Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2015 Nr. 10 vom 17.4.2015 Seite 235 bis 248

Grundsätze über die Auskunfts- und Geheimhaltungspflichten der Beschäftigten der Arbeitsschutzverwaltung Runderlass des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales– III 2-8012 – v. 19.2.2015
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Grundsätze über die Auskunfts- und Geheimhaltungspflichten der Beschäftigten der Arbeitsschutzverwaltung Runderlass des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales– III 2-8012 – v. 19.2.2015

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Grundsätze über die Auskunfts- und
Geheimhaltungspflichten der Beschäftigten
der Arbeitsschutzverwaltung

Runderlass des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales– III 2-8012 –
v. 19.2.2015

Teil 1

Die Auskunfts- und Geheimhaltungspflichten der Beschäftigten der Arbeitsschutzverwaltung richten sich nach den folgenden Grundsätzen:

Gliederung

Vorbemerkung

1 Arbeitsschutzrechtliche Geheimhaltungsvorschriften

1.1 Grundsätzliches zu Auskunftsverlangen

1.2 Entwicklung, Gegenstand und Zweck der Geheimhaltungspflicht

1.3 Anwendungsbereich; Abgrenzung der Vorschriften voneinander; Verweis auf Umweltinformationsgesetz

1.4 Voraussetzungen des § 23 Absatz 2 Arbeitsschutzgesetz

1.5 Voraussetzungen des § 139 b Absatz 1 Satz 3 Gewerbeordnung

1.6 Ausnahmen und Befreiung von den Geheimhaltungspflichten

1.6.1 Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht

1.6.2 Allgemeine Mitteilungen ohne Bezug auf geheimhaltungspflichtige Tatsachen

1.6.3 Mitteilungen zu statistischen Zwecken

1.6.4 Mitteilungen innerhalb von Behörden oder zwischen Behörden

1.6.5 Mitteilungen gegenüber Arbeitsschutzbehörden

1.7 Folgen eines Verstoßes gegen die Geheimhaltungspflicht

2 Arbeitsschutzrechtliche Unterrichtungspflichten

2.1 Unterrichtungs- und Zusammenarbeitspflicht des § 23 Absatz 3 Arbeitsschutzgesetz

2.2 Unterrichtungs- und Zusammenarbeitspflicht des § 139 b Absatz 7 und 8 Gewerbeordnung

2.3 Zusammenarbeitspflicht des § 21 Absatz 3 Arbeitsschutzgesetz

2.4 Informations- und Unterstützungspflicht des § 8 Absatz 10 Produktsicherheitsgesetz

2.5 Übermittlungs- und Mitteilungspflichten nach § 10 Absatz 2, 3 Fahrpersonalgesetz

3 Regelungen aus anderen Rechtsgebieten

3.1 Informationsfreiheitsgesetz NRW

3.1.1 Jedermannsrecht nach § 4 Absatz 1 IFG NRW

3.1.2 Verhältnis zu anderen Informationsrechten

3.1.3 Verhältnis zu arbeitsschutzrechtlichen Geheimhaltungsvorschriften

3.1.4 Ausschluss und Beschränkungen nach §§ 6 – 9 IFG NRW

3.2 Umweltinformationsgesetz

3.2.1 Anspruch nach § 2 UIG NRW i.V.m. § 3 UIG

3.2.2 Ablehnungsgründe nach § 2 Satz 3 UIG NRW i.V.m. §§ 8, 9 UIG

3.3 Verbraucherinformationsgesetz

3.3.1 Auskunftsberechtigte und Umfang des Informationsrechts nach VIG

3.3.2 Antrag und Ablehnungsgründe

3.3.3 Verfahren und Bescheidungsfrist

3.3.4 Verhältnis zu anderen Informationsrechten

3.4 Verwaltungsverfahrensgesetz NRW

3.4.1 Akteneinsichtsrecht nach § 29 Absatz 1 und 3 VwVfG NRW

3.4.2 Ausschluss und Beschränkungen nach §§ 29 Absatz 2, 3 b VwVfG NRW

3.4.3 Amtshilfe nach §§ 4 ff VwVfG NRW

3.5 Datenschutzgesetz NRW

3.5.1 Auskunfts- und Einsichtsrechte nach § 18 DSG NRW

3.5.2 Übermittlung personenbezogener Daten an andere als den Betroffenen

3.5.3 Sonderfall: Umgang mit Daten des Beschwerdeführers

3.6 Ordnungswidrigkeitengesetz

3.6.1 Akteneinsicht an anwaltlich nicht vertretene Betroffene

3.6.2 Akteneinsicht an Rechtsanwalt als Verteidiger

3.6.3 Akteneinsicht an verletzte Person

3.6.4 Akteneinsicht an nicht beteiligte Personen und Stellen

3.7 Pressegesetz NRW

3.8 Landesverfassung

3.9 Gesetz über den Feuerschutz und die Hilfeleistung NRW

4 Auskunftsersuchen von Gerichten und Verfolgungsbehörden

4.1 Auskunftsersuchen von Strafgerichten und Verfolgungsbehörden

4.2 Auskunftsersuchen von Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichten

4.3 Auskunftsersuchen anderer Gerichte

5 Aussagen vor Gericht als Zeuge oder Sachverständiger

5.1 Aussagen vor Staatsanwaltschaften, Strafgerichten und Finanzgerichten in Steuerstrafsachen sowie vor Amtsgerichten in Bußgeldsachen

5.2 Aussagen vor Zivil-, Arbeits-, Verwaltungs- und Sozialgerichten sowie vor Ausschüssen des Landtags

5.3 Regelungen für Tarifbeschäftigte

V o r b e m e r k u n g:

Im nachfolgenden Erlass wurde zu Gunsten der besseren Lesbarkeit bei der Nennung von Gesetzen und Verordnungen auf den Zusatz des Ausfertigungsdatums und des letzten Änderungsdatums verzichtet. Alle aufgeführten Vorschriften beziehen sich auf die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Erlasses gültige Fassung.

Hinsichtlich der Begrifflichkeiten bei der Bekanntgabe von Daten wird im Erlass entsprechend dem Datenschutzrecht wie folgt differenziert:

- Übermitteln:

- Bekanntgabe gespeicherter oder durch Datenverarbeitung gewonnener personenbezogener Daten an Dritte durch: Weitergabe durch die verantwortliche Behörde: jede aktive Handlung desjenigen, der in Besitz der Informationen ist, durch die diese in den Bereich des Adressaten gelangen

- Einsehen und Abrufen der von der verantwortlichen Behörde bereit gehaltenen Informationen durch Dritte

Die Bekanntgabe zwischen verschiedenen Bediensteten innerhalb einer Behörde erfolgt nicht an Dritte und ist daher keine Übermittlung.

- Offenbarung:

Ein Geheimnis an einen anderen, dem es bis dahin noch unbekannt war, durch aktives Tun oder Unterlassen gelangen zu lassen. Eine Offenbarung ist personenbezogen, kann also grundsätzlich auch zwischen verschiedenen Mitarbeitern derselben Behörde / Organisationseinheit erfolgen. Sofern das Geheimnis innerhalb derselben Behörde bzw. zwischen Behörden oder sonstigen Stellen für Aufgaben der öffentlichen Verwaltung jedoch lediglich im Rahmen der ordnungsgemäßen Aufgabenerledigung zur Kenntnis gebracht wird, liegt keine Offenbarung vor (siehe näher Nummer 1.6.4).

E r l a s s t e x t

1.
Arbeitsschutzrechtliche Geheimhaltungsvorschriften

1.1
Grundsätzliches zu Auskunftsverlangen

An die Arbeitsschutzverwaltung werden von verschiedenen Seiten (z.B. anderen Behörden, Gerichten, Staatsanwaltschaften, Beteiligten von Verwaltungsverfahren, Rechtsanwälten, Berufsgenossenschaften, Interessenvertretern, Pressevertretern, Bürgern) Wünsche nach Auskunftserteilung, Stellungnahme und/oder Akteneinsicht herangetragen

Die Bearbeitung solcher Anfragen erfordert zunächst eine Prüfung in zwei Schritten:

1. Zunächst ist zu prüfen, ob eine Anspruchsgrundlage (siehe Nummer 3) für die Übermittlung der entsprechenden Informationen in Betracht kommt. Ein allgemeines Akteneinsichts- oder Informationszugangsrecht kann sich ergeben aufgrund des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG NRW), für den Zugang zu Umweltinformationen aufgrund des Umweltinformationsgesetzes (UIG NRW) sowie für den Zugang über Informationen über Verbraucherprodukte aufgrund des Verbraucherinformationsgesetzes (VIG). Für Beteiligte eines Verwaltungsverfahrens kann sich ein besonderes Akteneinsichtsrecht aufgrund des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG NRW) ergeben.

2. In einem weiteren Schritt ist zu prüfen, ob einem geltend gemachten Anspruch auf Informationszugang nicht Geheimhaltungspflichten entgegenstehen. Neben den allgemeinen Bestimmungen über die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit (siehe Nummer 1.3) sind die Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten im Datenschutzgesetz (DSG NRW, siehe Nummer 3.5) zu beachten. D. h. bei jedem Informationsverlangen muss geprüft werden, ob (auch) personenbezogene Daten nach § 3 Absatz 1 DSG NRW betroffen sind und ob nach § 4 Absatz 1 DSG NRW eine Befugnis gegeben ist, diese zu übermitteln bzw. zu offenbaren. Darüber hinaus enthalten die §§ 23 Absatz 2 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und 139 b Absatz 1 Satz 3 Gewerbeordnung (GewO) spezielle Regelungen zum Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen bzw. -verhältnissen.

Die Entscheidung über eine gesetzlich ausnahmsweise zugelassene Übermittlung von Daten ist ein Verwaltungsakt mit Drittwirkung zugunsten bzw. zu Lasten Dritter, weshalb die Beteiligten, in deren Rechte oder rechtlich geschützte Interessen eingegriffen würde, grundsätzlich vor der Datenübermittlung n. § 28 VwVfG NRW anzuhören sind. Soweit es sich um personenbezogene Daten handelt und deren Übermittlung nach dem Datenschutzgesetz NRW (DSG NRW) ausnahmsweise zulässig ist, richtet sich die Anhörung oder Unterrichtung des Betroffenen nach den jeweils einschlägigen Datenschutzvorschriften (insbes. § 13 Absatz 2, Satz 2, § 14 Absatz 3, § 16 Absatz 1, Satz 2, 3 DSG NRW).

1.2
Gegenstand und Zweck der Geheimhaltungspflicht

Die im Arbeitsschutzrecht maßgebliche Norm im Hinblick auf die Geheimhaltungspflicht ist § 23 Absatz 2 ArbSchG. Danach sind die mit der Überwachung beauftragten Personen – vorbehaltlich der besonderen gesetzlich geregelten Fälle – grundsätzlich zur Geheimhaltung der ihnen bei ihrer Überwachungstätigkeit zur Kenntnis gelangenden Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse verpflichtet.

Nach § 139 b Absatz 1 Satz 3 GewO sind die von den Landesregierungen zu ernennenden besonderen Beamten - das sind in Nordrhein-Westfalen die Bediensteten der staatlichen Arbeitsschutzbehörden, denen die Befugnisse nach § 139 b GewO übertragen worden sind - grundsätzlich zur Geheimhaltung der amtlich zu ihrer Kenntnis gelangenden Geschäfts- und Betriebsverhältnisse der ihrer Besichtigung und Prüfung unterliegenden Anlagen verpflichtet.

