Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2016 Nr. 22 vom 26.8.2016 Seite 491 bis 510
Richtlinien für die Anerkennung von Betreuungsvereinen sowie für die Gewährung von Zuwendungen zur Stärkung der ehrenamtlichen Betreuung Runderlass des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales - V B 2 - 6333 vom 5. Juli 2016 |
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Richtlinien für die Anerkennung von Betreuungsvereinen sowie für die Gewährung von Zuwendungen zur Stärkung der ehrenamtlichen Betreuung Runderlass des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales - V B 2 - 6333 vom 5. Juli 2016
2170
Richtlinien für die Anerkennung
von Betreuungsvereinen sowie für die Gewährung
von Zuwendungen zur Stärkung der ehrenamtlichen Betreuung
Runderlass des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales - V B 2
- 6333
vom 5. Juli 2016
I. Teil
Anerkennung von Betreuungsvereinen
1
Gegenstand
Die Landschaftsverbände (Landesbetreuungsämter) können gemäß § 1908f Absatz 1 Nummern 1 bis 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und § 2 des Landesbetreuungsgesetzes vom 3. April 1992 (GV. NRW. S. 124) nach Maßgabe dieser Richtlinien auf Antrag rechtsfähige Vereine als Betreuungsvereine zur Wahrnehmung von Aufgaben in Betreuungsangelegenheiten anerkennen.
2
Voraussetzungen
2.1
Allgemein
Die Tätigkeit eines Betreuungsvereins im Sinne des § 1908f des Bürgerlichen Gesetzbuchs erfordert verantwortliches Handeln in fürsorglicher, rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht.
Sie ist gerichtet auf die Verwirklichung des Prinzips der persönlichen Betreuung. Hauptmerkmal dieser Betreuung ist der persönliche Kontakt, insbesondere das persönliche Gespräch zwischen den Betreuten und den betreuenden Personen.
Dem Betreuungsverein kommt im Rahmen des vom Bürgerlichen Gesetzbuch vorgegebenen Modells der organisierten Einzelbetreuung die wichtige Aufgabe zu, das Engagement hauptamtlich Beschäftigter und ehrenamtlich betreuender Personen sowie Bevollmächtigter wirkungsvoll zusammenzuführen.
Eine umfassende Beratung der Betreuten und der ehrenamtlichen betreuenden Personen kann nur in enger Zusammenarbeit mit den anderen sozialen Diensten und Institutionen sowie den Kommunen erfolgen. Der Verein soll daher auch in Arbeitsgemeinschaften im Sinne des § 4 Landesbetreuungsgesetz mitwirken und die Zusammenarbeit und den Erfahrungsaustausch mit den weiteren vor Ort in Betreuungsangelegenheiten Tätigen suchen.
Zu den Aufgaben der Betreuungsvereine gehört im Rahmen der Querschnittsarbeit auch die planmäßige Information über Vorsorgemöglichkeiten, insbesondere Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen.
2.2
Eigenschaften des Betreuungsvereins
Als Betreuungsvereine können nur rechtsfähige Vereine anerkannt werden, die gemeinnützige Zwecke im Sinne von § 52 Absatz 1 Satz 1 Abgabenordnung verfolgen und ihren Sitz in Nordrhein-Westfalen haben.
Der Verein muss nach seinen Zielen und seiner Satzung gewährleisten, dass die ihm obliegenden Aufgaben ordnungsgemäß erfüllt werden. Insbesondere müssen eine ordnungsgemäße Kassen-, Wirtschafts- und Vermögensverwaltung sowie eine unabhängige Prüfung der Rechnungswerke vor der Entlastung sichergestellt sein.
Der Verein muss über eine angemessene fürsorgliche, wirtschaftliche und personelle Leistungsfähigkeit verfügen. Es muss insbesondere gewährleistet sein, dass der Verein seine Aufgaben frei von rechtlichen Bindungen ohne Interessenskollisionen versehen kann. Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bedingt unter anderem, dass der Verein dauerhaft seine Aufgaben, insbesondere die Gewinnung und Begleitung ehrenamtlicher betreuender Personen, wahrnehmen kann.
