Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2018 Nr. 12 vom 22.5.2018 Seite 257 bis 298

Erlass für die Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen und Hinweise für die Zielsetzung und Anwendung (Windenergie-Erlass) Gemeinsamer Runderlass des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie (Az. VI.A-3 – 77-30 Windenergieerlass), des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz (Az. VII.2-2 – 2017/01 – Windenergieerlass) und des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen (Az. 611 – 901.3/202)
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Erlass für die Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen und Hinweise für die Zielsetzung und Anwendung (Windenergie-Erlass) Gemeinsamer Runderlass des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie (Az. VI.A-3 – 77-30 Windenergieerlass), des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz (Az. VII.2-2 – 2017/01 – Windenergieerlass) und des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen (Az. 611 – 901.3/202)

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Erlass für die Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen und
Hinweise für die Zielsetzung und Anwendung
(Windenergie-Erlass)

Gemeinsamer Runderlass
des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie
(Az. VI.A-3 – 77-30 Windenergieerlass),
des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz
 (Az. VII.2-2 – 2017/01 – Windenergieerlass) und
des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen
(Az. 611 – 901.3/202)

Vom 8. Mai 2018


Inhaltsübersicht
1 Allgemeine Hinweise
1.1 Informationsquellen
1.2 Öffentlichkeitsbeteiligung
2 Hinweise zur Zielsetzung und zu den Adressaten
3 Landes- und Regionalplanung
3.1 Landesplanung
3.2 Regionalplanung
3.2.1 Allgemeines
3.2.2 Zeichnerische Darstellung von Bereichen für die Windenergienutzung im Regionalplan
3.2.2.1 Planungskonzept
3.2.2.2 Windhöffigkeit
3.2.2.3 Bereiche für die Windenergienutzung entlang vorhandener Infrastrukturtrassen
3.2.3 Raumbedeutsamkeit von Windenergieanlagen
3.2.4 Anpassung der Bauleitplanung an die Ziele der Raumordnung gemäß § 34 Landesplanungsgesetz
3.2.4.1 Bereiche, die nicht geeignet sind (Tabubereiche)
3.2.4.2 Bereiche, für die eine Einzelfallprüfung durchzuführen ist
3.2.4.3 Geeignete Bereiche
3.2.4.4 Abweichende Ausweisung
4 Bauleitplanung
4.1 Allgemeines
4.2 Anpassungspflicht an Ziele der Raumordnung gemäß § 1 Absatz 4  Baugesetzbuch
4.3 Konzentrationszonen im Flächennutzungsplan
4.3.1 Allgemeine Anforderungen an die Darstellung von Konzentrationszonen
4.3.2 Erfordernis eines schlüssigen Plankonzepts
4.3.3 Differenzierung nach harten und weichen Tabuzonen
4.3.4 Änderung der Konzentrationszonen
4.3.5 Sachlicher und räumlicher Teilflächennutzungsplan
4.3.6 Konzentrationszonen entlang vorhandener Infrastruktur
4.3.7 Höhenbegrenzungen
4.3.8 Sicherung der Planung
4.4 Bebauungsplan
4.5 Vorhabenbezogener Bebauungsplan
4.6 Beteiligung
4.7 Umweltprüfung in der Bauleitplanung
4.8 Entschädigungsansprüche bei Änderung von Bauleitplänen
4.9 Repowering
5 Genehmigung von Windenergieanlagen
5.1 Verfahren zur Genehmigung von Windenergieanlagen
5.1.1 Immissionsschutzrechtliche Verfahren
5.1.2 Umweltverträglichkeitsprüfung
5.2 Zulässigkeitsvoraussetzungen
5.2.1 Immissionsschutzrechtliche Zulässigkeit
5.2.1.1 Lärm
5.2.1.2 Repowering in durch Lärm vorbelasteten Gebieten
5.2.1.3 Schattenwurf
5.2.1.4 Anlagen an Infrastrukturtrassen
5.2.2 Bauplanungsrechtliche Zulässigkeit
5.2.2.1 Allgemeine Voraussetzungen (Außenbereich)
5.2.2.2 Untergeordnete Nebenanlage (Außenbereich)
5.2.2.3 Entgegenstehen öffentlicher Belange (§ 35 Absatz 3 Baugesetzbuch
5.2.2.4 Rückbauverpflichtung
5.2.3 Bauordnungsrechtliche Anforderungen
5.2.3.1 Abstandflächen
5.2.3.2 Brandschutz
5.2.3.3 Beachtung Technischer Baubestimmungen
5.2.3.4 Standsicherheit
5.2.3.5 Eiswurf
6 Kleinwindanlagen bis 50 m Anlagenhöhe
6.1 Verfahren
6.2 Zulässigkeit
6.2.1 Immissionsschutzrechtliche Voraussetzungen
6.2.2 Bauplanungsrechtliche Voraussetzungen
6.2.3 Bauordnungsrechtliche Voraussetzungen
7 Überwachung und Gebühren
7.1 Überwachung
7.2 Gebühren
7.2.1 Entscheidungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz
7.2.2 Gebühren für Baugenehmigung, Bauüberwachung und Bauzustandsbesichtigung, Prüfung des Standsicherheitsnachweises
8 Tabuzonen, Berücksichtigung von Spezialgesetzen, Behördenbeteiligung
8.1 Fachrechtliche Tabuzonen in der Planung
8.2 Berücksichtigung von Spezialgesetzen und Behördenbeteiligung
8.2.1 Immissionsschutz
8.2.2 Naturschutz, Landschaftspflege, Wald
8.2.2.1 Naturschutzrechtliche Eingriffsregelung
8.2.2.2 Naturschutzrechtlich bedeutsame Gebiete (ohne Landschaftsschutzgebiete)
8.2.2.3 Artenschutz
8.2.2.4 Wald
8.2.2.5 Landschaftsschutzgebiete (LSG)
8.2.2.6 Freihaltung von Gewässern und Uferzonen
8.2.3 Wasserwirtschaft
8.2.3.1 Bauverbot an Gewässern
8.2.3.2 Wasserschutzgebiete und Heilquellenschutzgebiete
8.2.3.3 Überschwemmungsgebiete
8.2.3.4 Hochwasserschutzanlagen
8.2.4 Denkmalschutz
8.2.5 Straßenrecht
8.2.6 Luftverkehrsrecht
8.2.7 Wasserstraßenrecht
8.2.8 Militärische Anlagen
8.2.9 Flurbereinigung
8.2.10 Stromnetze
8.2.11 Rohrfernleitungen
8.2.12 Seismologische Stationen
8.3 Anlagenkataster und Meldepflicht
9 Inkrafttreten/Außerkrafttreten

Nach § 1 Energiewirtschaftsgesetz vom 7. Juli 2005 (BGBl. I S. 1970, 3621), das zuletzt durch Artikel 2 Absatz des Gesetzes vom 20. Juli 2017 (BGBl. I S. 2808) geändert worden ist, ist eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität, die zunehmend auf erneuerbaren Energien beruht, gesetzlicher Auftrag der Energiewirtschaft.

Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen richtet ihre Energie- und Klimapolitik neu aus. Sie erarbeitet daher unter anderem eine neue Energieversorgungsstrategie NRW und bereitet zurzeit vor, dass auch der Landesentwicklungsplan Nordrhein-Westfalen (LEP NRW) entsprechend geändert wird. Am 17.04.2018 wurde der Kabinettbeschluss gefasst, das Beteiligungsverfahren für den Entwurf des LEP NRW durchzuführen. Es ist vorgesehen, einen Grundsatz aufzunehmen, der festlegt, dass bei der planerischen Steuerung von Windenergieanlagen zu Wohngebieten ein Vorsorgeabstand von 1500 Metern eingehalten werden soll.

Der Windenergie-Erlass ist an die jeweils geltende Rechtslage anzupassen.

Die Landesregierung will die Akzeptanz für die Nutzung der Windenergie erhalten, weil sie ein wesentlicher Bestandteil für das Gelingen der Energiewende ist. Daher soll beim weiteren Ausbau der Windenergie insbesondere ein angemessener Anwohner-, Landschafts- und Naturschutz sowie Schutz von Bestandsanlagen sichergestellt, ebenso wie die Unterstützung des Repowerings bestehender Windparks und die Stärkung kommunaler Planungshoheit ermöglicht werden. Mit dieser Änderung werden die im Windenergie-Erlass umsetzbaren Anpassungen vorgenommen.


1
Allgemeine Hinweise
1.1
Informationsquellen
Für die Steuerung des Windenergieausbaus stellt die Landesregierung Nordrhein-Westfalen folgende Unterlagen zur Verfügung:

a) diesen gemeinsamen Runderlass,
b) den Leitfaden „Umsetzung des Arten- und Habitatschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen in Nordrhein-Westfalen“ des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur-
und Verbraucherschutz (MULNV),
c
) die Landschaftsbildeinheiten des Landesamtes für Umwelt, Natur und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (LANUV) aus den Fachbeiträgen des Naturschutzes und der Landschaftspflege (siehe unter https://www.lanuv.nrw.de/natur/eingriffsregelung/windkraft_und_landschaftsbild sowie https://www.lanuv.nrw.de/natur/landschaftsplanung/fachbeitrag),
d
) die Windenergie-Potenzialstudie des LANUV als Energieatlas NRW (siehe unter http://www.energieatlas.nrw.de),
e
) zu Fragen der wirtschaftlichen Bedeutung den Wirtschaftsbericht Nordrhein-Westfalen (siehe https://www.land.nrw/de/tags/wirtschaftsbericht) und
f
) zu Fragen der Akzeptanz von Energieanlagen und der Beteiligungsverfahren: Dialog schafft Zukunft, Servicestelle für Beteiligung in NRW, Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen (MWIDE), (siehe unter http://www.dialog-schafft-zukunft.nrw.de/).

Weitere Informationen sowie Beratungsmöglichkeiten bieten die nachfolgenden Quellen:

a) Die EnergieAgentur. NRW arbeitet im Auftrag der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen als operative Plattform mit breiter Kompetenz im Energiebereich. Das Netzwerk Windenergie bietet eine interaktive Plattform, auf der sich die Netzwerk-Mitglieder entlang der gesamten Wertschöpfungskette themenbezogen und lösungsorientiert austauschen können. Im Branchenführer Windenergie in NRW präsentiert sich die gesamte Wertschöpfungskette der Windindustrie aus Nordrhein-Westfalen. Das Nachschlagewerk wird online (http://www.energieagentur.nrw/windenergie/branchenfuehrer) fortlaufend aktualisiert und als Druckversion jährlich neu aufgelegt.
b) Die Fachagentur Windenergie an Land e.V. (http://www.fachagentur-windenergie.de/) begleitetet die Windenergienutzung in Deutschland systematisch, neutral, zeigt Effizienzpotentiale auf und fördert deren Hebung. Sowohl das Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen als auch der Städte- und Gemeindebund, der Städtetag und der Verband kommunaler Unternehmen zählen zu deren Mitgliedern.
c) Das Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (KNE) gGmbH (https://www.naturschutz-energiewende.de/) ist im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit tätig und ist in seiner Arbeit darauf ausgerichtet, als neutraler, anerkannter und kompetenter Ansprechpartner für alle relevanten Akteursgruppen der Energiewende zu arbeiten.


1.2
Öffentlichkeitsbeteiligung
Die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an Infrastrukturplanungen hat im Zuge der Energiewende an Dringlichkeit gewonnen. Zukunftsentscheidungen in der Region bedürfen heute eines transparenten und partizipativen Vorgehens, in das möglichst viele lokale Interessengruppen einbezogen werden.

Der Errichtung neuer Windenergieanlagen geht in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle ein kommunales Planverfahren (Bauleitplanung) voraus, zu dem ein Beteiligungsverfahren durchzuführen ist. Insoweit besteht für alle Interessierten, unter anderem Bürgerinnen und Bürger, sowie Umweltvereinigungen die Gelegenheit, ihre Belange im Rahmen des zweistufigen Beteiligungsverfahrens einzubringen.

Neben den formellen Beteiligungsverfahren kann es hilfreich sein, auch informelle Beteiligungsverfahren frühzeitig einzusetzen, um das Risiko von Konflikten zu vermindern und Akzeptanz vor Ort zu verbessern.

Auch kann eine Öffentlichkeitsbeteiligung im Zuge eines förmlichen Genehmigungsverfahrens vorgesehen sein. Dieses ist jedoch erst ab einer gewissen Gesamtanlagenzahl des geplanten Windparks und entsprechend nur in seltenen Fällen für den Antragsteller verpflichtend (siehe Kapitel 5.1). Die überwiegende Mehrzahl der Genehmigungsverfahren wird daher in einem vereinfachten Verfahren durchgeführt.

Aufgrund der wachsenden Konflikte beim Ausbau der Windenergie wird dem Antragsteller empfohlen, in der Regel freiwillig ein förmliches Genehmigungsverfahren zu beantragen. Auch wenn dieser Weg, der eine weitere formelle Beteiligungsmöglichkeit eröffnet, deutlich aufwendiger ist, kann er doch dazu beitragen, positiv auf die öffentliche Resonanz des Windenergieprojekts zu wirken. Der öffentliche Erörterungstermin sollte genutzt werden, um die verbleibenden strittigen Fragen zu diskutieren.

Darüber hinaus wirkt die Immissionsschutzbehörde als Genehmigungsbehörde nach § 25 Absatz 3 Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 1999 (GV. NRW. S. 386) in der jeweils geltenden Fassung auf eine frühe Öffentlichkeitsbeteiligung hin. Diese soll möglichst bereits vor dem Genehmigungsverfahren stattfinden. Die Behörde wirkt danach darauf hin, dass der Träger bei der Planung von Vorhaben, die nicht nur unwesentliche Auswirkungen auf die Belange einer größeren Zahl von Dritten haben können, die betroffene Öffentlichkeit frühzeitig über die Ziele des Vorhabens, die Mittel es zu verwirklichen, und die voraussichtlichen Auswirkungen des Vorhabens unterrichtet. Der betroffenen Öffentlichkeit soll Gelegenheit zur Äußerung und zur Erörterung gegeben werden. Das Ergebnis der vor Antragstellung durchgeführten frühen Öffentlichkeitsbeteiligung soll der betroffenen Öffentlichkeit und der Behörde spätestens mit der Antragstellung, im Übrigen unverzüglich mitgeteilt werden. Die frühe Öffentlichkeitsbeteiligung gilt nicht, soweit die betroffene Öffentlichkeit bereits nach anderen Rechtsvorschriften vor der Antragstellung zu beteiligen ist. Beteiligungsrechte nach anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.

Ob im Rahmen der Genehmigung von Windenergieanlagen eine frühe Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen ist, muss im Einzelfall entschieden werden. Dabei ist in der Regel davon auszugehen, dass Windenergieanlagen wesentliche Auswirkungen auf die Belange einer größeren Anzahl von Dritten haben.

Eine frühe Öffentlichkeitsbeteiligung ist insbesondere in den Fällen angezeigt, in denen kein vorgelagertes Planverfahren und dadurch kein vorangehendes Beteiligungsverfahren stattgefunden hat.

Über die gesetzlichen Beteiligungsvorgaben hinaus und unabhängig von der Hinwirkungspflicht hat es sich bei der Projektierung von neuen Windenergieanlagen in vielen Fällen als hilfreich erwiesen, frühzeitig auf eine angemessene Information und Einbeziehung von Bürgerinnen und Bürgern, sowie einschlägigen Verbänden zu achten. Es wird daher allen Projektierenden von Windenergieanlagen empfohlen, frühzeitig eine entsprechende Öffentlichkeitsbeteiligung einzuplanen. Orientierung bieten Leitfäden zum Verfahrensmanagement (zum Beispiel VDI-Richtlinie 7000, die sich an private und öffentliche Vorhabenträger richtet).

Zur Information über Genehmigungsverfahren UVP-pflichtiger Windenergie-Anlagen steht das UVP-Internetportal unter dem Link http://www.uvp-verbund.de zur Verfügung. Das Internetportal ist eine gesetzliche Vorgabe in § 20 Absatz 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. Februar 2010 (BGBl. I S. 94), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 8. September 2017 (BGBl. I S. 3370) geändert worden ist. In diesem Internetportal sind während des Auslegungszeitraums die UVP-Unterlagen zu den einzelnen Genehmigungsverfahren als Download erhältlich.


2
Hinweise zur Zielsetzung und den Adressaten
Die anwohner- und umweltverträgliche Nutzung der Windenergie ist ein wichtiger Bestandteil der Energiewende und für das Erreichen der Klimaschutzziele.

Aufgabe des Windenergie-Erlasses ist es zu zeigen, welche planerischen Möglichkeiten bestehen, einen Ausbau der Windenergienutzung zu gestalten und Hilfestellung zur rechtmäßigen Einzelfallprüfung zu leisten.

Der Erlass besitzt für alle nachgeordneten Behörden verwaltungsinterne Verbindlichkeit. Für die Gemeinden als Trägerinnen der Planungshoheit ist der Windenergie-Erlass Empfehlung und Hilfe zur Abwägung. Für Investitionswillige, sowie Bürgerinnen und Bürger zeigt er den Rechtsrahmen auf, gibt Hinweise zu frühzeitigen Abstimmungsmöglichkeiten mit den Behörden und trägt somit zur Planungs- und Investitionssicherheit bei.

Die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen können unter anderem zu Interessenkonflikten zwischen Anwohnerinnen und Anwohnern, Naturschutzbelangen und den Betreibern der Anlage führen. Die Bürgerinnen und Bürger sollten in jedem Verfahren frühzeitig an der Planung und Nutzung von Windenergieanlagen beteiligt werden (siehe Nummer 1.2). Mit zur Akzeptanz trägt auch der Einsatz der optimal verfügbaren Technik zur Minimierung von Umwelteinwirkungen bei. Fördernd sind ebenfalls die mögliche wirtschaftliche Beteiligung der Kommune sowie die Beteiligung möglichst vieler Bürgerinnen und Bürger insbesondere im Umfeld von Windparks und Windenergieanlagen an der Nutzung der Windenergie. Bürgerwindparks sind Windparks, an denen sich die ortsansässigen Bürgerinnen und Bürger konzeptionell und finanziell beteiligen können. Die hiermit einhergehenden Mitsprache- und Profitmöglichkeiten sind häufig geeignet, anfängliche Skepsis gegenüber der örtlichen Windenergienutzung abzubauen und die Akzeptanz der Windenergienutzung allgemein zu erhöhen.


3
Landes- und Regionalplanung
3.1
Landesplanung
Der gültige Landesentwicklungsplan Nordrhein-Westfalen (LEP NRW) ist am 8. Februar 2017 in Kraft getreten. Der LEP NRW enthält textliche Festlegungen zur Windkraftnutzung in Kapitel 10.2 Standorte für die Nutzung erneuerbarer Energien. Ziel 10.2-2 regelt, dass in den Regionalplänen - proportional zum jeweiligen regionalen Potenzial - Vorranggebiete für die Nutzung der Windenergie festzulegen sind.

Ziele der Raumordnung sind von den öffentlichen Stellen, die der Bindungswirkung des § 4 Raumordnungsgesetz vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2986), zuletzt geändert durch Artikel 2 Absatz 15 des Gesetzes vom 20. Juli 2017 (BGBl. I S. 2808) unterliegen, zu beachten. Es ist Aufgabe der regionalen Planungsträger diese Ziele in der Gesamtschau mit den anderen Zielen des LEP NRW in den Regionalplänen und ihren Teilabschnitten zu konkretisieren.

Vorranggebiete sind dabei Gebiete, die für die Windenergienutzung vorgesehen sind und die andere raumbedeutsame Nutzungen innerhalb dieses Gebietes ausschließen, soweit diese mit der vorrangigen Windenergienutzung nicht vereinbar sind. Es handelt sich bei einem Vorranggebiet um ein Ziel der Raumordnung, das gemäß § 4 Raumordnungsgesetz zu beachten ist. Das heißt, das Ziel kann in der nachfolgenden Planungsabwägung beziehungsweise Ermessensentscheidung nicht überwunden werden.

Für Vorranggebiete für die Windenergie steht das Planzeichen 2.ed) Anlage 3 Planzeicheninhalte/-merkmale der Verordnung zur Durchführung des Landesplanungsgesetzes (Landesplanungsgesetz DVO) vom 8. Juni 2010 (GV. NRW. S. 334), zuletzt geändert durch 4. Änderungsverordnung vom  3. Mai 2016 (GV. NRW. S. 238), Windenergiebereiche zur Verfügung. Bei dieser Festlegung handelt es sich um Vorranggebiete gemäß § 7 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 Raumordnungsgesetz ohne die Wirkung von Eignungsgebieten. Dies ermöglicht den kommunalen Planungsträgern, außerhalb dieser Vorranggebiete weitere Flächen für die Windenergienutzung in ihren Bauleitplänen darzustellen.

Die in 10.2-3 LEP genannten Mindestvorgaben der in jeder Planungsregion für die Windkraftnutzung zur Verfügung zu stellenden Flächen sind in einem Grundsatz festgelegt. Als solcher ist er von öffentlichen Stellen bei ihren raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen nach  § 4 Absatz 1 Raumordnungsgesetz in der Abwägung oder bei der Ermessensausübung nach Maßgabe der dafür geltenden Vorschriften zu berücksichtigen. Die Flächenvorgaben sind in einem Grundsatz festgelegt, um den Gegebenheiten in den Planungsregionen, zum Beispiel aufgrund fachrechtlicher Vorgaben durch Anlagen für die Flugsicherung oder durch Landschafts- und Artenschutz, Rechnung tragen zu können. Die regionalen Planungsträger können dann von diesen Mindest-Flächenkulissen – bei entsprechender Begründung – im Rahmen der Abwägungs- oder Ermessensausübung abweichen.


3.2
Regionalplanung

3.2.1
Allgemeines

In den Regionalplänen sind Ziele zur Steuerung der Windenergienutzung zeichnerisch festzulegen (Vorranggebiete für die Windenergienutzung). Ziele und Grundsätze zur Steuerung der Windenergienutzung können auch textlich festgelegt werden. Alle Regionalpläne, mit Ausnahme dessen für den Regierungsbezirk Arnsberg, enthalten bereits heute textliche Festlegungen zur Windenergienutzung.  Für die Planungsregion Münster liegt mit dem „Regionalplan Münsterland - Sachlicher Teilplan Energie“ eine verbindliche Windenergieplanung vor.


3.2.2
Zeichnerische Darstellung von Bereichen für die Windenergienutzung im Regionalplan
In Regionalplänen erfolgen zeichnerische Festlegungen für die Windenergienutzung.


3.2.2.1
Planungskonzept
Dem Regionalplan muss ein Planungskonzept zugrunde liegen, das den zu beplanenden Raum in den Blick nimmt sowie den allgemeinen Anforderungen des planungsrechtlichen und planungsebenenspezifischen Abwägungsgebots gerecht wird. Dabei berücksichtigt die Regionalplanung die vorhandenen und in Aufstellung befindlichen gemeindlichen Windenergie-Konzentrationszonen (Gegenstromprinzip), übernimmt diese jedoch nicht ohne eigene Abwägung. Eine Übernahme kommunaler Zonen in den Regionalplan kann nur auf Grund eigener regionalplanerischer Abwägung erfolgen.

Vorranggebiete entfalten nur innergebietliche Wirkung und lassen darüber hinaus auf der nachgeordneten kommunalen Ebene auch die Darstellungen von weiteren Konzentrationszonen für die Windenergienutzung zu. Deshalb muss bei der Festlegung von solchen Vorranggebieten in der Regionalplanung das Planungskonzept nicht dem Anspruch entsprechen, für die Windenergienutzung „substanziell Raum zu schaffen“.


3.2.2.2
Windhöffigkeit
Im Rahmen der Erarbeitung des Planungskonzepts ist für das gesamte Planungsgebiet zu ermitteln, welche Bereiche sich aufgrund ihrer Windhöffigkeit für die Windenergienutzung eignen. Nähere Informationen zu relevanten meteorologischen Daten können unter anderem der landesweiten Potentialstudie entnommen werden, die als Energieatlas Nordrhein-Westfalen auf den Internetseiten des LANUV zur Verfügung steht (http://www.energieatlasnrw.de/site/).


3.2.2.3
Bereiche für die Windenergienutzung entlang vorhandener Infrastrukturtrassen
Im Rahmen der Erarbeitung des Planungskonzepts sollen auch die Möglichkeiten untersucht werden, Windenergieanlagen an Standorten zu konzentrieren, an denen sie nicht oder nur zu geringfügig zusätzlichen Belastungen führen. Dieser Ansatz kann zum Beispiel entlang von Infrastrukturtrassen (Bundesfernstraßen, Hauptschienenwege, Hochspannungsfreileitungen) zum Tragen kommen, da von Infrastrukturtrassen und Windenergieanlagen vergleichbare oder ähnliche Umweltauswirkungen ausgehen. Diese können sich so überlagern, dass die zusätzlichen Belastungen durch neue Windenergieanlagen in Trassenkorridoren kaum wahrnehmbar sind. Auf diese Weise können bisher weniger belastete Räume vor der Inanspruchnahme für die Windenergienutzung geschützt werden und gleichzeitig die Windenergienutzung weiter ausgebaut werden. Auch bei der Planung von Bereichen für die Windenergienutzung entlang von Infrastrukturtrassen ist zu beachten, dass alle gesetzlichen Anforderungen eingehalten werden.


3.2.3
Raumbedeutsamkeit von Windenergieanlagen
Raumbedeutsam ist eine Planung, durch die die räumliche Entwicklung oder Funktion eines Gebietes beeinflusst oder Raum in Anspruch genommen wird, (vergleiche § 3 Absatz 1 Nummer 6 Raumordnungsgesetz). Bei Vorliegen einer Windfarm im Sinne des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung – mindestens drei Anlagen – kann grundsätzlich von einer Raumbedeutsamkeit ausgegangen werden. In der Regel wird eine Einzelanlage mit einer Gesamthöhe von mehr als 100 Metern als raumbedeutsam anzusehen sein, zumal sie ab dieser Höhe luftverkehrsrechtlich relevant ist. Ob eine einzelne Windenergieanlage im Sinne von § 3 Absatz 1 Nummer 6 Raumordnungsgesetz im Übrigen raumbedeutsam ist, beurteilt sich nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls. Kriterien für die Beurteilung sind insbesondere der Standort der Anlage, die Vorbelastung des Standortes und die Auswirkungen auf andere Ziele der Raumordnung.


3.2.4
Anpassung der Bauleitplanung an die Ziele der Raumordnung gemäß § 34 Landesplanungsgesetz Nordrhein-Westfalen vom 3. Mai 2005 (GV. NRW. S. 430), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 25. Oktober 2016 (GV. NRW. S. 868), in Kraft getreten am 5. November 2016.
Die Regionalplanungsbehörde prüft gemäß § 34 Landesplanungsgesetz NRW anhand der textlichen und zeichnerischen Ziele der Raumordnung, ob die Voraussetzungen für die Darstellung von Konzentrationszonen für die Windenergienutzung in der kommunalen Bauleitplanung vorliegen.

Enthält der Regionalplan keine zeichnerischen Festlegungen für die Windenergienutzung, ist die Darstellung von Konzentrationszonen für die Windenergienutzung in der Bauleitplanung anhand der anderen zeichnerischen und textlichen Festlegungen (Ziele der Raumordnung) des Regionalplans zu prüfen.

Dabei ist, sofern der Regionalplan keine konkreteren oder weitergehenden textlichen Ziele enthält, hinsichtlich der Eignung der zeichnerischen Darstellungen im Regionalplan zu unterscheiden zwischen:

a) Bereichen, die nicht geeignet sind (siehe Nummer 3.2.4.1),
b) Bereichen, für die eine Einzelfallprüfung durchzuführen ist (siehe Nummer 3.2.4.2) und
c) geeigneten Bereichen, (siehe Nummer 3.2.4.3).


3.2.4.1
Bereiche, die nicht geeignet sind (Tabubereiche)
Die Ausweisung von Flächen für die Windenergienutzung (Konzentrationszonen) ist in Allgemeinen Siedlungsbereichen (ASB) nicht zulässig.

Die Ausweisung von Flächen für die Windenergienutzung als Außenbereichsplanung kommt in Gewerbe- und Industrieansiedlungsbereichen (GIB) als Innenbereichskategorie nicht in Betracht. Gleichwohl können GIB im Einzelfall für die Errichtung von Windenergieanlagen genutzt werden (siehe unter Nummer 5.2.2).

Die Ausweisung von Flächen für die Windenergienutzung kommt in Bereichen für den Schutz der Natur (BSN) nicht in Betracht.

Die Ausweisung von Flächen für die Windenergienutzung kommt in Bereichen zur Sicherung und für den Abbau oberflächennaher Bodenschätze (BSAB) nicht in Betracht.

In den Regionalplänen können darüber hinaus weitere Bereiche festgelegt sein, die nicht für eine Ausweisung von Konzentrationszonen geeignet sind.


3.2.4.2
Bereiche, für die eine Einzelfallprüfung durchzuführen ist
Für die Darstellung von Flächen für die Windenergienutzung (Konzentrationszonen) in der Bauleitplanung sind insbesondere folgende zeichnerische Darstellungen der Regionalpläne unter Beachtung der textlichen Festlegungen im Einzelfall zu prüfen:

a) Inwieweit Möglichkeiten für eine Planung oder Zulassung von Windenergieanlagen in noch nach dem LEP NRW 1995 (Ziel C.IV.2.2.3) festgelegten „Reservegebieten für den oberirdischen Abbau nicht energetischer Bodenschätze“ bestehen, ergibt sich aus den Vorgaben der Regionalpläne. In der Regel werden befristete Inanspruchnahmen vor einem Rohstoffabbau nicht möglich sein.
b) Wegen der besonders langfristigen Sicherung von Flächen für den Braunkohlentagebau gilt die vorgenannte Verfahrensweise für Darstellungen von Braunkohlentagebauen entsprechend.
c) Als Nachfolgenutzung kommen grundsätzlich auch die Bereiche für Aufschüttungen und Ablagerungen (Standorte für Abfalldeponien und Halden) und für die Sicherung und den Abbau oberflächennaher Bodenschätze (BSAB) für die Darstellung von Gebieten für die Windenergienutzung in Frage, wenn dem nicht andere Freiraumfunktionen entgegenstehen.
d) Die Ausweisung von Gebieten für die Windenergienutzung in Bereichen für den Schutz der Landschaft und die landschaftsorientierte Erholung (BSLE) sowie in regionalen Grünzügen ist möglich, wenn die Windenergienutzung mit der konkreten Schutzfunktion des jeweiligen Bereiches vereinbar ist. Für die Bewertung sind die Maßstäbe aus Nummer 8.2.2.5 heranzuziehen.
e) Innerhalb der Bereiche für den Grundwasser- und Gewässerschutz (BGG) ist die Ausweisung von Gebieten für die Windenergienutzung möglich, soweit sich aus fachrechtlich festgesetzten oder vorläufig gesicherten Wasser- und Heilquellenschutzgebieten nach §§ 51, 52 Wasserhaushaltsgesetz  nicht entgegenstehendes ergibt.
f) Innerhalb der Überschwemmungsbereiche (ÜSG) ist die Ausweisung von Gebieten für die Windenergienutzung möglich, soweit sich aus fachrechtlich festgesetzten oder vorläufig gesicherten  Überschwemmungsgebieten nichts anderes ergibt.
g) Ziel 7.3-1 LEP NRW legt fest, dass die Errichtung von Windenergieanlagen im Wald möglich ist, sofern wesentliche Funktionen des Waldes nicht erheblich beeinträchtigt werden. Weiterhin muss der Eingriff in den Wald bei einer Inanspruchnahme für die Windenergienutzung auf das unbedingt erforderliche Maß beschränkt werden.

Nähere Hinweise zu den zu berücksichtigenden waldfachlichen Kriterien erfolgen in Kapitel 8.2.2.4.


3.2.4.3
Geeignete Bereiche
Für die Darstellung von Gebieten für die Windenergienutzung in der Bauleitplanung kommen insbesondere die allgemeinen Freiraum- und Agrarbereiche in Betracht, sofern sie nicht gleichzeitig entgegenstehende Funktionen, insbesondere aus Sicht des Arten- und Biotopschutzes, erfüllen.


3.2.4.4
Abweichende Ausweisung
Die Ausweisung von Konzentrationszonen, die diesen Anforderungen nicht entsprechen, ist nur möglich, wenn zuvor der Regionalplan hinsichtlich einer die Ausweisung zulassenden Darstellung geändert beziehungsweise ein Zielabweichungsverfahren gemäß § 16 Landesplanungsgesetz NRW in Verbindung mit § 6 Raumordnungsgesetz durchgeführt worden ist.

Für die Durchführung von Zielabweichungsverfahren wird auf die Regelungen in § 6 Raumordnungsgesetz und § 16 Landesplanungsgesetz NRW verwiesen.


4
Bauleitplanung


4.1
Allgemeines
Gemäß § 35 Absatz 1 Nummer 5 Baugesetzbuch sind Windenergieanlagen im Außenbereich privilegiert zulässig. Mit der Einführung der Privilegierung für Windenergieanlagen ist gleichzeitig der sogenannte Planungsvorbehalt ins Baugesetzbuch aufgenommen worden. Hierunter wird die Möglichkeit verstanden, unter anderem die Windenergienutzung im Außenbereich zu steuern. Nach § 5 in Verbindung mit § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch können die Gemeinden im Flächennutzungsplan „Konzentrationszonen für Windenergieanlagen“ darstellen. Eine solche Darstellung hat das Gewicht eines öffentlichen Belanges, der einer Windenergieanlage an anderer Stelle in der Regel entgegensteht.

Bei der Ausweisung von Konzentrationszonen für Windenergieanlagen in Bauleitplänen sind die unter Nummer 8 aufgeführten spezialgesetzlichen Regelungen zu beachten.


4.2
Anpassungspflicht an Ziele der Raumordnung gemäß § 1 Absatz 4 Baugesetzbuch
Gemäß § 1 Absatz 4 Baugesetzbuch sind die Bauleitpläne den Zielen der Raumordnung anzupassen. Der Regelungszweck des § 1 Absatz 4 Baugesetzbuch liegt in der "Gewährleistung einer umfassenden materiellen Konkordanz" zwischen der übergeordneten Regionalplanung und der gemeindlichen Bauleitplanung. Die Pflicht zur Anpassung, die § 1 Absatz 4 Baugesetzbuch statuiert, zielt dabei nicht auf eine punktuelle Kooperation, sondern auf die dauerhafte Übereinstimmung der beiden Planungsebenen. Daher ist eine Kommune nicht nur dann zur Anpassung an die Ziele der Raumordnung verpflichtet, wenn sie Bauleitpläne aus eigenem Entschluss und allein aus städtebaulichen Gründen aufstellt oder ändert, sondern sie muss auch dann planerisch aktiv werden, wenn allein geänderte oder neue Ziele der Raumordnung eine Anpassung der Bauleitpläne erfordern (BVerwG, Urteil vom 17.9.2003 – C 14.01). Ziele der Raumordnung sind für die Bauleitplanung unmittelbar bindende Vorgaben und nicht Gegenstand der Abwägung nach § 1 Absatz 7 Baugesetzbuch. Ein zu beachtendes Ziel der Raumordnung wird in der Regel durch die planende Gemeinde zwar konkretisierbar sein, ist in seinem Kern aber durch die gemeindliche Abwägung nicht überwindbar (vergleiche BVerwG, Beschluss vom 20.8.1992 - 4 NB 20.91). Hier gilt der Grundsatz: „konkretisieren ohne zu konterkarieren“. Soweit entsprechende Zielvorgaben bestehen, ist es einer Gemeinde verwehrt, die im Regionalplan getroffene raumordnerische Eignungsfestlegung zu konterkarieren beziehungsweise auszuhöhlen. Will sie von den bindenden Zielvorgaben abweichen, bedarf es einer Änderung des Regionalplans beziehungsweise der Durchführung eines Zielabweichungsverfahrens (vergleiche OVG NRW, Urteil vom 28.01.2005 - 7 D 35/03.NE). Im landesplanerischen Anpassungsverfahren nach § 34 Landesplanungsgesetz Nordrhein-Westfalen werden Darstellungen beziehungsweise Festsetzungen für die Windenergienutzung in Bauleitplänen darauf überprüft, ob sie an die Ziele der Raumordnung angepasst sind.

Hier sind grundsätzlich zwei Fallkonstellationen zu unterscheiden:

a) Durch Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Durchführung des Landesplanungsgesetzes vom 13. März 2012 (GV. NRW. S. 146), in Kraft getreten am 31. März 2012, ist in der Verordnung zur Durchführung des Landesplanungsgesetzes ein neues Planzeichen 2.ed) Windenergiebereiche eingeführt worden. Bei den Windenergiebereichen handelt es sich um Vorranggebiete gemäß § 8 Absatz 7 Nummer 1 Raumordnungsgesetz ohne die Wirkung von Eignungsgebieten.

Die regionalplanerischen Vorranggebiete ohne Funktion von Eignungsgebieten sind bei einer kommunalen Darstellung von Windenergie-Konzentrationszonen zu übernehmen. Die Maßstäblichkeiten und Prüftiefen der Regionalplanung und der Bauleitplanung sind ebenenspezifisch verschieden. Die im Regionalplan festgelegten Ziele bieten den Gemeinden Konkretisierungsspielräume. Dies folgt bereits regelmäßig aus der Maßstäblichkeit der Raumordnungspläne. Die textlichen Festlegungen können darüber hinaus Spielräume eröffnen. Maßgeblich für die Übernahme ist die Lage der Fläche in der zeichnerischen Festlegung des Regionalplans und nicht der zugrundeliegende Kriterienkatalog der Regionalplanung, die Referenzanlage oder die genaue Hektarzahl.

b) Sofern keine Windenergiebereiche im Regionalplan ausgewiesen sind, ist die Gemeinde hier lediglich über die anderen Ziele gemäß § 1 Absatz 4 Baugesetzbuch gebunden (siehe hierzu Nummer 3.2.4).

Die generellen Tabubereiche (siehe Nummer 3.2.4.1) und die Bereiche, die bei einer Einzelfallprüfung im Rahmen des Anpassungsverfahrens nach § 34 Landesplanungsgesetz NRW (siehe Nummer 3.2.4.2) für die Darstellung als Konzentrationszonen für die Windenergie aus landes- und regionalplanerischen Gründen nicht in Frage kommen, stellen für die planende Gemeinde verbindliche Vorgaben dar, die im Rahmen der Abwägung nicht überwunden werden können.


4.3
Konzentrationszonen im Flächennutzungsplan
4.3.1
Allgemeine Anforderungen an die Darstellung von Konzentrationszonen
Nach § 5 in Verbindung mit § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch können die Gemeinden im Flächennutzungsplan „Konzentrationszonen für Windenergieanlagen“ darstellen. Eine solche Darstellung hat das Gewicht eines öffentlichen Belanges, der einer Windenergieanlage an anderer Stelle in der Regel entgegensteht, sofern die Gemeinde die Absicht im Flächennutzungsplan oder seiner Begründung zum Ausdruck bringt. Demgegenüber kann die Gemeinde auch eine reine Positivplanung vorsehen und lediglich die dargestellten Flächen für die Windenergienutzung vorhalten und gegen konkurrierende Nutzungen sichern. In einem solchen Fall entfallen sowohl die spezifischen Rechtfertigungsanforderungen als auch die Rechtswirkungen des § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch (BVerwG, Urteil v. 31.1.2013 – 4 CN 1.12).

Die Gemeinde ist nicht verpflichtet, von dem Planvorbehalt des § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch Gebrauch zu machen, wenn geeignete Flächen vorhanden sind. Die Gemeinde wäre dann darauf beschränkt, im Rahmen des § 36 Baugesetzbuch geltend zu machen, dass einem bestimmten Vorhaben öffentliche Belange im Sinne des § 35 Absatz 3 Sätze 1 und 2 Baugesetzbuch entgegenstehen. Bei der Versagung des gemeindlichen Einvernehmens ist die Gemeinde an städtebauliche Gründe gebunden. Bei rechtswidriger Versagung muss sie mit der Ersetzung ihres Einvernehmens durch die Genehmigungsbehörde rechnen (siehe auch BGH, Urt. vom 16.09.2010 – III ZR 29/10-). Ist hingegen im gesamten Gemeindegebiet keine geeignete Fläche zu finden, darf die Gemeinde keine Konzentrationszonen im Flächennutzungsplan vorsehen, weil mit der Darstellung von für die Windenergienutzung ungeeigneten Flächen der Gesetzeszweck des § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch verfehlt würde. Auch in diesem Fall bleibt es beim allgemeinen Zulässigkeitstatbestand des § 35 Absatz 1 Nummer 5 Baugesetzbuch. Es gibt keine „negative“ Darstellung im Flächennutzungsplan, die Windenergieanlagen im Gemeindegebiet gänzlich verhindern. Als Alternative böte sich eine Darstellung in einem gemeinsamen Flächennutzungsplan benachbarter Gemeinden gemäß § 204 Baugesetzbuch an. Voraussetzung für die Steuerungswirkung nach § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch ist bei einem gemeinsamen Flächennutzungsplan, dass insgesamt im gemeinsamen Planungsraum Konzentrationszonen ausgewiesen werden.

Bei der Darstellung von Konzentrationszonen im Flächennutzungsplan empfiehlt es sich, neben der Grundnutzung (zum Beispiel „Fläche für die Landwirtschaft“) die Konzentrationszonen für die Windenergieanlagen oder auch Flächen für Versorgungsanlagen als zusätzliche Nutzungsmöglichkeit durch Randsignatur darzustellen (überlagernde Darstellung).