Mit Inkrafttreten des Arbeitsschutzgesetze im Jahre 1996 hat § 139 b GewO weitgehend an Bedeutung verloren, die maßgebliche Norm im Hinblick auf die Geheimhaltungspflicht ist nunmehr § 23 Absatz 2 ArbSchG. Danach sind die mit der Überwachung beauftragten Personen (hierbei handelt es sich um denselben Personenkreis, der auch in § 139 b GewO angesprochen ist) - vorbehaltlich der besonderen gesetzlich geregelten Fälle - zur Geheimhaltung der ihnen bei ihrer Überwachungstätigkeit zur Kenntnis gelangenden Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse verpflichtet.

Beide Regelungen dienen der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen den Bediensteten der Arbeitsschutzverwaltung und den Unternehmern/Arbeitgebern und kommen damit im Ergebnis auch den Belangen des Arbeitsschutzes zugute. Daneben haben sie den Zweck, ähnlich wie beim Steuergeheimnis den Unternehmer/Arbeitgeber vor unbefugter Bekanntgabe von betrieblichen Gegebenheiten und damit vor möglichen wirtschaftlichen Nachteilen zu schützen.

1.3
Anwendungsbereich; Abgrenzung der Vorschriften voneinander; Verweis auf das UIG

Die Vorschriften des § 23 ArbSchG und des § 139 b GewO stehen gleichrangig nebeneinander. §139 b GewO gilt jedoch nur noch in solchen Bereichen, in denen die Rechte und Pflichten der Bediensteten durch Verweisung auf § 139 b GewO geregelt sind. Derartige Verweisungen finden sich derzeit in:

- § 19 Absatz 1 Satz 3 Atomgesetz

- § 20 Absatz 2 Mutterschutzgesetz

- § 22 Absatz 2 Ladenschlussgesetz

- § 3 Absatz 2 Heimarbeitsgesetz

§ 23 Absatz 2 ArbSchG gilt für die Überwachungstätigkeit im Rahmen des Arbeitsschutzgesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen. Dies sind z.B. die Betriebssicherheitsverordnung, Bildschirmarbeitsverordnung, Lastenhandhabungsverordnung, Arbeitsstättenverordnung, Biostoffverordnung und die Baustellenverordnung. Daneben gilt § 23 Absatz 2 ArbSchG über die Verweisvorschrift des § 38 Absatz 1 des Produktsicherheitsgesetzes (ProdSG) auch für die Aufsicht über die nach § 34 Absatz 1 ProdSG erlassenen Rechtsverordnungen.

In anderen Bereichen, in denen die Arbeitsschutzverwaltung ebenfalls ganz oder teilweise zuständig ist, gelten dagegen mangels Verweisung auf § 23 ArbSchG oder § 139 b GewO nur die allgemeinen Bestimmungen über die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit und über die Rechtsfolgen einer Geheimnisverletzung, z.B.:

- § 3 b Verwaltungsverfahrensgesetz NRW (VwVfG NRW)

- § 37 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) bzw.

§3 Absatz 2 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L)

- §§ 203 f. Strafgesetzbuch (StGB) und

- § 353 b StGB.

Solche Bereiche sind z.B. das Arbeitszeitgesetz (ArbZG), das Chemikaliengesetz (ChemG), das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG), das Fahrpersonalgesetz (FPersG) oder das Sprengstoffgesetz (SprengG). Folglich richtet sich die Frage der Amtsverschwiegenheit im Einzelfall nach den jeweiligen materiell-rechtlichen Vorschriften.

Sowohl in § 23 Absatz 2 Satz 2 ArbSchG als auch in § 139 b Absatz 1 Satz 4 GewO ist festgelegt, dass sich die Befugnis, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse bzw. Betriebs- oder Geschäftsverhältnisse zu offenbaren, nach dem UIG NRW richtet, sofern es sich um Informationen über die Umwelt im Sinne des UIG NRW handelt. Folglich kann auch nach Feststellung eines Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses bzw. -verhältnisses aufgrund des UIG NRW eine Offenbarungsbefugnis oder Offenbarungspflicht bestehen (siehe Nummer 3.2).

1.4
Voraussetzungen des § 23 Absatz 2 ArbSchG

§ 23 Absatz 2 ArbSchG schützt Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse vor unbefugter Offenbarung (zum Schutz personenbezogener Daten siehe Nummer 3.5). Der Begriff ist nicht deckungsgleich mit dem in § 139 b Absatz 1 Satz3 GewO verwendeten Begriff der Betriebs- und Geschäftsverhältnisse (siehe nachfolgende Nummer 5.5) und umfasst nach der Rechtsprechung des OVG Münster (s. Beschlüsse vom 03.05.2010, Az. 13a F 31/09, Rz. 31 ff. und vom 23.5.2011, Az. 8 B 1729/10, Rz. 27 ff.) nur solche auf ein Unternehmen bezogene Tatsachen, Umstände und Vorgänge, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat.

Geheimnisse in diesem Sinne können - je nach Lage des Einzelfalles - z.B. sein:

Betriebsgeheimnisse:

- die Anwendung bestimmter Arbeitsverfahren,
auch wenn die Verfahren als solche bekannt sind

- Rezepturen

- Bauhinweise von Geräten oder Maschinen

- Daten über verwendete Stoffe

- technisches Wissen

Geschäftsgeheimnisse:

- Ausschreibungsunterlagen

- Kundenlisten

- Bezugsquellen

- Marktstrategien

- Forschungsprojekte

- Kalkulationsunterlagen, Umsätze, Geschäftsbücher etc.

Die Vorschrift wendet sich unmittelbar nur an die „mit der Überwachung beauftragten Personen“ der Arbeitsschutzbehörden. Das sind diejenigen, zu deren dienstlichen Aufgaben die Überwachung nach dem ArbSchG und den zugehörigen Rechtsverordnungen gehört. Dem Schutzziel der Vorschrift entsprechend werden auch diejenigen Bediensteten der staatlichen Arbeitsschutzbehörden von der Vorschrift erfasst, die zwar nicht selbst mit der Überwachung beauftragt sind, aber von den beauftragten Personen Kenntnis von Geheimnissen erhalten haben, z.B. die Mitarbeiter einer zentralen Bußgeldstelle. Dies gilt auch dann, wenn die Kenntnisnahme mittelbar durch Aktenstudium erfolgt.

Geschützt sind nur Geheimnisse, die bei der Überwachungstätigkeit bekannt werden. Überwachungstätigkeit ist die Kontrolle der Einhaltung der Bestimmungen des ArbSchG und der darauf gestützten Verordnungen z.B. im Rahmen von Besichtigungen, Unfalluntersuchungen oder der Durchführung von Programmen sowie der Bearbeitung von Anzeigen. Nicht von dieser Vorschrift geschützt sind Geheimnisse, die allein bei der Durchführung von bzw. Beteiligung an Genehmigungsverfahren (Erlaubnis- bzw. Bewilligungsverfahren) zur Kenntnis gelangen. Hier erfolgt der Schutz über die Vorschrift des § 3 b VwVfG NRW (siehe Nummer 3.4.).

Die Offenbarung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ist gemäß § 23 Absatz 2 Satz 1 ArbSchG in vier Fällen zulässig:

1. in den gesetzlich geregelten Fällen: In Betracht kommt insoweit der Katalog des § 23 Absatz 3 ArbSchG (siehe Nummer 2.1).

2. zur Verfolgung von Gesetzwidrigkeiten: Dabei handelt es sich um Straftaten, Ordnungswidrigkeiten sowie solche Tatsachen, die Verfahren gemäß § 35 GewO zur Folge haben können. Die Gesetzwidrigkeiten müssen solche Rechtsgebiete betreffen, in denen § 23 Absatz 2 ArbSchG gilt oder sie müssen so schwerwiegend sein, dass unmittelbare Gefahren für Leib und Leben drohen.

3. gegenüber dem Träger der gesetzlichen Unfallversicherung zur Erfüllung von gesetzlich geregelten Aufgaben „zum Schutz der Versicherten“: Die Aufgaben der gesetzlichen Unfallversicherungsträger ergeben sich aus den Bestimmungen des Sozialgesetzbuches VII (SGB VII), insbesondere aus § 1 SGB VII. Dem Schutz der Versicherten dient die Aufgabe der Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren (Präventionsaufgabe, § 1 Nummer 1 SGB VII). Die Offenbarungsbefugnis gegenüber den Unfallversicherungsträgern zur Erfüllung ihrer Präventionsaufgabe steht im Zusammenhang mit § 21 Absatz 3 ArbSchG bzw. § 20 Absatz 1 SGB VII und soll die effektive Zusammenarbeit zwischen den staatlichen Aufsichtsbehörden und den Unfallversicherungsträgern sicherstellen. Zwar gehört auch die Durchführung von Regressen zu den gesetzlichen Aufgaben der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Allerdings dient diese Aufgabe nicht mehr dem Schutz der Versicherten. Die Offenbarung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen (und damit untrennbar verbundener personenbezogener Daten, vgl. Nummer 3.5.2) ist deshalb im Zusammenhang mit Regressverfahren nicht nach § 23 Absatz 2 Satz 1 ArbSchG zulässig.

Diese Ausnahmevorschriften von der Pflicht zur Amtsverschwiegenheit sind als Grenzen verfassungsrechtlicher Garantien (Recht auf informationelle Selbstbestimmung und Berufsfreiheit) eng auszulegen. Aus dem Wortlaut i.V.m. dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergibt sich, dass die Daten nur im erforderlichen Umfang offenbart werden dürfen, also nur soweit sie nach einer Abwägung im Einzelfall als tatsächlich zu Präventionszwecken erforderlich angesehen werden.

Soweit nach dem Vorstehenden die Offenbarung von Daten an die gesetzlichen Unfallversicherungsträger zur Erfüllung von gesetzlichen Aufgaben zum Schutz der Versicherten erlaubt ist, ist bei der Übermittlung der Daten ein Zusatz aufzunehmen, wonach die offenbarten Daten nur für Zwecke der Prävention, nicht aber für Regresszwecke verwendet werden dürfen.

4. gegenüber den für den Schutz der Umwelt zuständigen Behörden: Sofern es sich bei den Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen zugleich um Umweltinformationen im Sinne des § 2 Absatz 3 UIG handelt, dürfen sie nach den Voraussetzungen des UIG offenbart werden, § 23 Absatz 2 Satz 2 ArbSchG (siehe Nummer 3.2).

In diesen Fällen der befugten Offenbarung ist sicherzustellen, dass nur der jeweils vorgesehene Adressat von den Geheimnissen Kenntnis erhält. Der Adressat ist aufzufordern, über den Inhalt der Offenbarung Verschwiegenheit zu bewahren.

1.5
Voraussetzungen des § 139 b Absatz 1 Satz 3 GewO

§ 139 b Absatz 1 Satz 3 GewO schützt Geschäfts- und Betriebsverhältnisse vor unbefugter Offenbarung. Der Begriff ist weiter als der in § 23 Absatz 2 ArbSchG verwendete der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse. Als Geschäfts- und Betriebsverhältnisse sind grundsätzlich alle Vorgänge und tatsächlichen Umstände anzusehen, die mit den Gegebenheiten des Geschäfts- und Betriebsablaufs im Zusammenhang stehen. Dies gilt unabhängig von einem Bezug zum Arbeitsschutz. Erfasst werden z.B.:

- Betriebseinrichtungen

- Beschaffenheit und Menge der eingesetzten Betriebsmittel (etwa Zahl oder Standort
bestimmter Maschinen) und Arbeitsstoffe

- Verbrauch von Brennstoffen

- anfallende Zwischenprodukte

- Einzelheiten der Betriebsorganisation

- Regelung der betriebsärztlichen Versorgung

- Verteilung der Arbeitszeit

- Zahl der Beschäftigten, auch der illegalen Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer

- Verstöße gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz

- abgeschlossene Strafverfahren

- Inhalt und Umfang von Maßnahmen der Arbeitsschutzbehörden, die in Wahrnehmung der Aufsichtsbefugnisse getroffen werden.

