Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 2005 Nr. 36 vom 30.9.2005 Seite 785 bis 816

Verordnung über die Ausbildung und Prüfung für die Laufbahn des mittleren Justizdienstes des Landes Nordrhein-Westfalen (Ausbildungsordnung mittlerer Justizdienst - APOmJD)
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Verordnung über die Ausbildung und Prüfung für die Laufbahn des mittleren Justizdienstes des Landes Nordrhein-Westfalen (Ausbildungsordnung mittlerer Justizdienst - APOmJD)

203011

Verordnung
über die Ausbildung und Prüfung für die Laufbahn
des mittleren Justizdienstes des Landes Nordrhein-Westfalen
(Ausbildungsordnung mittlerer Justizdienst - APOmJD)

Vom 12. September 2005

Aufgrund des § 16 Abs. 2 des Landesbeamtengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Mai 1981 (GV. NRW. S. 234, ber. 1982 S. 256), zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. Mai 2005 (GV. NRW. S. 498), wird im Einvernehmen mit dem Innenministerium und dem Finanzministerium verordnet:

Inhaltsübersicht

Erster Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen

§ 1

Befähigung und Berufsbezeichnung

§ 2

Einstellungsvoraussetzungen

§ 3

Bewerbung und Einstellung

§ 4

Dienstverhältnis

§ 5

Ziel und Grundsätze der Ausbildung

Zweiter Abschnitt
Ausbildung

§ 6

Dauer des Vorbereitungsdienstes; Entlassung

§ 7

Gliederung des Vorbereitungsdienstes

§ 8

Leitung der praktischen Ausbildung

§ 9

Gestaltung der praktischen Ausbildung

§ 10

Begleitunterricht und Übungen

§ 11

Fachlehrgänge

§ 12

Zeugnisse

§ 13

Noten

Dritter Abschnitt
Verkürzter Vorbereitungsdienst

§ 14

Möglichkeit der Verkürzung; Einstellungsvoraussetzungen

§ 15

Ziel der verkürzten Ausbildung

§ 16

Dauer des verkürzten Vorbereitungsdienstes; Entlassung

§ 17

Gliederung der Ausbildung

§ 18

Fachlehrgang

§ 19

Zeugnisse

Vierter Abschnitt
Prüfungsverfahren

§ 20

Prüfung

§ 21

Prüfungsausschuss

§ 22

Prüfungsverfahren

§ 23

Schriftliche Prüfung

§ 24

Bewertung der schriftlichen Prüfungsarbeiten

§ 25

Nichtbestehen vor der mündlichen Prüfung

§ 26

Mündliche Prüfung

§ 27

Abstimmungen; Vorbereitung der abschließenden Entscheidung

§ 28

Schlussentscheidung

§ 29

Niederschrift über den Prüfungshergang und Erteilung des Zeugnisses

§ 30

Versäumung von Prüfungsterminen, Nichtablieferung von Prüfungsarbeiten

§ 31

Verstöße gegen die Prüfungsbestimmungen

§ 32

Wiederholung der Prüfung

§ 33

Einsicht in die Prüfungsarbeiten

Fünfter Abschnitt
Aufstieg

§ 34

Regelform des Aufstiegs in den mittleren Justizdienst

§ 35

Einführungszeit bei Durchführung eines verkürzten Vorbereitungsdienstes

Sechster Abschnitt
Prüfungserleichterter Aufstieg

§ 36

Prüfungserleichterter Aufstieg in den mittleren Justizdienst

§ 37

Einführungszeit und Aufstiegslehrgang

§ 38

Einführungslehrgang

§ 39

Praktische Einweisung

§ 40

Aufstiegslehrgang

§ 41

Zeugnisse

§ 42

Dienstleistungsauftrag

§ 43

Aufstiegsprüfung

§ 44

Wiederholung der Prüfung

§ 45

Ernennung

Siebter Abschnit
Fachgerichtsbarkeiten

§ 46

Anwendung in der Verwaltungs-, Sozial-, Finanz- und Arbeitsgerichtsbarkeit

Achter Abschnitt
Regelung für behinderte Menschen

§ 47

Regelung für behinderte Menschen

Neunter Abschnitt
Schluss- und Übergangsvorschriften

§ 48

Ausnahmebestimmung

§ 49

In-Kraft-Treten; Übergangsvorschrift

§ 50

Berichtspflicht

Erster Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen

§ 1
Befähigung und Berufsbezeichnung

(1) Die Befähigung für den mittleren Justizdienst besitzt, wer den Vorbereitungsdienst abgeleistet und die Prüfung für den mittleren Justizdienst bestanden hat.

(2) Wer für den mittleren Justizdienst befähigt ist, darf die Berufsbezeichnung „Justizfachwirtin“ oder „Justizfachwirt“ führen.

§ 2
Einstellungsvoraussetzungen

(1) In den Vorbereitungsdienst kann eingestellt werden, wer

1. die gesetzlichen Voraussetzungen für die Berufung in das Beamtenverhältnis erfüllt,

2. im Zeitpunkt der Einstellung noch nicht 28 Jahre und als schwerbehinderter Mensch noch nicht 41 Jahre alt ist,

3. mindestens

a) die Fachoberschulreife oder einen als gleichwertig anerkannten Bildungsstand besitzt oder

b) eine Hauptschule mit Erfolg besucht hat oder einen als gleichwertig anerkannten Bildungsstand besitzt sowie

aa) eine förderliche abgeschlossene Berufsausbildung oder

bb) eine abgeschlossene Ausbildung im öffentlichen Dienst

nachweist,

4. über angemessene schreibtechnische Fertigkeiten verfügt,

5. nach charakterlichen, geistigen und körperlichen Anlagen sowie in gesundheitlicher Hinsicht für die Laufbahn geeignet ist; dabei darf von schwerbehinderten Menschen nur das für die Laufbahn erforderliche Mindestmaß körperlicher Rüstigkeit verlangt werden.

(2) Wer die Voraussetzungen nach Absatz 1 Nr. 4 noch nicht erfüllt, kann mit der Auflage eingestellt werden, den Nachweis bis zum Ende des ersten Ausbildungsjahres zu erbringen.

§ 3
Bewerbung und Einstellung

(1) Die Bewerbung ist an die Präsidentin oder den Präsidenten des Oberlandesgerichts zu richten, in deren oder dessen Bezirk die Einstellung gewünscht wird.

(2) Dem Gesuch sind beizufügen:

1. ein Lebenslauf und ein Lichtbild aus neuester Zeit,

2. beglaubigte Abschriften oder Ablichtungen von Zeugnissen und Unterlagen, durch die die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 3 nachgewiesen werden,

3. beglaubigte Abschriften oder Ablichtungen von Zeugnissen über Beschäftigungen seit der Schulentlassung,

4. bei Minderjährigen die Einwilligung der gesetzlichen Vertreter,

5. ggf. der Nachweis über angemessene schreibtechnische Fertigkeiten.

(3) Wer bereits im Justizdienst steht, reicht das Gesuch auf dem Dienstweg ein. Soweit die erforderlichen Unterlagen in den Personalakten enthalten sind, kann auf sie Bezug genommen werden. Die Leitung der Beschäftigungsbehörde hat sich in einer dienstlichen Beurteilung über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerberin oder des Bewerbers zu äußern; etwaige Bedenken gegen eine Aufnahme in den Vorbereitungsdienst sind darzustellen. Die dienstliche Beurteilung ist mit der Bewerberin oder dem Bewerber zu besprechen.

(4) Über die Einstellung in den Vorbereitungsdienst entscheidet die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts. Sie oder er kann die persönliche Vorstellung der Bewerberin oder des Bewerbers anordnen und weitere Feststellungen veranlassen.

(5) Die Bewerberinnen und Bewerber, deren Einstellung in Aussicht genommen ist, werden von der Präsidentin oder dem Präsidenten des Oberlandesgerichts aufgefordert,

1. eine Erklärung abzugeben,

a) ob sie vorbestraft sind und ob gegen sie ein gerichtliches Strafverfahren oder ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft anhängig ist,

b) ob sie Schulden haben, ggf. welche,

2. bei der zuständigen Meldebehörde ein Führungszeugnis zur Vorlage bei der Einstellungsbehörde zu beantragen.

Gleichzeitig veranlasst die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts die amtsärztliche Untersuchung dieser Bewerberinnen und Bewerber durch das Gesundheitsamt.

(6) Vor der Berufung in das Beamtenverhältnis müssen eine Geburtsurkunde oder ein Geburtsschein oder ein Auszug aus dem Familienbuch der Eltern, bei Verheirateten auch die Heiratsurkunde und ein Nachweis der Namensführung oder ein Auszug aus dem für die Ehe geführten Familienbuch, bei Lebenspartnern auch die Lebenspartnerschaftsurkunde und ein Nachweis der Namensführung oder ein Auszug aus dem für die Lebenspartnerschaft geführten Lebenspartnerschaftsbuch, sowie das amtsärztliche Gesundheitszeugnis vorliegen.

