Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2007 Nr. 39 vom 28.12.2007 Seite 923 bis 936

Richtlinien zur Zusammenarbeit zwischen den Veterinär-, Lebensmittel-, und Futtermittelüberwachungs- sowie den Strafverfolgungsbehörden bei der Bekämpfung von Verstößen gegen lebensmittel- und futtermittelrechtliche Vorschriften
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Richtlinien zur Zusammenarbeit zwischen den Veterinär-, Lebensmittel-, und Futtermittelüberwachungs- sowie den Strafverfolgungsbehörden bei der Bekämpfung von Verstößen gegen lebensmittel- und futtermittelrechtliche Vorschriften

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Richtlinien zur Zusammenarbeit
zwischen den Veterinär-, Lebensmittel-, und Futtermittelüberwachungs-
sowie den Strafverfolgungsbehörden
bei der Bekämpfung von Verstößen gegen
lebensmittel- und futtermittelrechtliche Vorschriften

Gem. RdErl. d. Ministeriums für Umwelt und Naturschutz,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz - VI-6 – 74.20.00.10,
d. Justizministeriums - 4640 - III. 5
u.d. Innenministeriums - 42.2 - 62.18.03
v. 12.9.2007

1
Zielsetzung

Die wirksame Verfolgung von Verstößen gegen lebensmittel- und futtermittelrechtliche Bestimmungen setzt eine enge, koordinierte und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Veterinär-, Lebensmittel- und Futtermittelüberwachungsbehörden (Verwaltungsbehörden) sowie den Strafverfolgungsbehörden voraus. Zur Effektivierung der Zusammenarbeit sind die im Folgenden dargestellten Maßnahmen geboten.

2
Mitteilungspflichten

2.1
Pflichten der Veterinär-, Lebensmittel- und Futtermittelüberwachungsbehörden

2.1.1
Bei Anhaltspunkten für das Vorliegen einer Straftat im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens oder bei einem Zusammentreffen einer Ordnungswidrigkeit mit einer Straftat (§§ 21 Abs. 1, 41 Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten) gibt die Verwaltungsbehörde das Verfahren an die Staatsanwaltschaft ab.

2.1.2
Außerhalb eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens unterrichtet die Verwaltungsbehörde die Staatsanwaltschaft, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine Straftat im Zusammenhang mit lebensmittel- und futtermittelrechtlichen Verstößen vorliegen. Dies gilt auch, wenn bereits ein Ermittlungsverfahren anhängig ist und die Verwaltungsbehörde weitere Erkenntnisse hat, die für die Strafverfolgungsbehörde in dem anhängigen Verfahren relevant sein könnten.

2.1.3
Die Mitteilung nach den Nummern 2.1.1 oder 2.1.2 hat unverzüglich nach Kenntniserlangung durch die Verwaltungsbehörde an die örtlich zuständige Staatsanwaltschaft zu erfolgen und soll nach Möglichkeit folgende Angaben enthalten:
- Darstellung des Sachverhalts,
- Angaben zu dem Betrieb und allen Verantwortlichen, auf die sich der strafrechtliche Vorwurf beziehen könnte,
- Benennung aller aus Sicht der Verwaltungsbehörde in Betracht kommenden Straftatbestände aus dem Bereich des Lebensmittel- und Futtermittelrechts, insbesondere des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB), ggf. in Verbindung mit unmittelbar geltenden EU-Rechtsakten sowie der lebensmittelrechtlichen Straf- und Bußgeldverordnung oder auf Grund der nach dem LFGB erlassenen Rechtsverordnungen,
- Darlegung der tatsächlichen Umstände, die zur Feststellung von Vorsatz oder Fahrlässigkeit oder zur Bewertung des öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung relevant oder als Strafzumessungskriterien bedeutsam sein könnten (z.B. vorangegangene Anordnungen, Belehrungen, Verwarnungen, frühere Straf- und Bußgeldverfahren, Reaktionen auf vorangegangene behördliche Maßnahmen, Mängel der Lebensmittel oder Futtermittel, gesundheitliche Relevanz der Verstöße, Kreis der betroffenen Verbraucher, Einschätzung des konkret erzielten Gewinns).

Der Mitteilung sind die erforderlichen Unterlagen beizufügen. Die Beweismittel sind zu benennen.

Die Verwaltungsbehörde unterrichtet die Staatsanwaltschaft vorab fernmündlich, wenn dazu aus ihrer Sicht Veranlassung besteht (z.B. wenn Eilmaßnahmen in Betracht kommen).

2.1.4
Bestehen Zweifel an dem Vorliegen einer Straftat, bleibt es der Verwaltungsbehörde unbenommen, sich formlos mit der Staatsanwaltschaft ins Benehmen zu setzen.

2.1.5
Durch die Einschaltung der Strafverfolgungsbehörden bleiben die ordnungsbehördlichen Aufgaben und Befugnisse der Verwaltungsbehörden, insbesondere zur Abwehr konkreter Gefahren und zur Verhütung künftiger Verstöße, unberührt. Soweit erforderlich, stimmen sich die Verwaltungsbehörden wegen beabsichtigter Maßnahmen mit den Strafverfolgungsbehörden ab, um laufende Ermittlungen nicht zu beeinträchtigen.

