Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2019 Nr. 19 vom 24.9.2019 Seite 399 bis 496
Bescheinigungsrichtlinien zur Anwendung des § 10g des Einkommensteuergesetzes Gemeinsamer Runderlass des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung, des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft und des Ministeriums der Finanzen |
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Normkopf Norm Normfuß |
zugehörige Anlagen : |
Bescheinigungsrichtlinien zur Anwendung des § 10g des Einkommensteuergesetzes Gemeinsamer Runderlass des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung, des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft und des Ministeriums der Finanzen
224
Bescheinigungsrichtlinien
zur Anwendung des
§ 10g des Einkommensteuergesetzes
Gemeinsamer
Runderlass
des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung,
des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft
und des Ministeriums der Finanzen
Vom 12. September 2019
Die Inanspruchnahme
der Steuervergünstigung gemäß § 10g des Einkommensteuergesetzes in der Fassung
der Bekanntmachung vom 8. Oktober 2009 (BGBl. I S. 3366, 3862), welches zuletzt
durch Artikel 9 des Gesetzes vom 4. August 2019 (BGBl. I S. 1066) geändert
worden ist, im Folgenden EStG, für Aufwendungen für Herstellungs- und
Erhaltungsmaßnahmen an eigenen schutzwürdigen Kulturgütern, die weder zur Einkunftserzielung noch zu eigenen Wohnzwecken genutzt
werden, setzt eine Bescheinigung der nach Landesrecht zuständigen oder von der
Landesregierung bestimmten Stelle voraus. Soweit es sich dabei um Kulturgüter
im Sinne von § 10g Absatz l Satz 2 Nummer l bis 3 EStG handelt, das heißt
Baudenkmäler, Gebäude oder Gebäudeteile in Denkmalbereichen, Bodendenkmäler,
ist dies die Untere Denkmalbehörde. Für Bescheinigungen für Kulturgüter im
Sinne von § 10g Absatz l Satz 2 Nummer 4 EStG, insbesondere Sammlungen, ist
gemäß § 8 Absatz 3 des Landesorganisationsgesetzes NRW vom 10. Juli 1962 (GV. NRW. S. 421), das zuletzt durch Gesetz vom 1. Oktober 2013 (GV. NRW. S. 566)
geändert worden ist, die Bezirksregierung zuständig.
1
Bescheinigungsverfahren
1.1
Die Bescheinigung, die objektbezogen ist, muss die Eigentümerin oder der
Eigentümer eines Kulturguts im Sinne der Nummer 2 schriftlich beantragen,
vergleiche Muster 1 - Anlage 1. Die Bescheinigung hat dem Muster 2 in Anlage 2
zu entsprechen. Eine Zusammenfassung mit anderen Bescheinigungen ist nicht
möglich. An eine Vertreterin oder einen Vertreter kann eine Bescheinigung nur
erteilt werden, wenn eine wirksame Vertretungsvollmacht vorliegt.
1.2
Die Bescheinigungsbehörde hat zu prüfen,
a) ob die Maßnahmen
aa) an einem Kulturgut im Sinne des § 10g Absatz 1
Satz 2 durchgeführt worden sind, vergleiche Nummer 2,
bb) erforderlich waren, vergleiche Nummer 3,
cc) in Abstimmung mit der zuständigen Stelle durchgeführt worden sind,
vergleiche Nummer 4,
b) in welcher Höhe Aufwendungen, die die vorstehenden Voraussetzungen erfüllen,
angefallen sind, vergleiche Nummer 5,
c) inwieweit Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln durch die für Denkmalpflege
oder das Archivwesen zuständige Behörde bewilligt worden sind oder nach
Ausstellung der Bescheinigung bewilligt werden, vergleiche Nummer 6.
1.3
Die Bescheinigung unterliegt weder in rechtlicher noch in tatsächlicher
Hinsicht der Nachprüfung durch die Finanzämter und Finanzgerichte. Es handelt
sich hierbei um einen Verwaltungsakt in Form eines Grundlagenbescheides mit
Bindungswirkung für steuerliche Folgebescheide gemäß § 175 Absatz 1 Satz 1
Nummer 1 der Abgabenordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Oktober
2002 (BGBl. I S. 3866; 2003 I S. 61), die zuletzt durch Artikel 10 des Gesetzes
vom 11. Juli 2019 (BGBl. I S. 1066) geändert worden ist. Die Bescheinigungen
binden die Finanzämter im Rahmen des gesetzlich vorgegebenen Umfangs.
