Verordnung über die Ausbildung und Prüfung für die Laufbahn des Gerichtsvollzieherdienstes des Landes Nordrhein-Westfalen
203011
Verordnung
über die Ausbildung und Prüfung
für die Laufbahn des Gerichtsvollzieherdienstes
des Landes Nordrhein-Westfalen
Vom 14. März 2005
Aufgrund
des § 16 des Landesbeamtengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Mai 1981 (GV. NRW. S. 234), zuletzt geändert durch Gesetz vom 30. November 2004 (GV. NRW. S. 752), wird im Einvernehmen mit dem Innenministerium und dem
Finanzministerium verordnet:
Inhaltsübersicht
Erster
Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen
§
1
Erwerb
der Befähigung
§
2
Voraussetzungen
der Zulassung
§
3
Zulassung
sonstiger Bewerberinnen und Bewerber
§
4
Bewerbung
und Zulassung
§
5
Vorbereitende
Beschäftigung
§
6
Amts-
und Dienstbezeichnung; Besoldung
Zweiter Abschnitt
Eignungslehrgang
§
7
Funktion
des Eignungslehrgangs; Bewerbung; Zulassung; Status
§
8
Dauer
des Eignungslehrgangs; Leitung
§
9
Gliederung
des Eignungslehrgangs
§
10
Erster
Ausbildungsabschnitt
§ 11
Zweiter
Ausbildungsabschnitt
§
12
Dritter
Ausbildungsabschnitt
§
13
Eignungsentscheidung
Dritter
Abschnitt
Einführungszeit
§
14
Dauer
der Einführungszeit
§
15
Gliederung
der Einführungszeit
§
16
Ausbildungsstelle
§
17
Leitung
und Organisation der praktischen Ausbildung
§
18
Erster
Ausbildungsabschnitt
§
19
Zweiter
Ausbildungsabschnitt
§
20
Fachtheoretische
Ausbildung (Dritter und fünfter Ausbildungsabschnitt)
§
21
Vierter
Ausbildungsabschnitt
§
22
Fünfter
Ausbildungsabschnitt
§
23
Zeugnisse
§
24
Widerruf
Vierter
Abschnitt
Gerichtsvollzieherprüfung
§
25
Prüfung
§
26
Prüfungsausschuss
§
27
Zulassung
zur Prüfung
§
28
Prüfungsverfahren
§
29
Schriftliche
Prüfung
§
30
Bewertung
der schriftlichen Prüfungsarbeiten
§
31
Nichtbestehen
vor der mündlichen Prüfung
§
32
Mündliche
Prüfung
§
33
Abstimmungen;
Vorbereitung der abschließenden Entscheidung
§
34
Schlussberatung
und -entscheidung
§
35
Niederschrift
über den Prüfungshergang; Erteilung der Zeugnisse
§
36
Versäumung
der Prüfungstermine; Nichtablieferung von Prüfungsarbeiten
§
37
Verstöße
gegen Prüfungsbestimmungen
§
38
Wiederholung
der Prüfung
§
39
Status
und Tätigkeit nach bestandener Prüfung
Fünfter
Abschnitt
Regelungen für behinderte Menschen
§
40
Regelungen
für behinderte Menschen
Sechster
Abschnitt
Schlussvorschriften
§
41
Ausnahmebestimmung
§
42
In-Kraft-Treten,
Übergangsvorschrift
§
43
Berichtspflicht
Erster
Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen
§ 1
Erwerb der Befähigung
(1) Die Befähigung für den Gerichtsvollzieherdienst
besitzt, wer eine Einführungszeit abgeleistet und die Prüfung für den
Gerichtsvollzieherdienst bestanden hat.
(2) Zur Gerichtsvollzieherin oder zum Gerichtsvollzieher
kann auch ernannt werden, wer die Prüfung für den gehobenen Justizdienst
bestanden hat, die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 Nrn.
4 und 5 erfüllt und bereits mit Erfolg im Gerichtsvollzieherdienst verwendet
worden ist.
§ 2
Voraussetzungen der Zulassung
(1) Zur Einführungszeit kann eine Beamtin oder ein
Beamter zugelassen werden, die oder der
1. die Prüfung für den mittleren Justizdienst
bestanden hat,
2. sich danach im mittleren Justizdienst mindestens
zwei Jahre bewährt hat,
3. das 23. Lebensjahr vollendet und das 40.
Lebensjahr noch nicht vollendet hat,
4. den besonderen Anforderungen des
Gerichtsvollzieherdienstes körperlich gewachsen ist,
5. in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt.
(2) Zur Einführungszeit kann auch eine Beamtin oder
ein Beamter zugelassen werden, die oder der die Prüfung für den
Justizvollstreckungsdienst oder für den mittleren Verwaltungsdienst bei
Justizvollzugsanstalten bestanden und sich in diesen Dienstzweigen mindestens
zwei Jahre bewährt hat. Im Übrigen gilt Absatz 1 Nrn.
3, 4 und 5.
§ 3
Zulassung sonstiger
Bewerberinnen und Bewerber
(1) Soweit ein besonderes dienstliches Bedürfnis
besteht, können zur Einführungszeit auch zugelassen werden (sonstige
Bewerberinnen und Bewerber):
1. Justizfachangestellte,
2. Justizangestellte,
3. Beamtinnen und Beamte des Landes
Nordrhein-Westfalen, die die Befähigung für eine Laufbahn des mittleren
nichttechnischen Dienstes besitzen,
4. Angestellte des Landes Nordrhein-Westfalen, die
eine Ausbildung mit erfolgreich abgeschlossener Prüfung absolviert haben, die
sie befähigt, dem mittleren nichttechnischen Dienst vergleichbare Aufgaben
wahrzunehmen.
(2) Die sonstigen Bewerberinnen und Bewerber müssen
1. nach ihrer Persönlichkeit und ihren bisherigen
Leistungen für die besonderen Anforderungen des Gerichtsvollzieherdienstes
geeignet sein,
2. die Fachoberschulreife oder einen als gleichwertig
anerkannten Bildungsstand besitzen,
3. sich in ihrem bisherigen Dienst- oder
Beschäftigungsverhältnis seit mindestens zwei Jahren bewährt haben,
4. die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nrn. 4 und 5 erfüllen und
5. den Eignungslehrgang (§§ 7 bis 13) erfolgreich
absolviert haben.
(3) Beamtinnen und Beamte müssen das 23. Lebensjahr
vollendet und dürfen das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Angestellte
müssen das 23. Lebensjahr vollendet und dürfen das 27. Lebensjahr noch nicht
vollendet haben.
§ 4
Bewerbung und Zulassung
(1) Das Gesuch um Zulassung zur Einführungszeit ist
auf dem Dienstweg an die Präsidentin oder den Präsidenten des
Oberlandesgerichts des Bezirks zu richten, dem die Bewerberin oder der Bewerber
angehört bzw. in dem der Eignungslehrgang (§§ 7 bis 13) absolviert wird.
(2) Der Bewerbung ist eine Erklärung beizufügen, ob
und welche Schulden bestehen.
(3) Bei Bewerberinnen und Bewerbern gemäß § 2 hat
sich die Leiterin oder der Leiter des Gerichts oder der Behörde, bei der die
Bewerberin oder der Bewerber beschäftigt ist, in einer dienstlichen Beurteilung
über die Befähigung und fachliche Leistung sowie über die Eignung der
Bewerberin oder des Bewerbers für die Zulassung zur Einführungszeit für die
Laufbahn des Gerichtsvollzieherdienstes, insbesondere über deren oder dessen
Fähigkeit zur selbstständigen Arbeit und Organisationsfähigkeit zu äußern.
(4) Über die Zulassung entscheidet die Präsidentin
oder der Präsident des Oberlandesgerichts. Sie oder er kann bei Bewerberinnen
und Bewerbern gemäß § 2 die persönliche Vorstellung anordnen und weitere
Feststellungen veranlassen. Vor der Entscheidung über das Gesuch veranlasst die
Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts die amtsärztliche
Untersuchung und Begutachtung derjenigen Bewerberinnen und Bewerber, deren
Zulassung zur Einführungszeit in Aussicht genommen ist, durch das
Gesundheitsamt. Einer erneuten amtsärztlichen Untersuchung bedarf es nicht,
soweit eine solche bereits anlässlich der Zulassung zum Eignungslehrgang
durchgeführt wurde und zu einer Wiederholung kein Anlass besteht.