2.2
Pflichten der Strafverfolgungsbehörden

2.2.1
Die Strafverfolgungsbehörden nehmen nach Maßgabe der geltenden Vorschriften über die Information oder Beteiligung von Verwaltungsbehörden in einem Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren eine Mitteilung an die zuständigen Verwaltungsbehörden in der Regel dann vor, wenn
- Anzeigen unmittelbar bei ihnen eingehen und der Inhalt der Anzeige Anlass zu Maßnahmen der Verwaltungsbehörde geben könnte,
- im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens erlangte Erkenntnisse über eine mögliche Ordnungswidrigkeit wegen eines lebensmittel- und / oder futtermittelrechtlichen Verstoßes vorliegen, soweit keine Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft für die Verfolgung auch dieser Ordnungswidrigkeit besteht,
soweit Zwecke des Strafverfahrens nicht entgegenstehen.

2.2.2
Besteht aus Sicht der Strafverfolgungsbehörde Anlass zu Eilmaßnahmen, erfolgt die Mitteilung vorab fernmündlich. Die Mitteilung hat unverzüglich nach Kenntniserlangung durch die Strafverfolgungsbehörde zu erfolgen. Bei unmittelbar an die Strafverfolgungsbehörden gerichteten Anzeigen ist eine Ablichtung der Anzeige beizufügen. Im Übrigen hat die Mitteilung nach Möglichkeit insbesondere folgende Angaben zu umfassen:
- Namen der Verantwortlichen,
- Angaben über den betroffenen Betrieb,
- sonstige Gesichtspunkte, die aus Sicht der Strafverfolgungsbehörde für die Ermittlungen der Verwaltungsbehörde von Bedeutung sein könnten.

2.2.3
Die Verwaltungsbehörden können auf Antrag Akteneinsicht oder Auskunft von der Staatsanwaltschaft nach Maßgabe von § 474 Abs. 2 bis 5 der Strafprozessordnung erhalten.

2.2.4
Die im Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG), in den Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) und in der Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen (MiStra) enthaltenen Vorschriften über die Zusammenarbeit zwischen Staatsanwaltschaft und Verwaltungsbehörde in Straf- und Bußgeldsachen sind zu beachten. Dies gilt insbesondere für
- die Beteiligung der Verwaltungsbehörde vor einer Einstellung des Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1, § 153 Abs. 1, § 153a Abs. 1 StPO (Nr. 90 Abs. 1, Nr. 93 Abs. 1 RiStBV),
- die Beteiligung der Verwaltungsbehörde vor einer Einstellung des Verfahrens wegen einer Ordnungswidrigkeit gemäß §§ 40, 42 Abs. 1, 63 Abs. 3 OWiG (Nr. 275 Abs. 1 und 3 RiStBV),
- die Beteiligung der Verwaltungsbehörde an der Hauptverhandlung gemäß § 76 Abs. 1 OWiG (Nr. 288 RiStBV),
- die Abgabe der Sache an die Verwaltungsbehörde nach § 3 Abs. 1 OWiG (Nr. 276 RiStBV) und
- die Mitteilung an die zuständige Verwaltungsbehörde bei Straftaten wegen eines besonderen öffentlichen Interesses (Nr. 1 Abs. 3 MiStra) und bei Strafsachen gegen Gewerbetreibende (Nr. 39 MiStra).

3
Effektivierung der Zusammenarbeit

Grundlage einer effektiven Zusammenarbeit ist ein umfassender und zeitnaher Informationsaustausch.

3.1
Um diesen zu gewährleisten, benennen die Staatsanwaltschaften und die Generalstaatsanwaltschaften sowie die Verwaltungsbehörden Ansprechpartner der jeweiligen Behörden und teilen die Mobilfunknummern des Eil- bzw. Bereitschaftsdienstes mit. Diese Daten werden in einem Ansprechpartnerverzeichnis erfasst, dass vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz erstellt und gepflegt wird. Die Staatsanwaltschaften, die Generalstaatsanwaltschaften und die Verwaltungsbehörden haben Zugriff auf das Ansprechpartnerverzeichnis. Die Verwaltungsbehörden stellen im Rahmen ihres Zuständigkeitsbereichs den Polizeibehörden die Telefonnummern ihres Bereitschaftsdienstes für den Bereich Lebensmittel- und Futtermittelüberwachung sowie Veterinärwesen zur Verfügung.

3.2
Bei Bedarf sind gemeinsame Besprechungen der Ansprechpartner durchzuführen. Sie dienen
- der Effektivierung der Zusammenarbeit,
- dem Meinungs- und Erfahrungsaustausch,
- der Erörterung von Fragen der Zusammenarbeit,
- der Koordinierung von Maßnahmen,
- der wechselseitigen Unterrichtung über den Erlass, die Änderung oder die Auslegung maßgeblicher Vorschriften und
- der Behandlung aller sonst für die Zusammenarbeit bedeutsamen Fragen aus dem veterinär-, lebensmittel- und futtermittelrechtlichen Bereich.

Die Ergebnisprotokolle werden den vorgesetzten Behörden zur Kenntnis gebracht.

4
Geltungsdauer

Dieser Runderlass tritt am Tag nach seiner Veröffentlichung in Kraft; er gilt bis zum 31. Dezember 2012.

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Aufnahme in die SMBl. NRW. unter Gliederungsnummer 3214, Hinweise (Datum und Titel) erfolgen bei den anderen Gliederungsnummern.

- MBl. NRW. 2007 S. 927