Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 2024 Nr. 10 vom 16.4.2024 Seite 199 bis 208

Verordnung zur Umsetzung der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen in der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (BARL-BauO-VO NRW)
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Verordnung zur Umsetzung der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen in der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (BARL-BauO-VO NRW)

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Verordnung zur Umsetzung der Richtlinie 2005/36/EG
des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005
über die Anerkennung von Berufsqualifikationen in der Bauordnung
für das Land Nordrhein-Westfalen (BARL-BauO-VO NRW)

Vom 12. März 2024

Auf Grund des § 87 Absatz 2b der Landesbauordnung 2018 vom 21. Juli 2018 (GV. NRW. S. 421), die zuletzt durch Gesetz vom 31. Oktober 2023 (GV. NRW. S. 1172) geändert worden ist, verordnet das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen:

§ 1
Inhaltliche Anforderungen an das Studium des Bauingenieurwesens

(1) Die theoretischen und praktischen Inhalte eines Studiums der Fachrichtung Bauingenieurwesen im Sinne des § 67 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 BauO NRW 2018 in der jeweils geltenden Fassung müssen auf die umfassenden Berufsaufgaben sowie auf die beruflichen Fähigkeiten und Tätigkeiten von Bauingenieurinnen und Bauingenieuren ausgerichtet sein. Deren Tätigkeit umfasst im Wesentlichen die Planung, den Entwurf, die Konstruktion, die Ausführung, die Instandhaltung, den Betrieb und den Rückbau von Gebäuden und baulichen Anlagen jeder Art, insbesondere in den Bereichen des Hoch-, Verkehrs-, Tief und Wasserbaus.

(2) Im Rahmen eines auf das Bauingenieurwesen ausgerichteten Studiengangs mit der Bezeichnung „Bauingenieurwesen“ oder entsprechenden Studiengängen mit mindestens drei Studienjahren (entspricht 180 ECTS- Leistungspunkten) müssen mindestens 135 ECTS-Punkte in Studienfächern erworben werden, die dem Bauwesen zugeordnet werden können. Hierzu gehören:

1. Studienfächer, die ein fundiertes Grundlagenwissen im thematisch-naturwissenschaftlichen Bereich vermitteln: insbesondere höhere Mathematik, technische Mechanik, Bauphysik, Bauchemie, und Baustoffkunde und technisches Darstellen,

2. Studienfächer, die allgemeine fachspezifische Grundlagen des Bauingenieurwesens vermitteln: insbesondere Baukonstruktion/Objektplanung Gebäude, Tragwerkslehreplanung, Bauinformatik/Geoinformatik, Digitales Bauen, numerische Modellierung, Geotechnik und Geodäsie,

3. Studienfächer, die spezifische Kenntnisse des konstruktiven Ingenieurbaus vermitteln: insbesondere Baustatik, Massivbau (Beton-, Stahlbeton- und Mauerwerksbau), Stahl- und Metallbau, Holzbau, Verbundbau, Glasbau und Kunststoffe, Brückenbau,

4. Studienfächer, die vertiefte Kenntnisse in bauingenieurspezifischen Spezialbereichen vermitteln: insbesondere Wasserwirtschaft, Wasserbau, Siedlungswasserwirtschaft, Abfallwirtschaft und Altlasten, Verkehrsplanung, öffentliche Verkehrssysteme und Verkehrswege (Straße, Schiene) Straßenwesen,

5. Studienfächer, die vertiefte Kenntnisse des Baumanagements vermitteln, insbesondere Bauprojektmanagement, Bauprozessmanagement und Baubetriebswirtschaft, Bauplanungsmanagement und

6. Studieninhalte, die weitere allgemeine Grundlagen vermitteln, insbesondere Baurecht (Planungsrecht, Ordnungsrecht), Zivilrecht (Verträge, Haftung), Bauen im Bestand, Ökologie, Fremdsprachen (Fachwortschatz) und technische Gebäudeausrüstung.

(3) Der Anteil der Studienfächer in Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 bis 4 muss dabei mindestens 110 ECTS-Punkte betragen, wobei aus Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 bis 3 jeweils mindestens 20 ECTS-Punkte erworben sein müssen.