§ 4
Dienstverhältnis

Die eingestellten Bewerberinnen und Bewerber werden in das Beamtenverhältnis auf Widerruf berufen und führen während des Vorbereitungsdienstes die Dienstbezeichnung „Justizsekretäranwärterin“ oder „Justizsekretäranwärter“.

§ 5
Ziel und Grundsätze der Ausbildung

(1) Ziel der Ausbildung ist es, Beamtinnen und Beamte heranzubilden, die nach ihrer Persönlichkeit sowie nach ihren fachlichen und allgemeinen Kenntnissen und Fähigkeiten in der Lage sind, die dem mittleren Justizdienst obliegenden Aufgaben selbstständig und effizient zu erfüllen.

(2) Die Anwärterinnen und Anwärter sind in allen Aufgaben ihrer Laufbahn gründlich zu unterrichten. Außerdem ist ihr Verständnis für rechtliche, wirtschaftliche und gesellschaftliche Zusammenhänge sowie für die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger zu fördern. Die Ausbildung soll die soziale und kommunikative Kompetenz der Anwärterinnen und Anwärter stärken und ein arbeitsplatz- und berufsgruppenübergreifendes Rollenverständnis vermitteln.

Zweiter Abschnitt
Ausbildung

§ 6
Dauer des Vorbereitungsdienstes; Entlassung

(1) Der Vorbereitungsdienst dauert zwei Jahre. Auf den Vorbereitungsdienst können Zeiten einer vorhergehenden Beschäftigung mit Aufgaben des mittleren Justizdienstes bis zur Dauer eines Jahres angerechnet werden, wenn die Bewerberin oder der Bewerber mindestens fünf Jahre derartige Aufgaben wahrgenommen hat. Die Entscheidung trifft die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts.

(2) Urlaubszeiten werden regelmäßig nur auf das einzelne Ausbildungsjahr angerechnet. Andere Unterbrechungen, insbesondere Krankheitszeiten werden angerechnet, soweit sie zusammen während des Ausbildungsjahres 15 Arbeitstage nicht überschreiten. Der Erfolg der Ausbildung in den einzelnen Abschnitten darf nicht beeinträchtigt werden; soweit erforderlich, sind daher Urlaub und Krankheitszeiten auf mehrere Abschnitte anzurechnen.

(3) Die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts kann einzelne Ausbildungsabschnitte (§ 7) verlängern, wenn die Anwärterin oder der Anwärter den Anforderungen noch nicht genügt.

(4) Wer die gestellten Anforderungen in charakterlicher, geistiger oder körperlicher Hinsicht nicht erfüllt oder fortgesetzt nur mangelhafte oder ungenügende Leistungen erbringt, kann nach Maßgabe des § 35 LBG aus dem Vorbereitungsdienst entlassen werden.

§ 7
Gliederung des Vorbereitungsdienstes

Der Vorbereitungsdienst gliedert sich wie folgt:

1. erster Abschnitt:
drei Monate praktische Ausbildung bei einem Amtsgericht,

2. zweiter Abschnitt:
sechs Monate fachtheoretische Ausbildung
- Fachlehrgang I -,

3. dritter bis fünfter Abschnitt:
acht Monate praktische Ausbildung bei einem Amtsgericht,
zweieinhalb Monate praktische Ausbildung bei einem Landgericht,
zweieinhalb Monate praktische Ausbildung bei einer Staatsanwaltschaft,

4. sechster Abschnitt:
zwei Monate fachtheoretische Ausbildung
- Fachlehrgang II -.

§ 8
Leitung der praktischen Ausbildung

(1) Die Ausbildung wird von der Präsidentin oder dem Präsidenten des Oberlandesgerichts geleitet. Diese oder dieser bestimmt die Gerichte und im Benehmen mit der Generalstaatsanwaltschaft auch die Staatsanwaltschaften, bei denen die Ausbildung stattfindet, und regelt die Reihenfolge und die Dauer der Beschäftigung bei den einzelnen Stellen. Diese Befugnis kann auf die Leitung des Land- oder Amtsgerichtes übertragen werden. Einem späteren Ausbildungsabschnitt darf die Anwärterin oder der Anwärter erst überwiesen werden, wenn das Ziel des früheren Abschnitts erreicht ist.

(2) Für die Ausbildung ist die Leitung der Beschäftigungsbehörde zuständig. Sie setzt die Reihenfolge und die Dauer der Beschäftigung bei den einzelnen Abteilungen fest und bestimmt die Kräfte, die die Anwärterinnen und Anwärter ausbilden sollen.

(3) Mit der Ausbildung sollen nur solche Kräfte betraut werden, die über die notwendigen Kenntnisse verfügen und die nach ihrer Persönlichkeit hierzu geeignet sind. Sie sind verpflichtet, die ihnen zugewiesenen Anwärterinnen und Anwärter mit Arbeiten ihres Geschäftsbereichs möglichst vielseitig zu beschäftigen und umfassend auszubilden.

§ 9
Gestaltung der praktischen Ausbildung

(1) Die praktische Ausbildung umfasst alle wesentlichen Geschäfte des mittleren Justizdienstes.

(2) Beim Amtsgericht werden die Anwärterinnen und Anwärter in allen Aufgaben des mittleren Justizdienstes innerhalb der streitigen und freiwilligen Gerichtsbarkeit jeweils einschließlich der Protokollführung und des Kostenrechts ausgebildet. Ferner werden sie der Kasse bzw. Gerichtszahlstelle sowie der Anweisungsstelle zur Ausbildung zugeteilt. Daneben sollen die Anwärterinnen und Anwärter auch Einblick in sonstige das Berufsbild umfassende Tätigkeiten sowie in die Aufgaben des Gerichtsvollzieherdienstes erhalten. Beim Landgericht werden sie in Aufgaben der Justizverwaltung ausgebildet. Anstelle der Ausbildung beim Landgericht kann im Bedarfsfall die Ausbildung in Verwaltungssachen auch bei einem großen Amtsgericht, einer Staatsanwaltschaft, einem Oberlandesgericht oder einer Generalstaatsanwaltschaft stattfinden. Bei der Staatsanwaltschaft erstreckt sich die Ausbildung auch auf die Aufgaben des mittleren Justizdienstes in Ermittlungs- und Strafvollstreckungsangelegenheiten.

(3) Durch Zuweisung von praktischen Arbeiten aus dem jeweiligen Ausbildungsgebiet sollen die Anwärterinnen und Anwärter mit den einschlägigen gesetzlichen und sonstigen Bestimmungen vertraut gemacht und in die Lage versetzt werden, eigenständig zu urteilen und selbstständig zu arbeiten. Die Anwärterinnen und Anwärter sind deshalb während des gesamten Vorbereitungsdienstes auch verpflichtet, ihr Fachwissen durch gewissenhaftes Selbststudium ständig zu vertiefen und zu erweitern.

(4) Das Ziel der Ausbildung, nicht die Nutzbarmachung der Arbeitskraft, bestimmt Maß und Art der den Anwärterinnen und Anwärtern zu übertragenden Aufgaben. Eine Beschäftigung zur Entlastung von anderen Beschäftigten ist unzulässig.

(5) Nach der schriftlichen Prüfung kann die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts Anwärterinnen und Anwärtern im Rahmen des Ausbildungsziels die selbstständige Wahrnehmung von Aufgaben des mittleren Justizdienstes übertragen (Dienstleistungsauftrag). Eine ausreichende Vorbereitung auf die mündliche Prüfung darf dadurch nicht beeinträchtigt werden.

§ 10
Begleitunterricht und Übungen

(1) Die praktische Ausbildung wird durch einen begleitenden Unterricht und durch Übungen ergänzt.

(2) Der Unterricht erstreckt sich auf alle Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die für den mittleren Justizdienst von Bedeutung sind, sowie auf die Grundlagen der Informationstechnik und -verarbeitung. Die vom mittleren Justizdienst anzuwendenden informationstechnischen Programme werden nach Möglichkeit in die Lehrveranstaltungen der jeweils betroffenen Fächer einbezogen. Ferner ist ein Überblick über Staatsrecht, allgemeines Dienstrecht und Gerichtsverfassungsrecht zu vermitteln.

(3) In den Übungen werden praktische Fälle aus den künftigen Arbeitsgebieten der Anwärterinnen und Anwärter behandelt, die anhand von Akten und Vordrucken gemeinsam mündlich erörtert werden. Im Rahmen des Begleitunterrichts und der Übungen sind Arbeiten unter Aufsicht zu fertigen; § 11 Abs. 4 gilt entsprechend.

(4) Auf den Unterricht und die Übungen sind wöchentlich durchschnittlich mindestens sechs Stunden zu verwenden. Das Nähere bestimmt die Ausbildungsleitung; sie bestellt die Unterrichtsleitung sowie die Lehrkräfte. Die Leiterin oder der Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz NRW oder eine von ihr oder ihm beauftragte Lehrkraft erstellt im Benehmen mit den Präsidentinnen und Präsidenten der Oberlandesgerichte den Lehrplan für den Begleitunterricht sowie die erforderlichen Unterrichtsmaterialien. § 8 Abs. 1 Satz 1 bleibt unberührt.

