Telemedienangebote oder Angebote nach § 2 Abs. 2 Nr. 14 lit. b MStV, die in besonderem Maß einen Beitrag zur Meinungs- und Angebotsvielfalt im Bundesgebiet leisten, oder softwarebasierte Anwendungen, die ihrer unmittelbaren Ansteuerung dienen.
§ 3
Zuständigkeit und
Ausschreibung
(1) Das Bestimmungsverfahren wird von der Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) geführt (§ 105 Abs. 1 Nr. 9 MStV). Es wird für die Bereiche Audio- und Bewegtbildangebote durch je eine gemeinsame Ausschreibung aller Landesmedienanstalten, die die Stellungnahme der Gremienvorsitzendenkonferenz (GVK) berücksichtigt, eingeleitet. In den Ausschreibungen wird eine das Verfahren führende zuständige Landesmedienanstalt bestimmt.
(2) In den Ausschreibungen werden ergänzende Regelungen zum Verfahren und zu den wesentlichen Anforderungen an die Antragstellung festgelegt.
(3) Die Ausschreibungen werden durch alle Landesmedienanstalten in geeigneter Weise und auf dem Internetauftritt unter der Dachmarke „die medienanstalten“ veröffentlicht.
(4) Das Ausschreibungsverfahren soll erstmals im September 2021 starten.
§ 4
Antragstellung
Anträge sind schriftlich bei der zuständigen Landesmedienanstalt innerhalb der in der jeweiligen Ausschreibung gesetzten Ausschlussfrist einzureichen. Anträgen müssen eine Prüfung des Beitrags zur Meinungs- und Angebotsvielfalt des jeweiligen Angebots oder der jeweiligen softwarebasierten Anwendung ermöglichende Unterlagen beigefügt werden und mindestens folgende Informationen enthalten:
1. Tatsachen, aus denen folgt, dass es sich bei dem Angebot um ein privates Rundfunkangebot nach § 84 Abs. 3 MStV oder nach § 84 Abs. 4 MStV ein privates vergleichbares rundfunkähnliches Telemedienangebot oder ein Angebot nach § 2 Abs. 2 Nr. 14 lit. b MStV oder eine softwarebasierte Anwendung, die ihrer unmittelbarer Ansteuerung dient, handelt;
2. inhaltliche Beschreibung des Angebots und Darlegung, aus welchen Umständen sich der besondere Beitrag zur Angebots- und Meinungsvielfalt im Bundesgebiet ergibt;
3. Angaben zu den bei der Bestimmung zu beachtenden Kriterien nach § 84 Abs. 5 MStV und § 7.
§ 5
Verfahrensgang
(1) Die zuständige Landesmedienanstalt prüft die eingegangenen Anträge. Sie prüft hierbei, ob die Voraussetzungen für die Bestimmung des jeweiligen Angebots oder der jeweiligen softwarebasierten Anwendung nach §§ 2, 7 und 8 gegeben sind.
(2) Die ZAK stellt für jedes Angebot oder für die jeweilige softwarebasierte Anwendung durch Beschluss fest, ob die Voraussetzungen gegeben sind.
(3) Die förmliche Bestimmung erfolgt durch die zuständige Landesmedienanstalt. Sie ist hierbei an die Entscheidungen der ZAK gebunden.
§ 6
Abschluss des Verfahrens
(1) Die Entscheidung über den jeweiligen Antrag ergeht gegenüber den Antragstellenden durch Verwaltungsakt.
(2) Die getroffenen Feststellungen gelten jeweils für die Dauer von drei Jahren ab dem im Verwaltungsakt bekannt gegebenen Datum.
(3) Änderungen des Angebots, die vor oder nach der Entscheidung über den Antrag eintreten, und die für die Bestimmung nach den §§ 7 und 8 wesentlich sind, haben die Antragstellenden unverzüglich der zuständigen Landesmedienanstalt mitzuteilen.