Die Vorschrift wendet sich an „die besonderen, von den Landesregierungen zu ernennenden Beamten“. Dies ist derselbe Personenkreis, der in § 23 Absatz 2 ArbSchG angesprochen wird. Die Ausführungen zu Nummer 1.4 gelten entsprechend. Das gilt auch hinsichtlich der Ausdehnung des Anwendungsbereiches auf die übrigen Beschäftigten der staatlichen Arbeitsschutzbehörden.

Geschützt sind solche Geschäfts- und Betriebsverhältnisse, die amtlich zur Kenntnis gelangen. Das ist dann der Fall, wenn sie im Rahmen der Ausübung der Dienstgeschäfte bekannt werden. Auf die Quelle (z.B. freiwillige Information des Unternehmens, Information des Betriebsrates, Bericht einer anderen Behörde, eigene Wahrnehmung) kommt es nicht an.

Die Geschäfts- und Betriebsverhältnisse müssen sich auf die der Besichtigung und Prüfung unterliegenden Anlagen beziehen. Anlage ist als Oberbegriff für alle Räumlichkeiten, Plätze, technischen Einrichtungen, Baustellen etc. zu verstehen, die den sachlichen Bezugsgegenstand der arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bilden.

Die Offenbarung von Geschäfts- und Betriebsverhältnissen ist gemäß § 139 b Absatz 1 Satz 3 GewO nur in folgenden Fällen zulässig:

- zur Verfolgung von Gesetzeswidrigkeiten:

Die Ausführungen unter Nummer 1.4 gelten entsprechend.

- gegenüber den für den Schutz der Umwelt zuständigen Behörden:

Die Ausführungen unter Nummer 1.4 gelten entsprechend.

In diesen Fällen der befugten Offenbarung ist sicherzustellen, dass nur der jeweils vorgesehene Adressat von den Verhältnissen Kenntnis erhält. Der Adressat ist aufzufordern, über den Inhalt der Offenbarung Verschwiegenheit zu bewahren.

1.6
Ausnahmen und Befreiung von den Geheimhaltungspflichten

1.6.1
Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht

Die Geheimhaltungsvorschriften der §§ 23 Absatz 2 ArbSchG und 139 b GewO finden keine Anwendung, wenn der Unternehmer/Arbeitgeber den Bediensteten der Arbeitsschutzverwaltung von seiner Verschwiegenheitspflicht entbindet. Der Bedienstete hat sich die Befreiung durch schriftliche Erklärung bestätigen zu lassen. Soweit die Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht auch die Verarbeitung personenbezogener Daten erfasst, handelt es sich um eine Einwilligung gemäß § 4 Absatz 1 DSG NRW bzw. § 4a Absatz 1 BDSG; diese ist grundsätzlich schriftlich zu erteilen, nicht erst schriftlich zu bestätigen. Hängt die Zulässigkeit der Auskunft eines Bediensteten an einen Dritten von einer Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht ab, so hat die Behörde den Unternehmer/Arbeitgeber unverzüglich zu befragen. Dies gilt nicht, wenn unzweifelhaft ist, dass der Unternehmer/Arbeitgeber mit einer Auskunft an einen Dritten nicht einverstanden ist.

1.6.2
Allgemeine Mitteilungen ohne Bezug auf geheimhaltungspflichtige Tatsachen

Die allgemeine Mitteilung, dass ein bestimmter Betrieb auf die Einhaltung von Arbeitsschutzvorschriften überprüft werden wird oder dass dies bereits erfolgt ist sowie die generelle Feststellung, dass die Arbeitsschutzvorschriften beachtet werden oder etwa vorgebrachten Beanstandungen nachgegangen wurde, stellt keinen Verstoß gegen arbeitsschutzrechtliche Geheimhaltungsvorschriften dar.

1.6.3
Mitteilungen zu statistischen Zwecken

Keine Anwendung finden die arbeitsschutzrechtlichen Geheimhaltungsvorschriften bei Mitteilungen zu statistischen Zwecken gegenüber Behörden oder öffentlich-rechtlichen Körperschaften, wenn sichergestellt ist, dass vorgesehene Veröffentlichungen keine Rückschlüsse auf Betriebs- und Geschäftsverhältnisse bzw. -geheimnisse zulassen, die dem Schutz der §§ 23 Absatz 2 ArbSchG, 139 b GewO unterliegen. Bezüglich des Schutzes personenbezogener Daten gilt in diesen Fällen § 31 DSG NRW (vgl. Nummer 3.5.2).

1.6.4
Mitteilungen innerhalb von Behörden oder zwischen Behörden

Grundsätzlich liegt innerhalb derselben Behörde bzw. zwischen Behörden oder sonstigen Stellen für Aufgaben der öffentlichen Verwaltung keine Offenbarung eines Geheimnisses i. S. d. § 203 Absatz 2 StGB vor, sofern das Geheimnis im Rahmen der ordnungsgemäßen Aufgabenerledigung zur Kenntnis gebracht wird. Ein Amtsträger oder für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter hat im Regelfall das Geheimnis als „Behörde in Gestalt dieser Person“ erfahren, so dass innerhalb derselben Behörde regelmäßig keine Offenbarung vorliegt, wenn das Geheimnis weiteren Behördenangehörigen zur Kenntnis gebracht wird, soweit dies im Rahmen der ordnungsgemäßen Erledigung der Aufgabe geschieht. Eine Ausnahme kann dann vorliegen, wenn das Geheimnis ausdrücklich der Person des Amtsträgers „unter dem Siegel der Verschwiegenheit“ mitgeteilt wurde. Gegenüber anderen Behörden oder sonstigen Stellen für Aufgaben der öffentlichen Verwaltung liegt gemäß § 203 Absatz 2 Satz 2, 2. Halbsatz StGB keine Offenbarung und damit keine Verstoß gegen die Geheimhaltungspflicht vor, wenn Einzelangaben im Rahmen der ordnungsgemäßen Aufgabenerledigung bekanntgegeben werden und das Gesetz dies nicht untersagt.

Soweit aufgrund von Einzelfallanweisung oder aufgrund allgemeiner Regelung (Erlass, Verfügung, Geschäftsordnung) eine Berichtspflicht gegenüber vorgesetzten Personen oder (Aufsichts-) Behörden besteht, sind Mitteilungen in diesem Verhältnis keine Verstöße gegen bestehende Geheimhaltungspflichten.

Soweit die Adressaten der Berichte ihrerseits nicht bereits den Regelungen der §§ 23 Absatz 2 ArbSchG, 139 b GewO unterliegen, wird durch die Offenbarung des Geheimnisses der Kreis der Geheimhaltungspflichtigen um diese Amtsträger bzw. für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete erweitert.

1.7
Folgen eines Verstoßes gegen die Geheimhaltungspflicht

Ein Verstoß gegen die Geheimhaltungspflichten der §§ 23 Absatz 2 ArbSchG und 139 b GewO kann disziplinarrechtlich verfolgt werden. Darüber hinaus kann der Unternehmer/Arbeitgeber möglicherweise einen Schadensersatzanspruch aus Amtspflichtverletzung nach § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG geltend machen. Eine strafrechtliche Verfolgung wegen der Verletzung von Geheimhaltungsinteressen der Unternehmer/Arbeitgeber (oder dritter Personen) kommt unter den Voraussetzungen der §§ 203 Absatz 2 (Verletzung von Privatgeheimnissen), 204 StGB (Verwertung von Privatgeheimnissen) in Betracht. Neben Geheimnissen, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen, die den Bediensteten der Arbeitsschutzverwaltung als Amtsträger bekannt geworden sind, sind nach Maßgabe der in § 203 Absatz 2 Satz 2 StGB getroffenen Regelung auch die für Aufgaben der öffentlichen Verwaltung erfassten Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse des Unternehmers/Arbeitgebers geschützt. Werden bei der Verletzung der geschützten Geheimnisse wichtige öffentliche Interessen gefährdet, kommt auch eine Strafbarkeit nach § 353 b StGB in Betracht.

2
Arbeitsschutzrechtliche Unterrichtungspflichten

2.1
Unterrichtungs- und Zusammenarbeitspflicht des § 23 Absatz 3 Arbeitsschutzgesetz

Im Rahmen der Bekämpfung bestimmten rechtswidrigen Handelns des Arbeitgebers (z.B. Beschäftigung von Ausländern ohne die erforderliche Genehmigung; Schwarzarbeit oder illegale Arbeitnehmerüberlassung) ist die Arbeitsschutzverwaltung verpflichtet, die zuständigen Behörden über konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen solcher Verstöße im Einzelfall zu unterrichten, § 23 Absatz 3 Satz 1 ArbSchG. Darüber hinaus besteht in diesen Fällen eine Pflicht zur Zusammenarbeit mit diesen Stellen, § 23 Absatz 3 Satz 2 ArbSchG. Beispielsweise sind die Arbeitsschutzbehörden als Zusammenarbeitsbehörden der Zollverwaltung nach § 2 Absatz 2 Satz 1 Nummer 9 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) im Rahmen der für sie geltenden Vorschriften verpflichtet, den Behörden der Zollverwaltung – hier der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) – konkrete Anhaltspunkte für Verstöße gegen das SchwarzArbG oder das Mindestlohngesetz (MiLoG) zu übermitteln (§ 23 Absatz 3 Satz 1 Nummer 3, Satz 3 ArbSchG i.V.m. § 6 Absatz 1 Satz 1 SchwarzArbG).

Die Vorschriften enthalten eine Befugnis zur Offenbarung i. S. d. § 23 Absatz 2 Satz 1 ArbSchG und befreien insoweit von der dort statuierten Geheimhaltungspflicht.

Die Pflicht zur Unterrichtung bedeutet, dass es eines Ersuchens der auskunftsberechtigten Stellen nicht bedarf. Die Arbeitsschutzverwaltung muss also bei Vorliegen von konkreten Anhaltspunkten von sich aus tätig werden. Die Unterrichtungspflicht ist beschränkt auf die bloße Mitteilung von Informationen, die im Rahmen der Wahrnehmung der eigenen originären Aufgaben erlangt wurden. Eine Pflicht zu weitergehenden Ermittlungen besteht nicht.

Die Pflicht zur Zusammenarbeit gem. § 23 Absatz 3 Satz 2 ArbSchG steht in engem Zusammenhang mit der Pflicht zur Unterrichtung gem. § 23 Absatz 3 Satz 1 ArbSchG. Sie ist beschränkt auf eine Unterstützung der zuständigen Stellen im Rahmen der eigenen rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten der Arbeitsschutzverwaltung. In Betracht kommt insoweit die Konkretisierung bereits nach §23 Absatz 3 Satz 1 ArbSchG gemachter Angaben, die Beantwortung gezielter Fragen, die Beratung oder sonstige Erläuterungen. Eine Pflicht zur Vornahme eigener weitergehender Ermittlungen besteht nicht.

2.2
Unterrichtungs- und Zusammenarbeitspflicht des § 139 b Absatz 7, 8 Gewerbeordnung

Die Vorschrift des § 139 b Absatz 7 GewO entspricht inhaltlich § 23 Absatz 3 Satz 1 ArbSchG. Die Vorschrift des § 139 b Absatz 8 GewO entspricht inhaltlich § 23 Absatz 3 Satz 2 ArbSchG.

Die Ausführungen unter Nummer 2.1 gelten entsprechend.

2.3
Zusammenarbeitspflicht des § 21 Absatz 3 Arbeitsschutzgesetz

Im Verhältnis zu den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung besteht für die Arbeitsschutzverwaltung die Pflicht zur engen Zusammenarbeit bei der Überwachung, zur Förderung des Erfahrungsaustausches sowie zur Unterrichtung über durchgeführte Betriebsbesichtigungen und deren wesentliche Ergebnisse. Für die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung ergeben sich inhaltlich die gleichen Pflichten aus § 20 Absatz 1 SGB VII.

