Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2013 Nr. 31 vom 11.12.2013 Seite 531 bis 542

Richtlinie für die Einführung neuer Polizeiärztinnen und Polizeiärzte in den Polizeiärztlichen Dienst des Landes RdErl. d. Ministeriums für Inneres und Kommunales - 403.26.01.01 - v. 29.7.2013
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Richtlinie für die Einführung neuer Polizeiärztinnen und Polizeiärzte in den Polizeiärztlichen Dienst des Landes RdErl. d. Ministeriums für Inneres und Kommunales - 403.26.01.01 - v. 29.7.2013

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Richtlinie für die Einführung neuer Polizeiärztinnen und Polizeiärzte
in den Polizeiärztlichen Dienst des Landes

RdErl. d. Ministeriums für Inneres und Kommunales - 403.26.01.01 -
v. 29.7.2013

1
Ziel

Diese Richtlinie regelt Umfang, Inhalte und Ablauf der Einführung neu in den Landesdienst eingestellter Ärztinnen und Ärzte in den Polizeiärztlichen Dienst (PÄD).

Polizeiärztinnen und Polizeiärzte vermitteln medizinischen Sach- und Fachverstand unter Beachtung des Datenschutzes gegenüber der Personalverwaltung, jedoch gewährleisten sie auch einen Teil der Fürsorgeverpflichtung der Behörde gegenüber den Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten (PVB).

Neu eingestellte Ärztinnen und Ärzte werden während der ersten drei Monate nach ihrem Eintritt in den Landesdienst systematisch in die Aufgaben des PÄD und damit auch in die Aufgaben als Mitarbeiter der Zentralabteilung in einer Polizeibehörde eingeführt.

Ziel ist es, die in ihrer beruflichen Vergangenheit in aller Regel überwiegend kurativ tätigen Ärztinnen und Ärzte in die Verwaltungsstruktur einer Polizeibehörde einzuweisen und einzubinden, sowie hinsichtlich der verschiedenen wahrzunehmenden Aufgaben des PÄD zu schulen. Dies betrifft insbesondere die Bündelung und den Ausgleich von Interessen, Steuerung von Entscheidungs- und Planungsprozessen und die Personalführung, sowie Grundkenntnisse auf den Gebieten Organisation, Personal, Haushalt und Finanzen.

Darüber hinaus sind in den ersten drei Jahren Fortbildungen zu absolvieren. Es ist angeraten, den zeitlichen Ablauf der Teilnahme an dieser Seminarreihe unmittelbar nach Aufnahme des Dienstes mit der Behördenleitung oder der Leitung der Zentralabteilung  (ZA) zu klären.

2
Dauer und Reihenfolge der Einführung

Die Kernaufgaben der Polizeiärztin oder des Polizeiarztes sind vielschichtig. Sie lassen sich unter folgenden Hauptgruppen zusammenfassen:

-          Polizeiamtsärztliche Begutachtung,

-          Arbeitsmedizinische Aufgaben,

-          Heilfürsorgebearbeitung gemäß der Polizei-Heilfürsorgeverordnung,

-          Einsatzbegleitung,

-          Kurative Medizin (fakultativ gemäß Polizei-Heilfürsorgeverordnung).

Zu Beginn der Verwendung im PÄD durchläuft die Ärztin oder der Arzt eine dreimonatige Einführungszeit, um Grundkenntnisse des gesamten Aufgabenspektrums des PÄD zu erlangen. Die Einführungszeit gliedert sich in eine vierwöchige Hospitation bei einer berufserfahrenen Polizeiärztin oder einem berufserfahrenen Polizeiarzt, jeweils eine Woche Hospitation bei der Zentralabteilung der eigenen Behörde und der verschiedenen Direktionen des eigenen Polizeipräsidiums und ein Reflexionsgespräch am Ende der drei Monate.

Verantwortlich für die Organisation der Einführungszeit und diesbezüglich konkreter Ansprechpartner für die Ärztin oder den Arzt ist die jeweilige Leitung ZA der Kreispolizeibehörde. Verantwortlich für die medizinfachlichen Anteile der Einführung  und diesbezüglich konkreter Ansprechpartner ist der Leitende Polizeiarzt NRW oder die Leitende Polizeiärztin NRW im Ministerium für Inneres und Kommunales NRW (MIK NRW).

2.1
Vorstellung in der eigenen Behörde

1. Tag              Vorstellung in der eigenen Behörde mit Probezeit-Verbeamtung (Aushändigung der Urkunde), Vorstellung in der eigenen Dienststelle.

