Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2010 Nr. 16 vom 17.5.2010 Seite 321 bis 332

Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Familienberatungsstellen RdErl. d. Ministeriums für Generationen, Familie, Frauen und Integration - 522 - 6704.1 v. 26.3.2010
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Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Familienberatungsstellen RdErl. d. Ministeriums für Generationen, Familie, Frauen und Integration - 522 - 6704.1 v. 26.3.2010

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Richtlinien
über die Gewährung von Zuwendungen
zur Förderung von Familienberatungsstellen

RdErl. d. Ministeriums für Generationen, Familie, Frauen und Integration - 522 - 6704.1
v. 26.3.2010

1
Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage

1.1
Das Land gewährt nach Maßgabe dieser Richtlinien, der Verwaltungsvorschriften und der Verwaltungsvorschriften für Zuwendungen an Gemeinden (GV) zu § 44 LHO Zuwendungen für die Förderung der Familienberatungsstellen.

Danach können gefördert werden

- Beratungsstellen für Kinder, Jugendliche und Eltern/Erziehungsberatungsstellen,

- Ehe- und Lebensberatungsstellen,

- integrierte Beratungsstellen,

- Einrichtungen mit besonderem Beratungsschwerpunkt, z. B. Mädchenberatungsstellen,

- Anlauf- und Beratungsstellen bei Misshandlung, Vernachlässigung und sexuellem Miss-

  brauch von Kindern.

Im Sinne einer pluralen Trägerlandschaft können Beratungsangebote freier Träger, die bislang nicht mit Landesmitteln gefördert wurden, in die Förderung einbezogen werden. Bei der erstmaligen Bewilligung ist eine Ausnahme von Nr. 1.3 VV zu § 44 LHO zulässig, wenn - unter Beachtung der mittelfristigen Finanzplanung - die erforderlichen Haushaltsmittel zur Verfügung stehen und ein prüffähiger Antrag vorliegt.

1.2
Die Beratungsarbeit erfolgt entsprechend dem Stand der „Regeln des fachlichen Könnens im Beratungswesen“.

1.3
Ein Anspruch auf Gewährung der Zuwendung besteht nicht; vielmehr entscheidet die Bewilligungsbehörde aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

2
Ziele und Gegenstand der Förderung

2.1.
Die Förderung erfolgt nach den gemeinsam mit den Trägerverbänden festgelegten Zielsetzungen der

- Konzentration auf Familienberatung, d.h. auf Kinder, Jugendliche und junge Volljährige bis 27 Jahre sowie Familien mit Kindern unter 21 Jahren,

- regionale Einbindung der Familienberatung in die kommunale Jugendhilfeplanung,

- verbindlichen Vernetzung und Kooperation der Familienberatungsstellen mit anderen kinder- und familienbezogenen Einrichtungen, z.B. Familienzentren, in der fall- und nichtfallbezogenen Arbeit,

- Intensivierung der präventiven Angebote zur Stärkung der Erziehungs- und Beziehungskompetenz und der besseren Früherkennung von sozialen Problemlagen,

- Initiierung und Durchführung gezielter Kooperationen mit Selbsthilfegruppen sowie Nutzung von ehrenamtlichen Strukturen,

- Schwerpunktbildung in der fallbezogenen Arbeit der Familienberatung auf komplexe Erziehungsprobleme und soziale Problemgruppen,

- stärkere Berücksichtigung und Integration von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte in den Beratungsangeboten.

Das Land fördert die Arbeit der Einrichtungen

2.1.1
freier Träger durch Zuwendungen für die Beschäftigung von

- Fachkräften sowie deren jeweilige Vertretung und
- Kräften im Sekretariatsbereich sowie deren jeweilige Vertretung;

2.1.2
der Gemeinden (GV) durch Zuwendungen für die Beschäftigung von Fachkräften in institutionellen Angeboten der Beratung für Kinder, Jugendliche und Eltern.

3
Zuwendungsempfänger

3.1
Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege und ihnen angeschlossene Verbände und Träger, Kirchen und Kirchen gleichgestellte Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts sowie

3.2
Gemeinden (GV)

in Nordrhein-Westfalen.

4
Zuwendungsvoraussetzungen

4.1
Geförderte Einrichtungen müssen ihre Beratungsarbeit auf der Grundlage freiwilliger Inanspruchnahme und ohne Erhebung eines Leistungsentgelts leisten, soweit nicht Ansprüche gegen andere Kostenträger gegeben sind.