Ziel der Regelungen ist insbesondere die Vermeidung doppelter, nicht abgestimmter Überwachung und die Vermeidung des Ergreifens widersprüchlicher Überwachungsmaßnahmen. Zur Konkretisierung der Zusammenarbeit zwischen der Arbeitsschutzverwaltung und den Unfallversicherungsträgern wird verwiesen auf die Rahmenvereinbarung über das Zusammenwirken der staatlichen Arbeitsschutzbehörden der Länder und der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung im Rahmen der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) zwischen den Unfallversicherungsträgern und dem Land Nordrhein-Westfalen vom 15.07.2009 und der Ergänzung vom 23.08.2013 in der jeweils aktuellen Fassung.

Soweit im Rahmen der Zusammenarbeit nach § 21 Absatz 3 ArbSchG zu Präventionszwecken die Übermittlung von personenbezogenen Daten und / oder Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen erforderlich ist, handelt es sich um eine befugte Offenbarung i. S. d. § 13 Absatz 2 Satz 1 a) DSG NRW (siehe Nummer 3.5.2) oder i. S. d. § 23 Absatz 2 Satz 1 ArbSchG (siehe Nummer 1.4).

2.4
Informations- und Unterstützungspflichten nach §§ 29 bis 31 Produktsicherheitsgesetz

Das Produktsicherheitsgesetz regelt in Abschnitt 7 Informations- und Meldepflichten. Bei der Überwachung des Inverkehrbringens von Produkten haben sich die zuständigen Behörden gegenseitig zu informieren und zu unterstützen.

Hinsichtlich der Information der Öffentlichkeit gilt:

1. Bestimmte Anordnungen macht nur die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin öffentlich bekannt (§ 31 Absatz 1 ProdSG).

2. Über sonstige den zuständigen Behörden zur Verfügung stehende Erkenntnisse zu Produkten, die mit Risiken für die Sicherheit und Gesundheit von Personen verbunden sind, haben auch die Marktüberwachungsbehörden die Aufgabe die Öffentlichkeit, vorzugsweise auf elektronischem Weg, zu informieren (§ 31 Absatz 2 ProdSG). Hierzu gehören insbesondere Informationen zur Identifizierung der Produkte, über die Art der Risiken und die getroffenen Maßnahmen.

- Würden dabei auch Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse oder wettbewerbsrelevante Informationen, die dem Wesen nach Betriebsgeheimnissen gleichkommen, veröffentlicht, ist der Betroffene vor der Veröffentlichung anzuhören. Auf dieser Grundlage ist dann zu prüfen, ob bzw. inwieweit eine Veröffentlichung solcher Informationen tatsächlich erforderlich ist bzw. hinsichtlich welcher Daten eine Information der Öffentlichkeit möglicherweise entbehrlich ist.

- Dagegen ist die Veröffentlichung personenbezogener Daten selbst nach Anhörung, aber ohne Einwilligung des Betroffenen nur ausnahmsweise dann zulässig, wenn sie zur Abwehr von Gefahren für die Sicherheit und Gesundheit von Personen unverzichtbar ist und schutzwürdige Interessen des Betroffenen nicht entgegenstehen.

3. Eine Warnung der Öffentlichkeit vor den mit dem Produkt verbundenen Risiken ist unter den Voraussetzungen des § 26 Absatz 2 Satz 2 Nummer 9, 2. Halbsatz ProdSG möglich.

2.5
Übermittlungs- und Mitteilungspflichten nach § 10 Absatz 2, 3 Fahrpersonalgesetz

Nach § 10 Fahrpersonalgesetz sind Informationen über Bußgeldverfahren zum Zwecke der Beurteilung der Zuverlässigkeit des Unternehmens an die in Absatz 2 genannten öffentlichen Stellen, Gerichte und Behörden zu übermitteln. Nach § 10 Absatz 2a FPersG sind Zuwiderhandlungen, die Anlass geben, an der Zuverlässigkeit des Unternehmers und der zur Führung der Kraftverkehrsgeschäfts bestellten Personen zu zweifeln, dem Unternehmen und der für das Unternehmen nach Güterkraftverkehrsgesetz oder Personenbeförderungsgesetz für den Berufszugang zuständigen Erlaubnis- bzw. Genehmigungsbehörde mitzuteilen, ggf. unter Zusammenführung der von Angehörigen desselben Unternehmens begangenen Zuwiderhandlungen. Von einer Übermittlung ist nach § 10 Absatz 3 FPersG nur abzusehen, wenn schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen das öffentliche Interesse überwiegen. Regelmäßig zur Aberkennung der Zuverlässigkeit des Unternehmers und der zur Führung der Kraftverkehrsgeschäfte bestellten Personen führen jedenfalls die sog. „schwersten Verstöße“ nach Art. 6 Absatz II b) i.V.m. Anhang IV der VO (EG) Nr. 1071/2006 mit der Folge, dass bestandskräftige Bußgeldbescheide über solche „schwersten Verstöße“ in jedem Fall mitzuteilen sind.

Von den Mitteilungspflichten nach § 10 FPersG unberührt bleibt die Verpflichtung zur Datenübermittlung auf der Grundlage des § 149 Absatz 3 GewO (Gewerbezentralregister).

3
Regelungen aus anderen Rechtsgebieten

3.1
Informationsfreiheitsgesetz NRW

3.1.1
Jedermannsrecht nach § 1 Absatz 1 IFG NRW

Nach § 1 Absatz 1 IFG NRW hat jede natürliche Person Anspruch auf Zugang zu den vorhandenen amtlichen Informationen (gebundene Entscheidung). Im Umkehrschluss steht juristischen Personen der Anspruch nicht zu. Die Geltendmachung eines besonderen Interesses hinsichtlich der begehrten Information ist nicht erforderlich.

3.1.2
Verhältnis zu anderen Informationsrechten, § 4 Absatz 2 IFG NRW

Soweit besondere Rechtsvorschriften den Zugang zu Informationen, die Auskunftserteilung oder die Gewährung von Akteneinsicht regeln, gehen diese den Vorschriften des IFG NRW nach § 4 Absatz 2 IFG NRW vor. Diese Vorschrift wird jedoch sehr eng ausgelegt mit der Folge, dass andere in Betracht kommende Regelungen einen Rückgriff auf das IFG NRW nicht in jedem Fall sperren; andernfalls liefe die gesetzgeberische Absicht, durch einen verfahrensunabhängigen Anspruch auf Informationszugang die Transparenz behördlichen Handelns zu steigern, weitgehend leer. Vielmehr sind Konkurrenzfragen nach der Rechtsprechung des OVG Münster (Beschluss vom 31.1.2005, Az. 21 E 1487/04, Rz. 16) in jedem konkreten Einzelfall durch eine systematische, an Sinn und Zweck des Gesetzes orientierte Auslegung der jeweiligen Informationszugangsrechte zu klären. Hierzu müssen vor allem die jeweiligen Regelungsmaterien der in Betracht kommenden verschiedenen Informationszugangsrechte berücksichtigt werden. Eine Vorrangigkeit im Sinne einer Ausschließlichkeit ist nur dort anzunehmen, wo die jeweiligen Rechte die gleichen Anliegen verfolgen und/oder identische Zielgruppen erfassen. Eine besondere Rechtsvorschrift i.S.d. § 4 Absatz 2 Satz 1 IFG NRW und damit ein Vorrang gegenüber dem IFG NRW liegt daher nur dann vor, wenn deren Anwendungsbereich in sachlicher Hinsicht wegen spezifischer Anforderungen an die Informationen, die der Rechtsvorschrift unterfallen, und/oder in persönlicher Hinsicht wegen spezifischer Anforderungen an die Personen, auf welche die Rechtsvorschrift Anwendung findet, beschränkt ist.

Diesen Kriterien folgend sind die Auskunftsrechte nach folgenden Vorschriften vorrangig und die sperren Anwendung des IFG NRW abschließend, d.h. ein Rückgriff auf das IFG NRW scheidet hier gänzlich aus:

- VIG

- Landesverfassung

Die Auskunftsrechte nach folgenden Vorschriften sind zwar gegenüber dem IFG NRW vorrangig, weil sie spezieller sind und zum Teil weitergehende Einsichtsrechte gewähren; die Informationszugangsregelungen des IFG NRW bleiben jedoch subsidiär (nachrangig) anwendbar:

- UIG NRW

- VwVfG NRW (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 31.1.2005, Az. 21 E 1487/04)

- DSG NRW

- Pressegesetz NRW (vgl. OVG Münster, Urteil vom 26.11.2013, Az. 8 A 809/12)

Ist die Arbeitsschutzbehörde die für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zuständige Verwaltungsbehörde, ist wie folgt zu differenzieren:

- Während eines anhängigen Ordnungswidrigkeitenverfahrens sind die Auskunftsrechte nach dem OWiG (siehe näher Nummer 3.6) vorrangig, weil diese Regelungen aufgrund ihres persönlichen und sachlichen Anwendungsbereichs abschließend sind.

- Nach Abschluss des Ordnungswidrigkeitenverfahrens stellen die Auskunftsrechte nach dem OWiG keine besonderen Rechtsvorschriften i.S.d. § 4 Absatz 2 Satz 1 IFG NRW dar, so dass dann der Anwendungsbereich des IFG NRW eröffnet ist.

3.1.3
Verhältnis zu den Geheimhaltungsvorschriften

Die bundesrechtlichen Geheimhaltungsvorschriften des § 23 Absatz 2 ArbSchG und §139 b Absatz1 Satz 3 GewO begrenzen den Anspruch aus § 4 Absatz 1 IFG NRW, d.h. sofern sie anwendbar sind (näher Nummer 1.3) und deren tatbestandsmäßigen Voraussetzungen vorliegen (siehe Nummer 1.4 ff.), sind Anträge auf Informationszugang unter Hinweis auf diese Vorschriften abzulehnen.

Außerhalb des Anwendungsbereichs der §§ 23 Absatz 2 ArbSchG und 139 b Absatz 1 Satz 3 GewO gelten die allgemeinen Geheimhaltungsvorschriften (siehe Nummer 1.3), die keine Sperrwirkung für das IFG NRW entfalten, mit der Folge, dass über den beantragten Informationszugang auf der Grundlage der Voraussetzungen des IFG NRW zu entscheiden ist.

3.1.4
Ausschluss und Beschränkungen nach §§ 6 bis 9 IFG NRW

Der Anspruch auf Informationszugang wird durch die §§ 6 bis 9 IFG NRW ausgeschlossen bzw. beschränkt. Dies ist z.B. der Fall, wenn durch die Bekanntgabe der Information der Ablauf eines anhängigen Verwaltungs- oder Ordnungswidrigkeitenverfahrens oder der Erfolg einer bevorstehenden behördlichen Maßnahme erheblich beeinträchtigt würde (§ 6 Satz 1 b) IFG NRW).

Begehrt der Antragsteller eine Information, bei der personenbezogene Daten offenbart werden, so darf die Information nur zugänglich gemacht werden, wenn die personenbezogenen Daten zuvor abgetrennt oder geschwärzt worden sind, die betroffene Person eingewilligt hat oder eine sonstige Alternative des § 9 IFG NRW einschlägig ist.

Sofern durch das Bekanntwerden der begehrten Informationen auch Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse bzw. -verhältnisse offenbart würden, ist der Informationszugang nach den besonderen Voraussetzungen des § 8 IFG NRW nur dann zu gewähren, soweit dadurch

- kein wirtschaftlicher Schaden entstehen würde o d e r

- zwar ein geringfügiger Schaden entstehen würde, aber die Allgemeinheit ein überwiegendes Interesse an der Informationsgewährung hat.

