Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2014 Nr. 8 vom 18.3.2014 Seite 115 bis 130
Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Familienberatungsstellen RdErl. d. Ministeriums für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport - 212 - 6704.1 vom 17.2.2014 |
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Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Familienberatungsstellen RdErl. d. Ministeriums für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport - 212 - 6704.1 vom 17.2.2014
21630
Richtlinien
über die Gewährung von Zuwendungen
zur Förderung von Familienberatungsstellen
RdErl. d. Ministeriums für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport - 212
- 6704.1
vom 17.2.2014
1
Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage
1.1
Das Land gewährt nach Maßgabe dieser Richtlinien, der Verwaltungsvorschriften
und der Verwaltungsvorschriften für Zuwendungen an Gemeinden (GV) zu § 44 LHO
Zuwendungen für die Förderung der Familienberatungsstellen.
Danach können gefördert werden
- Beratungsstellen für Kinder, Jugendliche und Eltern/Erziehungsberatungsstellen,
- Ehe- und Lebensberatungsstellen,
- integrierte Beratungsstellen,
- Einrichtungen mit besonderem Beratungsschwerpunkt, z. B. Mädchenberatungsstellen,
- Anlauf- und Beratungsstellen bei Misshandlung, Vernachlässigung und sexuellem Missbrauch von Kindern.
Im Sinne einer pluralen Trägerlandschaft können Beratungsangebote freier Träger, die bislang nicht mit Landesmitteln gefördert wurden, in die Förderung einbezogen werden. Bei der erstmaligen Bewilligung ist eine Ausnahme von Nr. 1.3 VV zu § 44 LHO zulässig, wenn - unter Beachtung der mittelfristigen Finanzplanung - die erforderlichen Haushaltsmittel zur Verfügung stehen und ein prüffähiger Antrag vorliegt.
1.2
Die Beratungsarbeit erfolgt entsprechend dem Stand der „Regeln des fachlichen
Könnens im Beratungswesen“.
1.3
Ein Anspruch auf Gewährung der Zuwendung besteht nicht; vielmehr entscheidet
die Bewilligungsbehörde aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der
verfügbaren Haushaltsmittel.
2
Ziele und Gegenstand der Förderung
2.1
Die Förderung erfolgt nach den gemeinsam mit den Trägerverbänden festgelegten
Zielsetzungen der
- Konzentration auf Familienberatung, d.h. auf Kinder, Jugendliche und junge Volljährige bis 27 Jahre sowie Familien mit Kindern unter 21 Jahren,
- regionalen Einbindung der Familienberatung in die kommunale Jugendhilfeplanung,
- verbindlichen Vernetzung und Kooperation der Familienberatungsstellen mit anderen kinder- und familienbezogenen Einrichtungen, z.B. Familienzentren, in der fall- und nichtfallbezogenen Arbeit,
- Intensivierung der präventiven Angebote zur Stärkung der Erziehungs- und Beziehungskompetenz und der besseren Früherkennung von sozialen Problemlagen,
- Initiierung und Durchführung gezielter Kooperationen mit Selbsthilfegruppen sowie Nutzung von ehrenamtlichen Strukturen,
- Schwerpunktbildung in der fallbezogenen Arbeit der Familienberatung auf komplexe Erziehungsprobleme und soziale Problemgruppen,
- stärkeren Berücksichtigung und Integration von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte in den Beratungsangeboten.
Das Land fördert die Arbeit der Einrichtungen
2.1.1
freier Träger durch Zuwendungen für die Beschäftigung von
- Fachkräften sowie deren jeweilige Vertretung und
- Kräften im Sekretariatsbereich sowie deren jeweilige Vertretung;
2.1.2
der Gemeinden (GV) durch Zuwendungen für die Beschäftigung von Fachkräften in
institutionellen Angeboten der Beratung für Kinder, Jugendliche und Eltern.
3
Zuwendungsempfänger
3.1
Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege und ihnen angeschlossene Verbände
und Träger, Kirchen und Kirchen gleichgestellte Körperschaften oder Anstalten
des öffentlichen Rechts sowie
3.2
Gemeinden (GV)
in Nordrhein-Westfalen.