Die Voraussetzungen des § 2 Nummer 2 Landesbetreuungsgesetz können auch durch Teilzeitbeschäftigungen mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von zumindest je 19 Stunden erfüllt werden. Der Verein hat sicherzustellen, dass eine kontinuierliche Betreuungsarbeit des Vereins in Fällen der Abwesenheit, Verhinderung oder des Ausscheidens von Fachkräften gewährleistet ist. Das Ausscheiden von Beschäftigten des Vereins ist den Landesbetreuungsämtern innerhalb von 2 Monaten zu melden.
Bei der Übertragung von Betreuungen auf Fachkräfte oder sonstige Personen muss gewährleistet sein, dass eine angemessene Betreuung zum Wohle der Betreuten geleistet werden kann. Die zulässige Belastung der Fachkräfte oder sonstigen Personen richtet sich nach deren persönlichen Fähigkeiten und den Anforderungen der übertragenen Betreuung(en).
Die Fachkräfte des Vereins sollen mit einem angemessenen Anteil ihrer regelmäßigen Wochenarbeitszeit mit der Aufgabe betraut werden, ehrenamtliche betreuende Personen zu gewinnen, einzuführen, fortzubilden, zu beraten und zu unterstützen (Querschnittsarbeit).
Der Verein hat darüber hinaus einen regelmäßigen Erfahrungsaustausch zwischen hauptamtlich Beschäftigten und ehrenamtlichen betreuenden Personen zu gewährleisten.
3
Verfahren
3.1
Antrag
Der Antrag auf Anerkennung als Betreuungsverein ist schriftlich bei dem Landesbetreuungsamt zu stellen, in dessen Bezirk der Verein seinen Sitz hat.
Dem Antrag sind folgende Unterlagen beizufügen:
- Vereinssatzung,
- Stellungnahme
des Spitzenverbandes der Freien Wohlfahrtspflege, soweit der
antragstellende Verein einem solchen angeschlossen ist,
- Versicherungsnachweis,
- Gemeinnützigkeitsbescheinigung,
- Nachweis
über Anzahl, Ausbildung und Berufsweg oder sonstige Befähigungen der
hauptamtlichen Beschäftigten,
- Verpflichtungserklärung
im Sinne des
§ 2 Nummer 3 Landesbetreuungsgesetz,
- Konzept
zur Querschnittsarbeit,
- Schriftliche
Darstellung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit,
- Schriftliche
Darlegung, wie die Aufsichtspflicht durch den Verein wahrgenommen wird,
- Auszug
aus dem Vereinsregister sowie Vorlage von Vollmachten und Vertretungsregelungen,
- Nachweis
über die Wochenarbeitszeit der hauptamtlichen Beschäftigten.
Das Landesbetreuungsamt entscheidet über den Antrag. Die Anerkennung ist jederzeit widerruflich und kann unter Auflagen erteilt werden.
Über die Anerkennung ist dem Verein eine Urkunde auszustellen.
Das Landesbetreuungsamt unterrichtet die kommunalen Betreuungsbehörden und die Betreuungsgerichte seines Bereichs über die erfolgten Anerkennungen.
3.2
Tätigkeitsbericht
Anerkannte Betreuungsvereine legen dem Landesbetreuungsamt kalenderjährlich zum 31. März einen Tätigkeitsbericht über das Vorjahr vor. Der Tätigkeitsbericht soll es den Landesbetreuungsämtern ermöglichen, ausgesprochene Anerkennungen auf den Fortbestand der Voraussetzungen überprüfen zu können. Daneben soll der Tätigkeitsbericht auch weitere Planungsdaten liefern und die Überprüfung der Voraussetzungen für die Bewilligung von Fördermitteln und deren Verwendung ermöglichen.
