Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 2003 Nr. 47 vom 31.10.2003 Seite 609 bis 618

Verordnung über die allgemeinen Grundsätze der Förderung von Pflegeeinrichtungen nach dem Landespflegegesetz (AllgFörderPflegeVO)
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Verordnung über die allgemeinen Grundsätze der Förderung von Pflegeeinrichtungen nach dem Landespflegegesetz (AllgFörderPflegeVO)

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Verordnung
über die allgemeinen Grundsätze
der Förderung von Pflegeeinrichtungen
nach dem Landespflegegesetz
(AllgFörderPflegeVO)

Vom 15. Oktober 2003

Auf Grund von § 9 Abs. 3 des Landespflegegesetzes Nordrhein-Westfalen – PfG NW - vom 19. März 1996 (GV. NRW. S. 137), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Juli 2003 (GV. NRW. S. 380), wird im Einvernehmen mit dem Innenministerium und dem Finanzministerium nach Anhörung des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales und Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge sowie des Ausschusses für Kommunalpolitik des Landtags verordnet:

§ 1
Zuständige Behörde, Verfahren

(1) Teil- und vollstationäre Einrichtungen nach § 11 und § 12 PfG, die nach dem 31. Juli 2003 fertig gestellt, saniert oder modernisiert werden, haben gegen den örtlichen Träger der Sozialhilfe nach Maßgabe dieser Verordnung einen Anspruch auf die Feststellung, dass die Einrichtung nach Größe, baulicher Ausstattung und technischer Einrichtung die Anforderungen nach § 9 Abs. 2 PfG erfüllt. Die geplanten Maßnahmen sollen in der Planungsphase mit dem zuständigen örtlichen Träger der Sozialhilfe abgestimmt werden. Stimmt der Einrichtungsträger seine Maßnahmen mit dem örtlichen Träger der Sozialhilfe ab, so ist ihm diese Abstimmung zu bescheinigen. Maßnahmen zur Anpassung an § 9 Abs. 2 PfG können von einem Einrichtungsträger auch in Teilschritten erfolgen.

(2) Von den Anforderungen dieser Verordnung an die Größe, bauliche Ausstattung und technische Einrichtung teil- und vollstationärer Einrichtungen nach § 11 und § 12 PfG kann auf Antrag eines Einrichtungsträgers abgewichen werden. Dies gilt nur, sofern ordnungsbehördliche Bestimmungen nicht entgegenstehen und die Erfüllung der Bestimmungen dieser Verordnung im Wesentlichen als gesichert angesehen werden können. Bei Entscheidungen nach Satz 1 sind die örtlichen Pflegekonferenzen zu unterrichten.

§ 2
Einrichtungsgröße, Standort

(1) Beim Neubau vollstationärer Pflegeeinrichtungen soll ein Angebot von höchstens 80 Pflegeplätzen eingehalten werden. Unter Berücksichtigung besonderer konzeptioneller, betriebsorganisatorischer und wirtschaftlicher Bedingungen kann nach Maßgabe des § 1 Abs. 2 von dieser Vorgabe abgewichen werden, sofern die Grundsätze der Überschaubarkeit, Wohnortnähe und Dezentralität gewahrt bleiben

(2) Beim Neubau, Umbau oder bei der Modernisierung ist auf eine für Bewohnerinnen und Bewohner überschaubare baulich- räumliche Struktur hinzuwirken. Lange Flure sollten vermieden werden.

(3) Neubauten vollstationärer Pflegeeinrichtungen sollen ortsnah errichtet werden. Hiervon ist auszugehen, sofern Pflegeeinrichtungen in Anbindung an Wohnsiedlungen errichtet werden oder so gelegen sind, dass den Pflegebedürftigen eine Teilnahme am Leben in der örtlichen Gemeinschaft möglich ist. Eine Spezialeinrichtungen, in denen eine Teilnahme am Leben der örtlichen Gemeinschaft nicht vorgesehen ist, kann auch dezentral errichtet werden.

§ 3
Räumliche Gestaltung des Gebäudes

Bei der baulich-räumlichen Gestaltung vollstationärer Dauer- und Kurzzeitpflegeeinrichtungen sollen 50 qm Nettogrundflächen je Bewohnerin und Bewohner berücksichtigt werden. Bei Abweichungen darf die Nettogrundfläche von 45 qm nicht unterschritten werden. Bei Tages- und Nachtpflegeeinrichtungen ist eine Nettogrundfläche von 18 qm je Bewohnerin und Bewohner vorzusehen.