4.2
Allgemeines

4.2.1
Als Grundlage für die Einbindung der Arbeit der Familienberatungsstellen in die kommunale Jugendhilfeplanung muss eine Bestätigung des Jugendamtes vorliegen, dass die Beratungsstelle ein inhaltlich abgestimmtes Angebot im System der kommunalen Jugendhilfe ist. (Muster Anlage 1)

4.2.2
Über die Vernetzung und Kooperation mit anderen kinder- und familienbezogenen Einrichtungen - sowohl in der nichtfallbezogenen als auch fallbezogenen Arbeit - müssen verbindliche Vereinbarungen mit mindestens 3 Einrichtungen aus mindestens 2 Bereichen bestehen.

4.2.3
Die Beratungsstelle macht neben der fallbezogenen Arbeit präventive Angebote zur Stärkung der Erziehungs- und Beziehungskompetenz und der besseren Früherkennung von sozialen Problemen für Kinder, Jugendliche und Eltern sowie für Multiplikatoren. Dazu werden Veranstaltungen und Angebote durchgeführt.

4.2.4
Die Initiierung von und gezielte Kooperation mit Selbsthilfegruppen, Verbänden und Nutzung von ehrenamtlichen Strukturen muss durch eine entsprechende Konzeption nachgewiesen werden.

4.2.5
Zur Schwerpunktbildung in der fallbezogenen Arbeit auf komplexe Erziehungsprobleme und soziale Problemgruppen sind als Zielgruppen entweder Eltern vor/in/nach Trennung und Scheidung oder Alleinerziehende mit einem Beratungsanteil (abgeschlossene Fälle) von 25 v.H. zu berücksichtigen.

4.3
Freie Träger

4.3.1
Beratungsstellen für Kinder, Jugendliche und Eltern/Erziehungsberatungsstellen müssen zur Sicherstellung einer fachlich mehrdimensionalen Beratung mindestens über ein Team aus drei Fachkräften - einer Fachkraft mit Abschlussdiplom in Psychologie, einer Fachkraft mit Abschlussdiplom in Sozialarbeit oder Sozialpädagogik oder Heilpädagogik bzw. vergleichbarer Abschlüsse und einer pädagogisch-therapeutischen Fachkraft - verfügen.

4.3.1.1
Die Gesamtarbeitszeit der Fachkräfte entspricht mindestens dem Dreifachen der tarifvertraglichen wöchentlichen Arbeitszeit.

4.3.1.2
Für die Förderung der Kräfte im Sekretariatsbereich wird eine Stelle mit der tarifvertraglichen wöchentlichen Arbeitszeit für ein Beratungsteam (Vollzeitäquivalent von 3 Stellen) als angemessen angesehen.

4.3.2
Ehe- und Lebensberatungsstellen müssen für die unmittelbare Beratung der Ratsuchenden über mindestens eine Fachkraft mit Abschlussdiplom in Psychologie oder in Sozialarbeit oder Sozialpädagogik oder mit vergleichbarer Ausbildung verfügen. Als vergleichbar gilt insbesondere eine Weiterbildung nach den Gemeinsamen Grundsätzen des Deutschen Arbeitskreises für Jugend-, Ehe- und Familienberatung.

4.3.2.1
Die Gesamtarbeitszeit des Teams entspricht mindestens der tarifvertraglichen wöchentlichen Arbeitszeit.

4.3.2.2
Für die Förderung der Kräfte im Sekretariatsbereich wird eine Teilzeitstelle mit der Hälfte der tarifvertraglichen wöchentlichen Arbeitszeit für ein Team als angemessen angesehen.

4.3.3
Integrierte Einrichtungen und Beratungsstellen mit besonderen Beratungsschwerpunkten verfügen über die personelle und fachliche Mindestausstattung mit Fachkräften der jeweils vorliegenden Beratungsgrundtypen.

4.3.4
Anlaufstellen und Beratungsstellen bei Misshandlung, Vernachlässigung und sexuellem Missbrauch von Kindern müssen über eine fachlich geeignete hauptberufliche Kraft verfügen, deren Aufgabe es ist, durch beratende und koordinierende Tätigkeit den Zugang zum allgemeinen Angebot der Familien- und Lebensberatung zu öffnen. Die Arbeitszeit der Fachkraft muss der tarifvertraglichen wöchentlichen Arbeitszeit entsprechen. Eine Stelle kann mit 2 Teilzeitkräften mit jeweils der Hälfte der tarifvertraglichen wöchentlichen Arbeitszeit besetzt werden. Die Mitarbeit von Ärztinnen und Ärzten muss gewährleistet sein. Über entsprechende Absprachen müssen schriftliche Bestätigungen vor1iegen.

Die Nummern 4.2.1 – 4.3.3 sind nicht anzuwenden.

4.4
Über Ausnahmeregelungen nach den Nummern 4.2.1 - 4.3.4 entscheidet die Bewilligungsbehörde. Von den Voraussetzungen nach den Nummern 4.2.1 – 4.2.5 sind Abweichungen insbesondere zulässig, wenn die kommunale Jugendhilfeplanung nachweislich andere Schwerpunkte setzt.

