Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2019 Nr. 15 vom 8.8.2019 Seite 289 bis 334

Allgemeine Anlagerichtlinien für die Verwaltung von Anlagen des Sondervermögens „Pensionsfonds des Landes Nordrhein-Westfalen“ durch das Finanzministerium Runderlass des Ministeriums der Finanzen
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Allgemeine Anlagerichtlinien für die Verwaltung von Anlagen des Sondervermögens „Pensionsfonds des Landes Nordrhein-Westfalen“ durch das Finanzministerium Runderlass des Ministeriums der Finanzen

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Allgemeine Anlagerichtlinien
für die Verwaltung von Anlagen des Sondervermögens
„Pensionsfonds des Landes Nordrhein-Westfalen“
durch das Finanzministerium

Runderlass des Ministeriums der Finanzen

Vom 18. Juli 2019

1
Geltungsbereich

Diese Allgemeinen Anlagerichtlinien gelten für sämtliche Anlagen im Rahmen der Verwaltung des Sondervermögens „Pensionsfonds des Landes Nordrhein-Westfalen“ (Sondervermögen Pensionsfonds) durch das Ministerium der Finanzen gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 des Pensionsfondsgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 2. Februar 2016 (GV. NRW. S. 92) in der jeweils geltenden Fassung sowie bei Übertragung auf Kreditinstitute oder Kapitalanlagegesellschaften gemäß § 6 Absatz 1 Satz 3 des Pensionsfondsgesetzes Nordrhein-Westfalen.

2
Anlagegrundsätze

2.1 Die Anlage der Mittel orientiert sich im Rahmen einer langfristigen Anlagestrategie an den Zielen Sicherheit und Rentabilität (§ 6 Absatz 3 des Pensionsfondsgesetzes Nordrhein-Westfalen). Die Sicherheit der Anlagen erfordert es, diese sowohl im Zeitpunkt ihrer Vornahme als auch während der Laufzeit zu prüfen.

2.2 Die dem Sondervermögen Pensionsfonds zufließenden Mittel sind unter Wahrung angemessener Mischung und Streuung anzulegen.

2.3 Als Ausfluss der Ziele Sicherheit und Rentabilität ist auch die Nachhaltigkeit der Kapitalanlage angemessen zu berücksichtigen (Nummer 3).

3
Nachhaltige Kapitalanlage

3.1 Wertpapiere (§ 6 Absatz 4 des Pensionsfondsgesetzes Nordrhein-Westfalen) von Emittenten mit ethisch oder ökologisch besonders problematischen Geschäftspraktiken dürfen nicht erworben werden. Als Mindeststandard gilt die Beachtung der in Nummer 4 genannten Ausschlusskriterien.

3.2 Bei der Beurteilung von Sicherheit und Rentabilität einer Kapitalanlage sind relevante Nachhaltigkeitsaspekte, das heißt ökologische und soziale Aspekte sowie die Qualität der Unternehmens- bzw. Geschäftsführung des Emittenten des betrachteten Wertpapieres, zu berücksichtigen (ESG-Integration).

3.3 Die Anforderungen der Nummern 3.1 und 3.2 gelten auch bei Erwerb von Fondsanteilen oder Anteilen an Fondsgesellschaften einschließlich börsengehandelter Investmentanteile an Sondervermögen (Exchange Traded Funds – ETF). Die Nachhaltigkeit dieser Anlageinstrumente kann auf der Grundlage von Darstellungen des Fondsanbieters beziehungsweise der Fondsgesellschaft beurteilt werden.