(5) Die Präsidentinnen und Präsidenten der Oberlandesgerichte können vereinbaren, dass der Unterricht und die Übungen landesweit in einer zentral gelegenen Justizbehörde durchgeführt werden. Sie können ferner mit Genehmigung des Justizministeriums vereinbaren, dass der Unterricht und die Übungen abweichend von Absatz 4 Satz 1 in Blockform durchgeführt werden.

(6) Das Justizministerium kann die Durchführung des Begleitunterrichts und der Übungen dem Ausbildungszentrum der Justiz NRW übertragen. In diesem Fall entscheidet dessen Leiterin oder Leiter darüber, in welchen Räumlichkeiten der Unterricht und die Übungen stattfinden und inwieweit dies in Blockform geschieht; Absatz 5 findet keine Anwendung. Abweichend von Absatz 4 Satz 2 bestimmt die Leiterin oder der Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz NRW in diesem Fall die weiteren Einzelheiten der Unterrichtsgestaltung und -durchführung und verteilt die Unterrichtsaufgaben auf die Lehrkräfte des Ausbildungszentrums.

§ 11
Fachlehrgänge

(1) Die Fachlehrgänge werden durch das Ausbildungszentrum der Justiz NRW durchgeführt. Die Leitung der Lehrgänge obliegt der Leiterin oder dem Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz NRW. Sie oder er kann eine Lehrkraft mit Aufgaben der Lehrgangsleitung betrauen. Der Fachlehrgang I soll den Anwärterinnen und Anwärtern die erforderlichen theoretischen Kenntnisse vermitteln. Im Fachlehrgang II werden die in der bisherigen Ausbildung erworbenen Kenntnisse ergänzt und vertieft.

(2) Die Leiterin oder der Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz NRW oder eine von ihr oder ihm beauftragte Lehrkraft erstellt im Benehmen mit den Präsidentinnen und Präsidenten der Oberlandesgerichte den Lehrplan, stellt den Stundenplan auf und sorgt für einen ordnungsgemäßen Unterricht. Der Lehrplan umfasst, soweit für die Aufgabenbereiche des mittleren Justizdienstes erforderlich,

1. das bürgerliche Recht sowie die zivilrechtlichen Nebengesetze,

2. das Strafrecht, das Jugendgerichtsgesetz und die strafrechtlichen Nebengesetze,

3. das Handels- und Gesellschaftsrecht,

4. das Recht der freiwilligen Gerichtsbarkeit,

5. das Gerichtsverfassungs- und Verfahrensrecht,

6. das Staats-, Beamten-, Arbeits-, Tarif- und Personalvertretungsrecht,

7. die Verwaltungs- und Geschäftsgangsbestimmungen,

8. das Kostenrecht,

9. das Kassen-, Rechnungs- und Haushaltswesen,

10. die Grundlagen der Informationstechnik und -verarbeitung.

(3) Der Unterricht ist durch Beispiele aus der Praxis wirklichkeitsnah zu gestalten. Er ist inhaltlich und methodisch so durchzuführen, dass die soziale und kommunikative Kompetenz sowie die Selbstständigkeit, Teamfähigkeit und Verantwortungsbereitschaft der Anwärterinnen und Anwärter gestärkt wird. Insgesamt sind während des Fachlehrgangs I regelmäßig 720 Stunden und während des Fachlehrgangs II insgesamt 240 Stunden Unterricht zu erteilen. Die vom mittleren Justizdienst anzuwendenden informationstechnischen Programme werden nach Möglichkeit in die Lehrveranstaltungen der jeweils betroffenen Fächer einbezogen. Der Stundenplan ist so aufzustellen, dass hinreichend Zeit verbleibt, den Lehrstoff zu verarbeiten und das Wissen durch Nacharbeit und Selbststudium zu erweitern und zu vertiefen.

(4) Während der Fachlehrgänge I und II sind schriftliche Arbeiten unter Aufsicht zu fertigen. Diese können sich auch auf den Umgang mit den vom mittleren Justizdienst anzuwendenden informationstechnischen Programmen beziehen; in diesem Fall sind den Anwärterinnen und Anwärtern die erforderlichen technischen Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen. Die Arbeiten sind durch die zuständige Lehrkraft zu begutachten, mit einer Note und Punktzahl nach § 13 Abs. 1 zu bewerten, mit den Anwärterinnen und Anwärtern zu besprechen und diesen auszuhändigen. Über die Ergebnisse der Aufsichtsarbeiten sind Übersichten anzufertigen, die unverzüglich der Lehrgangsleitung vorzulegen sind.

§ 12
Zeugnisse

(1) Die Anwärterinnen und Anwärter sind zu beurteilen

1. am Ende des ersten und des dritten bis fünften Ausbildungsabschnitts (§ 7 Nr. 1 und Nr. 3) durch die Leitung der Beschäftigungsbehörde,

2. am Ende des zweiten und des sechsten Ausbildungsabschnitts (§ 7 Nr. 2 und Nr. 4) durch die Leiterin oder den Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz Nordrhein-Westfalen oder eine von ihr oder ihm beauftragte Lehrkraft,

3. am Ende des Begleitunterrichts (§ 10) nach dem ersten sowie nach dem dritten bis fünften Ausbildungsabschnitt durch die Unterrichtsleitung, im Falle des § 10 Abs. 6 durch die Leiterin oder den Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz NRW oder eine von ihr oder ihm beauftragte Lehrkraft.

(2) In der Beurteilung soll zu den fachlichen und allgemeinen Kenntnissen und Fähigkeiten, zum praktischen Geschick, zum Stand der Ausbildung und zum Gesamtbild der Persönlichkeit Stellung genommen werden. Die Beurteilung schließt mit einer der in § 13 Abs. 1 genannten Noten und Punktzahlen ab. Unterschreitet der Ausbildungszeitraum einen Monat, so ist an Stelle einer Beurteilung eine Bescheinigung über Dauer und Gegenstand der Ausbildung zu fertigen.

(3) Jedes Zeugnis ist der Anwärterin oder dem Anwärter zur Kenntnisnahme vorzulegen; es ist Gelegenheit zur Besprechung zu geben. Die Zeugnisse sind - ggf. mit einer Gegenäußerung der Anwärterin oder des Anwärters - der Präsidentin oder dem Präsidenten des Oberlandesgerichts zuzuleiten und dort in einem besonderen Heft zu den Personalakten zu nehmen.

§ 13
Noten

(1) Die Leistungen im Vorbereitungsdienst sind wie folgt zu bewerten:

sehr gut: eine besonders hervorragende Leistung
= 16 - 18 Punkte

gut: eine erheblich über den durchschnittlichen Anforderrungen liegende Leistung
= 13 - 15 Punkte

vollbefriedigend: eine über den durchschnittlichen Anforderungen liegende Leistung
= 10 - 12 Punkte

befriedigend: eine Leistung, die in jeder Hinsicht durchschnittlichen Anforderungen entspricht
= 7 - 9 Punkte

ausreichend: eine Leistung, die trotz ihrer Mängel durchschnittlichen Anforderungen noch entspricht
= 4 - 6 Punkte

mangelhaft: eine an erheblichen Mängeln leidende, im ganzen nicht mehr brauchbare Leistung
= 1 - 3 Punkte

ungenügend: eine völlig unbrauchbare Leistung
= 0 Punkte.

(2) Sofern Einzelnoten rechnerisch zu einer Gesamtbewertung zusammengefasst werden, entsprechen den ermittelten Punkten folgende Notenbezeichnungen:

14,00 - 18,00 Punkte:
sehr gut

11,50 - 13,99 Punkte:
gut

9,00 - 11,49 Punkte:
vollbefriedigend

6,50 - 8,99 Punkte:
befriedigend

4,00 - 6,49 Punkte:
ausreichend

1,50 - 3,99 Punkte:
mangelhaft

0 - 1,49 Punkte
ungenügend.

Dritter Abschnitt
Verkürzter Vorbereitungsdienst

§ 14
Möglichkeit der Verkürzung; Einstellungsvoraussetzungen

(1) Das Justizministerium kann abweichend von § 2 bestimmen, dass in den Vorbereitungsdienst nur eingestellt werden kann, wer die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nrn. 1, 2, 4 und 5 erfüllt und zusätzlich

1. mindestens die Fachoberschulreife oder einen als gleichwertig anerkannten Bildungsstand besitzt sowie

2.
a) die Prüfung zur bzw. zum Justizfachangestellten erfolgreich abgelegt hat

oder

b) als Justizangestellte oder Justizangestellter nach der Ausbildung in diesem Beruf tätig gewesen ist und während der praktischen Tätigkeit mindestens 18 Monate Aufgaben des mittleren Dienstes wahrgenommen hat.

(2) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 treten an die Stelle der §§ 2, 6 bis 12 die Vorschriften dieses Abschnittes.

§ 15
Ziel der verkürzten Ausbildung

Die Ausbildung hat die Kenntnisse der Anwärterinnen und Anwärter derart zu ergänzen, zu festigen und zu vertiefen, dass sie am Ende der Ausbildung alle Aufgaben der Laufbahn des mittleren Justizdienstes erfüllen können. § 5 gilt entsprechend.