§ 5
Vorbereitende Beschäftigung
Zur Vorbereitung der Entscheidung über die Zulassung
zur Einführungszeit kann die Präsidentin oder der Präsident des
Oberlandesgerichts anordnen, dass eine Bewerberin oder ein Bewerber gemäß § 2
vorübergehend in der Abteilung der Geschäftsstelle für Vollstreckungssachen
verwendet, mit den Beitreibungsgeschäften der Gerichtskasse vertraut gemacht
oder in sonst geeigneter Weise beschäftigt wird.
§ 6
Amts- und Dienstbezeichnung; Besoldung
Die zugelassenen Bewerberinnen und Bewerber führen
während der Einführungszeit ihre bisherige Amts- oder Dienstbezeichnung und
behalten ihre Besoldung bzw. Bezüge.
Zweiter
Abschnitt
Eignungslehrgang
§ 7
Funktion des Eignungslehrgangs;
Bewerbung; Zulassung; Status
(1) Der Eignungslehrgang dient der Feststellung der Eignung
der sonstigen Bewerberinnen und Bewerber (§ 3) und der Vorbereitung der
Einführungszeit für den Gerichtsvollzieherdienst. Zugelassen werden kann der in
§ 3 genannte Personenkreis unter den dort aufgeführten Voraussetzungen.
(2) Die Bewerbung um Zulassung zum Eignungslehrgang
ist auf dem Dienstweg an die Präsidentin oder den Präsidenten des
Oberlandesgerichts des Bezirks zu richten, dem die Bewerberin oder der Bewerber
angehört. Bewerberinnen und Bewerber, die nicht im Justizdienst stehen, richten
die Bewerbung auf dem Dienstweg an die Präsidentin oder den Präsidenten des
Oberlandesgerichts, in deren oder dessen Bezirk sie als Gerichtsvollzieherin
oder Gerichtsvollzieher tätig werden wollen. Der Bewerbung ist eine Erklärung
beizufügen, ob und welche Schulden bestehen.
(3) Die Leiterin oder der Leiter des Gerichts oder
der Behörde, bei der die Bewerberin oder der Bewerber beschäftigt ist, hat sich
in einer dienstlichen Beurteilung über deren oder dessen Befähigung, fachliche
Leistung und grundsätzliche Eignung, insbesondere die Fähigkeit zu
selbstständiger Arbeit und Organisationsfähigkeit zu äußern. Darin sind auch
der bisherige berufliche Werdegang, insbesondere Tätigkeiten mit Bezug zur
Mobiliarzwangsvollstreckung sowie etwaige Bedenken gegen die spätere Zulassung
zur Einführungszeit für die Laufbahn des Gerichtsvollzieherdienstes
darzustellen.
(4) Über die Zulassung entscheidet die Präsidentin
oder der Präsident des Oberlandesgerichts. Sie oder er kann die persönliche Vorstellung
der Bewerberin oder des Bewerbers anordnen und weitere Feststellungen
veranlassen. Vor der Entscheidung über das Gesuch veranlasst die Präsidentin
oder der Präsident des Oberlandesgerichts die amtsärztliche Untersuchung und
Begutachtung derjenigen Bewerberinnen und Bewerber, deren Zulassung zum
Eignungslehrgang in Aussicht genommen ist, durch das Gesundheitsamt.
(5) Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des
Eignungslehrganges führen während dieser Ausbildung ihre bisherige Amts- oder
Dienstbezeichnung und behalten ihre Besoldung bzw. Bezüge.
(6) Ihnen wird Urlaub nach den jeweils geltenden
Bestimmungen gewährt. Er soll in der Regel im dritten Ausbildungsabschnitt
genommen werden und wird auf den Eignungslehrgang angerechnet. Während der
fachtheoretischen Ausbildung ist die Gewährung von Erholungsurlaub
ausgeschlossen. Andere Unterbrechungen, die einen Monat überschreiten, werden
nicht angerechnet. Die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts
kann Ausnahmen von Satz 4 zulassen.
§ 8
Dauer des Eignungslehrganges; Leitung
(1)
Der Eignungslehrgang dauert sechs Monate und umfasst regelmäßig die Zeit vom 1.
Januar bis zum 30. Juni eines Jahres. Er gliedert sich in eine fachtheoretische
und eine fachpraktische Ausbildung.
(2)
Die fachtheoretische Ausbildung wird durch das Ausbildungszentrum der Justiz
des Landes Nordrhein Westfalen durchgeführt; die Leitung obliegt der Leiterin
oder dem Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz NRW. Sie oder er kann eine
Lehrkraft mit der Leitung beauftragen.
(3)
Die Leitung der fachpraktischen Abschnitte obliegt der Präsidentin oder dem
Präsidenten des Oberlandesgerichts. Sie oder er bestimmt das Amtsgericht oder
die Amtsgerichte, an dem oder denen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer
ausgebildet werden. Die Organisation der Ausbildung im Einzelnen kann auf die
Leiterin oder den Leiter des Amtsgerichtes übertragen werden.
§ 9
Gliederung des Eignungslehrgangs
Der
Eignungslehrgang soll Einblick in die verschiedenen Bereiche der Justiz geben,
unter besonderer Berücksichtigung der späteren Tätigkeit im
Gerichtsvollzieherdienst. Er gliedert sich wie folgt:
1.
erster Abschnitt (1. bis 3. Monat):
fachtheoretische Ausbildung im Ausbildungszentrum
der Justiz NRW,
2.
zweiter Abschnitt (4. bis 5. Monat):
fachpraktische Ausbildung bei einem Amtsgericht,
3.
dritter Abschnitt (6. Monat):
fachpraktische Ausbildung - Überblick über die Auf-
gaben einer Gerichtsvollzieherin oder eines Gerichts- vollziehers mit den Schwerpunkten Außendienst und
Büroführung.
§ 10
Erster Ausbildungsabschnitt
(1)
Die fachtheoretische Ausbildung soll den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des
Eignungslehrgangs in Lehrveranstaltungen die für die Zulassung zur
Einführungszeit erforderlichen theoretischen Kenntnisse vermitteln, und zwar
Zur Übung und
als Leistungskontrollen sind zu fertigen:
3
Probeklausuren zu je 2 Std.
6 Std.
3
Leistungskontrollklausuren zu je 3 Std.
9 Std.
Insgesamt
366 Std.
Der
Unterricht wird vor allem in Form von Vorträgen, Besprechungen und Übungen
erteilt. Bei der Vermittlung der Kenntnisse ist stets der Bezug zur späteren
Tätigkeit als Vollstreckungs- und Zustellungsorgan herzustellen.
(2)
Die Leiterin oder der Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz NRW oder die
von ihr oder ihm beauftragte Lehrkraft erstellt im Benehmen mit den
Präsidentinnen und Präsidenten der Oberlandesgerichte den Lehrplan, stellt den
Stundenplan auf und sorgt für einen ordnungsgemäßen Unterricht.
(3)
Der Stundenplan ist so aufzustellen, dass den Teilnehmerinnen und Teilnehmern
hinreichend Zeit verbleibt, den Lehrstoff zu verarbeiten und ihr Wissen durch
häusliches Studium zu erweitern und zu vertiefen.
(4)
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben während der Unterrichtseinheit
„Grundlagen des Zivilprozessrechts“ einen 15-minütigen Vortrag zu einem von der
Lehrkraft vorgegebenen Thema zu halten. Außerdem ist eine schriftliche
Hausarbeit im Umfang von drei Stunden zu fertigen. Das Thema der Hausarbeit
bestimmt die Lehrkraft.
(5)
Die Leistungskontrollklausuren sollen zum Ende der fachtheoretischen Ausbildung
gefertigt werden. Sie sollen mit weitgehenden Bezügen zu den für die
angestrebte Laufbahn relevanten Lehrgebieten und den Schwerpunkten
„Bürgerliches Recht“, „Handelsrecht“ und „Zivilprozessrecht“ geschrieben werden.
