Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 2022 Nr. 13 vom 18.3.2022 Seite 285 bis 310
Verordnung über notwendige Stellplätze für Kraftfahrzeuge und Fahrräder (StellplatzVO NRW) |
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Verordnung über notwendige Stellplätze für Kraftfahrzeuge und Fahrräder (StellplatzVO NRW)
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Verordnung über notwendige Stellplätze für
Kraftfahrzeuge und Fahrräder
(StellplatzVO NRW)
Vom 14. März 2022
Auf Grund des § 48 Absatz 1 in Verbindung mit § 87 Absatz 1 Nummer 6 bis 8 der Landesbauordnung 2018 vom 21. Juli 2018 (GV. NRW. S. 421), die zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 14. September 2021 (GV. NRW. S. 1086) geändert worden ist, verordnet das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung nach Anhörung des zuständigen Ausschusses des Landtags:
Inhaltsübersicht
§ 1 Anwendungsbereich
§ 2 Notwendige Stellplätze für Kraftfahrzeuge und Fahrräder
§ 3 Anzahl der notwendigen Stellplätze
§ 4 Verringerung der Anzahl der notwendigen Stellplätze
§ 5 Erfüllung der Herstellungspflicht
§ 6 Nachweis durch Zahlung von Ablösungsbeträgen
§ 7 Beschaffenheit von notwendigen Stellplätzen für Kraftfahrzeuge
§ 8 Beschaffenheit von notwendigen Stellplätzen für Fahrräder
§ 9 Zustimmung der Gemeinde
§ 10 Ordnungswidrigkeiten
§ 11 Übergangsvorschriften
§ 12 Inkrafttreten
§ 1
Anwendungsbereich
(1) Diese Verordnung regelt die Pflicht, bei der Errichtung oder Nutzungsänderung von Anlagen, bei denen ein Zu- oder Abgangsverkehr zu erwarten ist, notwendige Stellplätze für Kraftfahrzeuge und Fahrräder herzustellen. Sie regelt die Herstellung dieser notwendigen Stellplätze für Kraftfahrzeuge, einschließlich der Stellplätze für Kraftfahrzeuge von Menschen mit Behinderung, und Fahrräder in Bezug auf ihre Zahl, Größe und Beschaffenheit.
(2) Sofern durch Bebauungsplan oder durch örtliche Bauvorschrift Regelungen getroffen worden sind, gehen diese dieser Verordnung vor.
§ 2
Notwendige Stellplätze für Kraftfahrzeuge und Fahrräder
(1) Anlagen, bei denen ein Zu- oder Abgangsverkehr zu erwarten ist, dürfen nur errichtet werden, wenn Stellplätze für Kraftfahrzeuge (Stellplätze oder Garagen) und Fahrräder in ausreichender Anzahl und Größe sowie in geeigneter Beschaffenheit hergestellt werden (notwendige Stellplätze). Ihre Anzahl und Größe richten sich nach der Art und Anzahl der vorhandenen und der durch die ständige Benutzung und den Besuch der Anlagen zu erwartenden Kraftfahrzeuge und Fahrräder.
(2) Werden Anlagen nach Absatz 1 geändert oder ändert sich ihre Nutzung, so sind notwendige Stellplätze in solcher Anzahl, Größe und Beschaffenheit herzustellen, dass sie die infolge der Änderung zusätzlich zu erwartenden Kraftfahrzeuge und Fahrräder aufnehmen können (Mehrbedarf). Beträgt der Mehrbedarf weniger als vier Stellplätze, sind abweichend von Satz 1 keine notwendigen Stellplätze für den Mehrbedarf herzustellen. Satz 2 gilt nicht für Anlagen nach Teil A Nummer 10.3 und 10.4 der Anlage zu dieser Verordnung.
§ 3
Anzahl der notwendigen Stellplätze
(1) Die Anzahl der notwendigen Stellplätze bemisst sich nach der Anlage zu dieser Verordnung. Diese wird nach Maßgabe des § 4 verringert.
