Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2005 Nr. 30 vom 30.6.2005 Seite 747 bis 760
Grundsätze über die Auskunfts- und Geheimhaltungspflichten der Beschäftigten der Arbeitsschutzverwaltung RdErl. d. Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit v. 6.6.2005 - 225/S - 1460.1 - |
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Normkopf Norm Normfuß |
Grundsätze über die Auskunfts- und Geheimhaltungspflichten der Beschäftigten der Arbeitsschutzverwaltung RdErl. d. Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit v. 6.6.2005 - 225/S - 1460.1 -
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Grundsätze über die
Auskunfts- und
Geheimhaltungspflichten der Beschäftigten
der Arbeitsschutzverwaltung
RdErl. d. Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit v. 6.6.2005
- 225/S - 1460.1 -
Teil 1:
Die Auskunfts- und
Geheimhaltungspflichten der Beschäftigten der Arbeitsschutzverwaltung richten
sich nach den folgenden Grundsätzen:
Gliederung
I.
Arbeitsschutzrechtliche Geheimhaltungsvorschriften
1. Grundsätzliches zu
Auskunftsverlangen
2. Entwicklung, Gegenstand und Zweck
der Geheimhaltungspflicht
3. Anwendungsbereich; Abgrenzung der Vorschriften
voneinander; Verweis auf Umweltinformationsgesetz
4. Voraussetzungen des § 23 Abs. 2
Arbeitsschutzgesetz
5. Voraussetzungen des § 139 b Abs. 1 Satz
3 Gewerbeordnung
6. Ausnahmen und Befreiung von den
Geheimhaltungspflichten
6.1 Entbindung von der
Verschwiegenheitspflicht
6.2 Allgemeine Mitteilungen ohne Bezug
auf geheimhaltungspflichtige Tatsachen
6.3 Mitteilungen zu statistischen
Zwecken
6.4 Mitteilungen aufgrund von Weisungen
6.5 Mitteilungen gegenüber
Arbeitsschutzbehörden
7. Folgen eines Verstoßes gegen die
Geheimhaltungspflicht
II.
Arbeitsschutzrechtliche Unterrichtungspflichten
1. Unterrichtungs- und
Zusammenarbeitspflicht des § 23 Abs. 3 Arbeitsschutzgesetz
2. Unterrichtungs- und
Zusammenarbeitspflicht des § 139 b Abs. 7 und 8 Gewerbeordnung
3. Zusammenarbeitspflicht des § 21 Abs.
3 Arbeitsschutzgesetz
4. Informations- und
Unterstützungspflicht des § 8 Abs. 10 Geräte- und Produktsicherheitsgesetz
III.
Regelungen aus anderen Rechtsgebieten
1. Umweltinformationsgesetz
1.1 Anspruch nach § 3 Abs. 1
1.2 Ablehnungsgründe nach §§ 8, 9
2. Informationsfreiheitsgesetz
2.1 Jedermanns Recht nach § 4 Abs. 1
2.2 Verhältnis zu anderen
Informationsrechten
2.3 Verhältnis zu
arbeitsschutzrechtlichen Geheimhaltungsvorschriften
2.4 Ausschluss und Beschränkungen nach
§§ 6 - 9
3. Verwaltungsverfahrensgesetz
3.1 Akteneinsichtsrecht nach § 29 Abs.
1 und 3
3.2 Ausschluss und Beschränkungen nach
§§ 29 Abs. 2, 3 b
3.3 Amtshilfe nach §§ 4 ff
4. Datenschutzgesetz
4.1 Auskunfts- und
Einsichtsrechte nach § 18 Abs. 1 und 2
4.2 Ausschluss nach
§ 18 Abs. 3
4.3 Übermittlung
personenbezogener Daten an andere als den Betroffenen
5.
Ordnungswidrigkeitengesetz
6. Pressegesetz
7. Verfassung des
Landes
8. Gesetz über den
Feuerschutz und die Hilfeleistung
IV.
Auskunftsersuchen von Gerichten und Verfolgungsbehörden
1. Auskunftsersuchen
von Strafgerichten und Verfolgungsbehörden
2. Auskunftsersuchen
von Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichten
3. Auskunftsersuchen
anderer Gerichte
V.
Aussagen vor Gericht als Zeuge oder Sachverständiger
1. Aussagen vor
Strafgerichten, Staatsanwaltschaften und Finanzgerichten in Steuerstrafsachen
2. Aussagen vor
Zivil-, Arbeits-, Verwaltungs- und Sozialgerichten sowie vor Ausschüssen des
Landtags
3. Regelungen für
Angestellte und Arbeiter
I.
Arbeitsschutzrechtliche Geheimhaltungsvorschriften
1
Grundsätzliches zu Auskunftsverlangen
An die Arbeitsschutzverwaltung werden von
verschiedenen Seiten (z.B. anderen Behörden, Gerichten, Staatsanwaltschaften,
Beteiligten von Verwaltungsverfahren, Rechtsanwälten, Berufsgenossenschaften,
Interessenvertretern, Pressevertretern, Bürgern) Wünsche nach
Auskunftserteilung, Stellungnahme und/oder Akteneinsicht herangetragen. Die
Bearbeitung solcher Anfragen erfordert zunächst eine Prüfung, ob eine
Anspruchsgrundlage (III.) für die Erteilung der entsprechenden Informationen
besteht. Ein allgemeines Akteneinsichts- und Informationszugangsrecht gibt es
aufgrund des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG NRW) vom 27. November 2001 (SGV. NRW. 2010) in der jeweils geltenden Fassung sowie für den Zugang zu
Umweltinformationen aufgrund des Umweltinformationsgesetzes (UIG) in der
Fassung der Bekanntmachung vom 22. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3704) in der
jeweils geltenden Fassung.
Die §§ 139 b Abs. 1 Satz 3
Gewerbeordnung (GewO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Februar 1999
(BGBl. I S. 262) in der jeweils geltenden Fassung und 23 Abs. 2 Arbeitsschutzgesetz
(ArbSchG) vom 07. August 1996 (BGBl. I S. 1246) in der jeweils geltenden
Fassung enthalten spezielle Regelungen, die den dort genannten Bediensteten
besondere Geheimhaltungspflichten auferlegen. Es ist deshalb in einem weiteren
Schritt sorgfältig zu prüfen, ob einem geltend gemachten Anspruch auf
Informationsweitergabe nicht diese besonderen Geheimhaltungspflichten
entgegenstehen.
2
Entwicklung, Gegenstand und Zweck der Geheimhaltungspflicht
Nach § 139 b Abs. 1 Satz 3 GewO sind
die von den Landesregierungen zu ernennenden besonderen Beamten - das sind in
Nordrhein-Westfalen die Bediensteten der Arbeitsschutzverwaltung, denen die
Befugnisse nach § 139 b GewO übertragen worden sind - grundsätzlich zur
Geheimhaltung der amtlich zu ihrer Kenntnis gelangenden Geschäfts- und
Betriebsverhältnisse der ihrer Besichtigung und Prüfung unterliegenden Anlagen
verpflichtet.
Mit In-Kraft-Treten des ArbSchG im
Jahre 1996 hat § 139 b GewO weitgehend an Bedeutung verloren, die maßgebliche
Norm im Hinblick auf die Geheimhaltungspflicht ist nunmehr § 23 Abs. 2 ArbSchG.
Danach sind die mit der Überwachung beauftragten Personen (hierbei handelt es
sich um denselben Personenkreis, der auch in § 139 b GewO angesprochen ist) -
vorbehaltlich der besonderen gesetzlich geregelten Fälle - zur Geheimhaltung
der ihnen bei ihrer Überwachungstätigkeit zur Kenntnis gelangenden Betriebs-
und Geschäftsgeheimnisse verpflichtet.