Der Tätigkeitsbericht hat sich zumindest auf folgende Angaben zu erstrecken:
- Zahl, Name und Qualifikation der hauptamtlichen Fachkräfte,
- Zahl der ehrenamtlichen betreuenden Personen, die der Verein begleitet,
- Zahl der im Vorjahr neugewonnenen ehrenamtlichen betreuenden Personen,
- Art und Inhalt von Maßnahmen für Aufgabenwahrnehmung nach § 1908f Absatz 1 Nummern 2 und 2a des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
- Zahl der Vereinsbetreuungen,
- Zahl der Betreuungen durch Vereinsbetreuerinnen und Vereinsbetreuer,
- Zahl der ehrenamtlichen Betreuungen.
Die Landesbetreuungsämter können mit Zustimmung des für die Förderung der ehrenamtlichen Betreuungsarbeit zuständigen Ministeriums weitere Anforderungen an die Tätigkeitsberichte vorsehen.
Zeitlicher Anwendungsbereich
Diese Richtlinien sind auch in noch nicht abgeschlossenen Antragsverfahren uneingeschränkt anzuwenden. Bei bereits anerkannten Betreuungsvereinen ist - gegebenenfalls durch nachträgliche Auflagen - sicherzustellen, dass diese Richtlinien eingehalten werden.
II. Teil
Gewährung von Zuwendungen zur Stärkung der ehrenamtlichen Betreuung
1
Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage
1.1
Das Land gewährt nach Maßgabe dieser Richtlinien und der
Verwaltungsvorschriften zu § 44 LHO Zuwendungen für die von den
Betreuungsvereinen gem. § 1908f Absatz 1 Nummer 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs
in Verbindung mit § 2 des Landesbetreuungsgesetzes in Verbindung mit Teil I
dieser Richtlinien wahrzunehmenden Aufgaben (Querschnittsaufgaben).
1.2
Zuwendungen werden nur im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel gewährt. Ein
Anspruch besteht nicht.
2
Gegenstand der Förderung
Gegenstand der Förderung ist die Stärkung der ehrenamtlichen Betreuung in Nordrhein- Westfalen.
3
Zuwendungsempfänger
Zuwendungsempfänger können nur anerkannte Betreuungsvereine sein, die ihren Sitz in Nordrhein-Westfalen haben, als gemeinnützig anerkannt und einem Spitzenverband der Freien Wohlfahrtspflege angeschlossen sind, der wiederum der Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege des Landes Nordrhein-Westfalen angehört. Betreuungsvereine, die aus einer kommunalen Betreuungsbehörde hervorgegangen sind, sind von der Förderung ausgeschlossen.
4
Zuwendungsvoraussetzungen
4.1
Der antragstellende Verein muss nach § 2 des Landesbetreuungsgesetzes in
Verbindung mit Teil I dieser Richtlinien als Betreuungsverein anerkannt sein.
4.2
Der antragstellende Verein ist verpflichtet, eine Betreuerkartei zu führen.
4.3
Um eine Zuwendung nach Nummer 5.3.2 zu beantragen, muss der Antragsteller
nachweisen, dass er am 31. Dezember des Vorjahres (Stichtag) über einen Bestand
von mindestens 15 bestellten ehrenamtlichen betreuenden Personen verfügte.
4.4
Die Aufgabenwahrnehmung muss nachgewiesen werden. Als Nachweise dienen
insbesondere die Dokumentationen der Tätigkeiten zu den Querschnittsaufgaben
aus dem Tätigkeitsbericht.
5.
Art, Umfang und Höhe der Zuwendung
5.1
Zuwendungs- und Finanzierungsart, Form der Zuwendung
Als Projektförderung wird im Wege der Festbetragsfinanzierung ein Zuschuss gewährt.
5.2
Abweichend von VV 1.3 zu § 44 LHO ist ein vorzeitiger Maßnahmebeginn
zulässig.