2. Tag              Einholung der Fahrerlaubnis für Dienstkraftfahrzeuge und Einkleidung, zudem Klärung organisatorischer Fragen (PC-Zugang, Mobiltelefon, Dienstausweis et cetera).

2.2 Einweisende Hospitation bei einer berufserfahrenen Polizeiärztin oder einem berufserfahrenen Polizeiarzt

3. Tag bis

Ende 4. Wo.   Einweisende Hospitation bei einer berufserfahrenen Polizeiärztin oder einem berufserfahrenen Polizeiarzt (vorzugsweise einer in Heilfürsorgeangelegenheiten aufsichtführenden Polizeiärztin oder einem in Heilfürsorgeangelegenheiten aufsichtführenden Polizeiarzt des Landesamtes für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten (LAFP)) in die Aufgaben einer Polizeiärztin oder eines Polizeiarztes anhand des Aufgabenkataloges der Polizeiärztinnen und Polizeiärzte des Landes NRW, zudem fallweise Hospitationen bei anderen Polizeiärztinnen und Polizeiärzten. Konkret erfolgt die Einarbeitung durch hospitierende Einbindung in den täglichen Praxisbetrieb der einweisenden Polizeiärztin oder des einweisenden Polizeiarztes.

                        Insbesondere nachfolgende Punkte sollen besprochen werden:

-          Aktenhaltung im PÄD, ärztliche Schweigepflicht,  Einsichtsrecht,  Einholen der Zustimmung zur Einsicht in die Krankenakte bei Wechsel des Polizeiarztes,

-          Dienstunfallverfahren,

-          Begutachtung zur allgemeinen Dienstfähigkeit und Polizeidienstfähigkeit, Begutachtung nach Dienstunfall und zur Feststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE),

-          Begutachtungsvordruck „Formulargutachten",

-          Aufbau des Geschäftsbereiches Kreispolizeibehörden (KPB),  Landesoberbehörden (LOB), MIK NRW,

-          Aufgabenbereiche und Funktionen der Polizeiärztin oder des Polizeiarztes (dabei ein Tag Einweisung beim Leitenden Polizeiarzt NRW oder bei der Leitenden Polizeiärztin NRW),

-          Vorstellung der polizeiärztlichen Arbeitskreise „Arbeitsmedizin", „Begutachtung" und „Medizinische Einsatzunterstützung",

-          Polizei-Heilfürsorgeverordnung - Genehmigungsverfahren (Polizeipräsidien mit behördeneigener Polizeiärztin oder behördeneigenem Polizeiarzt und Kreispolizeibehörden ohne behördeneigene Polizeiärztin oder ohne behördeneigenen Polizeiarzt),

-          Polizei-Heilfürsorgeverordnung - Grundlagen des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) und der Polizei-Heilfürsorgeverordnung (dabei ein Tag mit Vertretern "Heilfürsorge" des Landesamtes für Zentrale Polizeiliche Dienste (LZPD) und dem Leitenden Polizeiarzt NRW oder der Leitenden Polizeiärztin NRW),

-          Verfahren „Schutzimpfungen",

-          Organisation der eigenen Dienststelle,

-          Informationsgewinnung (Ministerielle Erlasse, Verfügungen der LOB, Vorgaben und Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA), Gerichtsurteilsammlung über juris, und so weiter),

-          Verfahren und Ablauf des medizinischen Anteils „Auslandsverwendungen von PVB in VN- und EU-Missionen",

-          Medizinische Maßnahmen im Rahmen von Auslandsverwendungen von PVB außerhalb von VN und EU-Missionen,

-          Erlasse zu Langzeiterkrankten, Führen von Dienstkraftfahrzeugen, Vorsorge- und Arbeitsmedizinische Untersuchungen,

-          Protokolle der landesweiten Polizeiärztedienstbesprechungen des MIK NRW,

-          Vorgaben der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) und daraus abgeleiteter Erlasslage MIK NRW (einschl. Verfahren „Diabetes mellitus" und „Blutentnahme") im Rahmen der Untersuchung auf Kraftfahrverwendungsfähigkeit,

-          Broschüre: Ärztliche Beurteilung der Gewahrsamsfähigkeit,

-          Vertretungsregelung PÄD,

-          Erlass Vorsorge- und Arbeitsmedizinische Untersuchungen.

2.3
Einweisende Hospitation in der eigenen Behörde (Zentralaufgaben)

5. Woche:

1 Tag               Hospitation bei der Zentralabteilung der eigenen Behörde, dabei Einweisung in Struktur und Rahmenbedingungen. Darstellung der behördeninternen Schnittstellen und Abläufe, Darlegung behördeninterner Regelungen (Urlaubsanträge, Krankmeldungen, Reisekostenabrechnungen, Gleitzeitregelungen et cetera).