§ 2
Voraussetzungen für die Eintragung

(1) Ergänzend zu § 67 Absatz 4 BauO NRW 2018 ist auf Antrag in die Liste der Bauvorlageberechtigten nach § 67 Absatz 3 Nummer 2 BauO NRW 2018 auch einzutragen,

1. wer in Bezug auf die Studienanforderungen einen Ausbildungsnachweis nach Artikel 11 der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. L 255 vom 30.9.2005, S. 22; L 271 vom 16.10.2007, S. 19; L 93 vom 4.4.2008, S. 28; L 33 vom 3.2.2009, S. 49; L 305 vom 24.10.2014, S. 115), die zuletzt durch den Delegierten Beschluss (EU) 2023/2383 der Kommission vom 23. Mai 2023 (ABI. L 2023/2383, vom 9.10.2023, ELI: http://data.europa.eu/eli/dec_del/2023/2383/oj) geändert worden ist, besitzt, soweit diese in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem diesem durch Abkommen gleichgestellten Staat erforderlich sind, um in dessen Hoheitsgebiet die Erlaubnis zur Aufnahme und Ausübung dieses Berufes zu erhalten und

2. dessen Ausbildungsnachweis den Anforderungen nach Artikel 13 Absatz 2 Satz 2 der Richtlinie 2005/36/EG genügt.

(2) Absatz 1 gilt auch für eine Antragstellerin oder einen Antragsteller, die oder der nachweist, dass sie oder er

1. diesen Beruf ein Jahr lang vollzeitbeschäftigt oder während einer entsprechenden Gesamtdauer in Teilzeit während der vorhergehenden zehn Jahre in Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder einem gleichgestellten Staat ausgeübt hat, sofern der Beruf im Niederlassungsmitgliedstaat nicht reglementiert ist,

2. im Besitz eines Befähigungs- oder Ausbildungsnachweises ist, der den Anforderungen nach Artikel 13 Absatz 2 Satz 2 der Richtlinie 2005/36/EG genügt; die Berufserfahrung nach Nummer 1 ist nicht erforderlich, wenn der Befähigungs- oder Ausbildungsnachweis einen reglementierten Ausbildungsgang nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe e der Richtlinie 2005/36/EG bestätigt und

3. keine wesentlichen Unterschiede nach § 67 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 BauO NRW 2018 bestehen.

(3) Eine Eintragung in die Liste nach Absatz 1 oder 2 erfolgt nicht, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller aufgrund einer Regelung eines anderen Landes bauvorlageberechtigt ist. § 67 Absatz 3 Nummer 2 zweiter Halbsatz BauO NRW 2018 gilt entsprechend.

(4) Über den Antrag nach Absatz 1 oder 2 ist innerhalb von drei Monaten nach Vorlage der vollständigen Unterlagen zu entscheiden; die Anerkennungsbehörde kann die Frist gegenüber der Antragstellerin oder dem Antragsteller einmal um bis zu einen Monat verlängern. Die Fristverlängerung und deren Ende sind ausreichend zu begründen und der Antragstellerin oder dem Antragsteller vor Ablauf der ursprünglichen Frist mitzuteilen.

(5) Antragstellerinnen und Antragsteller müssen über für die Ausübung der Tätigkeit ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen. Bestehen im Einzelfall Zweifel an ausreichenden Kenntnissen der deutschen Sprache, kann nach Eintragung eine Überprüfung der Sprachkenntnisse vorgenommen werden.

§ 3
Verfahren der Eintragung

(1) Antragstellerinnen und Antragsteller haben Unterlagen nach Artikel 50 Absatz 1 der Richtlinie 2005/36/EG in Verbindung mit Anhang VII Nummer 1 Buchstabe a und b Satz 1 der Richtlinie 2005/36/EG sowie auf Anforderung nach Anhang VII Nummer 1 Buchstabe b Unterabsatz 2 der Richtlinie 2005/36/EG vorzulegen. Gibt die Antragstellerin oder der Antragsteller an, hierzu nicht in der Lage zu sein, wendet sich die Ingenieurkammer-Bau Nordrhein-Westfalen zur Beschaffung der erforderlichen Unterlagen an das Beratungszentrum nach Artikel 57b der Richtlinie 2005/36/EG, die zuständige Behörde oder eine Ausbildungsstelle.

(2) Bei Ausbildungsnachweisen nach Artikel 50 Absatz 3 der Richtlinie 2005/36/EG kann die Ingenieurkammer-Bau Nordrhein-Westfalen bei berechtigten Zweifeln von der zuständigen Stelle des Ausstellungsstaates die Überprüfung der Kriterien nach Artikel 50 Absatz 3 Buchstabe a bis c der Richtlinie 2005/36/EG verlangen.