5.3
Bemessungsgrundlage
5.3.1
Prämienförderung
Im Wege der Prämienförderung kann der Betreuungsverein für jede durch ihn gewonnene ehrenamtliche betreuende Person außerhalb des familiären Umfelds eine einmalige Zuwendung von 300 Euro erhalten. Familiäres Umfeld in diesem Sinne umfasst Verwandte 1. und 2. Grades in gerader Linie, Ehegatten, Geschwister und Schwiegerkinder der zu betreuenden Person. Die Förderung gilt auch für Personen, die nach Durchführung einer Betreuung eines Angehörigen im Sinne des Satz 1 erstmalig durch einen Betreuungsverein für eine außerfamiliäre Betreuung gewonnen wurden.
Wenn eine ehrenamtliche betreuende Person außerhalb des familiären Umfelds für einen zweiten und dritten Betreuungsfall gewonnen und bestellt wird, kann der Betreuungsverein, der sie für die weitere Betreuung gewonnen hat, eine Zuwendung von jeweils 150 Euro erhalten.
5.3.2
Bestandsförderung
Im Wege der Bestandsförderung kann eine weitere Zuwendung von jährlich 70 Euro für jede bestellte ehrenamtliche betreuende Person gewährt werden, die im Zeitpunkt des Stichtages nach Nummer 4.3 an den Betreuungsverein angebunden ist und von ihm im Vorjahr begleitet (eingeführt, beraten oder fortgebildet) wurde. Die Anbindung und Begleitung der ehrenamtlichen betreuenden Person sind vom Betreuungsverein nachzuweisen.
Führt eine ehrenamtliche betreuende Person mehr als eine Betreuung, erhöht sich die Zuwendung auf 100 Euro.
5.3.3
Basisförderung
Im Wege einer Basisförderung kann eine weitere Zuwendung in Höhe von jährlich 6.250 Euro gewährt werden, wenn der Betreuungsverein die in § 1908f Absatz 1 Nummer 2 BGB aufgeführten Querschnittsaufgaben (Gewinnung, Einführung und Fortbildung von ehrenamtlichen Betreuerinnen und Betreuern, die Beratung sowie Unterstützung von ehrenamtlichen Betreuerinnen und Betreuern sowie Bevollmächtigten) sowie die in § 1908f Absatz 1 Nummer 2a BGB genannten Informationsveranstaltungen zu Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen jeweils eigenständig durchgeführt hat. Der Nachweis der Wahrnehmung dieser Aufgaben erfolgt über die Angaben im Tätigkeitsbericht/Sachbericht.
6
Verfahren
6.1
Bewilligungsbehörde sind die Landesbetreuungsämter der Landschaftsverbände
Rheinland und Westfalen-Lippe.
6.2
Die Zuständigkeit der Bewilligungsbehörde richtet sich nach der
Gebietskörperschaft, in der der Betreuungsverein überwiegend seine Tätigkeit
ausübt.
6.3
Zuwendungsanträge sind nach dem Muster der Anlage
1 zu stellen.
6.3.1
Der Zuwendungsantrag nach Nummern 5.3.1, 5.3.2 und 5.3.3 muss der
Bewilligungsbehörde bis zum 31. März des Jahres vorliegen (Datum des
Eingangsstempels). Eine Ausnahmeregelung kann von den Landesbetreuungsämtern im
Benehmen mit dem Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales zugelassen
werden. Mit dem Antrag nach Nummer 5.3.1 können nur Betreuerbestellungen
berücksichtigt werden, die vom 1. Januar bis zum 31. Dezember des Vorjahres
erfolgt sind.
6.4
Die Bewilligung erfolgt nach dem in der Anlage
2 beigefügten Muster.
6.5
Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den
Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die ggf. erforderliche Aufhebung
des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten
die VV zu § 44 LHO, soweit nicht in diesen Förderrichtlinien Abweichungen
zugelassen worden sind.
III. Teil
Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Dieser Runderlass tritt mit Wirkung vom 30. April 2016 in Kraft und am 29. April 2020 außer Kraft.
-MBl. NRW. 2016 S. 494