Ausführungsgesetz zum Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz (AGTierNebG NRW)
7831
Ausführungsgesetz
zum Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz
(AGTierNebG NRW)
Vom
15. Februar 2005
Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen,
das hiermit verkündet wird:
Ausführungsgesetz
zum Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz
(AGTierNebG NRW)
§
1
Verarbeitung und Beseitigung
tierischer Nebenprodukte
(1) Die Kreise und kreisfreien
Städte sind beseitigungspflichtige Körperschaften des öffentlichen Rechts im
Sinne von § 3 Abs. 1 des Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetzes (TierNebG)
vom 25. Januar 2004 (BGBl. I S. 82) in der jeweils geltenden Fassung. Sie
können einen Dritten für die Beseitigung der in ihrem Zuständigkeitsgebiet
anfallenden tierischen Nebenprodukte bestimmen.
(2) Zweckverbände als
Körperschaften des öffentlichen Rechts können durch Zusammenschluss
beseitigungspflichtiger Körperschaften gebildet werden. Mit der Entstehung
eines Zweckverbandes ist dieser im Sinne von § 3 Abs. 1 TierNebG zur
Tierkörperbeseitigung verpflichtet.
§ 2
Einzugsbereiche
(1) Den Einzugsbereich nach § 6
Abs. 1 TierNebG bildet das Gebiet des Landes Nordrhein-Westfalen.
(2) Das für die Verarbeitung und
Beseitigung von nicht für den menschlichen Verzehr bestimmten tierischen
Nebenprodukten zuständige Ministerium des Landes Nordrhein-Westfalen
(Ministerium) wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung eine von Absatz 1
abweichende Einzugsbereichsregelung festzulegen, soweit dies zur Gewährleistung
einer geordneten und für die Kreise und kreisfreien Städte sowie für die
Verursacher von tierischen Nebenprodukten finanziell vorteilhaften Entsorgung,
zur Wahrung der Leistungsfähigkeit von Einrichtungen nach § 3 TierNebG oder aus
Gründen der Gemeinschaftsinteressen geboten ist.
(3) Die Beauftragung eines Dritten
nach § 3 Abs. 1 Satz 3 TierNebG sowie die Beleihung nach § 3 Abs. 2 TierNebG
bedürfen nach dem Auslaufen der vor dem In-Kraft-Treten dieses Gesetzes
bestehenden öffentlich-rechtlichen Entsorgungsverträge oder aufgrund der
Kündigung eines solchen Vertrages der Genehmigung der für den beseitigungspflichtigen
Kreis oder die beseitigungspflichtige kreisfreie Stadt zuständigen
Bezirksregierung. Die Genehmigung darf insbesondere nur erteilt werden, wenn
1. eine den Erfordernissen einer
ordnungsgemäßen Verarbeitung und Beseitigung tierischer Nebenprodukte gerecht
werdende Entsorgungsstruktur gewährleistet bleibt, insbesondere der in dem
Gebiet vorhandenen Tierpopulation, dem Anfall von Schlachtnebenprodukten, den
Verkehrsverhältnissen, der Zahl und Leistungsfähigkeit der vorhandenen
Verarbeitungsbetriebe für tierische Nebenprodukte und der Kapazitätsreserven
für außergewöhnliche Situationen Rechnung getragen wird, und
2. das Entsorgungsunternehmen einen
Verarbeitungsbetrieb im Sinne von Anhang I Nummer 9 oder Nummer 11 der
Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3.
Oktober 2002 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr
bestimmte tierische Nebenprodukte (ABl Nr. L 273 S. 0001) in der jeweils
geltenden Fassung (Verordnung (EG) Nr. 1774/2002) in Nordrhein-Westfalen
betreibt oder zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Gesetzes bereits mit
der Beseitigung und Verarbeitung von tierischen Nebenprodukten nach § 3 Abs. 1
TierNebG beauftragt oder mit dieser Aufgabe nach § 3 Abs. 2 TierNebG beliehen ist,
und
3. der entsprechende Vertrag eine
Laufzeit von höchstens acht Jahren, bei einer Verlängerung eines solchen
Vertrages eine Laufzeit von höchstens fünf Jahren vorsieht, und
4. der Auftragnehmer aufgrund der
geltenden öffentlich-rechtlichen Vergabevorschriften ermittelt worden ist und
5. sonstige Belange des
öffentlichen Interesses nicht entgegenstehen.