§ 16
Dauer des verkürzten Vorbereitungsdienstes; Entlassung

(1) Auf den Vorbereitungsdienst von zwei Jahren (§ 6 Abs. 1 Satz 1) wird die Ausbildung zur bzw. zum Justizfachangestellten bzw. die Beschäftigung als Justizangestellte oder Justizangestellter mit Aufgaben des mittleren Justizdienstes mit einer Dauer von 18 Monaten angerechnet.

(2) Urlaub soll während des Vorbereitungsdienstes nur während der unterrichtsfreien Tage gewährt werden. Andere Unterbrechungen, insbesondere Krankheitszeiten werden angerechnet, soweit sie zusammen während der Ausbildung 15 Arbeitstage nicht überschreiten. Die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts kann Ausnahmen von Satz 2 zulassen. Der Erfolg der Ausbildung darf nicht beeinträchtigt werden.

(3) Wer die gestellten Anforderungen in charakterlicher, geistiger oder körperlicher Hinsicht nicht erfüllt oder fortgesetzt nur mangelhafte oder ungenügende Leistungen erbringt, kann nach Maßgabe des § 35 LBG aus dem Vorbereitungsdienst entlassen werden.

§ 17
Gliederung der Ausbildung

(1) Der Vorbereitungsdienst besteht aus einem Fachlehrgang von sechs Monaten.

(2) Nach der schriftlichen Prüfung kann die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts den Anwärterinnen und Anwärtern im Rahmen des Ausbildungsziels die selbstständige Wahrnehmung von Aufgaben des mittleren Justizdienstes übertragen (Dienstleistungsauftrag). Die ausreichende Vorbereitung auf die mündliche Prüfung darf dadurch nicht beeinträchtigt werden.

§ 18
Fachlehrgang

(1) Der Fachlehrgang wird durch das Ausbildungszentrum der Justiz NRW durchgeführt. Die Leitung des Lehrgangs obliegt der Leiterin oder dem Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz NRW. Sie oder er kann eine Lehrkraft mit Aufgaben der Lehrgangsleitung betrauen. Der Fachlehrgang soll den Anwärterinnen und Anwärtern die theoretischen Kenntnisse vermitteln, die für eine Tätigkeit im mittleren Justizdienst erforderlich sind, aber in der Ausbildung zur bzw. zum Justizfachangestellten nicht oder nicht in der erforderlichen Tiefe vermittelt werden. Ferner soll er vorhandene Kenntnisse ergänzen, festigen und vertiefen.

(2) Die Lehrgangsleitung erstellt im Benehmen mit den Präsidentinnen und Präsidenten der Oberlandesgerichte den Lehrplan, stellt den Stundenplan auf und sorgt für einen ordnungsgemäßen Unterricht. Der Lehrplan umfasst, soweit für die Aufgabenbereiche des mittleren Justizdienstes erforderlich,

1. Zivilprozessrecht

2. Zwangsvollstreckungsrecht

3. Insolvenzrecht

4. Strafrecht

5. Familienrecht

6. Nachlassrecht

7. Grundbuchrecht

8. Handelsregisterrecht

9. Kostenrecht

10. Verwaltungssachen

11. Öffentliches Dienstrecht.

(3) Der Unterricht ist durch Beispiele aus der Praxis wirklichkeitsnah zu gestalten. Er ist inhaltlich und methodisch so durchzuführen, dass die soziale und kommunikative Kompetenz sowie die Selbstständigkeit, Teamfähigkeit und Verantwortungsbereitschaft der Anwärterinnen und Anwärter gestärkt wird. Die vom mittleren Justizdienst anzuwendenden informationstechnischen Programme werden nach Möglichkeit in die Lehrveranstaltungen der jeweils betroffenen Fächer einbezogen. Insgesamt sind regelmäßig 600 Stunden Unterricht zu erteilen. Zur Prüfungsvorbereitung und Schulung im Umgang mit Datenverarbeitungsprogrammen können gesonderte Veranstaltungen vorgesehen werden. Der Stundenplan ist so aufzustellen, dass hinreichend Zeit verbleibt, den Lehrstoff zu verarbeiten und das Wissen durch Nacharbeit und Selbststudium zu erweitern und zu vertiefen.

(4) Während des Fachlehrgangs sind schriftliche Arbeiten unter Aufsicht zu fertigen. Diese können sich auch auf den Umgang mit den vom mittleren Justizdienst anzuwendenden informationstechnischen Programmen beziehen; in diesem Fall sind den Anwärterinnen und Anwärtern die zur Aufgabenbearbeitung erforderlichen technischen Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen. Die Arbeiten sind durch die zuständige Lehrkraft zu begutachten, mit einer Note und Punktzahl nach § 13 Abs. 1 zu bewerten, mit den Anwärterinnen und Anwärtern zu besprechen und diesen auszuhändigen. Über die Ergebnisse der Aufsichtsarbeiten sind Übersichten zu fertigen, die der Lehrgangsleitung unverzüglich vorzulegen sind.

§ 19
Zeugnisse

(1) Am Ende des Vorbereitungsdienstes sind die Anwärterinnen und Anwärter durch die Leiterin oder den Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz NRW oder eine von ihr oder ihm beauftragte Lehrkraft zu beurteilen. In der Beurteilung soll zu den fachlichen und allgemeinen Kenntnissen und Fähigkeiten, zum praktischen Geschick, zum Stand der Ausbildung und zum Gesamtbild der Persönlichkeit Stellung genommen werden. Die gefertigten Aufsichtsarbeiten sind mit Noten und Punktzahlen aufzunehmen. Die Beurteilung schließt mit einer der in § 13 Abs. 1 genannten Noten und Punktzahlen ab.

(2) Jedes Zeugnis ist der Anwärterin oder dem Anwärter zur Kenntnisnahme vorzulegen; es ist Gelegenheit zur Besprechung zu geben. Die Zeugnisse sind - ggf. mit einer Gegenäußerung der Anwärterin oder des Anwärters - der Präsidentin oder dem Präsidenten des Oberlandesgerichts zuzuleiten und dort in einem besonderen Heft zu den Personalakten zu nehmen.

Vierter Abschnitt
Prüfungsverfahren

§ 20
Prüfung

(1) Die Prüfung soll zeigen, ob das Ausbildungsziel (§§ 5, 15) erreicht wurde und der Prüfling nach Fähigkeiten, Kenntnissen, Leistungen und Persönlichkeit für eine Tätigkeit im mittleren Dienst geeignet ist.

(2) Die Prüfung besteht aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil. Der schriftliche Teil der Prüfung geht dem mündlichen voraus.

(3) Während der letzten Woche vor der mündlichen Prüfung sind die Anwärterinnen und Anwärter vom Dienst befreit.

§ 21
Prüfungsausschuss

(1) Die Prüfung für den mittleren Justizdienst wird vor einem Prüfungsausschuss abgelegt, der bei dem Oberlandesgericht gebildet wird.

(2) Der Prüfungsausschuss besteht aus drei Mitgliedern. Ein Mitglied des Prüfungsausschusses muss die Befähigung zum Richteramt besitzen. Die beiden anderen Mitglieder gehören dem höheren, dem gehobenen oder dem mittleren Justizdienst an; sie sollen aufgrund ihrer Tätigkeit über Erfahrungen im praktischen Aufgabenbereich des mittleren Justizdienstes verfügen. Für die Mitglieder sind jeweils Stellvertreter zu bestimmen.

(3) Die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts bestellt die Mitglieder des Prüfungsausschusses und die erforderlichen Stellvertreterinnen und Stellvertreter widerruflich für die Dauer von drei Jahren und bestimmt die Vorsitzende oder den Vorsitzenden.

(4) Die Prüferinnen und Prüfer sind in ihrer Prüfertätigkeit unabhängig. Im Übrigen untersteht der Prüfungsausschuss der Dienstaufsicht der Präsidentin oder des Präsidenten des Oberlandesgerichts.

§ 22
Prüfungsverfahren

(1) Die schriftliche Prüfung soll am Ende des Fachlehrgangs II abgenommen werden, im Fall der Verkürzung der Ausbildung nach dem dritten Abschnitt dieser Verordnung am Ende des Vorbereitungsdienstes. Die mündliche Prüfung wird so bald wie möglich nach der schriftlichen Prüfung abgeschlossen.

(2) Die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts leitet das Prüfungsverfahren. Sie oder er trifft die Entscheidung über den Einsatz der Prüferinnen und Prüfer sowie die Besetzung der Ausschüsse und die Verteilung der Prüflinge auf die Prüfungsausschüsse, soweit mehr als ein Ausschuss gebildet wird. Ferner trifft sie oder er, sofern nachfolgend nichts anderes geregelt ist, alle weiteren Entscheidungen außerhalb der mündlichen Prüfung, einschließlich der Feststellung des Nichtbestehens gem. § 25.

