Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 2025 Nr. 17 vom 2.4.2025 Seite 313 bis 316
Verordnung über die Einrichtung eines Commercial Courts und von Commercial Chambers (Commercial-Court- und Commercial-Chambers-Verordnung) |
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Verordnung über die Einrichtung eines Commercial Courts und von Commercial Chambers (Commercial-Court- und Commercial-Chambers-Verordnung)
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Verordnung über die Einrichtung
eines Commercial Courts und von Commercial Chambers
(Commercial-Court-
und Commercial-Chambers-Verordnung)
Vom 1. April 2025
Auf Grund der
- § 13a Absatz 1 Satz 1 und 2, § 119b Absatz 1, 3 und 5, § 184a Absatz 1 und 2 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 1975 (BGBl. I S. 1077), das zuletzt durch Artikel 14 des Gesetzes vom 27. Dezember 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 438) geändert worden ist, in Verbindung mit
- § 1 Absatz 2 Satz 1 des Justizgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 26. Januar 2010 (GV. NRW. S. 30), das zuletzt durch Gesetz vom 10. Dezember 2024 (GV. NRW. S. 1207) geändert worden ist,
verordnet das Ministerium der Justiz:
§ 1
Commercial Court
(1) Der Commercial Court gemäß § 119b des Gerichtsverfassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 1975 (BGBl. I S. 1077), das zuletzt durch Artikel 14 des Gesetzes vom 27. Dezember 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 438) geändert worden ist, im Folgenden GVG, wird bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf eingerichtet.
(2) Die Zuständigkeit des Commercial Courts ist eröffnet für folgende Streitigkeiten mit einem Streitwert ab 500 000 Euro:
1. Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Unternehmern im Sinne des § 14 des Bürgerlichen Gesetzbuchs mit Ausnahme von solchen auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes, des Urheberrechts sowie über Ansprüche nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (§ 119b Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 GVG)
a) aus Bau- und Architektenverträgen sowie aus Ingenieurverträgen, soweit sie im Zusammenhang mit Bauleistungen stehen,
b) aus Versicherungsvertragsverhältnissen, insbesondere soweit sie Vermögensschadenhaftpflichtversicherungen (D&O-Versicherungen) zum Gegenstand haben,
und
c) aus gesellschaftsrechtlichen Angelegenheiten,
2. Streitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Unternehmens oder von Anteilen an einem Unternehmen (§ 119b Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 GVG) und
3. Streitigkeiten zwischen Gesellschaft und Mitgliedern des Leitungsorgans oder Aufsichtsrats (§ 119b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 GVG).
Nicht erfasst von Satz 1 sind Streitigkeiten über die Wirksamkeit oder Rechtmäßigkeit von Beschlüssen von Gesellschaftern oder Gesellschaftsorganen, Verfahren nach § 71 Absatz 2 Nummer 4 GVG oder nach § 375 des Gesetzes über Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2586, 2587), das zuletzt durch Artikel 15 des Gesetzes vom 27. Dezember 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 438) geändert worden ist.
(3) Die Verfahren vor dem Commercial Court können vollständig in englischer Sprache geführt werden.
§ 2
Commercial Chambers
(1) Commercial Chambers gemäß § 184a GVG werden eingerichtet:
1. im Oberlandesgerichtsbezirk Düsseldorf bei dem Landgericht Düsseldorf,
2. im Oberlandesgerichtsbezirk Hamm bei den Landgerichten Bielefeld und Essen und
3. im Oberlandesgerichtsbezirk Köln bei dem Landgericht Köln.