Beide Regelungen dienen der
vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen den Bediensteten der
Arbeitsschutzverwaltung und den Unternehmern/Arbeitgebern und kommen damit im
Ergebnis auch den Belangen des Arbeitsschutzes zugute. Daneben haben sie den
Zweck, ähnlich wie beim Steuergeheimnis den Unternehmer/Arbeitgeber vor
unbefugter Bekanntgabe von betrieblichen Gegebenheiten und damit vor möglichen
wirtschaftlichen Nachteilen zu schützen.
3
Anwendungsbereich; Abgrenzung der Vorschriften voneinander; Verweis auf das UIG
Die Vorschriften des § 139 b GewO und §
23 ArbSchG stehen gleichrangig nebeneinander. § 139 b GewO gilt jedoch nur
noch in solchen Bereichen, in denen die Rechte und Pflichten der Bediensteten
durch Verweisung auf § 139 b GewO geregelt sind. Derartige Verweisungen finden
sich derzeit in
- § 19 Abs. 1 Satz 3
des Atomgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Juli 1985 (BGBl. I
S. 1565) in der jeweils geltenden Fassung,
- § 20 Abs. 2 des Mutterschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom
17. Januar 1997 (BGBl. I S. 22) in der jeweils geltenden Fassung,
- § 22 Abs. 2 des Ladenschlussgesetzes vom 28. November 1956 (BGBl. I S. 875)
in der jeweils geltenden Fassung,
- § 3 Abs. 2 des Heimarbeitsgesetzes vom 14. März 1951 (BGBl. I S. 191) in der
jeweils geltenden Fassung.
§ 23 Abs. 2 ArbSchG
gilt für die Überwachungstätigkeit im Rahmen dieses Gesetzes und der aufgrund
des Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen. Dies sind z.B. die
Betriebssicherheitsverordnung, Bildschirmarbeitsverordnung,
Lastenhandhabungsverordnung, Arbeitsstättenverordnung, Biostoffverordnung und
die Baustellenverordnung. Daneben gilt § 23 Abs. 2 ArbSchG über die
Verweisvorschrift des § 18 Abs. 1 Geräte- und Produktsicherheitsgesetz
(GPSG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 09. Januar 2004 (BGBl. I S.
2) in der jeweils geltenden Fassung auch für die Aufsicht über die nach § 14
GPSG erlassenen Rechtsverordnungen.
In anderen
Bereichen, in denen die Arbeitsschutzverwaltung ebenfalls ganz oder teilweise
zuständig ist, gelten dagegen mangels Verweisung auf § 139 b GewO oder
§ 23 ArbSchG nur die allgemeinen Bestimmungen über die Verschwiegenheit,
z.B. § 3 b Verwaltungsverfahrensgesetz NRW (VwVfG) in der Fassung der
Bekanntmachung vom 12. November 1999 (SGV. NRW. 2010) in der jeweils geltenden
Fassung, §§ 64 ff Landesbeamtengesetz NRW (LBG) in der Fassung der
Bekanntmachung vom 01. Mai 1981 (SGV. NRW. 2030) in der jeweils geltenden
Fassung, § 9 des Bundes-Angestellten-Tarifvertrages (BAT) vom 23. Februar
1961 in der jeweils geltenden Fassung und §§ 203 ff Strafgesetzbuch (StGB).
Solche Bereiche sind z.B. das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) vom 12.
April 1976 (BGBl. I S. 965) in der jeweils geltenden Fassung, das
Fahrpersonalgesetz (FPersG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar
1987 (BGBl. I S. 640) in der jeweils geltenden Fassung oder das
Sprengstoffgesetz (SprengG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. April
1986 (BGBl. I S. 577) in der jeweils geltenden Fassung. Das bedeutet, dass sich
die Frage der Verschwiegenheit im Einzelfall nach den jeweiligen
materiell-rechtlichen Vorschriften richtet. Eine Regelung eigener Art enthält
im Bereich der Gentechnik § 17 a des Gentechnikgesetzes (GenTG) in der Fassung
der Bekanntmachung vom 16. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2066) in der jeweils
geltenden Fassung.
Sowohl in § 139 b
Abs. 1 Satz 4 GewO als auch in § 23 Abs. 2 Satz 2 ArbSchG ist festgelegt, dass
sich die Befugnis, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse bzw. Betriebs- oder
Geschäftsverhältnisse zu offenbaren, nach dem UIG richtet, sofern es sich um
Informationen über die Umwelt im Sinne des UIG handelt. Das bedeutet, dass auch
- nachdem festgestellt wurde, dass ein Betriebs- oder Geschäftsverhältnis bzw. ‑geheimnis
vorliegt - eine Offenbarungsbefugnis oder Offenbarungspflicht aufgrund des UIG
bestehen kann (siehe III.1.).
4
Voraussetzungen des § 23 Abs. 2 ArbSchG
§ 23 Abs. 2 ArbSchG
schützt Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse vor unbefugter Offenbarung. Der
Begriff ist nicht deckungsgleich mit dem in § 139 b Abs. 1 Satz 3 GewO
verwendeten der Betriebs- und Geschäftsverhältnisse, sondern enger. Regelmäßig
wird nur ein kleiner Teil der den Arbeitsschutzbehörden bekannten Betriebs- und
Geschäftsverhältnisse als schützenswertes Geheimnis einzustufen sein. Das ist
dann der Fall, wenn die Tatsachen nur einem begrenzten Personenkreis bekannt
sind und der Betriebsinhaber ein schutzwürdiges Interesse daran hat, dass dies
so bleibt, weil eine Aufdeckung der Tatsachen geeignet wäre, dem
Geheimnisträger wirtschaftlichen Schaden zuzufügen. Geheimnisse in diesem Sinne
können - je nach Lage des Einzelfalles - z.B. sein:
- die Anwendung bestimmter Arbeitsverfahren, auch wenn die Verfahren als solche
bekannt sind,
- Bauhinweise von Geräten oder Maschinen,
- Ausschreibungsunterlagen,
- Kundenlisten.
Die Vorschrift wendet sich unmittelbar
nur an die "mit der Überwachung beauftragten Personen" der Arbeitsschutzverwaltung.
Das sind diejenigen, zu deren dienstlichen Aufgaben die Überwachung des ArbSchG
und der zugehörigen Rechtsverordnungen gehört. Dem Schutzziel der Vorschrift
entsprechend sind auch diejenigen Bediensteten der Arbeitsschutzverwaltung von der
Vorschrift zu erfassen, die zwar nicht selbst mit der Überwachung beauftragt
sind, aber von den beauftragten Personen Kenntnis von Geheimnissen erhalten
haben. Dies gilt auch dann, wenn die Kenntnisnahme mittelbar durch Aktenstudium
erfolgt.
Geschützt sind nur Geheimnisse, die bei
der Überwachungstätigkeit bekannt werden. Überwachungstätigkeit ist die
Kontrolle der Einhaltung der Bestimmungen des ArbSchG und der darauf gestützten
Verordnungen z.B. im Rahmen von Revisionen, Unfalluntersuchungen oder der
Durchführung von Programmen sowie der Bearbeitung von Anzeigen; die Beratung
des Arbeitgebers gemäß § 21 Abs. 1 Satz 2 ArbSchG und das Ergreifen
behördlicher Maßnahmen (Revisionsschreiben und Ordnungsverfügungen). Nicht von
der Vorschrift geschützt sind dagegen Geheimnisse, die allein bei der
Durchführung von bzw. Beteiligung an Genehmigungsverfahren (Erlaubnis- bzw.
Bewilligungsverfahren) zur Kenntnis gelangen. Hier erfolgt der Schutz über die
Vorschrift des § 3 b VwVfG NRW (siehe III.3.).
Die Offenbarung von Betriebs- und
Geschäftsgeheimnissen ist gemäß § 23 Abs. 2 Satz 1 ArbSchG in vier Fällen
zulässig:
- In den gesetzlich
geregelten Fällen. In Betracht kommt insoweit der Katalog des § 23
Abs. 3 ArbSchG (siehe II. 1) und § 21 Abs. 3 ArbSchG (siehe II.3).