4
Zuwendungsvoraussetzungen
4.1
Geförderte Einrichtungen müssen ihre Beratungsarbeit auf der Grundlage
freiwilliger Inanspruchnahme und ohne Erhebung eines Leistungsentgelts leisten,
soweit nicht Ansprüche gegen andere Kostenträger gegeben sind.
4.2
Allgemeines
4.2.1
Als Grundlage für die Einbindung der Arbeit der Familienberatungsstellen
in die kommunale Jugendhilfeplanung muss eine Bestätigung des Jugendamtes
vorliegen, dass die Beratungsstelle ein inhaltlich abgestimmtes Angebot
im System der kommunalen Jugendhilfe ist.
(Muster Anlage 1)
4.2.2
Über die Vernetzung und Kooperation mit anderen kinder- und familienbezogenen
Einrichtungen - sowohl in der nichtfallbezogenen als auch fallbezogenen Arbeit
- müssen verbindliche Vereinbarungen mit mindestens 3 Einrichtungen aus
mindestens 2 Bereichen bestehen.
4.2.3
Die Beratungsstelle macht neben der fallbezogenen Arbeit präventive Angebote
zur Stärkung der Erziehungs- und Beziehungskompetenz und der besseren
Früherkennung von sozialen Problemen für Kinder, Jugendliche und Eltern sowie
für Multiplikatoren. Dazu werden Veranstaltungen und Angebote durchgeführt.
4.2.4
Die Initiierung von und gezielte Kooperation mit Selbsthilfegruppen, Verbänden
und Nutzung von ehrenamtlichen Strukturen muss durch eine entsprechende
Konzeption nachgewiesen werden.
4.2.5
Zur Schwerpunktbildung in der fallbezogenen Arbeit auf komplexe
Erziehungsprobleme und soziale Problemgruppen sind als Zielgruppen
entweder Eltern vor/in/nach Trennung und Scheidung oder Alleinerziehende mit
einem Beratungsanteil (abgeschlossene Fälle) von 25 v.H. zu berücksichtigen.
4.3
Freie Träger
4.3.1
Beratungsstellen für Kinder, Jugendliche und Eltern/Erziehungsberatungsstellen
müssen zur Sicherstellung einer fachlich mehrdimensionalen Beratung über ein
Team aus mindestens drei Fachkräften verfügen. Dabei muss je eine Fachkraft mit
folgenden Qualifikationen beschäftigt sein:
- Abschlussdiplom in Psychologie / Master in Psychologie im Umfang einer Vollzeitstelle oder entsprechender Anzahl von Teilzeitbeschäftigten,
- Abschlussdiplom in Sozialarbeit oder Sozialpädagogik oder Heilpädagogik /Bachelor in Sozialwesen oder Heilpädagogik,
- pädagogisch-therapeutischer Qualifikation; diese ist in der Regel orientiert an pädagogischen/psychologischen Studienabschlüssen mit Zusatzqualifikationen, z.B. für Kinder- und Jugendlichenberatung und -therapie und/oder Familientherapie oder vergleichbarer Zusatzqualifikation.
4.3.1.1
Die Gesamtarbeitszeit der Fachkräfte entspricht mindestens dem Dreifachen der
tarifvertraglichen wöchentlichen Arbeitszeit.
4.3.1.2
Für die Förderung der Kräfte im Sekretariatsbereich wird eine Stelle mit der
tarifvertraglichen wöchentlichen Arbeitszeit für ein Beratungsteam
(Vollzeitäquivalent von 3 Stellen) als angemessen angesehen.
4.3.2
Ehe- und Lebensberatungsstellen müssen über mindestens eine Fachkraft verfügen
mit
- Abschlussdiplom in Psychologie/Master in Psychologie oder Master in Sozialwesen oder
- Abschlussdiplom in Sozialarbeit oder Sozialpädagogik oder
- Bachelor in Sozialwesen mit Zusatzqualifikation nach den Grundsätzen des Deutschen Arbeitskreises für Jugend-, Ehe- und Familienberatung oder
- Abschluss einer vergleichbaren Ausbildung; als vergleichbar gilt insbesondere eine Weiterbildung nach den Gemeinsamen Grundsätzen des Deutschen Arbeitskreises für Jugend-, Ehe- und Familienberatung sowie Studienabschlüsse wie z.B. Master of Counselling, soweit sie mit den v.g. Berufsqualifikationen vergleichbar sind.