(2) Für Anlagen, deren Nutzungsbedarf in der Anlage zu dieser Verordnung nicht aufgeführt ist, richtet sich die Anzahl der notwendigen Stellplätze nach dem voraussichtlichen tatsächlichen Bedarf. Dabei sind die in der Anlage zu dieser Verordnung für vergleichbare Nutzungen bestimmten Richtzahlen zu berücksichtigen.
(3) Bei Anlagen mit verschiedenartigen Nutzungen bemisst sich die Anzahl der notwendigen Stellplätze nach dem größten gleichzeitigen Bedarf, wenn die wechselseitige Benutzung nachgewiesen ist (Doppelnutzung). Eine solche Doppelnutzung ist bei öffentlich-rechtlicher Sicherung auch bei der Bestimmung der Anzahl der notwendigen Stellplätze verschiedener Vorhaben in zumutbarer Entfernung zulässig. Die Doppelnutzung kann auf Antrag zugelassen werden. Notwendige Stellplätze, die zu Wohnnutzungen gehören, dürfen nicht in eine Doppelnutzung einbezogen werden.
(4) Bei Wohngebäuden der Gebäudeklassen 1 und 2 nach Teil A der Anlage zu dieser Verordnung gilt eine Garagenzufahrt in der Größe eines Stellplatzes als notwendiger Stellplatz für Kraftfahrzeuge. Gefangene Stellplätze für Kraftfahrzeuge sind bei Wohngebäuden der Gebäudeklassen 1 und 2 zulässig.
(5) Bei der Ermittlung der notwendigen Stellplätze für Kraftfahrzeuge ist von dem Einstellplatzbedarf für zweispurige Personenkraftwagen auszugehen. Einstellplätze für Lastkraftwagen und Omnibusse sind bei Anlagen mit einem entsprechenden An- oder Auslieferverkehr oder speziellen Besucherverkehr zusätzlich nachzuweisen. Sind nach Satz 2 Omnibus-Stellplätze nachzuweisen, werden diese bis zu einem Drittel des notwendigen Stellplatzbedarfes für Kraftfahrzeuge auf diese Anzahl angerechnet. Dabei entspricht ein Omnibus-Stellplatz vier notwendigen Stellplätzen für Kraftfahrzeuge.
(6) Ergeben sich bei der Ermittlung der Anzahl der notwendigen Stellplätze Dezimalstellen, sind diese nach kaufmännischen Regeln zu runden.
§ 4
Verringerung der Anzahl der notwendigen Stellplätze
(1) Die sich nach § 3 Absatz 1 ergebende Anzahl notwendiger Stellplätze für Kraftfahrzeuge verringert sich durch folgende Maßnahmen:
1. für Anlagen nach Teil A Nummer 1.2 der Anlage zu dieser Verordnung ablösefrei, soweit nachgewiesen wird, dass
a)
das Vorhaben in einer integrierten Lage unter Berücksichtigung der Erschließung
durch den öffentlichen Personennahverkehr liegt, oder
b) der notwendige Stellplatzbedarf durch besondere Maßnahmen nachhaltig verringert wird, und
2.
für Arbeitsstätten sowie für Versammlungsstätten für kulturelle und sportliche
Veranstaltungen nur insoweit, als ein (betriebliches) Mobilitätskonzept zur
Umsetzung kommt. Zur Ermittlung der Verringerung der Anzahl der notwendigen
Stellplätze für Kraftfahrzeuge nach Nummer 2 ist Teil B der Anlage zu dieser
Verordnung zu verwenden; eine Kombination im Stellplatznachweis von
Doppelnutzung mit Maßnahmen eines Mobilitätskonzeptes ist unzulässig.
Die besonderen Maßnahmen nach Nummer 1 Buchstabe b und Nummer 2 sind
öffentlich-rechtlich zu sichern. § 3 Absatz 6 gilt entsprechend mit der
Maßgabe, dass eine Rundung erst bei einer Verringerung erfolgt.
(2) Steht die Anzahl der nach § 3 Absatz 1 herzustellenden notwendigen Stellplätze für Kraftfahrzeuge und Fahrräder in einem offensichtlichen Missverhältnis zum tatsächlichen Bedarf, kann die sich aus der Einzelermittlung ergebende Anzahl der notwendigen Stellplätze entsprechend erhöht oder verringert werden.
