Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2016 Nr. 33 vom 14.12.2016 Seite 843 bis 858

Festlegung abweichender Verfahrensfristen für den Antrag auf Erteilung der notwendigen Ausnahmegenehmigung gemäß § 8 Abs. 9 Satz 5 APG DVO NRW und für die Erteilung von Festsetzungsbescheiden in den Jahren 2016 und 2017 gemäß § 12 Abs. 3 Satz 3 APG DVO NRW Allgemeinverfügung des Ministeriums für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter vom 23. November 2016
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Festlegung abweichender Verfahrensfristen für den Antrag auf Erteilung der notwendigen Ausnahmegenehmigung gemäß § 8 Abs. 9 Satz 5 APG DVO NRW und für die Erteilung von Festsetzungsbescheiden in den Jahren 2016 und 2017 gemäß § 12 Abs. 3 Satz 3 APG DVO NRW Allgemeinverfügung des Ministeriums für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter vom 23. November 2016

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Festlegung abweichender Verfahrensfristen für den Antrag auf Erteilung der notwendigen Ausnahmegenehmigung gemäß § 8 Abs. 9 Satz 5 APG DVO NRW und für die Erteilung von Festsetzungsbescheiden in den Jahren 2016 und 2017 gemäß § 12 Abs. 3 Satz 3 APG DVO NRW

Allgemeinverfügung des Ministeriums für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter
vom 23. November 2016

In Ausübung der durch § 9 Absatz 3 der Verordnung zur Ausführung des Alten- und Pflegegesetzes und § 92 SGB XI (APG DVO NRW) vom 21. Oktober 2014 (GV. NRW. S. 656) verliehenen Möglichkeit wird hiermit im Wege der Allgemeinverfügung:

1.      Die Frist des § 8 Abs. 9 Satz 5 APG DVO NRW auf „innerhalb von 6 Monaten nach Erhalt des Festsetzungsbescheides“ (statt 1. Januar 2017) festgelegt. Innerhalb dieser Frist sind Anträge auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Überschreitung der nach § 8 Abs. 3 APG DVO NRW zu berechnenden Vergleichsmiete für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2020 zu stellen.

2.      Die Frist des § 12 Abs. 3 Satz 3 APG DVO NRW, die durch Allgemeinverfügung vom 20. April 2016 auf den 25. November 2016 verlängert wurde, wird für das Festsetzungsverfahren 2016/2017 auf den 31. Juli 2017 festgelegt.

Diese Allgemeinverfügung gilt ab dem 23. November 2016.

Begründung:

Gemäß § 9 Abs. 3 APG DVO NRW kann das Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen (im Folgenden MGEPA genannt), im Wege der Allgemeinverfügung in begründeten Fällen abweichende Verfahrensfristen festlegen.

Von dieser Möglichkeit wird hiermit in Bezug auf die oben genannten Fristen Gebrauch gemacht, da die Bearbeitung der Anträge auf Festsetzung der anerkennungsfähigen Aufwendungen von stationären Pflegeeinrichtungen nach den bisherigen Erfahrungen gerade im ersten Festsetzungsverfahren nach den Regelungen des Alten- und Pflegegesetzes (APG) und der darauf basierenden Verordnung (APG DVO NRW) erheblich aufwändiger ist, als zum Zeitpunkt des Gesetz- und Verordnungsgebungsverfahrens absehbar. Wesentliche Ursache hierfür ist die erstmalige Ermittlung der teilweise weit in der Vergangenheit liegenden Investitionsaufwendungen der stationären Pflegeeinrichtungen.

Dies führt dazu, dass Einrichtungen, die die bisherigen Fristverlängerungen in Anspruch genommen haben und deren Alt-Bescheid noch bis zum 31. Dezember 2016 gültig ist, frühestens ab Ende des Jahres 2016 nach den Regelungen des Alten- und Pflegegesetzes und der darauf beruhenden APG DVO NRW beschieden werden können. Eine große Zahl von Einrichtungen wird ihren ersten Bescheid über die Festsetzung der gesondert berechenbaren Investitionsaufwendungen erst im Lauf des Jahres 2017 erhalten.