1.4.1
Ist jedoch aus Sicht des Finanzamts offensichtlich, dass die Bescheinigung für
Maßnahmen erteilt worden ist, bei denen die Voraussetzungen nicht vorliegen,
hat das Finanzamt ein Remonstrationsrecht, das heißt,
es kann die Bescheinigungsbehörde zur Überprüfung veranlassen sowie um
Rücknahme oder Änderung der Bescheinigung nach Maßgabe des § 48 des
Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 12. November 1999 (GV. NRW. S. 602) das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 17. Mai 2018 (GV. NRW. S. 244) geändert worden ist, im Folgenden VwVfG NRW, bitten. Die
Bescheinigungsbehörde ist verpflichtet, dem Finanzamt von der Rücknahme oder
Änderung der Bescheinigung gemäß § 4 der Mitteilungsverordnung vom 7. September
1993 (BGBl. I S. 1554), die zuletzt durch Gesetz vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I
S. 2848) geändert worden ist, im Folgenden MV, Mitteilung zu machen.
1.4.2
Dabei gilt für Bescheinigungen der Unteren Denkmalbehörden Folgendes:
Lehnt die Untere Denkmalbehörde eine Aufhebung beziehungsweise Änderung der
erteilten Bescheinigung ab, so hat sie die hierfür maßgebenden Gründe dem
Finanzamt mitzuteilen. Nimmt das Finanzamt zu dieser ablehnenden Entscheidung
erneut Stellung, so entscheidet die Obere Denkmalbehörde.
1.4.3
Die bescheinigten Aufwendungen können steuerrechtlich jedoch nur berücksichtigt
werden, wenn auch die weiteren steuerrechtlichen Voraussetzungen, die durch das
zuständige Finanzamt geprüft werden, vorliegen, vergleiche Nummer 7.
1.4.4
Auf das Prüfungsrecht des Finanzamts ist in der Bescheinigung zwingend
hinzuweisen. Der Bescheinigung ist gemäß § 37 Absatz 6 VwVfG NRW eine
Rechtsbehelfsbelehrung beizufügen.
1.5.1
Um der Eigentümerin oder dem Eigentümer frühzeitig Klarheit über den Inhalt der
zu erwartenden Bescheinigung zu geben, kann die Bescheinigungsbehörde ihm
bereits im Rahmen der Abstimmung eine schriftliche Zusicherung nach § 38 des
VwVfG NRW über die zu erwartende Bescheinigung erteilen. Eine verbindliche
Auskunft über die voraussichtliche Höhe der Steuervergünstigung, kann nur das
Finanzamt erteilen. Voraussetzung hierfür ist eine Zusicherung nach dem als
Anlage 3 beigefügten Muster 3.
1.5.2
Die schriftliche Zusicherung hat den Hinweis zu enthalten, dass allein das
zuständige Finanzamt prüft, ob steuerlich begünstigte Aufwendungen für
Herstellungs- oder Erhaltungsmaßnahmen im Sinne des § 10g EStG oder hiernach
nicht begünstigte andere Kosten vorliegen.
1.5.3
Die Zusicherung ist keine Bescheinigung im Sinne des § 10g Absatz 3 EStG. Sie
ist nicht zur Vorlage geeignet, um die Steuerbegünstigung in Anspruch zu
nehmen.
1.5.4
Die Zusicherung für Aufwendungen an Bau- und Bodendenkmälern oder Gebäuden, die
Teil eines Denkmalbereichs sind, ergeht im Benehmen mit dem Landschaftsverband,
vergleiche Nummer 7.
1.5.5
Die für die Durchführung des Bescheinigungsverfahrens zuständigen Stellen haben
die datenschutzrechtlichen Bestimmungen zu beachten.
