Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 2022 Nr. 7 vom 18.2.2022 Seite 121 bis 144

Gesetz zur Änderung des Gesetzes zum Schutz der Natur in Nordrhein-Westfalen
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Gesetz zur Änderung des Gesetzes zum Schutz der Natur in Nordrhein-Westfalen

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Gesetz
zur Änderung des Gesetzes zum Schutz
der Natur in Nordrhein-Westfalen

 

Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:

Gesetz
zur Änderung des Gesetzes zum Schutz
der Natur in Nordrhein-Westfalen

Vom 1. Februar 2022

Das Gesetz zum Schutz der Natur in Nordrhein-Westfalen (Landesnaturschutzgesetz - LNatSchG NRW) in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Juli 2000 (GV. NRW. S. 568), neu gefasst durch Artikel 1 des Gesetzes vom 15. November 2016 (GV. NRW. S. 934), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 04. Mai 2021 (GV. NRW. S. 560, 565) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

Artikel 1

1. § 2 Absatz 7 wird wie folgt gefasst:

„(7) Bei der Bewirtschaftung von Grundflächen im Eigentum oder Besitz der öffentlichen Hand sollen die Ziele und Grundsätze des Naturschutzes und der Landschaftspflege in besonderer Weise berücksichtigt werden. Linienhafte Strukturen entlang von Verkehrswegen sind durch naturnahe Gestaltung und Pflege aufzuwerten. Für den Naturschutz besonders wertvolle Grundflächen sollen in ihrer ökologischen Beschaffenheit nicht nachteilig verändert werden. Die Sätze 1, 2 und 3 stehen der Erfüllung bestimmter öffentlicher Zweckbestimmungen von Grundflächen nicht entgegen.“

2. § 31 wird wie folgt geändert:

a) Nach Absatz 1 Satz 1 wird folgender Satz 2 eingefügt:

„Durch Auswahl und Kombination geeigneter Kompensationsflächen und -maßnahmen ist die Inanspruchnahme von Flächen auf das unabdingbar notwendige Maß zu beschränken.“

b) Nach Absatz 5 werden die folgenden Absätze 6 bis 9 angefügt:

„(6) Die Flächeninanspruchnahme von landwirtschaftlich genutzten Flächen soll im Rahmen der Gesamtkompensation auch bei Eingriffen auf ökologisch höherwertigen Flächen möglichst nicht größer als diejenige für den Eingriff sein.

(7) Bei der Inanspruchnahme von land- oder forstwirtschaftlich genutzten Flächen für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ist auf agrarstrukturelle Belange Rücksicht zu nehmen. Unter Beachtung des Funktionsbezugs ist daher bei der Auswahl von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vorrangig zu prüfen, ob eine oder mehrere der folgenden Maßnahmen möglich ist oder sind:

1. die Inanspruchnahme von Ökokontoflächen

2. Aufwertungsmaßnahmen

a) in für den Naturschutz bevorzugten Gebietskulissen, die den jeweiligen Pflege- und Entwicklungszielen entsprechen

b) auf Flächen, die für die Umsetzung von vorbeugenden Schutzmaßnahmen oder Artenhilfsprogrammen nach § 38 Absatz 2 BNatSchG genutzt werden

c) an oberirdischen Gewässern und an sie angrenzende Flächen im Sinn des § 21 Abs. 5 BNatSchG insbesondere in Maßnahmenprogrammen im Sinne des § 82 WHG

d) in strukturarmen Landschaftsräumen im Sinn des § 21 Abs. 6 BNatSchG, die der Biotopvernetzung dienen

e) in Wasserschutzgebieten nach § 51 Abs. 1 Satz 1 WHG, wobei die Vorgaben der Wasserschutzgebietsverordnung zu beachten sind und in Überschwemmungsgebieten nach § 76 Abs. 1 WHG unter Beachtung der Vorgaben nach § 78a WHG,

3. Entsiegelungsmaßnahmen und sonstige Rückbaumaßnahmen

4. Maßnahmen zur Wiedervernetzung von Lebensräumen

5. Bewirtschaftungs- und Pflegemaßnahmen, die zu einer dauerhaften Aufwertung von Natur und Landschaft führen

6. produktionsintegrierte Maßnahmen.

(8) Bei Eingriffen durch die Errichtung von Deichen sind zur Minimierung des Kompensationsumfangs und zur Schonung agrarstruktureller Belange die Vermeidungspotentiale durch Gestaltung und Nutzung der auf dem neuen Deichkörper liegenden Biotope auszuschöpfen, soweit Funktionen und Unterhaltung des Deiches als Bauwerk des technischen Hochwasserschutzes nicht eingeschränkt werden.