1 Tag               Führung durch die beziehungsweise Kennenlernen der eigene(n)  Behörde (Behördenleitung, Infrastruktur, Polizeiwachen, Gewahrsame et cetera).

1 Tag               Vorstellungsgespräch bei den verschiedenen Interessens- und Personalvertretungen (Personalrat, Schwerbehindertenvertretung, SAP, Opferschutz, Gleichstellungsbeauftragte et cetera).

1 Tag               Vorstellung bei der Verwaltungsleitung der Landratsbehörden, soweit diese betreut werden.

6. Woche:       Hospitation bei den verschiedenen Direktionen der eigenen Behörde, um einen Überblick über die wesentlichen Aufgaben der Direktionen und des dort eingesetzten Personals zu erlangen.

2.4
Reflexion

6. Woche

letzter Tag       Reflexion im neuen PÄD mit „helfender Begehung“ durch die einweisende Polizeiärztin oder den einweisenden Polizeiarzt und den Leitenden Polizeiarzt NRW oder die Leitende Polizeiärztin NRW, Klärung offener Fragen (zum Beispiel Beschaffung, Zusammenarbeit und Aufgabenverteilung).

7.-12.

Woche            Eigenständiger Praxisbetrieb in der eigenen Polizeibehörde.

2.5
Feedback, Erörterung

Drei Monate    nach Einarbeitung erneute Begehung der Dienststelle durch die einweisende Polizeiärztin oder den einweisenden Polizeiarzt und den Leitenden Polizeiarzt NRW oder die leitende Polizeiärztin NRW, dabei Feedback und Erörterung von Fragen und Problemstellungen.

3
Einführungsseminare und Fortbildungen

An den Einführungsseminaren und Fortbildungen nehmen alle neu in den Landesdienst eingestellten Polizeiärztinnen und Polizeiärzte innerhalb der ersten drei Jahre teil. Sie sind für die Dauer der Seminare und Fortbildungen von allen sonstigen dienstlichen Aufgaben zu befreien.

3.1
Einführungsseminare

Die Einführungsseminare sollen Kenntnisse über diejenigen Regelungen und landespolitisch bedeutsame Ziele vermitteln, die für die Aufgabe und dienstliche Stellung von Polizeiärztinnen und Polizeiärzten besonders bedeutsam sind. Die Einführungsseminare fördern darüber hinaus den Kontakt von Angehörigen unterschiedlicher Verwaltungsbereiche und unterstützen sie bei ihren jeweiligen Aufgaben.

Folgende Seminare sind (möglichst in der angegebenen Reihenfolge) zu absolvieren:

Kennziffer

Seminartitel

Dauer

1.110

Orientierung in der Landesverwaltung

3 Tage

1.114

Führung I – Kommunikation und Führung

3 x 3 Tage

7.113

Finanz- und betriebswirtschaftliche Steuerungsinstrumente in der Landesverwaltung

3 Tage

8.310

Grundlagen des Personalwesens

3 Tage

1.120

Führung II – Führungskompetenz

3 x 3 Tage

1.124

Führung III – Führung und Zusammenarbeit

3 x 3 Tage

Die nähere Ausgestaltung der Einführungsseminare regelt das MIK NRW unter Einbeziehung der Fortbildungsakademie des MIK NRW. Die Einführungsseminare sind dem jeweils aktuellen Fortbildungsprogramm der Fortbildungsakademie des MIK NRW zu entnehmen. Die Dienststellen informieren die neu eingestellten Polizeiärztinnen und Polizeiärzte über die Einführungsseminare und stellen deren Teilnahme an diesen sicher.

3.2
Medizinische Fortbildungen

Folgende medizinische Fortbildungen sind in den ersten drei Jahren zu absolvieren:

-          Weiterbildung Betriebsmedizin falls noch nicht vorhanden                             18 Monate

(Polizeiintern berufsbegleitend an einer zugelassenen Weiterbildungsstätte nach Weisung des MIK NRW), dabei 360 Stunden ärztekammergebundene Kursfortbildung

-          Arbeitsschutz in der Polizei (LAFP)                                                                       2 Tage

-          Grundlagen der ärztlichen Begutachtung (zum Beispiel im Fortbildungszentrum Haus der Ärzteschaft, Düsseldorf).                                    40 Stunden

- MBl. NRW. 2013 S. 532