- Zur Verfolgung von
Gesetzwidrigkeiten. Dabei handelt es sich um Straftaten, Ordnungswidrigkeiten
sowie solche Tatsachen, die Verfahren gemäß § 35 GewO zur Folge haben können.
Die Gesetzwidrigkeiten müssen solche Rechtsgebiete betreffen, in denen § 23
Abs. 2 ArbSchG gilt oder sie müssen so schwerwiegend sein, dass unmittelbare
Gefahren für Leib oder Leben drohen.
- Gegenüber dem
Träger der gesetzlichen Unfallversicherung zur Erfüllung von gesetzlich
geregelten Aufgaben zum Schutz der Versicherten. Die gesetzlich geregelten
Aufgaben ergeben sich aus den Bestimmungen des Sozialgesetzbuches VII (SGB VII)
vom 07. August 1996 (BGBl. I S. 1254) in der jeweils geltenden Fassung,
insbesondere § 1 SGB VII. Danach sind Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten und
arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu verhüten, nach ihrem Eintritt sind
Gesundheit und Leistungsfähigkeit wiederherzustellen oder es ist Entschädigung
zu leisten (Prävention, Rehabilitation, Entschädigung). Die Bestimmung steht im
Zusammenhang mit § 21 Abs. 3 ArbSchG bzw. § 20 Abs. 1 SGB VII und soll die
effektive Zusammenarbeit zwischen den staatlichen Aufsichtsbehörden und den
Unfallversicherungsträgern sicherstellen.
Auch die
Durchführung von Regressen gegenüber Unternehmern gemäß §§ 104 bis
113 SGB VII gehört zu den gesetzlichen Aufgaben der Träger der gesetzlichen
Unfallversicherung. Allerdings dient dies nicht mehr dem Schutz der
Versicherten, da dem Regress die Entschädigung des Versicherten vorausgegangen
ist. Die Offenbarung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ist deshalb im
Zusammenhang mit Regressverfahren aufgrund dieser Bestimmung nicht zulässig.
Unberührt hiervon bleibt die Pflicht zur Zusammenarbeit und gegenseitiger
Information gemäß § 21 Abs. 3 ArbSchG im Zusammenhang mit der Untersuchung
von Arbeitsunfällen im Rahmen der Überwachungstätigkeit vor Ort.
- Gegenüber den für
den Schutz der Umwelt zuständigen Behörden. Sofern es sich bei den Betriebs-
und Geschäftsgeheimnissen zugleich um Umweltinformationen im Sinne des § 2 Abs.
3 UIG handelt, so dürfen sie nach den Voraussetzungen des UIG offenbart werden,
§ 23 Abs. 2 Satz 2 ArbSchG (siehe III.1.).
In allen Fällen der
befugten Offenbarung ist sicherzustellen, dass nur der jeweils vorgesehene
Adressat von den Geheimnissen Kenntnis erhält. Der Adressat ist aufzufordern,
über den Inhalt der Mitteilung Verschwiegenheit zu bewahren.
5
Voraussetzungen des § 139 b Abs. 1 Satz 3 GewO
§ 139 b Abs. 1 Satz
3 GewO schützt Geschäfts- und Betriebsverhältnisse vor unbefugter Offenbarung.
Der Begriff ist weiter als der in § 23 Abs. 2 ArbSchG verwendete der Geschäfts-
und Betriebsgeheimnisse. Als Geschäfts- und Betriebsverhältnisse sind
grundsätzlich alle Vorgänge und tatsächlichen Umstände anzusehen, die mit den
Gegebenheiten des Geschäfts- und Betriebsablaufs im Zusammenhang stehen. Ein
Bezug zum Arbeitsschutz ist nicht erforderlich. Erfasst werden z.B.:
-
Betriebseinrichtungen,
- Beschaffenheit und Menge der eingesetzten Betriebsmittel (etwa Zahl oder
Standort bestimmter Maschinen) und Arbeitsstoffe,
- Verbrauch von Brennstoffen,
- anfallende Zwischenprodukte,
- Einzelheiten der Betriebsorganisation,
- Regelung der betriebsärztlichen Versorgung,
- Verteilung der Arbeitszeit,
- Zahl der Beschäftigten, auch der illegalen Beschäftigung ausländischer
Arbeitnehmer,
- Verstöße gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz,
- abgeschlossene Strafverfahren,
- Inhalt und Umfang von Maßnahmen der Arbeitsschutzbehörden, die in Wahrnehmung
der Aufsichtsbefugnisse getroffen werden.
Die Vorschrift
wendet sich an "die besonderen, von den Landesregierungen zu ernennenden
Beamten". Dies ist derselbe Personenkreis, der in § 23 Abs. 2 ArbSchG
angesprochen ist. Die Ausführungen zu I.4. gelten entsprechend. Das gilt auch
hinsichtlich der Ausdehnung des Anwendungsbereiches auf die übrigen
Beschäftigten der Arbeitsschutzverwaltung.
Geschützt sind
solche Geschäfts- und Betriebsverhältnisse, die amtlich zur Kenntnis gelangen.
Das ist dann der Fall, wenn sie im Rahmen der Ausübung der Dienstgeschäfte
bekannt werden. Auf die Quelle (z.B. freiwillige Information des Unternehmens,
Information des Betriebsrates, Bericht einer anderen Behörde, eigene
Wahrnehmung) kommt es nicht an.
Die Geschäfts- und
Betriebsverhältnisse müssen sich auf die der Besichtigung und Prüfung
unterliegenden Anlagen beziehen. Anlage ist als Oberbegriff für alle
Räumlichkeiten, Plätze, technischen Einrichtungen, Baustellen etc. zu
verstehen, die den sachlichen Bezugsgegenstand der arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften
bilden.
Die Offenbarung ist
gemäß § 139 b Abs. 1 Satz 3 GewO nur in folgenden Fällen zulässig:
- zur Verfolgung von
Gesetzeswidrigkeiten. Die Ausführungen unter I.4. gelten entsprechend.
- zur Erfüllung von gesetzlich geregelten Aufgaben zum Schutz der Umwelt den
dafür zuständigen Behörden. Die Ausführungen unter I.4. gelten entsprechend.
In allen Fällen der
befugten Offenbarung ist sicherzustellen, dass nur der jeweils vorgesehene
Adressat von den Verhältnissen Kenntnis erhält. Der Adressat ist aufzufordern,
über den Inhalt der Mitteilung Verschwiegenheit zu bewahren.
6
Ausnahmen und Befreiung von den Geheimhaltungspflichten
6.1
Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht
Die
Geheimhaltungsvorschriften der §§ 23 Abs. 2 ArbSchG, 139 b GewO finden keine
Anwendung, wenn der Unternehmer/Arbeitgeber den Bediensteten der
Arbeitsschutzverwaltung von seiner Verschwiegenheitspflicht entbindet. Die
Befreiung sollte sich der Bedienstete durch schriftliche Erklärung nachweisen
lassen. Hängt die Zulässigkeit der Auskunft eines Bediensteten an einen Dritten
von der Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht ab, so ist in der Regel der
Dritte wegen dieser Frage an den Unternehmer/Arbeitgeber zu verweisen. Dies
gilt nicht, wenn offenkundig ist, dass der Unternehmer/Arbeitgeber mit einer
Auskunft an einen Dritten nicht einverstanden ist.
6.2
Allgemeine Mitteilungen ohne Bezug auf geheimhaltungspflichtige Tatsachen
Die allgemeine
Mitteilung, dass ein bestimmter Betrieb auf die Einhaltung von
Arbeitsschutzvorschriften überprüft werden wird oder dass dies bereits erfolgt
ist sowie die generelle Feststellung, dass die Arbeitsschutzvorschriften
beachtet werden oder etwa vorgebrachten Beanstandungen nachgegangen wurde,
stellt keinen Verstoß gegen arbeitsschutzrechtliche Geheimhaltungsvorschriften
dar.