(6)
Die Leistungskontrollklausuren sind unter Aufsicht zu fertigen. Die Arbeiten
sind durch die zuständige Lehrkraft zu begutachten, mit einer Note nach § 23
Abs. 3 zu bewerten und zu besprechen. Über die Ergebnisse der
Leistungskontrollklausuren sind Übersichten zu erstellen, die der
Lehrgangsleitung unverzüglich vorzulegen sind. Die Leistungskontrollklausuren
sind mit den Aufgabentexten bis zur Gerichtsvollzieherprüfung in einem
Sonderheft bei den Personalakten aufzubewahren und sodann ggf. zu den
Prüfungsakten zu nehmen.
(7)
Die Leiterin oder der Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz NRW erteilt über die fachtheoretische Ausbildung ein
Zeugnis, welches sich über Befähigung, Kenntnisse und Leistungen der
Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie deren fachtheoretische Eignung für den
angestrebten Beruf verhält. Das Zeugnis muss eine Empfehlung zur Eignung für
die Zulassung zur Einführungszeit zum Gerichtsvollzieherdienst enthalten und
schließt mit einer der in § 23 Abs. 3 genannten Noten mit Punktzahlen ab. § 23
Abs. 5 findet Anwendung.
§ 11
Zweiter Ausbildungsabschnitt
(1)
Im zweiten Ausbildungsabschnitt sollen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einen
Überblick über die Praxis des Zivilverfahrens aus der Sicht der Urkundsbeamtin
oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (UdG)
erhalten. Sie werden mit den gängigen formalen Problemstellungen des
Erkenntnis-, Klausel- und Zwangsvollstreckungsverfahrens
vertraut gemacht. Sie erhalten einen Einblick in den Ablauf des Amtszustellungsverfahrens ebenso wie in die
Mobiliarvollstreckungs- und Insolvenzsachen. Die Ausbildung gliedert sich wie
folgt:
1. 3 Wochen
Abteilung der Geschäftsstelle für Zivilsachen, davon 1 Woche bei einer
Rechtspflegerin oder einem Rechtspfleger,
2.
3 Wochen Geschäftsstelle für allgemeine Vollstreckungssachen, davon 1 Woche bei
einer Rechtspflegerin oder einem Rechtspfleger,
3.
1 Woche Geschäftsstelle für Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungssachen,
davon nach Möglichkeit 2 Tage bei einer Rechtspflegerin oder einem
Rechtspfleger,
4.
1 Woche Geschäftsstelle für Insolvenzsachen.
(2)
Über die Ausbildung sind Bescheinigungen zu erstellen. Einer
Leistungsbeurteilung bedarf es nur, wenn die oder der Ausbildende die
Teilnehmerin oder den Teilnehmer für ungeeignet für die Zulassung zur
Einführungszeit für den Gerichtsvollzieherdienst hält. In diesem Fall findet §
23 Abs. 5 Anwendung.
§ 12
Dritter Ausbildungsabschnitt
Die
Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollen einen möglichst umfassenden Überblick
über den Beruf einer Gerichtsvollzieherin oder eines Gerichtsvollziehers
erhalten. Vor allem soll die Gelegenheit bestehen, die persönliche Eignung für
den angestrebten Beruf insbesondere in Bezug auf besonders problematische
Zwangsvollstreckungsmaßnahmen wie z. B. Räumungen oder Kindeswegnahmen
einerseits und die erforderliche Selbstständigkeit bei der Planung dienstlicher
Abläufe andererseits abschließend zu prüfen. Hierzu ist den Teilnehmerinnen und
Teilnehmern einen Monat lang ein Überblick über die Aufgaben des
Gerichtsvollzieherdienstes mit den Schwerpunkten Außendienst und Büroführung zu
geben. Über die Ausbildung ist eine Bescheinigung zu erteilen.
§ 13
Eignungsentscheidung
(1)
Die Entscheidung über die Eignung für die Zulassung zur Einführungszeit für die
Gerichtsvollzieherlaufbahn trifft die Präsidentin oder der Präsident des
Oberlandesgerichts. Dabei sind die Beurteilungen gemäß § 10 Abs. 7 und ggf. §
11 Abs. 2 zu berücksichtigen. Die Entscheidung soll der Teilnehmerin oder dem
Teilnehmer spätestens drei Wochen vor Ende des Eignungslehrgangs schriftlich
mitgeteilt werden, bevor sie – ggf. mit Gegenäußerung – zu den Personalakten
genommen wird.
(2)
Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die nicht zur Einführungszeit zugelassen
werden, übernehmen nach Beendigung des Eignungslehrgangs wieder ihre frühere
Tätigkeit.
(3)
Eine Verlängerung des Eignungslehrgangs ist ausgeschlossen.
Dritter Abschnitt
Einführungszeit
§ 14
Dauer der Einführungszeit
(1) Die Einführungszeit dauert 20 Monate. Die
Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts kann einzelne
Ausbildungsabschnitte (§ 15) verlängern, wenn die Teilnehmerin oder der
Teilnehmer den Anforderungen noch nicht genügt.
(2) Zeiten einer Tätigkeit als beauftragte
Gerichtsvollzieherin oder beauftragter Gerichtsvollzieher vor der
Einführungszeit können ganz oder teilweise auf den ersten und zweiten
Ausbildungsabschnitt, in Ausnahmefällen bis zu einem Monat auch auf den vierten
Ausbildungsabschnitt angerechnet werden; die Entscheidung trifft die
Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts. Auch während der
Anrechnungszeiten nach Satz 1 besteht eine Verpflichtung, an dem
Begleitunterricht im zweiten Ausbildungsabschnitt (§ 19 Abs. 3) teilzunehmen.
(3) Urlaubszeiten werden regelmäßig nur insoweit
angerechnet, als sie zusammen während der ganzen Einführungszeit das
Eineinhalbfache des den Teilnehmerinnen und Teilnehmern zustehenden
Jahres-Erholungsurlaubs nicht überschreiten. Krankheitszeiten werden
angerechnet, soweit sie zusammen während der ganzen Einführungszeit vier Wochen
nicht übersteigen. Durch die Anrechnungen darf der Erfolg der Ausbildung in den
einzelnen Ausbildungsabschnitten nicht beeinträchtigt werden; soweit
erforderlich, sind daher Urlaub und Krankheitszeiten auf mehrere Abschnitte
anzurechnen.
§
15
Gliederung der Einführungszeit
Die Einführungszeit gliedert sich wie folgt:
erster Abschnitt (1. Monat):
ein Monat praktische Ausbildung bei einem Amtsgericht,
zweiter Abschnitt (2. bis 8. Monat):
sieben Monate praktische Ausbildung bei einer Gerichtsvollzieherin oder einem
Gerichtsvollzieher,
dritter Abschnitt (9. bis 13. Monat):
fünf Monate fachtheoretische Ausbildung in einem Lehrgang (I),
vierter Abschnitt (14. bis 18. Monat):
fünf Monate praktische Ausbildung bei einer Gerichtsvollzieherin oder einem
Gerichtsvollzieher,
fünfter Abschnitt (19. - 20. Monat):
zwei Monate fachtheoretische Ausbildung in einem Lehrgang (II).
§
16
Ausbildungsstelle
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden während des
ersten, zweiten und vierten Ausbildungsabschnitts nach Möglichkeit an ihren
bisherigen dienstlichen Wohnsitzen oder Beschäftigungsorten ausgebildet.
§ 17
Leitung und Organisation der praktischen Ausbildung
(1) Die Ausbildung leitet die Präsidentin oder der
Präsident des Oberlandesgerichts. Sie oder er bestimmt das Amtsgericht oder die
Amtsgerichte, bei dem oder denen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ausgebildet
werden. In einen späteren Ausbildungsabschnitt dürfen diese erst überwiesen
werden, wenn das Ziel des früheren Abschnitts erreicht ist.
(2) Die Organisation der Ausbildung im ersten,
zweiten und vierten Ausbildungsabschnitt, insbesondere die Auswahl der
Ausbilderinnen und Ausbilder, kann der Leiterin oder dem Leiter des
Amtsgerichts übertragen werden. Mit der Ausbildung sollen nur solche Kräfte
betraut werden, die über die notwendigen Kenntnisse verfügen und die nach ihrer
Persönlichkeit hierzu geeignet sind. Die Ausbildenden sind verpflichtet, die
ihnen überwiesenen Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit allen vorkommenden
Arbeiten zu beschäftigen. Die Ausbildung im vierten Ausbildungsabschnitt ist
möglichst einer anderen Gerichtsvollzieherin oder einem anderen
Gerichtsvollzieher als im zweiten Ausbildungsabschnitt zu übertragen.