(3) Die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts setzt die Termine für die schriftliche Prüfung im Einvernehmen mit der Leiterin oder dem Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz NRW fest und lädt zu diesen Terminen. Sofern Termine für Aufsichtsarbeiten außerhalb der regelmäßigen Prüfungstermine aus Gründen anberaumt werden müssen, die in der Person der Anwärterin oder des Anwärters liegen (z.B. Krankheit), werden diese Termine durch die Präsidentin oder den Präsidenten des Oberlandesgerichts im Einvernehmen mit dem Prüfungsausschuss festgesetzt.

(4) Die oder der Vorsitzende des Prüfungsausschusses bestimmt den Termin der mündlichen Prüfung und veranlasst gleichzeitig die Ladungen zu diesem Termin.

§ 23
Schriftliche Prüfung

(1) Während der schriftlichen Prüfung sind unter Aufsicht sechs Aufgaben zu bearbeiten, und zwar:

1. eine Aufgabe mit dem Schwerpunkt freiwillige Gerichtsbarkeit einschließlich Verfahrensrecht,

2.eine Aufgabe mit dem Schwerpunkt Strafrecht einschließlich Verfahrensrecht,

3. eine Aufgabe mit dem Schwerpunkt Kostenrecht,

4. eine Aufgabe mit den Schwerpunkt Zivilprozessrecht,

5. eine Aufgabe mit dem Schwerpunkt Geschäftsstelle (Service-Einheit) und

6. eine Aufgabe mit dem Schwerpunkt Justizverwaltung.

(2) Die schriftlichen Prüfungsaufgaben einschließlich der Lösungsvorschläge werden durch das Ausbildungszentrum der Justiz NRW erstellt. In jeder Aufgabe sind die Zeit, in der sie zu lösen ist, und die Hilfsmittel, die benutzt werden dürfen, anzugeben. Die Aufgaben können sich auch auf den Umgang mit den vom mittleren Justizdienst anzuwendenden informationstechnischen Programmen beziehen; in diesem Fall sind den Prüflingen die zur Aufgabenbearbeitung erforderlichen technischen Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen.

(3) An einem Tag sollen nicht mehr als zwei Aufgaben bearbeitet werden. Die Zeit zur Lösung der Arbeiten ist nach dem Umfang und der Schwierigkeit der Aufgabe festzusetzen. Die Dauer der Bearbeitung der Aufgaben an einem Tag soll fünf Stunden nicht übersteigen.

(4) Prüflingen mit körperlichen Beeinträchtigungen sind auf Antrag die ihrer Beeinträchtigung angemessenen Erleichterungen zu gewähren. Insbesondere kann die Bearbeitungszeit verlängert werden; die Dauer des Verlängerungszeitraums soll zwei Stunden pro Tag nicht überschreiten. Über die Anträge entscheidet die Leiterin oder der Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz NRW oder eine von ihr oder ihm beauftragte Lehrkraft.

(5) Die Prüflinge haben die Prüfungsarbeiten spätestens bei Ablauf der Bearbeitungszeit an die Aufsichtskraft abzugeben. Die Arbeiten sind anstelle des Namens mit der Kennziffer zu versehen. Die Kennziffern werden vor Beginn der schriftlichen Prüfung vom Ausbildungszentrum der Justiz NRW zugeteilt. Die zu den Kennziffern gehörenden Namen und sonstige Angaben zur Person des Prüflings dürfen den Prüferinnen und Prüfern vor der Begutachtung und Bewertung der Aufsichtsarbeiten nicht bekannt gegeben werden. Kenntnisse über die Person des Prüflings, die eine Prüferin oder ein Prüfer vorher durch die Tätigkeit bei der verwaltungsmäßigen Durchführung des Prüfungsverfahrens oder als Mitglied eines Prüfungsausschusses erlangt, stehen der Mitwirkung nicht entgegen.

(6) Die Aufsicht bei der Anfertigung der Arbeiten führt eine Kraft des gehobenen oder des mittleren Justizdienstes. Die Aufsichtskraft fertigt eine Niederschrift und vermerkt in ihr jede Unregelmäßigkeit. Sie verzeichnet auf jeder Arbeit den Zeitpunkt des Beginns und der Ablieferung.

(7) Nach Abschluss der schriftlichen Prüfung sind die Prüfungsaufgaben, die dazu erstellten Lösungsvorschläge, die Arbeiten der Anwärterinnen und Anwärter, das Verzeichnis der Kennziffern und die Prüfungsniederschriften von der Leiterin oder dem Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz NRW oder einer von ihr oder ihm beauftragten Lehrkraft in versiegelten Umschlägen den Präsidentinnen und Präsidenten der Oberlandesgerichte zu übersenden. Im Einvernehmen mit den Präsidentinnen und Präsidenten der Oberlandesgerichte können die Prüfungsarbeiten und Lösungsvorschläge einem Mitglied des Prüfungsausschusses unmittelbar zugeleitet werden, bei Bedarf auch schon vor Abschluss der schriftlichen Prüfung.

§ 24
Bewertung der schriftlichen Prüfungsarbeiten

(1) Die schriftlichen Arbeiten werden von jedem Mitglied des Prüfungsausschusses selbstständig begutachtet.

(2) Nach vollständiger Begutachtung der schriftlichen Arbeiten werden die einzelnen Arbeiten vom Prüfungsausschuss nach Beratung mit einer Note und Punktzahl nach § 13 Abs. 1 bewertet. Die Bewertung findet vor der mündlichen Prüfung statt und ist für das weitere Prüfungsverfahren bindend.

(3) Der Anwärterin oder dem Anwärter wird die Bewertung der schriftlichen Arbeiten mindestens zwei Wochen vor der mündlichen Prüfung schriftlich mitgeteilt. Auf Antrag der Anwärterin oder des Anwärters unterbleibt die Mitteilung. Der Antrag ist spätestens innerhalb einer Woche nach dem Tag, an dem die Anwärterin oder der Anwärter die letzte schriftliche Arbeit abgeliefert hat, bei der Präsidentin oder dem Präsidenten des Oberlandesgerichts schriftlich zu stellen. Die Frist für den Antrag und für die Mitteilung der Bewertung wird durch Aufgabe zur Post gewahrt; maßgebend ist das Datum des Poststempels.

§ 25
Nichtbestehen vor der mündlichen Prüfung

Sind vier oder mehr schriftliche Arbeiten eines Prüflings mit „mangelhaft“ oder „ungenügend“ bewertet worden, so ist die Anwärterin oder der Anwärter von der mündlichen Prüfung ausgeschlossen und hat die Prüfung nicht bestanden.

§ 26
Mündliche Prüfung

(1) In der mündlichen Prüfung sollen in der Regel nicht mehr als fünf Anwärterinnen und Anwärter gleichzeitig geprüft werden.

(2) Vor der Prüfung soll die oder der Vorsitzende des Prüfungsausschusses mit jeder Anwärterin und jedem Anwärter ein Gespräch führen, um ein Bild von der Persönlichkeit zu gewinnen. Die anderen Mitglieder des Prüfungsausschusses können zu dem Gespräch hinzugezogen werden.

(3) Die Gesamtdauer der mündlichen Prüfung beträgt je erschienenem Prüfling etwa 30 Minuten; sie ist durch eine angemessene Pause zu unterbrechen.

(4) Die mündliche Prüfung ist vor allem eine Verständnisprüfung. Sie erstreckt sich auf das gesamte Ausbildungsgebiet. Fragen nach nebensächlichen Einzelheiten oder aus entlegenen Wissensgebieten sollen unterbleiben.

(5) Die oder der Vorsitzende des Prüfungsausschusses kann Justizangehörigen, die ein dienstliches Interesse nachweisen, sowie Anwärterinnen und Anwärtern, die zur Prüfung anstehen, die Anwesenheit in der mündlichen Prüfung gestatten. Die Verkündung der Entscheidung des Prüfungsausschusses findet unter Ausschluss der Zuhörerinnen und Zuhörer statt, wenn mindestens ein Prüfling dies beantragt.

§ 27
Abstimmungen; Vorbereitung der abschließenden Entscheidung

(1) Alle Entscheidungen über Prüfungsleistungen fällt der Prüfungsausschuss mit Stimmenmehrheit. Eine Stimmenthaltung ist nicht zulässig. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme der oder des Vorsitzenden.

(2) Vor Beginn der mündlichen Prüfung findet eine Vorberatung des Ausschusses statt, in der die Persönlichkeit und die bisherigen Leistungen der Prüflinge erörtert werden. Dabei berichtet die oder der Vorsitzende den anderen Prüferinnen und Prüfern über das Vorgespräch.

§ 28
Schlussentscheidung

(1) Im Anschluss an die mündliche Prüfung berät der Ausschuss über das Ergebnis der Prüfung. Grundlage der Entscheidung bilden die schriftlichen Prüfungsleistungen und die Leistungen in der mündlichen Prüfung.

(2) Der Prüfungsausschuss bewertet die in der mündlichen Prüfung erbrachte Leistung und setzt eine Note und Punktzahl gemäß § 13 Abs. 1 fest. Anschließend entscheidet er unter Ermittlung des Punktwerts für die Gesamtnote über das Ergebnis der Prüfung.