6.3
Mitteilungen zu statistischen Zwecken
Keine Anwendung
finden die arbeitsschutzrechtlichen Geheimhaltungsvorschriften bei Mitteilungen
zu statistischen Zwecken gegenüber Behörden oder öffentlich-rechtlichen
Körperschaften, wenn sichergestellt ist, dass vorgesehene Veröffentlichungen
keine Rückschlüsse auf Betriebs- und Geschäftsverhältnisse bzw. -geheimnisse
zulassen, die dem Schutz der §§ 23 Abs. 2 ArbSchG, 139 b GewO unterliegen.
Bezüglich des Schutzes personenbezogener Daten gilt in diesen Fällen § 31
DSG in der Fassung der Bekanntmachung vom 09. Juni 2000 (SGV. NRW. 20061)
(siehe III.4.3).
6.4
Mitteilungen aufgrund von Weisungen
Darüber hinaus
finden die arbeitsschutzrechtlichen Geheimhaltungsvorschriften keine Anwendung
in Fällen, in denen nach Weisung (im Einzelfall bzw. aufgrund allgemeiner
Regelung durch Erlass oder Verfügung) übergeordnete Gesichtspunkte von
bedeutendem öffentlichen Belang eine Weitergabe von Angaben über Geschäfts- und
Betriebsverhältnisse bzw. -geheimnisse dringend erfordern.
6.5
Mitteilungen gegenüber Arbeitsschutzbehörden
Mitteilungen
gegenüber den Aufsichtsbehörden bzw. anderen Behörden, die ihrerseits den
Regelungen der §§ 139 b GewO, 23 Abs. 2 ArbSchG unterliegen, unterfallen
ebenfalls nicht den Geheimhaltungsvorschriften (siehe auch III.4.3).
7
Folgen eines Verstoßes gegen die Geheimhaltungspflicht
Ein Verstoß gegen
die Geheimhaltungspflichten der §§ 23 Abs. 2 ArbSchG, 139 b GewO kann
disziplinarrechtlich verfolgt werden. Darüber hinaus kann der
Unternehmer/Arbeitgeber möglicherweise einen Schadensersatzanspruch aus
Amtspflichtverletzung nach § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG geltend
machen. Eine strafrechtliche Verfolgung wegen der Verletzung von
Geheimhaltungsinteressen der Unternehmer/Arbeitgeber (oder dritter Personen)
kommt unter den Voraussetzungen der §§ 203 Abs. 2, 204 StGB in Betracht. Neben
Geheimnissen, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen, die den Bediensteten
der Arbeitsschutzverwaltung als Amtsträger bekannt geworden sind, sind nach
Maßgabe der in § 203 Abs. 2 Satz 2 StGB getroffenen Regelung auch die für
Aufgaben der öffentlichen Verwaltung erfassten Einzelangaben über persönliche
oder sachliche Verhältnisse des Unternehmers/Arbeitgebers geschützt.
II.
Arbeitsschutzrechtliche Unterrichtungspflichten
1
§ 23 Abs. 3 ArbSchG
Im Rahmen der
Bekämpfung bestimmter sozialschädlicher Verstöße des Arbeitgebers (z.B.
Beschäftigung von Ausländern ohne die erforderliche Genehmigung; Schwarzarbeit
oder illegale Arbeitnehmerüberlassung) ist die Arbeitsschutzverwaltung
verpflichtet, im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen solcher
Verstöße den zuständigen Stellen mitzuteilen, § 23 Abs. 3 Satz 1 ArbSchG.
Darüber hinaus besteht in diesen Fällen eine Pflicht zur Zusammenarbeit mit
diesen Stellen, § 23 Abs. 3 Satz 2 ArbSchG.
Die Vorschriften
enthalten eine Befugnis zur Weitergabe i.S.d. § 23 Abs. 2 Satz 1 ArbSchG und befreien insoweit von der dort
statuierten Geheimhaltungspflicht.
Die Pflicht zur
Unterrichtung bedeutet, dass es eines Ersuchens der auskunftsberechtigten
Stellen nicht bedarf, die Arbeitsschutzverwaltung muss also bei Vorliegen von
konkreten Anhaltspunkten von sich aus tätig werden. Die Unterrichtungspflicht
ist beschränkt auf die bloße Weitergabe von Informationen, die im Rahmen der
Wahrnehmung der eigenen originären Aufgaben erlangt wurden. Eine Pflicht zu
weitergehenden Ermittlungen besteht nicht.
Die Pflicht zur
Zusammenarbeit gem. § 23 Abs. 3 Satz 2 ArbSchG steht in engem Zusammenhang mit
der Pflicht zur Unterrichtung gem. § 23 Abs. 3 Satz 1 ArbSchG. Sie ist
beschränkt auf eine Unterstützung der zuständigen Stellen im Rahmen der eigenen
rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten der Arbeitsschutzverwaltung. In
Betracht kommt insoweit die Konkretisierung bereits nach § 23 Abs. 3 Satz
1 ArbSchG gemachter Angaben, die Beantwortung gezielter Fragen, die Beratung
oder sonstige Erläuterungen. Eine Pflicht zur Vornahme eigener weitergehender
Ermittlungen besteht nicht.
2
§ 139 b Abs. 7 und 8 GewO
Die Vorschrift des §
139 b Abs. 7 GewO entspricht inhaltlich § 23 Abs. 3 Satz 1 ArbSchG. Die
Vorschrift des § 139 b Abs. 8 GewO entspricht inhaltlich § 23 Abs. 3 Satz 2
ArbSchG.
Die Ausführungen
unter II. 1 gelten entsprechend.
3
§ 21 Abs. 3 ArbSchG
Im Verhältnis zu den
Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung besteht für die
Arbeitsschutzverwaltung die Pflicht zur engen Zusammenarbeit bei der Überwachung,
zur Förderung des Erfahrungsaustausches sowie zur Unterrichtung über
durchgeführte Betriebsbesichtigungen und deren wesentlichen Ergebnisse. Für die
Träger der gesetzlichen Unfallversicherung ergeben sich inhaltlich die gleichen
Pflichten aus § 20 Abs. 1 SGB VII.
Ziel der Regelungen
ist insbesondere die Vermeidung doppelter, nicht abgestimmter Überwachung und
die Vermeidung des Ergreifens widersprüchlicher Überwachungsmaßnahmen.
Hinsichtlich der Frage, in welchen Fällen und wie die Abstimmung der
Überwachungstätigkeiten erfolgen soll, verweise ich auf die Allgemeine
Verwaltungsvorschrift über das Zusammenwirken der Träger der Unfallversicherung
und der Gewerbeaufsichtsbehörden vom 28.11.1977 (Bundesanzeiger Nr. 225 vom
02.12.1977).
Bei der Übermittlung
von Informationen gem. § 21 Abs. 3 ArbSchG handelt es sich um eine befugte
Offenbarung i.S.d. § 23 Abs. 2 Satz 1 ArbSchG. Die dort statuierte
Geheimhaltungspflicht gilt insoweit nicht.
4
§ 8 Abs. 10 GPSG
Bei der Überwachung
des Inverkehrbringens von Produkten nach dem GPSG haben sich die zuständigen
Behörden und die beauftragte Stelle gegenseitig zu informieren und zu
unterstützen. Erhalten sie auf diesem Wege Informationen, die unter das
Geschäftsgeheimnis fallen, so schützen sie deren Vertraulichkeit. Hieraus folgt
im Umkehrschluss, dass die Weitergabe solcher Informationen untereinander
zulässig ist.
Der Adressat ist
aufzufordern, über den Inhalt der Mitteilung Verschwiegenheit zu bewahren.
III.
