Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 2025 Nr. 9 vom 21.2.2025 Seite 211 bis 220

Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr mit den Grundbuchämtern und die elektronische Führung der Grundakten im Land Nordrhein-Westfalen (eGrundakten-Einführungsverordnung NRW – eGruVO NRW)
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Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr mit den Grundbuchämtern und die elektronische Führung der Grundakten im Land Nordrhein-Westfalen (eGrundakten-Einführungsverordnung NRW – eGruVO NRW)

301

Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr mit den Grundbuchämtern
und die elektronische Führung der Grundakten im Land Nordrhein-Westfalen
(eGrundakten-Einführungsverordnung NRW – eGruVO NRW)

Vom 11. Februar 2025

Auf Grund des § 135 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 2 und des § 140 Absatz 1 Satz 3 der Grundbuchordnung in der Fassung vom 26. Mai 1994 (BGBl. I S. 1114), die zuletzt durch Artikel 16 des Gesetzes vom 19. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2606) geändert worden ist, jeweils in Verbindung mit § 1 Absatz 2 des Justizgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 26. Januar 2010 (GV. NRW. S. 30), das zuletzt durch Gesetz vom 10. Dezember 2024 (GV. NRW. S. 1207) geändert worden ist, und des § 141 Satz 1 der Grundbuchordnung in Verbindung mit § 101 Satz 1 und § 96 Absatz 3 Satz 3 der Grundbuchverfügung in der Fassung vom 24. Januar 1995 (BGBl. I S. 114), die zuletzt durch Artikel 17 des Gesetzes vom 19. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2606) geändert worden ist, in Verbindung mit § 1 Absatz 2 des Justizgesetzes Nordrhein-Westfalen verordnet das Ministerium der Justiz:

Abschnitt 1
Elektronischer Rechtsverkehr

§ 1
Eröffnung des elektronischen Rechtsverkehrs

(1) Bei den in Spalte 1 der Anlage zu dieser Verordnung bezeichneten Grundbuchämtern ist ab dem in Spalte 2 der Anlage angegebenen Zeitpunkt der elektronische Rechtsverkehr eröffnet. Anträge, sonstige Erklärungen sowie Nachweise über andere Eintragungsvoraussetzungen können nach Maßgabe der Vorschriften dieses Abschnitts als elektronische Dokumente eingereicht werden.

(2) Ist der elektronische Rechtsverkehr bei einem Grundbuchamt eröffnet, so haben Notarinnen und Notare

1. Dokumente elektronisch zu übermitteln und diese mit einer prüfbaren qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen und

2. neben den elektronischen Dokumenten die darin enthaltenen Angaben, insbesondere die Bezeichnung des Grundbuchamtes, des Grundbuchbezirks, des Grundbuchblatts, der Beteiligten und der eingereichten Dokumente im Format Extensible Markup Language (XML) zu übermitteln.

Satz 1 gilt nicht, soweit die Pläne und Zeichnungen nach Satz 1 Nummer 1 oder die Dokumente nach Satz 1 Nummer 2 für die antragstellende Notarin oder den antragstellenden Notar oder für eine Notarin oder einen Notar, die oder der mit der antragstellenden Notarin oder dem antragstellenden Notar zur gemeinsamen Berufsausübung verbunden ist, als elektronisches Dokument in einem Format nach § 2 Absatz 2 vorliegen.

(3) Andere Verfahrensbeteiligte können Dokumente elektronisch übermitteln. Für die elektronische Übermittlung durch andere Verfahrensbeteiligte gilt Absatz 2 entsprechend.

(4) Die Einzelheiten zur qualifizierten elektronischen Signatur und deren Prüfbarkeit, zu den dem Format XML zugrunde zu legenden Definitions- oder Schemadateien sowie die Höchstgrenzen für die Anzahl der einzureichenden elektronischen Dokumente und für das Datenvolumen werden nach § 3 Nummer 3, 5 und 7 bekanntgegeben.

§ 2
Elektronische Poststelle; Dateiformate

(1) In elektronischer Form gestellte Anträge, sonstige Erklärungen sowie Nachweise über andere Eintragungsvoraussetzungen sind an das nach § 3 Nummer 1 bekanntgegebene elektronische Postfach des Grundbuchamtes zu adressieren.

(2) Das elektronische Dokument muss eines der folgenden Formate in einer für das Grundbuchamt bearbeitbaren Version aufweisen:

1. Portable Document Format (PDF),

2. PDF for Archiving (PDF/A) oder

3. Tagged Image File Format (TIFF).

Das elektronische Dokument muss in das Format PDF/A konvertierbar sein. Einzelheiten zu den bearbeitbaren Versionen der Dateiformate werden nach § 3 Nummer 4 bekanntgegeben.