4
Ausschlusskriterien

4.1 Wertpapiere sind vom Erwerb ausgeschlossen, wenn deutliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass für den Emittenten einer oder mehrere der nachfolgenden Tatbestände vorliegen:

a) eindeutige Verstöße gegen die in den Prinzipien des UN Global Compact niedergelegten Grundsätze verantwortungsvoller Unternehmensführung in den Bereichen Menschenrechte, Arbeit, Umwelt und Korruptionsbekämpfung,

b) Herstellung kontroverser Waffen (Streubomben, Landminen, ABC-Waffen),

c) Produktion von Atomenergie oder von spezifischen Komponenten von Atomkraftwerken, falls der Umsatz aus diesen Geschäften 5 Prozent vom Gesamtumsatz des Emittenten überschreitet, es sei denn, die Umsatzanteile des Emittenten im Bereich erneuerbare Energien übersteigen diejenigen aus der Produktion von Atomenergie bzw. von spezifischen Komponenten von Atomkraftwerken und es liegt eine nachweisbare Unternehmensstrategie zum Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energiequellen vor. Die Produktion spezifischer Komponenten von Atomkraftwerken umfasst beispielweise den Bau von Atomkraftwerken, die Anreicherung von Uran und die Herstellung relevanter Produkte wie Brennstabhüllen. Nicht berücksichtigt wird hierbei die Produktion genereller Kraftwerkskomponenten, die nicht speziell an Atomkraftwerke angepasst werden und nicht zentral für die Erzeugung von Atomstrom sind.

4.2 Sollte sich nach Erwerb eines Wertpapiers herausstellen, dass eines der Ausschlusskriterien nach Nummer 4.1 vorliegt, ist das Wertpapier grundsätzlich zu veräußern. Die Veräußerung erfolgt unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls wertschonend zu einem geeigneten Zeitpunkt. Bei Wertpapieren, die vor dem 1. Januar 2017 erworben wurden, trifft in den Fällen des Satzes 1 der Anlageausschuss die Entscheidung über eine mögliche Veräußerung. Bei der Entscheidung ist auch die Restlaufzeit bis zur Fälligkeit des Wertpapiers zu berücksichtigen.

5
ESG-Integration

5.1 Bei der Ermittlung der Leistungen eines Emittenten in den Bereichen Umwelt, Soziales und Governance (ESG-Performance) können branchenspezifische Besonderheiten berücksichtigt werden. Soweit die erforderlichen Informationen im Ministerium der Finanzen nicht vorliegen, kann auf Darstellungen sachverständiger Dritter Bezug genommen werden.

5.2 Je größer die negativen Auswirkungen einer Branche im Umwelt- und Sozialbereich sind, desto höhere Anforderungen sind regelmäßig an das Nachhaltigkeitsmanagement zu stellen.

5.3 Bei der Entscheidung über die Kapitalanlage in Unternehmensanleihen und Aktien sind innerhalb derselben Branche Unternehmen mit der relativ besten ESG-Performance zu bevorzugen beziehungsweise stärker zu gewichten (Best in Class).

6
Überprüfung der Anlagestrategie

Die Anlagestrategie im Sondervermögen Pensionsfonds ist in regelmäßigen Abständen, mindestens alle drei Jahre, zu überprüfen. Die Überprüfung erstreckt sich auch auf den gewählten Ansatz zur Beurteilung der Nachhaltigkeit der Kapitalanlage.

7
Bericht an den Beirat

Dem Beirat zum Pensionsfonds (§ 11 des Pensionsfondsgesetzes Nordrhein-Westfalen) und dem Haushalts- und Finanzausschuss des Landtags (§ 6 Absatz 2 Satz 2 des Pensionsfondsgesetzes Nordrhein-Westfalen) ist einmal im Jahr über die Nachhaltigkeit der Kapitalanlage im Sondervermögen Pensionsfonds zu berichten.

8
Inkrafttreten

Dieser Runderlass tritt am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft. Gleichzeitig tritt der Runderlass des Ministeriums der Finanzen „Allgemeine Anlagerichtlinien für die Verwaltung von Anlagen des Sondervermögens „Pensionsfonds des Landes Nordrhein-Westfalen“ durch das Finanzministerium“ vom 2. Mai 2017 (MBl. NRW. S. 459) außer Kraft.

MBl. NRW. 2019 S. 306