Regelungen aus anderen Rechtsgebieten
1
UIG
1.1
Anspruch nach § 3 Abs. 1 UIG
Sowohl § 23 Abs. 2
Satz 2 ArbSchG als auch § 139 b GewO verweisen für diejenigen Betriebs- und
Geschäftsgeheimnisse bzw. -verhältnisse, bei denen es sich um Informationen im
Sinne des UIG handelt, hinsichtlich der Offenbarungsbefugnis auf dessen
Vorschriften.
Nach § 3 Abs. 1 Satz
1 UIG hat jede Person Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen,
die bei einer Behörde vorhanden sind.
Eine Legaldefinition
dessen, was unter Informationen über die Umwelt zu verstehen ist, liefert § 2
Abs. 3 des UIG. Danach fallen darunter, unabhängig von der Art ihrer
Speicherung, alle Daten u.a. über den Zustand von Umweltbestandteilen;
Faktoren, die sich auf Umweltbestandteile auswirken (z.B. Stoffe, Energie, Lärm
und Strahlung); Maßnahmen oder Tätigkeiten, die sich auf Umweltbestandteile
auswirken oder ihren Schutz bezwecken.
Ein Informationsanspruch
kann also z.B. bestehen über den Umgang mit Gefahrstoffen, den Transport
gefährlicher Güter, Erlaubnisverfahren für Anlagen nach § 13
Betriebssicherheitsverordnung, Freisetzung von radioaktiven Stoffen und
unzulässige Exposition durch Röntgenstrahlen, Störfälle in Anlagen oder
Protokolle von Lärmmessungen.
Im Regelfall wird
ein Großteil dieser Informationen auch bei den Staatlichen Umweltämtern oder
bei kommunalen Umwelt-, Abfallwirtschafts- oder Wasserämtern und ähnlichen
Stellen vorhanden sein, so dass vorrangig - da insoweit sachnäher -
Anfragen an diese Behörden weiterzuleiten sind.
1.2
Ablehnungsgründe nach §§ 8, 9 UIG
Der
Auskunftsanspruch ist zum Schutz öffentlicher oder privater Belange
ausgeschlossen oder beschränkt.
Nach § 9 Abs. 1 Nr.
3 UIG besteht ein Auskunftsanspruch nicht, wenn Betriebs- und
Geschäftsgeheimnisse zugänglich gemacht werden würden. Eine Befugnis zur
Offenbarung besteht in zwei Fällen:
- Der Betroffene hat
zugestimmt.
- Das
Offenbarungsinteresse überwiegt das Interesse an der Geheimhaltung. Es ist
daher eine Abwägung vorzunehmen, die ergeben muss, dass die Offenbarung von
Informationen zur materiellen Verbesserung des Umweltschutzes geeignet,
erforderlich und verhältnismäßig ist. Je wichtiger für ein Unternehmen
Rezepturen oder Produktionsverfahren oder soeben errichtete teure
Produktionseinrichtungen sind, desto umfangreicher und begründeter muss die
Darlegung des Antragstellers sein. Im Zweifel geht der Schutz der Betriebs- und
Geschäftsgeheimnisse vor.
Nach § 9 Abs. 1 Satz
3 UIG ist der Betroffene vor einer Entscheidung über die Offenbarung von
Informationen anzuhören. Nach Satz 4 liegt eine Betroffenheit insbesondere dann
vor, wenn Informationen als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gekennzeichnet
worden sind. Im Übrigen ist nach Satz 5 auf Verlangen der Behörde darzulegen,
dass ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis vorliegt.
2
IFG NRW
2.1
Jedermanns Recht nach § 4 Abs. 1 IFG
Nach § 4 Abs. 1 IFG
hat jede natürliche Person Anspruch auf Zugang zu den vorhandenen amtlichen Informationen.
Im Umkehrschluss steht juristischen Personen der Anspruch nicht zu. Die
Geltendmachung eines besonderen Interesses hinsichtlich der begehrten
Information ist nicht erforderlich.
2.2
Verhältnis zu anderen Informationsrechten, § 4 Abs. 2 IFG
Soweit andere
Rechtsvorschriften den Zugang zu Informationen, die Auskunftserteilung oder die
Gewährung von Akteneinsicht regeln, gehen sie gemäß § 4 Abs. 2 IFG den
Vorschriften des IFG vor. Solche Rechtsvorschriften sind z.B. die unter III.
dieses Erlasses behandelten Vorschriften des UIG, VwVfG, DSG, OWiG,
Landespressegesetz NRW (PresseG) vom 24. Mai 1966 in der jeweils geltenden
Fassung (SGV. NRW. 2250) sowie der Landesverfassung. Im Rahmen ihres
Geltungsbereiches ist ein Rückgriff auf den Anspruch aus § 4 Abs. 1 IFG
unzulässig.
2.3
Verhältnis zu arbeitsschutzrechtlichen Geheimhaltungsvorschriften
Die
bundesrechtlichen Geheimhaltungsvorschriften des § 23 Abs. 2 ArbSchG und
§ 139 b Abs. 1 Satz 3 GewO begrenzen den Anspruch aus § 4 Abs. 1 IFG,
das heißt, sofern deren tatbestandsmäßigen Voraussetzungen vorliegen, entfällt
der Anspruch auf Informationszugang.
2.4
Ausschluss und Beschränkungen nach §§ 6 bis 9 IFG
Der Anspruch auf
Informationszugang wird durch die §§ 6 bis 9 IFG ausgeschlossen bzw.
beschränkt. Dies ist z.B. der Fall, sofern durch die Bekanntgabe der
Information der Ablauf eines anhängigen Verwaltungs- oder
Ordnungswidrigkeitenverfahrens oder der Erfolg einer bevorstehenden
behördlichen Maßnahme erheblich beeinträchtigt würde (§ 6 b IFG).
Begehrt der
Antragsteller eine Information, bei der personenbezogene Daten offenbart
werden, so darf die Information nur zugänglich gemacht werden, wenn die
personenbezogenen Daten zuvor abgetrennt oder geschwärzt worden sind, die
betroffene Person eingewilligt hat oder eine sonstige Alternative des § 9 IFG
einschlägig ist.
Sofern Betriebs-
oder Geschäftsgeheimnisse offenbart werden müssten, greifen bereits die
besonderen arbeitsschutzrechtlichen Geheimhaltungsvorschriften der §§ 23
Abs. 2 ArbSchG und 139 b Abs. 1 Satz 3 GewO. Entsprechende Anträge sind unter
Hinweis auf diese Vorschriften abzulehnen. Für eine Abwägung der Interessen
gemäß § 8 Satz 3 IFG bleibt kein Raum.
3
VwVfG NRW
3.1
Akteneinsichtsrecht nach § 29 Abs. 1 und 3 VwVfG
Unter den
Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 VwVfG haben die Beteiligten eines
Verwaltungsverfahrens einen Rechtsanspruch auf Akteneinsicht. Für eine
Ermessensentscheidung der Behörde ist insofern kein Raum. Ein
Verwaltungsverfahren im Sinne des Gesetzes ist die nach außen wirkende Tätigkeit
der Behörden, die auf die Prüfung der Voraussetzungen, die Vorbereitung und den
Erlass des Verwaltungsaktes gerichtet ist; der Begriff schließt den Erlass des
Verwaltungsaktes oder den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages ein
(§ 9 VwVfG). Verwaltungsverfahren sind danach solche, die auf den Erlass von
Ordnungsverfügungen, die Erteilung von Ausnahmen sowie von Konzessionen im
weitesten Sinne (z.B. Genehmigungen, Bewilligungen oder Erlaubnisse) in den
Bereichen des Arbeits- und technischen Gefahrenschutzes zielen, nicht jedoch
andere Tätigkeiten im Rahmen der Überwachung, z.B. Revisionen,
Unfalluntersuchungen oder die Bearbeitung von Anzeigen (siehe I.4.). So sind
zum Beispiel Akteneinsichtsersuche im Anschluss an Arbeitsunfälle im Zusammenhang
mit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen regelmäßig abzulehnen.