(3) War die Antragstellerin oder der Antragsteller bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem gleichgestellten Staat tätig, kann die Ingenieurkammer-Bau Nordrhein-Westfalen im Fall berechtigter Zweifel von der im Herkunftsstaat zuständigen Behörde eine Bestätigung der Tatsache verlangen, dass die Ausübung dieses Berufes durch den Antragsteller nicht aufgrund schwerwiegenden standeswidrigen Verhaltens oder einer Verurteilung wegen strafbarer Handlungen untersagt worden ist.

(4) Im Übrigen finden die Vorschriften des Artikel 50 Absatz 1 der Richtlinie 2005/36/EG in Verbindung mit Anhang VII Nummer 1 Buchstabe d bis g der Richtlinie 2005/36/EG Anwendung.

(5) Die auf Verlangen übermittelten Unterlagen und Bescheinigungen dürfen bei ihrer Vorlage nicht älter als drei Monate sein.

(6) Der Informationsaustausch erfolgt über das Binnenmarkt-Informationssystem (IMI).

§ 4
Bescheinigungen

(1) Über die Eintragung in die Liste der Bauvorlageberechtigten nach § 67 Absatz 3 Nummer 2 BauO NRW 2018 ist eine Bescheinigung auszustellen.

(2) Die Liste enthält folgende Angaben:

1. Zeitpunkt der Eintragung,

2. Familienname, Geburtsname und Vornamen,

3. Geburtsdatum, Geburtsort und Geschlecht,

4. Akademische Grade und Titel,

5. Ladungsfähige Adresse,

6. Staatsangehörigkeit des Antragstellers und

7. Staat, in dem die Berufsqualifikation erworben wurde

(3) Die Eingetragenen haben der Ingenieurkammer-Bau Nordrhein-Westfalen eine Änderung ihrer eingetragenen Daten unverzüglich mitzuteilen.

(4) Für die Löschung gilt § 29 Absatz 2 und 3 des Baukammerngesetzes vom 1. Dezember 2021 (GV. NRW. S. 1385) in der jeweils geltenden Fassung entsprechend.

§ 5
Mitgliedschaft in der Ingenieurkammer-Bau Nordrhein-Westfalen

Mit der Eintragung in die Liste werden die eingetragenen Personen Mitglied der Ingenieurkammer-Bau Nordrhein-Westfalen soweit ihre Mitgliedschaft nicht nach § 1 Absatz 5 des Baukammerngesetzes begründet werden kann.

§ 6
Ausgleichsmaßnahmen

(1) Antragstellerinnen und Antragsteller, die nicht in die Liste nach § 67 Absatz 3 Nummer 2 BauO NRW 2018 eingetragen werden können, weil sie aufgrund von wesentlichen Unterschieden nicht über eine gleichwertige Berufsqualifikation verfügen und die über einen Ausbildungsnachweis verfügen, der dem Berufsqualifikationsniveau nach Artikel 11 Buchstabe b, c, d oder e der Richtlinie 2005/36/EG entspricht, können zwecks Eintragung in die Liste als Ausgleichsmaßnahmen einen höchstens dreijährigen Anpassungslehrgang absolvieren oder eine Eignungsprüfung ablegen.

(2) Beantragt eine Inhaberin oder ein Inhaber einer Berufsqualifikation nach Artikel 11 Buchstabe a der Richtlinie 2005/36/EG die Anerkennung ihrer oder seiner Berufsqualifikationen, so kann die Ingenieurkammer-Bau Nordrhein-Westfalen sowohl einen Anpassungslehrgang als auch eine Eignungsprüfung vorschreiben.

(3) Die Einzelheiten zur Durchführung von Ausgleichsmaßnahmen werden durch Satzung der Ingenieurkammer-Bau Nordrhein-Westfalen nach § 10 des Baukammerngesetzes festgelegt.

(4) Die Ingenieurkammer-Bau Nordrhein-Westfalen kann mit anderen zuständigen Stellen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland landesübergreifende Vereinbarungen zur Durchführung von Ausgleichsmaßnahmen schließen.

§ 7
Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Düsseldorf, 12. März 2024

Die Ministerin
für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung
des Landes Nordrhein-Westfalen

Ina  S c h a r r e n b a c h

GV. NRW. 2024 S. 205