(4) Tierkörper von Heimtieren nach
Artikel 2 Buchstabe h) der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 unterfallen nicht dem
Einzugsbereich nach Absatz 1 und nicht der Pflicht zum Abholen, Sammeln,
Befördern, Lagern, Behandeln und Verarbeiten durch einen Verarbeitungsbetrieb,
wenn sie
1. auf hierfür besonders
zugelassenen Plätzen oder Anlagen vergraben oder
2. auf eigenem Gelände, nicht
jedoch in Wasserschutzgebieten und nicht in unmittelbarer Nähe öffentlicher
Wege und Plätze vergraben werden, oder
3. durch Verbrennen in einer
zugelassenen Verbrennungsanlage gemäß Artikel 4 Abs. 2a) der Verordnung (EG)
Nr. 1774/2002 beseitigt werden.
(5) Tierkörper von anderen Tieren
als Heimtieren unterfallen nicht dem Einzugsbereich nach Absatz 1 und nicht der
Pflicht zum Abholen, Sammeln, Befördern, Lagern, Behandeln und Verarbeiten
durch einen Verarbeitungsbetrieb, wenn sie zu diagnostischen Zwecken an eine
tierärztlich geleitete Untersuchungsstelle verbracht werden.
§ 3
Behörden
(1) Zuständige Behörde für die
Entscheidung über Anträge nach Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 für
den innergemeinschaftlichen Handel mit Material der Kategorie 1 oder der
Kategorie 2, von verarbeiteten Erzeugnissen aus Material der Kategorie 1 oder
der Kategorie 2 und von verarbeitetem tierischen Eiweiß ist das Ministerium.
Bestimmen im Falle des Absatzes 2 Nr. 3 mehrere Bezirksregierungen den gleichen
Betrieb, so bestimmt das Ministerium eine der betroffenen Bezirksregierungen
als federführend für die den Bezirksregierungen nach diesem Gesetz zugewiesenen
Zuständigkeiten.
(2) Zuständige Behörde im Sinne des
TierNebG ist die Bezirksregierung für
1. die Genehmigung der Beauftragung
nach § 3 Abs. 1 TierNebG sowie für die Genehmigung der Übertragung der Pflicht
nach § 3 Abs. 2 TierNebG zur Abholung, Sammlung, Beförderung, Lagerung,
Behandlung, Verarbeitung oder Beseitigung von tierischen Nebenprodukten,
2. die Verpflichtung eines
Betriebes gemäß § 3 Abs. 3 TierNebG, einem anderen Beseitigungspflichtigen
vorübergehend die Mitbenutzung zu gestatten,
3. die Bestimmungen gemäß § 6 Abs.
2 TierNebG, Rohmaterial auch in Betrieben außerhalb des jeweiligen
Einzugsbereiches zu behandeln, zu verarbeiten und zu beseitigen,
4. die Zulassung von Anlagen gemäß
Artikel 10 bis 15, 17 und 18 der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 und der darauf
basierenden unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft,
5. Zulassungen gemäß der
Entscheidung der Kommission vom 12. Mai 2003 betreffend Übergangsmaßnahmen
gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 des Europäischen Parlaments und des
Rates hinsichtlich der Verwendung von Küchen- und Speiseabfällen der Kategorie
3 in für Schweine bestimmten Futtermitteln sowie hinsichtlich des Verbots der
Verwertung innerhalb derselben Tierart bei der Fütterung von Schweinen mit
Spültrank (Entscheidung 2003/328/EG) sowie darauf basierender weiterer
rechtlicher Bestimmungen.
(3) Im Übrigen ist die Kreisordnungsbehörde
zuständige Behörde; sie ist auch zuständig für die Überwachung von Betrieben
nach der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002. Sie hat sich bei der
maschinentechnischen Überwachung der Anlagen zur Beseitigung von tierischen
Nebenprodukten der Kategorien 1 und 2 eines Sachverständigen des Landes oder
eines vom Land beliehenen Unternehmens zu bedienen. Die nach § 5 TierNebG zu
entnehmenden Proben sind in staatlichen Untersuchungseinrichtungen oder unter
deren Aufsicht zu untersuchen.
(4) Die Zuständigkeiten für die
Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten gemäß § 14 TierNebG richten
sich nach den Vorschriften des Ordnungswidrigkeitengesetzes. Abweichend von §
37 Ordnungswidrigkeitengesetz ist die für den Standort der Anlage zuständige
Kreisordnungsbehörde zuständig für die Verfolgung und Ahndung von
Ordnungswidrigkeiten im Verantwortungsbereich eines Betriebs zur Verarbeitung
und Beseitigung von tierischen Nebenprodukten.