Allerdings kann sich ein Anspruch aus dem IFG ergeben. Sofern jedoch ein
Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet wurde, siehe III.5.c. Keine
Verwaltungsverfahren sind mangels Außenwirkung auch Stellungnahmen für andere
Behörden, z.B. in Baugenehmigungsverfahren.
Zur Akteneinsicht
berechtigt sind nur die am Verwaltungsverfahren Beteiligten. Dazu zählen nach §
13 VwVfG neben Antragsteller, Antragsgegner und Adressat eines Verwaltungsaktes
auch weitere, die ein rechtliches Interesse im Sinne von § 13 Abs. 1
Ziff. 3 und 4, Abs. 2 haben.
Ein
Akteneinsichtrecht besteht nur, soweit die Kenntnis des Akteninhalts zur
Geltendmachung oder Verteidigung der rechtlichen Interessen eines Beteiligten
erforderlich ist. Soweit die Erforderlichkeit nicht ohne Weiteres erkennbar ist
(z.B. bei dem von einer Maßnahme betroffenen Unternehmer) bzw. aus den
Umständen oder dem Gesamtzusammenhang nicht offensichtlich ist, hat der
Beteiligte darzulegen, inwiefern und wozu die Kenntnis des Akteninhalts erforderlich
ist.
Die Akteneinsicht
erfolgt bei der Behörde, die die Akten führt, § 29 Abs. 3 VwVfG. Der Begriff
der Akte ist umfassend zu verstehen, dazu zählen z.B. auch Gutachten,
Stellungnahmen anderer Behörden, Fotos, Videos, Disketten oder CD-ROM's, nicht
jedoch Entscheidungsentwürfe sowie Arbeiten zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung
(Abs. 1 Satz 2).
In zeitlicher
Hinsicht gilt das Recht auf Akteneinsicht von der Einleitung bis zum Abschluss
des Verwaltungsverfahrens. Nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung
hat auch ein (ehemals) Beteiligter am Verwaltungsverfahren keinen Anspruch auf
Akteneinsicht nach § 29 Abs. 1 VwVfG mehr. Allerdings kann sich ein Anspruch
aus dem IFG ergeben.
Hinsichtlich des
Verfahrens wird auf Ziffer 12.2.1 GOStÄfA sowie auf den Runderlass des
Innenministers zur Übermittlung von Akten in die Kanzleiräume von
bevollmächtigten Rechtsanwälten vom 21. Dezember 1988 (SMBl. NRW. 2010) in der
jeweils geltenden Fassung hingewiesen.
3.2
Ausschluss und Beschränkungen nach §§ 29 Abs. 2, 3 b VwVfG
Die Behörde ist zur
Gestattung von Akteneinsicht nicht verpflichtet, soweit
- durch sie die
ordnungsgemäße Erfüllung ihrer Aufgaben beeinträchtigt würde,
- das Bekanntwerden des
Inhalts der Akten dem Wohle des Bundes oder eines Landes Nachteil bereiten
würde,
- die Vorgänge nach
einem Gesetz oder ihrem Wesen nach, namentlich wegen der berechtigten
Interessen der Beteiligten oder dritter Personen, geheim gehalten werden
müssen.
Bei der dritten
Alternative ist eine Abwägung des Interesses des Beteiligten an Information und
des privaten Geheimhaltungsinteresses des Betroffenen vorzunehmen. Insbesondere
bei Informationen über den Gesundheitszustand einer Person, Vermögensverhältnisse
und familiäre Verhältnisse wird die Abwägung zugunsten des
Geheimhaltungsinteresses des Betroffenen ausfallen. Gleiches gilt für Betriebs-
und Geschäftsgeheimnisse (Begriff siehe I.4.), so dass im Ergebnis ein Anspruch
auf Akteneinsicht in diesen Fällen regelmäßig ausgeschlossen ist.
Für alle
Verwaltungstätigkeiten, auch außerhalb von Verwaltungsverfahren, z.B. im Rahmen
der Überwachung, ist in § 3 b VwVfG ebenfalls klarstellend geregelt, dass die
Behörde Angaben über persönliche und sachliche Verhältnisse sowie Betriebs- und
Geschäftsgeheimnisse nicht unbefugt offenbaren darf.
Eine Befugnis zur
Offenbarung liegt in der Regel nur bei Einverständnis des Betroffenen oder
gesetzlichen Mitteilungspflichten (§§ 23 Abs. 2 und 3 ArbSchG, 139 b Abs.
7 GewO) vor.
3.3
Amtshilfe nach §§ 4 ff. VwVfG
Nach § 4 Abs. 1
VwVfG leistet jede Behörde anderen Behörden ergänzende Hilfe (Amtshilfe). Die
Voraussetzungen und Grenzen der Amtshilfe werden in § 5 VwVfG geregelt. Von
besonderer Bedeutung ist die Bestimmung des § 5 Abs. 2 Satz 2, wonach die
ersuchte Behörde zur Vorlage von Urkunden oder Akten sowie zur Erteilung von
Auskünften nicht verpflichtet ist, wenn die Vorgänge nach einem Gesetz oder
ihrem Wesen nach geheim gehalten werden müssen, ihrem Wesen nach geheim zu
halten sind, auch schutzwürdige Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse (Begriff
siehe I.4.). Ob die Arbeitsschutzverwaltung nach den Amtshilfegrundsätzen
berechtigt oder verpflichtet ist, anderen Behörden Auskunft zu erteilen, kann
nur im Einzelfall entschieden werden. Die üblichen Fallgestaltungen in diesem
Zusammenhang sind unter II. behandelt. Arbeitsschutzbehörden ist grundsätzlich
Auskunft zu erteilen (siehe I.6.5.).
4
DSG NRW
4.1
Auskunfts- und Einsichtsrechte nach § 18 Abs. 1 und 2 DSG
Ein Anspruch auf
Auskunft bzw. Einsichtnahme bzgl. der verarbeiteten Daten kann sich für den
Betroffenen, das ist eine bestimmte oder bestimmbare natürliche Person, aus §§
18 und 5 DSG ergeben. Der Anspruch ist begrenzt auf die zur Person des
Betroffenen verarbeiteten Daten, den Zweck und die Rechtsgrundlage der
Verarbeitung, die Herkunft der Daten und die Empfänger von Übermittlungen sowie
die allgemeinen technischen Bedingungen der automatisierten Verarbeitung der
zur eigenen Person verarbeiteten Daten, § 18 Abs. 1 DSG.
Form und Verfahren
der Auskunftserteilung werden nach pflichtgemäßem Ermessen der Behörde
bestimmt. Soweit die Daten in den bei der Behörde geführten Akten enthalten
sind, ist Akteneinsicht durch Abtrennung der relevanten Daten vom übrigen Teil
der Akte, gegebenenfalls auch durch Unkenntlichmachung nicht relevanter Teile,
zu gewähren, § 4 Abs. 6 DSG.
4.2
Ausschluss nach § 18 Abs. 3 DSG
Die Auskunft bzw.
Einsichtnahme entfällt, wenn ein Ausschlussgrund des § 18 Abs. 3 DSG
vorliegt. Dies ist nach Buchstabe c) dieser Vorschrift z.B. dann der Fall, wenn
die begehrten Daten nach einer Rechtsvorschrift oder wegen der berechtigten
Interessen einer dritten Person, geheim gehalten werden müssen.
Rechtsvorschriften in diesem Sinne sind auch § 139 b Abs. 1 Satz 3 GewO und §
23 Abs. 2 ArbSchG. Daraus folgt, dass diese Geheimhaltungsvorschriften dem
Anspruch aus § 18 DSG vorgehen.