Dabei muss der Informationszugang zum Schutz solcher Rechtsgüter der Allgemeinheit erforderlich sein, die gegenüber dem Geheimhaltungsinteresse des Unternehmens eindeutig höher zu bewerten sind. Dabei kommt es auf ein persönliches Betroffensein des Informationssuchenden nicht an. Derjenige, der den gesetzlich verbürgten Informationsanspruch geltend macht, wird als Sachwalter der Allgemeinheit angesehen, dessen Interesse an der Verfolgung des Anspruchs einem gleichgerichteten öffentlichem Interesse entspricht (OVG Münster, Beschluss vom 3.5.2010, Az. 13a F 31/09, Rz. 41 f.). Anhaltspunkte für ein überwiegendes Informationsinteresse der Allgemeinheit können z. B. Berichte in der örtlichen Presse über das betreffende Thema oder auch die Auswirkungen der Informationskenntnis für die Allgemeinheit sein.

3.2
Umweltinformationsgesetz

3.2.1
Anspruch nach § 2 UIG NRW i.V.m. § 3 UIG

Sowohl § 23 Absatz 2 Satz 2 ArbSchG als auch § 139 b GewO verweisen für diejenigen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse bzw. -verhältnisse, bei denen es sich um Informationen im Sinne des UIG handelt, hinsichtlich der Offenbarungsbefugnis auf dessen Vorschriften.

Nach § 2 UIG NRW i.V.m. § 3 Absatz 1 Satz 1 UIG hat jede Person Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen, die bei einer Behörde vorhanden sind (gebundene Entscheidung).

Eine Legaldefinition dessen, was unter Informationen über die Umwelt zu verstehen ist, liefert § 2 Satz 3 UIG NRW i.V.m. § 2 Absatz 3 des UIG. Umweltinformationen sind danach unabhängig von der Art ihrer Speicherung alle Daten über:

1. den Zustand von Umweltbestandteilen wie Luft und Atmosphäre, Wasser, Boden, Landschaft und natürliche Lebensräume einschließlich Feuchtgebiete, Küsten- und Meeresgebiete, die Artenvielfalt und ihrer Bestandteile, einschließlich gentechnisch veränderter Organismen, sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen Bestandteilen

2. Faktoren wie Stoffe, Energie, Lärm und Strahlung, Abfälle aller Art sowie Emissionen, Ableitungen und sonstige Freisetzungen von Stoffen in die Umwelt, die sich auf die Umweltbestandteile im Sinne der Nummer 1 auswirken oder wahrscheinlich auswirken

3. Maßnahmen oder Tätigkeiten, die

a) sich auf die Umweltbestandteile im Sinne der Nummer 1 oder auf Faktoren im Sinne der Nummer 2 auswirken oder wahrscheinlich auswirken oder

b) den Schutz von Umweltbestandteilen im Sinne der Nummer 1 bezwecken; zu den Maßnahmen gehören auch politische Konzepte, Rechts- und Verwaltungsvorschriften, Abkommen, Umweltvereinbarungen, Pläne und Programme

4. Berichte über die Umsetzung des Umweltrechts

5. Kosten-Nutzen-Analysen oder sonstige wirtschaftliche Analysen und Annahmen, die zur Vorbereitung oder Durchführung von Maßnahmen oder Tätigkeiten im Sinne der Nummer 3 verwendet werden, und

6. den Zustand der menschlichen Gesundheit und Sicherheit, die Lebensbedingungen des Menschen sowie Kulturstätten und Bauwerke, soweit sie jeweils vom Zustand der Umweltbestandteile im Sinne der Nummer 1 oder von Faktoren, Maßnahmen oder Tätigkeiten im Sinne der Nummern 2 und 3 betroffen sind oder sein können; hierzu gehört auch die Kontamination der Lebensmittelkette.

Ein Informationsanspruch kann z. B. bestehen im Hinblick auf den Umgang mit Gefahrstoffen, den Transport gefährlicher Güter, Erlaubnisverfahren für Anlagen nach §13 Betriebssicherheitsverordnung, die Freisetzung von radioaktiven Stoffen und unzulässige Exposition durch Röntgenstrahlen, Störfälle in Anlagen oder Protokolle von Lärmmessungen.

Soweit die Behörde nicht über die angefragten Umweltinformationen verfügt, leitet sie den Antrag an die Stelle weiter, die ihres Wissens über diese Informationen verfügt, beispielsweise die häufig sachnäheren Umweltdezernate und die kommunalen Umwelt-, Abfallwirtschafts- oder Wasserämter und ähnliche Stellen, und unterrichtet den Antragsteller über die Weiterleitung. Anstelle der Weiterleitung kann die antragstellende Person auf die Stellen, die über die angefragten Informationen verfügen, hingewiesen werden (§ 2 Satz 3 UIG NRW i.V.m. § 4 Absatz 3 UIG).

3.2.2
Ablehnungsgründe nach § 2 Satz 3 UIG NRW i.V.m. §§ 8, 9 UIG

Der Auskunftsanspruch ist zum Schutz öffentlicher oder privater Belange ausgeschlossen oder beschränkt.

Nach § 9 Absatz 1 Nummer 3 UIG besteht kein Auskunftsanspruch, wenn Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zugänglich gemacht werden würden. Eine Befugnis zur Offenbarung besteht jedoch in zwei Fällen:

- Der Betroffene hat zugestimmt.

- Das Offenbarungsinteresse überwiegt das Interesse an der Geheimhaltung:

Im letztgenannten Fall ist eine Abwägung erforderlich, nach der eine Offenbarungsbefugnis nur insoweit anzunehmen ist, wenn als die Offenbarung der jeweiligen Informationen zur materiellen Verbesserung des Umweltschutzes geeignet, erforderlich und verhältnismäßig ist. Je wichtiger für ein Unternehmen Rezepturen oder Produktionsverfahren oder soeben errichtete teure Produktionseinrichtungen sind, desto umfangreicher und begründeter muss die Darlegung des Antragstellers sein. Ein berechtigtes Interesse eines Unternehmens an der Nichtverbreitung von Informationen besteht insbesondere dann, wenn die Offenlegung geeignet ist, exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen den Marktkonkurrenten zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachteilig zu beeinflussen. Berücksichtigt werden muss auch, dass ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis auch bereits dann zugänglich gemacht wird, wenn die offengelegte Information nicht selbst ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis darstellt, sondern vielmehr ihrerseits Rückschlüsse auf Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse zulässt und damit negative Auswirkungen auf diese hätte. Negativ in diesem Sinne sind Auswirkungen, wenn hierdurch einem Konkurrenten wettbewerbsrelevante Umstände bekannt werden.

Im Zweifel geht der Schutz der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse vor.

Nach § 9 Absatz 1 Satz 3 UIG ist der Betroffene vor einer Entscheidung über die Offenbarung von Informationen anzuhören. Nach Satz 4 liegt eine Betroffenheit insbesondere dann vor, wenn Informationen als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gekennzeichnet worden sind. Im Übrigen ist nach Satz 5 auf Verlangen der Behörde darzulegen, dass ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis vorliegt.

3.3
Verbraucherinformationsgesetz

3.3.1
Auskunftsberechtigte und Umfang des Informationsrechts nach dem VIG

Durch die Novellierung des Verbraucherinformationsgesetzes (VIG) zum 1.9.2012 wird neben den bisherigen Inhalten des VIG, Lebens- und Futtermittel, erstmals auch der Bereich der Verbraucherprodukte im Sinne des § 2 Nummer 26 ProdSG von diesem Gesetz erfasst. § 2 VIG gewährt den Verbraucherinnen und Verbrauchern zunächst ein umfassendes Informationsrecht (gebundene Entscheidung). Das Informationsrecht bezieht sich z.B. auf von der zuständigen Behörde festgestellte unzulässige Abweichungen des Verbraucherprodukts von Anforderungen des ProdSG, einer auf Grund des ProdSG erlassenen Verordnung oder einem unmittelbar geltenden Rechtsakt der Europäischen Gemeinschaft bzw. der Europäischen Union im Anwendungsbereich des ProdSG. Darüber hinaus besteht ein Informationsrecht bezüglich der der Behörde bekannten, von einem Verbraucherprodukt ausgehenden Gefahren oder Risiken für die Gesundheit oder Sicherheit von Verbrauchern, die Zusammensetzung, die Beschaffenheit, die physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaften eines Verbraucherproduktes sowie über Überwachungsmaßnahmen oder andere behördliche Tätigkeiten zum Schutz von Verbrauchern einschließlich der Auswertung dieser Tätigkeiten. Dieses zunächst umfassend gewährte Informationsrecht wird in § 3 VIG wieder erheblich eingeschränkt. Dabei unterscheidet das VIG bei den Ausschluss- und Beschränkungsgründen zwischen dem Informationsrecht entgegenstehenden öffentlichen Belangen einerseits und privaten Belangen andererseits.

Zu den öffentlichen Belangen zählen z.B. die Vertraulichkeit der Beratung von Behörden, ein laufendes Verwaltungs-, Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren sowie das Dienstgeheimnis. Nicht ablehnen kann die Behörde den Informationszugang unter Berufung auf ein laufendes Verwaltungs-, Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren allerdings dann,

- wenn es um Informationen über behördlich festgestellte nicht zulässige Abweichungen eines Verbraucherprodukts von Anforderungen des Produktsicherheitsgesetzes oder der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen bzw. von Anforderungen unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union im Anwendungsbereich des ProdSG sowie damit im Zusammenhang stehende Maßnahmen und Entscheidungen geht

- oder von dem betreffenden Produkt Gefahren bzw. Risiken für Gesundheit und Sicherheit der Verbraucherinnen und Verbrauchern ausgehen

- oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt.

Allgemein scheidet jedoch ein Informationsanspruch wegen entgegenstehender öffentlicher Belange in der Regel hinsichtlich solcher Informationen aus, die zwar nicht zulässige Abweichungen des Produkts von Anforderungen der o. g. Regelungen sowie damit im Zusammenhang stehende Maßnahmen und Entscheidungen betreffen, aber diese Informationen bereits vor mehr als fünf Jahren seit der Antragstellung entstanden sind.

Zu den einem Auskunftsbegehren entgegenstehenden privaten Belangen zählen, wenn die Zustimmung des Betroffenen nicht vorliegt, personenbezogene Daten, der Schutz von geistigem Eigentum, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse einschließlich Rezepturen, Konstruktions- und Produktionsunterlagen sowie Informationen, welche der Behörde auf Grund von Melde- oder Anzeigepflichten zugegangen sind. Dabei werden diese Ausschlussgründe insbesondere dann wieder eingeschränkt, wenn Abweichungen von Normen festgestellt wurden oder Gefahren bzw. Risiken für die Sicherheit und Gesundheit der Verbraucher bestehen. Insbesondere kann sich die auskunftspflichtige Stelle in diesen Fällen nicht auf die Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen berufen (§ 3 Satz 3 VIG) und muss auch den Namen des Händlers, die Handelsbezeichnung und Beschreibung des Produktes sowie die Liefer- und Vertriebskette benennen. Darüber hinaus können Ausschluss- und Beschränkungsgründe auch durch ein überwiegendes öffentliches Interesse entfallen.

3.3.2
Antrag auf Informationen und Ablehnungsgründe

Informationen nach dem VIG werden nur auf Antrag erteilt (§ 4 VIG). Der Antrag muss hinreichend bestimmt sein und deutlich erkennen lassen, auf welche Informationen er gerichtet ist.

Ein missbräuchlich gestellter Antrag ist abzulehnen. Ein solcher Fall liegt insbesondere vor, wenn der Antragsteller über die begehrte Information bereits verfügt.

Eine Antragsablehnung soll erfolgen, soweit der Antrag sich auf Entwürfe zu Entscheidungen (ausgenommen sind hier Ergebnisse Dritter im Vorfeld, z.B. Beweiserhebungen, Gutachten oder Stellungnahmen) oder vertraulich übermittelte oder erhobene Informationen bezieht. Auch die Gefährdung von bevorstehenden behördlichen Maßnahmen oder die sonstige Beeinträchtigung der Aufgabenerfüllung soll zur Ablehnung führen.