Windfarmen können außerdem im Flächennutzungsplan gemäß § 11 Absatz 2 Baunutzungsverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. November 2017 (BGBl. I S. 3786) als sonstige Sondergebiete ausgewiesen werden. Dabei ist die Zweckbestimmung (zum Beispiel Sondergebiet „Windfarm“) textlich darzustellen. Die Flächen für Windenergieanlagen können auch als „Flächen für Versorgungsanlagen“ gemäß § 5 Absatz 2 Nummer 4 Baugesetzbuch beziehungsweise mit Standortsymbol für Versorgungsanlagen dargestellt werden.

Das bauliche Vorhaben einer Windenergieanlage gem. §§ 29, 35 Absatz 1 Nummer 5 Baugesetzbuch ist gleichermaßen durch den Turm wie den Rotor gekennzeichnet. Auch die öffentlichen Belange können sowohl durch den sich drehenden Rotor als auch durch den Turm berührt werden. Eine gedankliche Trennung des Vorhabens „Windenergieanlage“ in Turm und Rotor kommt für die Ausweisung von Konzentrationszonen schon daher nicht in Betracht. Der Zweck des § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch ist es, Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 zu steuern und nicht Bestandteile dieser Vorhaben. Insofern hat auch das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 21.10.2004 (4 C 3/04) nachvollziehbar festgestellt, dass die äußeren Grenzen des Bauleitplans oder die Grenzen der Baugebiete oder Bauflächen stets von der gesamten Windenergieanlage einschließlich des Rotors einzuhalten sind (so auch VG Hannover, Urteil vom 22.9.2011 - 4 A 1052/10).

Nach der Rechtsprechung des BVerwG vollzieht sich die Planung von Konzentrationszonen abschnittsweise (vergleiche BVerwG, Beschluss vom 15.9.2009 – 4 BN 25.09). In einem ersten Arbeitsschritt sind diejenigen Bereiche als "Tabuzonen" zu ermitteln, die für die Nutzung der Windenergie nicht zur Verfügung stehen. Die Tabuzonen lassen sich in harte und weiche Tabuzonen untergliedern (vergleiche BVerwG, Urteil vom 21.10.2004 – 4 C 2.04).

Die Potenzialflächen, die nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen übrig bleiben sind in einem weiteren Arbeitsschritt mit den öffentlichen Belangen, die gegen die Ausweisung eines Landschaftsraums als Konzentrationszone sprechen, abzuwägen (BVerwG, Urteil vom 13.12.2012 – 4 CN 1.11). Zu den Arbeitsschritten im Einzelnen wird auf Nummer 4.3.3 verwiesen.

Nach § 3 Absatz 2 Satz 2 Baugesetzbuch sind in der Bekanntmachung zur Öffentlichkeitsbeteiligung unter anderem Angaben zu machen, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind (siehe hierzu auch http://www.bauministerkonferenz.de; „Angabe der Arten umweltbezogener Informationen in der Bekanntmachung nach § 3 Absatz 2 Satz 2 Baugesetzbuch“). Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 18. Juli 2013 (Az. 4 CN 3.12) die dafür geltenden Anforderungen konkretisiert und festgestellt, dass § 3 Absatz 2 Satz 2 Baugesetzbuch die Gemeinden verpflichtet, die in den vorhandenen Stellungnahmen und Unterlagen behandelten Umweltthemen nach Themenblöcken zusammenzufassen und diese in der Auslegungsbekanntmachung schlagwortartig zu charakterisieren. Das Bekanntmachungserfordernis erstrecke sich auch auf solche Arten verfügbarer Umweltinformationen, die in Stellungnahmen enthalten sind, die die Gemeinde für unwesentlich hält und deshalb nicht auszulegen beabsichtigt.


4.3.2
Erfordernis eines schlüssigen Plankonzepts
Die Ausschlusswirkung von § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch liegt nur vor, wenn der Darstellung einer Konzentrationszone ein schlüssiges Plankonzept zugrunde liegt, das sich auf das gesamte Plangebiet erstreckt. Ergebnis des Plankonzepts kann auch die Ausweisung nur einer einzigen Konzentrationszone sein; die Größe der ausgewiesenen Fläche ist nicht nur in Relation zur Gemeindegröße, sondern auch zur Größe der Gemeindegebietsteile zu setzen, die für eine Windenergienutzung nicht in Betracht kommen (BVerwG, Urteil vom 17.12.2002 – 4 C 15.1). Das Planungskonzept muss im Ansatz so ausgerichtet sein, dass eine spätere Windenergienutzung auf Grund der prognostizierten Windhöffigkeit tatsächlich möglich ist. Der Planungsträger muss die Entscheidung des Gesetzgebers, Windenergieanlagen im Außenbereich zu privilegieren (§ 35 Absatz 1 Nummer 5 Baugesetzbuch), beachten und für die Windenergienutzung im Plangebiet in substantieller Weise Raum schaffen. Nur auf diese Weise kann er den Vorwurf einer unzulässigen Negativplanung entkräften. Wo die Grenze zur unzulässigen Negativplanung verläuft, lässt sich nicht abstrakt bestimmen. Ob diese Grenze überschritten ist, kann nur angesichts der tatsächlichen Verhältnisse im jeweiligen Planungsraum entschieden werden (BVerwG, Urteil vom 13.3.2003 – 4 C 4.02-). Das Bundesverwaltungsgericht hat sich dagegen ausgesprochen, die Frage, ob ein Plan der Windenergie substantiell Raum verschaffe, ausschließlich nach dem Verhältnis zwischen der Größe der im Flächennutzungsplan dargestellten Konzentrationsfläche und der Größe derjenigen Potenzialflächen zu beantworten, die sich nach Abzug der harten Tabuzonen von der Gesamtheit der gemeindlichen Außenbereichsflächen ergibt. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Entscheidung, anhand welcher Kriterien sich beantworten lässt, ob eine Konzentrationsflächenplanung nach § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch für die Nutzung der Windenergie in substanzieller Weise Raum schafft, den Tatsachengerichten vorbehalten (BVerwG, Beschluss vom 29.3.2010 – 4 BN 65.09) und verschiedene Modelle gebilligt (vergleiche BVerwG, Beschluss vom 22.4.2010 – 4 B 68.09 - und Urteil vom 20.5.2010 – 4 C 7.09). Daran hält das Bundesverwaltungsgericht mit dem Zusatz fest, dass die von den Tatsachengerichten entwickelten Kriterien revisionsrechtlich hinzunehmen sind, wenn sie nicht von einem Rechtsirrtum infiziert sind, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen oder ansonsten für die Beurteilung des Sachverhalts schlechthin ungeeignet sind (BVerwG, Urt. 13.12.2012 –  4 CN 1.11).

In dem Urteil vom 20.5.2010 hat das Bundesverwaltungsgericht (Az. 4 C 7.09) beispielsweise eine Beurteilung der Frage nach der Schaffung substantiellen Raums für die Windenergie gebilligt, in die sowohl verschiedene Relationen, als auch andere Gesichtspunkte wie etwa das Gewicht der Ausschlusskriterien eingeflossen sind. Kriterien für die Bewertung können unter anderem sein: Größe der Konzentrationsfläche im Vergleich zur Gemeindegebietsgröße, zur Größe der im Regionalplan Südhessen vorgesehenen Mindestgröße für Konzentrationsflächen für Windenergieanlagen und zur Größe der für die Nutzung der Windenergie reservierten Flächen in den Nachbargemeinden; Anzahl und Energiemenge der Windenergieanlagen.

Bei der Darstellung von Konzentrationszonen kann bspw. auch auf die Ausweisung solcher Gebiete verzichtet werden, die zu einer Einkreisung von Siedlungsbereichen führen würden (OVG Magdeburg, Beschluss vom 16.3.2012 - 2 L 2/11). In dem hier zu beurteilenden Fall ist auf die Ausweisung solcher Gebiete verzichtet worden, die zu einer Einkreisung von Siedlungsbereichen führen und damit auf die Bewohner bedrohlich wirken und sie belästigen würden. Bei der Planung wurde angenommen, dass eine Einkreisung dann vorliege, wenn ein Windpark in einem Winkel von 120° um den Siedlungsbereich eine deutlich sichtbare, geschlossene, den Siedlungsbereich umgreifende Kulisse umgeben würde.

In der Begründung des Flächennutzungsplans ist im Einzelnen darzustellen, welche Zielsetzung und Kriterien für die Abgrenzung der Konzentrationszonen maßgebend waren. Die gemeindliche Entscheidung muss jedoch nicht nur Auskunft darüber geben, von welchen Erwägungen die positive Standortausweisung getragen wird, sondern auch deutlich machen, welche Gründe es rechtfertigen, den übrigen Planungsraum von Windenergieanlagen freizuhalten (vergleiche BVerwG, Beschluss vom 15.9.2009 – 4 BN 25.09). Ein schlüssiges Gesamtkonzept liegt jedoch nur dann vor, wenn die Gemeinde die als abwägungserheblich zu erkennenden Belange vollständig ermittelt (vergleiche OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28.2.2008 – 1 C 11131/07).


4.3.3
Differenzierung nach harten und weichen Tabuzonen
Das Bundesverwaltungsgericht stellt in dem Urteil vom 13.12.2012 fest, dass sich die Gemeinde den Unterschied zwischen harten und weichen Tabuzonen bewusst machen und ihn dokumentieren muss, da die beiden Arten der Tabuzonen nicht demselben rechtlichen Regime unterliegen.

Bei den harten Tabuzonen handelt es sich um Flächen, deren Bereitstellung für die Windenergienutzung an § 1 Absatz 3 Satz 1 Baugesetzbuch scheitert. Danach haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Nicht erforderlich ist ein Bauleitplan, wenn seiner Verwirklichung auf unabsehbare Zeit rechtliche oder tatsächliche Hindernisse im Wege stehen (vergleiche BVerwG, Urteil vom 18.3.2004 – 4 CN 4.03). Harte Tabuflächen können sich aus dem Fachrecht und den Zielen der Raumordnung ergeben. Sie sind einer Abwägung zwischen den Belangen der Windenergienutzung und widerstreitenden Belangen (§ 1 Absatz 7 Baugesetzbuch) entzogen.

Demgegenüber sind weiche Tabuzonen zu den Flächen zu rechnen, die einer Berücksichtigung im Rahmen der Abwägung zugänglich sind. Zwar dürfen sie anhand einheitlicher Kriterien ermittelt und vorab ausgeschieden werden, bevor diejenigen Belange abgewogen werden, die im Einzelfall für und gegen die Nutzung einer Fläche für die Windenergie sprechen. Das ändert aber nichts daran, dass sie keine eigenständige Kategorie im System des Rechts der Bauleitplanung bilden, sondern der Ebene der Abwägung zuzuordnen sind. Sie sind disponibel, was sich daran zeigt, dass städtebauliche Gesichtspunkte hier nicht von vornherein vorrangig sind und der Plangeber die weichen Tabuzonen, einer erneuten Betrachtung und Bewertung unterziehen muss, wenn er als Ergebnis seiner Untersuchung erkennt, dass er für die Windenergienutzung nicht substanziell Raum schafft (BVerwG, Urteil vom 13.12.2012 – 4 CN 1.11).

Die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft – somit auch die kommunale Bauleitplanung – regeln die Gemeinden im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung. Die kommunale Bauleitplanung ist insofern über das Fachrecht und die Ziele der Raumordnung begrenzt. Auf dieser Begrenzung fußt die Differenzierung zwischen harten und weichen Tabuzonen. Harte Tabuzonen ergeben sich somit über das Fachrecht und die Ziele der Raumordnung, während die planerische Entscheidung über weiche Tabuzonen dem Bereich der kommunalen Planungshoheit zuzuordnen ist.

Die von der Rechtsprechung geforderte Differenzierung zwischen harten und weichen Tabuzonen knüpft an das Gebot der Abwägung gemäß § 1 Absatz 7 Baugesetzbuch an, das heißt zum Zeitpunkt der Abwägung muss sich die Gemeinde über die geforderte Differenzierung zwischen harten und weichen Tabuzonen im Klaren sein. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes vollzieht sich die Ausarbeitung des Planungskonzepts jedoch abschnittsweise (vergleiche BVerwG, Beschluss vom 15.9.2009 – 4 BN 25.09). In einem ersten Arbeitsschritt sind diejenigen Bereiche als Tabuzonen zu ermitteln beziehungsweise zu definieren, die für die Nutzung der Windenergie nicht zur Verfügung stehen. Die Tabuzonen lassen sich in harte und weiche untergliedern. Der Begriff der harten Tabuzonen dient der Kennzeichnung von Gemeindegebietsteilen, die für eine Windenergienutzung, aus welchen Gründen immer, nicht in Betracht kommen, mithin für eine Windenergienutzung schlechthin ungeeignet sind, mit dem Begriff der weichen Tabuzonen werden Bereiche des Gemeindegebiets erfasst, in denen nach dem Willen der Gemeinde aus unterschiedlichen Gründen die Errichtung von Windenergieanlagen von vornherein ausgeschlossen werden „soll“ (vergleiche BVerwG, Urteil vom 21.10.2004 – 4 C 2.04). Die Potenzialflächen, die nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen übrig bleiben, sind in einem weiteren Arbeitsschritt zu den auf ihnen konkurrierenden Nutzungen in Beziehung zu setzen, das heißt die öffentlichen Belange, die gegen die Ausweisung eines Landschaftsraums als Konzentrationszone sprechen, sind mit dem Anliegen abzuwägen, der Windenergienutzung an geeigneten Standorten eine Chance zu geben, die ihrer Privilegierung nach § 35 Absatz 1 Nummer 5 Baugesetzbuch gerecht wird (BVerwG, Urteil vom 13.12.2012 – 4 CN 1.11).

Im Erarbeitungsprozess eines Flächennutzungsplans kann sich die gemeindliche Bewertung einer Tabuzone in hart und weich jedoch ändern, da die Gemeinde erst über die Beteiligung der jeweiligen Fachbehörden Klarheit darüber erlangt, ob ein Bereich für die Windenergienutzung schlechthin ungeeignet ist oder zur Disposition steht. Hierbei bildet die Stellungnahme der zuständigen Fachbehörde ein gewichtiges Indiz (BVerwG, Urteil vom 17.12.2002 – 4 C 15.01). Auch ist es einer Gemeinde unbenommen, Planungen in Bereichen vorzusehen, die zwar zum Beginn des Planungsprozesses fachrechtlich oder raumordnungsrechtlich blockiert sind, bei denen die Gemeinde jedoch eine entsprechende Änderung der fachrechtlichen oder raumordnungsrechtlichen Beurteilungsgrundlage anregt beziehungsweise beantragt.

Das Oberverwaltungsgericht (OVG NRW, Urteil vom 22.9.2015, 10 D 82/13.NE) hat die Auffassung vertreten, dass Waldflächen grundsätzlich keine harten Tabuzonen sind. Nach dem Forstrecht ist es nicht möglich, Windenergieanlagen im Wald ohne vorherige Waldumwandlungsgenehmigung nach § 39 Landesforstgesetz zu errichten. Das Forstrecht eröffnet jedoch mit der Waldumwandlung die Möglichkeit, den Standort der Windenergieanlage aus dem Forstrecht zu entlassen. Wenn die zuständige Forstbehörde im Verfahren zur Aufstellung eines Flächennutzungsplans eine Waldumwandlung für bestimmte Waldbereiche in Aussicht stellt, ist es der Gemeinde grundsätzlich möglich, eine Konzentrationszone für Windenergie im Wald darzustellen. Ist eine Waldumwandlung nicht möglich, sind die Waldflächen als harte Tabuzonen anzusehen. Dabei ist zu beachten, dass die Tabukriterien abstrakt definiert und einheitlich angelegt werden müssen. Für eine differenzierte ortsbezogene Anwendung der Restriktionskriterien ist bei der Ermittlung der Potenzialflächen kein Raum. Die Betrachtung der konkreten örtlichen Verhältnisse erfolgt erst auf der nächsten Stufe, nämlich wenn es darum geht, für die jeweilige Potenzialfläche im Wege der Abwägung zu entscheiden, ob sich auf ihr die Windenergie oder eine andere Nutzung durchsetzen soll (vergleiche BVerwG, Beschluss vom 15.9.2009 – 4 BN 25/09). Für die Ermittlung von Tabubereichen reicht es beispielsweise nicht aus, festzustellen, dass auf einzelnen Waldflächen eine Waldumwandlung in Aussicht gestellt wird, wenn im Planungsraum vergleichbare Flächen zur Verfügung stehen. Die Tabukriterien müssen für den Planungsraum abstrakt definiert und einheitlich angelegt sein. Für den Bereich des Waldes würde dies erfordern, dass abstrakte einheitliche Differenzierungen erforderlich sind, welche Arten von Wald für eine Windenergienutzung zur Verfügung stehen oder stehen sollen und welche Arten von Wald diese Nutzung nicht zulassen. Die Differenzierung kann sich aus naturräumlichen Gegebenheiten wie einer vorhandenen Vorbelastung von Flächen oder einer Bewertung der Waldflächen ergeben. Hinsichtlich der fachlichen Kriterien wird auf Kapitel 8.2.2.4 verwiesen.

Die jeweiligen Fachbehörden sind insofern gehalten, im Aufstellungsverfahren zum Flächennutzungsplan der Gemeinde verbindlich zu erklären, dass bestimmte Flächen für eine Windenergienutzung grundsätzlich in Frage kommen und sie - falls erforderlich - eine entsprechende Ausnahme oder Befreiung in Aussicht stellen. Nur über diese Auskunft ist es der Gemeinde möglich, zum Zeitpunkt der Abwägung (Feststellungsbeschluss) verlässliche Aussagen über die Qualität der jeweiligen Tabuzone zu treffen. Dies entbindet die Gemeinde jedoch nicht, die geforderte Unterscheidung in harte und weiche Tabuzonen zunächst selber vorzunehmen. Ist sich eine Gemeinde, auch mit Unterstützung der jeweiligen Fachbehörde, nicht sicher, ob eine Fläche zu den harten oder weichen Tabuzonen zu zählen ist, kann sie einen Fehler im Abwägungsvorgang dadurch vermeiden, dass sie unterstellt, bei der Fläche handele es sich um eine weiche Tabufläche, und die maßgeblichen Kriterien bei der Abwägung den Belangen der Windenergie vorzieht (OVG NRW, Urteil vom 26.9.2013 – 16 A 1294/08; – 16 A 1295/08; – 16 A 1296/08).

Öffentliche Planungsträger, die nach § 4 oder § 13 Baugesetzbuch beteiligt wurden, haben ihre Planungen gemäß § 7 Baugesetzbuch dem Flächennutzungsplan insoweit anzupassen, als sie diesem Plan nicht widersprochen haben.

Das Oberverwaltungsgericht NRW weist grundsätzlich auf die fachrechtlichen Schranken der Bauleitplanung hin, die durch die Bauleitplanung selber nicht überwunden werden können (Urteil vom 01.07.2013 – 2 D 46/12.NE). Wie oben bereits ausgeführt, ist es der planenden Gemeinde jedoch möglich, eine entsprechende Änderung der fachrechtlichen oder raumordnungsrechtlichen Beurteilungsgrundlage anzuregen beziehungsweise zu beantragen. Bezüglich der naturschutzrechtlichen bedeutsamen Gebiete findet sich in den Nummer 8.2.2.2 und 8.2.2.5 eine entsprechend begründete Zuordnung zu harten und weichen Tabuzonen.

Grafik „Prüfschritte Konzentrationszonenplanung“ siehe Anhang.

4.3.4
Änderung der Konzentrationszonen
Plant eine Gemeinde zusätzliche Konzentrationszonen, verändert sie die Darstellung von Konzentrationszonen oder werden einzelne Zonen aufgehoben, bedarf es einer erneuten Abwägung.

Bei einem Eingriff in einen einmal hergestellten Ausgleich zwischen Positiv- und Negativausweisungen verschiebt sich das Gesamtgefüge des Planungskonzepts. Im Hinblick auf diese Wirkungen muss die Gemeinde erneut in die Abwägung der für und gegen die wegfallenden oder hinzutretenden Standorte sprechenden Belange eintreten und dabei das gesamte Gemeindegebiet erneut in den Blick nehmen (vergleiche OVG NRW, Urteil vom 19.6.2007 – 8 A 2677/06). Kann eine Gemeinde bei dieser Abwägung auf bereits vorhandenes Abwägungsmaterial – beispielsweise der Ermittlung der Windhöffigkeit – zurückgreifen, ist dies zulässig, soweit diese Untersuchungen noch aktuell sind und sie die Gemeinde in die Lage versetzen, zum Zeitpunkt der Abwägung den entsprechenden Belang ausreichend ermittelt zu haben.

Dabei ist es durchaus möglich, bestehende Konzentrationszonen anders zu bewerten als neue. Eine differenzierte Behandlung von Bestand und Neuplanung ist der Bauleitplanung, beispielsweise bei der Bauleitplanung in Gemengelagen, insgesamt nicht fremd. Hat eine Gemeinde bspw. im Rahmen eines früheren Bauleitplanverfahrens Abstände von 500 m zu Einzelgehöften im Außenbereich als weiches Tabukriterium gesetzt, kann dies zur Folge haben, dass die so ermittelten Konzentrationszonen bei einem neuen – nun größeren – Abstand von zum Beispiel 650 m deutlich kleiner aus- beziehungsweise in Gänze wegfielen. Entspricht dies nicht den planerischen Vorstellungen der Gemeinde, ist es durchaus denkbar, dass sie in ihrem aktuellen Konzept für die bestehenden Konzentrationszonen die bisherigen Abstände beibehält und für weitere Konzentrationszonen auch andere Abstände wählt. Die für eine differenzierte Behandlung von Bestand und Neuplanung sprechenden Gründe sind in der Abwägung und der Begründung nachvollziehbar zu dokumentieren.

Weist die Gemeinde neue Konzentrationszonen aus, folgt daraus nicht, dass die vorhandenen Darstellungen des Flächennutzungsplanes zur Erzielung der Konzentrationswirkung nach § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch nicht ausreichend sind (§ 249 Absatz 1 Baugesetzbuch). Es ist daher grundsätzlich davon auszugehen, dass die bisherigen Ausweisungen ausreichend waren, um der Windenergienutzung in substantieller Weise Rechnung zu tragen. Auch im Falle einer Neuausweisung von Konzentrationszonen für Windenergie müssen alle Zonen im Planungsraum aus einem schlüssigen Gesamtkonzept abgeleitet sein.

Wie in Kapitel 4.3.1 bereits erwähnt, kann eine Gemeinde auch eine reine Positivplanung vorsehen, um die dargestellten Flächen für die Windenergienutzung lediglich vorzuhalten und gegen konkurrierende Nutzungen zu sichern. Im Urteil vom 17.05.2017 hat sich das Oberverwaltungsgericht NRW mit der Ausweisung zusätzlicher Positivflächen für die Nutzung von Windenergie nach § 249 Abs. 1 Baugesetzbuch befasst (2 D 22/15.NE). In diesem Fall hatte die isolierte Ausweisung einer Positivfläche das ursprüngliche Planungskonzept des Flächennutzungsplans und die zugrundeliegenden Ausschlusskriterien nicht konterkariert. Da davon auszugehen ist, dass die Gemeinden auch bei der Ausweisung weiterer Flächen – unabhängig, ob es sich um eine weitere Konzentrationszone oder um eine reine Positivfläche handelt – an der Aufrechterhaltung der bestehenden Steuerungswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 Baugesetzbuch festhalten wollen, ist den Gemeinden zu empfehlen, dass sie sich bei der Ausweisung von weiteren Flächen nicht über die eigenen Kriterien, auf denen ihr Gesamtkonzept zur Steuerung der Windenergie beruht, hinwegsetzen. Anderenfalls bestünde die Gefahr, dass dadurch gegebenenfalls die Ausschlusswirkung der vorherigen Flächennutzungsplanänderung obsolet werden könnte, auch wenn dies nicht zur Unwirksamkeit der Darstellung der Positivfläche führen müsste.

Das Gesamtkonzept ist dann weiter in sich schlüssig, wenn es auf der Anwendung abstrakter, einheitlicher Kriterien beruht. Plant eine Gemeinde beispielsweise innerhalb einer nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen verbleibenden Potenzialfläche eine weitere Zone, dürfte es vom Aufwand her vergleichbar sein, wenn es sich dabei um eine weitere Konzentrationszone oder um eine reine Positivfläche handelt. Wenn sich Gemeinden für eine Steuerung der Windenergie über Konzentrationszonen entschieden haben, wird empfohlen, an dieser Konzeption festzuhalten und weitere Zonen als Konzentrationszonen auszuweisen.

Bei der Aufhebung einzelner Konzentrationszonen ist die Frage, ob der Plan der Windenergie substantiell Raum verschafft, zu prüfen. Dazu wird auf die Ausführungen unter Nummer 4.3.2 verwiesen. Weiterhin sollte die Frage möglicher Entschädigungsansprüche (siehe Nummer 4.8) geprüft werden.


4.3.5
Sachlicher und räumlicher Teilflächennutzungsplan
Nach § 5 Absatz 2 lit. b) Baugesetzbuch können für Darstellungen des Flächennutzungsplanes mit den Rechtswirkungen des § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch auch sachliche Teilflächennutzungspläne aufgestellt werden; sie können auch für Teile des Gemeindegebietes aufgestellt werden (sachliche und räumliche Teilflächennutzungspläne). Die Anforderungen an die kommunale Planung zur Erlangung der Ausschlusswirkung beziehen sich dann nur auf das Gebiet des räumlichen Teilflächennutzungsplanes. Ein Gesamtkonzept für das gesamte Gemeindegebiet ist in diesem Fall mithin nicht erforderlich. Ein räumlicher Teilflächennutzungsplan kann möglicherweise sinnvoll für Kommunen sein, die bisher noch keine Konzentrationszonen für Windenergieanlagen ausgewiesen haben. Dieses Instrument kann dann zweckmäßig sein, wenn in einem Teil des Gemeindegebiets für die Windenergie städtebaulich begründet kein Steuerungsanlass besteht, sondern die Windenergie über § 35 Absatz 1 Nummer 5 Baugesetzbuch zulässig sein soll. Wenn Gemeinden bereits über Konzentrationszonen für die Windenergienutzung im gesamten Gemeindegebiet verfügen, ist vom Gebrauch des räumlichen Teilflächennutzungsplanes abzuraten, da eine rechtssichere Abwägung aufgrund des vorhandenen Gesamtkonzepts kaum möglich erscheint.


4.3.6
Konzentrationszonen entlang vorhandener Infrastruktur
Bei der Erarbeitung eines schlüssigen Plankonzepts zur Steuerung der Standorte von Windenergieanlagen können Überlegungen zur Standortwahl von Windenergieanlagen entlang von Infrastrukturtrassen zum Tragen kommen.

Der Ansatz dabei ist, dass unter bestimmten Umständen vergleichbare oder ähnliche Umweltauswirkungen von Infrastrukturtrassen und Windenergieanlagen bestehen, die sich so überlagern, dass die Trassenkorridore, die durch die bestehenden Belastungen bereits in ihrer Wertigkeit gemindert werden, durch eine zusätzliche Belastung durch neue Windenergieanlagen nicht oder eher geringfügig weiter entwertet werden. Ausgehend von diesem Ansatz könnte begründet werden, dass die Wertigkeit von Gebietskategorien mit Ausschlusscharakter, zum Beispiel bestimmte Landschaftsschutzgebiete, vermindert beziehungsweise die geltenden Abstandsregelungen in derart durch Vorbelastung betroffenen Räumen relativiert werden können. In der Begründung des Flächennutzungsplans sollte dargelegt werden, ob es sich um die Einschätzung einer Fachbehörde oder um eine planerische Erwägung der Gemeinde handelt, um diese Frage auch schlüssig im Planungskonzept (Differenzierung in harte und weiche Tabukriterien) abbilden zu können. Die von den jeweiligen Infrastrukturachsen (Bundesfernstraßen, Hauptschienenwege, Hochspannungsfreileitungen) in unterschiedlicher Weise ausgehenden Vorbelastungen, insbesondere Lärm und Landschaftsbeeinträchtigungen, können dazu genutzt werden, zusätzliche Belastungen durch Windenergieanlagen hier verstärkt zu bündeln und dafür bisher nicht belastete, ungestörte Landschaftsbereiche zu schonen. Die Anbauverbots- beziehungsweise Anbaubeschränkungszonen zu Infrastrukturtrassen (siehe 8.2.5 zu Straßen) sind zu beachten. Detailliertere Ausführungen können der Studie „Abschätzung der Ausbaupotentiale der Windenergie an Infrastrukturachsen und Entwicklung der Kriterien der Zulässigkeit“ der Planungsbüros Bosch & Partner, Peters Umweltplanung, Deutsche WindGuard, Prof. Stefan Klinski und Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Abschlussbericht vom 31.03.2009 entnommen werden. Bei der konkreten Anlagenplanung ist Nummer 5.2.1.4 zu beachten.


4.3.7
Höhenbegrenzungen
Nach § 16 Absatz 1 Baunutzungsverordnung kann die Höhe baulicher Anlagen begrenzt werden. Höhenbeschränkungen sind zulässig, wenn sie aus der konkreten Situation abgeleitet und städtebaulich begründet sind. Nicht jede Veränderung des Orts- und Landschaftsbildes begründet eine städtebauliche Höhenbeschränkung; es müssen konkrete Gründe vorliegen, die im Einzelfall dazu führen, dass die städtebauliche Situation relevant negativ verändert wird.

Bei der Ausweisung einer Konzentrationszone mit Höhenbeschränkung muss in die Abwägung eingestellt werden, dass die Konzentrationszone zwar nicht einen optimalen Ertrag ermöglichen soll, aber auch unter Berücksichtigung der beschränkenden Regelungen wirtschaftlich noch sinnvoll genutzt werden kann (siehe auch Nummer 4.9). Die erforderliche Gesamthöhe kann im Einzelfall je nach Windhöffigkeit und Geländerauhigkeit höher oder geringer ausfallen. Ist eine ausgewiesene Konzentrationszone in 7 Jahren (Plangewährleistungsfrist nach § 42 Absatz 2 Baugesetzbuch) nach Ausweisung mit Höhenbegrenzung nicht oder nur ganz unwesentlich genutzt worden, wird der Kommune empfohlen, die Ausweisung dieser Konzentrationszone mit Höhenbeschränkung zu überprüfen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat festgestellt, dass die Fläche, die der Errichtung von Windenergieanlagen vorbehalten ist, nicht so beschaffen sein muss, dass sie eine bestmögliche Ausnutzung gewährleistet. Es reicht aus, wenn an dem Standort die Voraussetzungen für eine dem Zweck angemessene Nutzung gegeben sind (BVerwG, Urteil vom 17.12.2002 – 4 C 15.01; Beschluss vom 02.04.2013 – 4 BN 37.12).

Bestehende Höhenbeschränkungen etwa von 100 m bilden dennoch derzeit in vielen Regionen ein bedeutendes Hemmnis bei der Realisierung geplanter Repowering-Vorhaben. Für die Realisierung von Repowering-Vorhaben eignen sich nur Windenergieanlagen der Multimegawattklasse. Diese erreichen aber eine erheblich höhere Gesamthöhe als 100 m. Den Gemeinden wird daher empfohlen, die Höhenbegrenzung zu überprüfen und aufzuheben, wenn sie die Nutzungsmöglichkeiten der ausgewiesenen Flächen im Rahmen des Erstausbaus oder des Repowerings erweitern wollen.

Die Frage, welche Belange bei einer isolierten Aufhebung von Höhenbeschränkungen im Rahmen der gemeindlichen Planung geprüft werden müssen und inwieweit das Gesamtgefüge des Planungskonzepts in den Blick genommen werden muss, ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden, das heißt insbesondere im Hinblick auf die städtebaulichen oder fachrechtlichen Gründe, die der Höhenbeschränkung zugrunde lagen.

Werden in einem Flächennutzungsplan zusätzliche Flächen für die Nutzung von Windenergie dargestellt, folgt daraus nicht, dass die vorhandenen Darstellungen des Flächennutzungsplans zur Erzielung der Rechtswirkungen des § 35 Absatz 3 Satz 3 nicht ausreichend sind. Dies gilt gem. § 249 Absatz 1 Satz 2 Baugesetzbuch entsprechend bei der Änderung oder Aufhebung von Darstellungen zum Maß der baulichen Nutzung (Höhenbegrenzungen). Die Akzeptanz einer Hinderniskennzeichnung (insbesondere Befeuerung) ab 100 m Anlagenhöhe lässt sich auch ohne Höhenbeschränkung durch Auflagen zu technischen Maßnahmen verbessern. Nach der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Kennzeichnung von Luftfahrthindernissen (AVV Luftfahrtkennzeichnung) ist es schon seit 2007 möglich, insbesondere durch die Verwendung von Sichtweitenmessgeräten bei guter Sicht die Befeuerung zu reduzieren und überdies zu synchronisieren und nach unten abzuschirmen. Mit der Novellierung der AVV 2015 wurden rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen, die die bisherigen Maßnahmen zur Störwirkungsminimierung bei der Kennzeichnung von Windenergieanlagen erheblich erweitern. Hierzu gehört unter anderem die neu eingeführte Möglichkeit einer bedarfsgesteuerten Nachtkennzeichnung für Windenergieanlagen. Daneben werden im Rahmen der Nachtkennzeichnung Obergrenzen für die Lichtstärke sowie begrenzende Abstrahlwinkel definiert und die bisherige Ermessens-Vorschrift für die Synchronisierung von Feuern wird nunmehr verpflichtend. Die Anforderungen an die Hindernisbefeuerungsebenen am Turm von Windenergieanlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 150 Meter über Grund werden dahingehend neu gefasst, dass für einen großen Teil der Windenergieanlagen künftig weniger Hindernisbefeuerungsebenen erforderlich werden.

Die neue Möglichkeit der bedarfsgesteuerten Befeuerung kann dem Projektierenden im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren als Auflage aufgegeben werden, sofern die Luftfahrtbehörde die erforderliche Zustimmung erteilt hat und die wirtschaftliche Verhältnismäßigkeit gegeben ist. Technisch zuverlässige Lösungen zur Minderung der Lichtimmissionen können Höhenbeschränkungen entbehrlich machen.

Im Zusammenhang mit der Neuausrichtung der Bundeswehr hat diese ihr Nachttiefflugsystem untersucht. In einem ersten Schritt konnte die Bundeswehr im bestehenden Nachttiefflugsystem ad hoc zahlreiche Streckenabschnitte identifizieren, unter denen Bauhöhen von Windenergieanlagen bis zu einer maximalen Höhe von 213 Meter über Grund zulässig sind. In einem nächsten Schritt konnte aufgrund der Standortentscheidungen und unter Berücksichtigung der künftigen Luftfahrzeugflotten- und Fähigkeitsentwicklung eine bundesweite bedarfsabhängige Anhebung der Untergrenze des Nachttiefflugsystems um ca. 100 Meter ermöglicht werden. Mit dieser Entscheidung der Bundeswehr entfallen zuvor geltend gemachte Rechtfertigungen für Bauhöhenbeschränkungen für Windenergieanlagen aus Gründen militärischer Tiefflugübungsstrecken bis zu einer Höhe von 213 Meter über Grund. Bei der Überprüfung bestehender Höhenbegrenzungen sollten die Gemeinden dies berücksichtigen.


4.3.8
Sicherung der Planung
Die Zurückstellung von Baugesuchen zur Sicherung der gemeindlichen Planungshoheit ist unter den Voraussetzungen des § 15 Absatz 3 Baugesetzbuch (für Vorhaben nach § 35 Absatz 1 Nummer 2 bis 6 Baugesetzbuch) möglich. Diese Regelung ist auf immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren entsprechend anwendbar (OVG NRW, Beschluss vom 18.12.2014 – 8 B 646/14).

Die Prognose einer Gefährdung der gemeindlichen Planung ist gerechtfertigt, wenn objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das zur Genehmigung gestellte Vorhaben dieser Planung - nach dem jeweiligen Stand des Planungsverfahrens und gemessen an der Plankonzeption und den Planzielen - widerspricht oder dass ein solcher Widerspruch zumindest möglich ist. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn das Vorhaben nach dem aktuellen Planungsstand innerhalb einer in Aussicht genommenen Konzentrationszone liegen würde, solange noch nicht hinreichend sicher damit gerechnet werden kann, dass es hierbei verbleibt (OVG NRW, Beschluss vom 18.12.2014 – 8 B 646/14). Um eine Sicherung in einem möglichst frühen Planungsstadium zu ermöglichen, sind an den Nachweis des Sicherungserfordernisses keine besonders hohen Anforderungen zu stellen. Bloße Vermutungen reichen allerdings nicht aus (OVG NRW, Beschluss vom 02.06.2015 – 8 B 178/15).

Der Zeitraum der Zurückstellung ist in dem Zurückstellungsbescheid anzugeben und darf längstens ein Jahr ab Zugang des Bescheids betragen. Die Zeit zwischen dem Eingang des Baugesuchs bei der zuständigen Behörde bis zur Zustellung des Zurückstellungsbescheides wird auf die Jahresfrist nur insoweit nicht angerechnet, als dieser Zeitraum für die Bearbeitung des Baugesuchs erforderlich war (§ 15 Absatz 3 Satz 2 Baugesetzbuch). Die Gemeinde hat den Zurückstellungsantrag innerhalb von sechs Monaten zu stellen, nachdem sie erstmals in einem Verwaltungsverfahren förmlich (zum Beispiel im Rahmen einer Beteiligung nach § 36 Baugesetzbuch) von dem Bauvorhaben Kenntnis erlangt hat, § 15 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch. Die Sechsmonatsfrist beginnt erneut zu laufen, wenn ein Genehmigungsantrag aufgrund seines geänderten Inhalts die Frage der planungsrechtlichen Beurteilung neu aufwirft und deshalb der Gemeinde erneut Gelegenheit zu geben ist, ihre Bauleitplanung zu überdenken (OVG NRW, Beschluss vom 02.06.2015 – 8 B 186/15).

§ 15 Absatz 3 Satz 4 Baugesetzbuch ermöglicht, die Entscheidung über ein Baugesuch für ein Vorhaben nach § 35 Absatz 1 Nummer 2 bis 6 Baugesetzbuch um ein weiteres Jahr auszusetzen, wenn hierfür besondere Umstände vorliegen. Ein Planverfahren ist in diesem Sinne durch besondere Umstände gekennzeichnet, wenn es sich von dem allgemeinen Rahmen der üblichen städtebaulichen Planungstätigkeit wesentlich abhebt. Das ist der Fall, wenn das Planverfahren Besonderheiten des Umfangs, des Schwierigkeitsgrades oder des Verfahrensablaufs aufweist. Vergleichsmaßstab ist der allgemeine Rahmen der üblichen städtebaulichen Planungstätigkeit, nicht lediglich die sonstige Konzentrationsflächenplanung. Notwendig ist, dass die Aufstellung des Plans gerade wegen dieser Besonderheiten mehr als die übliche Zeit erfordert. Die Gemeinde darf die Verzögerung nicht zu vertreten haben (OVG NRW, Beschluss vom 25.11.2014 – 8 B 690/14).

Als besondere Umstände können insbesondere in Betracht kommen:

Gutachten zu Umweltauswirkungen sind nicht abgeschlossen.

Stellungnahmen beteiligter Behörden liegen wegen erforderlicher, insbesondere auch rechtlicher Maßnahmen noch nicht vor.

Die Öffentlichkeitsbeteiligung nach §§ 3 Absatz 2 und 4a Absatz 3 Baugesetzbuch (erneute öffentliche Auslegung) und deren Auswertung sind noch nicht abgeschlossen.

Die interkommunale Zusammenarbeit nach § 2 Absatz 2 Baugesetzbuch erfordert eine umfangreichere Abstimmung und damit einen erhöhten Zeitaufwand.

Der Antrag nach § 15 Absatz 3 Satz 4 Baugesetzbuch sollte im Blick auf die anstehende Entscheidung über die Genehmigung der betreffenden Vorhaben so rechtzeitig gestellt werden, dass sich die Zurückstellung um einen weiteren Zeitraum unmittelbar an den Ablauf der ersten Zurückstellung anschließt. Die übliche Bearbeitungszeit bei der Genehmigungsbehörde ist dabei zu berücksichtigen. Die Gemeinde legt bei der Antragstellung die besonderen Umstände für die Verlängerung dar.

Der Zurückstellungsantrag ist nicht mehr möglich, wenn die Genehmigung erteilt ist.


4.4
Bebauungsplan
Die Gemeinde kann die Errichtung von Windenergieanlagen in im Flächennutzungsplan dargestellten Konzentrationszonen einer Feinsteuerung durch Bebauungspläne (zum Beispiel Festlegung der Standorte der Anlagen) unterziehen und diese Bebauungsplanung durch eine Veränderungssperre sichern. Die Aufstellung eines Bebauungsplanes kann insbesondere zur Ermöglichung eines Repowering sinnvoll sein (vergleiche Nummer 4.9).

Die Sonderregelungen des § 249 Absatz 1 Sätze 1 und 2 Baugesetzbuch gelten für Bebauungspläne, die aus den Darstellungen des Flächennutzungsplans entwickelt werden, entsprechend (vergleiche § 249 Absatz 1 Satz 3 Baugesetzbuch).