4.3
Übermittlung personenbezogener Daten an andere als den Betroffenen
Die Übermittlung
personenbezogener Daten an andere als den Betroffenen ist nach Maßgabe der §§
13 ff. DSG nur in bestimmten Ausschlussfällen zulässig. Sind personenbezogene
Daten mit Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen bzw. -verhältnissen untrennbar
verknüpft, ist die Übermittlung nur erlaubt, wenn der Betroffene eingewilligt
hat oder eine Rechtsvorschrift dies erlaubt oder die Wahrnehmung einer durch
Gesetz oder Rechtsverordnung zugewiesenen einzelnen Aufgabe dies zwingend
voraussetzt, § 13 Abs. 2 letzter Satz DSG i.V.m. Abs. 2 a, b und §§ 139 b
Abs. 1 Satz 3 GewO, 23 Abs. 2 ArbSchG.
5
OwiG
Soweit eine Behörde
der Arbeitsschutzverwaltung zuständige Verwaltungsbehörde im Sinne des Gesetzes
über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) ist, finden §§ 23 Abs. 2 ArbSchG, 139 b GewO
keine Anwendung. Auch das VwVfG NRW trifft insoweit keine Regelung, da dieses
Gesetz nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG NRW für die Verfolgung und Ahndung von
Ordnungswidrigkeiten nicht gilt. Statt dessen gelten die Spezialvorschriften
des OWiG, der Strafprozessordnung sowie der Richtlinien für das Strafverfahren
und das Bußgeldverfahren (RiStBV) vom 01. Januar 1977 in der jeweils geltenden
Fassung (Zugang über Internet-Adresse: - lv.justiz-online.nrw.de -).
Für die Übermittlung
personenbezogener Daten an öffentliche Stellen ist § 49 a OWiG zu beachten.
Die Gewährung von
Akteneinsicht an Betroffene, Verteidiger, Verletzte oder Dritte richtet sich
nach folgenden Grundsätzen:
Zu den Akten eines
Ordnungswidrigkeitenverfahrens gehören sämtliche verfahrensbezogenen Unterlagen
(Grundsatz der Aktenvollständigkeit). Die Akteneinsicht kann allerdings auf
einzelne Aktenteile beschränkt werden, wenn dies im öffentlichen Interesse
liegt oder dadurch die Bloßstellung einer Privatperson vermieden werden kann,
wie z.B. bei einer vertraulich zu behandelnden Eingabe, §§ 49 b OWiG, 474 ff.
StPO, Nr. 186 Abs. 1 RiStBV. Für Aktenteile, die erkennbar sensible
Informationen enthalten, besteht nach Nr. 186 Abs. 2 RiStBV die Möglichkeit der
gesonderten Aktenheftung.
Das
Akteneinsichtsrecht beginnt in der Regel mit der Anhörung des Betroffenen nach
§ 55 OWiG und endet mit Rechtskraft der Entscheidung. Ist der Vorgang nach
Einspruch an die Staatsanwaltschaft übersandt worden, entscheidet diese über
die Akteneinsicht, §§ 69 Abs. 4 OWiG, 49 b OWiG, 478 StPO. Für die Gewährung
von Akteneinsicht gilt die Kostenregelung des § 107 Abs. 5 OWiG.
Im Einzelnen ist
nach dem beteiligten Personenkreis zu unterscheiden:
5.1
Dem nicht anwaltlich vertretenen Betroffenen kann nach § 49 Abs. 1 OWiG Akteneinsicht
unter Aufsicht, also in den Diensträumen, gewährt werden. In der Regel ist
Akteneinsicht zu gewähren, es sei denn, schutzwürdige Interessen Dritter stehen
entgegen oder der Untersuchungszweck kann gefährdet werden.
5.2
Hat der Betroffene einen Rechtsanwalt als Verteidiger mit seiner
Interessenwahrnehmung beauftragt, ist diesem Akteneinsicht zu gewähren, §§ 46
Abs. 1 OWiG, 147 StPO. Ist der Abschluss der Ermittlungen noch nicht in den
Akten vermerkt, kann dem Verteidiger die Einsicht in die Akten nur versagt
werden, wenn sie den Untersuchungszweck gefährden kann. Nach Abschluss der
Ermittlungen gilt das Recht auf unbeschränkte Akteneinsicht. Dem Verteidiger
sollen die Akten mit Ausnahme der Beweisstücke zur Einsichtnahme in seine
Geschäftsräume oder Wohnung mitgegeben werden, § 147 Abs. 4 StPO.
5.3
Eine durch die bußgeldbewehrte Handlung oder Unterlassung verletzte Person kann
nach §§ 46 Abs. 1 OWiG, 406 e StPO Akteneinsicht lediglich über einen
Rechtsanwalt ausüben, sofern sie ein berechtigtes Interesse darlegt. Ein
solches ist insbesondere anzunehmen, wenn die Geltendmachung
bürgerlich-rechtlicher Ansprüche des Verletzten gegenüber dem Betroffenen
geprüft werden soll. Zu versagen ist die Akteneinsicht, soweit überwiegende
schutzwürdige Interessen des Beschuldigten oder anderer Personen
entgegenstehen. Sie kann ferner versagt werden, soweit der Untersuchungszweck
gefährdet erscheint oder durch sie das Verfahren erheblich verzögert wird, §
406 e Abs. 2 StPO.
5.4
Für nicht am Bußgeldverfahren beteiligte Personen und Stellen gelten die §§ 49
b OWiG, 474 ff. StPO. Danach wird zwischen der Akteneinsicht bzw. Auskunftserteilung
für Justizbehörden bzw. anderen öffentlichen Stellen (§ 475 StPO)
unterschieden.
Akteneinsicht für
Privatpersonen kann nur über einen beauftragten Rechtsanwalt bei Darlegung
eines berechtigten Interesses ausgeübt werden und wenn reine Auskünfte aus den
Akten zur Wahrnehmung des berechtigten Interesses nicht ausreichen (§ 475
Abs. 1-3 StPO). Ein solches Interesse kann beispielsweise für die Prüfung
bürgerlich-rechtlicher Ansprüche oder für die Vorbereitung eines
Verwaltungsstreitverfahrens gegeben sein. Privatpersonen oder sonstigen Stellen
können nur Auskünfte aus den Akten bei Darlegung eines berechtigten Interesses
erteilt werden.
Im Rahmen des § 475
StPO sind Auskünften aus den Akten im Verhältnis zur Akteneinsicht zur
Vermeidung einer Übermittlung von Überschussinformationen grundsätzlich der
Vorrang zu gewähren, Nr. 185 RiStBV.
6
PresseG NRW
Nach § 4 Abs. 1
PresseG sind die Behörden der Arbeitsschutzverwaltung verpflichtet, den
Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben dienenden
Auskünfte zu erteilen. Ein Anspruch besteht allerdings nicht, wenn Vorschriften
über die Geheimhaltung entgegenstehen, vergleiche § 4 Abs. 2 Nr. 2 PresseG NRW.
Als solche sind auch die Vorschriften über die Geheimhaltung nach §§ 23 Abs. 2
ArbSchG, 139 b GewO anzusehen. Insofern gelten die Aussagen zu I.3. und 4.
entsprechend.
Sofern die genannten
Geheimhaltungsvorschriften nicht eingreifen, können Auskünfte an die Presse
unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Nr. 1, 3 oder 4 PresseG verweigert
werden. Nach § 66 LBG i.V.m. 12.3 Geschäftsordnung der Staatlichen Ämter für
Arbeitsschutz dürfen Auskünfte an die Presse nur durch die Amtsleitung oder
durch von ihr beauftragte Personen erteilt werden.
7
Landesverfassung
Nach Art. 41 a Abs.
2 LV haben unter anderem die Behörden der Arbeitsschutzverwaltung die Pflicht,
dem Petitionsausschuss des Landtags alle erforderlichen Auskünfte zu erteilen
und Akten zugänglich zu machen. Da die LV jedoch die bundesgesetzlichen
Regelungen der §§ 139 b GewO und 23 Abs. 2 ArbSchG nicht verdrängen kann,
haben diese Vorschriften gegenüber Auskunfts- und Aktenvorlageersuchen des
Petitionsausschusses Vorrang. Gleiches gilt gegenüber Auskunfts- und
Aktenvorlageersuchen von Untersuchungsausschüssen gemäß Art. 41 Abs. 2 LV.