Wenn der Antragsteller sich die begehrten Informationen in zumutbarer Weise aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen kann, kann der Antrag abgelehnt und der Antragsteller auf diese Quellen verwiesen werden.

Haben die Marktüberwachungsbehörden Erkenntnisse zu Verbraucherprodukten, die mit Risiken für die Sicherheit und Gesundheit von Personen verbunden sind, so haben sie die Öffentlichkeit nach dem Produktsicherheitsgesetz, auch ohne Antrag, zu informieren (vgl. hierzu näher Nummer 2.4).

3.3.3
Verfahren und Bescheidungsfrist

Bei der Bearbeitung eines Antrags nach dem VIG ist das VwVfG NRW zu beachten (§ 5 Absatz 1 VIG). Grundsätzlich sind deshalb nach § 28 VwVfG NRW die vom Bekanntwerden der Information Betroffenen (Unternehmen sowie im Unternehmen Beschäftigte) vor der Entscheidung über den Antrag anzuhören. Die Anhörung kann in Fällen, in denen der bzw. dem Betroffenen die Erhebung der Information durch die Stelle bekannt ist und er oder sie in der Vergangenheit bereits Gelegenheit hatte, zum Bekanntwerden derselben Information Stellung zu nehmen, unterbleiben. Die Anhörung des Betroffenen kann auch dann unterbleiben, wenn aus anderen Gründen ein Informationszugang nicht erfolgt.

Anträge nach dem VIG sind in der Regel innerhalb eines Monats zu bescheiden. Im Fall einer Beteiligung Dritter verlängert sich die Frist auf zwei Monate.

Die Entscheidung über den Antrag ist auch der bzw. dem betroffenen Dritten mitzuteilen. Wird dem Antrag stattgegeben, sind Ort, Zeit und Art des Informationszugangs mitzuteilen. Der Informationszugang darf erst erfolgen, wenn die Entscheidung der bzw. dem betroffenen Dritten bekannt gegeben und ihr bzw. ihm ein ausreichender Zeitraum (in der Regel ein bis zwei Wochen) zur Einlegung von Rechtsbehelfen eingeräumt worden ist.

3.3.4
Verhältnis zu anderen Informationsrechten

Das Informationsrecht nach dem VIG besteht nicht, soweit in anderen Rechtsvorschriften entsprechende oder weitergehende Vorschriften vorgesehen sind.

3.4
Verwaltungsverfahrensgesetz NRW

3.4.1
Akteneinsichtsrecht nach § 29 Absatz 1 und 3 VwVfG NRW

Unter den Voraussetzungen des § 29 Absatz 1 VwVfG NRW haben die Beteiligten eines Verwaltungsverfahrens einen Rechtsanspruch auf Akteneinsicht. Es handelt sich um eine gebundene Entscheidung. Ein Verwaltungsverfahren im Sinne des Gesetzes ist die nach außen wirkende Tätigkeit der Behörden, die auf die Prüfung der Voraussetzungen, die Vorbereitung und den Erlass des Verwaltungsaktes gerichtet ist; der Begriff schließt den Erlass des Verwaltungsaktes oder den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages ein (§ 9 VwVfG NRW). Verwaltungsverfahren sind danach solche Tätigkeiten, die auf den Erlass von Ordnungsverfügungen, die Erteilung von Ausnahmen sowie von Konzessionen im weitesten Sinne (z.B. Genehmigungen, Bewilligungen oder Erlaubnisse) in den Bereichen des Arbeits- und technischen Gefahrenschutzes zielen. Andere Tätigkeiten im Rahmen der Überwachung, z.B. Besichtigungen, Unfalluntersuchungen oder die Bearbeitung von Anzeigen gehören nur dann zum Verwaltungsverfahren, wenn sich daran eine auf den Erlass eines Verwaltungsakts gerichtete Tätigkeit anschließt. Nur dann besteht ein Akteneinsichtsrecht der Beteiligten. Dagegen sind zum Beispiel Akteneinsichtsersuche im Anschluss an Arbeitsunfälle im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen regelmäßig abzulehnen. Davon unabhängig kann sich ein Anspruch aus dem IFG NRW ergeben. Keine Verwaltungsverfahren sind mangels Außenwirkung auch Stellungnahmen für andere Behörden, z.B. im Genehmigungsverfahren nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz.

Sofern ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet wurde, sind jedoch die Vorschriften des OWiG anwendbar. Danach ist hinsichtlich des Personenkreises, der die Einsichtnahme beantragt, zu unterscheiden (siehe Nummer 3.6).

Zur Akteneinsicht berechtigt sind nur die am Verwaltungsverfahren Beteiligten. Dazu zählen nach § 13 VwVfG NRW neben Antragsteller, Antragsgegner und Adressat eines Verwaltungsaktes auch weitere, die ein rechtliches Interesse im Sinne von § 13 Absatz 1 Nummer 3 und 4, Absatz 2 VwVfG NRW haben.

Ein Akteneinsichtsrecht besteht nur, soweit die Kenntnis des Akteninhalts zur Geltendmachung oder Verteidigung der rechtlichen Interessen eines Beteiligten erforderlich ist. Ein rechtliches Interesse ist dann gegeben, wenn durch die Einsichtnahme ein Rechtsverhältnis bzw. ein rechtlich relevantes Verhalten geklärt oder eine gesicherte Grundlage für die Geltendmachung eines Anspruchs (z. B. auf Schadensersatz) geschaffen werden soll. Soweit die Erforderlichkeit nicht ohne Weiteres erkennbar ist (z.B. bei dem von einer Maßnahme betroffenen Unternehmer) bzw. aus den Umständen oder dem Gesamtzusammenhang nicht offensichtlich ist, hat der Beteiligte darzulegen, inwiefern und wozu die Kenntnis des Akteninhalts erforderlich ist.

Die Akteneinsicht erfolgt bei der Behörde, die die Akten führt, § 29 Absatz 3 VwVfG NRW. Der Begriff der Akte ist umfassend zu verstehen, dazu zählen alle bei der Arbeitsschutzbehörde zu dem jeweiligen Vorgang vorliegenden Informationen (z. B. auch Gutachten, Stellungnahmen anderer Behörden, Fotos, Videos), unabhängig vom jeweiligen Speichermedium (z.B. optische Datenträger wie Blu-ray-Discs oder elektronische Datenträger wie Festplatte oder USB-Stick), nicht jedoch Entscheidungsentwürfe sowie Arbeiten zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung (Absatz 1 Satz 2).

In zeitlicher Hinsicht gilt das Recht auf Akteneinsicht von der Einleitung bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens. Nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung hat auch ein (ehemals) Beteiligter am Verwaltungsverfahren keinen Anspruch mehr auf Akteneinsicht nach § 29 Absatz 1 VwVfG NRW. Allerdings kann sich ein Anspruch aus dem IFG NRW ergeben.

Hinsichtlich des Verfahrens wird auf den Runderlass des Innenministers zur Übermittlung von Akten in die Kanzleiräume von bevollmächtigten Rechtsanwälten vom 21. Dezember 1988 (SMBl. NRW. 2010) in der jeweils geltenden Fassung hingewiesen.

3.4.2
Ausschluss und Beschränkungen nach §§ 29 Absatz 2, 3 b VwVfG NRW

Die Behörde ist zur Gestattung von Akteneinsicht nicht verpflichtet, soweit

- durch sie die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer Aufgaben beeinträchtigt würde

- das Bekanntwerden des Inhalts der Akten dem Wohle des Bundes oder eines Landes Nachteil bereiten würde oder

- die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach, namentlich wegen der berechtigten Interessen der Beteiligten oder dritter Personen, geheim gehalten werden müssen.

Bei der dritten Alternative ist eine Abwägung des Interesses des Beteiligten an Information und des privaten Geheimhaltungsinteresses des Betroffenen vorzunehmen. Insbesondere bei Informationen über den Gesundheitszustand einer Person, Vermögensverhältnisse und familiäre Verhältnisse wird die Abwägung zugunsten des Geheimhaltungsinteresses des Betroffenen ausfallen. Gleiches gilt für Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse (Begriff siehe Nummer 1.4), so dass im Ergebnis ein Anspruch auf Akteneinsicht in diesen Fällen regelmäßig ausgeschlossen ist.

Für alle Verwaltungstätigkeiten, auch außerhalb von Verwaltungsverfahren, z.B. im Rahmen der Überwachung, ist in § 3 b VwVfG NRW ebenfalls klarstellend geregelt, dass die Behörde Angaben über persönliche und sachliche Verhältnisse sowie Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nicht unbefugt offenbaren darf.

Eine Befugnis zur Offenbarung liegt in der Regel nur bei Einverständnis des Betroffenen oder gesetzlichen Mitteilungspflichten (§§ 23 Absatz 2 und 3 ArbSchG, 139b Absatz 7 GewO) vor.

3.4.3
Amtshilfe nach §§ 4 ff. VwVfG NRW

Nach § 4 Absatz 1 VwVfG NRW leistet jede Behörde anderen Behörden ergänzende Hilfe (Amtshilfepflicht). Die Voraussetzungen und Grenzen der Amtshilfe sind in § 5 VwVfG NRW geregelt. Von besonderer Bedeutung ist die Bestimmung des § 5 Absatz 2 Satz 2 VwVfG NRW, wonach die ersuchte Behörde zur Vorlage von Urkunden oder Akten sowie zur Erteilung von Auskünften nicht verpflichtet ist, wenn die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim zu halten sind. Hierzu gehören auch schutzwürdige Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse (Begriff siehe Nummer 1.4). Ob die Arbeitsschutzverwaltung nach den Amtshilfegrundsätzen berechtigt oder verpflichtet ist, anderen Behörden Auskunft zu erteilen, kann nur im Einzelfall entschieden werden. Fallbeispiele hierzu werden unter Nummer 2 behandelt.

3.5
Datenschutzgesetz NRW

Bei allen aufgeführten Informations-, Unterrichtungs-, Auskunfts-, Akteneinsichtsrechten ist unabhängig von der Befugnis des Informationsempfängers, die Information verlangen zu können, zu prüfen, ob (auch) personenbezogene Daten nach § 3 Absatz 1 DSG NRW begehrt werden. Soweit personenbezogene Daten betroffen sind, ist zu prüfen, ob eine Befugnis nach § 4 Absatz 1 DSG NRW, diese zu übermitteln bzw. zu offenbaren, besteht. Nach dieser Vorschrift ist eine Datenübermittlung nur zulässig, wenn die betroffene Person in die Datenübermittlung eingewilligt hat oder sie durch eine Rechtsvorschrift erlaubt ist und nur soweit sie für die rechtmäßige Erfüllung der öffentlichen Aufgabe erforderlich ist.

3.5.1
Auskunfts- und Einsichtsrechte nach § 18 DSG NRW

Soweit personenbezogene Daten betroffen sind, kann sich ein Anspruch der betroffenen natürlichen Person auf Auskunft bzw. Einsichtnahme bzgl. der verarbeiteten Daten aus § 5 Satz 1 Nummer 1 i.V.m. § 18 DSG NRW ergeben (gebundene Entscheidung, vgl. zur Konkurrenz zum Anspruch auf Informationszugang nach IFG NRW: Nummer 3.1.2). Der Anspruch ist begrenzt auf die zur Person des Betroffenen verarbeiteten Daten, den Zweck und die Rechtsgrundlage der Verarbeitung, die Herkunft der Daten und die Empfänger von Übermittlungen sowie die allgemeinen technischen Bedingungen der automatisierten Verarbeitung der zur eigenen Person verarbeiteten Daten, § 18 Absatz 1 DSG NRW.