(3) Durch Zuteilung praktischer Arbeiten aus den
Ausbildungsgebieten sollen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer angehalten
werden, sich mit den einschlägigen gesetzlichen und sonstigen Bestimmungen
vertraut zu machen, sich ein eigenes Urteil zu bilden und sich frühzeitig an
selbstständiges Arbeiten zu gewöhnen.
(4) Das Ziel der Ausbildung, nicht die Nutzbarmachung
der Arbeitskraft, bestimmt Maß und Art der den Teilnehmerinnen und Teilnehmern
zu übertragenden Aufgaben. Zur Aushilfe im Gerichtsvollzieherdienst sollen sie
nicht herangezogen werden. Lässt sich eine solche Heranziehung ausnahmsweise
nicht umgehen, so ist sie auf das unbedingt notwendige Maß zu beschränken.
(5) Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind verpflichtet,
durch Selbststudium an der Vervollkommnung ihres fachlichen Wissens zu arbeiten.
§ 18
Erster Ausbildungsabschnitt
Im ersten Ausbildungsabschnitt sollen die
Teilnehmerinnen und Teilnehmer in die Geschäfte eingeführt werden, die mit den
Aufgaben des Gerichtsvollzieherdienstes in Zusammenhang stehen. Sie sollen
deshalb möglichst in einer Abteilung der Geschäftsstelle für
Vollstreckungssachen oder für Insolvenzverfahren praktisch ausgebildet und mit
den gesetzlichen Vorschriften über die Zwangsvollstreckung bekannt gemacht
werden. Außerdem sollen sie bei einer Rechtspflegerin oder einem Rechtspfleger
die Prüfung der Kosten der Zwangsvollstreckung nach § 788 ZPO kennen lernen.
§ 19
Zweiter Ausbildungsabschnitt
(1) Im zweiten Ausbildungsabschnitt sollen die
Teilnehmenden mit den einschlägigen Gesetzen und Dienstvorschriften vertraut
gemacht und in sämtliche Geschäfte des Gerichtsvollzieherdienstes eingeführt
werden.
(2) Die mit der Ausbildung beauftragten Angehörigen des
Gerichtsvollzieherdienstes haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum
selbstständigen Studium der Gesetze und Dienstvorschriften anzuleiten und sie
möglichst bald zur kontinuierlichen, fortschreitend selbstständiger werdenden
Mitarbeit heranzuziehen. Dabei sind ihnen zunächst einfachere Büroarbeiten, die
Führung der Geschäftsbücher, der Entwurf von Niederschriften, Urkunden,
Mitteilungen an die Parteien und Kostenrechnungen zu übertragen. Mit dem
Fortschreiten der Ausbildung sind die Teilnehmerinnen und Teilnehmer je nach
Ausbildungsstand allmählich in sämtliche Geschäfte des
Gerichtsvollzieherdienstes einzuführen und insbesondere zum Außendienst
mitzunehmen. Die jeweils anzuwendenden Gesetze und Dienstvorschriften sind mit
ihnen eingehend zu erörtern. Dabei sind sie vor allem zu einer geordneten
Aktenführung und -verwaltung anzuhalten und in der Einrichtung und Führung
eines Geschäftszimmers zu unterweisen.
(3) Neben der praktischen Ausbildung bei einer
Gerichtsvollzieherin oder einem Gerichtsvollzieher haben die Teilnehmerinnen
und Teilnehmer einen Begleitunterricht zu besuchen. Die Präsidentin oder der
Präsident des Oberlandesgerichts bestimmt zur Durchführung dieses
Begleitunterrichts hierfür geeignet erscheinende Gerichte, überträgt die
Leitung einer geeigneten Kraft aus dem Richterdienst, dem höheren oder
gehobenen Justizdienst oder dem Gerichtsvollzieherdienst und bestellt die
Lehrkräfte. Der Unterricht soll ein Grundverständnis für den
Gerichtsvollzieherdienst fördern, die Ausbildung in der Praxis ergänzen, die
hierfür erforderlichen theoretischen Kenntnisse vermitteln und systematisieren
und auf den dritten Ausbildungsabschnitt (Lehrgang) vorbereiten. Die
Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollen dabei anhand eines Stoffplanes in die
Gesetze, Verordnungen und Vorschriften eingeführt werden, die für den
Gerichtsvollzieherdienst besonders bedeutsam sind.
(4) Der Begleitunterricht umfasst insgesamt 120 Stunden. Davon
entfallen 96 Stunden auf die Erteilung von Unterricht und 24 Stunden auf die
Anfertigung und Besprechung von 6 Klausuren. Der Unterricht ist in 16 Wochen an
je einem Arbeitstag mit je 6 Stunden zu erteilen. Die Klausuren sind in 6
Wochen an je einem Arbeitstag mit je 4 Stunden anzufertigen und zu besprechen.
Regelmäßig soll auf die Anfertigung und die Besprechung der Klausuren je die
Hälfte der zur Verfügung stehenden Zeit entfallen. Für die Klausuren sind
vorzusehen:
2 Arbeiten mit juristischen Themen,
2 Arbeiten aus dem Kostenwesen,
1 Arbeit aus dem Buchführungswesen und
1 Arbeit aus dem Zustellungswesen.
Während des zweiten Ausbildungsabschnitts sind
insgesamt drei häusliche Arbeiten aus den
Rechtsgebieten anzufertigen, die für die Tätigkeit des
Gerichtsvollzieherdienstes besonders von Bedeutung sind. Die Themen und die
Bearbeitungszeit für die Hausarbeiten werden von den jeweiligen Lehrkräften
bestimmt. Die Klausuren und die Hausarbeiten sind durch die zuständige
Lehrkraft zu begutachten, mit einer Note nach § 23 Abs. 3 zu bewerten, mit der
Teilnehmerin oder dem Teilnehmer zu besprechen und nach Ende des Begleitunterrichts
von dessen Leiterin oder Leiter der Präsidentin oder dem Präsidenten des
Oberlandesgerichts vorzulegen. Die Arbeiten sind bis zur Prüfung in einem
Sonderheft zu den Personalakten zu nehmen und nach der Prüfung bei den
Prüfungsakten aufzubewahren.
Die Haupturlaubszeit im Sommer und die Weihnachtszeit bleiben
unterrichtsfrei.
(5) Die Teilnehmerin oder der Teilnehmer kann
mehreren Angehörigen des Gerichtsvollzieherdienstes oder anderen Beamtinnen
oder Beamten zur Ausbildung in den Gerichtsvollziehergeschäften zugeteilt
werden, wenn diese Geschäfte nach Sachgebieten erledigt werden oder wenn die
Bezirkseinteilung, z. B. Stadt- oder Landbezirk, eine Ausbildung in mehreren
Bezirken nacheinander ratsam erscheinen lässt.
(6) Die Leiterin oder der Leiter des Gerichts soll die
Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Zeit zu Zeit zu Besprechungen heranziehen
und sich dabei von dem Fortschritt der Ausbildung überzeugen. Hiermit kann auch
eine Beamtin oder ein Beamter des höheren oder gehobenen Justizdienstes beauftragt
werden.
(7) Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern wird für eine Tätigkeit im
Außendienst keine Entschädigung gewährt. Deshalb ist darauf zu achten, dass
ihnen keine Kosten entstehen.
§ 20
Fachtheoretische Ausbildung
(Dritter und fünfter Ausbildungsabschnitt)
(1) Die fachtheoretische Ausbildung findet in einem
Lehrgang statt, der zum Zwecke der Verzahnung mit der praktischen Ausbildung in
zwei Abschnitte (dritter und fünfter Ausbildungsabschnitt) aufgeteilt ist.
(2) Der Lehrgang wird durch das Ausbildungszentrums der Justiz NRW
durchgeführt; die Leitung obliegt der Leiterin oder dem Leiter des Ausbildungszentrums
der Justiz NRW. Sie oder er kann eine Lehrkraft mit
Aufgaben der Lehrgangsleitung betrauen.