Die Gemeinde kann den Abstand von Windenergieanlagen untereinander in einem Bebauungsplan dadurch steuern, dass sie Baugrenzen festsetzt, innerhalb derer jeweils nur eine Windenergieanlage Platz findet. Im Bebauungsplan können sowohl Baugrenzen festgesetzt werden, die allein für Fundament und Turm gelten, als auch Baugrenzen, die sich darüber hinaus auf den Rotor der Windenergieanlage beziehen. Gemäß § 23 Absatz 3 Satz 1, § 16 Absatz 5 Baunutzungsverordnung können außerdem für Fundament und Turm einerseits und die Rotoren andererseits unterschiedliche Baugrenzen festgesetzt werden. In jedem Fall muss hinreichend bestimmt sein, worauf sich die Baugrenze bezieht.

Darüber hinaus können Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung, zur Erschließung, zum Immissionsschutz, zu den erforderlichen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen getroffen und gegebenenfalls örtliche Bauvorschriften nach § 86 Landesbauordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. März 2000 (GV. NRW. S. 256), die zuletzt durch Gesetz vom 15. Dezember 2016 (GV. NRW. S. 1162) geändert worden ist, über die äußere Gestaltung erlassen werden. Dies gilt entsprechend bei der Festsetzung von Flächen für Versorgungsanlagen. Hinsichtlich der Höhenbeschränkung gilt das unter Nummer 4.3.7 Ausgeführte entsprechend.

Eine Veränderungssperre ist gemäß § 14 Baugesetzbuch zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich zulässig. Die Planung, die die Veränderungssperre sichern soll, muss ein Mindestmaß dessen erkennen lassen, was Inhalt des zu erlassenden Bebauungsplans sein soll. Eine Planung, bei der in einem raumordnerisch für die Windenergie vorgesehenen Gebiet Festsetzungen von „Null bis Hundert“ möglich sind, also alles noch offen ist, kann nicht durch Veränderungssperre gesichert werden (OVG NRW, Urteil vom 28.01.2005 – 7 D 4/03.NE).


4.5
Vorhabenbezogener Bebauungsplan
Die Gemeinde kann durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan gemäß § 12 Baugesetzbuch die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, soweit ein Vorhabenträger auf der Grundlage eines von ihm vorgelegten und mit der Gemeinde abgestimmten Planes zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen bereit und in der Lage ist und sich zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Übernahme der Planungs- und Erschließungskosten ganz oder teilweise verpflichtet.


4.6
Beteiligung
Die Gemeinde holt gemäß § 4 Absatz 2 Baugesetzbuch die Stellungnahmen der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich durch die Planung berührt werden kann, zum Planentwurf und zu der Begründung ein. Sie beteiligt gemäß § 3 Baugesetzbuch die Öffentlichkeit. Das OVG NRW hat festgestellt, dass im Rahmen der Bekanntmachung der Offenlage nach § 3 Abs. 2 Baugesetzbuch zur Planung einer Konzentrationszone auf den Geltungsbereich der Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 Baugesetzbuch hinzuweisen sei. Ebenso wurde festgestellt, dass es aus rechtsstaatlichen Gründen erforderlich sei, dass dem Adressaten der Bekanntmachung nach § 6 Abs. 5 Baugesetzbuch der räumliche Geltungsbereich der Darstellung der Konzentrationszone hinreichend deutlich gemacht werde; dies sei bei einer solchen Darstellung grundsätzlich der gesamte Außenbereich der Gemeinde (OVG NRW, 7 D 100/15.NE, 06.12.2017).

Sofern die Errichtung von Windenergieanlagen in Konzentrationszonen für die Windenergienutzung im Widerspruch zum Fachplanungsrecht stünde, zum Beispiel Baufläche im Bereich einer Landschaftsschutzverordnung, ist es zwingend erforderlich, dass die entsprechende Fachplanung auch schon im Planverfahren darlegt, ob eine Ausnahme beziehungsweise Befreiung in Aussicht gestellt werden kann. Ist dies nicht der Fall, ist eine Planung nicht zielführend.

Öffentliche Planungsträger, die nach § 4 Baugesetzbuch oder § 13 Baugesetzbuch beteiligt worden sind, haben ihre Planungen gemäß § 7 Baugesetzbuch dem Flächennutzungsplan insoweit anzupassen, als sie diesem Plan nicht widersprochen haben.


4.7
Umweltprüfung in der Bauleitplanung
Seit Inkrafttreten der Änderungen des Baugesetzbuchs durch das Europarechtsanpassungsgesetz Bau am 20.7.2004 muss grundsätzlich bei allen Flächennutzungs- und Bebauungsplanungen für die Belange des Umweltschutzes eine Umweltprüfung (UP) durchgeführt werden, in der die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen zu ermitteln und in einem Umweltbericht zu beschreiben und zu bewerten sind. Mit der Umweltprüfung werden Auswirkungen eines Vorhabens abgeschätzt auf

a) Menschen, Tiere und Pflanzen,
b) Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
c) Kulturgüter und sonstige Sachgüter sowie
d) Wechselwirkungen zwischen den vorgenannten Schutzgütern.


In diese Prüfung sind auch noch weitere Umweltbelange einzubeziehen, die in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Baugesetzbuch und § 1a Baugesetzbuch aufgeführt sind und die letztlich auch dem Schutz der vorgenannten Umweltgüter dienen.

Bei dieser Umweltprüfung werden auch die Behörden und die Öffentlichkeit beteiligt. Das Ergebnis dieser Umweltfolgenabschätzung ist in der bauleitplanerischen Abwägung zu berücksichtigen. Die Umweltprüfung in der Bauleitplanung ist als umfassendes Prüfverfahren konzipiert, das den Anforderungen, sowohl der EU-Richtlinie für die projektbezogene Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) als auch der EU-Richtlinie für die planbezogene Umweltprüfung entspricht.

Im Falle einer bereits in anderen Planverfahren (zum Beispiel der Regionalplanung) durchgeführten Umweltprüfung kann sich die Umweltprüfung in dem zeitlich nachfolgenden Planverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränken.


4.8
Entschädigungsansprüche bei Änderung der Bauleitplanung
Bei der Änderung oder Aufhebung von Bebauungsplänen mit Festsetzungen zur Zulässigkeit von Windenergieanlagen ist zu prüfen, ob Entschädigungsansprüche nach den §§ 39 ff. Baugesetzbuch entstehen können.

Auch wenn die Nutzungsmöglichkeiten, die § 35 Baugesetzbuch eröffnet, grundsätzlich nicht die in § 42 Baugesetzbuch vorausgesetzte Qualität einer eigentumsrechtlichen Position haben (vergleiche BVerwG, Urteil vom 11.4.2013, 4 CN 2.12), kann möglicherweise bei der Änderung oder Aufhebung einer Konzentrationszone im Flächennutzungsplan etwas anderes gelten. In seinem Urteil vom 26.4.2007 (vergleiche BVerwG, Urteil vom 26.4.2007 - 4 CN 3/06) hat das Bundesverwaltungsgericht die Möglichkeit zur Normenkontrolle gemäß § 47 Absatz 1 Nummer 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf die Darstellung von Konzentrationsflächen in einem Flächennutzungsplan (Sonderbauflächen im Sinne von § 5 Absatz 2 Nummer 1 Baugesetzbuch, § 1 Absatz 1 Nummer 4 Baunutzungsverordnung), mit denen die Rechtswirkungen des § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch erreicht werden sollen, erweitert. § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch verleiht derartigen Darstellungen rechtliche Außenwirkung gegenüber den Bauantragstellerinnen und Bauantragstellern sowie gegenüber Vorhabenträgerinnen und Vorhabenträgern mit der Folge, dass Vorhaben an Standorten außerhalb der Konzentrationsflächen in der Regel unzulässig sind. Somit sind Darstellungen im Flächennutzungsplan mit den Rechtswirkungen des § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch von ihrer Rechtswirkung mit einem Bebauungsplan vergleichbar und es ist nicht auszuschließen, dass auch ein Entschädigungsanspruch gemäß §§ 39 ff Baugesetzbuch bei Änderung einer Konzentrationszone im Flächennutzungsplan besteht.


4.9
Repowering
Unter Repowering wird allgemein der Austausch alter Windenergieanlagen durch neuere moderne Windenergieanlagen verstanden, die neben höherem Ertrag auch vom Bau her höher und mit größeren Rotoren ausgestattet sind.

Das Repowering bietet vielfältige Vorteile:

Zum einen kann dadurch die Effektivität und die Ausbeute der Windenergienutzung erheblich gesteigert und damit ein bedeutender auch lokaler Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden. In diesem Rahmen können auch Windenergieanlagenstandorte erhalten werden, für die eine langjährige Akzeptanz gegeben ist.

Die Repowering-Anlagen sind neue Windenergieanlagen mit moderner Anlagentechnik, die nach heutigem Genehmigungsstandard errichtet werden und somit oftmals gegenüber den zu ersetzenden, veralteten Windenergieanlagen eine Reduzierung von Emissionen und anderen Umweltbeeinträchtigungen mit sich bringen. Durch die geringere Drehzahl der Rotoren sowie die Ersetzung von Altanlagen mit reflektierender Farbgebung, unterschiedlicher Rotordrehrichtung und -drehzahl, verschiedenen Bauhöhen etc. durch Neuanlagen mit einheitlicher Anlagengröße, Farbgebung, Rotordrehzahl und -drehrichtung sowie gegebenenfalls die Verringerung der Anlagenzahl mit größeren Abständen untereinander ergibt sich eine Entlastung des Landschaftsbildes. Das LANUV zeigt in einer Veröffentlichung einprägsam die Zusammenhänge zwischen gestiegener Nennleistung, deutlich gestiegenem Ertrag und gesunkener Schallemission von modernen Windenergieanlagen auf und verdeutlicht so nicht nur die energetischen, sondern auch die immissionsschutztechnischen Chancen des Repowerings (http://www.lanuv.nrw.de/geraeusche/pdf/RepoweringOkt2011.pdf).

Beim Repowering kann sich die Zahl der Anlagen reduzieren. Altanlagen liegen in vielen Fällen verstreut über das gesamte Gemeindegebiet. Dies gilt insbesondere für Anlagen, die vor der Einführung der Privilegierung der Windenergieanlagen, verbunden mit der Steuerungswirkung durch Festsetzung von Konzentrationszonen, durch Änderung des Baugesetzbuches im Jahre 1996 errichtet worden sind. Das Repowering bietet Möglichkeiten, durch Zusammenfassung von Repoweringanlagen in Konzentrationszonen die Windenergienutzung im Gemeindegebiet neu zu ordnen.

Um den vielschichtigen Aufgabenstellungen dabei gerecht zu werden, ist die Entwicklung eines gemeindlichen Repowering-Konzeptes sinnvoll.

Für das Repowering gelten die gleichen planungsrechtlichen Anforderungen wie für die Neuerrichtung von Windenergieanlagen. Sind im Flächennutzungsplan Konzentrationszonen für die Windenergie dargestellt, setzt die Zulässigkeit der neuen Windenergieanlagen im Außenbereich grundsätzlich voraus, dass die Standorte für die neuen Windenergieanlagen auch innerhalb einer Konzentrationszone für die Windenergie liegen.

Altanlagen genießen zwar auch außerhalb von Konzentrationszonen Bestandsschutz, mit dem Rückbau der Altanlagen erlischt dieser jedoch. Hat sich in der Zeit zwischen der Errichtung der Altanlage und der Wiedererrichtung einer neuen Anlage das Planungsrecht geändert, kann es sein, dass am Standort einer Altanlage die Errichtung einer neuen Anlage nicht mehr zulässig ist. Viele Gemeinden haben die Zulässigkeit von Windenergieanlagen erst zu einem Zeitpunkt über § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch gesteuert, an dem viele Anlagen bereits errichtet wurden. Wenn diese Anlagen nunmehr außerhalb der Konzentrationszonen liegen, ist eine Neuerrichtung am alten Standort in der Regel nicht mehr möglich.

Bei der planungsrechtlichen Absicherung des Repowering ist es zunächst von Bedeutung, dass dem Repowering innerhalb der Konzentrationszonen genügend Fläche zur Verfügung gestellt wird.

Gemäß § 249 Absatz 2 Baugesetzbuch kann nach § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Baugesetzbuch auch festgesetzt werden, dass die im Bebauungsplan festgesetzten Windenergieanlagen nur zulässig sind, wenn sichergestellt ist, dass nach der Errichtung der im Bebauungsplan festgesetzten Windenergieanlagen andere im Bebauungsplan bezeichnete Windenergieanlagen innerhalb einer im Bebauungsplan zu bestimmenden angemessenen Frist zurückgebaut werden. Die Standorte der zurück zu bauenden Windenergieanlagen können auch außerhalb des Bebauungsplangebietes oder außerhalb des Gemeindegebietes liegen. Gemäß § 249 Absatz 2 Satz 3 Baugesetzbuch können entsprechende Darstellungen im Flächennutzungsplan aufgenommen werden.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei einer immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Windenergieanlage hierfür eine Verzichtserklärung der Betreiberin oder des Betreibers erforderlich ist. Daneben besteht auch die Möglichkeit, einen Aufhebungsvertrag zwischen den Rechtsträgern der Genehmigungsbehörde und der Betreiberin oder dem Betreiber zu schließen. In jedem Fall ist die Beseitigung der zurückzubauenden Windenergieanlage zu gewährleisten. Im Hinblick auf den baurechtlichen Bestandsschutz hat die Betreiberin oder der Betreiber beziehungsweise die Inhaberin oder der Inhaber der Genehmigung der zurück zu bauenden Windenergieanlagen darüber hinaus eine Rückbauverpflichtung zu übernehmen. Die Rückbauverpflichtung ist durch Baulast oder in anderer Weise sicherzustellen. Eine Planung nach § 249 Absatz 2 Baugesetzbuch wird nur dann zielführend sein, wenn die Gemeinde zwischen den Betreiberinnen und Betreibern der Alt-Windenergieanlagen und den Flächeneigentümerinnen und Flächeneigentümern der geplanten Konzentrationszone vermittelt und die Umsetzbarkeit der Planung so unterstützt.

Im Einzelnen wird auf den Leitfaden des Deutschen Städte- und Gemeindebundes „Kommunale Handlungsmöglichkeiten beim Ausbau der Windenergie – unter besonderer Berücksichtigung des Repowering“ verwiesen (DStGB-Dokumentation Nummer 111).


5
Genehmigung von Windenergieanlagen
5.1
Verfahren zur Genehmigung von Windenergieanlagen
Bei Windenergieanlagen handelt es sich um Anlagen im Sinne von § 3 Absatz 5 Bundes-Immissionsschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Mai 2013 (BGBl. I S. 1274), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 18. Juli 2017 (BGBl. I S. 2771). Sie unterliegen den immissionsschutzrechtlichen Anforderungen nach § 5 Bundes-Immissionsschutzgesetz bei genehmigungsbedürftigen Anlagen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz.


5.1.1
Immissionsschutzrechtliche Verfahren
Windenergieanlagen, mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 m, unterfallen Nummer 1.6 des Anhangs zur Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen – 4. BImSchV- in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Mai 2017 (BGBl I S. 1440) und bedürfen einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach § 4 Bundes-Immissionsschutzgesetz. Windenergieanlagen sind dann im Sinne der Ziffern 1.6.1 und 1.6.2 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen zu Gruppen zusammenzufassen, wenn sie von derselben Betreiberin oder demselben Betreiber betrieben werden und
a) sich innerhalb einer bauleitplanerisch ausgewiesenen Fläche befinden, oder
b) sich ihr Einwirkungsbereich in Bezug auf die Schutzgüter des § 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz überschneidet oder berührt.

Die Abgrenzung einer Anlagengruppe im Sinne der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen ist daher von der Abgrenzung der Windfarm im Sinne des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. Februar 2010 (BGBl. I S. 94), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 8. September 2017 (BGBl. I S. 3370)  (dazu siehe Nummer 5.1.2) zu unterscheiden, die keinen Betreiberbezug kennt.

Nach den Bestimmungen der Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz Nordrhein-Westfalen vom 3. Februar 2015 (GV. NRW. S. 268), zuletzt geändert am 17.04.2018 (GV. NRW. S. 206) sind die Unteren Umweltschutzbehörden bei den Kreisen oder kreisfreien Städten zuständig für die Genehmigung von Windenergieanlagen im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren. Nach § 3 der Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz NRW Nordrhein-Westfalen geht die Zuständigkeit für die Durchführung des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens an die jeweilige Bezirksregierung über, wenn die Kreise beziehungsweise kreisfreien Städte an den Antrag stellenden beziehungsweise betreibenden Unternehmen zu mehr als 50 Prozent beteiligt sind.

Der Schutz der Gesundheit ist durch die Regelungen des Bundes-Immissionsschutzgesetz, seiner Verordnungen und Verwaltungsvorschriften gewährleistet. Der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Immissionsschutzrecht beginnt bereits an der Schwelle zur erheblichen Belästigung (§ 3 Absatz 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz) und damit vor dem Eintritt von Gesundheitsgefahren. Das Immissionsschutzrecht geht damit über den Schutz der Gesundheitsgefahr hinaus. Es hat auch das körperliche und seelische Wohlbefinden des Menschen und damit die Abwehr von Belästigungen zum Ziel.

Wird eine bestehende Anlage geändert, ist bei wesentlichen Änderungen ein Änderungsgenehmigungsverfahren nach § 16 Bundes-Immissionsschutzgesetz, ansonsten eine Anzeige nach § 15 Bundes-Immissionsschutzgesetz erforderlich. Demgegenüber liegt eine Neuerrichtung vor, wenn die Änderungen derart prägend sind, dass die gesamte Anlage als eine neue Anlage qualifiziert werden muss.

Werden eine Anlage oder Teile einer Anlage im Rahmen der erteilten Genehmigung ersetzt oder ausgetauscht, bedarf es nach § 16 Absatz 5 Bundes-Immissionsschutzgesetz keiner Genehmigung. Halten sich der Austausch oder das Ersetzen hingegen nicht im Rahmen der vorliegenden Genehmigung, handelt es sich um eine Änderung, für die §§ 15 und 16 Absatz 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz zu prüfen sind. Einer Neugenehmigung nach § 4 Bundes-Immissionsschutzgesetz bedarf es auch in diesen Fällen dann, wenn die Anlage in ihrem Kernbestand, in ihrem Charakter grundlegend geändert wird. Bei einer Änderung des Anlagentyps ist in der Regel eine Neugenehmigung erforderlich. Sind die Umweltauswirkungen jedoch im Wesentlichen identisch und weichen etwa der Rotorradius oder die Gesamthöhe der neuen Anlage nur geringfügig ab oder werden die Leistung oder die Lärmauswirkungen sogar verringert, kann insoweit grundsätzlich auch ein Änderungsgenehmigungsverfahren in Betracht kommen. In diesem Fall ist es nicht erforderlich alle mit deiner Neugenehmigung verbundenen Verfahrensschritte erneut vorzunehmen (vergleiche unter anderen Bay. VGH, Beschluss vom 08.06.2015 – 22 CS 15.686 -, Juris, Rn. 35; VG Trier, Beschluss vom 03.05.2013, – 5 L 324/13.TR -, Juris, Rn. 15).

Kommt die Immissionsschutzbehörde zu dem Ergebnis, dass das Vorhaben keine immissionsschutzrechtlich relevante Änderung im Sinne des § 16 in Verbindung mit § 6 Absatz 1 Nummer 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz darstellt, können dennoch andere Genehmigungsverfahren erforderlich sein. So kann etwa ein Baugenehmigungsverfahren notwendig sein, da Windenergieanlagen bauliche Anlagen im Sinne der Landesbauordnung Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. März 2000 (GV. NRW. S. 256), die zuletzt durch Gesetz vom 15. Dezember 2016 (GV. NRW. S. 1162) geändert worden ist, sind. Gleiches gilt, wenn ein Anzeigeverfahren nach § 15 Bundes-Immissionsschutzgesetz durchgeführt wird, denn gemäß § 63 Absatz 2 Landesbauordnung schließt nur die Genehmigung nach § 16 Absatz 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz die Baugenehmigung ein.

Gemäß § 13 Bundes-Immissionsschutzgesetz schließt die immissionsschutzrechtliche Neu- oder Änderungsgenehmigung andere die Anlage betreffende behördliche Entscheidungen, insbesondere Genehmigungen, Zulassungen, Verleihungen, Erlaubnisse und Bewilligungen mit Ausnahme der in dieser Vorschrift ausdrücklich genannten Entscheidungen ein (Konzentrationswirkung).

Von der Konzentrationswirkung erfasst werden ausschließlich anlagebezogene („die Anlage betreffende“) Entscheidungen. Anlagebezogen sind solche Entscheidungen, die Voraussetzung für die Errichtung und den Betrieb der Anlage sind und insoweit eine „Freigabewirkung“ für die Betreiberin oder den Betreiber der Anlage haben.

Dementsprechend ist die forstbehördliche Genehmigung nach § 9 Absatz 1 Bundeswaldgesetz vom 2. Mai 1975 (BGBl. I S. 1037), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 17. Januar 2017 (BGBl. I S. 75) in Verbindung mit § 39 Landesforstgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 24.04.1980 (GV. NRW. S. 546), zuletzt geändert durch Artikel 18 des Gesetzes vom 15.11.2016 (GV. NRW. S. 934) (Waldumwandlungsgenehmigung) insoweit gemäß § 13 Bundes-Immissionsschutzgesetz konzentriert, als die Umwandlung von Wald deshalb erforderlich ist, weil auf dem Grundstück, auf dem die Anlage errichtet oder betrieben werden soll, Wald stockt (OVG Lüneburg, Beschluss vom 29.08.2013, – 4 ME 76/13 -, Juris, Rn. 21) und die Waldfläche daher in eine andere Nutzungsart überführt wird. Wenn sich die Waldumwandlung hingegen auf Flächen bezieht, die nicht direkt von der Errichtung oder dem Betrieb der Anlage betroffen sind, sondern lediglich in der Nähe liegen, ist eine Konzentrationswirkung wegen des fehlenden Anlagenbezugs nicht gegeben. Das gilt auch dann, wenn die Umwandlung der Waldflächen in eine andere Nutzungsart erforderlich ist, damit es nicht zu schädlichen Umweltauswirkungen durch die Anlage auf umliegende Waldgebiete kommt (Durch Erlass vom 23.02.2015 des MKULNV, Az. V.2, wurden die insoweit widersprechenden Regelungen in der Verwaltungsvorschrift für das Bundes-Immissionsschutzgesetz aufgehoben).

Konzentriert die immissionsschutzrechtliche Genehmigung die Waldumwandlungsgenehmigung, wird durch Nebenbestimmungen sichergestellt, dass der Verlust der Waldfunktionen im Regelfall durch Ersatzaufforstungen ausgeglichen wird.


5.1.2
Umweltverträglichkeitsprüfung
Für Windfarmen mit 3 bis 5 Anlagen ist eine standortbezogene Vorprüfung und mit 6 bis 19 Anlagen eine allgemeine Vorprüfung erforderlich, ob wegen möglicher nachteiliger erheblicher Umweltauswirkungen eine UVP erforderlich ist. Bei 20 und mehr Anlagen innerhalb einer Windfarm ist immer eine UVP erforderlich.

a) Bestimmung der Windfarm
Die Prüfung, ob ein Vorhaben überhaupt einer der Nummern der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung zuzuordnen ist beziehungsweise ob eine bestimmte Windenergieanlage zu einer Windfarm zu zählen ist, darf weder die Umweltverträglichkeitsprüfung noch die Vorprüfung des Einzelfalls vorwegnehmen. Der Prüfungsmaßstab muss vielmehr weiter sein als in den nachgelagerten Umweltprüfungen (OVG NRW, Beschluss vom 23.07.2014 – 8 B 356/14 -, Rdn. 72).

Gemäß der Legaldefinition in § 2 Abs. 5 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung besteht eine Windfarm im Sinne des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung aus drei oder mehr Windkraftanlagen, deren Einwirkungsbereich sich überschneidet und die in einem funktionalen Zusammenhang stehen, unabhängig davon, ob sie von einem oder mehreren Vorhabenträgern errichtet und betrieben werden. Ein funktionaler Zusammenhang wird insbesondere angenommen, wenn sich die Windkraftanlagen in derselben Konzentrationszone oder in einem Gebiet nach § 8 Abs. 7 des Raumordnungsgesetzes befinden.

Die Neuerrichtung einer Windenergieanlage innerhalb einer Windfarm stellt unter UVP-Gesichtspunkten eine Änderung des Vorhabens „Windfarm“ dar. Vorbelastung und Umweltauswirkungen der neu beantragten Anlagen können zusammen die Möglichkeit erheblicher, nachteiliger Umweltauswirkungen ergeben und damit zur Notwendigkeit einer UVP für die neu beantragten Anlagen führen. Hinsichtlich der Mengenschwellen der Ziffer 1.6 der Anlage 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung bleiben Anlagen, die vor dem 14.03.1999 genehmigt worden sind, unberücksichtigt; sie sind aber als materielle Vorbelastung bei der Beurteilung der Umweltauswirkungen zu berücksichtigen. Anträge, die zeitlich erst gestellt werden, nachdem die Antragsunterlagen für das zu beurteilende Vorhaben vollständig eingereicht wurden, bleiben sowohl hinsichtlich der Mengenschwellen als auch hinsichtlich der materiellen Beurteilung der Umweltauswirkungen unberücksichtigt.

In einer Windfarm sind alle Windenergieanlagen zusammenzufassen, die in einem funktionalen Zusammenhang stehen und bei denen die abstrakte Möglichkeit besteht, dass sich ihre Einwirkungsbereiche bezogen auf ein bestimmtes Schutzgut überschneiden oder wenigstens berühren. Grundsätzlich reicht dazu eine typisierende Bewertung des Einwirkungsbereiches in Bezug auf akustische und optische Beeinträchtigungen (zum Beispiel: Rotordurchmesser, Anlagenhöhe, geometrischer Schwerpunkt der umrissenen Fläche).

Bei ausreichenden Anhaltspunkten für die Betroffenheit ganz bestimmter UVP-Schutzgüter (zum Beispiel „Tiere“ im Sinne des § 2 Absatz 1 Nummer 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung) muss dagegen eine konkret schutzgutbezogene Bewertung erfolgen (OVG NRW, Beschluss vom 30.03.2017 – 8 A 2915/15). Im Fall der Betroffenheit von windenergieempfindlichen Tierarten in der Umgebung einer Windenergieanlage ist dazu die abstrakte Möglichkeit nachteiliger Auswirkungen nach artspezifischer Empfindlichkeit oder Gefährdung zu untersuchen.

Die Empfindlichkeit von Tierarten gegenüber betriebsbedingten Auswirkungen von Windenergieanlagen in Nordrhein-Westfalen ist im Leitfaden „Umsetzung des Arten- und Habitatschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen in Nordrhein-Westfalen“ des MULNV NRW (Az. III 4 – 616.19.02.05) in der jeweils gültigen Fassung abschließend geregelt. Bei Arten, die nach diesem Leitfaden nicht als windenergieempfindlich qualifiziert werden, ist nicht abstrakt mit artspezifischen Nachteilen zu rechnen. Der Prüfmaßstab für die Abgrenzung der Windfarm muss nach dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichtes NRW vom 23.07.2014 (Az: 8 B 356/14) weiter sein als bei der nachgelagerten artenschutzrechtlichen Prüfung.

Die abstrakte Möglichkeit einer Gefährdung windenergieempfindlicher Tierarten setzt voraus, dass diese in der Umgebung einer Windenergieanlage auch tatsächlich wiederholt vorkommen, etwa im Rahmen tatsächlich genutzter Lebensstätten oder bedeutender Lebensraumelemente (zum Beispiel Brutplätze, bedeutende Nahrungsbereiche). Indikatoren dafür sind die Häufigkeit, Intensität und Regelmäßigkeit der Nutzung. Ausreichende Anhaltspunkte für eine tatsächliche Nutzung können sich aus vorliegenden Erkenntnissen der unteren Naturschutzbehörde sowie weiteren Erkenntnisquellen ergeben (zum Beispiel Karte der Schwerpunktvorkommen windenergieempfindlicher Vogelarten aus dem Energieatlas NRW, @LINFOS, vorliegende Unterlagen aus Artenschutzprüfungen, ernstzunehmende Hinweisen der anerkannten Naturschutzvereinigungen oder Biologischen Stationen). Eine rein abstrakte Annahme, dass ein bestimmter Naturraum ein potenziell geeigneter Lebensraum für eine bestimmte Art ist, reicht nicht aus, um einen Einwirkungsbereich im Sinne des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung zu begründen. Es kann davon ausgegangen werden, dass derartige Beeinträchtigungen in der Regel räumlich nicht weiterreichen als die artenschutzrechtlich zu beurteilenden Einwirkungen und daher mit den diesbezüglichen folgenden Regelungen ausreichend erfasst sind.

Artspezifische Nachteile können etwa in einem artbedingten Kollisionsrisiko oder Meideverhalten, Auswirkungen auf Fortpflanzungs- oder Ruhestätten sowie auf die Nahrungssituation oder eine besondere Empfindlichkeit der jeweiligen Art gegenüber betriebsbedingten Veränderungen der physikalischen Umgebung bestehen.

Für die Entscheidung, in welchem räumlichen Bereich um beziehungsweise in welchem Abstand zu einer Windenergieanlage abstrakt mit artspezifischen Nachteilen zu rechnen sein kann, bieten entsprechende natur- und artenschutzfachliche Erkenntnisse sachgerechte Anhalte (OVG NRW, Beschluss vom 23.07.2014 – 8 B 356/14; OVG NRW, Beschluss vom 30.03.2017 – 8 A 2915/15; OVG NRW, Urteil vom 18.05.2017 – 8 A 870/15).

Die Landesregierung hat als oberste Naturschutzbehörde auf Basis der naturschutzfachlichen Expertise des LANUV mit der Veröffentlichung des Leitfadens „Umsetzung des Arten- und Habitatschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen in Nordrhein-Westfalen“ von ihrer vom Bundesverwaltungsgericht anerkannten Einschätzungsprärogative (BVerwG, Urteil vom 27.06.2013 – 4 C 1.12, Rn. 15) auch im Hinblick auf die Bewertung der Gefahren, denen die Exemplare der geschützten Arten bei Realisierung des Vorhabens ausgesetzt sein können, Gebrauch gemacht. Im Leitfaden sind die Diskussion um die Artenauswahl der windenergieempfindlichen Arten sowie die Abstandsempfehlungen des sogenannten „Helgoländer Papiers“ der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG VSW 2014) berücksichtigt worden. Für Nordrhein-Westfalen wurden die windenergieempfindlichen Arten im Anhang des Leitfadens sowohl auf der Grundlage des alten Helgoländer Papieres als auch auf der Grundlage weiterer naturschutzfachlicher Literatur und Quellen zusammengestellt. Die Abstandsempfehlungen der LAG VSW wurden als Empfehlung für die Untersuchungsgebiets-Abgrenzung im Anhang 2 des Leitfadens herangezogen und aufgrund der regionalen Kenntnisse in NRW gegebenenfalls modifiziert (Methodik bestätigt durch OVG NRW, Beschluss vom 30.03.2017 – 8 A 2915/15, Beschluss vom 09.06.2017 – 8 B 1264/16).

Bei der Abgrenzung einer Windfarm ist der Einwirkungsbereich auf der Grundlage der Tabelle in Anhang 2 des oben genannten Leitfadens zu ermitteln.

In Spalte 2 der Tabelle ist für die windenergieempfindlichen Arten der Radius des maximal möglichen Einwirkungsbereiches um die geplante WEA bei der Abgren­zung einer Windfarm im Sinne des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung angegeben. In Spalte 3 der Tabelle findet sich der erweiterte maximal mögliche Einwirkungsbereich; dieser ist allerdings nur relevant beim Vorliegen ernst zu nehmender Hinweise auf intensiv und häufig genutzte Nahrungshabitate sowie regelmäßig genutzter Flugkorridore zu diesen. Es wird hiermit klargestellt, dass in Nordrhein-Westfalen bei der Ermittlung des Bereiches, in dem abstrakt mit artspezifischen Nachteilen zu rechnen sein kann, nicht die Abstandsempfehlungen der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG VSW 2014) zu Grunde zu legen sind. Des Weiteren sind die in Spalte 2 und 3 angegebenen Radien jeweils vom Mittelpunkt des Mastes aus (d. h. nicht von den Rotorblattspitzen aus) zu legen.

Überschneiden sich diese Einwirkungsbereiche verschiedener Einzelanlagen oder mindestens einer Anlage einer Konzentrationszone sind die betreffenden Einzelanlagen und die gesamte Konzentrationszone zu einer Windfarm zu verbinden.

Grafik „Windfarm“ siehe Anhang.

Im oben dargestellten Beispiel sind die drei neu geplanten Anlagen (X Neu) mit der Einzelanlage (X Alt 1) sowie mit den drei Anlagen der linken vorhandenen Konzentrationszone (X Alt 2) zu einer Windfarm zu verbinden. Alle sieben Anlagen sind durch die Einwirkungsbereiche der nächstgelegenen Anlagen zum Brutvorkommen (V1) einer windenergieempfindlichen Vogelart miteinander verknüpft. Die Einwirkungsbereiche ergeben sich aus dem artspezifischen Untersuchungsradius (R) gemäß Anlage 2 des oben genannten Leitfadens um die entsprechenden Windenergieanlagen. Ausgangspunkt für die Abgrenzung der Windfarm sind die konkret beantragten Anlagen, so dass nur unmittelbar in ihrem Einwirkungsbereich liegende Artvorkommen zu betrachten sind. Eine kaskadenartige Verkettung mit den drei weiteren Anlagen (X Alt 3) der rechten Konzentrationszone hinter der Trennlinie über weitere Artvorkommen (V2) außerhalb des originären Einwirkungsbereichs hinaus, ist nicht erforderlich.

Nur wenn nach den tatsächlichen Gegebenheiten des Einzelfalls trotz der abstrakten Überschneidung der artbezogenen Einwirkungsbereiche auf Grund der tatsächlichen Gegebenheit des konkreten Standortes eine Überschneidung der artbezogenen Einwirkungsbereiche von vornherein ausgeschlossen ist (etwa im Fall besonderer trennender topografischer oder baulicher Hindernisse zwischen den Anlagen), kann die betreffende Anlage als Bestandteil einer Windfarm ausgeschlossen werden.

Unabhängig von der zuvor dargelegten Verknüpfung über Einwirkungsbereiche in Bezug auf windenergieempfindliche Vogelarten können die betroffenen Windenergieanlagen mit weiteren Windenergieanlagen durch die Überschneidung von Einwirkungsbereichen anderer Umweltaspekte verbunden sein. Bei der Abgrenzung der Windfarm ist auch die oben genannte Empfehlung zu berücksichtigen, grundsätzlich alle Windenergieanlagen einer ausgewiesenen Konzentrationszone zu einer Windfarm zusammenzufassen.


b) Standortbezogene Vorprüfung
Bei der standortbezogenen Vorprüfung besteht eine UVP-Pflicht nur dann, wenn von dem Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen auf ein schützenswertes Gebiet nach Nummer 2.3 der Anlage 3 zum des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung ausgehen können. Findet eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalles für eine in einer Konzentrationszone eines Flächennutzungsplans geplante Windfarm statt, kann davon ausgegangen werden, dass erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht zu erwarten sind, wenn sich nicht neue Gesichtspunkte ergeben, die bei der Ausweisung im Flächennutzungsplan noch nicht berücksichtigt werden konnten. Werden im Übrigen die in Nummer 8.2.2.2 empfohlenen Abstände zu schützenswerten Gebieten eingehalten, sind in der Regel erhebliche negative Auswirkungen nicht zu erwarten, soweit zwischen den Gebieten ein notwendiger Funktionsaustausch gewährleistet ist.

Unterliegt das Vorhaben der Pflicht einer standortbezogenen Vorprüfung im Sinne des § 7 Abs. 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, so besteht für den Vorhabenträger gemäß § 7 Abs. 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung die Möglichkeit, die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu beantragen und damit die Stufe der Vorprüfung entfallen zu lassen. Ein solcher Antrag ist nur bei Vorhaben möglich, für die nach Anlage 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Vorprüfungspflicht besteht sowie bei der Änderung derartiger Vorhaben. Die zuständige Behörde entscheidet nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten über den Antrag.


c) Allgemeine Vorprüfung
Bei der allgemeinen Vorprüfung wird hinsichtlich aller in Anlage 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genannten Kriterien geprüft, ob von dem Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen ausgehen können. Bei Vorliegen der Pflicht zur allgemeinen Vorprüfung besteht ebenfalls gemäß § 7 Abs. 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung für den Vorhabenträger die Möglichkeit, die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu beantragen.


d) Umweltverträglichkeitsprüfung
Ist bereits im Bauleitplanverfahren eine Umweltprüfung durchgeführt worden, sollen im Genehmigungsverfahren die Vorprüfung des Einzelfalls oder die UVP auf zusätzliche oder andere erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen beschränkt werden.


5.2
Zulässigkeitsvoraussetzungen
5.2.1
Immissionsschutzrechtliche Zulässigkeit
Im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens ist sicherzustellen, dass die Errichtung oder der Betrieb der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Absatz 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz verursacht. Schädliche Umwelteinwirkungen lassen sich häufig durch Einhaltung erforderlicher Abstände, gegebenenfalls in Verbindung mit Auflagen (Drehzahl-/Leistungsbegrenzung, zeitweise Abschaltung) vermeiden (OVG NRW, Beschluss vom 13.07.1998 - 7 B 956/98).


5.2.1.1
Lärm
Die Beurteilung, ob schädliche Umweltauswirkungen in Form von erheblichen Belästigungen durch Geräuschimmissionen zu befürchten sind, erfolgt auf Grundlage der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm)
vom 26.08.1998 (GMBl S. 503, zuletzt geändert durch Allgemeine Verwaltungsvorschrift vom 01.06.2017 (BAnz AT vom 08.06.2017 B5). Es ist dabei entsprechend der in der Baunutzungsverordnung zum Ausdruck kommenden Wertung bei Errichtung und Betrieb einer Windenergieanlage von einer abgestuften Schutzwürdigkeit der verschiedenen Baugebiete auszugehen. Bei einem Aufeinandertreffen verschiedener Gebietstypen kann es angemessen sein, Zwischenwerte zu bilden (vergleiche 6.7 – Gemengelagen – TA Lärm), soweit dies nach der gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme erforderlich ist. Dieser Zwischenwert ist in jedem Einzelfall unter Beachtung der konkreten Sachverhaltsumstände zu bilden. Grenzt etwa ein reines Wohngebiet an den Außenbereich, können im Randbereich einer solchen Wohnnutzung Geräusche mit einem Beurteilungspegel von 40 dB(A) nachts zumutbar sein (OVG NRW, Urteil vom 04.11.1999 - 7 B 1339/99). Der Außenbereich wird dabei wie ein Mischgebiet behandelt. Bewohnern im Außenbereich ist deshalb der Schutzmaßstab für gemischt genutzte Bereiche zuzugestehen (OVG NRW, Urteil vom 18.11.2002 - 7 A 2127/00). Bei einem Aufeinandertreffen des Außenbereichs mit einem allgemeinen Wohngebiet kann dementsprechend auch ein Zwischenwert im angrenzenden Bereich gebildet werden.

Antragsteller sollten den Genehmigungsbehörden gesicherte Datenblätter vorlegen, in denen unabhängige Institute das Geräuschverhalten der Anlage in allen regulären Betriebszuständen mindestens bis zum Erreichen der Nennleistung belegen.

Die Anforderungen an die Emissionsdaten sind in der Technischen Richtlinie für Windkraftanlagen, Teil 1: „Bestimmung der Schallemissionswerte“, Revision 18, Stand: 01.02.2008 (Herausgeber: Fördergesellschaft für Windenergie und andere erneuerbare Energien e.V. (FGW), Oranienburger Straße 45, 10117 Berlin) beschrieben.

Ergänzend zu den Vorgaben der Technischen Richtlinie FGW werden auch akustische Vermessungen durch Messstellen anerkannt, die ihre Kompetenz zum Beispiel durch die Teilnahme an regelmäßigen Ringversuchen zur akustischen Vermessung von Windenergieanlagen nach Technischer Richtlinie nachweisen.

Der maßgebliche Immissionsort im Einwirkungsbereich einer Windenergieanlage ist nach Nummer 2.3 der TA Lärm in Verbindung mit Nummer A.1.3 des Anhangs der TA Lärm zu bestimmen. Da die Immissionsrichtwerte (Nummer 6.1 TA Lärm) gebietsabhängig festgelegt sind, kann eine Überschreitung auch an einem Ort zu erwarten sein, der weiter entfernt ist als andere nahe Immissionsorte. Ein maßgeblicher Immissionsort kann ebenso an der Grundstücksgrenze zum Nachbargrundstück anzunehmen sein, wo nach dem Planungs- und Baurecht schutzbedürftige Räume (DIN 4109–Schallschutz im Hochbau-, Ausgabe November 1989) zulässig sein können. Dabei ist der Schutz auf die nicht bebaute Fläche auszudehnen, wenn das in Betracht kommende Bauvorhaben hinreichend konkret ist und die Bauausführung in überschaubarer Zukunft zu erwarten ist. Hinreichend konkret ist, wenn in den nächsten 2-3 Jahren mit einer Baugenehmigung zu rechnen ist. Das Vorliegen eines Bebauungsplanes alleine reicht nicht aus. Wirkt eine Windenergieanlage innerhalb eines Industrie- oder Gewerbegebietes auf Nutzungen des gleichen Betreibers ein, so sind dort die Regelungen des Arbeitsschutzes anzuwenden.