1. Bestimmung der Frist des § 8 Abs. 9 Satz 5 APG DVO NRW auf „innerhalb von 6 Monaten nach Erhalt des Festsetzungsbescheides“

Bei gemieteten Einrichtungen, deren zum 1. Februar 2014 anerkannte Miete erheblich über dem Ergebnis der fiktiven Vergleichsberechnung nach § 8 Abs. 3 bis 8 APG DVO liegt, führt der nunmehr erwartete Zeitpunkt, zu dem sie den Festsetzungsbescheid erhalten, dazu, dass sie das konkrete Ergebnis dieser Vergleichsberechnung erst unmittelbar vor Ablauf der Frist des § 8 Abs. 9 Satz 5 APG DVO NRW oder sogar danach mitgeteilt bekommen. Damit ist eine Klärung mit der Vermieterin / dem Vermieter, inwieweit sie / er bereit ist, die vertraglich vereinbarte Miethöhe ab dem 1. Januar 2020 zu reduzieren, nicht möglich und der Trägerin / dem Träger fehlt das wesentliche Argument, um ihren / seinen Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für die Überschreitung der nach § 8 Abs. 3 zu berechnenden Vergleichsmiete über den 1. Januar 2020 hinaus zu begründen.

Mit der Verlängerung der Antragsfrist auf einen individuell zu bestimmenden Zeitpunkt „6 Monate nach Erhalt des Festsetzungsbescheides“ wird für die notwendigen Verhandlungen mit der Vermieterin / dem Vermieter ein Zeitraum von 6 Monaten eingeräumt. Der örtliche Träger der Sozialhilfe hat anschließend 6 Monate Zeit, über den ggf. erforderlichen Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Überschreitung der nach § 8 Abs. 3 APG DVO NRW zu berechnenden Vergleichsmiete zu entscheiden. Die dann bis zum Auslaufen des Bestandsschutzes verbleibenden 1,5 bis 2 Jahre dürften im Regelfall ausreichen, um im Falle einer Ablehnung des Antrags Rechtssicherheit durch Widerspruch und erstinstanzliche Klage herzustellen.

Eine regelhafte Verlängerung des Bestandsschutzes für die zum Vertragsstand 1. Februar 2014 anerkannte Miete über den 31. Dezember 2019 hinaus ist dagegen in Abwägung mit den Interessen der Pflegebedürftigen und der das Pflegewohngeld zahlenden Kreisen und kreisfreien Städten nicht geboten. Die Miethöhe der betroffenen Einrichtungen liegt zu diesem Zeitpunkt immer noch erheblich über dem Grundsatz der Vergleichbarkeit der anerkennungsfähigen Aufwendungen bei Miet- und Eigentumseinrichtungen, wie er im § 10 Abs. 8 des Alten- und Pflegegesetzes normiert ist. Damit fehlt ein die Miethöhe rechtfertigender Gegenwert für die Bewohnerinnen und Bewohner der Einrichtung.

Allenfalls in Einzelfällen, die z.B. durch die damalige Begründung für die vertraglich festgelegte Miethöhe, Änderungsmöglichkeiten im Mietvertrag, Bedarfssituation, Versorgungsalternativen sowie Handlungsalternativen und wirtschaftliche Auswirkungen für die Trägerinnen und Träger begründet sind, kann es gerechtfertigt sein, dass Mieten weiter gefördert werden, die auch nach einer Übergangsfrist von 5 Jahren immer noch um mehr als 10% über dem Ergebnis der Vergleichsberechnung liegen, wie sie die Verordnung vorsieht. Ob ein solcher Einzelfall vorliegt, kann im Rahmen der Entscheidung über eine beantragte Ausnahmegenehmigung geprüft werden.

2. Festlegung der Frist, bis zu der im Verfahren 2016/2017 ein Bescheid zu erteilen ist, auf den 31. Juli 2017

§ 12 Abs. 3 Satz 3 APG DVO NRW sieht vor, dass ein Festsetzungsbescheid bis zum 15. November des Jahres der Antragstellung zu erteilen ist, soweit die Antragsunterlagen vollständig sind. Die Regelung wurde in die Verordnung aufgenommen, um zu gewährleisten, dass die Einrichtung nach Erhalt des Bescheides die Gelegenheit hat, im Falle einer Erhöhung des gesondert berechenbaren Investitionsaufwandes die aus diesem Grund ggf. beabsichtigte Erhöhung des Heimentgeltes der Bewohnerin / dem Bewohner rechtzeitig mitzuteilen. Für dieses Erhöhungsverlangen gilt gem. § 9 Abs. 2 des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes (WBVG) eine Frist von vier Wochen.