(3) Die Lehrkräfte sind insbesondere aus Kreisen der Richterinnen
und Richter sowie der Beamtinnen und Beamten des höheren und gehobenen
Justizdienstes und des Gerichtsvollzieherdienstes auszuwählen. Zur
Unterrichtserteilung können auch Angehörige anderer Berufsgruppen herangezogen
werden, die persönlich und fachlich geeignet erscheinen und die Gewähr für eine
gründliche Ausbildung bieten. Die Leiterin oder der Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz NRWoder eine von ihr oder ihm beauftragte Lehrkraft erstellt
im Benehmen mit den Präsidentinnen und Präsidenten der Oberlandesgerichte den
Lehrplan, stellt den Stundenplan auf und sorgt für einen ordnungsgemäßen
Unterricht.
(4) Der Unterricht wird vor allem in Form von Vorträgen,
Besprechungen und Übungen erteilt und ist durch Beispiele aus der Praxis
wirklichkeitsnah zu gestalten. Er soll folgende Gebiete umfassen, soweit sie
für den Gerichtsvollzieherdienst von Bedeutung sind:
Zwangsvollstreckungsrecht einschließlich der
sonstigen gesetzlichen Bestimmungen, die für
den Gerichtsvollzieherdienst wesentlich sind
(Landwirtschaftsrecht, Devisenrecht usw.), und
der Bestimmungen der Justizverwaltung, die
das Verfahren betreffen
224
Std.
Grundzüge des bürgerlichen Rechts,
insbesondere des Sachenrechts
56 Std.
Grundzüge
des Handels- und Gesellschafts-
rechts
56 Std.
Wechsel- und Scheckrecht einschließlich der
Grundzüge des Wertpapierrechts
56 Std.
Gerichtsverfassungs- und allgemeines
Verfahrensrecht
38 Std.
Zustellungsrecht
38 Std.
Verwaltungszwangsverfahren
21 Std.
Immobiliar- und
Gesamtvollstreckungsrecht
8 Std.
Kostenwesen
110 Std.
Gerichtsvollziehergeschäftsanweisung
(GVGA)
63 Std.
fachübergreifender Unterricht mit den
Schwerpunkten: Einführung in die Anfertigung
schriftlicher Arbeiten, Herstellung rechtlicher
Bezüge aus den verschiedenen Rechtsgebieten,
Waren- und Taxkunde
21
Std.
Gerichtsvollzieherordnung (GVO) einschließlich
der Anleitung zur Verwaltung des Schriftguts,
zur Buchführung und zur selbstständigen
Führung eines Geschäftszimmers
84
Std.
Grundzüge des Strafrechts mit Schwerpunkten
auf den für den Gerichtsvollzieherdienst
bedeutsamen materiellrechtlichen Vorschriften
10
Std.
Grundzüge des Staatsrechts mit Schwer-
punkten auf der Verknüpfung grundgesetzlicher
Vorschriften mit der Zwangsvollstreckung,
Beamtenhaftung und Disziplinarrecht
10
Std.
Grundzüge des Arbeitsrechts
8 Std.
Schwerpunkte des Steuerrechts
8 Std.
Gesprächsführung
und Eigensicherung
10 Std.
821 Std.
(5) Der Stundenplan ist so aufzustellen, dass den Teilnehmerinnen
und Teilnehmern hinreichend Zeit verbleibt, den Lehrstoff zu verarbeiten und
ihr Wissen durch häusliches Studium zu erweitern und zu vertiefen.
(6) Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben während des Lehrgangs
monatlich mindestens zwei schriftliche Arbeiten unter Aufsicht zu fertigen. Die
Arbeiten sind durch die zuständige Lehrkraft zu begutachten, mit einer Note
nach § 23 Abs. 3 zu bewerten und zu besprechen. Über die Ergebnisse der
Arbeiten sind Übersichten zu fertigen, die der Lehrgangsleitung unverzüglich
vorzulegen sind. Die Arbeiten sind bis zur Prüfung in einem Sonderheft zu den
Personalakten zu nehmen und nach der Prüfung bei den Prüfungsakten
aufzubewahren.
§ 21
Vierter Ausbildungsabschnitt
(1) Die Ausbildung im vierten Ausbildungsabschnitt
soll die Teilnehmerinnen und Teilnehmer so fördern, dass sie die für sie
bedeutsamen Gesetze und Dienstvorschriften beherrschen und sicher anzuwenden
wissen.
(2) Sie sind daher in sinngemäßer Anwendung der Richtlinien in §
19 Abs. 2 zur selbstständigen Entscheidung anzuleiten; sie sind soweit zu der
Erledigung der Gerichtsvollziehergeschäfte heranzuziehen, dass ihnen nach Ableistung
der Einführungszeit diese übertragen werden können.
(3) Die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts kann
den Teilnehmerinnen und Teilnehmern, deren Leistungsstand dies zulässt, im
Rahmen des Ausbildungsziels Dienstleistungsaufträge bis zu 10 Wochen erteilen,
sofern gesetzliche Vorschriften nicht entgegenstehen.
§ 22
Fünfter Ausbildungsabschnitt
Im Lehrgangsabschnitt II werden vor allem die im
vierten Ausbildungsabschnitt praktisch erworbenen Fähigkeiten fachtheoretisch
erweitert und vertieft. Am Ende dieses Lehrgangsabschnitts findet die
schriftliche Prüfung gemäß §§ 25 ff. statt.
§ 23
Zeugnisse
(1) Jede Ausbilderin und jeder Ausbilder hat sich in
einem eingehenden Zeugnis zu den fachlichen und allgemeinen Kenntnissen und
Leistungen, zum praktischen Geschick, zum Stand der Ausbildung und zum
Gesamtbild der Persönlichkeit der Teilnehmerin oder des Teilnehmers zu äußern.
Das Zeugnis schließt mit einer der in Absatz 3 genannten Noten mit Punktzahlen
ab.
(2) Am Ende des ersten, zweiten und vierten Ausbildungsabschnitts
ist die Teilnehmerin oder der Teilnehmer durch die Leiterin oder den Leiter des
Amtsgerichts, bei dem sie oder er ausgebildet worden ist, am Ende des
Begleitunterrichts im zweiten Ausbildungsabschnitt durch dessen Leiterin oder
Leiter und am Ende des dritten sowie des fünften Ausbildungsabschnitts durch
die Leiterin oder den Leiter des Ausbildungszentrums
der Justiz NRW oder eine von ihr oder ihm beauftragte
Lehrkraft in einem den Erfordernissen des Absatzes 1 entsprechenden
Abschlusszeugnis zu beurteilen. Die Abschlusszeugnisse sind der Präsidentin
oder dem Präsidenten des Oberlandesgerichts zuzuleiten.
(3) Die Leistungen in der Einführungszeit sind wie folgt zu
bewerten:
sehr
gut
eine besonders hervorragende Leistung
= 16-18 Punkte
Gut
eine erheblich über den durchschnittlichen Anforderungen liegende Leistung
= 13-15 Punkte
Vollbefriedigend
eine über den durchschnittlichen Anforderungen liegende Leistung
= 10-12 Punkte
Befriedigend
eine Leistung, die in jeder Hinsicht durchschnittlichen Anforderungen
entspricht
= 7-9 Punkte
Ausreichend
eine Leistung, die trotz ihrer Mängel durchschnittlichen Anforderungen noch
entspricht
= 4-6 Punkte
Mangelhaft
eine an erheblichen Mängeln leidende, im Ganzen nicht mehr brauchbare
Leistung
= 1-3 Punkte
Ungenügend
eine völlig unbrauchbare Leistung
= 0 Punkte.
(4)
Soweit Einzelbewertungen rechnerisch zusammengefasst werden, entsprechen den ermittelten
Punkten folgende Notenbezeichnungen:
14,00
- 18,00:
sehr gut
11,50
- 13,99:
gut
9,00
- 11,49: vollbefriedigend
6,50
- 8,99:
befriedigend
4,00
- 6,49:
ausreichend
1,50
- 3,99:
mangelhaft
0
- 1,49:
ungenügend.
(5) Jedes Zeugnis ist der Teilnehmerin oder dem
Teilnehmer zur Kenntnisnahme vorzulegen; es ist Gelegenheit zur Besprechung zu
geben. Die Zeugnisse sind - gegebenenfalls mit einer Gegenäußerung - in einem
Sonderheft zu den Personalakten zu nehmen.