(3) Elektronische Dokumente, die einem der in Absatz 2 genannten Dateiformate in einer nach § 3 Nummer 4 bekanntgegebenen Version entsprechen, können auch als Kompressionsdatei im ZIP-Dateiformat (ZIP-Datei) eingereicht werden. Die ZIP-Datei darf keine anderen ZIP-Dateien und keine Verzeichnisstrukturen enthalten. Werden Dokumente im Sinne des Satzes 1 als ZIP-Datei versandt, so muss sich die qualifizierte elektronische Signatur auf das jeweilige komprimierte Dokument beziehen. Die ZIP-Datei darf zusätzlich signiert werden.

§ 3
Bekanntgabe technischer Anforderungen

Das für Justiz zuständige Ministerium oder eine vom ihm beauftragte Stelle gibt auf der Internetseite des Justizportals des Landes Nordrhein-Westfalen bekannt:

1. das direkt zu adressierende elektronische Postfach des Grundbuchamtes,

2. die Einzelheiten des Verfahrens, das zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr sowie für die Authentifizierung bei der jeweiligen Nutzung des elektronischen Postfachs einzuhalten ist, einschließlich der für die datenschutzgerechte Verwaltung elektronischer Postfächer zu speichernden personenbezogenen Daten,

3. die Einzelheiten zum Anbringen der qualifizierten elektronischen Signatur, die mindestens dem Profil Industrial-Signature-Interoperability-Specification / MailTrusT (ISIS-MTT) entsprechen muss, sowie die Voraussetzungen für die Prüfbarkeit der qualifizierten elektronischen Signatur und des ihr zugrundeliegenden Zertifikats durch das Grundbuchamt oder eine andere mit der automatisierten Prüfung beauftragte Stelle,

4. die für die Bearbeitung durch das Grundbuchamt geeigneten Versionen der Dateiformate PDF, PDF/A und TIFF,

5. die dem Format XML zugrunde zu legenden Definitions- oder Schemadateien,

6. weitere Angaben, die nach § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 im Format XML zu übermitteln sind, um die Zuordnung innerhalb des Grundbuchamtes und die Weiterverarbeitung durch dieses zu gewährleisten, und

7. die Höchstgrenzen für die Anzahl der einzureichenden elektronischen Dokumente und für das Datenvolumen.

§ 4
Ersatzeinreichung

Ist eine Übermittlung an das elektronische Postfach nicht möglich, insbesondere, weil die nach § 3 Nummer 7 bekanntgegebene Höchstgrenze für die Anzahl der einzureichenden elektronischen Dokumente oder für das Datenvolumen überschritten wird oder weil bei der Notarin oder dem Notar oder bei dem elektronischen Postfach eine technische Störung vorliegt, so kann die Übermittlung abweichend von § 1 Absatz 2 ausnahmsweise in Papierform erfolgen. Liegt die Ursache für die Unmöglichkeit der elektronischen Übermittlung im Verantwortungsbereich der Notarin oder des Notars, so ist die Unmöglichkeit darzulegen.

Abschnitt 2
Elektronische Grundakte

§ 5
Einführung der elektronischen Grundakte

Bei den in Spalte 1 der Anlage bezeichneten Grundbuchämtern werden ab dem in Spalte 3 der Anlage angegebenen Zeitpunkt neu anzulegende Grundakten elektronisch geführt. Grundakten, die bereits angelegt sind, werden ab diesem Zeitpunkt elektronisch weitergeführt.

§ 6
Bildung elektronischer Grundakten; Repräsentat

(1) In der elektronischen Grundakte werden zur Akte gebrachte elektronische Dokumente, einschließlich zugehöriger Signaturdateien, sowie sonstige zur Grundakte gebrachte Dateien und Informationen gespeichert. Elektronische Empfangsbekenntnisse, die als strukturierte maschinenlesbare Datensätze übermittelt worden sind, werden als Datensätze in der elektronischen Grundakte gespeichert.

(2) Elektronische Dokumente sowie sonstige Dateien und Informationen gelten als zur Grundakte genommen, wenn sie bewusst und dauerhaft in der elektronischen Grundakte gespeichert worden sind.

(3) Elektronisch geführte Grundakten sind so zu strukturieren, dass die gerichtsinterne Bearbeitung und der Aktenaustausch gewährleistet sind.

(4) Die in der elektronischen Grundakte gespeicherten Inhalte müssen jederzeit zusätzlich als elektronische Dokumente im Format PDF/A wiedergegeben werden können; aus diesen Dokumenten wird das Repräsentat gebildet. Das Repräsentat muss den gesamten zur Grundakte genommenen Inhalt, mit Ausnahme der nur für die Datenverarbeitung notwendigen Struktur-, Definitions- und Schemadateien, wiedergeben. Soweit die Wiedergabe eines Inhalts technisch nicht möglich ist, ist ein entsprechender Hinweis in das Repräsentat aufzunehmen. Signaturdateien werden im Repräsentat nicht wiedergegeben; wiedergegeben werden nur die Vermerke über das Ergebnis der Signaturprüfung. Das Repräsentat muss druckbar, kopierbar und, soweit technisch möglich, durchsuchbar sein. Die Seiten des Repräsentats sind so zu nummerieren, dass sie eindeutig zitiert werden können.