(4) Die Entscheidung nach § 6 Abs. 1 kann durch die zuständige Landesmedienanstalt widerrufen werden, wenn nachträglich wesentliche Veränderungen des Angebots eintreten, nach denen das Angebot den §§ 7 und 8 nicht mehr genügt.
§ 7
Kriterien für die
Bestimmung
Bei der Bestimmung der Angebote nach § 84 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 MStV sind nur die in § 84 Abs. 5 MStV genannten Kriterien einzubeziehen. Dabei gelten vorbehaltlich anderslautender Definitionen im Medienstaatsvertrag als
1. nachrichtliche Berichterstattung über politisches oder zeitgeschichtliches Geschehen das Angebot journalistisch-redaktionell gestalteter Inhalte, die bezogen auf das gesamte Angebot einen möglichst vollständigen Querschnitt der für die öffentliche Meinungsbildung relevanten Teilbereiche des politischen und zeitgeschichtlichen Gesellschaftsgeschehens abbilden und deren Schwerpunkt in der Berichterstattung über tatsächliche Ereignisse liegt;
2. regionale und lokale Informationen solche im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 25 MStV, die einen eindeutigen Bezug zu in kulturellem Zusammenhang stehenden und räumlich abgegrenzten Gebieten aufweisen, die auch länderübergreifend sein können;
3. Eigenproduktionen Angebote, deren Herstellung und Bearbeitung ganz oder überwiegend vom für den Inhalt verantwortlichen Anbieter mit eigenen Produktionsmitteln durchgeführt und finanziert oder mit entsprechender journalistisch-redaktioneller Einflussmöglichkeit produziert werden. Als Eigenproduktion gelten auch solche Produktionen, die nach Beauftragung eines Produktionsunternehmens durch einen Anbieter für diesen produziert werden;
4. barrierefreie Angebote solche, die für Menschen mit Behinderungen in der für diese allgemein üblichen Weise, nach dem jeweiligen Stand der Technik und unter Nutzung notwendiger Hilfsmittel ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind;
5. ausgebildete Mitarbeiter solche, die eine ihrer journalistischen oder medientechnischen Aufgabe bei der Programmerstellung entsprechende Berufsausbildung oder ein entsprechendes Studium absolviert haben oder nicht weniger als fünf Jahre Berufserfahrung nachweisen können. Untergeordnete Hilfsarbeiten sind nicht einzubeziehen;
6. europäische Werke solche im Sinne des § 3 Nr. 4 der gemeinsamen Satzung der Landesmedienanstalten zu europäischen Produktionen gemäß § 77 MStV;
7. Angebote für junge Zielgruppen solche, die eindeutig an Kinder oder junge Erwachsene bis zum Alter von 29 Jahren gerichtet sind. Dabei werden berücksichtigt:
a) Rundfunkangebote, die gemäß § 9 Abs. 1 MStV nicht durch Rundfunkwerbung oder Teleshopping unterbrochen werden dürfen, oder Telemedienangebote, die bei dem Angebot eines in der Ausrichtung dem einzustufenden Inhalt gleichenden Inhalts als Rundfunk gemäß § 9 Abs. 1 MStV nicht durch Rundfunkwerbung oder Teleshopping unterbrochen werden dürften (Angebote für Kinder);
b) Angebote, die sich nach einer einzelfallbezogenen Gesamtbetrachtung von Inhalt, Form und Sendezeit eindeutig an eine Zielgruppe von 14 bis 29 Jahren richten (Angebote für Jugendliche und junge Erwachsene), sofern sie im Schwerpunkt Informationen im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 25 MStV zum Gegenstand haben.