§ 24
Widerruf
(1) Erfüllt eine Teilnehmerin oder ein Teilnehmer die
an sie oder ihn zu stellenden Anforderungen in körperlicher, geistiger oder
charakterlicher Hinsicht nicht oder erbringt sie oder er fortgesetzt nur
mangelhafte oder ungenügende Leistungen, so kann ihre oder seine Zulassung zur
Einführungszeit widerrufen werden. Die Zulassung ist zu widerrufen, wenn der
Abbruch der Einführungszeit durch die Teilnehmerin oder den Teilnehmer
beantragt wird.
(2) Die Entscheidung trifft die Präsidentin oder der
Präsident des Oberlandesgerichts. Wird die Zulassung zur Einführungszeit
widerrufen, so übernimmt die Teilnehmerin oder der Teilnehmer wieder ihre oder
seine frühere Tätigkeit.
Vierter
Abschnitt
Gerichtsvollzieherprüfung
§ 25
Prüfung
(1) Die Prüfung dient der Feststellung, ob der
Prüfling nach Fähigkeiten, Kenntnissen, Leistungen und Persönlichkeit für den
Gerichtsvollzieherdienst geeignet ist.
(2) Die Prüfung besteht aus einem schriftlichen und einem
mündlichen Teil. Der schriftliche Teil der Prüfung geht dem mündlichen voraus.
(3) Während der letzten Woche vor der mündlichen Prüfung ist der
Prüfling vom Dienst befreit.
§ 26
Prüfungsausschuss
(1) Die Prüfung für den Gerichtsvollzieherdienst wird
vor einem Prüfungsausschuss abgelegt, der bei dem Oberlandesgericht oder auf
Anordnung des Justizministeriums für die Prüflinge mehrerer
Oberlandesgerichtsbezirke bei einem Oberlandesgericht gebildet wird.
(2) Der Prüfungsausschuss besteht aus drei Mitgliedern. Die oder
der Vorsitzende muss die Befähigung zum Richteramt besitzen; sie oder er soll
mit den Verhältnissen des Gerichtsvollzieherdienstes besonders vertraut sein.
Die beiden anderen Mitglieder sind je eine Beamtin oder ein Beamter des höheren
oder des gehobenen Justizdienstes sowie des Gerichtsvollzieherdienstes; die
Angehörigen des höheren oder des gehobenen Justizdienstes sollen aufgrund ihrer
Tätigkeit über Erfahrungen im Aufgabenbereich des Gerichtsvollzieherdienstes
verfügen.
(3) Die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts bestellt
die Vorsitzende oder den Vorsitzenden, die übrigen Mitglieder des
Prüfungsausschusses und die erforderlichen Stellvertreterinnen und
Stellvertreter widerruflich für die Dauer von drei Jahren.
(4) Die Prüferinnen und Prüfer sind in ihrer Prüfungstätigkeit
unabhängig. Im Übrigen untersteht der Prüfungsausschuss der Dienstaufsicht der
Präsidentin oder des Präsidenten des Oberlandesgerichts.
(5) Die Mitglieder des Prüfungsausschusses aus dem Kreis des
Gerichtsvollzieherdienstes sind während ihrer Zugehörigkeit zum Ausschuss von
sonstigen Ausbildungsaufgaben befreit.
§ 27
Zulassung zur Prüfung
(1) Gegen Ende der Einführungszeit lässt die
Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts die Teilnehmerin oder den
Teilnehmer zur Prüfung zu, falls sie oder er für die Prüfung hinreichend
vorbereitet erscheint. Bei der Entscheidung über die Zulassung müssen die
Personalakten und die Zeugnisse vorliegen.
(2) Ist eine Teilnehmerin oder ein Teilnehmer nicht hinreichend vorbereitet,
so verweist die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts sie oder
ihn in die Einführungszeit zurück und regelt deren Art und Dauer. Ordnet die
Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts die Teilnahme an einem
weiteren Ausbildungslehrgang an, so scheidet die Teilnehmerin oder der
Teilnehmer bis zum Beginn des nächsten regelmäßigen Lehrgangs aus der
Einführungszeit aus und übernimmt ihre oder seine frühere Tätigkeit.
§ 28
Prüfungsverfahren
(1) Die schriftliche Prüfung soll am Ende des
fachtheoretischen Lehrgangs II abgenommen werden. Der mündliche Prüfungsteil
wird so bald wie möglich nach dem schriftlichen abgeschlossen.
(2) Die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts
trifft die Entscheidung über den Einsatz der Prüferinnen und Prüfer sowie die
Besetzung der Ausschüsse und die Verteilung der Prüflinge auf die
Prüfungsausschüsse, soweit mehr als ein Ausschuss gebildet wird.
(3) Die Vorsitzenden der Prüfungsausschüsse bestimmen die Termine
der mündlichen Prüfung und veranlassen die Ladungen zu diesen Terminen.
(4) Sofern Termine für Aufsichtsarbeiten außerhalb der
regelmäßigen Prüfungstermine aus Gründen anberaumt werden müssen, die in der
Person des Prüflings liegen (z.B. Krankheit), werden diese Termine von der
Präsidentin oder dem Präsidenten des Oberlandesgerichts im Einvernehmen mit dem
Prüfungsausschuss festgesetzt.
§ 29
Schriftliche Prüfung
(1) Der schriftliche Teil dauert vier Tage. Er
besteht aus fünf Aufsichtsarbeiten, die den Gebieten
- des Vollstreckungswesens,
- der Zustellungstätigkeit,
- der Protesterhebung und
- des Kostenrechts
zu entnehmen sind.
(2) Die schriftlichen Prüfungsaufgaben werden durch Lehrkräfte des
Ausbildungszentrums der
Justiz NRW erstellt und mit Musterlösungen versehen.
In jeder Aufgabe sind die Zeit, in der sie zu lösen ist, und die Hilfsmittel,
die benutzt werden dürfen, anzugeben. Die Beauftragung der Lehrkräfte zur
Erstellung der Prüfungsaufgaben und der Musterlösungen erfolgt durch die
Leiterin oder den Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz NRW.
(3) Die Aufsicht bei der Anfertigung der Arbeiten führt die
Leiterin oder der Leiter des Ausbildungszentrums
der Justiz NRW oder eine von ihr oder ihm beauftragte
Lehrkraft des Lehrgangs II.
(4) Die Prüflinge müssen die Prüfungsarbeiten spätestens bei
Ablauf der Bearbeitungsfrist der Aufsicht abgeben. Die Dauer der Bearbeitung
soll bei einer Aufgabe an einem Tag fünf Stunden, bei zwei Aufgaben an einem
Tag je drei Stunden nicht übersteigen. Behinderten Prüflingen kann die
Bearbeitungszeit auf Antrag verlängert werden; die Dauer des
Verlängerungszeitraumes soll zwei Stunden nicht überschreiten. Die Entscheidung
über den Antrag trifft die Leiterin oder der Leiter des Ausbildungszentrums der
Justiz NRW oder eine von ihr oder ihm beauftragte Lehrkraft.
(5) Die Prüfungsarbeiten sind anstelle des Namens mit einer
Kennziffer zu versehen. Die Kennziffern werden vor Beginn der schriftlichen
Prüfung vom Ausbildungszentrum
der Justiz NRW zugeteilt. Die zu den Kennziffern
gehörenden Namen dürfen den Prüferinnen und Prüfern vor der Begutachtung der
Aufsichtsarbeiten nicht bekannt gegeben werden.
(6) Die Aufsicht fertigt eine Niederschrift und vermerkt in ihr
jede Unregelmäßigkeit. Sie verzeichnet auf jeder Arbeit den Zeitpunkt des
Beginns und der Ablieferung.
(7) Nach Abschluss der schriftlichen Prüfung sind die
Prüfungsaufgaben, die dazu erstellten Musterlösungen, die Arbeiten der
Prüflinge und die Prüfungsniederschriften von der Leiterin oder dem Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz NRW oder einer von ihr oder ihm beauftragten Lehrkraft in
getrennten, versiegelten Umschlägen der Präsidentin oder dem Präsidenten des
Oberlandesgerichts zu übersenden. Im Einvernehmen mit der Präsidentin oder dem
Präsidenten des Oberlandesgerichts können die Prüfungsaufgaben und
Lösungsvorschläge einem Mitglied des Prüfungsausschusses unmittelbar zugeleitet
werden, bei Bedarf auch vor Abschluss der schriftlichen Prüfung.