(2) Folgende Streitigkeiten im Sinne des § 119b Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 GVG werden bei den gemäß Absatz 3 zuständigen Commercial Chambers nach Maßgabe des § 184a GVG und der §§ 606 bis 609 der Zivilprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3202; 2006 I S. 431; 2007 I S. 1781), die zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Oktober 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 328) geändert worden ist, vollständig in englischer Sprache geführt:
1. Streitigkeiten mit einem Streitwert von mehr als 500 000 Euro
a) aus Kauf- oder Tauschverträgen, deren wesentlicher Vertragsgegenstand ein Unternehmen oder Unternehmensanteil ist, insbesondere Streitigkeiten aus dem Kauf oder Verkauf von Unternehmen, Unternehmensteilen oder Unternehmensbeteiligungen oder aus einem solchen Kauf oder Verkauf vorgelagerten Vertragsverhandlungen,
b) aus dem Erwerb eines Unternehmens oder Unternehmensanteils im Wege der gesellschaftsrechtlichen Auseinandersetzung oder
c) aus Umwandlungsverträgen, die einen Vorgang im Sinne von § 1 des Umwandlungsgesetzes vom 28. Oktober 1994 (BGBl. I S. 3210; 1995 I S. 428) in der jeweils geltenden Fassung regeln,
2. Streitigkeiten mit einem Streitwert von mehr als 100 000 Euro, deren wesentlicher Gegenstand den Bereich der Kommunikations- und Informationstechnologie im Sinne von § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe j der Zivilprozessordnung betrifft, insbesondere Streitigkeiten aus
a) der Entwicklung, Herstellung, Veräußerung, Wartung, Reparatur oder Gebrauchsüberlassung von Hardware und Software, insbesondere von Computern, auch soweit es sich um Teile von Maschinen und Anlagen handelt, oder
b) Dienstleistungen mit Bezug zur Informations- und Kommunikationstechnologie, zum Beispiel IT-Beratungsverträge oder IT-Unterrichtsverträge,
3. Streitigkeiten mit einem Streitwert von mehr als 100 000 Euro,
a) deren wesentlicher Gegenstand eine Anlage oder deren Komponenten betrifft, die
aa) die Voraussetzung von § 3 Nummer 1 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vom 21. Juli 2014 (BGBl. I S. 1066) in der jeweils geltenden Fassung erfüllt oder
bb) die Abkehr von fossilen Energieträgern und die Förderung von erneuerbaren Energien zum Ziel hat, beispielsweise Biogasanlagen zur Herstellung von Biomethan, Fernwärmeanlagen, Wärmepumpen, Anlagen zur Herstellung von Wasserstoff oder Solarthermieanlagen zur Warmwassergewinnung, insbesondere solche aus der Entwicklung, Herstellung, Veräußerung, Installation, Wartung, Reparatur, Gebrauchsüberlassung oder Beschädigung von entsprechenden Anlagen oder deren Komponenten, aus Dienstleistungen auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien, zum Beispiel Beratungsverträge, oder im Zusammenhang mit der Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien, oder
b) denen Ansprüche aus § 13 oder 19 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes zugrunde liegen und
4. sonstige Streitigkeiten im Sinne des § 1 Absatz 2 mit einem Streitwert, der den Betrag nach § 23 Nummer 1 GVG übersteigt.
(3) Zugewiesen werden:
1. die Streitigkeiten gemäß Absatz 2 Nummer 1 dem Landgericht Düsseldorf für die Bezirke aller Landgerichte des Landes Nordrhein-Westfalen,
2. die Streitigkeiten gemäß Absatz 2 Nummer 2 dem Landgericht Köln für die Bezirke aller Landgerichte des Landes Nordrhein-Westfalen,
3. die Streitigkeiten gemäß Absatz 2 Nummer 3
a) dem Landgericht Essen für die Bezirke aller Landgerichte aus den Bezirken der Oberlandesgerichte Köln und Düsseldorf sowie für die Bezirke der Landgerichte Essen und Bochum und
b) dem Landgericht Bielefeld für die Bezirke der Landgerichte Arnsberg, Bielefeld, Detmold, Dortmund, Hagen, Münster, Paderborn und Siegen sowie
4. die Streitigkeiten gemäß Absatz 2 Nummer 4
a) dem Landgericht Düsseldorf für die Bezirke aller Landgerichte des Oberlandesgerichtsbezirks Düsseldorf,
b) dem Landgericht Köln für die Bezirke aller Landgerichte des Oberlandesgerichtsbezirks Köln,
c) dem Landgericht Essen für die Bezirke der Landgerichte Bochum, Dortmund, Essen, Hagen und Siegen und
d) dem Landgericht Bielefeld für die Bezirke der Landgerichte Arnsberg, Bielefeld, Detmold, Münster und Paderborn.
(4) Die Zuständigkeit für nicht vollständig in englischer Sprache geführte Verfahren an den Landgerichten bleibt unberührt.
(5) Die Verfahren gemäß Absatz 2 können im Rahmen der Geschäftsverteilung der in Absatz 3 genannten Gerichte sowohl bei Zivilkammern als auch bei Kammern für Handelssachen geführt werden.
(6) Die Berufungs- und Beschwerdeverfahren über die Entscheidungen in den Verfahren gemäß Absatz 2 werden von den zuständigen Oberlandesgerichten ebenfalls nach Maßgabe des § 184a GVG und der §§ 606 bis 609 der Zivilprozessordnung vollständig in englischer Sprache geführt.
§ 3
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Düsseldorf, den 1. April 2025
Der Minister der Justiz
des Landes Nordrhein-Westfalen
Dr. Benjamin L i m b a c h
GV. NRW. 2025 S. 314