(5) Im Übrigen gelten die Bestimmungen der Aktenordnung für die Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit und Staatsanwaltschaften vom 11. Oktober 2024 (JMBl. NRW. S. 1076) in der jeweils geltenden Fassung.

§ 7
Übertragung von Papierdokumenten

(1) Sind nach § 5 Satz 1 Grundakten elektronisch zu führen oder nach § 5 Satz 2 elektronisch weiterzuführen, so sind zu diesen in Papierform eingehende Schriftstücke in elektronische Dokumente zu übertragen und in dieser Form zur Grundakte zu nehmen. Gescannte Leerseiten sind nicht zur Grundakte zu nehmen.

(2) Die in Papierform vorliegenden Schriftstücke sind sechs Monate nach ihrer Übertragung, jedoch nicht vor der Entscheidung über den Antrag, zu vernichten, sofern sie nicht rückgabepflichtig sind oder eine Aufbewahrung im Einzelfall zu erfolgen hat.

(3) Es ist sicherzustellen, dass das elektronische Dokument mit den vorliegenden Schriftstücken und sonstigen Unterlagen bildlich und inhaltlich übereinstimmt. Die Übertragung hat nach dem Stand der Technik zu erfolgen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn den Anforderungen der jeweils aktuellen Technischen Richtlinie 03138 Ersetzendes Scannen (RESISCAN) des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik genügt wird.

§ 8
Entscheidungen und Verfügungen in elektronischer Form

Entscheidungen und Verfügungen der Grundbuchämter, deren Grundakten elektronisch geführt werden, sind in elektronischer Form zu erlassen.

§ 9
Bearbeitung der elektronischen Grundakte

(1) Es ist sicherzustellen, dass in der elektronischen Grundakte alle Bearbeitungsvorgänge nachvollzogen werden können. Es ist insbesondere sicherzustellen, dass nachvollzogen werden kann, welche Stelle die Grundakte zu welchem Zeitpunkt bearbeitet hat.

(2) Es ist sicherzustellen, dass die elektronische Grundakte nur von der jeweils lese- und schreibberechtigten Stelle eingesehen und bearbeitet werden kann. Dies gilt auch, soweit die Lese- und Schreibrechte nur teilweise auf eine andere Stelle übergehen.

(3) Elektronische Dokumente sowie sonstige Dateien und Informationen gelten als zur Akte genommen, wenn sie bewusst und dauerhaft in der elektronischen Akte gespeichert worden sind.

§ 10
Führung und Speicherung elektronischer Akten

Die elektronische Akte ist mit einem elektronischen Datenverarbeitungssystem nach dem Stand der Technik zu führen und zu speichern, welches insbesondere gewährleistet, dass

1. die elektronische Akte dauerhaft benutzbar, lesbar und auffindbar ist (Verfügbarkeit),

2. die Funktionen der elektronischen Akte nur genutzt werden können, wenn sich die Benutzerin oder der Benutzer dem System gegenüber identifiziert und authentisiert (Identifikation und Authentisierung),

3. die eingeräumten Benutzungsrechte im System verwaltet werden (Berechtigungsverwaltung),

4. die eingeräumten Benutzungsrechte vom System geprüft werden (Berechtigungsprüfung),

5. die Vornahme von Veränderungen und Ergänzungen der elektronischen Akte im System protokolliert wird (Beweissicherung),

6. eingesetzte Datensicherungssysteme ohne Sicherheitsrisiken wiederhergestellt werden können (Wiederaufbereitung),

7. etwaige Verfälschungen der gespeicherten Daten infolge von Fehlfunktionen des Systems durch geeignete technische Prüfmechanismen rechtzeitig bemerkt werden können (Unverfälschtheit),

8. die Funktionen des Systems fehlerfrei ablaufen und auftretende Fehlfunktionen unverzüglich gemeldet werden (Verlässlichkeit) und

9. der Austausch von Daten im System und bei Einsatz öffentlicher Netze sicher erfolgen kann (Übertragungssicherheit).

§ 11
Barrierefreiheit

Elektronische Grundakten und Verfahren zur Führung und Bearbeitung dieser Akten sollen technisch so gestaltet werden, dass sie, soweit technisch möglich, barrierefrei zugänglich und nutzbar sind.

§ 12
Ersatzgrundakte

Im Fall einer anhaltenden technischen Störung beim Betrieb der elektronischen Grundakte kann das für Justiz zuständige Ministerium oder eine von ihm bestimmte Stelle für die von der Störung betroffenen Grundbuchämter anordnen, Ersatzgrundakten in Papierform zu führen. Diese sind in die elektronische Form zu übertragen, sobald die Störung behoben ist. Art und Dauer der Störung sind zu dokumentieren.

Abschnitt 3
Inkrafttreten

§ 13
Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Düsseldorf, den 11. Februar 2025

Der Minister der Justiz

des Landes Nordrhein-Westfalen

Dr. Benjamin  L i m b a c h

GV. NRW. 2025 S. 215