§ 30
Bewertung der schriftlichen Prüfungsarbeiten
(1) Die schriftlichen Prüfungsarbeiten werden von
jedem Mitglied des Prüfungsausschusses selbstständig begutachtet.
(2) Nachdem alle Prüfenden die schriftlichen Arbeiten begutachtet
haben, werden die einzelnen Arbeiten vom Prüfungsausschuss nach mündlicher
Beratung bewertet; für die Bewertung gilt § 23 Abs. 3. Die Bewertung findet vor
der mündlichen Prüfung statt und ist für das weitere Prüfungsverfahren bindend.
(3) Den Prüflingen wird die Bewertung der schriftlichen Arbeiten
mindestens zwei Wochen vor der mündlichen Prüfung schriftlich mitgeteilt. Auf
Antrag unterbleibt die Mitteilung. Der Antrag ist spätestens innerhalb einer
Woche nach dem Tag, an dem der Prüfling die letzte schriftliche Arbeit
abgeliefert hat, bei der oder dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses
schriftlich zu stellen. Die Frist für den Antrag und für die Mitteilung der
Bewertung wird durch Aufgabe zur Post gewahrt; maßgebend ist das Datum des
Poststempels.
§ 31
Nichtbestehen vor der mündlichen Prüfung
Sind drei oder mehr schriftliche Arbeiten eines
Prüflings mit „mangelhaft“ oder „ungenügend“ bewertet worden, so ist er von der
mündlichen Prüfung ausgeschlossen und hat die Prüfung nicht bestanden.
§ 32
Mündliche Prüfung
(1) In der mündlichen Prüfung sollen in der Regel
nicht mehr als fünf Prüflinge gleichzeitig geprüft werden.
(2) Vor der Prüfung soll die oder der Vorsitzende des
Prüfungsausschusses mit jedem Prüfling ein Gespräch führen, um ein Bild von
dessen Persönlichkeit zu gewinnen. Sie oder er kann die beiden anderen
Mitglieder des Prüfungsausschusses zu dem Gespräch zuziehen.
(3) Die Dauer der Prüfung soll so bemessen sein, dass auf jeden
Prüfling etwa 45 Minuten entfallen; sie ist durch eine angemessene Pause zu
unterbrechen.
(4) Die Prüfung erstreckt sich auf das gesamte Ausbildungsgebiet.
Sie ist vor allem eine Verständnisprüfung.
(5) Die oder der Vorsitzende des Prüfungsausschusses kann
Justizangehörigen, die ein dienstliches Interesse nachweisen, sowie
Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Einführungszeit, die zur Prüfung anstehen,
die Anwesenheit in der Prüfung gestatten. Die Verkündung der Ergebnisse findet
in Abwesenheit der Zuhörerinnen und Zuhörer statt, wenn mindestens ein Prüfling
dies beantragt.
§ 33
Abstimmungen; Vorbereitung der abschließenden
Entscheidung
(1) Alle Entscheidungen über Prüfungsleistungen fällt
der Prüfungsausschuss mit Stimmenmehrheit. Eine Stimmenthaltung ist nicht
zulässig. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme der oder des
Vorsitzenden.
(2) Vor Beginn der mündlichen Prüfung findet eine Vorberatung des
Ausschusses statt, in der die Persönlichkeit und die Prüfungsleistungen der
Prüflinge erörtert werden.
§ 34
Schlussberatung und -entscheidung
(1) Im Anschluss an die mündliche Prüfung berät der
Ausschuss über das Ergebnis der Prüfung. Grundlage der Beratung bilden die
schriftlichen Prüfungsleistungen und die Leistungen in der mündlichen Prüfung.
(2) Der Prüfungsausschuss bewertet die in der
mündlichen Prüfung erbrachte Leistung und setzt eine Note mit Punktzahl gem. §
23 Abs. 3 fest. Anschließend entscheidet er unter Ermittlung des Punktwerts für
die Gesamtnote über das Ergebnis der Prüfung. Für die Festsetzung der
Gesamtnote gilt § 23 Abs. 4.
(3) Entsprechen die Leistungen insgesamt den
Anforderungen, so wird die Prüfung für bestanden erklärt, und zwar als
„ausreichend“, „befriedigend“, „vollbefriedigend“,
„gut“ oder „sehr gut“. Entsprechen die Leistungen nicht den Anforderungen, so
ist die Prüfung für nicht bestanden zu erklären.
(4) Die Leistungen des Prüflings entsprechen in der Gesamtnote den
Anforderungen, wenn der Punktwert 4,00 Punkte nicht unterschreitet.
(5) Die Punktwerte für die Gesamtnote und für die einzelnen
Prüfungsabschnitte sind rechnerisch zu ermitteln. Es sind die Aufsichtsarbeiten
mit einem Anteil von insgesamt 70 vom Hundert und die Leistung in der
mündlichen Prüfung mit einem Anteil von insgesamt 30 vom Hundert zu
berücksichtigen. Der Punktwert für die Gesamtnote wird errechnet, indem die
Punktzahl der Bewertung jeder Aufsichtsarbeit mit 14 und die der Leistung in
der mündlichen Prüfung mit 30 vervielfältigt und sodann die Summe durch 100
geteilt wird. Alle Punktwerte sind bis auf zwei Dezimalstellen ohne Auf- oder
Abrundung rechnerisch zu ermitteln.
(6) Der Prüfungsausschuss kann bei der Entscheidung über das
Ergebnis der Prüfung von dem rechnerisch ermittelten Wert für die Gesamtnote um
bis zu einen Punkt abweichen, wenn dies aufgrund des Gesamteindrucks den
Leistungsstand des Prüflings besser kennzeichnet und die Abweichung auf das
Bestehen keinen Einfluss hat; hierbei sind die Leistungen in der
Einführungszeit zu berücksichtigen.
(7) Fehler bei der Notenbezeichnung für die Gesamtnote und bei der
Errechnung des Punktwertes können von Amts wegen durch die Präsidentin oder den
Präsidenten des Oberlandesgerichtes berichtigt werden. Die Berichtigung der
Punktwerte und eine durch sie bewirkte Änderung in der Notenbezeichnung sind
auf der Prüfungsniederschrift zu vermerken. Das unrichtige Zeugnis ist
einzuziehen und durch ein richtiges zu ersetzen.
(8) Die Schlussentscheidung gibt die oder der Vorsitzende dem
Prüfling mündlich bekannt.
§ 35
Niederschrift über den Prüfungshergang;
Erteilung der Zeugnisse
(1) Über den Prüfungshergang ist eine Niederschrift anzufertigen,
in die aufgenommen werden
1. Ort und Tag der Prüfung,
2. Zusammensetzung des Prüfungsausschusses,
3. die Namen und die Anwesenheit der Prüflinge,
4. die Bewertung der schriftlichen Arbeiten,
5. die Gegenstände und das Ergebnis der mündlichen Prüfung,
6. die errechneten Punkte für die Gesamtnote,
7. eine Änderung des Punktwertes für die Gesamtnote
und die dafür maßgeblichen Gründe,
8. die Schlussentscheidungen des Prüfungsausschusses,
9. die sonstigen Entscheidungen des
Prüfungsausschusses,
10.
die Verkündung der Entscheidung des Prüfungsausschusses.
(2) Ist die Prüfung nicht bestanden, so wird in der
Niederschrift vermerkt, welche weitere Einführungszeit der Prüfungsausschuss
für erforderlich hält.
(3) Die Niederschrift ist von der oder dem Vorsitzenden des
Prüfungsausschusses zu unterzeichnen. Die oder der Vorsitzende übersendet sie
mit den sonstigen Prüfungsvorgängen und den Personalakten der Präsidentin oder
dem Präsidenten des Oberlandesgerichts.
(4) Die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts
erteilt dem Prüfling, der die Prüfung bestanden hat, ein Zeugnis über das
Ergebnis der Prüfung.