(9) Im Fall einer Deichrückverlegung sind die zusätzlichen Überschwemmungsflächen und wiedergewonnenen Auenflächen als Vermeidungsmaßnahmen kompensationsmindernd anzurechnen; die Möglichkeiten multifunktionaler und produktionsintegrierter Kompensationsmaßnahmen auf diesen Flächen sind auszuschöpfen. Ökologisch positive Wirkungen einer Hochwasserschutzmaßnahme, die den Kompensationsbedarf dieser Maßnahme übersteigen, sind auf weitere Eingriffe durch Hochwasserschutzvorhaben im selben Naturraum anzurechnen.“

3. § 34 wird wie folgt geändert:

a) In der Überschrift wird nach dem Wort „Verzeichnisse“ der Klammerzusatz „(zu § 17 Absatz 6 des Bundesnaturschutzgesetzes)“ angefügt.

b) Absatz 1 Satz 1 wird wie folgt gefasst:

„Die unteren Naturschutzbehörden führen das Kompensationsverzeichnis nach § 17 Absatz 6 des Bundesnaturschutzgesetzes für ihren Zuständigkeitsbereich.“

c) Nach Absatz 1 Satz 4 werden folgende Sätze 5 und 6 angefügt:

„Die Gemeinden übermitteln den unteren Naturschutzbehörden die erforderlichen Angaben, wenn Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinn des § 1a Absatz 3 des Baugesetzbuchs in einem gesonderten Bebauungsplan festgesetzt sind oder Maßnahmen auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen durchgeführt werden. Hierfür gilt ebenfalls die Anwendbarkeitsschwelle des Satzes 4.“

d) In Absatz 4 Satz 1 sind nach dem Wort „sind“ die Wörter „durch das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz“ und nach dem Wort „Vorgaben“ die Wörter „landesweit zentral“ einzufügen,

e) Absatz 4 wird folgender Satz 2 angefügt:

„Hierfür stellt das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz den nach Absatz 1 bis 3 zur Führung der Verzeichnisse zuständigen Stellen einheitliche informationstechnische Systeme zur Verfügung.“

4. § 75 Absatz 1 wird wie folgt geändert:

a) Nach Satz 2 werden folgende Sätze 3 und 4 eingefügt: „Von dem Widerspruch hat die untere Naturschutzbehörde die höhere Naturschutzbehörde zu unterrichten.  Hat der Beirat nicht innerhalb von sechs Wochen eine Stellungnahme abgegeben, so kann die untere Naturschutzbehörde ohne die Stellungnahme entscheiden.“

b) In dem neuen Satz 6 werden nach dem Wort „unberechtigt“ die Wörter „ , hat die höhere Naturschutzbehörde innerhalb einer Frist von sechs Wochen darüber zu entscheiden“ durch die Wörter „ , hat die untere Naturschutzbehörde die Befreiung zu erteilen“ ersetzt.

c) Nach dem neuen Satz 6 wird folgender Satz eingefügt: „Die Befugnisse der Aufsichtsbehörden nach § 2 Absatz 3 bleiben unberührt.“.

d) Die bisherigen Sätze 5 und 6 werden gestrichen.

Artikel 2
Inkrafttreten, Übergangsvorschriften

Dieses Gesetz tritt vorbehaltlich der nachfolgenden Regelungen am Tag nach der Verkündung in Kraft.

§ 34 Absatz 4 tritt bezüglich des Kompensations- und Ersatzgeldverzeichnisses nach Absatz 1 und 2 nach einem halben Jahr nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung in Kraft. Bis dahin gilt § 34 Abs. 4 in der bisherigen Fassung der Bekanntmachung vom 21. Juli 2000 (GV. NRW. S. 568), neu gefasst durch Artikel 1 des Gesetzes vom 15. November 2016 (GV. NRW. S. 934), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 26. März 2019 (GV. NRW. S. 193, ber. S. 214).

Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens laufende Verfahren nach § 75 Absatz 1 sind nach der bisher geltenden Fassung des § 75 Absatz 1 des Landesnaturschutzgesetzes - Fassung der Bekanntmachung vom 21. Juli 2000 (GV. NRW. S. 568), neu gefasst durch Artikel 1 des Gesetzes vom 15. November 2016 (GV. NRW. S. 934) - zu Ende zu führen.

Düsseldorf, den 1. Februar 2022

Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen

Der Ministerpräsident
Hendrik  W ü s t

Der Minister der Finanzen
Lutz  L i e n e n k ä m p e r

Die Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung
Ina  S c h a r r e n b a c h

Die Ministerin für Verkehr
Ina  B r a n d e s

Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz
Ursula  H e i n e n – E s s e r

GV. NRW. 2022 S. 139