§ 5
Erfüllung der Herstellungspflicht
(1) Sollen notwendige Stellplätze nicht auf dem Baugrundstück, sondern in zumutbarer Entfernung davon auf einem geeigneten Grundstück hergestellt werden, ist dessen Benutzung für diesen Zweck öffentlich-rechtlich zu sichern.
(2) Zumutbar ist eine fußläufige Entfernung notwendiger Stellplätze zum Baugrundstück von maximal 500 Metern, bei Wohnungsbauvorhaben von maximal 300 Metern. Bei notwendigen Stellplätzen für Fahrräder darf die Entfernung zum Baugrundstück maximal 100 Meter betragen. Die öffentlich-rechtliche Sicherung ist der Gemeinde vor Baubeginn nachzuweisen, sofern die Erfüllung der Stellplatzpflicht nicht bereits Voraussetzung für die Erteilung einer Baugenehmigung ist. Bei Vorhaben, die der Genehmigungsfreistellung gemäß § 63 der Landesbauordnung 2018 vom 21. Juli 2018 (GV. NRW. S. 421) in der jeweils geltenden Fassung unterliegen, ist der Nachweis der öffentlich-rechtlichen Sicherung mit den erforderlichen Unterlagen bei der Gemeinde einzureichen.
(3) Notwendige Stellplätze müssen mit der Fertigstellung, spätestens zum Zeitpunkt der Nutzungsaufnahme der Anlage hergestellt sein.
§ 6
Nachweis durch Zahlung von Ablösungsbeträgen
(1) Sollen notwendige Stellplätze nicht nach § 5 hergestellt werden, kann die Verpflichtung zur Schaffung von notwendigen Stellplätzen vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 wahlweise durch die Zahlung eines Ablösungsbetrages erfüllt werden. Hierfür ist die Zustimmung der Gemeinde erforderlich. Der Ablösungsbetrag wird von der Gemeinde festgesetzt. Ist die Herstellung notwendiger Stellplätze rechtlich unmöglich, ist von der Bauherrschaft kein Ablösungsbetrag zu erheben. Einmal geleistete Ablösungsbeträge aus vorherigen Nutzungen sind dem Grundstück zuzurechnen.
(2) Notwendige Stellplätze bei Wohnungsbauvorhaben dürfen nur abgelöst werden, wenn und soweit nicht im Einzelfall wegen der Anzahl der notwendigen Stellplätze oder der besonderen örtlichen Verhältnisse eine erhebliche Beeinträchtigung des ruhenden oder fließenden Verkehrs unter Berücksichtigung auch der Belange des Fußgänger- und Fahrradverkehrs zu erwarten ist.
(3) Notwendige Stellplätze für Kraftfahrzeuge von Menschen mit Behinderung nach § 7 Absatz 2 und notwendige Stellplätze für Fahrräder dürfen nur abgelöst werden, soweit diese wegen schwieriger Geländeverhältnisse oder ungünstiger vorhandener Bebauung nur mit einem unverhältnismäßigen Mehraufwand hergestellt werden können.
(4) Die Zahlung des Ablösungsbetrages ist der Gemeinde vor Baubeginn nachzuweisen, sofern die Erfüllung der Stellplatzpflicht nicht bereits Voraussetzung für die Erteilung einer Baugenehmigung ist. Bei Vorhaben, die der Genehmigungsfreistellung nach § 63 der Landesbauordnung 2018 unterliegen, ist der Nachweis der Zahlung mit den erforderlichen Unterlagen bei der Gemeinde einzureichen.
§ 7
Beschaffenheit von notwendigen Stellplätzen für Kraftfahrzeuge
(1) Notwendige Stellplätze für Kraftfahrzeuge müssen ohne Überquerung anderer Stellplätze ungehindert erreichbar sein. Hintereinanderliegende notwendige Stellplätze für Kraftfahrzeuge sind nur bei Wohngebäuden der Gebäudeklassen 1 und 2 nach Teil A der Anlage zu dieser Verordnung zulässig. Im Übrigen bleiben die Anforderungen des Teils 5 der Sonderbauverordnung vom 2. Dezember 2016 (GV. NRW. 2017 S. 2, ber. S. 120 und 2020 S. 148) in der jeweils geltenden Fassung hinsichtlich der Größe der Stellplätze, Ausmaße der Fahrgassen, Zu- und Abfahrten sowie Gestaltung von Rampen unberührt.