§ 36
Versäumung der Prüfungstermine;
Nichtablieferung von Prüfungsarbeiten
(1) Die Prüfung gilt als nicht bestanden, wenn der
Prüfling ohne genügende Entschuldigung
a) der Ladung zur schriftlichen oder mündlichen
Prüfung keine Folge leistet oder ohne Genehmigung der oder des Vorsitzenden des
Prüfungsausschusses von der Prüfung zurücktritt,
b) zur Anfertigung auch nur einer Arbeit nicht
erscheint.
(2) Gibt der Prüfling ohne genügende Entschuldigung
eine Arbeit nicht ab, so wird sie mit „ungenügend“ bewertet.
(3) Sieht die oder der Vorsitzende des
Prüfungsausschusses das Ausbleiben bei der schriftlichen Prüfung oder die
Nichtabgabe der Arbeit als entschuldigt an, so hat der Prüfling in einem neuen
Prüfungstermin alle schriftlichen Arbeiten zu wiederholen.
(4) Bleibt der Prüfling der mündlichen Prüfung fern und
sieht die oder der Vorsitzende des Prüfungsausschusses das Ausbleiben als
entschuldigt an, so hat er den mündlichen Teil der Prüfung in einem neuen
Termin abzulegen. Entschuldigungsgründe sind nur zu berücksichtigen, wenn sie
unverzüglich geltend gemacht werden.
§ 37
Verstöße gegen die Prüfungsbestimmungen
(1) Versucht ein Prüfling, das Ergebnis einer
Prüfungsleistung durch Täuschung, insbesondere durch Besitz oder Benutzung
nicht zugelassener Hilfsmittel, zu fremdem oder eigenem Vorteil zu beeinflussen,
kann die Prüfungsleistung, auf die sich die Täuschung bezieht, mit „ungenügend“
bewertet oder ihre Wiederholung aufgegeben werden. Auf die in Satz 1
vorgesehenen Folgen kann auch erkannt werden, wenn in sonstiger Weise gegen die
bei der Prüfung einzuhaltende Ordnung verstoßen wird.
(2) In schweren Fällen kann der Prüfling von der weiteren Prüfung
ausgeschlossen und diese für nicht bestanden erklärt werden. In besonders
schweren Fällen kann er auch von der Wiederholungsprüfung ausgeschlossen werden.
(3) Die Entscheidungen trifft der Prüfungsausschuss. Sie sind dem
Prüfling mit einer Rechtsmittelbelehrung zuzustellen.
(4) Über eine erst nach der Schlussentscheidung entdeckte
Täuschung hat der Prüfungsausschuss zu befinden, wenn die Prüfung nicht bestanden
war. War sie bestanden, so ist an die Präsidentin oder den Präsidenten des
Oberlandesgerichts zu berichten. Sie oder er kann die Prüfung nachträglich für
nicht bestanden erklären, jedoch nur innerhalb einer Frist von fünf Jahren seit
dem Tage der mündlichen Prüfung.
§ 38
Wiederholung der Prüfung
(1) Hat der Prüfling die Prüfung nicht bestanden, so
darf er sie einmal wiederholen. Die Prüfung ist vollständig zu wiederholen;
einzelne Prüfungsleistungen können nicht erlassen werden. § 31 findet Anwendung.
(2) Die weitere Einführungszeit beträgt mindestens
vier und höchstens zwölf Monate. Art und Dauer bestimmt die Präsidentin oder
der Präsident des Oberlandesgerichts. Sie oder er soll dabei die Vorschläge des
Prüfungsausschusses (§ 35 Abs. 2) berücksichtigen. Ordnet sie oder er die
Teilnahme an einem Ausbildungslehrgang an, so scheidet der Prüfling bis zum
Beginn dieses Lehrgangs aus der Einführungszeit aus; die zwischenzeitliche
Verwendung regelt der Dienstherr.
(3) Hat der Prüfling die Prüfung endgültig nicht
bestanden, so übernimmt er wieder seine frühere Tätigkeit.
§ 39
Status und Tätigkeit nach bestandener Prüfung
(1) Die mit Erfolg geprüften Teilnehmerinnen und
Teilnehmer der Einführungszeit sind möglichst im Gerichtsvollzieherdienst zu
verwenden.
(2) Beamtinnen und Beamte führen während der Zeit, in
der sie im Gerichtsvollzieherdienst verwendet werden, die Dienstbezeichnung
„beauftragte Gerichtsvollzieherin“ oder „beauftragter Gerichtsvollzieher“,
abgekürzt „Gerichtsvollzieherin (b)“ oder „Gerichtsvollzieher (b)“, sonst die
bisherige Amts- oder Dienstbezeichnung. Die Ernennung zur Gerichtsvollzieherin
oder zum Gerichtsvollzieher soll regelmäßig erst nach einer selbstständigen
Tätigkeit als Gerichtsvollzieherin (b) oder Gerichtsvollzieher (b) von
mindestens einem Jahr nach der Einführungszeit erfolgen.
(3) Mit Erfolg geprüfte Angestellte sind in das
Beamtenverhältnis auf Probe zu berufen und zur Gerichtsvollzieherin zur
Anstellung oder zum Gerichtsvollzieher zur Anstellung, abgekürzt Gerichtsvollzieherin
z.A. oder Gerichtsvollzieher z.A.,
zu ernennen. Die Probezeit dauert zwei Jahre.
Fünfter
Abschnitt
Regelungen für behinderte Menschen
§ 40
Regelung für behinderte Menschen
Behinderten Menschen sind - unabhängig von der Zuerkennung
einer Schwerbehinderung im Sinne des Sozialgesetzbuches IX - bei der Erbringung
der Leistungen im Eignungslehrgang und in der Einführungszeit sowie für die
Teilnahme an der Gerichtsvollzieherprüfung die ihrer Behinderung angemessenen
Erleichterungen zu gewähren. Art und Umfang der Erleichterungen sind mit den
behinderten Menschen zu erörtern. Die Erleichterungen dürfen nicht zu einer
qualitativen Herabsetzung der Anforderungen führen. Bei schwerbehinderten und
diesen gleichgestellten behinderten Menschen im Sinne von Teil 2 des
Sozialgesetzbuchs IX ist durch die Präsidentin oder den Präsidenten des
Oberlandesgerichts sicher zu stellen, dass die zuständige
Schwerbehindertenvertretung, die Leiterin oder der Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz NRW und die oder der Vorsitzende des Prüfungsausschusses
rechtzeitig von der Ausbildung und Prüfung informiert wird. § 29 Abs. 4 Satz 3
bleibt unberührt.
Sechster
Abschnitt
Schlussvorschriften
§ 41
Ausnahmebestimmung
Von den Einstellungsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 und des § 3 Satz 3 und 4 können Ausnahmen
zugelassen werden. Soweit erforderlich führt das Justizministerium
Ausnahmegenehmigungen des Innen- und Finanzministeriums gem. § 84 LVO herbei.
§ 42
In-Kraft-Treten, Übergangsvorschrift
(1) Diese Verordnung tritt am 1. Juli 2005 in Kraft.
(2) Gleichzeitig tritt die Verordnung über die Ausbildung und
Prüfung für die Laufbahn des Gerichtsvollzieherdienstes des Landes
Nordrhein-Westfalen vom 18. Juni 1985 (GV. NRW. S. 482), zuletzt geändert durch
Verordnung vom 12. September 2003 (GV. NRW. S. 600), außer Kraft.
(2) Beamtinnen und Beamte, deren Einführungszeit vor dem 1.7.2005
begonnen hat, setzen die Ausbildung nach den bisher geltenden Vorschriften fort
und legen die Gerichtsvollzieherprüfung nach den bisher geltenden Vorschriften
ab. § 29 Abs. 4 Sätze 3 und 4 gelten mit In-Kraft-Treten dieser Verordnung für
alle Prüfungsverfahren.
§ 43
Berichtspflicht
Das Justizministerium berichtet der Landesregierung
bis zum 31. Dezember 2009 zu der Frage, ob Teile dieser Verordnung aufgehoben
oder geändert werden sollen.
Düsseldorf, den 14. März 2005
Der Justizminister
des Landes Nordrhein-Westfalen
WolfgangG e r h a r d s
GV. NRW. 2005 S. 203
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