4.3.2.1
Die Gesamtarbeitszeit des Teams entspricht mindestens der tarifvertraglichen
wöchentlichen Arbeitszeit.
4.3.2.2
Für die Förderung der Kräfte im Sekretariatsbereich wird eine Teilzeitstelle
mit der Hälfte der tarifvertraglichen wöchentlichen Arbeitszeit für ein Team
als angemessen angesehen.
4.3.3
Integrierte Einrichtungen und Beratungsstellen mit besonderen
Beratungsschwerpunkten verfügen über die personelle und fachliche
Mindestausstattung mit Fachkräften der jeweils vorliegenden
Beratungsgrundtypen.
4.3.4
Anlaufstellen und Beratungsstellen bei Misshandlung, Vernachlässigung und
sexuellem Missbrauch von Kindern müssen über eine fachlich geeignete
hauptberufliche Kraft verfügen, deren Aufgabe es ist, durch beratende und
koordinierende Tätigkeit den Zugang zum allgemeinen Angebot der Familien- und
Lebensberatung zu öffnen. Die Arbeitszeit der Fachkraft muss der
tarifvertraglichen wöchentlichen Arbeitszeit entsprechen. Eine Stelle kann mit
2 Teilzeitkräften mit jeweils der Hälfte der tarifvertraglichen wöchentlichen
Arbeitszeit besetzt werden. Die Mitarbeit von Ärztinnen und Ärzten muss gewährleistet
sein. Über entsprechende Absprachen müssen schriftliche Bestätigungen
vor1iegen.
Die Nummern 4.2.1 – 4.3.3 sind nicht anzuwenden.
4.4
Soweit in den Nummern 4.3.1.1, 4.3.1.2, 4.3.2.1 und 4.3.4 die tarifvertragliche
Arbeitszeit genannt ist, bezieht sich diese auf die jeweilige tarifvertragliche
Regelung der Trägerverbände. Bestehen solche Regelungen nicht, sind die
Arbeitszeitregelungen des TV/L maßgeblich.
4.5
Über Ausnahmeregelungen nach den Nummern 4.2.1 - 4.3.4 entscheidet die
Bewilligungsbehörde. Von den Voraussetzungen nach den Nummern 4.2.1 – 4.2.5
sind Abweichungen insbesondere zulässig, wenn die kommunale Jugendhilfeplanung
nachweislich andere Schwerpunkte setzt.
5
Art und Umfang, Höhe der Zuwendung
5.1
Zuwendungsart:
Projektförderung
5.2
Finanzierungsart:
Festbetragsfinanzierung
5.3
Form der Zuwendung:
Zuschuss/Zuweisung
5.4
Bemessungsgrundlage
5.4.1
Für die Beratungsstellen freier Träger nach den Nummern 4.3.1 und 4.3.2 setzt
das zuständige Ministerium Förderpauschalen fest. Deren Grundlage wird jeweils
für drei Jahre auf der Basis der von IT-NRW veröffentlichten
Personalkostensätze (Personalkosten inkl. Zukunftssicherung und Nebenkosten der
Einzelpläne) der zum Zeitpunkt der Festlegung vergangenen drei Jahre bestimmt.
Die Festlegung der Förderpauschalen erfolgt jährlich – unter Berücksichtigung
der Antragstellung - auf bis zu 50% der nach Satz 2 ermittelten
Grundlage.
Die Fachkräfte werden fiktiv sechs Förderstufen nach der geltenden Entgeltordnung zum TV/L zugeordnet - Anlage 2. Die Förderstufen und deren Vergleichbarkeit mit den tariflichen Regelungen der Trägerverbände werden zwischen dem zuständigen Ministerium und den Trägerverbänden mit eigenen tarifvertraglichen Regelungen abgestimmt.
5.4.2
Für die Beratungsstellen der Gemeinden (GV) gemäß Nummer 2.1.2 setzt das
zuständige Ministerium jährlich eine Pauschale je ganzjährig
vollzeitbeschäftigter Fachkraft auf Grundlage des Haushaltsansatzes und der in
den Anträgen anzugebenden Stellenbesetzung mit Fachkräften des Vorjahres fest.