(2) Von den notwendigen Stellplätzen für Kraftfahrzeuge sind notwendige Stellplätze für Kraftfahrzeuge von Menschen mit Behinderung nach der Anlage zu dieser Verordnung, bei Wohngebäuden nach § 49 Absatz 1 der Landesbauordnung 2018 mindestens ein Stellplatz für Kraftfahrzeuge von Menschen mit Behinderung, auf dem Baugrundstück entsprechend zu kennzeichnen und barrierefrei herzustellen. Wird die Anlage erfahrungsgemäß von einer größeren Zahl von Menschen mit Behinderung besucht, kann die Anzahl dieser Stellplätze unter Berücksichtigung der besonderen Art der Anlage erhöht werden. Weitergehende Anforderungen nach § 50 der Landesbauordnung 2018 bleiben unberührt.
(3) Die notwendigen Stellplätze für Kraftfahrzeuge dürfen nicht zweckentfremdet benutzt werden. Die Nutzung zum Abstellen von gebrauchsfähigen Fahrrädern gilt nicht als zweckfremde Nutzung.
§ 8
Beschaffenheit von notwendigen Stellplätzen für Fahrräder
(1) Notwendige Stellplätze für Fahrräder müssen von der öffentlichen Verkehrsfläche ebenerdig oder durch Rampen, Aufzüge oder vergleichbare Einrichtungen verkehrssicher und leicht erreichbar sein.
(2) Notwendige Stellplätze für Fahrräder müssen
1. einzeln leicht zugänglich sein,
2.
eine Sicherung gegen Diebstahl ermöglichen und
3. eine Fläche von mindestens 1,5 Quadratmetern je Stellplatz haben.
(3) Für Anlagen, die mehr als zehn notwendige Stellplätze für Fahrräder außerhalb von Gebäuden aufnehmen, wird eine Überdachung empfohlen. Jeder elfte notwendige Stellplatz für Fahrräder muss durch eine zusätzliche Fläche von mindestens 1,5 Quadratmetern zum Abstellen von Kinder- oder Lastenanhängern geeignet sein.
(4) § 7 Absatz 3 Satz 1 gilt entsprechend.
§ 9
Zustimmung der Gemeinde
Sofern die Einhaltung der Bestimmungen dieser Verordnung nicht in einem Baugenehmigungsverfahren zu prüfen ist, ist die Zustimmung der Gemeinde erforderlich für:
1. die Bestimmung der Anzahl der notwendigen Stellplätze in den Fällen des § 3 Absatz 2 und 3 sowie
2. die Ablöse notwendiger Stellplätze für
a) Wohnungsbauvorhaben nach § 6 Absatz 2,
b) Kraftfahrzeuge von Menschen mit Behinderung nach § 6 Absatz 3 und
c) Fahrräder nach § 6 Absatz 3.
§ 10
Ordnungswidrigkeiten
Ordnungswidrig im Sinne des § 86 Absatz 1 Nummer 22 der Landesbauordnung 2018 handelt, wer notwendige Stellplätze
1. nicht in ausreichender Anzahl herstellt oder ablöst oder
2. entgegen den Anforderungen in den §§ 7 und 8 herstellt oder nutzt.
§ 11
Übergangsvorschriften
Auf Bauvorhaben, deren bauaufsichtliche Verfahren bereits vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung eingeleitet sind, sind die Bestimmungen dieser Verordnung nur insoweit anzuwenden, als dass sie günstigere Regelungen beinhalten.
§ 12
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am 1. Juli 2022 in Kraft.
Düsseldorf, den 14. März 2022
Die Ministerin
für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung
des Landes Nordrhein-Westfalen
Ina S c h a r r e n b a c h
GV. NRW. 2022 S. 287