Die Beurteilung für einen Einwirkungsort ist nur dann ausreichend, wenn daraus geschlossen werden kann, dass auch an keinem anderen Ort im Einwirkungsbereich der Windenergieanlage schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden können.

Die Schallimmissionsprognose ist nach Anhang A. 2 der TA Lärm durchzuführen. Bei Anwendung der Irrelevanzregelung der Nummer 3.2.1 Absatz 2 TA Lärm ist zu beachten, dass eine Vielzahl von Einzelanlagen, die auf einen Immissionspunkt einwirken, zu einer relevanten Erhöhung des Immissionspegels führen können. In diesem Fall ist eine Sonderfallprüfung durchzuführen. Die Irrelevanz einer Anlage ist dabei im Einzelfall nachzuweisen. Die Gesamtbelastung durch alle Anlagen darf nicht zu einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte von mehr als 1 dB(A) gemäß Nummer 3.2.1 Absatz 3 TA Lärm führen. Der Beurteilungspegel ist als ganzzahliger Wert anzugeben (siehe auch Empfehlungen des Länderausschusses für Immissionsschutz der 133. Sitzung, 22. und 23. März 2017, LAI-Hinweise zur Auslegung der TA Lärm, Top 9.4). Die Rundungsregeln gemäß Nummer 4.5.1 DIN 1333 –Zahlenangaben- sind anzuwenden. Der Immissionsprognose ist grundsätzlich diejenige bestimmungsgemäße Betriebsart zugrunde zu legen, die zu dem höchsten Beurteilungspegel führt (vergleiche A.1.2 des Anhangs der TA Lärm). Der maximal zulässige Emissionswert ist unter Beachtung des in der Prognose angesetzten Emissionsverhaltens der Anlage festzulegen.


Wenn infolge ständig vorherrschender Fremdgeräusche keine zusätzlichen schädlichen Umwelteinwirkungen durch die zu beurteilende Anlage zu berücksichtigen sind, kann in Anlehnung an die Regelungen der Nummer 3.2.1 Absatz 5 der TA Lärm verfahren werden.

Die Fördergesellschaft für Windenergie (FGW) beabsichtigt eine Aktualisierung der bisherigen Revision 18 vom 01.02.2008 der Technischen Richtlinie 1 – TR 1 „Bestimmung der Schallemissionswerte“. Bis zur erfolgten Aktualisierung der TR 1 ist wie bisher bei der Bewertung von Tonhaltigkeiten von Windenergieanlagen bei Neuplanungen zu Verfahren:

a) Aktuelle Regelung:
0 ≤ KTN < 2     Tonhaltigkeitszuschlag KT von 0 dB
2 ≤ KTN ≤ 4     Tonhaltigkeitszuschlag KT von 3 dB
      KTN > 4     Tonhaltigkeitszuschlag KT von 6 dB


KTN = Tonhaltigkeit bei Emissionsmessungen im Nahbereich nach der Technischen Richtlinie FGW gemessen

KT = in Abhängigkeit vom KTN ab einer Entfernung von 300 m für die Immissionsprognose anzusetzende Tonzuschläge


Neu zu errichtende Anlagen, deren Tonhaltigkeitszuschlag KTN ≥ 2 dB beträgt, entsprechen nicht mehr dem Stand der Technik. In Ausnahmefällen kann eine Anlage mit einem KTN = 2 dB auch dann genehmigt werden, wenn sie nachts so schallreduziert betrieben wird, dass die Tonhaltigkeit im Nahbereich KTN weniger als 2 dB beträgt. Der nächtliche schallreduzierte Betrieb kann aufgehoben werden, wenn nach Fertigstellung durch Messungen an repräsentativen Immissionsorten der Nachweis geführt wird, dass auch im Normalbetrieb keine Tonhaltigkeit an den Immissionsorten (Wohngebäude, etc.) auftritt.


b) Künftige Regelung nach Aktualisierung der TR 1 der FGW:
Nach erfolgter Aktualisierung der TR 1 ist die Bestimmung der Tonhaltigkeit nach den Festlegungen der LAI-Hinweise zum Schallimmissionsschutz bei Windkraftanlagen (Entwurf Stand 30.06.2016) vorzunehmen.

Bei der Schallimmissionsprognose ist der Nachweis zu führen, dass unter Berücksichtigung der oberen Vertrauensgrenze aller Unsicherheiten, insbesondere der Emissionsdaten und der Ausbreitungsrechnung, der nach TA Lärm ermittelte Beurteilungspegel mit einer Wahrscheinlichkeit von 90 Prozent den für die Anlage anzusetzenden Immissionsrichtwert einhält.

Soweit neuere Erkenntnisse zum Prognosemodell vorliegen, die einen neuen Stand der Technik etablieren, sind diese zu berücksichtigen. Mit Erlass vom 29.11.2017 wurden in Nordrhein-Westfalen die neuen von der Bund-/Länderarbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) überarbeiteten „Hinweise zum Schallimmissionsschutz bei Windkraftanlagen“ eingeführt. Das u. a. dort verankerte Prognosemodell auf Basis des Interimsverfahrens des DIN/VDI-Normenausschusses Akustik, Lärmminderung und Schwingungstechnik (NALS, Fassung 2015-05.1) gibt den aktuellen Erkenntnisstand wieder.

Nach Errichtung der Anlage ist durch eine Bescheinigung zu belegen, dass die errichtete Anlage in ihren wesentlichen Elementen und in ihrer Regelung mit derjenigen Anlage übereinstimmt, die der akustischen Planung zugrunde gelegt worden ist. Eine Abnahmemessung ist nicht erforderlich, wenn Erkenntnisse vorliegen, die eine Emissionswertüberschreitung sicher ausschließen. Sollte eine Abnahmemessung erforderlich sein, ist wie folgt zu verfahren:


Um richtlinienkonforme Emissionsmessungen zu gewährleisten, muss jede Anlage mit einer kontinuierlichen Aufzeichnung geeigneter Betriebsparameter (zum Beispiel Windgeschwindigkeit in Nabenhöhe, Leistung, Drehzahl) versehen sein. Sofern eine Anlage aus Gründen des Immissionsschutzes nachts zum Beispiel durch eine Leistungs- oder Drehzahlbegrenzung geräuschreduziert betrieben wird, müssen die Betriebsparameter in einer Form gespeichert werden, die rückwirkend für einen Zeitraum von wenigstens sechs Monaten den Nachweis der tatsächlichen Betriebsweise ermöglicht. Diese Daten müssen der Genehmigungsbehörde auf Anfrage zur Verfügung gestellt werden. Dort sind sie für die Betroffenen entsprechend den Vorgaben des Umweltinformationsrechts einsehbar.

Im Rahmen der Abnahmemessung besteht auch die Möglichkeit von Immissionsmessungen gemäß A.3.3.7 TA Lärm.

Im Falle einer rechnerischen Richtwertüberschreitung ist die Übertragung von Schallkontingenten verschiedener Anlagen untereinander grundsätzlich möglich.

Windenergieanlagen erzeugen in Abhängigkeit von Windstärke und Windrichtung Geräuschemissionen die auch Infraschallanteile beinhalten. Nach aktuellem Kenntnisstand liegen die Infraschallimmissionen selbst im Nahbereich bei Abständen zwischen 150 und 300 m deutlich unterhalb der menschlichen Wahrnehmungsschwelle. Nach heutigem Kenntnisstand konnte unterhalb dieser Schwelle bisher kein Nachweis einer negativen gesundheitlichen Auswirkung durch Infraschall erbracht werden. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass Infraschall nur dann gesundheitliche Folgen haben kann, wenn Menschen ihn hören oder zumindest spüren können. Ob Infraschall wahrgenommen wird, hängt wesentlich von der Frequenz in Kombination mit der Höhe des Schalldrucks ab. Erst bei sehr hohen Schalldruckpegeln, wie sie üblicherweise nicht in der Umgebung von Windenergieanlagen auftreten, entfaltet Infraschall Wirkungen, die das Befinden oder die Gesundheit beeinträchtigen können. Auch unter Berücksichtigung der im November 2016 vom Umweltbundesamt veröffentlichten Broschüre über „Mögliche gesundheitliche Effekte von Windenergieanlagen“ liegen keine Hinweise über chronische Schädigungen vor, die vor dem Hintergrund einer tragfähigen Wirkungshypothese in einem Zusammenhang mit einer Infraschallemission von Windenergieanlagen gebracht werden können. Nach Einschätzung des Umweltbundesamtes stehen daher die derzeit vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Infraschall einer Nutzung der Windenergie nicht entgegen.

Häufig gestellte Fragen zum Thema „Windenergie und Infraschall“ hat das Umweltministerium Nordrhein-Westfalen in einem Faktenpapier beantwortet (https://www.umwelt.nrw.de/fileadmin/redaktion/PDFs/klima/windenergieanlagen_infraschall_faktenpapier.pdf).

Der Untersuchungsbericht der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) vom November 2016 gibt weitere Auskunft über die Messdurchführung von Infraschallmessungen und beinhaltet Ergebnisse über Infraschallmessungen an Windenergieanlagen und unter anderem in innerstädtischen Bereichen (http://www4.lubw.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/257896/).


5.2.1.2
Repowering in durch Lärm vorbelasteten Gebieten
Unter Repowering wird allgemein der Austausch alter Windenergieanlagen durch neuere moderne Windenergieanlagen verstanden (vergleiche Nummer 4.9).

Zielsetzung des Repowerings in durch Lärm vorbelasteten Gebieten muss sein, dass durch ein schrittweises Repowering letztendlich die Einhaltung der zulässigen Immissionsrichtwerte nach Nummer 6 der TA Lärm erreicht wird. Es darf keine Verfestigung oder Verschlechterung der bestehenden Lärmsituation erfolgen.

Die folgenden Ausführungen beziehen sich lediglich auf die nach TA Lärm erforderlichen Prüfschritte. Die übrigen Genehmigungsvoraussetzungen müssen geprüft werden.

Wird für eine Windenergieanlage eines Windparks, der die Immissionsrichtwerte der TA Lärm überschreitet, ein Antrag auf Neuerrichtung gestellt und werden auch mit der neuen Anlage die Immissionsrichtwerte der TA Lärm weiterhin überschritten, ist die Anlage unter immissionsschutzrechtlichen Gesichtspunkten nach der Regelfallprüfung nur zulässig, wenn die Irrelevanzkriterien der Nummer 3.2.1 Absatz 2 oder 3 TA Lärm eingehalten werden. Nach Nummer. 3.2.1 Absatz 4 TA Lärm kann eine Genehmigungsfähigkeit auch dadurch hergestellt werden, dass die Betreiberin oder der Betreiber durch Schallreduzierung an anderen eigenen Anlagen eine Richtwerteinhaltung erzielen kann.

Darüber hinaus kann eine entsprechende Neuerrichtung bei Vorliegen besonderer Umstände im Rahmen einer Sonderfallprüfung nach Nummer 3.2.2 TA Lärm zulässig sein.

Solche Umstände können nach Nummer 3.2.2 c) TA Lärm etwa gegeben sein, wenn eine Verbesserung der Immissionssituation sicher absehbar ist. Insoweit muss aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen eine hohe Wahrscheinlichkeit gegeben sein, dass die Immissionsbelastung in überschaubarer Zeit deutlich spürbar verbessert wird. Eine Frist für die Verbesserung ist insoweit nicht vorgesehen.

So kann im Rahmen der Sonderfallprüfung ein Repowering dann zulässig sein, wenn ein Sanierungskonzept nach dem System der übertragbaren Immissionsanteile für den gesamten Windpark erstellt wird. Ein solches Sanierungskonzept wird ausführlich auf der Internetseite des LANUV unter www.lanuv.nrw.de/geraeusche/pdf/RepoweringOkt2011.pdf erläutert. In dieses Sanierungskonzept sind alle Anlagen einzubeziehen, auch die Anlagen, deren Immissionsbeitrag mehr als 10 dB(A) unterhalb des maßgeblichen Immissionsrichtwertes liegt. Dabei wird berechnet, welchen Wert der Schallleistungspegel der Einzelanlage maximal annehmen darf, damit gesichert ist, dass die Immissionsrichtwerte auch unter Berücksichtigung der Nummer 3.2.1 Absatz 3 TA Lärm an allen Immissionsorten sicher eingehalten werden. Auf Basis des so ermittelten Schallleistungspegels werden die übertragbaren Immissionsanteile für jede vorhandene Windenergieanlage berechnet. Die Immissionsbeiträge der neuen Anlagen dürfen diesen übertragbaren Immissionsanteil der stillzulegenden Anlagen nicht überschreiten.

Wenn zunächst nur eine Betreiberin oder ein Betreiber eigene Anlagen innerhalb des Windparks entsprechend eigener Immissionsanteile erneuern möchte, kann eine Genehmigung im Rahmen einer Sonderfallprüfung nach Nummer 3.2.2 c) TA Lärm möglich sein, wenn bereits hierdurch eine deutliche Verbesserung der Immissionsbelastung eintritt oder in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag geregelt ist, dass durch die Sanierung weiterer Anlagen auch anderer Betreiberinnen oder Betreiber in absehbarer Zeit eine deutliche Immissionsverbesserung eintreten wird.

Sofern die Erneuerung der Windenergieanlagen einer Betreiberin oder eines Betreibers noch nicht zu einer deutlichen Verbesserung führen und auch die anderen Betreiberinnen und Betreiber noch nicht an einem gemeinsamen Sanierungskonzept mitwirken, kann eine Genehmigung im Rahmen einer Sonderfallprüfung schließlich auch dann möglich sein, wenn sich die Antragstellerin oder der Antragsteller in Anlehnung an Nummer 3.2.1 Absatz 4 TA Lärm verpflichtet, innerhalb von in der Regel drei Jahren alle seine Anlagen in der Windfarm durch Ersatz, Sanierung oder Änderung der Betriebsbedingungen (Schalloptimierung, Nachtabschaltung) so zu betreiben, dass die auf ihre oder seine Anlagen insgesamt entfallenden übertragbaren Immissionsanteile eingehalten werden. Sie oder er erstellt dazu für die eigenen Anlagen ein Repoweringkonzept, das sich in das Sanierungskonzept für den gesamten Windpark einfügt. Dieses Konzept soll über einen öffentlich-rechtlichen Vertrag oder über eine entsprechende Auflage in der Genehmigung für die Neuanlage rechtsverbindlich geregelt werden. Wenn der Beitrag der Anlagen der Antragstellerin oder des Antragstellers an der Richtwertüberschreitung im Vergleich zu dem Beitrag des Windparks insgesamt als gering anzusehen ist, kann unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit eine längere Frist sachgerecht sein. Dabei ist aber immer auch die Zumutbarkeit der Höhe der noch andauernden Richtwertüberschreitung zu beachten.


5.2.1.3
Schattenwurf
Die sog. bewegten Schatten und die als Disco-Effekt bezeichneten periodischen Lichtreflektionen fallen als „ähnliche Umweltauswirkungen“ unter den Begriff der Immissionen des § 3 Absatz 2 Bundes-Immissionsschutzgesetz.

Der Disco-Effekt stellt heutzutage aufgrund der matten Beschichtung der Windenergieanlagen kein Problem mehr dar.

Schattenwurf von geringer Dauer ist hinzunehmen beziehungsweise kann vernachlässigt werden (vergleiche OVG NRW, Beschluss vom 09.09.1998 ‑ 7 B 1560/98). Von einer erheblichen Belästigungswirkung kann ausgegangen werden, wenn die maximal mögliche Einwirkungsdauer am jeweiligen Immissionsort – gegebenenfalls unter kumulativer Berücksichtigung aller Beiträge einwirkender Windenergieanlagen – mehr als 30 Stunden pro Kalenderjahr und darüber hinaus mehr als 30 Minuten pro Tag beträgt (vergleiche OVG NRW, Urteil vom 18.11.2002, ‑ 7 A 2140/00). Es ist deshalb sicher zu stellen, dass der Immissionsrichtwert (die astronomisch maximal mögliche Beschattungsdauer von 30 Stunden pro Kalenderjahr entspricht einer tatsächlichen Beschattungsdauer von 8 Stunden pro Jahr) nicht überschritten wird. Der Immissionsrichtwert für die tägliche Beschattungsdauer beträgt 30 Minuten. Diese Werte beziehen sich auf Wohnnutzungen und sind nicht unmittelbar auf andere Nutzungen übertragbar. Für Schattenwurfeinwirkungen auf andere Nutzungsarten ist die zulässige Beschattungsdauer daher im Einzelfall unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit der jeweiligen Nutzungsart zu bestimmen. Durch eine Auflage zur Genehmigung kann sichergestellt werden, dass durch eine Abschaltautomatik, die meteorologische Parameter (zum Beispiel Intensität des Sonnenlichtes) berücksichtigt, die tatsächliche Beschattungsdauer auf 8 Stunden pro Jahr begrenzt wird. Für weitere Einzelheiten der Bewertung sind die „Hinweise zur Beurteilung der optischen Emission von Windkraftanlagen (WKA-Schattenwurf-Hinweise)“ des Länderausschusses für Immissionsschutz (LAI) vom Mai 2002 heranzuziehen.


5.2.1.4
Anlagen an Infrastrukturtrassen
Bei der Genehmigung von Windenergieanlagen an Infrastrukturtrassen (siehe unter Nummer 4.3.6) ist zur Beurteilung der Überlagerung der Geräusche der Windenergieanlage durch die Verkehrsgeräusche eine Einzelfallbetrachtung auf der Grundlage der Nummer 3.2.1 Absatz 5 der TA Lärm erforderlich.


5.2.2
Bauplanungsrechtliche Zulässigkeit
Über die planungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens nach §§ 31, 33 bis 35 Baugesetzbuch zur Errichtung einer Windenergieanlage ist gemäß § 36 Absatz 1 Baugesetzbuch im Einvernehmen mit der Gemeinde zu entscheiden. Ein erneutes Ersuchen um Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens kann bei Änderung der Ausgangssituation erforderlich werden (bejaht bei einer erheblichen Standortabweichung – siehe OVG NRW, Urteil vom 18.08.2009 – 8 A 613/08). Die Zurückstellung eines Baugesuchs (nach § 15 Baugesetzbuch) während der Frist des § 36 Absatz 2 Satz 2 Hbs. 1 Baugesetzbuch hat zur Folge, dass die Frist mit der Zustellung des Zurückstellungsbescheids an den Bauherrn aufhört und nach Ablauf des Zurückstellungszeitraums ohne Anrechnung des bereits verstrichenen Teils von neuem beginnt (BVerwG, Urteil vom 26.03.2015 – 4 C 1.14).

Nach § 2 Absatz 3 der Verordnung zur Durchführung des Baugesetzbuches vom 07. Juli 1987 (GV. NRW. S. 220), die zuletzt durch Verordnung vom 18. Juli 2013 (GV. NRW. S. 493) geändert worden ist, ist für das Ersetzen eines rechtswidrig versagten Einvernehmens die Bauaufsichtsbehörde beziehungsweise die Genehmigungsbehörde zuständig. Auf mögliche Amtshaftungsansprüche gegen die Genehmigungsbehörde, die ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen nicht ersetzt, wird hingewiesen (siehe auch BGH, Urteil vom 16.09.2010 – III ZR 29/10).

Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit richtet sich nach den §§ 29 bis 35 Baugesetzbuch. Im beplanten Innenbereich ist anhand der jeweiligen Gebietskategorie zu prüfen, ob eine Windenergieanlage gemäß § 30 Baugesetzbuch in Verbindung mit der Baunutzungsverordnung (als eigenständige Hauptanlage) zulässig ist. Im unbeplanten Innenbereich muss sich die Windenergieanlage gemäß § 34 Absatz 1 Baugesetzbuch in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen. In den Fällen, in denen die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete der Baunutzungsverordnung entspricht, ist die Zulässigkeit nach § 34 Absatz 2 Baugesetzbuch anhand der Gebietskategorien der Baunutzungsverordnung zu prüfen. Beispielsweise in Gewerbegebieten gemäß § 8 Baunutzungsverordnung und Industriegebieten gemäß § 9 Baunutzungsverordnung können Windenergieanlagen grundsätzlich als gewerbliche Anlagen zulässig sein. Im Innenbereich können Windenergieanlagen grundsätzlich auch als untergeordnete Nebenanlagen gemäß § 14 Baunutzungsverordnung in allen Baugebieten zulässig sein (siehe auch Nummer 6.2.2).

Das bauliche Vorhaben einer Windenergieanlage gemäß § 29 Baugesetzbuch ist gleichermaßen durch Turm und Rotor gekennzeichnet. Das Bundesverwaltungsgericht hat festgestellt, dass die äußeren Grenzen des Bauleitplans oder die Grenzen der Baugebiete oder Bauflächen stets von der gesamten Windenergieanlage einschließlich des Rotors einzuhalten sind (BVerwG, Urteil vom 21.10.2004 - 4 C 3.04). Dies gilt entsprechend für Windenergieanlagen innerhalb von Darstellungen im Flächennutzungsplan für die Windenergienutzung, denn Zweck des § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch ist es, Vorhaben zu steuern und nicht nur Bestandteile von diesen.

Für die Zulässigkeit von Windenergieanlagen im Außenbereich gelten im Übrigen folgende Regelungen (Nummern 5.2.2.1 bis 5.2.2.4):


5.2.2.1
Allgemeine Voraussetzungen (Außenbereich)
Im Außenbereich sind Windenergieanlagen als untergeordnete Anlagen zu privilegierten Vorhaben gemäß § 35 Absatz 1 Baugesetzbuch (siehe Nummer. 5.2.2.2) oder als selbstständige Anlagen gemäß § 35 Absatz 1 Nummer 5 Baugesetzbuch zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen und eine ausreichende Erschließung gesichert ist. Das Grundstück muss eine ausreichende Zufahrtsmöglichkeit aufweisen, die die Wartung der Windenergieanlagen zulässt. Der Anschluss einer Windenergieanlage an ein Verbundnetz zum Zwecke der Stromeinspeisung gehört nicht zum bauplanungsrechtlichen Inhalt der Erschließung (BVerwG, Beschluss vom 05.01.1996 – 4 B 306.95). Die privilegierte Anlage nach § 35 Absatz 1 Nummer 5 Baugesetzbuch kann eine Übergabestation als Nebenanlage mitziehen. Sofern mehrere Anlagen dieselbe Übergabestation nutzen, kann diese auch eigenständig über § 35 Absatz 1 Nummer 3 Baugesetzbuch privilegiert zulässig sein.

Soweit durch Darstellungen im Flächennutzungsplan (siehe Nummer 4.3.1) eine Ausweisung für die Windenergienutzung an anderer Stelle erfolgt ist, sind Windenergieanlagen – ausgenommen die Anlagen, die gemäß § 35 Absatz 1 Nummer 1 Baugesetzbuch privilegiert sind – außerhalb dieser Flächen in der Regel nach § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch nicht zulässig.

Ausnahmen von der Ausschlusswirkung durch die Darstellung im Flächennutzungsplan sind, auch bei Windenergieanlagen, die als untergeordnete Nebenanlagen anderer privilegierter Vorhaben errichtet werden sollen, im Einvernehmen mit der Gemeinde möglich, wenn Umstände vorliegen, die bei der Festlegung der Konzentrationszone nicht berücksichtigt wurden, oder wenn solche Umstände wegen der notwendigerweise nur groben Betrachtung der Bereiche in der Flächennutzungsplanung nicht greifen (vergleiche OVG NRW, Urteil vom 30.11.2001 - 7 A 4857/00; BVerwG, Urteil vom 17.12.2002 - 4 C 15.01; OVG Niedersachsen, Urteil vom 15.05.2009 - 12 LC 55/07). Daraus folgt im Umkehrschluss, dass die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten eines Ausnahmefalles umso geringer ist, je detaillierter eine Gemeinde die Kriterien im Rahmen der Abwägung geprüft und zugrunde gelegt hat. Während der Gesetzgeber mit dem Tatbestandsmerkmal "entgegenstehen" die besondere Bedeutung der Privilegierung hervorhebt, die tendenziell zugunsten des Vorhabens zu Buche schlägt, bringt er mit der Regel-Ausnahme-Formel in § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch zum Ausdruck, dass außerhalb der Konzentrationsflächen dem Freihalteinteresse grundsätzlich der Vorrang gebührt. Diese Wertung darf nicht im Zulassungsverfahren konterkariert werden. Eine Abweichung im Einzelfall ist zwar möglich, sie steht aber unter dem Vorbehalt, dass die Konzeption, die der Planung zugrunde liegt, als solche nicht in Frage gestellt wird (BVerwG, Urteil vom 17.12.2002 – 4 C 15.01; OVG NRW, Urteil vom 15.03.2006 - 8 A 2672/03).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann die Atypik sich daraus ergeben, dass eine Windenergieanlage wegen ihrer Größe oder wegen ihrer Funktion zum Beispiel als einem anderen privilegierten Vorhaben zugeordnete Nebenanlage besondere Merkmale aufweist, die sie aus dem Kreis der Anlagen heraushebt, deren Zulassung die Gemeinde hat steuern wollen (bspw. bei Anlagen, die nicht der Einspeisung in das öffentliche Netz, sondern nur der Eigenversorgung dienen).

Ist in der Nähe des vorgesehenen Standorts bereits eine zulässigerweise errichtete Windenergieanlage vorhanden, so kann dies bei der Interessenbewertung ebenfalls zum Vorteil der Antragstellerin oder des Antragstellers ausschlagen. Auch die kleinräumlichen Verhältnisse können es rechtfertigen, von der auf den gesamten Planungsraum bezogenen Beurteilung des Planungsträgers abzuweichen. Ist aufgrund topographischer oder sonstiger Besonderheiten eine Beeinträchtigung der als störempfindlich und schutzwürdig eingestuften Funktionen des betreffenden Landschaftsraums nicht zu besorgen, so widerspricht es der Zielrichtung des Planvorbehalts nicht, das Vorhaben zuzulassen (siehe OVG NRW, Urteil vom 15.03.2006 - 8 A 2672/03). Besondere Umstände können auch dann vorliegen, wenn der vorgesehene Standort trotz seiner Lage außerhalb der Konzentrationszone ausnahmsweise keines der Kriterien erfüllt, die nach dem Planungskonzept der Gemeinde eine Nutzung ausschließen sollen (vergleiche OVG NRW, Urteil vom 30.11.2001 - 7 A 4857/00).


5.2.2.2
Untergeordnete Nebenanlage (Außenbereich)
Eine Windenergieanlage kann im Außenbereich nach § 35 Absatz 1 Baugesetzbuch als unselbstständiger Teil eines seinerseits privilegierten Betriebes genehmigungsfähig sein. Voraussetzung ist, dass die Windenergieanlage dem Betrieb räumlich und funktional unmittelbar zu- und untergeordnet ist. Ob das Vorhaben im Verhältnis zu dem privilegiert zulässigen Betrieb bodenrechtlich eine Nebensache ist, sich ihm dienend unterordnet, gegenüber der Hauptnutzung im Hintergrund steht, ist nicht aufgrund einer typisierenden, sondern einer konkreten Betrachtungsweise des privilegierten Betriebes und der ihm zugeordneten Nebennutzung zu beurteilen (BVerwG, Beschluss vom 28.08.1998 – 4 B 66.98). Die Windenergieanlage muss sich in angemessener räumlicher Nähe zu dem mit Energie versorgten Betrieb befinden. Nach der Zweckbestimmung muss der überwiegende Teil der erzeugten Energie dem privilegierten Vorhaben zugutekommen.

Für Windenergieanlagen, die als untergeordnete Nebenanlage nach § 35 Absatz 1 Nummer 1 Baugesetzbuch privilegiert sind, gilt § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch nicht (siehe auch oben Nummer 5.2.2.1; OVG Niedersachsen, Urteil vom 29.04.2008 – 12 LB 48/01; BVerwG, Beschluss vom 04.11.2008 - 4 B 44.08).

Eine Windenergieanlage kann im Einzelfall als untergeordnete Nebenanlage mehreren im Außenbereich zulässigerweise errichteten Betrieben dienen, wenn der überwiegende Teil der erzeugten Energie diesen Betrieben insgesamt zukommt. Die funktionelle Zuordnung ist gegebenenfalls durch eine Nebenbestimmung zur Genehmigung auf Dauer sicherzustellen. Die Zuordnung einer Anlage zu mehreren Betrieben ist immer erfüllt, wenn

a) die Betreiberinnen und Betreiber der Windenergieanlage gesellschaftsrechtlich verbunden sind und
b) die Betreiberinnen und Betreiber der Windenergieanlage
nachweisen, dass der Stromverbrauch in ihren Betrieben zusammengenommen höher als 50 Prozent der voraussichtlichen jährlichen Erzeugungsleistung der Windenergieanlage ist und
c) die Windenergieanlage sich in angemessener räumlicher Nähe zu den mit Energie versorgten Betrieben befindet.

5.2.2.3
Entgegenstehen öffentlicher Belange (§ 35 Absatz 3 Baugesetzbuch)
Bei der Prüfung des konkreten Standorts einer Anlage im Genehmigungsverfahren können – abhängig von der Regelungsintensität auf Ebene der Bauleitplanung (siehe unten) – insbesondere folgende öffentliche Belange berührt sein und dem Vorhaben ggfs. entgegenstehen:

a) Die Darstellung „Fläche für die Landwirtschaft“ löst in der Regel keinen Widerspruch zu der Errichtung einer Windenergieanlage im Sinne von § 35 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 Baugesetzbuch aus.
b) Der Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen (§ 35 Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 Baugesetzbuch) ist in § 3 Bundes-Immissionsschutzgesetz definiert. Die Abschattungswirkung für Funkwellen stellt keine schädliche Umwelteinwirkung im Sinne des § 35 Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 Baugesetzbuch in Verbindung mit § 3 Absatz 1 und 2 sowie § 5 Absatz 1 Nummer 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz dar (OVG NRW, Urteil vom 18.08.2009 – 8 A 613/08). Auf Nummer 5.2.1 (Lärm, Schattenwurf) wird verwiesen.
c) Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Sinne des § 35 Absatz 3 Satz 1 Nummer 5 Baugesetzbuch stehen einem Vorhaben insbesondere dann entgegen, wenn dieses in nicht durch Ausnahmegenehmigung oder Befreiung zu behebender Weise in Widerspruch zu einer gültigen Landschaftsschutzverordnung steht (OVG NRW, Urteil vom 05.09.2006 – 8 A 1971/04; ständige Rechtsprechung BVerwG, Beschluss vom 02.02.2000 - 4 B 104.99). Auf Nummer 8.2.2.5 (Landschaftsschutzgebiete) wird verwiesen.
d) Außerhalb von förmlich unter Natur- oder Landschaftsschutz gestellten Landschaftsteilen begründet eine Beeinträchtigung des Orts- oder Landschaftsbildes allein noch nicht die Unzulässigkeit eines solchen Vorhabens. Vielmehr muss eine qualifizierte Beeinträchtigung im Sinne einer Verunstaltung des Orts- oder Landschaftsbildes gegeben sein. Eine solche Verunstaltung liegt nur vor, wenn das Vorhaben seiner Umgebung grob unangemessen ist und auch von einem für ästhetische Eindrücke offenen Betrachter als belastend empfunden wird (OVG NRW, Urteil vom 12.06.2001 - 10 A 97/99; best. durch BVerwG, Beschluss vom 15.10.2001 – 4 B 69.01). Eine Verunstaltung der Landschaft kann weder aus der technischen Neuartigkeit und der dadurch bedingten optischen Gewöhnungsbedürftigkeit der Windenergieanlagen noch allein aus deren angesichts ihrer Größe markanten und weit sichtbaren Erscheinung abgeleitet werden (OVG NRW, Urteil vom 28.02.2008 - 10 A 1060/06; siehe auch BVerwG, Beschluss vom 18.03.2003 – 4 B 7.03; OVG Niedersachsen, Urteil vom 28.02.2010 - 12 LB 243/07).
e) Auch wenn bestimmte Landschaftsteile, die sich in einem Landschaftsschutzgebiet befinden, durch eine Windenergieanlage, die außerhalb dieses Gebiets errichtet werden soll, optisch beeinflusst werden, liegt eine Beeinträchtigung eines öffentlichen Belangs nur vor, wenn dies zu einer Verunstaltung des Landschaftsbildes im Sinne von § 35 Absatz 3 Satz 1 Nummer 5 Baugesetzbuch führt (BVerwG, Beschluss vom 08.05.2008 – 4 B 28/08).

Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichtes  NRW (Urteil vom 18.11.2002 – 7 A 2140/00) darf bei der rechtlichen Wertung der Wirkungen von Windenergieanlagen nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Gesetzgeber sie im Außenbereich grundsätzlich, das heißt vorbehaltlich einer planerischen Steuerung durch Raumordnungspläne und gemeindliche Flächennutzungspläne, privilegiert hat, so dass die Anlagen als solche nach den gesetzgeberischen Vorgaben im Außenbereich nicht als Fremdkörper, sondern von ihrem Erscheinungsbild her vielmehr eher als außenbereichstypisch und nicht wesensfremd zu werten sind (siehe auch OVG NRW, Urteil vom 19.05.2004 – 7 A 3368/02; OVG NRW, Urteil vom 24.6.2004 – 7 A 997/03). Gleichwohl dürfen bei der wertenden Einschätzung des Störpotentials die anlagentypischen Drehbewegungen der Rotorblätter als Blickfang trotz gegebener Privilegierung nicht außer Betracht gelassen werden (BVerwG, Beschluss vom 15.10.2001 – 4 B 69.01). Für die Annahme, ob eine Verunstaltung des Orts- oder Landschaftsbildes vorliegt, ist die jeweilige durch die Standortwahl vorgegebene Situation maßgeblich. Ob eine Landschaft durch technische Einrichtungen und Bauten bereits so vorbelastet ist, dass eine Windenergieanlage sie nicht mehr verunstalten kann, ist eine Frage des jeweiligen Einzelfalls. In welcher Entfernung eine Windenergieanlage nicht mehr verunstaltend wirken kann, lässt sich ebenfalls nicht abstrakt festlegen (BVerwG, Beschluss vom 18.03.2003 – 4 B 7.03).
f) Der Belang des Habitat und Artenschutzes ist als Unterfall des Naturschutzes zu berücksichtigen. Zu den Belangen im Einzelnen wird auf Nummer 8.2.2.2 und Nummer 8.2.2.3 verwiesen.
g)
Hinsichtlich der Belange des Denkmalschutzes formuliert § 35 Absatz 3 Satz 1 Nummer 5 Baugesetzbuch eigenständige Anforderungen, die – unbeschadet der Konkretisierung durch Landesrecht (dazu Nummer 8.2.4) – unmittelbar dort eingreifen, wo grobe Verstöße in Frage stehen (vergleiche BVerwG, Beschluss vom 26.06.2014 – 4 B 47.13). Die Vorschrift hat im Verhältnis zu den denkmalrechtlichen Vorschriften, die nach § 29 Absatz 2 Baugesetzbuch unberührt bleiben, eine Auffangfunktion (BVerwG, Urteil vom 21.04.2009 – 4 C 3.08).
h) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange kann auch bei einer Gefährdung der Wasserwirtschaft (siehe 8.2.3.1 und 8.2.3.2) und des Hochwasserschutzes (siehe 8.2.3.3 und 8.2.3.4) gegeben sein. Gegebenenfalls bedarf die Anlagenerrichtung neben der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung einer entsprechenden wasserrechtlichen Genehmigung.
i) Eine Störung der Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen (§ 35 Absatz 3 Satz 1 Nummer 8 Baugesetzbuch) können der Zulässigkeit einer Windenergieanlage entgegenstehen. Dies setzt voraus, dass die Windenergieanlage die Funktion der Radaranlage für den ihr zugewiesenen Zweck in nicht hinzunehmender Weise einschränkt. Der in § 35 Absatz 3 Satz 1 Nummer 8 Baugesetzbuch normierte öffentliche Belang soll nur dann die bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit eines Vorhabens begründen, wenn es um die Abwehr von Gefahren geht, deren Gewicht den im Gesetzgebungsverfahren in den Blick genommenen öffentlichen Belangen - hier: militärische Belange sowie Flugsicherheit
- vergleichbar ist. Ob die Beeinträchtigung privater Richtfunkstrecken als öffentlicher Belang des § 35 Absatz 3 Satz 1 Nummer 8 Baugesetzbuch einzustufen ist, ist in der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt.  Der Richtfunkkanal wird abgeschattet und eine Hindernisdämpfung wird verursacht, wenn die erste Fresnelzone von den Rotorblättern einer Windenergieanlage überstrichen wird. Allerdings hängt es vom Ausmaß der Hindernisdämpfung ab, ob eine unzulässige Beeinträchtigung vorliegt (vergleiche OVG NRW, Beschluss vom 27.08.2014 – 8 B 550/14). Allerdings werden Beeinträchtigungen des Rundfunkempfangs vom Schutzbereich des § 35 Absatz 3 Satz 1 Nummer 8 Baugesetzbuch nicht erfasst (OVG NRW, Urteil vom 18.08.2009 – 8 A 613/08).

Die Funktionsfähigkeit von Wetterradarsystemen kann durch Windenergieanlagen ebenfalls beeinträchtigt werden. Auch insoweit ist zu prüfen, ob das Radarsystem tatsächlich durch das Bauvorhaben technisch beeinflusst wird und ob sich diese Störung auf die Funktionsfähigkeit des Radars auswirkt, d.h., ob der der Rardaranlage zugewiesene Zweck in nicht hinnehmbarer Weise eingeschränkt wird.

Soweit es sich um Funk- und Radaranlagen handelt, die der Sicherheit des Luftverkehrs dienen, wird auf Nummer 8.2.6 verwiesen.
j) Zum Belang der Landesverteidigung im Einzelnen wird auf Nummer 8.2.8 verwiesen.  Die entsprechende Darlegungslast bei der Geltendmachung von Belangen der Landesverteidigung liegt bei der Bundeswehr (vergleiche OVG Niedersachsen, Beschluss vom 13.04.2011 – 12 ME 8/11). In Konfliktfällen sind Nachfragen an das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr (BAIUDBw), Referat Infra I 3, Fontainengraben 200, 53123 Bonn zu richten. E-Mail (auch für alle informellen Voranfragen an die Bundeswehr): windenergie@bundeswehr.org.
k)
Die Funktionsfähigkeit von Erdbebenmessstationen ist ein öffentlicher Belang im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Baugesetzbuch; die bloße Möglichkeit einer Störung der Funktionsfähigkeit reicht für ein Entgegenstehen im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Baugesetzbuch nicht aus (vergleiche OVG NRW, Beschluss v. 09.06.2017, 8 B 1264/16); vergleiche auch Nummer 8.2.12.
l) Auch das Gebot der Rücksichtnahme ist in § 35 Absatz 3 Satz 1 Baugesetzbuch verankert. Der im Außenbereich Wohnende muss grundsätzlich mit der Errichtung von in diesem Bereich privilegierten Windenergieanlagen und ihren optischen Auswirkungen rechnen (OVG NRW, Beschluss vom 12.01.2006 – 8 A 2285/03). Auf Abwehrrechte kann sich nur derjenige berufen, dessen eigene Nutzung formell und materiell legal ist, wobei die Beweislast für die formelle Legalität die Bauherrin oder den Bauherrn trifft (OVG NRW, Beschluss vom 24.06.2010 – 8 A 2764/09; best. durch BVerwG, Beschluss vom 23.12.2010 - 4 B 36.10). Ob von einer Windenergieanlage eine rücksichtslose optisch bedrängende Wirkung auf eine Wohnbebauung ausgeht, ist stets anhand aller Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Das Oberverwaltungsgericht NRW (siehe Urteil vom 09.08.2006 – 8 A 3726/05 -, best. durch BVerwG, Beschluss vom 11.12.2006 - 4 B 72.06) hat folgende Bewertungskriterien zur Beeinträchtigung entwickelt:

Lage bestimmter Räumlichkeiten und deren Fenster sowie von Terrassen und Ähnlichem zur Windenergieanlage; bestehende oder in zumutbarer Weise herstellbare Abschirmung des Wohngrundstücks zur Anlage; Hauptwindrichtung und damit Stellung des Rotors zu einem Wohnhaus; topographische Situation; Sichtschutz durch Waldgebiete oder Gebäude; die Größe des Rotordurchmessers, weitere Beeinträchtigungen durch bereits vorhandene Windenergieanlagen.

Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichtes NRW lassen sich unter Berücksichtigung dieser Kriterien für die Ergebnisse der Einzelfallprüfungen grobe Anhaltswerte prognostizieren:

Ist der Abstand zwischen einem Wohnhaus und einer Windenergieanlage geringer als das Zweifache der Gesamthöhe der Anlage (Nabenhöhe + halber Rotordurchmesser), dürfte die Einzelfallprüfung überwiegend zu einer dominanten und optisch bedrängenden Wirkung der Anlage gelangen. Beträgt der Abstand das Zwei- bis Dreifache der Gesamthöhe der Anlage, bedarf es regelmäßig einer besonders intensiven Prüfung des Einzelfalls. Diese vom Oberverwaltungsgericht NRW aufgestellten Regeln sind Faustformeln, die eine bestimmte Würdigung der Umstände nahelegen, aber die Prüfung des konkreten Einzelfalls nicht entbehrlich machen (siehe auch BVerwG, Beschluss vom 23.12.2010 - 4 B 36.10).