(3) Entsprechen die Leistungen der Anwärterin oder des Anwärters insgesamt den Anforderungen, so wird die Prüfung für bestanden erklärt, und zwar entsprechend § 13 Abs. 2 als „ausreichend“, „befriedigend“, „vollbefriedigend“, „gut“ oder „sehr gut“. Entsprechen die Leistungen nicht den Anforderungen, so ist die Prüfung für nicht bestanden zu erklären.

(4) Die Leistungen des Prüflings entsprechen in der Gesamtnote den Anforderungen, wenn der Punktwert 4,00 Punkte nicht unterschreitet.

(5) Die Punktwerte für die Gesamtnote und für die einzelnen Prüfungsabschnitte sind rechnerisch zu ermitteln. Es sind die Aufsichtsarbeiten mit einem Anteil von 72 vom Hundert und die Leistung in der mündlichen Prüfung mit einem Anteil von 28 vom Hundert zu berücksichtigen. Der Punktwert für die Gesamtnote wird ermittelt, indem die Punktzahl der Bewertung jeder Aufsichtsarbeit mit 12 und die der Leistung in der mündlichen Prüfung mit 28 vervielfältigt und sodann die Summe durch 100 geteilt wird. Alle Punktwerte sind bis auf zwei Dezimalstellen ohne Auf- und Abrundung rechnerisch zu ermitteln.

(6) Der Prüfungsausschuss kann bei der Entscheidung über das Ergebnis der Prüfung von dem rechnerisch ermittelten Wert für die Gesamtnote um bis zu einem Punkt abweichen, wenn dies aufgrund des Gesamteindrucks den Leistungsstand des Prüflings besser kennzeichnet und die Abweichung auf das Bestehen keinen Einfluss hat; hierbei sind die Noten im Vorbereitungsdienst zu berücksichtigen.

(7) Fehler bei der Notenbezeichnung für die Gesamtnote und bei der Errechnung des Punktwertes können von Amts wegen durch die Präsidentin oder den Präsidenten des Oberlandesgerichts berichtigt werden. Die Berichtigung der Punktwerte und eine durch sie bewirkte Änderung in der Notenbezeichnung sind auf der Prüfungsniederschrift zu vermerken. Das unrichtige Zeugnis ist einzuziehen und durch ein richtiges zu ersetzen.

(8) Die Schlussentscheidung gibt die oder der Vorsitzende der Anwärterin oder dem Anwärter mündlich bekannt.

§ 29
Niederschrift über den Prüfungshergang und
Erteilung des Zeugnisses

(1) Über den Prüfungshergang ist eine Niederschrift anzufertigen, in die aufgenommen werden:

1. Ort und Tag der Prüfung,

2. die Zusammensetzung des Prüfungsausschusses,

3. die Namen und die Anwesenheit der Prüflinge,

4. die Bewertung der schriftlichen Prüfungsarbeiten,

5. die Gegenstände und das Ergebnis der mündlichen Prüfung,

6. die errechneten Punkte für die Gesamtnote,

7. eine Änderung des Punktwertes für die Gesamtnote und die dafür maßgeblichen Gründe,

8. die Schlussentscheidung des Prüfungsausschusses,

9. alle sonstigen Entscheidungen des Prüfungsausschusses und

10. die Verkündung der Entscheidung des Prüfungsausschusses.

(2) Ist die Prüfung nicht bestanden und war der Vorbereitungsdienst nicht im Sinne des dritten Abschnittes dieser Verordnung verkürzt, so wird in der Niederschrift vermerkt, welchen weiteren Vorbereitungsdienst der Prüfungsausschuss für erforderlich hält.

(3) Die Niederschrift ist von der oder dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses zu unterzeichnen und mit den sonstigen Prüfungsvorgängen und den Personalakten der Präsidentin oder dem Präsidenten des Oberlandesgerichts zu übersenden.

(4) Die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts erteilt allen Anwärterinnen und Anwärtern, die die Prüfung bestanden haben, ein Zeugnis über das Ergebnis der Prüfung.

§ 30
Versäumung von Prüfungsterminen, Nichtablieferung
von Prüfungsarbeiten

(1) Die Prüfung gilt als nicht bestanden, wenn die Anwärterin oder der Anwärter ohne genügende Entschuldigung

1. der Ladung zur schriftlichen oder mündlichen Prüfung keine Folge leistet oder ohne Genehmigung der Vorsitzenden oder des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses von der Prüfung zurücktritt oder

2. drei oder mehr Prüfungsarbeiten nicht oder nicht rechtzeitig abliefert.

(2) Liefert die Anwärterin oder der Anwärter ohne genügende Entschuldigung eine oder zwei Prüfungsarbeiten nicht oder nicht rechtzeitig ab, gelten sie als „ungenügend“.

(3) Sieht die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts das Ausbleiben der Anwärterin oder des Anwärters zur schriftlichen Prüfung oder die Nichtablieferung bzw. die nicht rechtzeitige Ablieferung einer Prüfungsarbeit als entschuldigt an, so sind in einem neuen Termin alle schriftlichen Prüfungsarbeiten zu wiederholen.

(4) Bleibt die Anwärterin oder der Anwärter der mündlichen Prüfung infolge Krankheit oder aus einem anderen wichtigen Grund fern und sieht die oder der Vorsitzende des Prüfungsausschusses das Ausbleiben als entschuldigt an, so ist der mündliche Teil der Prüfung in einem neuen Termin abzulegen.

(5) Entschuldigungsgründe sind nur zu berücksichtigen, wenn sie unverzüglich geltend gemacht werden.

§ 31
Verstöße gegen die Prüfungsbestimmungen

(1) Versucht eine Anwärterin oder ein Anwärter, das Ergebnis einer Prüfungsleistung durch Täuschung, insbesondere durch Benutzung nicht zugelassener Hilfsmittel, zu eigenem oder fremdem Vorteil zu beeinflussen, kann die Prüfungsleistung, auf die sich die Täuschung bezieht, mit „ungenügend“ bewertet oder ihre Wiederholung aufgegeben werden. Auf die in Satz 1 vorgesehenen Folgen kann auch erkannt werden, wenn in sonstiger Weise gegen die bei der Prüfung einzuhaltende Ordnung verstoßen wird.

(2) In schweren Fällen kann die Anwärterin oder der Anwärter von der weiteren Prüfung ausgeschlossen und diese für nicht bestanden erklärt werden. In besonders schweren Fällen kann sie oder er auch von der Wiederholungsprüfung ausgeschlossen werden.

(3) Die Entscheidungen trifft während der mündlichen Prüfung der Prüfungsausschuss, im Übrigen die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts.

(4) Über eine erst nach der Schlussentscheidung entdeckte Täuschung in der mündlichen Prüfung hat der Prüfungsausschuss zu befinden, wenn die Prüfung nicht bestanden war. War sie bestanden, so ist an die Präsidentin oder den Präsidenten des Oberlandesgerichts zu berichten. In diesem Fall sowie bei nachträglich entdeckter Täuschung in der schriftlichen Prüfung entscheidet die Präsidentin oder den Präsidenten des Oberlandesgerichts. Sie oder er kann die Prüfung nachträglich für nicht bestanden erklären, jedoch nur innerhalb einer Frist von fünf Jahren seit dem Tage der mündlichen Prüfung.

§ 32
Wiederholung der Prüfung

(1) Wer die Prüfung nicht bestanden hat, darf sie einmal wiederholen. Die Prüfung ist vollständig zu wiederholen, einzelne Prüfungsleistungen können nicht erlassen werden. § 25 findet Anwendung.

(2) Der weitere Vorbereitungsdienst beträgt mindestens sechs Monate. Art und Dauer bestimmt die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts. Dabei sollen die Vorschläge des Prüfungsausschusses (§ 29 Abs. 2) berücksichtigt werden.

(3) Im Fall der Verkürzung des Vorbereitungsdienstes nach dem dritten Abschnitt dauert der weitere Vorbereitungsdienst bis zum Ende des auf die nicht bestandene Prüfung folgenden Lehrgangs beim Ausbildungszentrum der Justiz NRW. An diesem Lehrgang hat die Anwärterin oder der Anwärter während des weiteren Vorbereitungsdienstes teilzunehmen. Die Art der ergänzenden Ausbildung bis zum Beginn des Lehrgangs regelt die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts. Absatz 2 gilt in diesem Fall nicht.

(4) Unbeschadet anderer Bestimmungen enden der Vorbereitungsdienst und das Beamtenverhältnis auf Widerruf mit der Verkündung der Entscheidung über das endgültige Nichtbestehen. Wird die Entscheidung nicht im Prüfungstermin getroffen, ist der Zeitpunkt der schriftlichen Bekanntgabe maßgebend.

§ 33
Einsicht in die Prüfungsarbeiten

Innerhalb eines Jahres nach Abschluss des Prüfungsverfahrens können die Verfasserinnen und Verfasser Einsicht in die von ihnen gefertigten Prüfungsarbeiten - einschließlich ihrer Bewertung - nehmen.