2
Kulturgüter im Sinne des § 10g Absatz 1 Satz 2 EStG
2.1
Prüfungsumfang der Bescheinigungsbehörde
Die zuständige Behörde hat zu bescheinigen, dass
a) das Gebäude oder der Gebäudeteil als Baudenkmal oder Teil eines Baudenkmals
nach §§ 3 oder 4 des Denkmalschutzgesetzes - vom 11. März 1980, das zuletzt
durch Artikel 5 des Gesetzes vom 15. November 2016 (GV. NRW. S. 934) geändert
worden ist, im Folgenden DSchG, unter Schutz gestellt
oder Teil eines Denkmalbereichs nach §§ 5, 6 DSchG
ist,
b) die gärtnerische, bauliche oder sonstige Anlage, die kein Gebäude oder
Gebäudeteil ist, nach §§ 3 oder 4 DSchG unter Schutz
gestellt ist,
c) das Mobiliar, die Kunstgegenstände, Kunstsammlungen, wissenschaftlichen
Sammlungen, Bibliotheken oder Archive,
aa) sich seit mindestens 20 Jahren im Besitz der
Familie des Steuerpflichtigen befinden oder
bb) in ein Verzeichnis national wertvollen
Kulturgutes oder
cc) in ein Verzeichnis national wertvoller Archive eingetragen sind und
dd) dass deren Erhaltung wegen ihrer Bedeutung für
Kunst, Geschichte oder Wissenschaft im öffentlichen Interesse liegt.
2.1.1
Begriffsbestimmungen
2.1.1.1
Unter den Begriffen Gebäudegruppe oder Gesamtanlage im Sinne dieser Richtlinien
sind Denkmalbereiche im Sinne des § 2 Absatz 3 DSchG
zu verstehen, die nach §§ 5, 6 DSchG unter Schutz
gestellt sind. Hierzu gehören nicht Gebäude in der engeren Umgebung eines
Baudenkmals, die außerhalb des Denkmalbereichs liegen.
2.1.1.2
Gärtnerische Anlagen sind historische Park- und Gartenanlagen, die Gegenstand
des Denkmalschutzes sind. Dazu gehören auch die in die gärtnerische Anlage
einbezogenen baulichen Anlagen, soweit diese nicht eigenständig unter Schutz
gestellt sind, zum Beispiel Freitreppen, Balustraden, Pavillons, Mausoleen,
Anlagen zur Wasserregulierung, künstliche Grotten, Wasserspiele,
Brunnenanlagen. Die Abgrenzung gegenüber einem Naturdenkmal oder einem
geschützten Landschaftsbestandteil richtet sich nach dem Denkmalrecht.
2.1.1.3
Bauliche Anlagen im Sinne dieser Richtlinien sind bauliche Anlagen im Sinne der
Landesbauordnung, die keine Gebäude oder Gebäudeteile sind, zum Beispiel
Brücken, Befestigungen. Die bauliche Anlage selbst muss vor Beginn der
Maßnahmen wirksam nach §§ 3 oder 4 DSchG unter Schutz
gestellt worden sein. Zu den baulichen Anlagen gehören auch Teile von baulichen
Anlagen zum Beispiel Ruinen oder sonstige übriggebliebene Teile ehemals
größerer Anlagen.
2.1.1.4
Zu den sonstigen Anlagen gehören zum Beispiel Bodendenkmäler oder Maschinen,
die Gegenstand des Denkmalschutzes sind.
2.1.1.5
Mobiliar, Kunstgegenstände, Kunstsammlungen, wissenschaftliche Sammlungen,
Bibliotheken und Archive müssen jeweils die Voraussetzungen des § 10g
Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 EStG erfüllen: Sie müssen sich seit mindestens 20
Jahren im Besitz der Familie der oder des Steuerpflichtigen befinden oder in
das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes oder das Verzeichnis national
wertvoller Archive eingetragen sein und ihre Erhaltung muss wegen ihrer
Bedeutung für Kunst, Geschichte oder Wissenschaft im öffentlichen Interesse
liegen.
2.1.1.5.1
Zum Mobiliar gehört das bewegliche Inventar eines Gebäudes, wie zum Beispiel
Teppiche, Tapisserien, Musikinstrumente, Bibliotheken, Waffen sowie einzelne
Werke der bildenden und angewandten Kunst. Es kann sich zum Beispiel um das
Mobiliar berühmter Persönlichkeiten aus Kunst, Literatur und Politik handeln.
2.1.1.5.2
Kunstgegenstände sind Werke der bildenden Kunst, zum Beispiel Gemälde, Grafik,
der Bildhauerkunst, zum Beispiel Skulpturen, und angewandten Kunst, zum
Beispiel Uhrmacherwerke, Gold- und Silberschmiedearbeiten.