§ 4
Individualbereich

(1) Der Anteil der Einzelzimmer soll bei Neubauten bei 80 vom Hundert liegen. Dies gilt auch bei Umbau- oder Modernisierungsmaßnahmen.

(2) Die Wohnfläche ohne Bad soll bei Einzelzimmern 14 qm und bei Doppelzimmern 24 qm nicht unterschreiten. Der Zuschnitt von Doppelzimmern ist so zu gestalten, dass zwei räumlich gleichwertige Bereiche entstehen. Die Aufstellung eines Pflegebettes muss flexibel handhabbar sein; die Erreichbarkeit von Rufanlage und Nachttischlampe darf hierdurch nicht beeinträchtigt werden.

(3) Die Wohnbereiche sollen so errichtet werden, dass zwischen 20 und 36 Personen – unterteilt in Gruppen - gepflegt und betreut werden können. Durchgangszimmer sind nicht zulässig. Der Zugang zu den Bewohnerzimmern muss unmittelbar von den Verkehrsflächen möglich sein.

(4) Grundsätzlich soll jedem Zimmer ein eigenes Duschbad zugeordnet sein; so genannte Tandemlösungen, bei denen ein Bad für zwei Bewohnerinnen oder Bewohner errichtet wird, sind zulässig.

(5) Für jeden Bewohner oder jede Bewohnerin von Pflegeheimen ist die Möglichkeit eines eigenen Telefonanschlusses und eines Fernsehanschlusses vorzuhalten. Die Fenster und Fassaden sind so zu gestalten, dass auch bei Bettlägrigkeit Blickbezüge zum Außenbereich ermöglicht werden. Eine reine Nordlage soll bei den Bewohnerzimmern vermieden werden.

§ 5
Gemeinschaftsbereiche

(1) Gemeinschaftsflächen sind für alle neu zu errichtenden Pflegeeinrichtungen mit mindestens 5 qm je Bewohnerin und Bewohner bei den Planungen zu berücksichtigen. Davon sind in der Regel 3 qm je Bewohnerin und Bewohner als Wohngruppenraum vorzusehen.

(2) Die verbleibende Gemeinschaftsfläche soll innerhalb der Einrichtung entsprechend der fachlichen Konzeption für die Organisation der pflegerischen Arbeit und der Betreuung der Bewohnerinnen oder der Bewohner vorgesehen werden.

§ 6
Wohnbereichsbezogene Sanitärausstattung

In jedem Wohnbereich ist mindestens eine Toilette vorzuhalten.

§ 7
Gesamteinrichtungsbezogene
Funktions- und Gemeinschaftsflächen

(1) Zwei Gästetoiletten, von denen eine rollstuhlgerecht nach DIN 18025, Teil 1 sein muss, sind vorzuhalten.

(2) Bei mehrgeschossiger Bauweise müssen alle Ebenen mit einem für Rollstuhlfahrer geeigneten Aufzug erreicht werden können. Weitere für Rollstuhlfahrer geeignete Aufzüge sind entsprechend der Platzkapazität in der Pflegeeinrichtung zu berücksichtigen.

(3) Die Küche, die Küchenausstattung, die Zahl und Größe der damit in Verbindung stehenden Lagerräume und die Wäscherei sind entsprechend dem Bedarf der Pflegeeinrichtung im Raumangebot der Pflegeeinrichtung zu berücksichtigen.

(4) Ein Verabschiedungs- und Totenraum soll in der Pflegeeinrichtung vorhanden sein, sofern in den Pflegezimmern eine Aufbahrung nicht möglich ist.

§ 8
Experimentierklausel

Zur Realisierung neuer Versorgungskonzepte, auch unter Berücksichtung der Belange besonderer Zielgruppen, kann mit Zustimmung des für die Pflegeversicherung zuständigen Ministeriums über die Möglichkeit des § 1 Abs. 2 hinaus von den Vorgaben dieser Verordnung abgewichen werden. Vorlageberechtigt sind sowohl der örtliche Sozialhilfeträger als auch der Einrichtungsträger.

§ 9
In-Kraft-Treten

Diese Verordnung tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

Düsseldorf, den 15. Oktober 2003

Die Ministerin
für Gesundheit, Soziales,
Frauen und Familie
des Landes Nordrhein-Westfalen

Birgit  F i s c h e r

GV. NRW. 2003 S. 610