5
Art und Umfang, Höhe der Zuwendung

5.1
Zuwendungsart:

Projektförderung

5.2
Finanzierungsart:

Festbetragsfinanzierung

5.3
Form der Zuwendung:

Zuschuss/Zuweisung

5.4
Bemessungsgrundlage

5.4.1
Für die Beratungsstellen freier Träger nach den Nummern 4.3.1 und 4.3.2 setzt das zuständige Ministerium Jahresförderungsbeträge auf der Grundlage von bis zu 50 v.H. der jährlich vom IT - Nordrhein-Westfalen  veröffentlichten Jahresdurchschnittsbeträge fest, denen die Fachkräfte fiktiv nach der geltenden Vergütungsordnung für den Bereich des Bundes und der Länder gemäß den Ausbildungsvoraussetzungen und Tätigkeitsmerkmalen zuzuordnen sind.

5.4.2
Für die Beratungsstellen der Gemeinden (GV) gemäß Nummer 2.1.2. setzt das zuständige Ministerium jährlich eine Pauschale je ganzjährig vollzeitbeschäftigter Fachkraft auf Grundlage des Haushaltsansatzes und der in den Anträgen anzugebenden Stellenbesetzung mit Fachkräften des Vorjahres fest.

5.4.3
Für die Förderung der Honorarfachkräfte der Beratungsstellen freier Träger werden jährliche Pauschalen festgesetzt.

5.4.4
Für Anlaufstellen gemäß Nummer 4.3.4 wird jährlich der Förderungsbetrag auf der Grundlage von bis zu 60 v.H. der fiktiven Bruttovergütung nach Entgeltstufe 10 TV/L für eine für die Beratungs- und Koordinierungsaufgaben eingesetzte Vollzeitkraft festgesetzt. Die Mitarbeit der Ärztinnen und Ärzte ist von der Förderung ausgeschlossen.

5.4.5
Für spezialisierte Beratungsstellen sind im Einzelfall im Einvernehmen mit dem zuständigen Ministerium abweichende Fördervoraussetzungen und Bemessungen der Zuwendung möglich.

5.4.6
Für Beratungsstellen, die besondere landesweite Aufgaben übernehmen oder sich an ausgewählten Projekten beteiligen, kann das zuständige Ministerium ergänzend zu der Personalkostenförderung pauschalierte Zuschüsse festsetzen.

6
Verfahren

6.1
Freie Träger stellen Anträge nach dem Muster der Anlage 2 a an die zuständigen Bewilligungsbehörden. Die Anträge müssen bis zum 1. Oktober für das folgende Kalenderjahr - bei neu einzurichtenden Beratungsstellen spätestens drei Monate vor dem beantragten Förderbeginn - vorliegen.

Gemeinden (GV) stellen Anträge nach dem Muster der Anlage 2 b  an die zuständigen Bewilligungsbehörden bis zum 1.3. des Bewilligungsjahres.

6.2
Bewilligungsbehörden sind die Landschaftsverbände.

6.3
Sofern eine Ausnahmereglung nach Ziffer 1.1 Abs. 3 getroffen wurde, ist der Antragstellerin oder dem Antragsteller schriftlich mitzuteilen, dass die Genehmigung einer Ausnahme einen Anspruch auf spätere Förderung nicht begründet.

6.4
Die Bewilligungsbehörden erteilen die Zuwendungsbescheide nach dem Muster der Anlage 3.

Die Auszahlung der Zuwendungen erfolgt ohne Anforderung zu gleichen Teilen

- für freie Träger zum 10.01., 10.03., 10.05., 10.07., 10.09. und 10.11.

- für Gemeinden zum 01.05. und 01.10.

des laufenden Jahres.

6.5
Von den Zuwendungsempfängern ist ein Verwendungsnachweis nach dem Muster der Anlage 4 a für freie Träger und nach dem Muster der Anlage 4 b für Gemeinden (GV) zu verlangen. Dieser umfasst im Sachbericht auch die für das Berichtswesen und Förderprogramm-Controlling notwendigen Angaben.

7
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Die Richtlinien treten am 1. Januar 2010 in Kraft und gelten bis zum 31.12.2013.

Der RdErl. des Ministeriums für Gesundheit, Soziales, Frauen, und Familie vom 26.1.2005 (SMBl. NRW. 21630) tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2009 außer Kraft.

* Die Anlagen sind hier nicht abgedruckt. Sie sind auf den Internet-Seiten der Bewilligungsbehörden veröffentlicht und können dort angefordert werden.

MBl. NRW. 2010 S. 327