Form und Verfahren der Auskunftserteilung werden nach pflichtgemäßem Ermessen der Behörde bestimmt. Soweit die Daten in den bei der Behörde geführten Akten enthalten sind, ist Akteneinsicht durch Abtrennung der relevanten Daten vom übrigen Teil der Akte, gegebenenfalls auch durch Unkenntlichmachung nicht relevanter Teile, zu gewähren, § 4 Absatz 6 DSG NRW.

Die Auskunft bzw. Einsichtnahme entfällt, wenn ein Ausschlussgrund des § 18 Absatz 3 DSG NRW vorliegt. Dies ist nach Buchstabe c) dieser Vorschrift z.B. dann der Fall, wenn die begehrten Daten nach einer Rechtsvorschrift oder wegen der berechtigten Interessen einer dritten Person, geheim gehalten werden müssen.

3.5.2
Übermittlung personenbezogener Daten an andere als den Betroffenen

Nach dem Datenschutzprinzip der Zweckbindung dürfen Daten grundsätzlich nur für Zwecke genutzt oder übermittelt werden, für die sie erhoben bzw. erstmals gespeichert wurden (§ 13 Absatz 1 DSG NRW). Die Übermittlung personenbezogener Daten an andere als den Betroffenen und außerhalb des ursprünglichen Erhebungszwecks ist nach Maßgabe der §§ 13 ff. DSG NRW nur in bestimmten Ausnahmefällen zulässig. Trägern der amtlichen Verschwiegenheitspflicht ist eine Übermittlung ohne Einwilligung des Betroffenen nur erlaubt, soweit eine Rechtsvorschrift dies zulässt oder die Wahrnehmung einer durch Gesetz oder Rechtsverordnung zugewiesenen einzelnen Aufgabe dies zwingend voraussetzt (§ 13 Absatz 2 Satz 1 a), 3 DSG NRW).

Danach ist die Übermittlung von personenbezogenen Daten an die Unfallversicherungsträger nur zu Präventionszwecken erlaubt (vgl. § 21 Absatz 3 Satz 1, 2 Nummer 3 i. V.m. § 20a Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Nummer 4 ArbSchG für den Datenaustausch im Rahmen der Gemeinsamen Beratungs- und Überwachungsstrategie und § 23 Absatz 2 Satz 1 ArbSchG für solche personenbezogenen Daten, die mit Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen untrennbar verknüpft sind, s. Nummer 1.4).

Diese Ausnahmevorschriften von der Pflicht zur Amtsverschwiegenheit sind als Grenzen verfassungsrechtlicher Garantien (Recht auf informationelle Selbstbestimmung und Berufsfreiheit) eng auszulegen. Aus deren Wortlaut i.V.m. dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergibt sich, dass die Daten nur im erforderlichen Umfang übermittelt werden dürfen, also nur soweit sie nach einer Abwägung im Einzelfall als tatsächlich zu Präventionszwecken erforderlich angesehen werden.

Dagegen ist die Übermittlung personenbezogener Daten an die gesetzlichen Unfallversicherungsträger zu Regresszwecken unzulässig. Die gesetzlichen Unfallversicherungsträger ihrerseits dürfen die übermittelten Daten nur für solche Zwecke nutzen, zu deren Erfüllung sie ihnen übermittelt worden sind, also zwecks Prävention zum Schutz der Versicherten (§ 14 Absatz 3, 4 DSG NRW bzw. § 15 Absatz 3, 6 Bundesdatenschutzgesetz).

Soweit nach dem Vorstehenden die Übermittlung von Daten an die gesetzlichen Unfallversicherungsträger zur Erfüllung von gesetzlichen Aufgaben zum Schutz der Versicherten erlaubt ist, ist bei der Übermittlung der Daten ein Zusatz aufzunehmen, wonach die übermittelten Daten nur für Zwecke der Prävention, nicht aber für Regresszwecke verwendet werden dürfen.

3.5.3
Sonderfall: Umgang mit Daten des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer ist durch das DSG NRW grundsätzlich vor der Übermittlung bzw. Offenbarung seiner personenbezogenen Daten an seinen Arbeitgeber geschützt. Eine Übermittlung bzw. Offenbarung ist nur dann ausnahmsweise möglich, wenn der Arbeitgeber ein rechtliches Interesse an der Kenntnis des Beschwerdeführers glaubhaft macht und das Geheimhaltungsinteresse des Beschwerdeführers nicht überwiegt, § 16 Absatz 1 Satz 1 c) DSG NRW.

Sind die Behörden jedoch, wie auch im Arbeitsschutz, bei der Erfüllung ihrer Aufgaben auf Informationen Dritter angewiesen, um Gefahren für gewichtige Rechtsgüter wie die menschliche Gesundheit effektiv abzuwehren, greift nach der Rechtsprechung unabhängig vom Wahrheitsgehalt der Angaben grundsätzlich ein Informantenschutz. Dieser Schutz entfällt nur dann, wenn hinreichend aussagekräftige Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Informant wider besseres Wissen oder leichtfertig falsche Angaben gemacht hat (entsprechend zum Informantenschutz bei der Lebensmittelüberwachung: Beschluss des BVerwG v. 3.8.2011, Az. 20 F 23.10, Rz. 8 ff.). Sollte die Beschwerde jedoch nicht rechtsmissbräuchlich sein, wird die vom Arbeitgeber beantragte Akteneinsicht, durch die dieser auch Kenntnis über den Beschwerdeführer zu erlangen kann, entweder abgelehnt oder nur teilweise gewährt, z. B. unter Schwärzung bzw. Abtrennung des Namens und weiterer personenbezogener Angaben, um jegliche Ruckschlüsse auf die Identität des Beschwerdeführers zu vermeiden.

3.6
Ordnungswidrigkeitengesetz

Soweit eine Behörde der Arbeitsschutzverwaltung zuständige Verwaltungsbehörde im Sinne des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) ist, finden §§ 23 Absatz 2 ArbSchG, 139 b GewO keine Anwendung. Auch das VwVfG NRW kann nicht herangezogen werden, da dieses Gesetz nach § 2 Absatz 2 Nummer 2 VwVfG NRW für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nicht gilt. Stattdessen gelten die Spezialvorschriften des OWiG, der Strafprozessordnung sowie der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) vom 1. Januar 1977 in der jeweils geltenden Fassung. Diese Vorschriften gelten ab Einleitung eines Ermittlungsverfahrens nach OWiG und gelten nach Abschluss des OWiG-Verfahrens fort.

Für die Übermittlung personenbezogener Daten an öffentliche Stellen ist § 49 a OWiG zu beachten.

Die Gewährung von Akteneinsicht an Betroffene, Verteidiger, Verletzte oder Dritte richtet sich nach folgenden Grundsätzen:

Zu den Akten eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens gehören sämtliche verfahrensbezogenen Unterlagen (Grundsatz der Aktenvollständigkeit). Die Akteneinsicht kann allerdings auf einzelne Aktenteile beschränkt werden, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt oder dadurch die Bloßstellung einer Privatperson vermieden werden kann, wie z.B. bei einer vertraulich zu behandelnden Eingabe, §§ 49 b OWiG, 474 ff. StPO, Nummer 186 Absatz 1 RiStBV. Für Aktenteile, die erkennbar sensible Informationen enthalten, besteht nach Nummer 186 Absatz 2 RiStBV die Möglichkeit der gesonderten Aktenheftung.

Das Akteneinsichtsrecht beginnt in der Regel mit der Anhörung des Betroffenen nach §55 OWiG und endet mit Rechtskraft der Entscheidung. Ist der Vorgang nach Einspruch an die Staatsanwaltschaft übersandt worden, entscheidet diese über die Akteneinsicht, §§ 69 Absatz 4, 49 b OWiG, 478 StPO. Für die Gewährung von Akteneinsicht gilt die Kostenregelung des § 107 Absatz 5 OWiG.

Im Einzelnen ist nach dem Personenkreis, der die Einsichtnahme beantragt, zu unterscheiden:

3.6.1
Akteneinsicht an anwaltlich nicht vertretene Betroffene

Dem nicht anwaltlich vertretenen Betroffenen kann nach § 49 Absatz 1 OWiG Akteneinsicht unter Aufsicht, also in den Diensträumen, gewährt werden (Ermessensentscheidung). Stehen schutzwürdige Interessen Dritter der Akteneinsicht nicht entgegen und kann der Untersuchungszweck nicht gefährdet werden, können die jeweiligen Umständen des Einzelfalles zu einer Ermessensreduzierung auf Null führen mit der Folge, dass ein Anspruch auf Akteneinsicht besteht. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Betroffene sich ansonsten nicht angemessen verteidigen könnte.

3.6.2
Akteneinsicht an Rechtsanwalt als Verteidiger

Hat der Betroffene einen Rechtsanwalt als Verteidiger mit seiner Interessenwahrnehmung beauftragt, ist diesem grundsätzlich Akteneinsicht zu gewähren, §§ 46 Absatz 1 OWiG, 147 StPO. Hierzu genügt grundsätzlich die anwaltliche Versicherung der Bevollmächtigung des Verteidigers. Bei Zweifeln an der Bevollmächtigung oder z. B. bei einer ersichtlichen Interessenkollision kann die Vorlage der Vollmacht selbst gefordert werden.

Ist der Abschluss der Ermittlungen noch nicht in den Akten vermerkt, kann dem Verteidiger die Einsicht in die Akten nur versagt werden, wenn sie den Untersuchungszweck gefährden könnte. Nach Abschluss der Ermittlungen gilt das Recht auf unbeschränkte Akteneinsicht. Dem Verteidiger sollen die Akten mit Ausnahme der Beweisstücke zur Einsichtnahme in seine Geschäftsräume oder Wohnung mitgegeben werden, § 147 Absatz 4 StPO.

3.6.3
Akteneinsicht an verletzte Person

Eine durch die bußgeldbewehrte Handlung oder Unterlassung verletzte Person kann nach §§ 46 Absatz 1 OWiG, 406 e StPO Akteneinsicht lediglich über einen Rechtsanwalt ausüben, sofern sie ein berechtigtes Interesse darlegt. Ein solches ist insbesondere anzunehmen, wenn die Geltendmachung bürgerlich-rechtlicher Ansprüche des Verletzten gegenüber dem Betroffenen geprüft werden soll. Zu versagen ist die Akteneinsicht, soweit überwiegende schutzwürdige Interessen des Beschuldigten oder anderer Personen entgegenstehen. Sie kann ferner versagt werden, soweit der Untersuchungszweck gefährdet erscheint oder durch sie das Verfahren erheblich verzögert wird, § 406 e Absatz 2 StPO.

3.6.4
Akteneinsicht an nicht beteiligte Personen und Stellen

Für nicht am Bußgeldverfahren beteiligte Personen und Stellen gelten die §§ 49 b OWiG, 474 ff. StPO. Danach wird zwischen der Akteneinsicht bzw. Auskunftserteilung an Justizbehörden bzw. andere öffentliche Stellen (§ 474 StPO, gebundene Entscheidung) und an Privatpersonen bzw. sonstige (private) Stellen (§ 475 StPO, Ermessensentscheidung) unterschieden.

Akteneinsicht für Privatpersonen und private Stellen kann nur über einen beauftragten Rechtsanwalt bei Darlegung eines berechtigten Interesses ausgeübt werden und wenn reine Auskünfte aus den Akten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern oder zur Wahrnehmung des berechtigten Interesses nicht ausreichen würden (§475 Absatz 1-3 StPO). Ein solches Interesse kann beispielsweise für die Prüfung bürgerlich-rechtlicher Ansprüche oder für die Vorbereitung eines Verwaltungsstreitverfahrens gegeben sein. Die Akteneinsicht ist abzulehnen, wenn der hiervon Betroffene ein schutzwürdiges Interesse an der Versagung hat.

Zur Vermeidung einer Übermittlung von Überschussinformationen ist jedoch Auskünften aus den Akten im Verhältnis zur Akteneinsicht grundsätzlich der Vorrang zu gewähren, Nummer 185 RiStBV.