Fünfter Abschnitt
Aufstieg

§ 34
Regelform des Aufstiegs in den mittleren Justizdienst

(1) Beamtinnen und Beamte des Justizwachtmeisterdienstes können zur Einführung in die Laufbahn des mittleren Justizdienstes zugelassen werden, wenn sie aufgrund ihrer Persönlichkeit sowie den im einfachen Justizdienst nach der Anstellung über mindestens zwei Jahre erbrachten Leistungen für den mittleren Justizdienst geeignet erscheinen. Über die Zulassung entscheidet die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts.

(2) Für Aufstiegsbeamtinnen und Aufstiegsbeamte findet diese Ausbildungs- und Prüfungsordnung mit folgender Maßgabe Anwendung:

1. An die Stelle des Vorbereitungsdienstes tritt eine Einführungszeit mit einer Dauer von zwei Jahren. Die Beschäftigungszeit im einfachen Justizdienst kann bis zur Dauer von drei Monaten auf die Einführungszeit angerechnet werden.

2. Die Zulassung zur Einführungszeit kann von einer Vorprüfung abhängig gemacht werden.

3. Nach erfolgreicher Einführung in die Laufbahn des mittleren Justizdienstes ist die Aufstiegsprüfung abzulegen. Die Aufstiegsprüfung entspricht der Laufbahnprüfung des mittleren Justizdienstes.

4. Bis zur Verleihung eines Amtes der Laufbahn des mittleren Justizdienstes werden die Amtsbezeichnung und die Dienstbezüge des bisherigen Amtes beibehalten.

5. Wer die Prüfung auch nach Wiederholung nicht besteht, übernimmt wieder eine seinem Amt entsprechende Tätigkeit im Justizwachtmeisterdienst.

6. §§ 14 - 19 gelten nur nach Maßgabe des § 35.

§ 35
Einführungszeit bei Durchführung
eines verkürzten Vorbereitungsdienstes

(1) Unter der Voraussetzung, dass das Justizministerium die Durchführung eines verkürzten Vorbereitungsdienstes im Sinne des dritten Abschnittes dieser Verordnung  bestimmt hat, gliedert sich die Einführungszeit wie folgt:

1. erster Abschnitt:
dreizehn Monate praktische Ausbildung bei einem Amtsgericht,

2. zweiter Abschnitt:
zweieinhalb Monate praktische Ausbildung bei einem Landgericht,

3. dritter Abschnitt:
zweieinhalb Monate praktische Ausbildung bei einer Staatsanwaltschaft,

4. vierter Abschnitt:
sechs Monate Fachlehrgang.

(2) Während des vierten Ausbildungsabschnittes nehmen die Beamtinnen und Beamten an dem im Rahmen des verkürzten Vorbereitungsdienstes durchgeführten Fachlehrgang teil. § 18 gilt entsprechend. Es ist sicher zu stellen, dass dieser Ausbildungsabschnitt unmittelbar an den vorhergehenden anschließt.

(3) Die praktische Ausbildung wird von der Präsidentin oder dem Präsidenten des Oberlandesgerichts geleitet. §§ 8 und 9 gelten entsprechend.

(4) Die praktische Ausbildung wird durch einen begleitenden Unterricht ergänzt. Insoweit gilt § 10 entsprechend.

(5) Ausbildungsabschnitte im Sinne des § 12 Abs. 1 sind die fachpraktischen Ausbildungen beim Amtsgericht, Landgericht und bei der Staatsanwaltschaft, der Begleitunterricht und der Fachlehrgang.

Sechster Abschnitt
Prüfungserleichterter Aufstieg

§ 36
Prüfungserleichterter Aufstieg in den mittleren Justizdienst

(1) Unter den Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 können Beamtinnen und Beamte des Justizwachtmeisterdienstes von der Präsidentin oder dem Präsidenten des Oberlandesgerichts zum prüfungserleichterten Aufstieg in die Laufbahn des mittleren Justizdienstes zugelassen werden, wenn sie zum Zeitpunkt der Verleihung eines Amtes des mittleren Justizdienstes

1. seit mindestens zwei Jahren ein Amt der Besoldungsgruppe A 5 (einfacher Dienst) innehaben,

2. das 45., aber noch nicht das 58. Lebensjahr vollendet haben.

(2) Auch die Zulassung zum prüfungserleichterten Aufstieg kann von einer Vorprüfung abhängig gemacht werden.

§ 37
Einführungszeit und Aufstiegslehrgang

(1) Die Einführungszeit und der Aufstiegslehrgang dauern zusammen neun Monate.

(2) Die Einführungszeit gliedert sich wie folgt:

1. zwei Monate Einführungslehrgang, der durch das Ausbildungszentrum der Justiz NRW durchgeführt wird, und

2. fünf Monate praktische Einweisung in die Aufgaben des mittleren Justizdienstes.

(3) Der Aufstiegslehrgang dauert zwei Monate; er wird durch das Ausbildungszentrum der Justiz NRW durchgeführt.

(4) Den Beamtinnen und Beamten soll während des Einführungs- und des Aufstiegslehrgangs Erholungsurlaub nicht gewährt werden.

(5) Während der Einführungszeit und im Aufstiegslehrgang ist Unterricht in allen Rechts- und Sachgebieten zu erteilen, deren Kenntnis für die Erfüllung der Aufgaben des mittleren Justizdienstes erforderlich ist; hierzu gehören vor allem Grundzüge

1. des bürgerlichen Rechts sowie der zivilrechtlichen Nebengesetze,

2. des Strafrechts, des Jugendgerichtsgesetzes und der strafrechtlichen Nebengesetze,

3. des Handels- und Gesellschaftsrechts,

4. des Rechts der freiwilligen Gerichtsbarkeit,

5. des Gerichtsverfassungs- und Verfahrensrechts,

6. des Staats-, Beamten-, Arbeits-, Tarif- und Personalvertretungsrechts,

7. der Verwaltungs- und Geschäftsgangsbestimmungen,

8. des Kostenrechts,

9. des Kassen-, Rechnungs- und Haushaltswesens,

10. der Informationstechnik und -verarbeitung.

§ 38
Einführungslehrgang

(1) Der Unterricht im Einführungslehrgang ist durch Vorträge, Besprechungen und Übungen zu erteilen; er umfasst regelmäßig 240 Stunden.

(2) Die Leitung des Lehrgangs obliegt der Leiterin oder dem Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz NRW. Sie oder er kann eine Lehrkraft mit Aufgaben der Lehrgangsleitung betrauen. Die Lehrgangsleitung erstellt im Benehmen mit den Präsidentinnen und Präsidenten der Oberlandesgerichte den Lehrplan, stellt den Stundenplan auf und sorgt für einen ordnungsgemäßen Unterricht. Der Stundenplan ist so zu gestalten, dass den Beamtinnen und Beamten hinreichend Zeit verbleibt, den Lehrstoff zu verarbeiten und ihr Wissen durch eigenes Studium zu erweitern und zu vertiefen.

(3) Die Beamtinnen und Beamten haben während des Lehrgangs schriftliche Arbeiten unter Aufsicht zu fertigen. Die Arbeiten sind durch die zuständige Lehrkraft zu begutachten und mit einer Note und Punktzahl nach § 13 Abs. 1 zu bewerten. Die Arbeiten sind mit den Beamtinnen und Beamten zu besprechen und diesen auszuhändigen. Über die Ergebnisse der Aufsichtsarbeiten sind Übersichten anzufertigen, die der Lehrgangsleitung unverzüglich vorzulegen sind.

§ 39
Praktische Einweisung

(1) Die praktische Einweisung wird von der Präsidentin oder dem Präsidenten des Oberlandesgerichts geleitet. Während dieser Zeit werden die Beamtinnen und Beamten beim Amtsgericht drei Monate in die Aufgaben der Abteilungen der streitigen und freiwilligen Gerichtsbarkeit jeweils unter Berücksichtigung des Kostenrechts eingeführt. Ferner werden sie mit den Aufgaben der Kasse bzw. Gerichtszahlstelle sowie der Anweisungsstelle bekannt gemacht. Beim Landgericht werden sie für einen Monat in die Aufgaben der Justizverwaltung, bei der Staatsanwaltschaft für einen Monat in die Aufgaben des mittleren Justizdienstes in Ermittlungs- und Strafvollstreckungsangelegenheiten eingeführt. Anstelle der Ausbildung beim Landgericht kann im Bedarfsfall die Einführung in Verwaltungssachen auch bei einem großen Amtsgericht oder bei einem Oberlandesgericht stattfinden.

(2) Die praktische Einweisung ist durch begleitenden Unterricht zu ergänzen. Die Leiterin oder der Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz NRW oder eine von ihr oder ihm beauftragte Lehrkraft erstellt im Benehmen mit den Präsidentinnen und Präsidenten der Oberlandesgerichte den Lehrplan für den planmäßigen Unterricht und erstellt die erforderlichen Unterrichtsmaterialien. Absatz 1 Satz 1 bleibt unberührt. Das Nähere zur Durchführung des Lehrplans bestimmt die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts. Die Präsidentinnen und Präsidenten der Oberlandesgerichte können vereinbaren, dass der Unterricht landesweit in einer zentral gelegenen Justizbehörde durchgeführt wird.