§ 4
Entschädigung
Stellt eine Maßnahme nach diesem
Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes eine Enteignung oder einen
enteignungsgleichen Eingriff dar, so ist dafür eine angemessene Entschädigung
in Geld zu gewähren.
§ 5 Schiedsverfahren
(1) Ist eine von der zuständigen Behörde getroffene
Maßnahme gemäß § 4 zwischen ihr und dem Betroffenen streitig, so können beide
Parteien einvernehmlich den Streit durch den Schiedsspruch eines
Sachverständigen schlichten lassen. Die Streitigkeit ist binnen eines Monats
nach Bekanntgabe der Maßnahme einem Sachverständigen zu unterbreiten, der in
einem vom Ministerium erstellten Verzeichnis aufgeführt ist.
(2) Auf den Schiedsvertrag und das
schiedsrichterliche Verfahren finden die Vorschriften der §§ 1025 bis 1065 der
Zivilprozessordnung entsprechende Anwendung. Gericht im Sinne des § 1063 der
Zivilprozessordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, für
Rechtsbeschwerden im Sinne des § 1065 der Zivilprozessordnung ist das
Oberverwaltungsgericht zuständig. Abweichend von § 1059 Abs. 3 Satz 1 der
Zivilprozessordnung muss der Aufhebungsantrag innerhalb eines Monats bei
Gericht eingereicht werden.
§ 6
Gebühren, Entgelte und Vergütungen
(1) Für das Einsammeln, die
Lagerung, Verarbeitung und Beseitigung von tierischen Nebenprodukten
einschließlich Transport im Sinne von § 3 Abs. 1 und Abs. 2 TierNebG können
Gebühren oder Entgelte erhoben werden. Von der Erhebung von Gebühren oder
Entgelten kann mit Zustimmung des Beseitigungspflichtigen gemäß § 1 Abs. 1 Satz
1 abgesehen werden bei toten Fundtieren, herrenlosen Tierkörpern, wie
Tierkörpern von frei lebenden Wildtieren, sowie bei geringen Mengen von
Schlachtabfällen.
(2) Beseitigungspflichtige
Körperschaften nach § 3 Abs. 1 TierNebG können vom Besitzer der tierischen
Nebenprodukte Gebühren gemäß § 6 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen
(KAG) vom 21. Oktober 1969 (GV. NRW. S. 712) in der jeweils geltenden Fassung
auf der Grundlage einer Satzung erheben, sofern nicht ein privatrechtliches
Entgelt gefordert wird.
(3) Inhaber von Betrieben zur
Verarbeitung und Beseitigung von tierischen Nebenprodukten gemäß § 3 TierNebG,
denen die Pflicht zur Beseitigung nach § 3 Abs. 2 TierNebG übertragen ist,
können für die Beseitigung vom Besitzer ein privatrechtliches Entgelt verlangen.
(4) Übersteigen die Erlöse für
Erzeugnisse aus tierischen Nebenprodukten, für die eine Überlassungspflicht
nach § 7 Abs. 4 TierNebG besteht, die Kosten für die Verarbeitung und
Beseitigung nicht unerheblich, so ist dem Besitzer eine Vergütung zu bezahlen.
Die Höhe der Vergütung darf nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zu
den Erlösen aus der Verarbeitung der tierischen Nebenprodukte stehen.
(5) Die Entgelte nach Absatz 3 sind
durch besondere Tarife der Unternehmen nach § 3 Abs. 1 und Abs. 2 TierNebG zu
regeln, die jährlich der Genehmigung durch die für deren Sitz zuständige
Bezirksregierung bedürfen. Hierzu ist sie berechtigt, Bücher, Belege und
sonstige Geschäftsunterlagen von den Unternehmen anzufordern sowie die
Endkalkulation durch örtliche Erhebungen und Besichtigungen der Betriebe zu prüfen
oder durch Beauftragte prüfen zu lassen. Die Unternehmen haben die
erforderlichen Unterlagen bereit zu halten und die notwendigen Auskünfte zu
erteilen. Für die Entgelte gelten die Selbstkostenpreisvorschriften der §§ 5
ff. der Verordnung über die Preise bei öffentlichen Aufträgen vom 21. November
1953 (VO PR 30/53) und die Leitsätze für die Preisermittlung aufgrund von
Selbstkosten (LSP) unter Zugrundelegung eines kalkulatorischen Gewinns von
maximal 4 % auf die Selbstkosten. Die Nachweise sind entsprechend der VO PR
30/53 und der LSP zu führen. Bei der Vergabe von Unteraufträgen ist mit dem
Auftragnehmer ein Selbstkostenpreis gemäß VO PR 30/53 und ein entsprechendes
Prüfrecht für die zuständige Bezirksregierung zu vereinbaren. Die
Tierseuchenkasse erhält von der zuständigen Bezirksregierung eine Ausfertigung
des Gutachtens, wenn sie Gebühren oder Entgelte ganz oder teilweise erstattet.