Das OVG NRW hat diese Grundsätze in seiner jüngeren Rechtsprechung bestätigt, auch in Bezug auf modernere Windenergieanlagen, die durch einen höheren Turm und einen größeren Rotordurchmesser gekennzeichnet sind (Beschluss vom 20.07.2017 – 8 B 396/17 und 21.11.2017 – 8 B 935/17).

Im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren ist die größtmögliche Minimierung der Befeuerung, insbesondere durch die Nutzung von Sichtweitenmessgeräten und Synchronisierung der Befeuerung, als Auflage dem Projektierer aufzugeben. Dabei ist darauf zu achten, dass die Auflage nicht den luftrechtlichen Nebenbestimmungen widerspricht.

Aus dem Rücksichtnahmegebot kann sich auch das Erfordernis von Abständen von Windenergieanlagen untereinander ergeben. (OVG NRW, Beschluss vom 01.02.2000 – 10 B 1831/99). In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass auch aus Gründen der Standsicherheit Abstände erforderlich sind (siehe Nummer 5.2.3.4).


Befindet sich der Standort der Windenergieanlage innerhalb einer im Flächennutzungsplan dargestellten Konzentrationszone, ist Folgendes zu beachten: Eine positive Standortzuweisung nach § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch setzt voraus, dass sich die Planung als vollzugsfähig erweist und dass ihr auf unabsehbare Zeit keine unüberwindbaren rechtlichen oder tatsächlichen Hindernisse im Wege stehen (BVerwG, Urteil vom 17.12.2002 – 4 C 15/01). Innerhalb einer im Flächennutzungsplan dargestellten Konzentrationszone dürfen die Belange des § 35 Absatz 3 Satz 1 Baugesetzbuch, die bereits im Rahmen der Planung abschließend abgewogen worden sind, bei der Entscheidung über die Zulassung einer Windenergieanlage nicht wieder als Genehmigungshindernis aktiviert werden (vergleiche BVerwG, Urteil vom 20.05.2010 – 4 C 7.09). Entgegenstehende öffentliche Belange werden deswegen für Windenergieanlagen in Konzentrationszonen nur relevant, soweit sie auf Ebene der Bauleitplanung noch nicht abschließend berücksichtigt wurden. Die Regelungsdichte eines Bauleitplans wird auf der einen Seite durch das Gebot der Konfliktbewältigung (planerisch zu bewältigende Nutzungskonflikte sollen im aktuellen Planverfahren und nicht erst in einem späteren Genehmigungsverfahren gelöst werden) und auf der anderen Seite durch das Gebot der planerischen Zurückhaltung (planerische Zurückhaltung für die Fälle, in denen eine Konfliktbewältigung sachgerecht auf Ebene der Einzelgenehmigung erfolgen kann) bestimmt. Je nach Detailierungsgrad des Bauleitplans ändert sich das Prüfprogramm auf der Ebene der Vorhabenzulassung.


5.2.2.4
Rückbauverpflichtung
Nach § 35 Absatz 5 Satz 2 Baugesetzbuch ist für Vorhaben nach § 35 Absatz 1 Nummern 2 - 6 Baugesetzbuch als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben einschließlich Nebenanlagen nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen (Fundament, Zuwegungen) zu beseitigen.

Zur Rückbauverpflichtung nach § 35 Absatz 5 Satz 2 in Verbindung mit Satz 3 Baugesetzbuch hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 17.10.2012 (Az: 4 C 5.11) klargestellt, dass die Regelung die Einhaltung der Erklärung der Betroffenen oder des Betroffenen, mit der sie oder er sich zum Rückbau verpflichte, sicherstellen solle und dass dies auch die Absicherung eines möglichen Liquiditätsrisikos beinhalte. Die Durchsetzung der Rückbaupflicht solle nicht daran scheitern, dass von der Vollstreckung abgesehen werde, weil ausreichende Mittel für eine Ersatzvornahme nicht zur Verfügung ständen. Selbst wenn eine öffentlich-rechtliche Baulast eingetragen ist, muss daher von der Bauherrin oder vom Bauherrn auch eine Sicherheitsleistung, die (in der Regel durch Bankbürgschaft) zugunsten der Genehmigungsbehörde oder der Bauaufsichtsbehörde zu bestellen ist, gefordert werden. Die Sicherheitsleistung muss den Rückbau der Windenergieanlage einschließlich des den Boden versiegelnden Fundaments am Ende der voraussichtlichen Lebensdauer der Anlage vollständig abdecken. Wenn nichts Gegenteiliges nachgewiesen wird, kann von einer Sicherheitsleistung in Höhe von 6,5 Prozent der Gesamtinvestitionskosten ausgegangen werden. Im Einzelfall kann sich aus der Konstruktion der Windenergieanlage eine höhere oder niedrigere Sicherheitsleistung ergeben. Die Sicherheitsleistung muss spätestens bei Baubeginn vorliegen. Dies kann durch eine entsprechende Nebenbestimmung zur Genehmigung gesichert werden.


5.2.3
Bauordnungsrechtliche Anforderungen
Bei der Genehmigung von Windenergieanlagen ist die Einhaltung der Anforderungen des Bauordnungsrechts sicherzustellen.

Die für die Einspeisung ins Stromnetz erforderlichen Übergabestationen bis 20 m2 Grundfläche und 4 m Höhe sind gemäß § 65 Absatz 1 Nummer 9a Landesbauordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. März 2000 (GV. NRW. S. 256), die zuletzt durch Gesetz vom 15. Dezember 2016 (GV. NRW. S. 1162) geändert worden ist, baugenehmigungsfrei. Die Genehmigungsfreiheit entbindet nicht von der Verpflichtung zur Einhaltung der Anforderungen, die in öffentlich-rechtlichen Vorschriften gestellt werden, § 65 Absatz 4 Landesbauordnung.


5.2.3.1
Abstandflächen
Die notwendige Abstandfläche einer Windenergieanlage ergibt sich aus § 6 Absatz 10 Landesbauordnung.

Zu weiteren erforderlichen Abständen siehe auch Nummer 5.2.2.3 und Nummer 8.


5.2.3.2
Brandschutz
Für Windenergieanlagen mit mehr als 30 m Höhe ist nach § 68 Absatz 1 Satz 3 Nummer 2 Landesbauordnung mit den Bauvorlagen ein Brandschutzkonzept bei der Genehmigungsbehörde einzureichen, § 69 Absatz 1 Satz 2 Landesbauordnung. Einzelheiten ergeben sich aus § 9 Verordnung über bautechnische Prüfungen vom 6. Dezember 1995 (GV. NW. 1995 S. 1241 ), die zuletzt durch Artikel 2 der Verordnung vom 2. Dezember 2016 (GV. NRW. 2017 S. 2) geändert wurde. Für Kleinwindanlagen unter 30 m ist, auch wenn sich um einen Sonderbau im Sinne von § 54 Landesbauordnung handelt, in der Regel die Vorlage eines Brandschutzkonzeptes nicht erforderlich.

Windenergieanlagen müssen so beschaffen sein, dass der Entstehung eines Brandes der Anlage und der Brandweiterleitung auf die Umgebung (Gebäude, bauliche Anlagen und Wald) vorgebeugt wird. Dies wird in der Regel durch Wahrung der im Erlass aufgeführten Abstandsregelungen (zum Beispiel in 5.2.2.3, 5.2.3.1 und 8.1) erreicht. Soweit besondere Standort- oder Risikofaktoren im Einzelfall erkennbar sind, wie dies regelmäßig bei Anlagen im Wald oder in der Nähe des Waldes anzunehmen ist, sind neben den regelmäßig zu beachtenden Anforderungen (z. B. Blitzschutzanlagen, Wartung und Instandhaltung) weitere geeignete Vorkehrungen zu treffen, wie beispielsweise

a) soweit möglich Verwendung nichtbrennbarer Baustoffe,
b) Brandfrüherkennung mit automatischer Abschaltung der Anlagen und
vollständiger Trennung von der Stützenergie,
c) Vorhaltung selbsttätiger Feuerlöschanlagen,

(siehe auch VdS3523: 2008-07, Windenergieanlagen, Leitfaden für den Brandschutz).

Besondere Standort- oder Risikofaktoren sind bei Anlagen auf dem freien Feld regelmäßig nicht erkennbar.


5.2.3.3
Beachtung Technischer Baubestimmungen
Für Windenergieanlagen wird auf die unter Nummer 2.7.9 und zugehörigen Anlagen (2.4/7 und 2.7/12) im Runderlass „Änderung des Runderlasses Einführung Technischer Baubestimmungen nach § 3 Abs. 3 BauO NRW“ vom 4. Februar 2015 (MBl. NRW S. 166) bekannt gemachten technischen Regeln verwiesen, die nach Nummer 1 der Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (VV TB) vom 13. Juni 2017 (MBl. NRW S. 660) als Technische Baubestimmungen im Sinne des

§ 87 Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen 2016 (Landesbauordnung 2016 - BauO NRW 2016) vom 15. Dezember 2016 (GV. NRW. 2016 S. 1162), die zuletzt durch Gesetz vom 21. Dezember 2017 (GV. NRW. S. 1005) geändert wurde, gelten. Die „Richtlinie für Windenergieanlagen; Einwirkungen und Standsicherheitsnachweise für Turm und Gründung; Fassung Oktober 2012“ (Schriftenreihe B des DIBt, Heft 8) ist als Technische Baubestimmung eingeführt. Auf die Anlage 2.7/12 wird auch hinsichtlich der erforderlichen gutachtlichen Stellungnahmen eines oder einer Sachverständigen als Bestandteil der Bauvorlagen für Windenergieanlagen, kleine Windenergieanlagen und sehr kleine Windenergieanlagen bis 10 m Gesamthöhe hingewiesen. Geeignete sachverständige Stellen sind dort benannt.


5.2.3.4
Standsicherheit
Gemäß § 15 Absatz 1 Landesbauordnung muss jede bauliche Anlage standsicher sein und darf auch die Standsicherheit anderer baulicher Anlagen nicht gefährden. Gemäß § 18 Absatz 3 Landesbauordnung sind Erschütterungen oder Schwingungen, die von baulichen Anlagen ausgehen, so zu dämmen, dass Gefahren oder unzumutbare Belästigungen nicht entstehen. Wird eine Windenergieanlage in Windrichtung vor einer bereits bestehenden Windenergieanlage errichtet, kann sie durch Erhöhung der Turbulenzintensität einen schnelleren Verschleiß von Anlagenteilen der nachgesetzten Anlage bewirken und damit auf Dauer deren Standsicherheit beeinträchtigen (siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 01.02.2000 – 10 B 1831/99). Um den bauordnungsrechtlichen Anforderungen unter Beachtung der Technischen Baubestimmungen Rechnung zu tragen, ist für freistehende Windenergieanlagen mit Turm und Gründung ein ausreichender Abstand untereinander und zu anderen vergleichbar hohen Bauwerken erforderlich.

Für den Standsicherheitsnachweis von Windenergieanlagen wird auf der Grundlage der aktuellen Richtlinien für Windenergieanlagen (sowohl in den Fassungen März 2004 als auch Oktober 2012, hier: Schriftenreihe B des DIBt, Heft 8) eine geringere Turbulenzintensität angesetzt als nach der zuvor bauaufsichtlich eingeführten Richtlinie für Windkraftanlagen (in der Fassung Juni 1993), die noch bis zum Jahresende 2005 angewendet werden durfte. Der verringerte Ansatz der Turbulenzintensität bedingt größere Mindestabstände der Windenergieanlagen zur Gewährleistung der Standsicherheit. Bei Unterschreitung der Abstände von 8 beziehungsweise 5 Rotordurchmessern nach Abschnitt 6.3.3 der aktuellen Richtlinie für Windenergieanlagen können sowohl nach den Richtlinien März 2004 (Abschnitt 6.3.3) als auch Oktober 2012 (Abschnitt 7.3.3) standsicherheitsrelevante Auswirkungen in Betracht kommen.

Für Anlagen, die noch nach der älteren Richtlinie für Windkraftanlagen (Fassung Juni 1993) ausgelegt sind, gilt weiterhin, dass bei Abständen von weniger als 5 Rotordurchmessern in Hauptwindrichtung standsicherheitsrelevante Auswirkungen zu erwarten sind und ein Abstand von weniger als 3 Rotordurchmessern im Hinblick auf die Standsicherheit als gefährlich einzustufen ist.

Zur Genehmigung der Unterschreitung von Abständen, bei denen standsicherheitsrelevante Auswirkungen zu erwarten sind, ist von der Antragstellerin oder vom Antragsteller der hinzukommenden Windenergieanlage mittels gutachtlicher Stellungnahme einer oder eines Sachverständigen nachzuweisen, dass Gefahren oder unzumutbare Belästigungen nicht entstehen (siehe auch Ziffer 3.2 in der Anlage 2.7/12 des Runderlasses „Änderung des Runderlasses Einführung Technischer Baubestimmungen nach § 3 Abs. 3 Landesbauordnung“ vom 4. Februar 2015 in Verbindung mit der Technischen Baubestimmung).


5.2.3.5
Eiswurf
Wegen der Gefahr des Eisabwurfes sind Abstände von Windenergieanlagen zu Verkehrswegen, Erholungseinrichtungen und Gebäuden einzuhalten oder funktionssichere technische Einrichtungen zur Gefahrenabwehr (zum Beispiel automatische Außerbetriebnahme bei Eisansatz oder Rotorblattheizung) erforderlich. Detaillierte Anforderungen werden in Anlage 2.7/12 des Runderlasses „Änderung des Runderlasses Einführung Technischer Baubestimmungen nach § 3 Abs. 3 Landesbauordnung“ vom 4. Februar 2015gestellt. Im Bereich unter Windenergieanlagen mit technischen Einrichtungen zur Außerbetriebnahme des Rotors bei Eisansatz ist durch Hinweisschilder auf die verbleibende Gefährdung durch Eisabfall bei Rotorstillstand oder Trudelbetrieb aufmerksam zu machen.


6
Kleinwindanlagen bis 50 m Anlagenhöhe
6.1
Verfahren
Unter Kleinwindanlagen werden Anlagen mit einer Anlagengesamthöhe von bis zu 50 m Höhe verstanden, die entsprechend der Regelungen der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen nicht unter die immissionsschutzrechtliche Genehmigungspflicht fallen.

Kleinwindanlagen gelten als bauliche Anlagen im Sinne des § 29 Baugesetzbuch und des § 2 Landesbauordnung. Nach § 65 Absatz 1 Nummer 44 lit b) Landesbauordnung bedarf die Errichtung oder Änderung von Kleinwindanlagen bis zu 10 m Anlagengesamthöhe, außer in reinen, allgemeinen und besonderen Wohngebieten, sowie Mischgebieten, keiner Baugenehmigung. Die Anlagengesamthöhe bezieht sich dabei allein auf die Höhe der Kleinwindanlage. Ferner bedarf nach § 65 Absatz 2 Nummer 4 Landesbauordnung die mit diesen genehmigungsfreien Anlagen verbundene Änderung der Nutzung oder der äußeren Gestalt des Gebäudes keiner Baugenehmigung. Die Genehmigungsfreiheit entbindet nicht von der Verpflichtung zur Einhaltung der Anforderungen, die in öffentlich-rechtlichen Vorschriften gestellt werden (§ 65 Absatz 4 Landesbauordnung). Für alle anderen Windenergieanlagen bis 50 m Gesamthöhe, die entweder neben oder auf einem Gebäude errichtet werden sollen, ist nach § 63 Absatz 1 Landesbauordnung ein Baugenehmigungsverfahren durchzuführen.

Neben der Baugenehmigung sind gegebenenfalls weitere Genehmigungen/ Erlaubnisse einzuholen. Die Bauaufsichtsbehörden haben im Genehmigungsverfahren weitere Fachbehörden (wie beispielsweise die Umweltschutzbehörden/ Naturschutzbehörden) zu beteiligen.

6.2
Zulässigkeit
6.2.1
Immissionsschutzrechtliche Voraussetzungen
Für Kleinwindanlagen gilt infolge von § 22 Bundes-Immissionsschutzgesetz, gegebenenfalls in Verbindung mit § 13 Landesimmissionsschutzgesetz NRW vom 18.03.1975, zuletzt geändert am 20.09.2016 (GV. NRW. S. 791), dass sie die gebietsbezogenen Immissionsrichtwerte nach Nummer 6.1 TA Lärm und sonstige immissionsschutzrechtliche Anforderungen einhalten müssen. Werden Kleinwindanlagen an Gebäuden befestigt, sind aufgrund der baulichen Verbundenheit auch die Immissionsrichtwerte für Innen nach Nummer 6.2 TA Lärm zu berücksichtigen, sofern im Gebäude nicht nur die Anlagenbetreiberin oder der Anlagenbetreiber wohnt.

Aufgrund der sehr unterschiedlichen Höhen und Leistungsklassen der Kleinwindanlagen und der unterschiedlich geprägten Standorte, an denen Kleinwindanlagen verwirklicht werden sollen, lassen sich jedoch allgemeine Empfehlungen kaum aussprechen.

Insbesondere bei Anlagen im Innenbereich sind im baurechtlichen Genehmigungsverfahren aussagekräftige Unterlagen vorzulegen, die eine Prüfung der immissionsschutzrechtlichen Zulässigkeit des Betriebs ermöglichen (zum Beispiel gesicherte Datenblätter, in denen unabhängige Institute das Geräuschverhalten der Anlage in allen regulären Betriebszuständen mindestens bis zum Erreichen der Nennleistung belegen).


6.2.2
Bauplanungsrechtliche Voraussetzungen
Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit richtet sich nach den §§ 29 bis 36 Baugesetzbuch.

Im beplanten Innenbereich ist anhand der jeweiligen Gebietskategorie zu prüfen, ob eine Windenergieanlage (als eigenständige Hauptanlage) nach § 30 Baugesetzbuch in Verbindung mit der Baunutzungsverordnung zulässig ist. Im unbeplanten Innenbereich muss sich die Windenergieanlage gemäß § 34 Absatz 1 Baugesetzbuch in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen. In den Fällen, in denen die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete der Baunutzungsverordnung entspricht, ist die Zulässigkeit nach § 34 Absatz 2 Baugesetzbuch anhand der Gebietskategorien der Baunutzungsverordnung zu prüfen.

Im Innenbereich können Kleinwindanlagen grundsätzlich auch als untergeordnete Nebenanlagen gemäß § 14 Baunutzungsverordnung in allen Baugebieten zulässig sein. Voraussetzung ist, dass sie dem primären Nutzungszweck von Grundstücken dienen und der Eigenart des Baugebiets nicht widersprechen (vergleiche OVG Niedersachsen, Beschluss vom 29.06.2012 - 12 LA 155/11). Kleinwindanlagen dienen nur solange dem primären Nutzungszweck von Grundstücken (funktionale Unterordnung), wie sie überwiegend (> 50 Prozent) für das jeweilige Grundstück selbst Energie erzeugen, nicht aber, wenn die erzeugte Energie überwiegend in das öffentliche Netz eingespeist wird. Darüber hinaus müssen sie der Hauptnutzung räumlich-gegenständlich untergeordnet sein. Die räumliche Unterordnung ist zwar nicht bereits dann ausgeschlossen, wenn die Anlage über die Firsthöhe der übergeordneten baulichen Anlage um etliche Meter hinausragt. Aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes und wegen ihrer Abmessungen darf die Nebenanlage aber der Hauptanlage nicht gleichwertig erscheinen oder diese optisch verdrängen. Eine Kleinwindanlage kann im Hinblick auf ihr geringes bauliches Volumen in der optischen Wirkung derart zurücktreten, dass sie gegenüber einem Gebäude, dessen Energieversorgung sie dient, auch räumlich-gegenständlich als untergeordnet erscheint. Maßgeblich für die räumlich-gegenständliche Unterordnung ist der optische Gesamteindruck aus Standort und Größe der Kleinwindanlage, den Abmessungen der benachbarten Hauptanlagen, der Bebauungsdichte des Baugebietes sowie der Grundstücksgrößen (vergleiche VGH Mannheim, Beschluss vom 09.07.2014 – 8 S 39/14).

Im Außenbereich können Kleinwindanlagen als selbstständige Anlagen nach § 35 Absatz 1 Nummer 5 Baugesetzbuch zu beurteilen sein, unabhängig davon, ob der erzeugte Strom ins öffentliche Netz eingespeist wird oder der privaten Energieversorgung dient. Aufgrund ihrer geringen Höhe handelt es sich nicht um raumbedeutsame Anlagen. Sie werden deshalb von der raumordnerischen Steuerung der Anlagenerrichtung nicht erfasst.

Kleinwindanlagen können im Außenbereich auch als untergeordnete Nebenanlagen zu privilegierten Vorhaben nach § 35 Absatz 1 Baugesetzbuch zulässig sein (s. Nummer 5.2.2.2).

Hat eine Gemeinde von dem Institut der bauleitplanerischen Steuerung Gebrauch gemacht und Konzentrationszonen ausgewiesen, gilt für Anlagen, die von einem privilegierten landwirtschaftlichen Betrieb nach § 35 Absatz 1 Nummer 1 Baugesetzbuch mitgezogen werden, § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch unabhängig von der Höhe der Windenergieanlage nicht (BVerwG, Beschluss vom 04.11.2008 – 4 B 44.08). In den übrigen Fällen des § 35 Absatz 1 Baugesetzbuch muss im Einzelfall geprüft werden, ob eine Ausnahme von der Ausschlusswirkung (§ 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch) möglich ist (siehe auch oben Nummer 5.2.2.1).

Die Atypik kann sich daraus ergeben, dass eine Windenergieanlage wegen ihrer Größe oder wegen ihrer Funktion zum Beispiel als einem anderen privilegierten Vorhaben zugeordnete Nebenanlage besondere Merkmale aufweist, die sie aus dem Kreis der Anlagen heraushebt, deren Zulassung die Gemeinde hat steuern wollen (bspw. bei Anlagen, die nicht der Einspeisung in das öffentliche Netz, sondern nur der Eigenversorgung dienen). Ist in der Nähe des vorgesehenen Standorts bereits eine zulässigerweise errichtete (Klein)Windenergieanlage vorhanden, so kann dies bei der Interessenbewertung ebenfalls zum Vorteil der Antragstellerin oder des Antragstellers ausschlagen. Auch die kleinräumlichen Verhältnisse können es rechtfertigen, von der auf den gesamten Planungsraum bezogenen Beurteilung des Planungsträgers abzuweichen. Ist aufgrund topographischer oder sonstiger Besonderheiten eine Beeinträchtigung der als störempfindlich und schutzwürdig eingestuften Funktionen des betreffenden Landschaftsraums nicht zu besorgen, so widerspricht es der Zielrichtung des Planvorbehalts nicht, das Vorhaben zuzulassen (siehe OVG NRW, Urteil vom 15.03.2006 – 8 A 2672/03).

Im Übrigen wird auf die grundsätzlichen Ausführungen in Nummer 5.2.2 verwiesen.


6.2.3
Bauordnungsrechtliche Voraussetzungen
Zu den bauordnungsrechtlichen Anforderungen wird auf Nummer 5.2.3 verwiesen. Hinsichtlich des Nachweises der Sicherheit und der erforderlichen Bauvorlagen gelten in Verbindung mit Abschnitt 5.2.3.3 Erleichterungen für kleine Windenergieanlagen im Anwendungsbereich der DIN EN 61400-2 (s. a. Ziffern 1 und 3.1 in der Anlage 2.7/12 des Runderlasses „Änderung des Runderlasses Einführung Technischer Baubestimmungen nach § 3 Abs. 3 Landesbauordnung“ vom 4. Februar 2015) sowie für sehr kleine Windenergieanlagen bis 10 m Gesamthöhe (s. a. Ziffer 5 der Anlage 2.7/12 des Runderlasses).


7
Überwachung und Gebühren
7.1
Überwachung
Die Überwachung des Immissionsschutzes (Lärm, periodischer Schattenwurf
und sonstige Lichteffekte) gemäß § 52 Bundes-Immissionsschutzgesetz obliegt den Unteren Umweltschutzbehörden. Darüber hinaus ist die Untere Umweltschutzbehörde gemäß § 17 Absatz 7 Bundesnaturschutzgesetz vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2542), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 15. September 2017 (BGBl. I S. 3434) für die Prüfung der frist- und sachgerechten Durchführung der Nebenbestimmungen zu Vermeidungs- beziehungsweise Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, die auf Grundlage der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung festgesetzt wurden, zuständig. Hierzu kann sie die im Genehmigungsverfahren beteiligte Naturschutzbehörde im Rahmen der Amtshilfe um Unterstützung bitten.

Im Übrigen überwachen die Naturschutzbehörden gemäß § 3 Absatz 2 Bundesnaturschutzgesetz in Verbindung mit § 2 Landesnaturschutzgesetz NRW in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. November 2016 (GV. NRW. S. 934) die Einhaltung der naturschutzrechtlichen Vorschriften. Dies betrifft insbesondere die Einhaltung der Vorschriften zum Artenschutz gemäß §§ 44f Bundesnaturschutzgesetz und Habitatschutz gemäß §§ 34 und 36 Bundesnaturschutzgesetz sowie die Umsetzung der in diesem Zusammenhang in den Genehmigungsbescheid aufgenommenen Nebenbestimmungen.

Vor allem der Umgang mit der Ansiedelung von neuen Vorkommen europäisch besonders geschützter Arten (FFH-Anhang IV-Arten, europäische Vogelarten) nach Genehmigung und Errichtung von Anlagen wirft Fragen der Überwachung auf, da diese Fallkonstellationen im Genehmigungsverfahren noch nicht vorausgesehen und über Nebenbestimmungen abgedeckt werden konnten.

Denkbar sind dabei insbesondere die folgenden zwei Fallkonstellationen (siehe Lau: „Rechtsgutachten zum Umgang mit der nachträglichen Ansiedelung von europarechtlich geschützten Arten im Umfeld genehmigter Vorhaben“ (Juli 2017), abrufbar unter http://artenschutz.naturschutzinformationen.nrw.de/artenschutz/de/downloads):

a) Nachträgliche Ansiedlung nach Baubeginn der WEA
In diesem Fall führen Tötungen etc. in Folge des nachträglichen Einwanderns regelmäßig zu keinem Verstoß gegen die artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote des § 44 Abs. 1 Bundesnaturschutzgesetz/Art. 12 Abs. 1 FFH-RL und Art. 5 VS-RL.

Ein behördliches Einschreiten gegen den Anlagenbetreiber als Zustandsstörer wäre nur in dem sehr seltenen Fall denkbar, soweit Vorkommen einer Art betroffen sind, die für die Erhaltung der Art von herausragender Bedeutung sind und die Art dort besonderen Risiken ausgesetzt ist. Nur in diesem Sonderfall resultiert aus Art. 12 Abs. 4 FFH-RL beziehungsweise Art. 13 VS-RL grundsätzlich eine Handlungspflicht der zuständigen Naturschutzbehörde. Gemessen an den Zielen der FFH- und VS-RL und in Orientierung an Art. 16 Abs. 1 FFH-RL ist ein Artvorkommen dann von herausragender Bedeutung zu werten, wenn es für die Stabilität des Erhaltungszustands der Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet innerhalb Deutschlands aus naturschutzfachlich belastbaren Gründen unverzichtbar erscheint. Dafür ist auf das Verfahren nach 2.4.3.1 VV-Artenschutz abzustellen und im Einvernehmen mit dem FB 24 (Artenschutz) des LANUV zu entscheiden.


b) Nachträgliche Ansiedlung nach Genehmigungserlass aber vor Baubeginn
In diesem Fall können Tötungen etc. in Folge des nachträglichen Einwanderns die artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote des § 44 Abs. 1 Bundesnaturschutzgesetz auslösen, so dass ggfs. eine Anordnung gegenüber dem Anlagenbetreiber als Handlungsstörer zu treffen ist.


Sofern in den beiden zuvor genannten Fällen ein behördliches Einschreiten erforderlich wird, kommen nachträgliche Anordnungen nach § 17 Abs. 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz nicht in Betracht. Der zuständigen Naturschutzbehörde ist es jedoch eröffnet, auf der Basis des § 3 Abs. 2 Bundesnaturschutzgesetz einzuschreiten und gegen den Anlagenbetreiber entsprechende naturschutzrechtliche Anordnungen zu erlassen. Im Rahmen der Erforderlichkeit ist umfassend zu ermitteln und zu prüfen, ob es neben der Option von Betriebseinschränkungen andere mildere Mittel gibt, die ebenso geeignet sind, die betreffenden Arten zu schützen.

Wenn sich die ermittelten erforderlichen Maßnahmen nach einer Abwägung aller widerstreitenden Interessen für den Betreiber als nicht angemessen darstellen, müsste die Immissionsschutzbehörde prüfen, ob die Voraussetzungen für einen (Teil-) Widerruf der Genehmigung nach § 21 Abs. 1 Nr. 3 Bundes-Immissionsschutzgesetz vorliegen. Für die Abgrenzung zwischen der Anordnung nach § 3 Abs. 2 Bundesnaturschutzgesetz und dem Widerruf nach § 21 Abs. 1 Nr. 3 Bundes-Immissionsschutzgesetz gelten dieselben Grundsätze wie für die nachträgliche Anordnung nach § 17 Abs. 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz. Die Grenze wird durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bestimmt.


Bei beiden Maßnahmen (naturschutzrechtliche Anordnung/ immissionsschutzrechtlicher (Teil-)widerruf) ist der zuständigen Behörde ein Ermessen eingeräumt, das nach den üblichen ordnungsrechtlichen Grundsätzen auszuüben ist. Dieses Ermessen ist dann zu Gunsten des Anlagenbetriebs intendiert, wenn sich die betreffende Anlage innerhalb einer Konzentrationszone nach § 35 Abs. 3 Satz 3 Baugesetzbuch oder eines entsprechenden Vorranggebiets nach § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1
Raumordnungsgesetz befindet.

Ist der artenschutzrechtliche Konflikt nachträglich auch deshalb entstanden, weil Dritte entsprechende Habitatstrukturen geschaffen haben (zum Beispiel Anlage von künstlichen Nisthilfen innerhalb des Gefahrenbereichs) können diese als Handlungsstörer zur Gefahrenabwehr mit einer naturschutzbehördlichen Anordnung zur Beseitigung der betreffenden Habitatstruktur herangezogen werden.

Weitergehende Hinweise zum Umgang mit der nachträglichen Ansiedelung von europarechtlich geschützten Arten im Umfeld genehmigter Vorhaben finden sich in dem oben zitierten Rechtsgutachten (Lau, Juli 2017).

Die Bauaufsichtsbehörden sind gemäß § 61 Landesbauordnung bei Windenergieanlagen dafür zuständig, die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Übrigen zu überwachen.


7.2
Gebühren
7.2.1
Entscheidungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz
Für die Genehmigung sowie weitere Entscheidungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz berechnen sich die Gebühren nach den Tarifstellen zu Nummer 15a des Allgemeinen Gebührentarifs der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung. Berechnungsgrundlage sind die Errichtungskosten, die sich aus den voraussichtlichen Gesamtkosten (einschließlich der Mehrwertsteuer) der Windenergieanlage oder derjenigen Anlagenteile ergeben, die nach der (Teil-, Änderungs-) Genehmigung errichtet werden dürfen. Maßgeblich sind die voraussichtlichen Gesamtkosten im Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung, es sei denn, diese sind niedriger als zum Zeitpunkt der Antragstellung. Nach Tarifstelle 15a Nummer 1.1 des Allgemeinen Gebührentarifs der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung ist mindestens die höchste Gebühr zu erheben, die für eine nach § 13 Bundes-Immissionsschutzgesetz eingeschlossene behördliche Entscheidung zu entrichten gewesen wäre, wenn diese selbständig erteilt worden wäre.


7.2.2
Gebühren für Baugenehmigung, Bauüberwachung und Bauzustandsbesichtigung, Prüfung des Standsicherheitsnachweises
Die Gebühren sind nach dem Allgemeinen Gebührentarif der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung zu erheben, soweit nicht die Gemeinden Gebührenordnungen (Satzungen) mit abweichenden Gebührensätzen erlassen haben (§ 2 Absatz 3 Gebührengesetz vom 23. August 1999 (GV. NRW. 1999 S. 524), das zuletzt durch Gesetz vom 8. Dezember 2015 (GV. NRW. S. 836) geändert wurde). Nach Tarifstelle 2.4.1.4 Buchstabe b) des Allgemeinen Gebührentarifs der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung berechnet sich die Gebühr für die Baugenehmigung einer Windenergieanlage, unabhängig von ihrer Höhe, mit 10 v. T. der Herstellungssumme. Von den veranschlagten (geschätzten) Herstellungskosten der gesamten Windenergieanlage ist auszugehen, weil sie insgesamt Gegenstand baurechtlicher Prüfungen ist (z. B. planungsrechtliche Zulässigkeit, Immissionsschutz, Abstandflächen, Naturschutz- und Landschaftspflege). Da die Herstellungskosten einer Windenergieanlage maßgeblich von einer technischen Ausstattung (zum Beispiel Generator, Bremse, Kupplung, Welle, Nabe usw.) bestimmt werden, die selbst keiner bauaufsichtlichen Prüfung unterliegt, ist nach Tarifstelle 2.1.3 Absatz 2 Satz 2 bei der Berechnung der Gebühren die Hälfte der Herstellungssumme zugrunde zu legen. Die Tarifstelle 2.3.1 bleibt unberührt.

Die Gebühren für Amtshandlungen nach Tarifstelle 2.4.10.1 ff. Allgemeiner Gebührentarif (Bauüberwachung und Bauzustandsbesichtigung) sind unter Berücksichtigung der vorstehend ermittelten Genehmigungsgebühren (Gebühr nach Tarifstelle 2.4.1.4 Buchst. b)) zu berechnen. Die Gebühren im Sinne der Tarifstelle 2.4.8.1 (Prüfung des Standsicherheitsnachweises) und 2.4.8.4 (Prüfung von Konstruktionszeichnungen) sind nach Tarifstelle 2.1.5.3 zu ermitteln, wobei die Herstellungssumme der Windenergieanlage zugrunde zu legen ist. Bei der Ermittlung der Herstellungssumme bleiben jedoch die Herstellungskosten der Windturbine unberücksichtigt, weil die Windturbine keiner bautechnischen Prüfungen hinsichtlich der Standsicherheit unterliegt (Tarifstelle 2.1.3 Absatz 2 Satz 1). Die Herstellungssumme besteht deshalb vorliegend nur aus den veranschlagten Kosten des Fundaments und des Turms der Windenergieanlage.


8
Tabuzonen, Berücksichtigung von Spezialgesetzen, Behördenbeteiligung
Die nachfolgenden Ausführungen sind bei der Planung (unter Beachtung der Planhierarchie und entsprechend des jeweiligen Maßstabs und Konkretisierungsgrads) und/oder bei der Genehmigung einzelner Anlagen zu beachten.


8.1
Fachrechtliche Tabuzonen in der Planung
Im Rahmen der Festlegung von Vorranggebieten für die Windenergienutzung und der Darstellung von Konzentrationszonen für die Windenergie ist es erforderlich entsprechend der in Kapitel 3 beziehungsweise 4 dargelegten Systematik ein Plankonzept zu erstellen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes vollzieht sich die Planung von Konzentrationszonen abschnittsweise (vergleiche BVerwG, Beschluss vom 15.09.2009 – 4 BN 25.09). In einem ersten Arbeitsschritt sind diejenigen Bereiche als Tabuzonen zu ermitteln, die für die Nutzung der Windenergie nicht zur Verfügung stehen. Dazu zählen sowohl die Tabuzonen selber, die sich aus der Schutzbedürftigkeit bestimmter Bereiche beziehungsweise Gebiete ergeben als auch solche Bereiche, die sich aus Abständen zu diesen Tabuzonen ergeben. Diese fachrechtlichen Tabuzonen können vom Planungsträger im Rahmen der Abwägung nicht überwunden werden und stellen insofern harte Tabuzonen dar (siehe 4.3.3).

Aufgrund des Charakters der Planung als Angebotsplanung ist in der Regel noch nicht der konkrete Anlagenstandort und Anlagentyp bekannt. Dementsprechend ist eine Ermittlung der harten Tabuzonen oft nicht möglich. In diesen Fällen, in denen harte Tabuzonen nicht zuverlässig ermittelbar sind, kann der Planungsträger einen Fehler im Abwägungsvorgang dadurch vermeiden, dass er unterstellt, bei der Fläche handele es sich um eine weiche Tabufläche, und die maßgeblichen Kriterien bei der Abwägung den Belangen der Windenergie vorzieht (siehe 4.3.3).

Je nach fachrechtlichem Belang wird bei der Frage, ob es sich um ein hartes Tabukriterium handelt, zwischen Standort des Turms und dem Fundament sowie der Fläche, die vom Rotor überstrichen wird, differenziert werden müssen. Diese Differenzierung ergibt sich aus den Kapiteln 8.2.2.2, 8.2.2.4, 8.2.3.1, 8.2.3.2, 8.2.3.3, 8.2.3.4, 8.2.10 und 8.2.11. So werden beispielsweise Überschwemmungsgebiete durch das Fundament und den Turm einer Windenergieanlage berührt und nicht durch die ein Überschwemmungsgebiet überstreichenden Rotorblätter. Der Flächennutzungsplan muss insgesamt vollzugsfähig sein. Nicht zwingend an jeder Stelle innerhalb der Konzentrationszone muss jeder Bestandteil einer Windenergieanlage zulässig sein. Wenn es innerhalb einer Konzentrationszone kleinere Bereiche gibt, die als Standort für den Turm nicht in Frage kommen, allerdings als Fläche, die vom Rotor überstrichen werden kann, ist dies vertretbar. Es wird empfohlen, hierauf in der Begründung des Flächennutzungsplans einzugehen.

Wenn auf der Planungsebene des Flächennutzungsplans kleinflächige Tabubereiche für den Standort des Turms und das Fundament sowie für die Fläche, die vom Rotor überstrichen wird, aus maßstabsbedingten Gründen zeichnerisch nicht abbildbar sind, ist es vertretbar, dass diese Flächen - insbesondere bei Insellagen – innerhalb der Darstellung der Konzentrationszonen liegen. Es wird empfohlen, hierauf in der Begründung des Flächennutzungsplanes einzugehen. Der konkrete Standort der Windenergieanlage wird im Rahmen des Genehmigungsverfahrens geprüft und bestimmt.

8.2
Berücksichtigung von Spezialgesetzen und Behördenbeteiligung
8.2.1
Immissionsschutz
Belange des Immissionsschutzrechts kommen bei der Planung von Vorranggebieten und Konzentrationszonen sowie der Genehmigung von Windenergieanlagen zum Tragen. Bei der Planung von Konzentrationszonen empfiehlt es sich, die Abstände zu sensiblen Nutzungen als weiche Tabuzonen zu werten.

Als immissionsschutzrechtlich bedingte harte Tabuzonen könnten allenfalls nur solche Flächen angesehen werden, in denen der Betrieb auch von einzelnen Windenergieanlagen in jedem Fall die Immissionsrichtwerte der TA Lärm nicht einhalten oder gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme verstoßen würde und dies absehbar nicht in nachfolgenden Genehmigungsverfahren überwunden werden könnte (vergleiche OVG NRW, Urteil vom 01.07.2013 – 2 D 16/12.NE, OVG NRW, Urteil vom 05.07.2017 – 7 D 105/14.NE). Da bei der Planung von Konzentrationszonen noch keine Gewissheit über den Anlagentyp, -höhe und die Anlagenanzahl besteht, wird die Ermittlung von harten immissionsschutzrechtlichen Abständen daher regelmäßig nicht möglich sein. Es wird demzufolge empfohlen, bei der Planung von Konzentrationszonen Abstände zu sensiblen Nutzungen - auch in Hinblick auf den vorbeugenden Lärmschutz - als weiche Tabuzonen zu berücksichtigen.

Bei der Festlegung der dem Vorsorgegrundsatz dienenden weichen Tabuzonen kann auf allgemeine Erfahrungswerte zurückgegriffen werden. So können zum Beispiel in der Bauleitplanung zum Schutz der Anwohnerinnen und Anwohner die Belange des Immissionsschutzes unter Berücksichtigung der konkreten Lage von Wohngebieten, Splittersiedlungen beziehungsweise einzelnstehender Gehöfte einbezogen werden.

Bei der Festlegung von Abständen können zukünftige Siedlungsflächen nur berücksichtigt werden, wenn diese Planung sich schon manifestiert hat, zum Beispiel im Rahmen der Regionalplanung.

Bei der Wahl des Abstands zu sensiblen Nutzungen ist im Bauleitplanverfahren einerseits sicherzustellen, dass die Planung vollzugsfähig ist und andererseits der Windenergie substanziell Raum zur Verfügung gestellt wird.

Im Rahmen der Genehmigung von Anlagen ist die Einhaltung der Immissionswerte der TA Lärm durch Gutachten nachzuweisen. Die hierzu notwendigen Abstände können unter anderem in Abhängigkeit von der jeweils beantragen Anlagenart, der Anlagenanzahl und der Schutzwürdigkeit der betroffenen Gebiete (Immissionsrichtwerte nach TA Lärm) variieren. Abstände zwischen Windenergieanlagen und sensiblen Nutzungen ergeben sich aus der Einhaltung der Werte der TA Lärm. So ergibt sich in einer beispielhaften Fallgestaltung ein Abstand von 1.500 m für eine Windfarm bestehend aus 5 Windenergieanlagen der 4 Megawatt-Klasse zu einem reinen Wohngebiet (Immissionsrichtwert nachts: 35 dB(A), schallreduzierte Betriebsweise nachts, Schallimmissionsprognose auf Basis des Interimsverfahrens). Ein derartiger Abstand kann auch bei allgemeinen Wohngebieten erforderlich werden, wenn größere Anlagenfelder und weitere Vorbelastungen vorliegen.