8
FSHG NRW
Gemäß § 37 Abs. 1
FSHG übermitteln die Staatlichen Ämter für Arbeitsschutz den Gemeinden und
Kreisen auf Anfrage die zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz
erforderlichen Daten, soweit diese Daten vorhanden sind. Bei diesen Aufgaben
handelt es sich gemäß § 1 FSHG um die Unterhaltung leistungsfähiger Feuerwehren
zur Bekämpfung von Schadenfeuern, die Hilfeleistung bei Unglücksfällen und
öffentlichen Notständen sowie um das Treffen von Maßnahmen zur Verhütung von
Bränden und die Koordination des Einsatzes bei Großschadensereignissen. Zu den
zu übermittelnden Angaben gehören:
- der Ort und die
Lage besonders gefährdeter oder gefährlicher Objekte,
- die Namen und
Anschriften der Eigentümer, Besitzer und Betreiber sowie von Personen, die mit
besonderen Funktionen in der Gefahrenabwehr betraut sind,
- die Lagerung, Art,
Beschaffenheit und Menge vorhandener oder möglicherweise entstehender Stoffe,
von denen Gefahren ausgehen können,
- das Ausbreitungs-
und Wirkungsverhalten der vorhandenen oder möglicherweise entstehender Stoffe,
- die Bewertung der
Gefahren für die Anlagen und ihre Umgebung und
- die vorhandenen
und möglichen Vorkehrungen zum Schutz gegen Gefahren sowie die möglichen
Maßnahmen zur Bekämpfung von Schäden.
IV.
Auskunftsersuchen von Gerichten und Verfolgungsbehörden
Auskunftsersuchen
sind sowohl die Bitte um Akteneinsicht als auch die Bitte um Erteilung einer amtlichen
Auskunft.
1
Auskunftsersuchen von Strafgerichten und Verfolgungsbehörden
Ersuchen eines
Strafgerichts, einer Staatsanwaltschaft, einer Verfolgungsbehörde im
Bußgeldverfahren oder einer Polizeibehörde als Ermittlungsorgan der
Staatsanwaltschaft oder der Verfolgungsbehörde (§§ 202, 244 Abs. 2, 161, 163
StPO, §§ 46 Abs. 2, 53 Abs. 1 OWiG) oder einer Finanzbehörde in Verfolgung
von Steuerstrafsachen (§§ 386 und 399 der Abgabenordnung) ist ohne
Rücksicht auf den Willen des Betriebsinhabers grundsätzlich stattzugeben, das
heißt, die den Fall betreffenden Vorgänge sind vorzulegen bzw. die erbetenen
Auskünfte sind zu erteilen. Insoweit greifen die §§ 139 b GewO, 23 Abs. 2
ArbSchG nicht ein. Ist jedoch nicht auszuschließen, dass das Bekanntwerden des
Akteninhaltes oder das Erteilen einer Auskunft dem Wohl des Bundes oder eines
deutschen Landes Nachteile bereiten würde und wird aus diesem Grunde die
Ablehnung des Ersuchens für angezeigt gehalten, ist unter Aktenvorlage zwecks
Entscheidung über eine Erklärung gemäß § 96 StPO zu berichten.
2
Auskunftsersuchen von Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichten
Fordert ein
Verwaltungs-, Sozial-, oder Finanzgericht von der Arbeitsschutzbehörde Akten an
oder wünscht es eine amtliche Auskunft und greift im Einzelfall § 139 b
GewO oder § 23 Abs. 2 ArbSchG ein, so ist entsprechend §§ 99 Abs. 1
Verwaltungsgerichtsordnung, 119 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz, 86 Abs. 1 und 2
Finanzgerichtsordnung unter Vorlage der Akten zu berichten, falls die Ablehnung
des Ersuchens für angezeigt gehalten wird. Im Falle der Ablehnung eines
Ersuchens gegenüber einem Verwaltungsgericht regelt sich das weitere Verfahren
nach § 99 Abs. 2 VwGO.
3
Auskunftsersuchen anderer Gerichte
Werden durch andere
Gerichte Akten angefordert oder wird um Erteilung einer amtlichen Auskunft
gebeten, so sind diese Ersuchen abzulehnen, sofern im Einzelfall § 139 b
GewO oder § 23 Abs. 2 ArbSchG eingreifen. Auf die Möglichkeit der
Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht (I.6.1) kann hingewiesen werden.
Anderenfalls ist nach den Grundsätzen der Amtshilfe (siehe III.3.3) zu
verfahren.
V.
Aussage der Bediensteten der Arbeitsschutzverwaltung
vor Gericht als Zeuge oder Sachverständiger
1
Aussagen vor Strafgerichten,
Staatsanwaltschaften und Finanzgerichten in Steuerstrafsachen
Wird ein Beamter der
Arbeitsschutzverwaltung gebeten, vor Gericht oder bei der Staatsanwaltschaft
als Zeuge oder Sachverständiger auszusagen, so ist regelmäßig gemäß § 64 Abs. 2
LBG NRW eine Aussagegenehmigung zu erteilen. Diese Genehmigung darf nur versagt
werden, wenn die Aussage dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes
Nachteile bereiten würde oder die Erfüllung öffentlicher Aufgaben ernstlich
gefährdet oder erheblich erschwert würde (§ 65 Abs. 2 LBG). Dieser Fall ist in
der Praxis jedoch nur selten gegeben.
Die Aussage vor dem
Strafgericht oder bei der Staatsanwaltschaft ist nach Erteilung der
Aussagegenehmigung zulässig, da es sich in diesen Fällen um die Verfolgung von
Straftaten bzw. Ordnungswidrigkeiten handelt. Die Geheimhaltungsvorschriften
der §§ 23 Abs. 2 ArbSchG, 139 b GewO greifen in diesen Fällen nicht ein.
Dies gilt auch für Verfahren vor den Finanzgerichten im Rahmen von
Steuerstraftaten.
2
Aussagen vor Zivil-, Arbeits-, Verwaltungs- und Sozialgerichten sowie vor
Ausschüssen des Landtages
Bei Aussagen vor
Zivil-, Arbeits-, Verwaltungs- oder Sozialgerichten sind ergänzend die
Zeugnisverweigerungsrechte aus der Zivilprozessordnung zu beachten. Diese
greifen immer dann ein, wenn die Voraussetzungen für die Anwendung der
Geheimhaltungsvorschriften gegeben sind. Trotz Erteilung einer
Aussagegenehmigung ist daher die Aussage zu verweigern, sofern Betriebs- oder
Geschäftsgeheimnisse bzw. -verhältnisse berührt sind oder sich dies nicht
zweifelsfrei ausschließen lässt. Das Gleiche gilt, wenn eine Vernehmung vor dem
Petitionsausschuss oder einem Untersuchungsausschuss des Landtages erfolgen
soll.
3
Regelungen für Angestellte und Arbeiter
Für den
Angestellten- bzw. Arbeiterbereich gelten aufgrund der inhaltlichen
Vergleichbarkeit der Regelungen aus dem Bundes-Angestellten-Tarifvertrag bzw.
dem Manteltarifvertrag für Arbeiterinnen und Arbeiter des Bundes und der Länder
die oben genannten Ausführungen entsprechend.
Teil 2:
Dieser RdErl. tritt
am Tag nach seiner Veröffentlichung in Kraft.
Gleichzeitig wird
der RdErl. d. Ministeriums für Arbeit und Soziales, Qualifikation und
Technologie v. 18.09.2002 - 215 - 1460.1 - (SMBl. NRW. 281) aufgehoben.
- MBl. NRW. 2005 S. 752