Auf dieser Grundlage wurde aufgrund der eingetretenen Verfahrensverzögerungen mit der Verlängerung der Gültigkeit der Alt-Bescheide auch jeweils die im § 12 Abs. 3 Satz 3 genannte Frist zweimal durch Allgemeinverfügungen verlängert (zuletzt mit Allgemeinverfügung vom 20. April 2016 auf den 25. November 2016).

Durch die dritte Änderungsverordnung zur APG DVO, die am 11. August 2016 in Kraft getreten ist, hat die Landesregierung nunmehr eine ausdrückliche Grundlage für die Rückwirkung der Bescheide nach der APG DVO und damit eine rechtssichere Regelung für die etwaige Zeit zwischen eigentlichen Wirkungsende der bisherigen Bescheide und dem Datum der (rückwirkenden) Neubescheidung geschaffen.

Einrichtungen, deren Neubescheidung zum 1. Januar 2017 erfolgen müsste, die aber ihren Bescheid ggf. erst später erhalten, können nach der jetzt gültigen Regelung des § 12 Abs. 8 und 9 APG DVO rechtssicher zunächst weiter auf der Basis des bisherigen Bescheids den unveränderten Investitionskostenbetrag abrechnen. Damit ist die Liquidität der Einrichtungen vollständig gesichert und für die Bewohnerinnen und Bewohner wird das Risiko vermieden, dass durch Aussetzen der Zahlungen unerwartet hohe Nachzahlungen „auflaufen“. Andererseits sind die Bewohnerinnen und Bewohner auch geschützt, irgendwelche Zahlungen „ins Blaue hinein“ leisten zu müssen. Denn die Einrichtungen dürfen bis zur Neubescheidung nur die bisherigen Beträge und nicht etwa von ihnen geschätzte höhere Beträge o.ä. abrechnen.

Erst wenn die Einrichtungen den neuen Bescheid (mit einer Rückwirkung zum 1. Januar 2017) erhalten, müssen sie einmalig die Berechnung gegenüber ihren Bewohnerinnen und Bewohnern umstellen und hierbei einmalig auch eine Nachberechnung für den Zeitraum seit dem 1. Januar 2017 vornehmen. Ergibt diese Nachberechnung eine „Überzahlung“ seitens der Bewohnerinnen und Bewohner – weil der neu festgesetzte Investitionskostenbetrag niedriger ist als der bisherige – ist der zu viel gezahlte Betrag mit dem nächsten Monatsbetrag zu verrechnen, so dass die Einrichtungen und die Bewohnerinnen und Bewohner ab der ersten Abrechnung nach der Neubescheidung finanziell genau so stehen, wie wenn der Neubescheid bereits zum 1. Januar 2017 ergangen wäre. Ergibt sich aus dem neuen Bescheid ein höherer Investitionskostenbetrag müsste mit der ersten Abrechnung der Nachzahlungsbetrag in Rechnung gestellt werden. Er wird dann ab dem 1. Januar 2017 geschuldet, wenn die Trägerin / der Träger auf der Grundlage der Angaben im Antrag zu dem Ergebnis gekommen ist, dass eine Erhöhung der anerkannten Investitionsaufwendungen zu erwarten ist und sie / er der Bewohnerin / dem Bewohner unter Berücksichtigung der Frist des § 9 Abs. 2 WBVG rechtzeitig mitgeteilt hat, dass beabsichtigt ist, auf dieser Grundlage das Heimentgelt ab dem 1. Januar 2017 zu erhöhen.

Die Nutzung der Rückwirkungsmöglichkeit soll aber zur weitgehenden Vermeidung des Aufwandes durch die bei rückwirkenden Bescheiden erforderlichen Nachberechnungen in Bezug auf die Folgefestsetzungsverfahren die Ausnahme sein. Bei dem ersten Verfahren nach der APG DVO kann die Umkehrung des Regel-/Ausnahmeverhältnisses jedoch toleriert werden.

Die Frist für die Erteilung des Festsetzungsbescheides 2016/2017 soll daher abweichend auf den 31. Juli 2017 festgelegt werden.

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage erhoben werden. Die Klage ist schriftlich oder zur Niederschrift beim Sozialgericht in dessen Bezirk die Klägerin bzw. der Kläger zur Zeit der Klageerhebung ihren oder seinen Sitz oder Wohnsitz hat, zu erheben.

Düsseldorf, den 23. November 2016

Im Auftrag
Markus   L e ß m a n n

-MBl. NRW. 2016 S.