Ohne Einschaltung eines Rechtsanwalts können Privatpersonen oder private Stellen lediglich eine Auskunft aus den Akten erhalten. Voraussetzung ist auch hierfür, dass der die Auskunft Begehrende ein berechtigtes Interesse an der Auskunftserteilung darlegt (Beispiele s. o.) und der hiervon Betroffene kein schutzwürdiges Interesse an deren Versagung hat (§ 475 Absatz 4 StPO).

3.7
Pressegesetz NRW

Nach § 4 Absatz 1 LPrG NRW sind die Behörden der Arbeitsschutzverwaltung verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben dienenden Auskünfte zu erteilen (gebundene Entscheidung). Ein Anspruch besteht allerdings nicht, wenn Vorschriften über die Geheimhaltung entgegenstehen, vergleiche § 4 Absatz 2 Nummer 2 LPrG NRW. Als solche sind auch die Vorschriften über die Geheimhaltung nach §§ 23 Absatz 2 ArbSchG, 139b GewO anzusehen. Insofern gelten die Aussagen zu Nummer 1.4 und 1.5 entsprechend.

Sofern die genannten Geheimhaltungsvorschriften nicht eingreifen, können Auskünfte an die Presse unter den Voraussetzungen des § 4 Absatz 2 Nummer 1, 3 oder 4 LPrG NRW verweigert werden. Nach § 43 LBG i. V.m. § 41 der Geschäftsordnung für die Bezirksregierungen vom 26. März 2008 (Runderlass des Innenministeriums, Az. 52.18.01.03) bedürfen mündliche Auskünfte an Presse, Hörfunk und Fernsehen oder sonstige Medien sowie schriftliche Verlautbarungen, die zur Veröffentlichung bestimmt sind, der Zustimmung der Regierungspräsidentin oder des Regierungspräsidenten oder der von ihr/ihm beauftragten Beschäftigten.

3.8
Landesverfassung

Grundsätzlich hat das Parlament bzw. seine Abgeordneten ein aus dem allgemeinen Abgeordnetenstatus abgeleitetes verfassungsrechtlich gewährleistetes Informationsrecht gegenüber der Landesregierung. Gegenüber dem Petitionsausschuss des Landtages haben nach Art. 41 a Absatz 2 LV auch die Behörden der Arbeitsschutzverwaltung die Pflicht, alle erforderlichen Auskünfte zu erteilen und Akten zugänglich zu machen. Entsprechendes gilt für Auskunfts- und Aktenvorlageersuchen von Untersuchungsausschüssen gemäß Art. 41 Absatz 2 LV.

Soweit es sich jedoch um Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse bzw. -verhältnisse handelt, gelten die Geheimhaltungspflichten der §§ 23 Absatz 2 ArbSchG und 139 b GewO auch gegenüber den Abgeordneten im Zusammenhang mit deren Tätigkeit im Parlament. Für Untersuchungsausschüsse gilt das Gesetz über die Einsetzung und das Verfahren von Untersuchungsausschüssen des Landtags Nordrhein-Westfalen. Danach haben Verwaltungsbehörden zwar dem Ersuchen des Untersuchungsausschusses nach Beweiserhebungen nachzukommen, aber bei Aussagen von Landesbediensteten ist der notwendige Geheimschutz zu gewährleisten (§ 9 Absatz 5 Satz 3).

Die Entscheidung über die Übermittlung von Informationen an den Landtag, die möglicherweise der Geheimhaltung unterliegen könnten, liegt beim für Arbeitsschutz zuständigen Ministerium. Die Landesregierung hat dabei unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zwischen dem Anspruch des Abgeordneten auf die für die Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Informationen und dem grundrechtlich gewährleisteten Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen der betroffenen Betriebe unter Berücksichtigung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen der Arbeitsschutzverwaltung und den Unternehmen abzuwägen.

Jede Anfrage des Landtages bzw. eines Abgeordneten gegenüber den Behörden der Arbeitsschutzverwaltung ist dem für Arbeitsschutz zuständigen Ministerium zur Entscheidung über das weitere Verfahren vorzulegen.

3.9
Gesetz über den Feuerschutz und die Hilfeleistung NRW

Gemäß § 37 Absatz 1 FSHG NRW übermitteln die Behörden und Einrichtungen mit dem Aufgabenbereich Arbeitsschutz den Gemeinden und Kreisen auf Anfrage die zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz erforderlichen Daten, soweit diese Daten vorhanden sind (gebundene Entscheidung). Bei diesen Aufgaben handelt es sich gemäß § 1 FSHG NRW um die Unterhaltung leistungsfähiger Feuerwehren zur Bekämpfung von Schadenfeuern, die Hilfeleistung bei Unglücksfällen und öffentlichen Notständen sowie um das Treffen von Maßnahmen zur Verhütung von Bränden und die Koordination des Einsatzes bei Großschadensereignissen. Zu den zu übermittelnden Angaben gehören:

- der Ort und die Lage besonders gefährdeter oder gefährlicher Objekte

- die Namen und Anschriften der Eigentümer, Besitzer und Betreiber sowie von Personen, die mit besonderen Funktionen in der Gefahrenabwehr betraut sind

- die Lagerung, Art, Beschaffenheit und Menge vorhandener oder möglicherweise entstehender Stoffe, von denen Gefahren ausgehen können

- das Ausbreitungs- und Wirkungsverhalten der vorhandenen oder möglicherweise entstehender Stoffe

- die Bewertung der Gefahren für die Anlagen und ihre Umgebung und

- die vorhandenen und möglichen Vorkehrungen zum Schutz gegen Gefahren sowie die möglichen Maßnahmen zur Bekämpfung von Schäden.

4
Auskunftsersuchen von Gerichten und Verfolgungsbehörden

Auskunftsersuchen sind sowohl die Bitte um Akteneinsicht als auch die Bitte um Erteilung einer amtlichen Auskunft.

4.1
Auskunftsersuchen von Strafgerichten und Verfolgungsbehörden

Ersuchen eines Strafgerichts, einer Staatsanwaltschaft, einer Verfolgungsbehörde im Bußgeldverfahren oder einer Polizeibehörde als Ermittlungsorgan der Staatsanwaltschaft oder der Verfolgungsbehörde (§§ 202, 244 Absatz 2, 161, 163 StPO, §§ 46 Absatz 2, 53 Absatz 1 OWiG) oder einer Finanzbehörde in Verfolgung von Steuerstrafsachen (§§ 386 und 399 der Abgabenordnung) ist ohne Rücksicht auf den Willen des Betriebsinhabers grundsätzlich stattzugeben, d.h. die den Fall betreffenden Vorgänge sind vorzulegen bzw. die erbetenen Auskünfte sind zu erteilen (gebundene Entscheidung). Insoweit greifen die §§ 23 Absatz 2 ArbSchG, 139 b GewO nicht ein. Ist jedoch nicht auszuschließen, dass das Bekanntwerden des Akteninhaltes oder das Erteilen einer Auskunft dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten würde und wird aus diesem Grunde die Ablehnung des Ersuchens für angezeigt gehalten, ist unter Aktenvorlage zwecks Entscheidung über eine Erklärung gemäß § 96 StPO der zuständigen obersten Landesbehörde zu berichten.

4.2
Auskunftsersuchen von Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichten

Fordert ein Verwaltungs-, Sozial-, oder Finanzgericht von der Arbeitsschutzbehörde Akten an oder wünscht es eine amtliche Auskunft und greift im Einzelfall § 23 Absatz 2 ArbSchG oder 139b GewO ein, so ist entsprechend §§ 99 Absatz 1 Verwaltungsgerichtsordnung, 119 Absatz 1 Sozialgerichtsgesetz, 86 Absatz 1 und 2 Finanzgerichtsordnung der zuständigen obersten Landesbehörde unter Vorlage der Akten zwecks Entscheidung zu berichten, falls die Ablehnung des Ersuchens für angezeigt gehalten wird. Im Falle der Ablehnung eines Ersuchens gegenüber einem Verwaltungsgericht regelt sich das weitere Verfahren nach § 99 Absatz 2 VwGO.

4.3
Auskunftsersuchen anderer Gerichte

Werden durch andere Gerichte Akten angefordert oder wird um Erteilung einer amtlichen Auskunft gebeten, so sind diese Ersuchen abzulehnen, sofern sie im Einzelfall in § 23 Absatz 2 ArbSchG oder § 139 b GewO eingreifen. Auf die Möglichkeit der Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht (siehe Nummer 1.6.1) kann hingewiesen werden. Anderenfalls ist nach den Grundsätzen der Amtshilfe (siehe Nummer 3.4.3) zu verfahren.

5
Aussage der Bediensteten der Arbeitsschutzverwaltung vor Gericht als Zeuge oder Sachverständiger

5.1
Aussagen vor Staatsanwaltschaften, Strafgerichten und Finanzgerichten in Steuerstrafsachen sowie vor Amtsgerichten in Bußgeldsachen

Wird ein Beamter der Arbeitsschutzverwaltung geladen, vor Gericht oder bei der Staatsanwaltschaft als Zeuge oder Sachverständiger auszusagen, so ist regelmäßig gemäß § 37 Absatz 3 BeamtStG eine Aussagegenehmigung zu erteilen. Diese Genehmigung darf nur versagt werden, wenn die Aussage dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten würde oder die Erfüllung öffentlicher Aufgaben ernstlich gefährdet oder erheblich erschwert würde (§ 37 Absatz 4 BeantStG). Dieser Fall ist in der Praxis jedoch nur selten gegeben.

Die Aussage vor der Staatsanwaltschaft, dem Strafgericht oder dem Amtsgericht in Bußgeldsachen ist nach Erteilung der Aussagegenehmigung im erforderlichen Umfang zulässig, da es sich in diesen Fällen um die Verfolgung von Straftaten bzw. Ordnungswidrigkeiten mit Bezug zum Arbeitsschutz oder wegen schwerwiegender anderer Verstöße, also Gesetzeswidrigkeiten i.S.d. §§ 23 Absatz 2 ArbSchG, 139 b GewO handelt. Dies gilt auch für Verfahren vor den Finanzgerichten im Rahmen von Steuerstraftaten.

5.2
Aussagen vor Zivil-, Arbeits-, Verwaltungs- und Sozialgerichten sowie vor Ausschüssen des Landtages

Bei Aussagen vor Zivil-, Arbeits-, Verwaltungs- oder Sozialgerichten sind ergänzend die Zeugnisverweigerungsrechte aus der Zivilprozessordnung zu beachten. Diese greifen immer dann ein, wenn die Voraussetzungen für die Anwendung der Geheimhaltungsvorschriften gegeben sind. Trotz Erteilung einer Aussagegenehmigung ist deshalb die Aussage zu verweigern, sofern Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse bzw. -verhältnisse berührt sind oder sich dies nicht zweifelsfrei ausschließen lässt. Ein Zeugnisverweigerungsrecht besteht jedoch nicht vor dem Amtsgericht für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten (näher siehe Nummer 5.1).

Für Aussagen gegenüber den Ausschüssen des Landtages wird auf die Ausführungen in Nummer 3.8 hingewiesen.

5.3
Regelungen für Tarifbeschäftigte

Für den Bereich der Tarifbeschäftigten gelten aufgrund der inhaltlichen Vergleichbarkeit der Regelungen aus dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) – vgl. § 3 Absatz 2 TV-L – die vorstehenden Ausführungen entsprechend.

Teil 2

Inkrafttreten
Dieser Runderlass tritt am Tag nach seiner Veröffentlichung in Kraft. Gleichzeitig wird der RdErl. d. Ministeriums für Arbeit und Wirtschaft und Arbeit v. 6.6.2005 (MBl. NRW. S. 752) aufgehoben

- MBl. NRW. 2015 S. 236