8.2.2
Naturschutz, Landschaftspflege, Wald
8.2.2.1
Naturschutzrechtliche Eingriffsregelung
Windenergieanlagen sind so zu planen und zu errichten, dass vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft unterlassen werden. Wird eine Anlage genehmigt, ist die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung auch hinsichtlich der Kompensationsverpflichtungen (Ausgleich/ Ersatz/ Ersatzzahlungen) zu beachten. Grundsätzlich ist zwischen der Kompensation von Eingriffen in den Naturhaushalt und das Landschaftsbild zu unterscheiden.

Kohärenzsicherungs- und Schadenbegrenzungsmaßnahmen für Natura 2000-Gebiete sowie vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen und Kompensatorische Maßnahmen zum Artenschutz können gleichzeitig der Kompensation gemäß Eingriffsregelung dienen und umgekehrt. In diesem Sinne sind bei der Erarbeitung von Kompensationskonzepten kumulierende Lösungen nach dem Prinzip der Multifunktionalität anzustreben (vergleiche Verwaltungsvorschriften -Habitatschutz, Nummer 4.1.1.2 und 4.1.5.4. und Verwaltungsvorschriften -Artenschutz Nummer 2.2.3 und 2.4.3.2). Sofern eine konkrete Maßnahme die jeweiligen naturschutzfachlichen und rechtlichen Anforderungen des Habitatschutzes beziehungsweise des Artenschutzes erfüllt, kann sie zugleich im Sinne der Multifunktionalität bei der Kompensation der Eingriffe in den Naturhaushalt entsprechend angerechnet werden.

Beim Repowering von Anlagen sind die positiven Effekte durch den Rückbau einer oder mehrerer anderer Anlagen zu berücksichtigen.

Die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung nach den §§ 15 bis 17 Bundesnaturschutzgesetz und den §§ 30 bis 33 Landesnaturschutzgesetz NRW ist im Genehmigungsverfahren für die Windenergieanlagen abzuarbeiten. Die Genehmigung ist mit entsprechenden Nebenbestimmungen zu versehen, die die Kompensation sicherstellen.

Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes durch Windenergieanlagen sind aufgrund der Höhen der Anlagen (> 20m) in der Regel nicht ausgleichbar oder ersetzbar im Sinne des § 15 Absatz 6 Satz 1 Bundesnaturschutzgesetz. Eine landschaftsgerechte Wiederherstellung oder Neugestaltung der Landschaft im Sinne von § 15 Absatz 2 Bundesnaturschutzgesetz, sodass die unvoreingenommene Beobachterin und der unvoreingenommene Beobachter, der die vom Eingriff betroffene Örtlichkeit nicht kennt, diese nach Neugestaltung nicht als Fremdkörper in der Landschaft erkennen kann, ist bei vertikalen Strukturen mit der Höhe moderner Windenergieanlagen nicht möglich. Daher ist, wenn eine solche Anlage zugelassen wird, für diese Beeinträchtigungen ein Ersatz in Geld zu leisten.

Die Höhe der Ersatzzahlung ergibt sich aus der Höhe der Anlage und der Wertstufe des Landschaftsbildes im Umkreis der 15-fachen Anlagenhöhe (Gesamthöhe aus Nabenhöhe und Rotorblattlänge) aus den Beträgen der nachfolgenden Tabelle. Die Wertstufe ist der landesweiten Einstufung der Landschaftsbildeinheiten des LANUV in den Fachbeiträgen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu entnehmen. Sind von einem Vorhaben unterschiedliche Wertstufen betroffen, ist ein gemittelter Betrag in Euro anzusetzen.

Tabelle „Wertstufen“ siehe Anhang.

Ein räumlicher Zusammenhang, im Sinne eines Windparks besteht, wenn Windenergieanlagen nicht weiter als das Zehnfache des Rotordurchmessers voneinander entfernt stehen.

In Fällen, in denen ein Teilausgleich möglich ist und durchgeführt wird, ermäßigt sich eine für die nicht ausgeglichenen Beeinträchtigungen zu leistende Ersatzzahlung entsprechend (vergleiche VGH Kassel, Urteil vom 12.02.1993 – 4 UE 2744/90). Der Rückbau von Windenergieanlagen, im Sinne eines Repowering, in demselben Landschaftsraum stellt eine erhebliche Entlastung des Naturhaushalts und des Landschaftsbildes dar, der als Teilkompensation für die neuen Windenergieanlagen anzurechnen ist (VG Schleswig, Urteil vom 18.08.2009 – 1 A 5/08). Die Entlastung des Naturhaushalts und des Landschaftsbildes durch den Abbau der alten Windenergieanlagen kann aber nicht nach anderen Maßstäben bewertet werden, als der neu erfolgende Eingriff. Zur Berechnung der Höhe des Ersatzgeldes ist dazu der für die rückzubauende Windenergieanlage fiktiv erforderliche Kompensationsumfang nach demselben Verfahren zu berechnen und von der für die Neuanlagen berechneten Kompensation zu subtrahieren.

Gegebenenfalls erforderliche und umzusetzende Kompensationsmaßnahmen für den Eingriff in den Naturhaushalt (§ 15 Bundesnaturschutzgesetz), Kohärenzsicherungsmaßnahmen nach § 34 Bundesnaturschutzgesetz sowie artenschutzrechtliche Kompensations- und Ausgleichsmaßnahmen (§ 44 Bundesnaturschutzgesetz) können in den Fällen auf das ermittelte Ersatzgeld angerechnet werden, in denen die Regelvermutung zur fehlenden Ausgleichbarkeit des Eingriffs ausnahmsweise nicht greift und sie zugleich zur nachhaltigen Gliederung und Anreicherung des Landschaftsbildes beitragen.

Gemäß § 15 Absatz 6 Satz 7 Bundesnaturschutzgesetz ist das Ersatzgeld zweckgebunden für Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu verwenden. Die Maßnahmen sollen möglichst in räumlicher Nähe zum Ort des Eingriffs umgesetzt werden.


8.2.2.2
Naturschutzrechtlich bedeutsame Gebiete (ohne Landschaftsschutzgebiete)
Wegen ihrer besonderen Schutzbedürftigkeit kommen die nachfolgend aufgeführten Bereiche regelmäßig als sogenannte harte Tabuzonen (i. S. BVerwG, Urteil vom 11.04.2013 – 4 CN 2.12; OVG NRW, Urteil vom 01.07.2013 – 2 D 46/12.NE) nicht als Standorte für Windenergieanlagen in Betracht:


a) Nationalparke, nationale Naturmonumente,

b) festgesetzte, ausgewiesene oder einstweilig sichergestellte Naturschutzgebiete,

c) Naturdenkmale,

d) geschützte Landschaftsbestandteile gemäß § 29 Bundesnaturschutzgesetz,

e) gesetzlich geschützte Landschaftsbestandteile gemäß § 39 Landesnaturschutzgesetz NRW,

f) gesetzlich geschützte Biotope gemäß § 30 Bundesnaturschutzgesetz sowie § 42 Landesnaturschutzgesetz NRW,

g) Natura 2000-Gebiete (= FFH-Gebiete und europäische Vogelschutzgebiete), einschließlich von Funktionsräumen, um eine Verriegelung des Gebietes und eine Barrierewirkung bei Flugbewegungen zu vermeiden (OVG NRW, Urteil vom 3.8.2010, 8 A 4062/04).


Bezüglich der genannten Gebiete ergibt sich die Wertung als harte Tabuzone für Anlagenstandorte bereits aus den allgemeinen gesetzlichen Zerstörungs-, Beschädigungs-, Beeinträchtigungs-, Veränderungs- oder
Verschlechterungsverboten.

Gebiete und Objekte der Buchstaben c)- f)
Im Einzelfall ist es jedoch möglich, dass es sich bei den Gebieten unter c) bis f) um kleinflächige Gebiete handelt, deren Schutz zwar eine direkte Flächeninanspruchnahme durch Fundamente, Zuwegungen oder
Kranstellflächen ausschließt, – einer Genehmigung stünde aber nicht entgegen, wenn sich nur der Rotor über ihnen dreht (zum Beispiel eine als geschützter Landschaftsbestandteil geschützte Hecke). Ein Ausschluss dieser kleinflächigen Gebiete ist daher nicht erforderlich, soweit auf Genehmigungsebene sichergestellt werden kann, dass die außerhalb gelegenen Fundament-, Zuwegungs- und Kranflächenstandorte keinen nachteiligen Einfluss auf die jeweiligen Gebiete haben und andere Belange wie beispielsweise der Artenschutz (vergleiche 8.2.2.3) nicht entgegenstehen. Unter diesen Umständen sind auch Pufferzonen um diese Gebiete naturschutzfachlich nicht erforderlich.

Gebiete der Buchstaben a), b) und g)
Die entsprechende Tabuwertung ist einzelfallbezogen durch die jeweils zuständige Naturschutzbehörde zu begründen und im Planverfahren zu dokumentieren. Die gesetzlich und untergesetzlich grundsätzlich
vorgesehenen Ausnahme- und Befreiungsmöglichkeiten (insbesondere § 30 Absatz 3 und 4, § 34 Absatz 3 und § 67 Bundesnaturschutzgesetz) wurden in Nordrhein-Westfalen noch nicht für Windenergie-Projekte in den unter a), b) und g) genannten naturschutzrechtlich bedeutsamen Gebieten genutzt. Ihre Nutzung kommt für Planungsverfahren für Windenergieanlagen in diesen Gebieten auch grundsätzlich nicht in Betracht, da davon ausgegangen werden muss, dass das öffentliche Interesse an einer Energieversorgung aus erneuerbaren Energien innerhalb des Schutzgebietsnetzes nicht überwiegt und dies auch keine unzumutbare Belastung darstellt. Dies ist gleichfalls einzelfallbezogen durch die jeweils zuständige Naturschutzbehörde zu begründen und im Planverfahren zu dokumentieren.

Bei einem Repowering in Natura 2000-Gebieten stellt sich die Lage dagegen anders dar. Zum einen besteht eine Vorbelastung durch die bestehenden Windenergieanlagen. Zum anderen wird dabei in der Regel die Anlagen- und mithin Rotorenzahl reduziert. Zudem wird regelmäßig aufgrund der Anlagengröße eine Vielzahl von Anlagenstandorten räumlich verlagert. Damit sinkt in der Regel auch die Wahrscheinlichkeit von kollisionsbedingten Individuenverlusten windenergieempfindlicher Arten. Vor diesem Hintergrund ist eine Wertung der unter g.) genannten Natura 2000-Gebiete als harte Tabuzone (i. S. BVerwG, Urteil vom 13.12.2012 – 4 CN 2.11 - und Urteil vom 11.04.2013 – 4 CN 2.12; OVG NRW, Urteil vom 01.07.2013 – 2 D 46/12.NE) für Repowering-Anlagen naturschutzfachlich nicht zu rechtfertigen. Den Planungsträgern verbleibt durch die Wertung als weiche Tabuzone für Repowering-Anlagen vielmehr Spielraum für die Ausweisung entsprechender Repowering-Windenergieanlagen-Konzentrationszonen (vergleiche § 249 Absatz 2 Baugesetzbuch).

Ein Repowering von innerhalb der Natura 2000-Gebiete liegenden Altanlagen ist dann möglich, wenn die Einrichtung und der Betrieb nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebietes in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen. Auf Nummer 4.9. wird verwiesen. Für die Zulässigkeit der Errichtung der Repowering-Anlagen ist die Sicherstellung des Rückbaus der Altanlagen nachzuweisen.

Die unterschiedliche Tabuzonen-Wertung bei Neuanlagen und Repowering-Anlagen in Natura 2000-Gebieten beruht auf folgenden naturschutzfachlichen Erwägungen: Nordrhein-Westfalen verfügt mit über hundert Windenergieanlagen in Natura 2000-Gebieten und einer noch größeren Anzahl von unmittelbar an diese Gebiete angrenzenden Anlagen bereits über eine relativ hohe Inanspruchnahme dieser Gebiete durch Windenergieanlagen. Die Auswahl und die Abgrenzung der Natura 2000-Gebiete erfolgte nach vergleichbaren, strengen und restriktiven Kriterien (Brocksieper & Woike, LÖBF-Mitteilungen 2/99). So wurden bei den FFH-Gebieten nur solche mit einem Mindestanteil von FFH-Lebensraumtypen in zusammenhängender Ausprägung abgegrenzt. Ebenso wurden bei den Vogelschutzgebieten nur diejenigen Gebiete ausgewiesen, die eines der fünf wichtigsten Gebiete für die jeweilige Art in NRW darstellen. Dies korreliert mit der sehr hohen Abdeckung der Vogelschutzgebiete (VSG) mit den Schwerpunktvorkommen windenergieempfindlicher und gleichzeitig Wert gebender Vogelarten (siehe Anhang 1 und 3 des Leitfadens „Umsetzung des Arten- und Habitatschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen in Nordrhein-Westfalen“). Angesichts dieser aufgezeigten restriktiven Gebietsausweisung ist damit bei einem Hinzutreten weiterer Windenergieanlagen in jenen Gebieten eine Planungssituation gegeben, in der bei Inanspruchnahme einer neuen Windenergieanlagen-Konzentrationszone für Neuanlagen mit der Verwirklichung von artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen und mithin einer erheblichen Beeinträchtigung von Schutzzweck und Erhaltungszielen zu rechnen ist. Für diese Wertung spricht auch die Rechtsprechung zu Windenergieanlagen-Planungen im Bereich der VSG Hellwegbörde und VSG Unterer Niederrhein (OVG NRW, Urteil vom 11.09.2007 – 8 A 2696/06; OVG NRW, Urteil vom 30.07.2009 – 8 A 2358/08; OVG NRW, Urteil vom 27.07.2010 – 8 A 4062/04). Insofern besteht in Nordrhein-Westfalen eine andere Ausweisungspraxis und Planungssituation als in anderen Bundesländern (vergleiche zum Beispiel Rheinland-Pfalz, OVG Koblenz, Urteil vom 16.05.3013 – 1 C 11003/12). Damit besteht ein tatsächliches Hindernis auf Zulassungsebene und in der Folge ein rechtliches Hindernis für die Ausweisung von Konzentrationszonen für Windenergie-Neuanlagen in Natura 2000-Gebieten.

Abstände zwischen den oben genannten naturschutzrechtlich bedeutsamen Gebieten der Buchstaben a), b) und g) und dem nächstgelegenen Punkt der Rotorflächen (Rotorblattspitze) der Windenergieanlage als Pufferzone sind in Abhängigkeit vom Schutzzweck und den Erhaltungszielen des Gebietes einzelfallbezogen festzulegen.

Pufferzonen sind als harte Tabuzonen zu werten, wenn sie für den Schutzzweck und die jeweiligen Erhaltungsziele eines Gebietes zwingend erforderlich sind. Sofern die Pufferzone nicht zwingend für den Schutzzweck und die jeweiligen Erhaltungsziele eines Gebiets erforderlich ist, sondern Vorsorgecharakter haben, kann der Plangeber sie als weiche Tabuzone werten.

Sofern ein Gebiet der Buchstaben a), b) und g) dem Schutz von windenergieempfindlichen Fledermausarten oder windenergieempfindlichen europäischen Vogelarten dient, sowie bei Europäischen Vogelschutzgebieten ist aus Vorsorgegründen in der Regel eine Pufferzone von 300 m naturschutzfachlich begründet. Die Annahme einer solchen Pufferzone aus Vorsorgegründen durch den Plangeber führt zu ihrer Wertung als sogenannte weiche Tabuzone. Im Einzelfall kann in Abhängigkeit vom Schutzzweck und den Erhaltungszielen des Gebiets ein niedriger oder höherer Abstandswert festgesetzt werden, die wegen ihres grundsätzlichen Vorsorgecharakters gleichfalls als weiche Tabuzone gewertet werden können. Im Regelfall wie im Abweichungsfall ist im Planverfahren darzulegen, dass sich der Abstand aus der besonderen Schutzbedürftigkeit der für das betreffende Gebiet maßgeblichen Arten ergibt.

Hinsichtlich der weiteren konkreten Anforderungen und Pflichten bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen im Bereich von FFH- und Vogelschutzgebieten wird auf die Verwaltungsvorschrift zur Anwendung der nationalen Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 92/43/EWG (FFH-RL) und 2009/147/EG (V-RL) zum Habitatschutz (VV-Habitatschutz) vom Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz (MKULNV) NRW v. 06.06.2016, (Az. III 4 – 616.06.01.18) – sowie den Leitfaden „Umsetzung des Arten- und Habitatschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen in Nordrhein-Westfalen“ des MULNV NRW (Az. III 4 – 616.19.02.05)  in der jeweils gültigen Fassung verwiesen (im LANUV-Fachinformationssystem (FIS) "Geschützte Arten in NRW“ abrufbar unter dem Menüpunkt "Downloads", http://www.naturschutzinformationen-nrw.de/artenschutz/de/downloads).


8.2.2.3
Artenschutz
Die Tötungs- und Störungsverbote besonders beziehungsweise streng geschützter Tierarten sowie die Beschädigungs- und Zerstörungsverbote ihrer Lebensstätten und von Pflanzen und ihrer Standorte sowie mögliche Ausnahmen ergeben sich aus §§ 44 ff Bundesnaturschutzgesetz. Nach § 67 Bundesnaturschutzgesetz kann ferner unter bestimmten Voraussetzungen eine Befreiung erfolgen. Zentrales Instrument zur Abarbeitung des Belangs Artenschutz ist die Artenschutzprüfung (ASP). Die Notwendigkeit zur Durchführung einer ASP im Rahmen von Planungs- und Genehmigungsverfahren ergibt sich aus den unmittelbar geltenden Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes.

Es sind grundsätzlich zwei Fälle zu unterscheiden, in denen das Fachrecht zur Anwendung kommen kann:
a) Planungsverfahren
Eine rechtliche Verpflichtung zur Durchführung einer ASP besteht für den Regionalplan nicht, sondern erst für die nachgelagerten Planungs- und Zulassungsverfahren (vergleiche VV-Artenschutz, Nummer 2.7.2). Bei der Ausweisung von Windenergie-Vorrangzonen auf Ebene der Regionalplanung ist es allerdings sinnvoll, die Artenschutzbelange im Sinne einer überschlägigen Vorabschätzung zu berücksichtigen, soweit sie auf dieser Ebene bereits ersichtlich sind. Auf diese Weise lassen sich regionalplanerische
Festlegungen vermeiden, die in nachgeordneten Verfahren aus Artenschutzgründen nicht umgesetzt werden können.

Bei der Änderung oder Aufstellung eines Flächennutzungsplans für Konzentrationszonen für Windenergieanlagen wird empfohlen eine ASP durchzuführen (vergleiche gemeinsame Handlungsempfehlung "Artenschutz in der Bauleitplanung und bei der baurechtlichen Zulassung von Vorhaben“ vom 22.12.2010, Nummer 3.1). Anderenfalls könnte der Flächennutzungsplan aufgrund eines rechtlichen Hindernisses nicht vollzugsfähig sein (vergleiche BVerwG, Urteil vom 27.06.2013, ‑ 4 C 1.12). Auch liefe die Planung Gefahr, dass der Windenergienutzung nicht substanziell Raum gegeben würde, wenn die Konzentrationszone mit dem Risiko der Realisierung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände behaftet wäre (OVG NRW, Urteil vom 22.09.2015, 10 D 82/13.NE). Flächen, die nach dem Ergebnis der ASP wegen zu erwartender Verstöße gegen die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände unter Einbeziehung von Vermeidungsmaßnahmen inklusive vorgezogener Ausgleichsmaßnahmen sowie des Risikomanagements nicht zur Verfügung stehen, sind daher in der Regel vom Plangeber als harte Tabuzonen einzuordnen.

Artenschutzrechtlich begründete Abstände zu Fortpflanzungs- und Ruhestätten sind gegebenenfalls vom Plangeber als weiche Tabuzonen einzuordnen, wenn sie der Vorsorge dienen sollen.

Wird die ASP erst nach der Anwendung von pauschalen harten und weichen Tabukriterien auf der Ebene der Einzelfallprüfung für die verbleibenden Potenzialflächen durchgeführt, sind die Potenzialflächen, bei denen auch unter Berücksichtigung von Vermeidungs- und Ausgleichsmaßnahmen die Verletzung eines artenschutzrechtlichen Verbotstatbestands feststeht und keine Ausnahme möglich ist, zwingend auszuschließen, da ihrer Nutzung durch die Windenergie ein unüberwindbares Hindernis entgegensteht.

b) Genehmigungsverfahren
Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung von Windenergieanlagen kann entsprechend dem Erlass des MKULNV „Artenschutz im
immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren“ nur erteilt werden, wenn anlagenbezogene artenschutzrechtliche Vorschriften der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen. Die Genehmigung kann Nebenbestimmungen enthalten, die die Einhaltung der artenschutzrechtlichen Vorschriften sicherstellen.

Hinsichtlich der weiteren konkreten Anforderungen und Pflichten bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen wird auf die gemeinsame Handlungsempfehlung "Artenschutz in der Bauleitplanung und bei der baurechtlichen Zulassung von Vorhaben“ des Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr NRW und des MKULNV NRW vom 22.12.2010 und auf den Erlass "Artenschutz im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren“ des MKULNV NRW vom 17.01.2011 in Verbindung mit der Verwaltungsvorschriften-Artenschutz des MKULNV NRW vom 06.06.2016 (Az. III-4-616.06.01.17) sowie den Leitfaden „Umsetzung des Arten- und Habitatschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen in Nordrhein-Westfalen“ des MULNV NRW in der jeweils gültigen Fassung verwiesen.


8.2.2.4
Wald
Der Grundsatz der Walderhaltung wird nicht nur durch die Spezialgesetze des Forstrechts, sondern auch durch das Raumordnungs- und Baurecht gewährleistet. Hierzu wird insbesondere auf § 2 Absatz 2 Nummern 2, 5 und 6 Raumordnungsgesetz sowie auf § 1a Absatz 2 Baugesetzbuch verwiesen. In der Anwendung des forstlichen Fachrechts sind grundsätzlich zwei Fälle zu unterscheiden:


a) Planungsverfahren
Hier wird auf die Ausführungen unter 3.2.4.2 und 4.3.3 verwiesen, die entsprechend gelten. Bezüglich der Beurteilung, ob eine
Waldumwandlungsgenehmigung in Aussicht gestellt werden kann, ist die Forstbehörde frühzeitig in die Planungsverfahren einzubeziehen. Dabei prüft sie im Bauleitplanverfahren, ob die Umwandlung des Waldes in eine andere Nutzungsart grundsätzlich genehmigungsfähig ist (Kriterien siehe 8.2.2.4 b)). Andernfalls ist der Wald als harte Tabuzone zu betrachten.

Grundlage für die Beurteilung in diesem Verfahrensstadium sind Daten des Amtlichen Topographischen - Kartographischen Informationssystems (ATKIS). ATKIS bildet aufgrund der gewählten Maßstäblichkeit Wald erst ab einer Größe von 1 ha und innerhalb von Waldgebieten liegende Laubwald- oder Mischwaldflächen größer 4 ha als gesondert dargestellte Bereiche ab.

Die Forstbehörde ermittelt daher erst ab einer Größe von 1 ha, ob innerhalb einer geplanten Konzentrationszone wertvolle Waldbereiche liegen, für die keine Waldumwandlung in Aussicht gestellt werden kann. Innerhalb von zusammenhängenden Waldgebieten liegende Laubwaldflächen zwischen 1 ha und 4 ha beurteilt die Forstbehörde zusätzlich aufgrund vorliegender aktueller Luftbilder oder durch Daten der Forsteinrichtung. Laubwaldflächen über 4 ha können aufgrund der ATKIS-Daten sowie vorliegender Luftbilder beurteilt werden.

Eine waldbestandsbezogene Einzelfallprüfung wird in der Planungsphase grundsätzlich nicht durchgeführt, dies ist ein Prüfschritt im nachfolgenden Genehmigungsverfahren.

Die forstbehördliche Stellungnahme bezieht sich auf die Waldflächen, die durch direkte Flächeninanspruchnahme für Fundamente des Maststandorts, die Kranstellflächen und die Zuwegungen umgewandelt werden.

Überstreicht lediglich der Rotor Waldflächen, bewirkt dies keine Nutzungsänderung und bedarf daher keiner Waldumwandlungsgenehmigung.

Gemäß § 43 Absatz 1 lit. a) Landesforstgesetz bedarf es keiner forstbehördlichen Umwandlungsgenehmigung bei Waldflächen, für die in einem Bebauungsplan nach § 30 Baugesetzbuch eine anderweitige Nutzung vorgesehen ist. Der Gesetzgeber ist bei dieser Regelung davon ausgegangen, dass die Gemeinde bei der Aufstellung eines Bebauungsplans die Belange des Waldes und der Forstwirtschaft unter Berücksichtigung der Grundsätze des § 1a Absatz 2 Baugesetzbuch gerecht abwägt auf Grundlage der Stellungnahme der Forstbehörde als Träger öffentlicher Belange.


b) Genehmigungsverfahren
Die Errichtung einer Windenergieanlage auf Waldflächen erfordert neben dem Vorliegen der übrigen Zulassungsvoraussetzungen eine forstbehördliche Genehmigung nach § 9 Absatz 1 Bundeswaldgesetz in Verbindung mit § 39 Landesforstgesetz, es sei denn, die anderweitige Nutzung der Waldfläche ist bereits in einem Bebauungsplan nach § 30 Baugesetzbuch vorgesehen.

Im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens nach § 4 Bundes-Immissionsschutzgesetz holt die Genehmigungsbehörde gemäß § 10 Absatz 5 Bundes-Immissionsschutzgesetz die Stellungnahme der Forstbehörde ein. Die Forstbehörde gibt eine Stellungnahme ab und legt dar, ob eine Waldumwandlungsgenehmigung erteilt werden kann.

Dabei berücksichtigt die Forstbehörde unter Beachtung von Ziel 7.3-1 LEP und des Abwägungserfordernisses des § 39 Landesforstgesetz NRW folgende waldfachliche Kriterien:


Eine Waldumwandlungsgenehmigung kann in aller Regel nicht erteilt werden bei

aa) standortgerechten, strukturreichen Laubwäldern hoher Biotopwertigkeit,

bb) Naturwaldzellen,

cc) Prozessschutzflächen,

dd) Saatgutbeständen,

ee) langfristig angelegten forstwissenschaftlichen Versuchsflächen,

ff) historisch bedeutenden Waldflächen.


Sind der Forstbehörde artenschutzrechtliche Bedenken gegen den Standort der Windenergieanlage bekannt, gibt sie in ihrer Stellungnahme einen ergänzenden Hinweis.

In Bezug auf die Beurteilung der Erholungsfunktionen des Waldes sind insbesondere die Kriterien der Waldfunktionenkartierung zu beachten.

Eine Waldumwandlungsgenehmigung kann in aller Regel erteilt werden


aa) in strukturarmen Nadelwaldbeständen sowie

bb) auf Waldflächen, die jeweils aktuell aufgrund von abiotischen oder biotischen Faktoren wie Sturm, Eiswurf oder Eisbruch, Insektenfraß ohne Bestockung sind.

Die forstbehördliche Genehmigung nach § 9 Absatz 1 Bundeswaldgesetz in Verbindung mit § 39 Landesforstgesetz (Waldumwandlungsgenehmigung) ist gemäß § 13 Bundes-Immissionsschutzgesetz insoweit konzentriert, als die Umwandlung von Wald deshalb erforderlich ist, weil auf dem Grundstück, auf dem die Anlage errichtet oder betrieben werden soll, Wald stockt (OVG Lüneburg, Beschluss vom 29.8.2013, ‑ 4 ME 76/13, Juris, Rn. 21) und die Waldfläche daher in eine andere Nutzungsart überführt wird (siehe dazu weitergehende Ausführungen unter Nummer 5.1.1). Konzentriert die immissionsschutzrechtliche Genehmigung die Waldumwandlungsgenehmigung, wird durch Nebenbestimmungen sichergestellt, dass der Verlust der Waldfunktionen im Regelfall durch die im Forstrecht vorgesehenen Ersatzaufforstungen ausgeglichen wird.

Soweit Anlagen im Wald oder bis zu 35 m vom Waldrand verwirklicht werden sollen, hat sich die Betreiberin oder der Betreiber der Windenergieanlage zu verpflichten, im Falle von Schäden an der Anlage durch umfallende Bäume auf einen Ersatzanspruch zu verzichten. Darüber hinaus soll sie oder er die Waldbesitzerin oder den Waldbesitzer von Verkehrssicherungspflichten freistellen, die sich aus der Errichtung oder dem Betrieb im Wald ergeben.


8.2.2.5
Landschaftsschutzgebiete (LSG)
Mit 45,2 Prozent der Landesfläche decken Landschaftsschutzgebiete einen Großteil der Fläche des Landes Nordrhein-Westfalen ab. Die Großflächigkeit dieser Ausweisungen ist unter anderem vor dem Hintergrund der Abwehr der Siedlungsentwicklung in den baulichen Außenbereich und der Zersiedelung der Landschaft zu verstehen. In manchen Gemeinden umfassen Landschaftsschutzgebiete daher fast den gesamten bauplanungsrechtlichen Außenbereich, in dem der Gesetzgeber die Errichtung von Windenergieanlagen privilegiert hat. Deshalb kommt der Vereinbarkeit der Errichtung von Windenergieanlagen mit Landschaftsschutzgebietsausweisungen beziehungsweise -festsetzungen für den Ausbau der Windenergie in Nordrhein-Westfalen besondere Bedeutung zu.


a) Planungsverfahren
Üblicherweise besteht in
Landschaftsschutzgebieten ein Bauverbot. Dieses hat seine Grundlage in § 26 Abs. 2 Bundesnaturschutzgesetz und ergibt sich aus der jeweiligen Landschaftsschutzgebietsverordnung beziehungsweise dem Landschaftsplan. Es dient dazu, den besonderen Charakter des jeweiligen Gebietes zu erhalten.


aa) Konfliktlage
Ausnahme in Landschaftsplan/Schutzgebietsverordnung und naturschutzrechtliche Befreiung nach § 67 Bundesnaturschutzgesetz können formal stets erst für das konkrete Vorhaben im Rahmen des Genehmigungsverfahrens erteilt werden, also nicht bereits für den Flächennutzungsplan. Hat der Satzungs- beziehungsweise Verordnungsgeber keine generelle Freistellung vom Bauverbot (Legalausnahme) für die Errichtung von Windenergieanlagen vorgesehen oder keine Zonierung gemäß § 22 Absatz 1 Satz 3 Bundesnaturschutzgesetz vorgenommen, steht das Bauverbot der Errichtung von Windenergieanlagen und der Ausweisung von Konzentrationszonen zunächst entgegen. Eine positive Standortzuweisung nach § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch setzt voraus, dass sich die Planung als vollzugsfähig erweist und dass ihr auf unabsehbare Zeit keine unüberwindbaren rechtlichen oder tatsächlichen Hindernisse im Wege stehen (BVerwG, Urteil vom 17.12.2002 – 4 C 15/01).


bb) Generelle Konfliktlösung auf Planungsebene
Zu unterscheiden sind zwei Fallgruppen:
Im Fall einer Festsetzung durch Landschaftsplan wird der Träger der Landschaftsplanung im Verfahren zur Aufstellung des Flächennutzungsplans beteiligt. Wenn er dem Entwurf des Flächennutzungsplans nicht widerspricht, tritt das Bauverbot des Landschaftsplans mit Inkrafttreten des Flächennutzungsplans mit der Rechtswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 Baugesetzbuch außer Kraft, vergleiche § 20 Abs. 4 Satz 4 Landesnaturschutzgesetz NRW. Einer vorherigen Anpassung des Landschaftsplans bedarf es nicht. Aus Gründen der Rechtsklarheit wird empfohlen, die über § 20 Abs. 4 Satz 4 Landesnaturschutzgesetz NRW erfolgten Änderungen im Landschaftsplan deklaratorisch darzustellen. Widerspricht der Träger der Landschaftsplanung dem Flächennutzungsplan-Entwurf, gilt das Bauverbot fort. Zur Möglichkeit, dem Flächennutzungsplan zu widersprechen und eine Ausnahme oder Befreiung in Aussicht zu stellen, wird auf cc) verwiesen.

Im Fall einer Ausweisung durch Schutzgebietsverordnung gilt Folgendes: Gem. § 43 Landesnaturschutzgesetz NRW kann die höhere Naturschutzbehörde durch ordnungsbehördliche Verordnung Landschaftsschutzgebiete ausweisen. Insofern ist auch die höhere Naturschutzbehörde als öffentlicher Planungsträger i.S.d. § 7 Baugesetzbuch anzusehen. Widerspricht sie dem Flächennutzungsplan nicht, muss sie das kollidierende Bauverbot an die Konzentrationszonenplanung anpassen, § 7 S. 1 Baugesetzbuch. Der Flächennutzungsplan kann erst nach dieser Anpassung genehmigt werden, eine bloße „Inaussichtstellung“ der Änderung der Verordnung reicht hier nicht aus: Zwar eröffnet § 43 Abs. 1 S. 7 Landesnaturschutzgesetz NRW die Möglichkeit der Genehmigung eines Flächennutzungsplans bei „Inaussichtstellen der Aufhebung der widersprechenden Ge- und Verbote der Schutzgebietsverordnung vor Inkrafttreten des entsprechenden Bebauungsplans“. Diese Bestimmung ist allerdings im Fall einer Konzentrationszonenplanung regelmäßig nicht einschlägig, weil typischerweise im Bereich der Konzentrationszone kein Bebauungsplan aufgestellt wird. Widerspricht die höhere Naturschutzbehörde dem Flächennutzungsplan nach § 7 Baugesetzbuch, gilt das kollidierende Bauverbot in der Schutzgebietsverordnung fort und braucht nicht an den Flächennutzungsplan angepasst zu werden. Zur Möglichkeit, dem Flächennutzungsplan zu widersprechen und eine Ausnahme oder Befreiung in Aussicht zu stellen, wird auf cc) verwiesen.


cc) Bestehen einer Ausnahme- oder Befreiungslage
Zu unterscheiden sind zwei Fallgruppen:


Landschaftsplan
Gilt das Bauverbot im Lanschaftsplan fort, steht es der Darstellung von Konzentrationszonen dann nicht entgegen, wenn die Erteilung einer Ausnahme im Lanschaftsplan oder einer naturschutzrechtlichen Befreiung nach § 67 Abs. 1 Bundesnaturschutzgesetz von den Ge- und Verboten von der zuständigen unteren Naturschutzbehörde in Aussicht gestellt werden kann („Ausnahme-/Befreiungslage“).

Eine Ausnahme-/Befreiungslage kann auch dann bestehen, wenn dem Flächennutzungsplan vom Träger der Landschaftsplanung im Planungsverfahren widersprochen wurde. Der Widerspruch im Rahmen des § 20 Abs. 4 S. 4 Landesnaturschutzgesetz NRW kommt nicht nur bei grundlegenden naturschutzfachlichen Bedenken an einer Konzentrationszonenplanung in Betracht, bei denen in der Folge erst recht auch das Bestehen einer „Ausnahme-/Befreiungslage“ verneint werden muss. Ein Widerspruch kommt auch dann in Betracht, wenn der Träger der Landschaftsplanung zwar keine grundlegenden Bedenken an einer Nutzung des Schutzgebietes durch Windenergieanlagen hat, aber gewährleisten möchte, dass deren Zulassung im Einzelfall per Genehmigungsverfahren kontrolliert wird, etwa weil nicht jeder Anlagentyp unproblematisch ist.


Schutzgebietsverordnung
Gilt das Bauverbot in der durch die höhere Naturschutzbehörde nach § 43 Landesnaturschutzgesetz NRW erlassenen Landschaftsschutzverordnung wegen Widerspruchs der höheren Naturschutzbehörde nach § 7 Baugesetzbuch im Planungsverfahren fort, steht dieses Verbot der Darstellung von Konzentrationszonen dann nicht entgegen, wenn die Erteilung einer in der Schutzgebietsverordnung verankerten Ausnahme oder einer naturschutzrechtlichen Befreiung nach § 67 Abs. 1 Bundesnaturschutzgesetz von den Ge- und Verboten in Aussicht gestellt werden kann („Ausnahme-/Befreiungslage“). Insoweit gilt sinngemäß das oben unter „cc) Landschaftsplan“ Ausgeführte.

Für den Vollzug der Schutzgebietsverordnung im Rahmen späterer immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren – also auch für die (vorbereitende) Entscheidung über Ausnahmen und Befreiungen - ist jedoch gem. § 2 Abs. 4 Landesnaturschutzgesetz NRW die untere Naturschutzbehörde zuständig. Angesichts der Stellung der Bezirksregierung (höhere Naturschutzbehörde) als zu beteiligender Planungsträgerin im Verfahren nach § 7 Baugesetzbuch ist es insofern zielführend, wenn die untere und die höhere Naturschutzbehörde sich darüber abstimmen, ob eine Ausnahme oder eine naturschutzrechtliche Befreiung nach § 67 Abs. 1 Bundesnaturschutzgesetz von den Ge- und Verboten in Aussicht gestellt werden kann.


b) Genehmigungsverfahren
Hat eine Gemeinde Konzentrationszonen ausgewiesen und wurde im Planungsverfahren eine Ausnahme-/Befreiungslage bejaht,  s.o. unter a) cc) - oder hat die Gemeinde keine Konzentrationszonen für die Windenergie ausgewiesen, ist über die Vereinbarkeit von Landschaftsschutz und Windenergienutzung im Genehmigungsverfahren zu entscheiden.

Die Errichtung von Windenergieanlagen in Landschaftsschutzgebieten ist möglich, wenn die Befreiungsvoraussetzungen des § 67 Bundesnaturschutzgesetz gegeben sind.

In der Fallgruppe des § 67 Abs. 1 Nr. 1 Bundesnaturschutzgesetz ist dazu unter anderem eine Abwägung des öffentlichen Interesses an den betroffenen Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege und Artenschutz mit dem öffentlichen Interesse an der Nutzung von Windenergieanlagen vorzunehmen. Ob dieses öffentliche Interesse überwiegt, hängt von der Schutzwürdigkeit der Landschaft am konkreten Standort, insbesondere dem Grad der Beeinträchtigung durch die Windenergieanlagen ab (VGH Baden-Württemberg, Urt. vom 13.10.2005, Az. 3 S 2521/04; OVG Münster, B. v. 27.10.2017 – 8 A 2351/14).

Über den allgemeinen Landschaftsschutz hinaus lässt sich insbesondere für die folgenden Bereiche ein überwiegendes Interesse des Naturschutzes und der Landschaftspflege begründen:

aa) Teilbereiche von Landschaftsschutzgebieten, die überlagernd als Natura 2000-Gebiet ausgewiesen sind (soweit nicht Repowering-Anlagen, vergleiche 8.2.2.2);
bb) Teilbereiche von Landschaftsschutzgebieten, denen in der Landschaftsschutzverordnung oder dem Landschaftsplan explizit eine Funktion als Pufferzone zu Naturschutzgebieten oder Natura 2000-Gebieten zugewiesen ist;
cc) Teilbereiche von Landschaftsschutzgebieten, die in den Fachbeiträgen des Naturschutzes und der Landschaftspflege des LANUV mit „herausragender Bedeutung“ für das Landschaftsbild (LBE 1) beziehungsweise mit „herausragender Bedeutung“ für den Biotopverbund (VB 1) dargestellt sind.

8.2.2.6
Freihaltung von Gewässern und Uferzonen
Im Außenbereich dürfen gemäß § 61 Absatz 1, 2 Bundesnaturschutzgesetz an Bundeswasserstraßen und Gewässern erster Ordnung sowie an stehenden Gewässern mit einer Größe von mehr als 1 ha im Abstand bis 50 m von der Uferlinie keine baulichen Anlagen errichtet oder wesentlich geändert werden, wobei die Entfernung grundsätzlich vom Mastfuß aus zu messen ist. Bei hinreichenden Anhaltspunkten für eine Gefährdung von Tierarten ist in Abhängigkeit vom Einzelfall der Abstand bis zur Rotorblattspitze auszuweiten.

Von diesem grundsätzlichen Bauverbot gibt es folgende Ausnahmen:

a) Das Bauverbot besteht nicht für Vorhaben, die den Festsetzungen eines Bebauungsplanes entsprechen, der mit Zustimmung der unteren Naturschutzbehörde zustande gekommen ist (§ 61 Bundesnaturschutzgesetz, § 57 Absatz 2 Nummer 4 LG).
b) Das Bauverbot gilt ferner nicht in den Fällen des § 61 Absatz 2 Bundesnaturschutzgesetz und in den darüber hinaus gehenden Fällen des § 57 Absatz 2 LG.

Von dem Verbot kann die höhere Naturschutzbehörde im Einzelfall auf Antrag eine Ausnahme zulassen (§ 61 Absatz 3 Bundesnaturschutzgesetz, § 57 Absatz 3 LG).

8.2.3
Wasserwirtschaft
8.2.3.1
Bauverbote an Gewässern
Bei den folgenden Vorgaben für Anlagen und damit Windenergieanlagen kommt es bei der Windenergieanlage auf das Fundament und den Turm an und nicht auf die Rotorblätter.