§ 8
Grundsätze der Bestimmung
Die Bestimmung erfolgt in einer Gesamtschau, die sich an den folgenden Grundsätzen orientiert:
1. Angebote, die grundsätzlich den anerkannten journalistischen Grundsätzen und sonstigen Vorgaben des Medienstaatsvertrags nicht entsprechen, sind nicht geeignet, in einem besonderen Maß zur Meinungs- und Angebotsvielfalt beizutragen;
2. sofern zu den in § 7 genannten Kriterien entsprechende gesetzliche Vorgaben einschlägig sind, sollen in die Feststellung nur über die Erfüllung dieser gesetzlichen Vorgaben hinausgehende Maßnahmen berücksichtigt werden;
3. bei der Feststellung eines besonderen Beitrags zur Meinungs- und Angebotsvielfalt sollen bevorzugt der zeitliche Anteil an nachrichtlicher Berichterstattung über politisches oder zeitgeschichtliches Geschehen und der zeitliche Anteil an regionalen und lokalen Informationen sowie der Anteil an Angeboten für junge Zielgruppen berücksichtigt werden;
4. bei Rundfunkangeboten im Sinne des § 84 Abs. 3 Satz 1 MStV sind bezüglich der Kriterien gemäß § 7 Nrn. 1, 2, 4 und 7 die Regelmäßigkeit der Ausstrahlung, der zeitliche Umfang und der Zeitpunkt der Programmierung der entsprechenden Sendungen zu berücksichtigen;
5. bei Telemedienangeboten im Sinne des § 84 Abs. 4 MStV sind bezüglich der Kriterien gemäß § 7 Nrn. 1, 2, 4 und 7 die regelmäßige Aktualisierung, der zeitliche oder sonstige Umfang sowie die Platzierung und Zugänglichkeit innerhalb des Telemedienangebotes zu berücksichtigen;
6. im Rahmen der Feststellung eines sich auf das besondere Maß des Beitrags zur Meinungs- und Angebotsvielfalt positiv auswirkenden höheren Anteils an ausgebildeten Mitarbeitern im Sinne des § 7 Nr. 5 sollen nur Verhältnisse der ausgebildeten Mitarbeiter zu den auszubildenden Mitarbeitern von wenigstens drei zu eins berücksichtigt werden.
§ 9
Umsetzung
(1) Nach Abschluss des Bestimmungsverfahrens veröffentlichen die Landesmedienanstalten je eine Liste für Bewegtbild- und Audioangebote auf dem Internetauftritt unter der Dachmarke „die medienanstalten“ zur Umsetzung durch die Anbieter von Benutzeroberflächen.
(2) Die Sortierung oder Anordnung von Angeboten oder Inhalten muss auf einfache Weise und dauerhaft durch den Nutzer individualisiert werden können.
(3) Die durch die ZAK als Organ der zuständigen Landesmedienanstalt festgelegte Reihenfolge der Listen ergibt sich aus der gem. §§ 7 und 8 vorgenommenen Gesamtschau. Sofern und soweit der Anbieter einer Benutzeroberfläche bei der Sortierung und Anordnung der Angebote eine Reihenfolge abbildet, dienen die Listen der Umsetzung durch die Anbieter von Benutzeroberflächen.
(4) Die zuständige Landesmedienanstalt hat die Aufgabe, auf eine Einigung mit den Anbietern der gesetzlich bestimmten beitragsfinanzierten Programme und der zugehörigen Telemedienangebote bezüglich der Reihenfolge der Darstellung hinzuwirken.
§ 10
Inkrafttreten
Diese Satzung tritt am 1. September 2021 in Kraft. Sind bis zum 31. August 2021 übereinstimmende Satzungen nicht von allen Landesmedienanstalten erlassen und veröffentlicht worden, wird diese Satzung gegenstandslos. Der Vorsitzende der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) veröffentlicht im Internetauftritt unter der Dachmarke „die medienanstalten“, ob alle Landesmedienanstalten innerhalb der Frist des Satzes 2 übereinstimmende Satzungen erlassen und veröffentlicht haben.
Düsseldorf, den 25. Juni 2021
Der Direktor
der Landesanstalt für Medien
Nordrhein-Westfalen (LfM)
Dr. Tobias S c h m i d
GV. NRW. 2021 S. 922
[1] Notifiziert gemäß der Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. September 2015 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. L 241 vom 17. September 2015, S. 1).