(6) Die genehmigten Tarife sind von
der Bezirksregierung im Amtlichen Mitteilungsblatt bekannt zu machen. Die genehmigten
und veröffentlichten Tarife sind für alle Beteiligten verbindlich.
(7) Abweichend von Absatz 2 und
Absatz 3 werden für die Verarbeitung und die Beseitigung von Tierkörpern von im
Betrieb verendetem und von tot geborenem Vieh im Sinne des Tierseuchengesetzes
von den Tierbesitzern Gebühren oder Entgelte in Höhe von 25 % der dabei in
einem Betrieb nach § 3 TierNebG entstehenden Kosten für die Verarbeitung und
Beseitigung solcher Tierkörper erhoben. Sofern eine Beihilfe für das
Inkassoverfahren gemäß § 11 Ausführungsgesetz zum Tierseuchengesetz (AG-TierSG-NW) vom 29. November 1984 (GV. NRW. S. 754, ber. 1985 S. 325) in der
jeweils geltenden Fassung gewährt wird, werden diese
Beträge durch die Tierseuchenkasse zur Erstattung an die Unternehmen eingezogen.
Die verbleibenden Kosten tragen die Kreise und kreisfreien Städte, soweit nicht
ein anderer Kostenträger eintritt. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für
Schlachtvieh im Sinne des Tierseuchengesetzes; diese Beseitigungskosten haben
die Schlachtstätten zu tragen.
(8) Die Unternehmen nach § 3 Abs. 1
und Abs. 2 TierNebG haben mindestens einmal jährlich den entsorgungspflichtigen
Kreisen und kreisfreien Städten eine Auflistung der in ihrem
Zuständigkeitsbereich anfallenden Tierkörper von Falltieren, aufgeschlüsselt
nach Tierart und Herkunftsbetrieb, vorzulegen. Bei Bedarf können die
Kreisordnungsbehörden, die Bezirksregierungen sowie die Tierseuchenkasse auch
verlangen, dass ihnen unverzüglich eine tierart-spezifische Auflistung der für
die jeweilige erhöhte Seuchengefahr relevanten Falltiere für ihren
Zuständigkeitsbereich zur Verfügung gestellt wird.
(1) Dieses Gesetz tritt mit Wirkung
vom 1. Januar 2005 in Kraft.
(2) Gleichzeitig tritt das
Landestierkörperbeseitigungsgesetz (LTierKBG) vom 15. Juli 1976 (GV. NRW. S. 267), zuletzt geändert durch Gesetz vom 30. März 2004 (GV. NRW. S. 153), außer
Kraft.
(3) Die Landesregierung berichtet
dem Landtag fünf Jahre nach In-Kraft-Treten dieses Gesetzes über den Vollzug.
(4) Rechtmäßig befristete
öffentlich-rechtliche Entsorgungsverträge, die vor dem In-Kraft-Treten dieses
Gesetzes bereits bestanden, enden mit Ablauf der vertraglich vereinbarten
Mindestlaufzeit. Satz 1 gilt sinngemäß für die Übertragung von
Beseitigungspflichten. Enden Entsorgungsverträge vor diesem Zeitpunkt, gilt die
Übertragung mit dem Ende des Vertrages im Sinne von § 43 Abs. 2
Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen vom 12. November 1999 (GV. NRW. S. 602) in der jeweils geltenden Fassung als erledigt.
Düsseldorf, den 15. Februar 2005
Die
Landesregierung
Nordrhein-Westfalen
Der
Ministerpräsident
PeerS t e i n b r ü c k
(L. S.)
Die
Ministerin
für Umwelt und Naturschutz,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz
BärbelH ö h n
GV.
NRW. 2005 S. 95
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