Es sind grundsätzlich zwei Fälle zu unterscheiden, in denen das Fachrecht zur Anwendung kommen kann:

a) Planungsverfahren
Bei der Bauleitplanung ist mit der zuständigen Wasserbehörde und dem Unterhaltungspflichtigen für das Gewässer abzustimmen, welche wasserwirtschaftlichen Erfordernisse im konkreten Fall vorliegen. Diese sind bei der Abwägung einzustellen. Im Grundsatz ist ein Abstand von mindestens 3 m zum Gewässer einzuhalten.

b) Genehmigungsverfahren
Anlagen in, an, über und unter Gewässern nach § 36 Wasserhaushaltsgesetz vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 18. Juli 2017 (BGBl. I S. 2771)  stehen nach § 22 Landeswassergesetz vom 25. Juni 1995 (GV. NRW. S. 926), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 8. Juli 2016 (GV. NRW. S. 559) unter einem Zulassungsvorbehalt; die Zulassung darf nur erteilt werden, wenn keine schädlichen Gewässerveränderungen gemäß § 3 Nummer 10 Wasserhaushaltsgesetz zu erwarten sind und die
Gewässerunterhaltung nicht mehr erschwert wird, als den Umständen nach unvermeidbar ist. Dabei ist zu beachten, dass die Anlage mit den Bewirtschaftungszielen für das Gewässer vereinbar sein muss (§ 22 Landeswassergesetz in Verbindung mit §§ 36, 3 Nummer 10 und den §§ 27 ff. Wasserhaushaltsgesetz).

An fließenden Gewässern zweiter Ordnung und an sonstigen fließenden Gewässern darf nach § 97 Absatz 4 LWG zum Schutz der Gewässerunterhaltung eine Windenergieanlage innerhalb von 3 m von der Böschungsoberkante nur zugelassen werden, wenn ein Bebauungsplan dies vorsieht oder öffentliche Belange nicht entgegenstehen.

8.2.3.2
Wasserschutzgebiete und Heilquellenschutzgebiete
Bei den folgenden Vorgaben für Windenergieanlagen kommt es bei der Windenergieanlage auf das Fundament und die Gondel an und nicht auf die Rotorblätter. Die Vorgaben für Wasserschutzgebiete (WSG) sind in den §§ 51, 52 Wasserhaushaltsgesetz, den §§ 35 LWG in Verbindung mit der jeweiligen Wasserschutzgebietsverordnung oder Anordnung nach § 52 Absatz 2 Wasserhaushaltsgesetz enthalten. Sie gelten für festgesetzte und für vorläufig gesicherte Wasserschutzgebiete. Bei sich in der Festsetzung befindlichen Wasserschutzgebietsverfahren, die nicht vorläufig gesichert sind, bei denen aber die Wasserversorgung bereits besteht oder absehbar ist, sind diese Vorgaben zwar nicht nach den oben genannten gesetzlichen Regelungen unmittelbar zu beachten. Die diesen Vorschriften zugrundeliegenden wasserwirtschaftlichen Überlegungen zum Schutz der Wasserversorgung gelten aber unabhängig davon und sind von der Wasserbehörde in das Planungsverfahren einzubringen und von der Planungsbehörde in ihre Erwägungen einzustellen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass in Einzelfällen die Ausweisung des Schutzgebiets nicht mehr möglich sein dürfte (siehe zum Beispiel VG Düsseldorf, Urteil vom 29.7.2004, ‑ 4 K 2972/01). Die zuständige Wasserbehörde hat in diesen Fällen zu prüfen, ob sie nach § 52 Absatz 2 Wasserhaushaltsgesetz vorgeht und vorläufige Anordnungen zum Schutz der Wasserversorgung trifft. Bei Wasserversorgungsanlagen, für die keine Schutzgebiete ausgewiesen sind (zum Beispiel Kleinanlagen zur Eigenversorgung) ist zu prüfen, ob ein ausreichend großer Abstand einzuhalten ist, um Quantität und Qualität der Wassergewinnung nicht negativ zu beeinflussen.

Wasserschutzgebiete werden, unabhängig ob es sich um eine Trinkwasserversorgung aus Grundwasser oder Oberflächengewässern handelt, auf dieser Grundlage in der sie begründenden Verordnung in der Regel in drei Wasserschutzzonen (WSZ) eingeteilt:

Die WSZ I ist die Zone unmittelbar um die Fassungsanlage. Sie hat den Schutz der Wassergewinnungsanlage und ihrer unmittelbaren Umgebung vor jeglichen Verunreinigungen und Beeinträchtigungen zu gewährleisten. Daher sind jegliche Baumaßnahmen abgesehen von den Anlagen zur Wasserfassung und -gewinnung sowie das Betreten (außer im Zusammenhang mit dem Betrieb der Wassergewinnung) verboten.
Die WSZ II hat den Schutz vor Verunreinigungen durch den Eintrag von pathogenen Keimen und abbaubaren Stoffen (sowie erst recht von persistenten Stoffen) sicherzustellen. Dementsprechend wird sie bemessen und durch Verbote und Maßnahmen geschützt. Bei den Verboten ist maßgeblich, dass der Fließweg innerhalb dieser Zone bis zum Erreichen des Brunnens für einen Rückhalt/Abbau der Kontamination durch diese Stoffe nicht ausreichend ist und daher jede Besorgnis, dass diese Stoffe eingetragen werden, ausgeschlossen werden muss. Dementsprechend stellt nach den Richtlinien des Deutschen Vereines des Fas- und Wasserfaches e.V. (Arbeitsblätter W101, W102) bereits die Errichtung gewerblicher Anlagen allgemeiner Art in WSZ II in der Regel ein hohes und in der Regel nicht tolerierbares Gefährdungspotenzial für das Trinkwasser dar und wird daher in WSZ II vieler Schutzgebietsverordnungen allgemein verboten.
Die WSZ III bietet Schutz vor schwer abbaubaren Verunreinigungen im großräumigen Umfeld der Wassergewinnungsanlage und soll in etwa das unterirdische Einzugsgebiet der Gewinnungsanlage erfassen. Zu baulichen Anlagen regeln die Verordnungen in der Regel in der WSZ III Genehmigungspflichten. In der Genehmigung sind mögliche Gefährdungen der Wassergewinnung während Errichtung, Betrieb oder Rückbau einer WEA durch geeignete Nebenbestimmungen zu minimieren.

Bei Windenergieanlagen stellt vor allem das Fundament einen dauerhaften Eingriff in die Schutzfunktion der Deckschichten dar (Bodenverdichtung, präferentielle Fließwege, Versiegelung). Die Grundwasserneubildung, das heißt die Menge und Qualität des Sickerwassers und die Fließwege können abhängig von der Art und Größe des Fundaments dauerhaft beeinflusst werden.

Auch die Errichtung, der Betrieb und der Rückbau haben Auswirkungen. So kann es beim Einbau zu direkten Stoffeinträgen von wassergefährdenden Stoffen aus der Baustelle selbst, sowie zu Trübung und erhöhtem Eintragsrisiko für Keim- und Schadstoffbelastungen infolge der Baugrubenöffnung und -verfüllung kommen. Außerdem wird der Boden durch Wege und die schweren Baufahrzeuge verdichtet und seine Schutzfunktion beschädigt.

Beim Betrieb der Anlage kann es zur dauerhaften Auslaugung und Freisetzung von Stoffen aus den ober- und unterirdischen Anlagenteilen (Maschinenöle, Hydraulikflüssigkeiten, Biozide, Korrosionsschutzmittel; Beschichtungsmittel) kommen.

Es sind grundsätzlich zwei Fälle zu unterscheiden, in denen das Fachrecht zur Anwendung kommen kann:

a) Planungsverfahren
Die Flächen in den WSZ I und II sind im Sinne der baurechtlichen Rechtsprechung schlechthin ungeeignet für Windenergieanlagen. Die Kommune beteiligt bei der Aufstellung der Bauleitpläne die Untere Wasserbehörde und erfragt, ob diese in dem konkreten WSG in Anbetracht der konkreten Verhältnisse entgegen der Vermutung in der Verordnung (Verbot) relevante Befreiungsmöglichkeiten sieht. Hier sind neben den konkreten Regelungen in der Schutzgebietsverordnung § 52 Absatz 1 Satz 2, 3 Wasserhaushaltsgesetz einschlägig. Überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit liegen nicht allein deshalb vor, weil eine Windenergieanlage regenerativen Strom erzeugt. Bei der Prüfung, ob eine Befreiung erteilt werden kann, sind wegen der überragenden Bedeutung des Grundwassers zur Sicherstellung der öffentlichen Trinkwasserversorgung strenge Maßstäbe anzulegen.

Im Regelfall wird eine Befreiung nur möglich sein, wenn der Schutzzweck der Verordnung nicht gefährdet ist. Erforderlich ist hierfür stets, dass bei dem beabsichtigten Standort die (hydro-)geologischen Verhältnisse im Einzelfall gegenüber den für die Abgrenzung und Festsetzung allgemein festgestellten (hydro-)geologischen Verhältnissen so abweichen, dass die Schutz- und Reinigungsfunktion der Deckschichten und wasserführenden Schichten trotz der Durchführung der Baumaßnahme gewahrt bleibt. Eine solche Befreiung könnte gegebenenfalls in Einzelfällen in Betracht kommen, wenn an geplanten Standorten von Anlagen innerhalb der WSZ II günstigere (hydro-) geologische Verhältnisse vorliegen, die zu einer geringeren Gefährdung der Wassergewinnung führen oder bei atypischen Anlagen. Diese Voraussetzungen werden nur äußerst selten vorliegen. Bei der in Aussichtstellung einer Befreiung hat die zuständige Wasserbehörde zu prüfen, wie die Wasserversorgung weiterhin sichergestellt wird. Im Grundsatz muss die Einzelfallprüfung vorweggenommen werden.

Sofern bei Heilquellenschutzgebieten qualitative Schutzzonen festgesetzt worden sind, gilt in diesen das gleiche wie für die WSZ I bis III der Wasserschutzgebiete. Sofern quantitative Schutzzonen festgesetzt worden sind, sind in der Regel in der Schutzzone A (Innere Zone) Eingriffe in den Untergrund von mehr als 5 m Tiefe zumindest der Genehmigungspflicht unterworfen. Die Heilquellen-Schutzzonen des qualitativen und quantitativen Schutzes können sich teilweise oder ganz überlagern.

b) Genehmigungsverfahren
Jede WSG-Verordnung enthält eine Regelung zur Befreiung von den Verboten in den WSZen I und II, die in § 52 Absatz 1 Sätze 2, 3 Wasserhaushaltsgesetz vorgegeben ist. Im Regelfall ist jedoch davon auszugehen, dass eine solche Befreiung nicht erteilt werden kann.

8.2.3.3
Überschwemmungsgebiete
Bei den folgenden Vorgaben für Anlagen und damit Windenergieanlagen kommt es bei der Windenergieanlage auf das Fundament und den Turm an und nicht auf die Rotorblätter. Es sind grundsätzlich zwei Fälle zu unterscheiden, in denen das Fachrecht zur Anwendung kommen kann:

a) Planungsverfahren
Da es sich bei einer im Flächennutzungsplan dargestellten
Konzentrationszone nicht um eine Baugebiet handelt, ist § 78 Absatz 1 Nummer 1 Wasserhaushaltsgesetz nicht einschlägig, wonach in nach § 76 Absatz 2 Wasserhaushaltsgesetz festgesetzten oder nach § 76 Absatz 3 Wasserhaushaltsgesetz gesicherten Überschwemmungsgebieten (ÜSG) eine Ausweisung von neuen Baugebieten im Außenbereich verboten ist.

Bei der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bauleitplänen in festgesetzten oder vorläufig gesicherten ÜSG hat die Gemeinde für die Gebiete, die nach § 30 Absatz 1 und 2 oder § 34 des Baugesetzbuchs zu beurteilen sind, gemäß § 78 Absatz 3 Wasserhaushaltsgesetz insbesondere zu berücksichtigen:

aa) die Vermeidung nachteiliger Auswirkungen auf Ober- und Unterlieger,
bb) die Vermeidung einer Beeinträchtigung des bestehenden Hochwasserschutzes und
cc) die hochwasserangepasste Errichtung von Bauvorhaben.

Die Anforderungen an die Zulassung einzelner Windenergieanlagen führen nur in Einzelfällen dazu, dass eine Genehmigung nicht erteilt werden kann (siehe unten b)), so zum Beispiel in Abflussbereichen des ÜSG in der Nähe von Bebauung.

b) Genehmigungsverfahren
In nach § 76 Absatz 2 Wasserhaushaltsgesetz festgesetzten oder nach § 76 Absatz 3 Wasserhaushaltsgesetz gesicherten ÜSG ist unabhängig von baurechtlichen Voraussetzungen nach § 78 Absatz 4 Satz 1 und Absatz 8 Wasserhaushaltsgesetz die Errichtung von baulichen Anlagen verboten. Eine Genehmigung kann nach § 78 Absatz 5 Wasserhaushaltsgesetz erteilt werden, wenn im Einzelfall das Vorhaben

aa) die Hochwasserrückhaltung nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt und der Verlust von verloren gehendem Rückhalteraum zeitgleich ausgeglichen wird;
bb) den Wasserstand und den Abfluss bei Hochwasser nicht nachteilig verändert;
cc) den bestehenden Hochwasserschutz nicht beeinträchtigt und
dd) hochwasserangepasst ausgeführt wird;

oder wenn die nachteiligen Auswirkungen durch Nebenbestimmungen ausgeglichen werden können. Bei der Prüfung sind auch die Auswirkungen auf die Nachbarschaft zu berücksichtigen. Die Voraussetzungen für eine Genehmigung werden nur in Ausnahmefällen nicht vorliegen.

8.2.3.4
Hochwasserschutzanlagen
Bei den folgenden Vorgaben für Anlagen und damit Windenergieanlagen kommt es bei der Windenergieanlage auf das Fundament und den Turm an und nicht auf die Rotorblätter.

Hochwasserschutzanlagen wie Deiche sind durch die Regelungen des § 82 Landeswassergesetz und insbesondere am Rhein durch Verordnungen nach §§ 82 Absatz 3 geschützt, die weitergehende Anforderungen enthalten können. Nach § 82 Absatz 1 Nummer 1 Landeswassergesetz ist es auf dem Deich und in einer Schutzzone von beidseitig 4 m vom Deichfuß unter anderem verboten, die Erdoberfläche zu vertiefen und Anlagen zu errichten. Bei anderen Hochwasserschutzanlagen ist insoweit eine Genehmigungspflicht geregelt (§ 82 Absatz 1 Satz 3, 4 Landeswassergesetz). Im Übrigen sind die jeweiligen Deichschutzverordnungen zu beachten.

8.2.4
Denkmalschutz
Die denkmalrechtliche Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit von Windenergieanlagen erfolgt auf der Grundlage des Denkmalschutzgesetzes vom 11. März 1980 (GV. NRW. S. 226), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 15. November 2016 (GV. NRW. S. 934) geändert wurde. Nach § 9 Absatz 1 Denkmalschutzgesetz ist die Errichtung von Windenergieanlagen auf einem Bodendenkmal, in einem Denkmalbereich und, wenn hierdurch das Erscheinungsbild des Denkmals beeinträchtigt wird, in der engeren Umgebung von Baudenkmälern und ortsfesten Bodendenkmälern erlaubnispflichtig. Ob ein Bauvorhaben sich „in der engeren Umgebung“ eines Baudenkmals oder eines ortsfesten Bodendenkmals befindet und ob durch das Bauvorhaben das Erscheinungsbild des Denkmals beeinträchtigt wird, hängt unter anderem ab von Art, Standort und Bedeutung des Denkmals einerseits und des geplanten Vorhabens andererseits. Die Erlaubnis der Unteren Denkmalbehörde ergeht im Benehmen mit dem Amt für Denkmalpflege oder Bodendenkmalpflege beim Landschaftsverband (§ 21 Denkmalschutzgesetz; vergleiche Sonderregelung für das Stadtgebiet Köln gemäß § 22 Absatz 5 Denkmalschutzgesetz).

Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn Gründe des Denkmalschutzes nicht entgegenstehen oder ein überwiegendes öffentliches Interesse die Maßnahme verlangt (§ 9 Absatz 2 Denkmalschutzgesetz). Gründe des Denkmalschutzes stehen einem Vorhaben entgegen, wenn es Belange des Denkmalschutzes mehr als geringfügig beeinträchtigt. Ob und inwiefern Gründe des Denkmalschutzes der Errichtung von Windenergieanlagen entgegenstehen, ist stets aus den Besonderheiten des zur Entscheidung anstehenden konkreten Falles abzuleiten (OVG NRW, Urteil vom 27.06.2000 ‑ 8 A 4631/97, vergleiche auch OVG NRW, Beschluss vom 12.02.2013 - 8 A 96/12). Zu möglichen Merkmalen und Kriterien der Prüfung wird auf BayVGH, Urteil vom 18.07.2013 – 22 B 12.1741- verwiesen. Maßgeblich bei der Beurteilung ist dabei die Perspektive eines fachkundigen Betrachters, der mit dem jeweiligen Denkmal oder Denkmalbereich und deren charakteristischen Merkmalen vertraut ist. Voraussetzung für die Erteilung einer Erlaubnis nach § 9 Absatz 2 lit. b Denkmalschutzgesetz ist, dass für die Durchführung der Maßnahme öffentliche Interessen sprechen, die gewichtiger sind als die Belange des Denkmalschutzes (OVG NRW, Urteil vom 18.05.1984 ‑ 11 A 1776/83). Weiterhin muss geprüft werden, ob zur Verwirklichung dieser öffentlichen Interessen keine weniger denkmalbeeinträchtigenden Alternativen möglich sind (Alternativenprüfung).

Es sind grundsätzlich zwei Fälle zu unterscheiden, in denen das Fachrecht zur Anwendung kommen kann:
a) Planungsverfahren
Die Gemeinde beabsichtigt in ihrem Flächennutzungsplan
Konzentrationszonen mit der Wirkung des § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch darzustellen. Die Voraussetzungen von § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch liegen nur vor, wenn die Gemeinde auf der Grundlage einer Untersuchung des gesamten Plangebietes ein schlüssiges Plankonzept für die Ausweisung von Konzentrationszonen erarbeitet hat. Hierzu müssen alle abwägungserheblichen Belange vollständig ermittelt und gerecht gegeneinander und untereinander gemäß § 1 Absatz 7 Baugesetzbuch abgewogen werden (siehe Nummer 4.3.1). Zu diesen Belangen zählen auch gemäß § 1 Absatz 6 Nummer 5 Baugesetzbuch die Belange des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, wie sie insbesondere als „bedeutsame Kulturlandschaftsbereiche“, „bedeutsame Orte“ und „Sichtbeziehungen“ mit ihren Elementen und Strukturen in den kulturlandschaftlichen Fachbeiträgen zu den Regionalplänen ausgewiesen sind. Gemäß § 1 Absatz 3 Denkmalschutzgesetz NRW sind bei öffentlichen Planungen und Maßnahmen die Belange des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege angemessen zu berücksichtigen. Die für den Denkmalschutz und die Denkmalpflege zuständigen Behörden (dazu gehören als Träger öffentlicher Belange auch die Ämter für Denkmalpflege und Bodendenkmalpflege bei den Landschaftsverbänden und der Stadt Köln) sind frühzeitig einzuschalten. Aus der Stellungnahme gegenüber dem Planungsträger soll sich ergeben, ob Belange des Denkmalschutzes der Planung entgegenstehen und ob dies voraussichtlich zur Versagung von Erlaubnissen für Windenergieanlagen in der geplanten Konzentrationszone führen wird. Die Aussagen sollen bezogen auf Teilflächen, bestimmte Anlagenstandorte oder Anlagenhöhen differenziert werden. Eine Vorgehensweise für die sachgerechte Ermittlung der Belange des Denkmalschutzes ist in der Handreichung "Kulturgüter in der Planung", UVP-Gesellschaft e.V. (Hrsg.), Hamm 2008, dargestellt.

b) Genehmigungsverfahren
Wenn eine denkmalrechtliche Erlaubnis gemäß § 9 Absatz 3 Satz 2 Denkmalschutzgesetz in der Genehmigung nach Bundes-Immissionsschutzgesetz oder der Landesbauordnung konzentriert wird, haben die für die Genehmigung zuständigen Behörden die Belange des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege entsprechend dem Denkmalschutzgesetz in angemessener Weise zu berücksichtigen (§ 9 Absatz 3 Satz 1 Denkmalschutzgesetz). Der Denkmalschutz hat den gleichen Stellenwert und die gleiche Bedeutung wie bei einem gesonderten denkmalschutzrechtlichen Verfahren (OVG NRW, Urteil vom 18.05.1984 - 11 A 1776/83 -).

Im Rahmen der Genehmigung sind die Tatbestandsvoraussetzungen für die Erteilung einer denkmalrechtlichen Erlaubnis einzelfallbezogen nach den Maßstäben des § 9 Absatz 2 Denkmalschutzgesetz zu prüfen. Neben dem denkmalrechtlichen Umgebungsschutz (§ 9 Absatz 1b Denkmalschutzgesetz) stellt dabei das denkmalrechtliche Nutzungsgebot (§§ 1 Absatz 1 Satz 1, 8 Absatz 1 Denkmalschutzgesetz) einen für die nachvollziehende Abwägung relevanten denkmalrechtlichen Belang dar (vergleiche VG Gelsenkirchen, Urteil vom 03.11.1999 - 10 K 1131/97).

8.2.5
Straßenrecht
Gemäß § 9 Absatz 1 Bundesfernstraßengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. Juni 2007 (BGBl. I S. 1206), zuletzt geändert durch Artikel 17 des Gesetzes vom 14. August 2017 (BGBl. I S. 3122) dürfen längs der Bundesfernstraßen nicht errichtet werden (Anbauverbote)

a) Hochbauten jeder Art in einer Entfernung bis zu 40 m bei Bundesautobahnen und bis zu 20 m bei Bundesstraßen außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten, jeweils gemessen vom äußeren Rand der befestigten Fahrbahn,

b) bauliche Anlagen, die außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten über Zufahrten oder Zugänge an Bundesstraßen unmittelbar oder mittelbar angeschlossen werden sollen.

Im Übrigen bedürfen Baugenehmigungen oder nach anderen Vorschriften notwendige Genehmigungen gemäß § 9 Absatz 2 Bundesfernstraßengesetz der Zustimmung der obersten Landesstraßenbaubehörde (Anbaubeschränkung), wenn

a) bauliche Anlagen längs der Bundesautobahnen in einer Entfernung bis zu 100 m und längs der Bundesstraßen außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten bis zu 40 m, gemessen vom äußeren Rand der befestigten Fahrbahn, errichtet, erheblich geändert oder anders genutzt werden sollen,

b) bauliche Anlagen auf Grundstücken, die außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten über Zufahrten oder Zugänge an Bundesstraßen unmittelbar oder mittelbar angeschlossen sind, erheblich geändert oder anders genutzt werden sollen.

Diese Zustimmung darf nur versagt oder mit Bedingungen und Auflagen erteilt werden, soweit dies wegen der Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs, der Ausbauabsichten oder der Straßenbaugestaltung nötig ist.

Gemäß § 25 Absatz 1 Straßen- und Wegegesetz des Landes Nordrhein-Westfalen bedürfen außerhalb der Ortsdurchfahrten Baugenehmigungen oder nach anderen Vorschriften notwendige Genehmigungen der Zustimmung der Straßenbaubehörde, wenn bauliche Anlagen jeder Art

a) längs der Landesstraßen und Kreisstraßen in einer Entfernung bis zu 40 m, gemessen vom äußeren Rand der für den Kraftfahrzeugverkehr bestimmten Fahrbahn, errichtet, erheblich geändert oder anders genutzt werden sollen;

b) über Zufahrten oder Zugänge an Landesstraßen und Kreisstraßen unmittelbar oder mittelbar angeschlossen oder bei bereits bestehendem Anschluss erheblich geändert oder anders genutzt werden sollen.

Diese Zustimmung darf nur versagt oder mit Bedingungen und Auflagen erteilt werden, wenn eine konkrete Beeinträchtigung der Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs zu erwarten ist oder Ausbauabsichten sowie Straßenbaugestaltung dies erfordern.

Die Entfernungen sind nicht vom Mastfuß einer Windenergieanlage, sondern von der Rotorspitze zum äußeren Rand der befestigten Fahrbahn zu messen.

Innerhalb der Anbauverbotszone zu Bundesfernstraßen können keine Windenergieanlagen errichtet werden, während in der Anbaubeschränkungszone nach § 9 Absatz 2 Bundesfernstraßengesetz oder § 25 Straßen- und Wegegesetz NRW mit Zustimmung der zuständigen Straßenbaubehörde eine Anlagenerrichtung möglich ist. Für die Versagung der Zustimmung nach § 9 Absatz 3 Bundesfernstraßengesetz muss nicht die unbedingte Gewissheit bestehen, dass das Vorhaben den Verkehrsablauf auf der Bundesfernstraße beeinträchtigt oder gefährdet; es reicht die erkennbare Möglichkeit (vergleiche BVerwG, Urteil vom 28.5.1963 – I C 247.58). Für eine Versagung der Zustimmung nach § 25 Absatz 2 Straßen- und Wegegesetz NRW reicht hingegen nicht die erkennbare Möglichkeit einer Beeinträchtigung des Verkehrsablaufs, sondern es muss eine Prüfung aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls erfolgen (vergleiche OVG NRW, Urteil vom 23.6.1994 – 23 A 4027/92).

Es sind grundsätzlich zwei Fälle zu unterscheiden, in denen das Fachrecht zur Anwendung kommen kann:

a) Planungsverfahren
Die Gemeinde beabsichtigt in ihrem Flächennutzungsplan Konzentrationszonen mit der Wirkung des § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch darzustellen. Die Voraussetzungen von § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch liegen nur vor, wenn die Gemeinde auf der Grundlage einer Untersuchung des gesamten Plangebietes ein schlüssiges Plankonzept für die Ausweisung von Konzentrationszonen erarbeitet hat. Hierzu müssen alle abwägungserheblichen Belange vollständig ermittelt und gerecht gegeneinander und untereinander gemäß § 1 Absatz 7 Baugesetzbuch abgewogen werden (siehe Nummer 4.3.1). Zu diesen Belangen zählen auch die verkehrlichen Belange gemäß § 1 Absatz 6 Nummer 9 Baugesetzbuch. Hierbei ist die Anbauverbotszone gemäß § 9 Bundesfernstraßengesetz als hartes Tabukriterium zu werten, da dort die Errichtung einer Windenergieanlage grundsätzlich nicht möglich ist. Ob die Errichtung einer Windenergieanlage innerhalb der nach § 9 Bundesfernstraßengesetz oder § 25 Straßen- und Wegegesetz NRW beschränkten Bereiche zulässig ist, ist im Aufstellungsverfahren zu prüfen. Hierzu beteiligt die Gemeinde die zuständige Straßenbaubehörde. Aus dem Ergebnis der Prüfung ergibt sich, ob die Beschränkungszone als hartes Tabukriterium zu werten ist. Dies ist dann der Fall, wenn an Bundesfernstraßen die erkennbare Möglichkeit einer Beeinträchtigung beziehungsweise an Landesstraßen und Kreisstraßen eine konkrete Beeinträchtigung der Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs zu erwarten ist oder Ausbauabsichten sowie Straßenbaugestaltung dies erfordern.

Stellt die zuständige Straßenbaubehörde eine Genehmigung für die Errichtung von Windenergieanlagen im Bereich der Anbaubeschränkung in Aussicht, stellt die Beschränkungszone kein hartes Tabukriterium dar.

b) Genehmigungsverfahren
Für die Anwendung des Straßenrechts im Genehmigungsverfahren sind grundsätzlich zwei Fallkonstellationen zu unterscheiden.

Gemeinden ohne Konzentrationszonen: In diesem Fall sind die Belange des Straßenrechts im Rahmen der Genehmigung einzelfallbezogen zu prüfen. Innerhalb der Anbauverbots- und der Anbaubeschränkungszone von Bundesfernstraßen können im Regelfall keine Windenergieanlagen errichtet werden.

Gemeinden mit Konzentrationszonen: Eine positive Standortzuweisung nach § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch setzt voraus, dass sich die Planung als vollzugsfähig erweist und dass ihr auf unabsehbare Zeit keine unüberwindbaren rechtlichen oder tatsächlichen Hindernisse im Wege stehen (BVerwG, Urteil vom 17.12.2002 – 4 C 15/01). Innerhalb einer im Flächennutzungsplan dargestellten Konzentrationszone dürfen die Belange des § 35 Absatz 3 Satz 1 Baugesetzbuch, die bereits im Rahmen der Planung abschließend abgewogen worden sind, bei der Entscheidung über die Zulassung einer Windenergieanlage nicht wieder als Genehmigungshindernis aktiviert werden (vergleiche BVerwG, Urteil vom 20.05.2010 - 4 C 7/09). Entgegenstehende öffentliche Belange werden deswegen für Windenergieanlagen in Konzentrationszonen nur relevant, soweit sie auf Ebene der Bauleitplanung noch nicht abschließend berücksichtigt wurden.

Es ist von daher nicht zielführend, wenn im Genehmigungsverfahren einer Windenergieanlage eine straßenrechtliche Genehmigung nicht erteilt werden kann, obwohl die zuständige Straßenbaubehörde im Planverfahren beteiligt worden ist und sie gegen die Planung keine Bedenken geltend gemacht hat.

An Landes- und Kreisstraßen ist zu prüfen, ob möglichen Beeinträchtigungen der Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs im Einzelfall durch die Beifügung von Nebenbestimmungen angemessen begegnet werden kann (OVG NRW, Urteil v. 28.08.2008 - 8 A 2138/06). Im Übrigen wird auf den Gemeinsamen RdErl. des Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Technologie und Verkehr und des Ministeriums für Bauen und Wohnen vom 04.02.1997 (MBl. NRW. S. 310) über die Zusammenarbeit der Straßenbaubehörden und der Bauaufsichtsbehörden bei Anbauvorhaben an Straßen des überörtlichen Verkehrs (Anbauerlass) verwiesen.

Eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit im Straßenverkehr durch Windenergieanlagen (zum Beispiel durch Brand, Eiswurf) ist auszuschließen. Dafür wird der Rückgriff auf technische Lösungen empfohlen. Andernfalls sind Abstände gemäß Nummer 5.2.3.5 (vergleiche Nummer 2 der dort genannten Anlage 2.7/12 der LTB) von klassifizierten Straßen einzuhalten.

8.2.6
Luftverkehrsrecht
Für den Bereich des Luftverkehrsrechts sind grundsätzlich zwei für Windenergieanlagen relevante Aspekte zu unterscheiden, die der Wahrung der Sicherheit der Luftfahrt und dem Schutz der Allgemeinheit dienen. Die Vorschriften über Bauschutzbereiche gem. §§ 12 – 18 Luftverkehrsgesetz in der Neufassung vom 10. Mai 2007 (BGBl. I S. 698), zuletzt geändert durch Artikel 2 Absatz 11 des Gesetzes zur Modernisierung des Rechts der Umweltverträglichkeitsprüfung vom 20. Juli 2017 (BGBl. I S. 2808) betreffen die Frage, ob Bauwerke als physisches Luftfahrthindernis eine Gefahr für den Flugbetrieb (Kollisionsrisiko) darstellen. Die Vorschrift des §18a Luftverkehrsgesetz bezieht sich dagegen auf mögliche Störwirkungen auf Navigations- und Radaranlagen der Flugsicherungsorganisationen, die insbesondere von Windenergieanlagen ausgehen. Die nach den zuvor genannten Vorschriften bestehenden Schutzbereiche bedeuten nicht, dass grundsätzlich nicht gebaut werden darf, sondern nur, dass die Errichtung von Bauwerken in diesen Bereichen unter einem luftrechtlichen Genehmigungs- beziehungsweise Zustimmungsvorbehalt steht.

Grundsätzlich bedürfen alle Bauwerke, die eine Höhe 100 m über Grund überschreiten gem. § 14 Abs. 1 Luftverkehrsgesetz der Zustimmung der Luftfahrtbehörde im Genehmigungsverfahren. Auf natürlichen und künstlichen Bodenerhöhungen kann die Zustimmung gem. § 14 Abs. 2 Luftverkehrsgesetz bereits ab 30 m über Grund erforderlich sein.

Die Bauschutzbereiche nach dem Luftverkehrsgesetz dienen der Hindernisüberwachung für Flugplätze. Es werden zwei Bauschutzbereiche unterschieden:

a) der „große“ Bauschutzbereich nach § 12 Luftverkehrsgesetz sowie
b) der beschränkte („kleine“) Bauschutzbereich nach § 17 Luftverkehrsgesetz

Innerhalb der Bauschutzbereiche können die Luftfahrtbehörden gem. § 13 Luftverkehrsgesetz für bestimmte Geländeteile Bauhöhen festlegen, bis zu welchen Bauwerke ohne ihre Zustimmung genehmigt werden können, wenn dies aufgrund besonderer örtlicher Verhältnisse oder des Verwendungszwecks des Flugplatzes für die Sicherheit der Luftfahrt nicht im gesetzlich festgelegten Umfang notwendig ist.

Die allgemeinen baurechtlichen Vorschriften, zu denen auch das Gebot gehört, mit Vorhaben im Außenbereich auf den luftverkehrsrechtlich genehmigten Betrieb eines Segelfluggeländes Rücksicht zu nehmen, werden nicht durch vorrangige Regelungen des Luftverkehrsgesetzes verdrängt (BVerwG, Urteil vom 18.11.2004 - 4 C 1.04). Dies betrifft alle Flugplätze im Sinne des §6 Absatz 1 Satz 1 Luftverkehrsgesetz, deren hindernisfreier Betrieb nicht über einen (beschränkten) Bauschutzbereich im Sinne der §§ 12 und 17 Luftverkehrsgesetz gesichert wird. Wenn ein bauliches Vorhaben nämlich den Betrieb eines Flugplatzes gefährdet, obwohl es keinem luftverkehrsrechtlichen Zustimmungs- oder Genehmigungsvorbehalt unterliegt, kann das baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme auch zugunsten von Flugplätzen eine eigenständige Bedeutung entfalten (BVerwG, a.a.O.).

Hier kommt der Hindernisfreiheit im Bereich der Platzrunde besondere Bedeutung zu (OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.01.2017 – 1 LB 18/15 –, juris; Hessischer VGH, B. v. 07.09.2017 – 9 A 1785/15.Z –, juris). Die festgelegte und veröffentlichte Platzrunde ist an Flugplätzen durch den an- und abfliegenden Luftverkehr im Sichtflugbetrieb einzuhalten. Die "Gemeinsamen Grundsätze des Bundes und der Länder für die Anlage und den Betrieb von Flugplätzen für Flugzeuge im Sichtflugbetrieb" (vom 03.08.2012, Nachrichten für Luftfahrer (NfL) I 92/13, S. 11) dienen der Konkretisierung der unbestimmten Rechtsbegriffe aus dem Luftverkehrsrecht über die Gewährleistung der Sicherheit im Flugplatzverkehr. Dementsprechend sind durch potenzielle Luftfahrthindernisse regelmäßig Abstände von 400 m zum Gegenanflug und 850 m zu anderen Teilen der Platzrunde einzuhalten. Die Baufreiheit (Art. 14 GG) führt auch nicht dazu, dass dem Bauwilligen ein Genehmigungsanspruch bei Veränderung bestehender Flugbetriebsregeln oder einer darauf (einseitig) „Rücksicht“ nehmenden Neubestimmung der Platzrunde zusteht (OVG Schleswig-Holstein, a.a.O.).

Die frühzeitige Einbindung der zuständigen Luftfahrtbehörden zur Beurteilung der möglichen Auswirkungen von Windenergieanlagen auf die Sicherheit des Luftverkehrs ist grundsätzlich bei allen Windenergieplanungen geboten. Bei heute üblichen Anlagenhöhen ist regelmäßig von einer potenziellen Betroffenheit des Luftverkehrs auszugehen. Außerhalb der Flugplatzbereiche ist in der Regel eine Vereinbarkeit mit den Hindernisvorschriften (§§12-18 Luftverkehrsgesetz) zu erreichen, wenn die Windenergieanlagen als Luftfahrthindernisse gekennzeichnet und veröffentlicht werden (siehe auch folgender Absatz zu Auflagen). Von einer Lage außerhalb der Flugplatzbereiche kann ausgegangen werden, wenn ein Radius von 15 km zu Flughäfen beziehungsweise 4 km zu sonstigen Flugplätzen überschritten wird (vergleiche §§ 12 und 17 Luftverkehrsgesetz).

Die Zustimmung der Luftfahrtbehörde kann gem. § 12 Abs. 4 Luftverkehrsgesetz davon abhängig gemacht werden, dass die Genehmigung unter Auflagen erteilt wird. Als Auflagen kommen insbesondere Höhenbeschränkungen oder das Anbringen einer Tages- und Nachtkennzeichnung in Frage. Auflagen kommen grundsätzlich in Betracht, wenn die nach § 14 Luftverkehrsgesetz zulässige Höhe überschritten oder ein Bauschutzbereich berührt wird. Auch wenn die zuvor genannten Höhen nicht erreicht werden, sind Windenergieanlagen gegebenenfalls gemäß § 16a Luftverkehrsgesetz in geeigneter Weise zu kennzeichnen, wenn und soweit dies für die Sicherheit des Luftverkehrs erforderlich ist. Über die Notwendigkeit und die Art der Kennzeichnung hat die zuständige Luftfahrtbehörde zu entscheiden (siehe auch Nummer 4.3.7).

Für die bauordnungsrechtliche Überwachung der Einhaltung derjenigen Auflagen, die die Luftverkehrsbehörde im Genehmigungsverfahren zur Sicherstellung der Luftverkehrssicherheit gefordert hat, sind gemäß § 61 Landesbauordnung die Bauaufsichtsbehörden zuständig.

Nach § 18a Absatz 1 Satz 1 Luftverkehrsgesetz dürfen Windenergieanlagen nicht errichtet werden, wenn dadurch Flugsicherungseinrichtungen gestört werden können. Damit können in Anlagenschutzbereichen für Flugsicherungseinrichtungen - wie beispielsweise Radaranlagen – Baubeschränkungen nach § 18a Luftverkehrsgesetz bestehen (siehe hierzu Interaktive Karte der Anlagenschutzbereiche http://www.anlagenschutz.baf.bund.de/mapapps/resources/apps/anlagenschutz_v2/index.html?lang=de). Ob eine Störung vorliegt, entscheidet das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) aufgrund einer gutachterlichen Stellungnahme der Deutsche Flugsicherung GmbH (DFS) (§ 18a Absatz1 Satz 2 Luftverkehrsgesetz, vergleiche OVG Lüneburg, Beschluss vom 22.01.2015 - 12 ME 39/14).

Die Darlegung einer Gefahr für den Luftverkehr im Einzelfall erfolgt grundsätzlich durch die zuständige Luftfahrtbehörde im Rahmen des Plan- beziehungsweise Genehmigungsverfahrens.

Es sind grundsätzlich zwei Fälle zu unterscheiden, in denen das Fachrecht zur Anwendung kommen kann:

a) Planungsverfahren
Die Gemeinde beabsichtigt in ihrem Flächennutzungsplan Konzentrationszonen mit der Wirkung des § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch darzustellen. Die Voraussetzungen von § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch liegen nur vor, wenn die Gemeinde auf der Grundlage einer Untersuchung des gesamten Plangebietes ein schlüssiges Plankonzept für die Ausweisung von Konzentrationszonen erarbeitet hat. Hierzu müssen alle abwägungserheblichen Belange vollständig ermittelt und gerecht gegeneinander und untereinander gemäß § 1 Absatz 7 Baugesetzbuch abgewogen werden (siehe Nummer 4.3.1).

Ob die Errichtung von Windenergieanlagen innerhalb eines Bauschutzbereichs gemäß §§ 12 oder 17 Luftverkehrsgesetz, die Errichtung von Windenergieanlagen mit geplanten Anlagenhöhen oberhalb der Höhen gemäß § 14 Luftverkehrsgesetz und / oder innerhalb eines Anlagenschutzbereichs nach § 18 a Luftverkehrsgesetz grundsätzlich zulässig ist, ist bereits im Aufstellungsverfahren zu prüfen:

aa) Prüfung inner- und außerhalb der Bauschutzbereiche gemäß §§ 12, 17 beziehungsweise 14 Luftverkehrsgesetz:
Hierzu beteiligt die Gemeinde im Planverfahren die zuständige Luftfahrtbehörde.
Aus dem Ergebnis dieser Prüfung ergibt sich, ob der Bauschutzbereich und darüber hinaus gehende Bereiche (Bauwerkbeschränkungen) als hartes Tabukriterium zu werten sind. Stellt die zuständige Luftfahrtbehörde eine Zustimmung für die Errichtung von Windenergieanlagen im Bereich der Bauschutzbereiche in Aussicht, stellt der Bauschutzbereich kein hartes Tabukriterium dar.

bb) Prüfung innerhalb der Anlagenschutzbereiche nach § 18 a Luftverkehrsgesetz:
Hierzu beteiligt die Gemeinde im Planverfahren unmittelbar das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung. Entscheidungen, ob die Errichtung einer Windenergieanlage Flugsicherungseinrichtungen nach § 18a Luftverkehrsgesetz stört, basieren immer auf Einzelfallprüfungen konkreter Windenergieanlagen durch das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung und des Bundesamtes für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr (BAIUDBw) auf Basis einer gutachterlichen Stellungnahme der DFS oder des Luftfahrtamtes der Bundeswehr (LufABw) und berücksichtigen im Wesentlichen konkrete Angaben zum Standort, Art und Größe der Windenergieanlagen. Ausschlaggebend für eine planerisch belastbare Entscheidung durch das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung ist damit der Zeitpunkt der Antragsstellung der konkreten Windenergieanlage.