5.4.3
Für die Förderung der Honorarfachkräfte der Beratungsstellen freier Träger
setzt das zuständige Ministerium jährlich eine Pauschale analog Nummer
5.4.1 fest auf der Basis der von IT- NRW veröffentlichten
Personalkostensätze (Stundensatz) der Entgeltstufe 13 TV/L.
5.4.4
Für Anlaufstellen gemäß Nummer 4.3.4 setzt das zuständige Ministerium jährlich
eine Pauschale für eine für die Beratungs- und Koordinierungsaufgaben
ganzjährig eingesetzte Vollzeitkraft fest. Die Festsetzung erfolgt analog
Nummer 5.4.1 auf Basis der von IT-NRW veröffentlichten Personalkostensätze der
Entgeltstufe 10 TV/L. Die Mitarbeit der Ärztinnen und Ärzte ist von der
Förderung ausgeschlossen.
5.4.5
Für spezialisierte Beratungsstellen sind im Einzelfall im Einvernehmen mit dem
zuständigen Ministerium abweichende Fördervoraussetzungen und Bemessungen der
Zuwendung möglich.
5.4.6
Für Beratungsstellen, die besondere landesweite Aufgaben übernehmen oder sich
an ausgewählten Projekten beteiligen, kann das zuständige Ministerium ergänzend
zu der Personalkostenförderung Zuschüsse festsetzen.
6
Sonstige Regelungen
6.1
Das zuständige Ministerium ermittelt für einen künftigen Zeitraum von
längstens drei Jahren die voraussichtlich zu erwartende Mindesthöhe der
Förderpauschalen. Diesen liegen die in Nummer 5.4.1 genannten
Personalkostensätze zugrunde.
6.2
In einer gesonderten Mittelung informiert die Bewilligungsbehörde die
Antragstellerinnen und Antragsteller unverbindlich über die voraussichtlich zu
erwartende Mindesthöhe der Förderpauschalen. Die Mitteilung erfolgt unter dem
ausdrücklichen Haushaltsvorbehalt.
7
Verfahren
7.1
Freie Träger stellen Anträge nach dem Muster der Anlage 3 a an die zuständigen
Bewilligungsbehörden. Die Anträge müssen bis zum 1.11. für das folgende
Kalenderjahr - bei neu einzurichtenden Beratungsstellen spätestens drei Monate
vor dem beantragten Förderbeginn - vorliegen.
Gemeinden (GV) stellen Anträge nach dem Muster der Anlage 3 b an die zuständigen Bewilligungsbehörden bis zum 1.3. des Bewilligungsjahres.
7.2
Bewilligungsbehörden sind die Landschaftsverbände.
7.3
Sofern eine Ausnahmeregelung nach Ziffer 1.1 Absatz 3 getroffen wurde, ist der
Antragstellerin oder dem Antragsteller schriftlich mitzuteilen, dass die
Genehmigung einer Ausnahme einen Anspruch auf spätere Förderung nicht
begründet.
7.4
Die Bewilligungsbehörden erteilen die Zuwendungsbescheide nach dem Muster der
Anlage 4.
Die Auszahlung der Zuwendungen erfolgt ohne Anforderung zu gleichen Teilen
- für freie Träger zum 10.2., 10.3., 10.5, 10.7., 10.9. und 10.11.
- für Gemeinden zum 1.5. und 1.10.
des laufenden Jahres.
7.5
Von den Zuwendungsempfängern ist ein Verwendungsnachweis nach dem Muster
der Anlage 5 a für freie Träger und nach dem Muster der Anlage 5 b für
Gemeinden (GV) zu verlangen. Dieser umfasst im Sachbericht auch die für das
Berichtswesen und Förderprogramm-Controlling notwendigen Angaben.
8
Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Die Richtlinien treten mit Wirkung vom 1.1. 2014 in Kraft und gelten bis zum 31.12.2018.
Die Anlagen sind hier nicht abgedruckt. Sie sind auf den Internet-Seiten der Bewilligungsbehörden veröffentlicht und können dort angefordert werden.
- MBl. NRW. 2014 S. 124