§ 40
Aufstiegslehrgang

(1) Beamtinnen und Beamte, deren Eignung und Leistungen im Einführungslehrgang und in der praktischen Einweisung von der Präsidentin oder dem Präsidenten des Oberlandesgerichts insgesamt mindestens mit "ausreichend" beurteilt werden, nehmen an dem Aufstiegslehrgang mit abschließender Prüfung teil.

(2) Für den Aufstiegslehrgang gelten die Vorschriften für den Einführungslehrgang  (§ 38) entsprechend.

(3) Wer den Anforderungen des Absatzes 1 nicht genügt, übernimmt wieder eine seinem Amt entsprechende Tätigkeit im Justizwachtmeisterdienst.

§ 41
Zeugnisse

Die §§ 12, 13 finden entsprechende Anwendung. Ausbildungsabschnitte im Sinne von § 12 Abs. 1 sind der Einführungslehrgang, die Zeiten der praktischen Einweisung beim Amtsgericht, beim Landgericht und bei der Staatsanwaltschaft, der Begleitunterricht und der Aufstiegslehrgang.

§ 42
Dienstleistungsauftrag

Nach der schriftlichen Prüfung kann die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts den Beamtinnen und Beamten, deren Wissen und Leistungsstand dies zulässt, im Rahmen des Ausbildungsziels die selbstständige Wahrnehmung von Aufgaben des mittleren Justizdienstes übertragen (Dienstleistungsauftrag). Die ausreichende Vorbereitung auf die mündliche Prüfung darf dadurch nicht beeinträchtigt werden.

§ 43
Aufstiegsprüfung

(1) Die Prüfung besteht aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil. Die schriftliche Prüfung dauert zwei Tage. Dabei sind unter Aufsicht vier Aufgaben zu bearbeiten. Die Aufgaben sind aus den in § 37 Abs. 5 genannten Lerngebieten zu stellen; Teile der Aufgaben können auch im Multiple Choice-Verfahren verfasst werden. Die Zeit zur Lösung einer Prüfungsaufgabe soll zwei Stunden nicht überschreiten.

(2) Sind mindestens zwei schriftliche Prüfungsaufgaben mit „mangelhaft“ oder „ungenügend“ bewertet worden, so ist die Beamtin oder der Beamte von der mündlichen Prüfung ausgeschlossen und hat die Aufstiegsprüfung nicht bestanden.

(3) Die mündliche Prüfung erstreckt sich auf die in § 37 Abs. 5 genannten Lerngebiete. Sie ist vor allem eine Verständnisprüfung. Fragen nach nebensächlichen Einzelheiten oder aus entlegenen Wissensgebieten sollen unterbleiben.

(4) Für die Aufstiegsprüfung gelten im Übrigen die §§ 20 bis 22, 23 Abs. 2 bis 7, 24, 26 Abs. 1 bis 3, Abs. 5, 27 bis 31 und 33 mit der Maßgabe, dass nur ein Prüfungsausschuss gebildet wird, und zwar bei dem Oberlandesgericht Hamm. § 28 Abs. 5 gilt ferner nur mit der Maßgabe, dass die Punktzahl der Bewertung jeder Aufsichtsarbeit mit 18 zu multiplizieren ist.

§ 44
Wiederholung der Prüfung

(1) Wer die Prüfung nicht bestanden hat, darf sie einmal wiederholen; einzelne Prüfungsleistungen können nicht erlassen werden. § 43 Abs. 2 findet Anwendung.

(2) Die weitere Einführungszeit beträgt höchstens drei Monate. Art und Dauer bestimmt die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts. Sie oder er soll dabei die Vorschläge des Prüfungsausschusses berücksichtigen.

(3) Wer die Aufstiegsprüfung endgültig nicht bestanden hat, übernimmt wieder eine seinem Amt entsprechende Tätigkeit im Justizwachtmeisterdienst.

§ 45
Ernennung

(1) Wer die Aufstiegsprüfung bestanden hat, kann zur Justizsekretärin oder zum Justizsekretär ernannt werden.

(2) Mit der Ernennung wird die Berechtigung zum Führen der Berufsbezeichnung nach § 1 Abs. 2 erworben.

Siebter Abschnitt
Fachgerichtsbarkeiten

§ 46
Anwendung in der Verwaltungs-, Sozial-, Finanz- und Arbeitsgerichtsbarkeit

(1) Diese Ausbildungs- und Prüfungsordnung findet auf Anwärterinnen und Anwärter, die für den mittleren Dienst in der Verwaltungs-, Sozial-, Finanz- und Arbeitsgerichtsbarkeit ausgebildet werden, mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1. Bewerbungsgesuche (§ 3) sind an die Präsidentin oder den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen, der Finanzgerichte oder der Landesarbeitsgerichte zu richten.

2. § 6 Abs. 1 Satz 2 bzw. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 gilt für Verwaltungs- und Regierungsangestellte entsprechend.

3. Die Entscheidung nach § 6 Abs. 4 bzw. § 16 Abs. 3 trifft die Präsidentin oder der Präsident des Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein - Westfalen, des Landessozialgerichts Nordrhein - Westfalen, des Finanzgerichts oder des Landesarbeitsgerichts im Benehmen mit der Präsidentin oder dem Präsidenten des Oberlandesgerichts.

4. An die Stelle des in § 23 Abs. 1 Nr. 2 genannten Aufgabenschwerpunkts tritt ein Aufgabenschwerpunkt aus der Fachgerichtsbarkeit, für die ausgebildet wird.

(2) Soweit der Vorbereitungsdienst nicht im Sinne des dritten Abschnittes dieser Verordnung verkürzt ist, gliedert er sich für die Anwärterinnen und Anwärter, die für den mittleren Dienst in den genannten Fachgerichtsbarkeiten ausgebildet werden, im dritten bis fünften Abschnitt (§ 7 Nr. 3) wie folgt:

1. acht Monate praktische Ausbildung bei einem Amtsgericht,

2. zwei Monate praktische Ausbildung bei einem Landgericht und

3. drei Monate praktische Ausbildung bei einem Gericht der Fachgerichtsbarkeit, für die ausgebildet wird.

(3) Die Anwärterinnen und Anwärter nehmen während der praktischen Ausbildung bei ihrer Fachgerichtsbarkeit weiter an dem Begleitunterricht und an den Übungen der ordentlichen Gerichtsbarkeit (§ 10) teil.

Achter Abschnitt
Regelung für behinderte Menschen

§ 47
Regelung für behinderte Menschen

Behinderten Menschen sind - unabhängig von der Zuerkennung einer Schwerbehinderung im Sinne des Sozialgesetzbuchs IX - bei der Erbringung von Leistungen während des Vorbereitungsdienstes, der Einführungszeit und des Aufstiegslehrgangs sowie für die Teilnahme an der Laufbahn- bzw. Aufstiegsprüfung die ihrer Behinderung angemessenen Erleichterungen zu gewähren. Art und Umfang der Erleichterungen sind mit den behinderten Menschen zu erörtern. Die Erleichterungen dürfen nicht zu einer qualitativen Herabsetzung der Anforderungen führen. Bei schwerbehinderten und diesen gleichgestellten behinderten Menschen im Sinne von Teil 2 des Sozialgesetzbuches IX ist die zuständige Schwerbehindertenvertretung rechtzeitig zu informieren und anzuhören. § 23 Abs. 4 bleibt unberührt.

Neunter Abschnitt
Schluss- und Übergangsvorschriften

§ 48
Ausnahmebestimmung

Von der Einstellungsvoraussetzung des § 2 Abs. 1 Nr. 2 kann das Justizministerium Ausnahmen zulassen. Soweit erforderlich führt das Justizministerium Ausnahmegenehmigungen des Innen- und Finanzministeriums gem. § 84 LVO herbei.

§ 49
In-Kraft-Treten; Übergangsvorschrift

(1) Diese Verordnung tritt am 1. November 2005 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Verordnung über die Ausbildung und Prüfung für die Laufbahn des mittleren Justizdienstes des Landes Nordrhein-Westfalen vom 18. Januar 2000 (GV. NRW. S. 44), zuletzt geändert durch Artikel 31 des Vierten Befristungsgesetzes vom 5. April 2005 (GV. NRW. S. 332), außer Kraft.

(2) Unbeschadet des Absatzes 1 gelten für Justizsekretäranwärterinnen und Justizsekretäranwärter sowie für Aufstiegsbeamtinnen und Aufstiegsbeamte, die sich bei In-Kraft-Treten dieser Verordnung bereits in der Ausbildung befinden, die Regelungen der Verordnung vom 18. Januar 2000 (GV. NRW. S. 44), zuletzt geändert durch Artikel 31 des Vierten Befristungsgesetzes vom 5. April 2005 (GV. NRW. S. 332), fort.

§ 50
Berichtspflicht

Das Justizministerium berichtet der Landesregierung bis zum 31. Dezember 2010 zu der Frage, ob Teile dieser Verordnung aufgehoben oder geändert werden sollen.

Düsseldorf, den 12. September 2005

Die Justizministerin
des Landes Nordrhein-Westfalen

M ü l l e r-P i e p e n k ö t t e r

GV. NRW. 2005 S. 804