Gemeinden, deren Plangebiet nicht von Anlagenschutzbereichen betroffen ist, müssen sich mit diesem Belang nicht beschäftigen. Ist das Plangebiet nur in geringem Umfang von Anlagenschutzbereichen betroffen, kann die Gemeinde diese Flächen zur vorsorglichen Konfliktvermeidung als weiche Tabuzonen ausschließen. Sind maßgebliche Flächenanteile der Gemeinde von Anlagenschutzbereichen betroffen, kann die Gemeinde auf der Ebene der Einzelfallbewertung der nach Ausschluss der anderen pauschalen Tabukriterien verbleibenden Potenzialflächen eine prognostische Einschätzung über die voraussichtliche Konfliktintensität der Potenzialflächen in Hinsicht auf die Flugsicherheitseinrichtungen vornehmen. Maßgebliche Kriterien hierfür sind die Entfernung der Fläche von der Flugsicherheitseinrichtung und die geschätzte Zahl der auf der Fläche möglichen Windenergieanlagen.

b) Genehmigungsverfahren
Für die Anwendung des Luftverkehrsrechts im Genehmigungsverfahren sind grundsätzlich zwei Fallkonstellationen zu unterscheiden.

Gemeinden ohne Konzentrationszonen: In diesem Fall sind die Belange des Luftfahrtrechts im Rahmen der Genehmigung einzelfallbezogen zu prüfen.

Gemeinden mit Konzentrationszonen: Eine positive Standortzuweisung nach § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch setzt voraus, dass sich die Planung als vollzugsfähig erweist und dass ihr auf unabsehbare Zeit keine unüberwindbaren rechtlichen oder tatsächlichen Hindernisse im Wege stehen (BVerwG, Urteil vom 17.12.2002 – 4 C 15/01). Innerhalb einer im Flächennutzungsplan dargestellten Konzentrationszone dürfen die Belange des § 35 Absatz 3 Satz 1 Baugesetzbuch, die bereits im Rahmen der Planung abschließend abgewogen worden sind, bei der Entscheidung über die Zulassung einer Windenergieanlage nicht wieder als Genehmigungshindernis aktiviert werden (vergleiche BVerwG, Urteil vom 20.05.2010 - 4 C 7/09). Entgegenstehende öffentliche Belange werden deswegen für Windenergieanlagen in Konzentrationszonen nur relevant, soweit sie auf Ebene der Bauleitplanung noch nicht abschließend berücksichtigt wurden.

Im Genehmigungsverfahren ist stets eine einzelfallbezogene luftverkehrsrechtliche Prüfung nach den §§ 12, 14, 17 und 18a Luftverkehrsgesetz erforderlich, sofern der jeweilige Anwendungsbereich dieser Regelungen eröffnet ist.

Bei den Regelungen der §§ 12, 14 und 17 Luftverkehrsgesetz handelt es sich um formelle verwaltungsinterne Zustimmungen der zuständigen Luftfahrtbehörde, die die Genehmigungsbehörde nicht überstimmen darf.

8.2.7
Wasserstraßenrecht
Einer strom- und schifffahrtspolizeilichen Genehmigung des Wasser- und Schifffahrtsamtes bedürfen gemäß § 31 Absatz 1 Bundeswasserstraßengesetz

1. Benutzungen (§ 9 Wasserhaushaltsgesetz) einer Bundeswasserstraße,
2. die Errichtung, die Veränderung und der Betrieb von Anlagen einschließlich des Verlegens, der Veränderung und des Betriebs von Seekabeln in, über oder unter einer Bundeswasserstraße oder an ihrem Ufer,

wenn durch die beabsichtigte Maßnahme eine Beeinträchtigung des für die Schifffahrt erforderlichen Zustandes der Bundeswasserstraße oder der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs zu erwarten ist.

Es sind grundsätzlich zwei Fälle zu unterscheiden, in denen das Fachrecht zur Anwendung kommen kann:

a) Planungsverfahren
Die Gemeinde beabsichtigt in ihrem Flächennutzungsplan Konzentrationszonen mit der Wirkung des § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch darzustellen. Die Voraussetzungen von § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch liegen nur vor, wenn die Gemeinde auf der Grundlage einer Untersuchung des gesamten Plangebietes ein schlüssiges Plankonzept für die Ausweisung von Konzentrationszonen erarbeitet hat. Hierzu müssen alle abwägungserheblichen Belange vollständig ermittelt und gerecht gegeneinander und untereinander gemäß § 1 Absatz 7 Baugesetzbuch abgewogen werden (siehe Nummer 4.3.1).

Ob die Errichtung einer Windenergieanlage an den Ufern einer Bundeswasserstraße grundsätzlich zulässig ist, ist bereits im Aufstellungsverfahren zu prüfen. Hierzu beteiligt die Gemeinde das zuständige Wasser- und Schifffahrtsamt. Aus dem Ergebnis der Prüfung ergibt sich, ob und in welchem Umfang das Ufer einer Bundeswasserstraße als hartes Tabukriterium zu werten ist.

Stellt das zuständige Wasser- und Schifffahrtsamt eine Genehmigung für die Errichtung von Windenergieanlagen am Ufer einer Bundeswasserstraße in Aussicht, stellt die Uferzone der Bundeswasserstraße kein hartes Tabukriterium dar.

b) Genehmigungsverfahren
Für die Anwendung des Wasserstraßenrechts im Genehmigungsverfahren sind grundsätzlich zwei Fallkonstellationen zu unterscheiden.

Gemeinden ohne Konzentrationszonen: In diesem Fall sind die Belange des Wasserstraßenrechts im Rahmen der Genehmigung einzelfallbezogen zu prüfen.

Gemeinden mit Konzentrationszonen: Eine positive Standortzuweisung nach § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch setzt voraus, dass sich die Planung als vollzugsfähig erweist und dass ihr auf unabsehbare Zeit keine unüberwindbaren rechtlichen oder tatsächlichen Hindernisse im Wege stehen (BVerwG, Urteil vom 17.12.2002 - 4 C 15/01). Innerhalb einer im Flächennutzungsplan dargestellten Konzentrationszone dürfen die Belange des § 35 Absatz 3 Satz 1 Baugesetzbuch, die bereits im Rahmen der Planung abschließend abgewogen worden sind, bei der Entscheidung über die Zulassung einer Windenergieanlage nicht wieder als Genehmigungshindernis aktiviert werden (vergleiche BVerwG, Urteil vom 20.05.2010 - 4 C 7/09). Entgegenstehende öffentliche Belange werden deswegen für Windenergieanlagen in Konzentrationszonen nur relevant, soweit sie auf Ebene der Bauleitplanung noch nicht abschließend berücksichtigt wurden.

Es ist von daher nicht zielführend, wenn im Genehmigungsverfahren für eine Windenergieanlage eine wasserstraßenrechtliche Genehmigung nicht erteilt werden kann, obwohl das zuständige Wasser- und Schifffahrtsamt im Planverfahren beteiligt worden ist und es gegen die Planung keine Bedenken geltend gemacht hat.

8.2.8
Militärische Anlagen
Windenergieanlagen können wegen ihrer Auswirkungen insbesondere auf militärische funk- und radartechnische Einrichtungen wie auch die Flugsicherheit militärische Interessen berühren oder beeinträchtigen. Das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr (BAIUDBw) ist als Träger öffentlicher Belange im Planverfahren und Genehmigungsverfahren zur Errichtung von Windenergieanlagen zwingend zu beteiligen. Die Bundeswehr unterstützt den Ausbau erneuerbarer Energien, soweit militärische Belange dem nicht entgegenstehen.

Militärische Interessen können insbesondere berührt oder beeinträchtigt sein, wenn

a) Windenergieanlagen innerhalb des Zuständigkeitsbereiches gemäß § 18a Luftverkehrsgesetz militärischer Flugplätze errichtet werden sollen,
b) der Interessenbereich von Luftverteidigungsanlagen berührt wird,
c) militärische Funksysteme berührt werden,
d) Hubschrauber- und Jettiefflugstrecken (ED-R 150) berührt sind,
e) Verfahrensräume von Instrumentenflugverfahren betroffen sind,
f) veröffentlichte Sichtanflug- beziehungsweise abflugverfahren einschließlich deren Warteräume betroffen sind,
g) Windenergieanlagen innerhalb oder in der Nähe der Schutzbereiche militärischer Anlagen oder
h) in der Nähe der militärischen Rohrfernleitungen und deren Anlagen errichtet werden sollen.

1. Militärische Flughäfen
Militärisch genutzte Flughäfen befinden sich in Nordrhein-Westfalen in Nörvenich, Geilenkirchen und Rheine-Bentlage Teile der Zuständigkeitsbereiche der militärisch genutzten Flughäfen in Bückeburg (Niedersachsen), Fritzlar (Hessen) und Spangdahlem (Rheinland-Pfalz) ragen auf NRW-Territorium und müssen daher ebenfalls betrachtet werden. Die militärischen Zuständigkeitsbereiche sind online beim Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (http://www.baf.bund.de/DE/Home/home_node.html) abgebildet.

Bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen sind neben den zivilen Belangen auch Belange des militärischen Flugbetriebs zu beachten. Neben der Zuständigkeit nach § 30 Absatz 2 Luftverkehrsgesetz für Windenergieanlagen, die innerhalb von Bauschutzbereichen militärischer Flugplätze geplant werden, muss die Bundeswehr zusätzlich ihre verfassungsgemäße Aufgabenwahrnehmung sicherstellen. Dies schließt den Betrieb der Hubschrauber- und Jettiefflugstrecken, die Nutzung der Sonderlufträume für militärischen Übungsflugbetrieb sowie die Luftraumüberwachung (Flugsicherung und Luftverteidigung) mit ein.

In welchem Umfang die Belange der Bundeswehr im Einzelnen betroffen sind, kann erst festgestellt werden, wenn die Daten über die Anzahl, den Typus, die Nabenhöhe, den Rotordurchmesser, die Höhe über Grund, die Höhe über Normal-Null und die genauen Koordinaten der zu errichtenden Windenergieanlagen vorliegen. Nur dann kann im Rahmen einer Einzelfallbetrachtung, in Rücksprache mit den zu beteiligenden militärischen Fachdienststellen eine dezidierte Stellungnahme abgegeben werden.

Um eine schnelle Bearbeitung von Anträgen unter Einbeziehung aller in Frage kommenden Fachdienststellen zu gewährleisten, sind alle Anträge sowie Anfragen an das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr zu richten.

2. Übungsräume und Hubschraubertiefflugstrecken
Wesentliche Beeinflussungen des militärischen Flugbetriebs durch Windenergieanlagen können auf Übungsplätzen / Übungsräumen entstehen.
Die Bundeswehr führt abweichend vom zivilen Luftverkehr nach § 30 Absatz 1 Satz 3 Luftverkehrsgesetz Hubschraubertiefflüge durch. Hubschraubertiefflugstrecken werden mit hohen Geschwindigkeiten bei Tag und Nacht bis herab zu einer Höhe von 10 m über Grund, auch im Schwarm und mit Außenlasten beflogen. Aus Flugsicherheitsgründen wird seitens der Bundeswehr daher ein 3 km breiter Schutzkorridor (1,5 km beidseits ausgehend von der Mittelachse der Flugstrecke) vorgesehen.

Der Bundeswehr steht bei der Entscheidung, was zur Erfüllung ihrer hoheitlichen Verteidigungsaufgaben zwingend notwendig ist, ein verteidigungspolitischer Beurteilungsspielraum zu (vergleiche BVerwG, Urteil v. 14.12.1994 – 11 C 18/93; zu Tiefflügen siehe VGH Mannheim, Urteil vom 16.05.2006 Az. 3 S 914/05; BVerwG, Beschluss v. 05.09.2006 – 4 B 58/06)). Die Durchführung von Tiefflügen, die dem Verteidigungsauftrag der Bundeswehr dienen, können einen ungeschriebenen öffentlichen Belang darstellen, der einem privilegierten Außenbereichsvorhaben (Windenergieanlage) je nach den konkreten Umständen des Einzelfalls im Sinne von § 35 Abs. 3 S. 1 Baugesetzbuch entgegensteht (vergleiche Obiter Dictum des BVerwG, Beschluss v. 05.09.2006 – 4 B 58/06).

3. Flugsicherung
Durch den Betrieb von Windenergieanlagen kann es im Erfassungsbereich der Flugsicherungsanlagen zu Einschränkungen der Radarabdeckung des Luftraums kommen. Dabei können zum Beispiel Positionsungenauigkeiten der Flugzieldarstellung und temporäre Verluste von Flugzielen auftreten. Ob und in welchem Umfang eine Störung im Sinne von § 18a Absatz 1 Satz 1 Luftverkehrsgesetz auftritt, ist unter anderem abhängig von der Art der Radaranlage und ihrer technischen Auslegung, der Entfernung zu einer Windenergieanlage, der Höhe, der Größe, der Bauart und der Anzahl der Windenergieanlagen sowie von topographischen Gegebenheiten und Wetterlagen. Aufgrund dieses Störpotentials müssen alle geplanten Windenergieanlagen innerhalb militärischer Zuständigkeitsbereiche daher geprüft und hinsichtlich der Hinnehmbarkeit der Störung beurteilt werden (siehe dazu Nr. 8.2.6).

4. Radaranlagen der Luftverteidigung
Die Radaranlagen der Luftverteidigung werden im Rahmen der Bündnisverpflichtungen betrieben und sind daher von besonderer Bedeutung.

Windenergieanlagen können die dem Zentrum Luftoperationen (ZLO) unterstellten Radaranlagen der Luftverteidigung beeinträchtigen, wenn sie mit ihren dämpfungs- und verschattungswirksamen Anteilen (Turm, Gondel, Rotorblattwurzel – etwa unteres Drittel des Rotorblatts) in den Erfassungsbereich der Radaranlagen hineinragen.

Das generierte Störpotential einer Windenergieanlage entsteht aufgrund deren Nabenanhöhe, Größe und Form der Gondel, Höhe des Standortes in Relation zur Radaranlage. Das Störpotential von zwei oder mehr Windenergieanlagen in einem Gebiet kann aufgrund von drohenden Wechselwirkungen zwischen den Windenergieanlagen noch anwachsen.

Aufgrund ihres unterschiedlich hohen Störpotentials müssen alle geplanten Windenergieanlagen, die in den Erfassungsbereich der Radaranlage hineinragen daher geprüft und hinsichtlich der Hinnehmbarkeit der Störung nach § 3 Schutzbereichsgesetz und § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 8 Baugesetzbuch beurteilt werden.

Das Bundesministerium der Verteidigung hat Schutzbereiche um seine Radaranlagen der Luftverteidigung in Nordrhein-Westfalen auf Grundlage von § 1 in Verbindung mit § 2 Schutzbereichgesetz angeordnet und ortsüblich bekannt gemacht. Diese erstrecken sich auf die ersten 5 km um jede Anlage. Innerhalb dieses Schutzbereichs nach dem Schutzbereichsgesetz sind nur Bauten erlaubt, die nicht in den Erfassungsbereich der Radaranlage hineinragen.

Das sich anschließende Interessengebiet erstreckt sich im Umkreis von 5 km bis 50 km zur jeweiligen Anlage. In diesem Gebiet werden Bauvorhaben im Einzelfall durch Fachdienststellen der Bundeswehr geprüft und können bei Bedarf mit dem Bauträger abgesprochen werden.

Radaranlagen der Luftverteidigung in Nordrhein-Westfalen sind:

a) LV Auenhausen,
b) LV Erndtebrück,
c) LV Marienbaum.

5. Militärischer Richtfunk, sonstige militärische Funksysteme
Die militärischen Richtfunktrassen sind nicht veröffentlicht. Ob eine Windenergieanlage eine militärische Richtfunkstrecke oder Funksysteme im Sinne von § 35 Absatz 3 Satz 1 Nr. 8 Baugesetzbuch stört, ist über das BAIUDBw  - Infra I 3 – abzuklären.

6. Militärisches Datennetzwerk Link 16
Für das militärische Datennetzwerk Link 16 sind an folgenden Standorten Antennen errichtet:

a) Erndtebrück; Hachenberg-Kaserne,
b) Uedem-Paulsberg,
c) Kalkar-Monreberg,
d) Albersloh.

Hier befinden sich Schutzbereiche nach § 1 Schutzbereichgesetz zurzeit in Aufstellung. Solange die Schutzbereich noch nicht angeordnet sind, stützt die Bundeswehr die nachfolgenden Beschränkungen auf den Belang der Landesverteidigung als unbenannten öffentlichen Belang i.S.d. § 35 Abs. 3 S. 1 Baugesetzbuch:
Im Umkreis von 50 m um den Antennenstandort sind Hindernisse aller Art sowie Veränderungen der Bodengestaltung oberhalb des Antennenfußpunktes nicht zulässig. Im Umkreis von 50 m bis 8000 m um den Antennenstandort bildet ein Elevationswinkel von +1,5° ab dem Fußpunkt der Antenne die Obergrenze für Hochbauten. Es dürfen keine Windenergieanlagen errichtet werden, die mit ihren Rotorblattspitzen diese Grenze überschreiten.

7. Militärisches Rohrfernleitungen
Militärische Rohrfernleitungen und deren Anlagen gewährleisten, von anderer Infrastruktur unabhängig, die Kraftstoffversorgung der Streitkräfte in der Landes- und Bündnisverteidigung sowie zur Erfüllung zwischenstaatlicher Verpflichtungen. Es besteht nach Gefährdungsprognose des BAIUDBw eine über den Schutzstreifen nach Nr. 3.3.5 Technischen Regel für Rohrfernleitungsanlagen (TRFL) hinausgehende Schutzbedürftigkeit vor Windenergieanlagen. Das BAIUDBw stützt sich dabei auf den verteidigungspolitischen Beurteilungsspielraum, welcher der Bundeswehr bei der Entscheidung, was zur Erfüllung ihrer hoheitlichen Verteidigungsaufgaben zwingend notwendig ist, zusteht (vergleiche BVerwG, Urteil v. 14.12.1994 – 11 C 18/93; VGH Mannheim, Urteil vom 16.05.2006 Az. 3 S 914/05; BVerwG, Beschluss v. 05.09.2006 – 4 B 58/06)).

Grundsätzlich soll ein Abstand von:

Nabenhöhe + 1/2 Rotordurchmesser + 5 m (Schutzstreifen) eingehalten werden.

Die Abstandsregelung dient gemäß BAIUDBw der Sicherstellung der militärischen Versorgung mit den darin beförderten Produkten auch in Zeiten von Krise und Krieg und somit der Landesverteidigung als ungeschriebenen öffentlichen Belang i.S.d. § 35 Abs. 3 S. 1 Baugesetzbuch.

8. Militärische Einrichtungen befreundeter Nationen
Die Streitkräfte des Königsreichs der Niederlande betreiben in Eibergen - Niederlande eine Funkempfangsanlage. Hier befindet sich ein Schutzbereich nach § 1 Schutzbereichgesetz zurzeit in Aufstellung. Solange der Schutzbereich noch nicht angeordnet ist, stützt die Bundeswehr die nachfolgenden Beschränkungen auf den unbenannten Belang der Landesverteidigung i.S.d. § 35 Abs. 3 S. 1 Baugesetzbuch im NATO-Verteidigungsverbund:
Im Umkreis von 5 000 m um den Anlagenmittelpunkt sind Hindernisse aller Art genehmigungspflichtig. Im Umkreis bis 5 000 m um den Antennenstandort bildet ein Elevationswinkel von + 2° ab dem Fußpunkt der Antenne die Obergrenze für Hochbauten. Es dürfen keine Windenergieanlagen errichtet werden, die mit ihren Rotorblattspitzen diese Grenze überschreiten.

In welchem Umfang die Belange der Bundeswehr im Einzelnen betroffen sind, kann erst festgestellt werden, wenn die technischen Daten und Angaben zu allen geplanten Windenergieanlagen

a) Herstellerangabe, Bezeichnung des Anlagentyps,
b) den geografischen Koordinaten (WGS 84) auf Metergenauigkeit,
c) die Gesamthöhe über Grund (m),
d) die Nabenhöhe der Anlage über Grund (m),
e) die Rotorlänge (m),
f) die Bauform (z. B. Schleuderbeton, Stahlgitter), die Abmessungen des Mastes,
g) funktechnische Kommunikationsanbindungen

vorliegen (die Weitergabe von technischen Unterlagen der Herstellerfirma zu jedem geplanten Anlagentyp wird aus Zeitgründen empfohlen).

Nur dann kann im Rahmen einer Einzelfallbetrachtung in Rücksprache mit den zu beteiligenden militärischen Fachdienststellen eine dezidierte Stellungnahme abgegeben werden.

Je nach Stellungnahme der Bundeswehr im Rahmen des Verfahrens zur Änderung des Flächennutzungsplanes muss die planende Gemeinde bewerten, ob die entsprechenden Bereiche als harte Tabuzonen einzuordnen sind. In den Fällen, in denen eine Windenergienutzung grundsätzlich nicht ausgeschlossen ist, kann sie jedoch nicht von einer harten Tabuzone ausgehen. Zur Absicherung ihrer Planungsentscheidung kann der Gemeinde empfohlen werden, die Bundeswehr um eine (unverbindliche) Vorprüfung anhand von Beispielanlagen mit konkreten Angaben zu Standort, Art und Höhe der Anlagen zu bitten. Hierbei ist zu beachten, dass mit wachsender Zeit zwischen Vorprüfung und Genehmigungsverfahren die Aussagekraft der Vorprüfung abnimmt.

Um eine schnelle Bearbeitung von Anträgen unter Einbeziehung aller in Frage kommenden Fachdienststellen zu gewährleisten, sind alle Anträge sowie Anfragen an das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr, Fontainengraben 200, 53123 Bonn (E-Mail: baiudbwtoeb@bundeswehr.org) zu richten.

8.2.9
Flurbereinigung
Für Flächen, die in ein laufendes Flurbereinigungsverfahren einbezogen sind, besteht bis zur Unanfechtbarkeit des Flurbereinigungsgesetzes eine Veränderungssperre nach § 34 Flurbereinigungsgesetz. Somit ist vor der Errichtung einer Windenergieanlage die Zustimmung der zuständigen Flurbereinigungsbehörde einzuholen. Soweit die Windenergieanlage immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig ist, wird diese Zustimmung in die immissionsschutzrechtliche Genehmigung eingeschlossen. Die jeweilige Bezirksregierung wird als Flurbereinigungsbehörde im Genehmigungsverfahren beteiligt. Soweit es sich um eine baugenehmigungsbedürftige Windenergieanlage handelt, ist die Zustimmung dabei zusätzlich zu der erteilten Baugenehmigung notwendig und wird durch diese nicht entbehrlich.

8.2.10
Stromnetze
Der Ausbau der Windenergie und der Abtransport des erzeugten Stroms zu den Verbrauchszentren bedingen einander. Über 95 Prozent des Stroms aus Windenergieanlagen wird dabei zunächst auf der Verteilnetzebene eingespeist. Für den großräumigen Transport ist ein Aus- und Umbau der Übertragungsnetze erforderlich. Es ist daher unumgänglich, dass bei der Planung- und Genehmigung von Windenergieanlagen sowohl rechtzeitig auf den Netzanschluss des jeweiligen Projekts als auch auf die Vereinbarkeit mit den örtlich vorhandenen oder in Planung befindlichen Stromleitungen und mit diesen zusammenhängenden Einrichtungen (zum Beispiel Umspannanlagen) geachtet wird.

Stromleitungen mit einer Nennspannung von 110 kV oder mehr werden durch Planfeststellungsbeschluss nach §§ 43 ff. Energiewirtschaftsgesetz zugelassen. Dieser kann auch Nebenanlagen wie Umspannwerke mit umfassen. Mit der Planfeststellung wird anhand technischer Regelwerke auf der Grundlage der Antragsunterlagen ein Schutzstreifen festgelegt, der grundsätzlich von anderer Bebauung freizuhalten ist. Andere Vorhaben können mit Zustimmung des Netzbetreibers zugelassen werden. Die Zustimmung zur Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen in Schutzstreifen kann in der Regel nicht erteilt werden.

Als Mindeststandard gilt daher für Freileitungen aller Spannungsebenen, dass auch bei ungünstiger Stellung des Rotors die Blattspitze nicht in den planfestgestellten Schutzstreifen der Freileitung ragen darf.

In planfestgestellten Schutzstreifen von Erdkabeltrassen ist ein Fundamentstandort einer Windenergieanlage in der Regel nicht zulässig. Es besteht aber keine vergleichbare Gefahr durch Rotorblätter wie für die Leiterseile bei Freileitungen. Denkbar erscheinen beispielsweise Windenergieanlagen mit Fundamenten außerhalb des Schutzstreifens, deren Rotorblätter in den Schutzstreifen von Erdkabeln hineinreichen. Die Zustimmungsfähigkeit ist stets im Einzelfall zu prüfen.

Über die Freihaltung des Schutzstreifens hinausgehend stellt sich die Frage des Abstandes von Windenergieanlagen zu Freileitungen selbst. Es wird empfohlen, dafür den neuen technischen Standard in DIN EN 50341-2-4 (VDE 0210-2) heranzuziehen.

a) Planungsverfahren
Da eine Windenergienutzung in Schutzstreifen von Freileitungen und mit diesen zusammenhängenden Einrichtungen nicht möglich ist, sind die Schutzstreifen im Rahmen von Planungsverfahren für Windenergieanlagen als sogenannte harte Tabuzonen anzusehen.

Da Fundamentstandorte von Windenergieanlagen in Schutzstreifen von Erdkabelleitungen und mit diesen zusammenhängenden Einrichtungen nicht möglich sind, muss dies bei der Ausweisung von Flächen für die Windenergienutzung beachtet werden. Dabei ist die Nutzung des Luftraums über dem Schutzstreifen durch den Rotor einer Windenergieanlage grundsätzlich möglich, soweit der Planfeststellungsbeschluss nicht den Luftraum über dem Schutzstreifen schützt, so dass der Schutzstreifen nicht als sogenannte harte Tabuzone von jeglicher Windenergienutzung freigehalten werden muss. Ob im Rahmen einer Konzentrationszonenausweisung Rotorblätter von Windenergieanlagen in den Schutzstreifen einer Erdkabeltrasse hereinragen können, ist von der planenden Gemeinde unter Abfrage des Netzbetreibers und der für das Erdkabel zuständigen Planfeststellungsbehörde zu klären.

Bei Leitungsbauvorhaben, die der Planfeststellung nach §§ 43 ff. Energiewirtschaftsgesetz unterliegen, tritt nach § 44a Energiewirtschaftsgesetz mit öffentlicher Auslegung der Planunterlagen von Gesetzes wegen eine Veränderungssperre ein. Bei Leitungsbauvorhaben, die der Bundesfachplanung nach dem Netzausbaubeschleunigungsgesetz unterliegen, kann die Bundesnetzagentur nach § 16 Netzausbaubeschleunigungsgesetz mit Abschluss des Bundesfachplanungsverfahrens eine Veränderungssperre anordnen. Derartige Veränderungssperren sind bei der Planung von Konzentrationszonen für Windenergieanlagen zu beachten.

Soweit die entsprechenden Pläne in Aufstellung befindlich sind, so sind sie im Rahmen der Planung zu berücksichtigen, damit nicht Netzausbaumöglichkeiten und Trassenalternativen einschließlich zugehöriger Nebenanlagen vorzeitig entfallen. Dies gilt insbesondere für Trassen und dazugehörige Nebenanlagen zur Umsetzung der gesetzlichen Bedarfskataloge des Energieleitungsausbaugesetzes und des Bundesbedarfsplangesetzes.

Im Hinblick auf eine frühzeitige Konfliktvermeidung zwischen Windenergieausbau und Netzausbau samt Nebenanlagen kann die planende Gemeinde bei Bundesnetzagentur oder Netzbetreiber Informationen über den Planungsstand und den Belang des Netzausbaus samt Nebenanlagenumbau erfragen.

b) Genehmigungsverfahren
Der Rotor einer Windenergieanlage darf nicht in den Schutzstreifen einer Freileitung hineinragen. Ob Rotorblätter von Windenergieanlagen in den Schutzstreifen einer Erdkabeltrasse hereinragen können, ist von der Genehmigungsbehörde unter Abfrage der Zustimmung des Netzbetreibers und der Planfeststellungsbehörde zu klären.

Wie in Planungsverfahren sind auch in Genehmigungsverfahren bestehende Veränderungssperren und in Aufstellung befindliche Pläne nach obigen Maßgaben zu beachten beziehungsweise zu berücksichtigen.

8.2.11
Rohrfernleitungen
Windenergieanlagen können im Nutzungskonflikt mit Rohrfernleitungen stehen. In der gemäß § 65 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlichen Planfeststellung oder Plangenehmigung oder einer nach § 4a Rohrfernleitungsverordnung erforderlichen Anzeige für die Errichtung und den Betrieb einer Rohrfernleitungsanlage wird auf Grundlage der Antrags- oder Anzeigeunterlagen jedenfalls ein Schutzstreifen (je nach Nennweite 4 bis mindestens 10 m) nach 3.3 der Technischen Regel für Rohrfernleitungsanlagen (TRFL) festgelegt. Sollte keine Zulassung vorliegen, sind die Vorgaben nach § 3 Absatz 2 Rohrfernleitungsverordnung in Verbindung mit Teil 1 Nummer 3.3 TRFL als fachliche Aussagen über die Schutzbedürftigkeit dennoch zu beachten. Dabei schützt der Schutzstreifen nach Nummer 3.3.4 TRFL die Leitung nicht vor Gefahren aus der Luft. Aber auch diese sind fachlich zu bewerten, sollte die Zulassung keine diesbezügliche Regelung enthalten.

a) Planungsverfahren
Im Planungsverfahren sind die oben genannten Vorgaben zwingend zu beachten, wenn sie in einer Zulassung geregelt sind. Je nach Art des geregelten Schutzstreifens ist der Bau eines Fundaments einer Windenergieanlage oder auch eines überlagernden Rotorblatts nicht zulässig. Besteht keine Regelung in der Zulassung, sind die oben genannten Vorgaben bei der Planung zu beachten. Die Schutzbedürftigkeit ist abhängig von der Rohrfernleitung und den Eigenschaften des transportierten Stoffes.

Da der Schutzstreifen nach Nummer 3.3.4 der TRFL nicht den Schutz vor Gefahren aus dem Luftraum regelt, muss, soweit der Planfeststellungsbeschluss nicht den Luftraum über einen Schutzstreifen schützt, die Frage eines auf Zulassungsebene der Windenergienutzung entgegenstehenden Belangs, der für die Umsetzbarkeit der Planung maßgeblich ist, unter Beteiligung des Rohrfernleitungsbetreibers und der für die Rohrfernleitungsanlage zuständigen Behörde geklärt werden.

Rohrfernleitungen und ihr Schutzstreifen nach Nummer 3.3 TRFL können nach Maßgabe des Planfeststellungsbeschlusses in Konzentrationszonen integriert werden.

Neben dem Ausbau der Stromnetze erfolgt auch ein Ausbau der Fernleitungsnetze. Soweit die entsprechenden Pläne in Aufstellung befindlich sind, so sind sie im Rahmen der Planung zu berücksichtigen, damit nicht Netzausbaumöglichkeiten und Trassenalternativen einschließlich zugehöriger Nebenanlagen vorzeitig entfallen. Dies gilt insbesondere für Trassen und dazugehörige Nebenanlagen zur Umsetzung der nationalen und europäischen Bedarfskataloge. Im Hinblick auf eine frühzeitige Konfliktvermeidung zwischen Windenergieausbau und Fernleitungsausbau samt Nebenanlagen kann die planende Gemeinde bei Bundesnetzagentur oder Fernleitungsbetreiber Informationen über den Planungsstand und den Belang des Fernleitungsausbaus samt Nebenanlagenumbau erfragen.

b) Genehmigungsverfahren
Im Genehmigungsverfahren sind die oben genannten Ausführungen ebenfalls einschlägig.
Dabei sind Vorgaben der Planungsebene entsprechend zu berücksichtigen.

8.2.12
Seismologische Stationen
Windenergieanlagen können im Nutzungskonflikt mit seismologischen Messstationen stehen. Der Geologische Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen ist zuständig für die Erdbebenüberwachung und die Bewertung der Erdbebengefährdung in Nordrhein-Westfalen. Zudem ist in Nordrhein-Westfalen ein Erdbebenalarmsystem als Maßnahme der Gefahrenabwehr und des Katastrophenschutzes eingerichtet. Aussagekräftige und unverfälschte Ergebnisse des aus Haushaltsmitteln aufgebauten Erdbebenalarmsystems des Geologischen Dienst NRW und der wissenschaftlichen Erdbebenerfassung im Bereich der Hochschulen (insbes. Erdbebenstation Bensberg der Universität Köln und Observatorium der Universität Bochum) sind im Ereignisfall unabdingbar zur zügigen und eindeutigen Information von Bevölkerung, zuständigen Stellen des Katastrophenschutzes, Politik und Medien. Standorte der Erdbebenmessstationen sind nach geowissenschaftlichen Kriterien ausgewählt, um aussagekräftige und repräsentative Ergebnisse zu liefern. Die Bereitstellung einer angemessenen seismischen Überwachung und Erdbebenalarmierung ist Aufgabe der Daseinsvorsorge und der Gefahrenabwehr des Landes Nordrhein-Westfalen.

In Planungs- und Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen sind der Geologische Dienst NRW und die stationsbetreibenden Hochschulen im Umkreis ihrer jeweils möglichen Beeinträchtigung im jeweiligen Radius um die auf den Internetseiten des Geologischen Dienstes NRW und des LANUV NRW angegebenen Standorten der Erdbebenmessstationen zwingend zu beteiligen (http://www.gd.nrw.de/gg_erdbebenstationsnetz.htm und http://www.energieatlas.nrw.de/site/planungskarten/wind). Der Geologische Dienst NRW nimmt als Träger des öffentlichen Belangs des Katastrophenschutzes nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 des Gesetzes über den Brandschutz, die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz vom 17. Dezember 2015 (GV. NRW. S. 886) und der geologischen Datenerhebung zur Gefahrenabwehr, ebenso wie die stationsbetreibenden Hochschulen mit der universitären Forschung nach § 3 Abs. 1 Hochschulgesetz vom 16. September 2014 (GV. NRW. 2014 S. 547), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 17. Oktober 2017 (GV. NRW. S. 806) geändert wurde, im öffentlichen Interesse liegende Aufgaben wahr. Die Standorte im Umkreis der angegebenen geologischen Stationen sind differenziert zu betrachten, da sie sich in ihrer Funktionsfähigkeit insbesondere nach Verortung auf Fest- oder Lockergestein und genauer Aufgabe der zu erfassenden seismischen Ereignisse sowie aktueller Funktionsfähigkeit/Signalqualität unterscheiden.

Vor diesem Hintergrund beträgt der Beteiligungsradius im Umkreis der Stationen des Geologischen Dienstes NRW Hespertal (HES), Pulheim (PLH), Todenfeld (TDN) und Wahnbachtalsperre (WBS) 10-km, während er für die Stationen Jackerath (JCK), Wassenberg (RWB) und Xanten (XAN) ein 2-km-Radius gilt. Für die Stationen des Geologischen Dienstes NRW im Übrigen (Aachen (ACN), Ennepetal (ENTS), Großhau (GSH), Oleftalsperre (OLFT), Sorpetalsperre (SORT), Urfttalsperre (URF)) gilt ein Radius von 5 km.

Die sonstigen Betreiber seismologischer Stationen sind nach den im Anhang des gemeinsamen Erlasses des Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk und des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz vom 17.03.2016 verzeichneten stationsspezifischen Abständen zu beteiligen.

a) Planungsverfahren
Mit der Beteiligung der Stationsbetreiber besteht im Planungsverfahren für diese die Möglichkeit, auf eine eventuelle Beeinträchtigung von Erdbebenmessstationen hinzuweisen und auf das Erfordernis einer Einzelfallprüfung im Genehmigungsverfahren aufmerksam zu machen.

Je nach Stellungnahme im Rahmen des Verfahrens zur Änderung des Flächennutzungsplanes muss die planende Gemeinde bewerten, ob die entsprechenden Bereiche als harte Tabuzonen einzuordnen sind. In den Fällen, in denen eine Windenergienutzung grundsätzlich nicht ausgeschlossen ist, kann sie jedoch nicht von einer harten Tabuzone ausgehen. Zur Absicherung ihrer Planungsentscheidung kann der Gemeinde empfohlen werden, den jeweiligen Stationsbetreiber um eine (unverbindliche) Vorprüfung anhand von Beispielanlagen mit konkreten Angaben zu Standort, Art und Höhe der Windenergieanlagen zu bitten.

b) Genehmigungsverfahren
Da wissenschaftlich fundiert begründete Ausarbeitungen zur Festlegung von Mindestabständen von Windenergieanlagen zu Erdbebenmessstationen bislang nicht vorliegen, ist im Genehmigungsverfahren im Einzelfall zu prüfen, ob eine Störung der Funktionsfähigkeit einer seismologischen Station durch den Betrieb einer Windenergieanlage zu erwarten ist und ob diese gegebenenfalls ein Gewicht erreicht, dass sie der Genehmigung einer im Außenbereich privilegierten Windenergieanlage entgegensteht (OVG NRW, Beschluss vom 09.06.2017, 8 B 1264/16). Solange weitere wissenschaftliche Erkenntnisse nicht vorliegen, ist davon auszugehen, dass eine Beeinträchtigung der Belange der Stationsbetreiber in rechtserheblichem Maß jenseits der genannten Radien jedenfalls nicht vorliegt. Die Stellungnahme der Stationsbetreiber ist in Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen zu berücksichtigen.

Die Genehmigungsbehörde führt dazu eine zweistufige Prüfung durch (vergleiche zu dieser Prüfsystematik beispielhaft VGH München, Urteil vom 18.09.2015 - 22 B 14.1263 - und OVG Koblenz, Urteil vom 13.01.2016 - 8 A 10535/15 - zur Beeinträchtigung von Wetterradaranlagen des Deutschen Wetterdienstes durch Windenergieanlagen):

aa) Zunächst ist auf Basis der Stellungnahme des Stationsbetreibers sowie gegebenenfalls weiterer Sachverhaltsermittlungen zum Beispiel durch Gutachten des Antragsstellers zu bestimmen, inwieweit die seismologischen Stationen durch die beantragten Anlagen in ihrer Funktionsfähigkeit gestört würden.

Dazu untersuchen der Geologische Dienst NRW beziehungsweise die weiteren Betreiber einzelfallbezogen, ob und inwieweit die beabsichtigte Errichtung und der Betrieb der Windenergieanlage zu Beeinträchtigungen des Betriebs der Erdbebenmessstationen führen kann. Die Genehmigungsbehörden unterstützen den Geologischen Dienst NRW beziehungsweise die weiteren Stationsbetreiber dabei durch die Bereitstellung vorliegender Daten zu bereits errichteten Windenergieanlagen (Lage, Typ, Leistung, Turmausgestaltung, Nabenhöhe, Rotorlänge, Fundamentierung, sowie verfügbare Betriebsdaten zu Windgeschwindigkeit, Rotordrehzahl und Leistung). Sofern im Einzelfall die konkrete Möglichkeit einer unzulässigen Störung plausibel und begründet dargelegt wird, ist zunächst der fachliche Sachverhalt durch ein Gutachten des Antragstellers zu ermitteln. Hierfür sind zuvor mit der Genehmigungsbehörde und dem Fachgutachter des Antragstellers verbindliche Prüfmethoden zu vereinbaren.


bb) Anschließend ist die Beeinträchtigung gegenüber dem geplanten Vorhaben zu gewichten und zu bewerten, ob sie der im Außenbereich baurechtlich privilegierten Windenergieanlage entgegensteht. Dabei führt nicht jede Beeinträchtigung zu einem Entgegenstehen, sondern es müssen in rechtserheblichem Maß Auswirkungen auf die Aufgabenerfüllung der Stationsbetreiber gegeben sein.

8.3
Anlagenkataster und Meldepflicht
Die Genehmigungsbehörde hat nach § 3 Absatz 2 Vermessungs- und Katastergesetz NRW (VermKatG NRW) die Katasterbehörden über die Erteilung der Genehmigung zu unterrichten.

Die sogenannte ISA-Datenbank (Informationssystem Stoffe und Anlagen) beim LANUV ermöglicht eine Erfassung der Windenergieanlagen. Die Genehmigungsbehörden können ihre Daten in die Datenbank einpflegen.

9
Inkrafttreten/Außerkrafttreten
Dieser Runderlass tritt am Tag nach der Veröffentlichung im Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen in Kraft.

Der „Erlass für die Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen und Hinweise für die Zielsetzung und Anwendung (Windenergie-Erlass)“ vom 4. November 2015, Gemeinsamer Runderlass des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz, des Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr und der Staatskanzlei (MBl. NRW. S. 231) wird gleichzeitig aufgehoben.

- MBl. NRW. 2018 S. 258