2.1.1.5.3
Kunstsammlungen sind eine Gesamtheit von Gegenständen, die zielgerichtet unter
einer Themenstellung systematisiert zusammengeführt wurden, aus künstlerischen,
wissenschaftlichen oder ästhetischen Prinzipien zusammengetragen wurden und die
mehr als nur die Summe ihrer einzelnen Bestandteile darstellen und dadurch
einen besonderen Wert gewinnen. Kunstsammlungen in diesem Sinne umfassen
Kunstgegenstände im vorgenannten Sinn.
2.1.1.5.4
Wissenschaftliche Sammlungen umfassen Gegenstände, die nach wissenschaftlichen
Interessen unter bestimmten Gesichtspunkten zusammengestellt sind. Hierzu
zählen zum Beispiel ethnographische, historische, numismatische oder
naturwissenschaftliche Sammlungen.
2.1.2
Unterschutzstellung von Kulturgütern im Sinne des § 10g Absatz 1 Satz 2 Nummer
1 bis 3 EStG
2.1.2.1
Gebäude, Gebäudeteile, gärtnerische, bauliche oder sonstige Anlagen müssen
bereits vor Beginn der Maßnahmen gemäß §§ 3 oder 4 DSchG
oder als Teil eines Denkmalbereichs gemäß §§ 5 und 6 DSchG
wirksam unter Schutz gestellt sein.
2.1.2.2
Bei Wegfall der Denkmaleigenschaft ist eine steuerliche Begünstigung ab dem
Jahr, das dem Wegfall der Denkmaleigenschaft folgt, ausgeschlossen.
2.1.2.3
Entfällt die öffentlich-rechtliche Bindung durch die Denkmalschutzvorschriften
innerhalb des 10-jährigen Begünstigungszeitraumes des § 10g EStG, ist dies dem
zuständigen Finanzamt gemäß § 4 MV mitzuteilen.
2.1.3
Unterschutzstellung von Kulturgütern im Sinne des § 10g Absatz 1 Satz 2 Nummer
4 EStG
2.1.3.1
Ist das Kulturgut in ein Verzeichnis national wertvollen Kulturguts oder ein
Verzeichnis national wertvoller Archive eingetragen, braucht nicht bescheinigt
zu werden, dass sich das Kulturgut seit mindestens 20 Jahren im Familienbesitz
befindet. Mit der Eintragung steht fest, dass die Erhaltung im öffentlichen
Interesse liegt.
2.1.3.2
Zur Familie sind alle Angehörigen im Sinne des § 15 Abgabenordnung zu rechnen.
Es kann sich aber auch um eine Familienstiftung handeln.
2.2
Zugänglichmachen
Für alle Kulturgüter ist ferner nach entsprechender Vorlage einer schriftlichen
Erklärung der Eigentümerin oder des Eigentümers zu bescheinigen, dass sie in
einem den Verhältnissen entsprechenden Umfang der wissenschaftlichen Forschung
oder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Ein den Verhältnissen
entsprechendes Zugänglichmachen ist gegeben, wenn die Eigentümerin oder der
Eigentümer der zuständigen Bescheinigungsbehörde mitteilt, es bestehe die
Möglichkeit, Wissenschaftlern oder der interessierten Öffentlichkeit den
Zutritt zu gestatten. Bewegliche Kulturgüter werden der Öffentlichkeit auch
durch Leihgaben anlässlich von Ausstellungen oder wissenschaftlichen Arbeiten
zugänglich gemacht. Stehen dem Zugang zwingende Gründe, zum Beispiel
konservatorische Gründe, entgegen, sind auch diese zu bescheinigen.
3
Erforderlichkeit der Maßnahmen
3.1
Es ist zu bescheinigen, dass die durchgeführte Maßnahme nach Art und Umfang
a) bei Gebäuden oder Gebäudeteilen zur Erhaltung als Baudenkmal,
b) bei einem Gebäude oder Gebäudeteil, das kein eingetragenes Denkmal, aber
Teil eines Denkmalbereichs ist, zur Erhaltung des schützenswerten äußeren
Erscheinungsbildes des Denkmalbereichs beziehungsweise
c) bei denkmalgeschützten Garten- und Parkanlagen, Bodendenkmälern und anderen
Kulturgütern zu ihrer Erhaltung
nach Maßgabe der geltenden Bestimmungen der Denkmalpflege, des Archivwesens
oder anderer öffentlich-rechtlicher Schutz- und Erhaltungsverpflichtungen
erforderlich waren.
3.2
Zur Erhaltung eines Bau- oder Bodendenkmals erforderliche Maßnahmen sind
solche, die nach Art und Umfang erforderlich sind, um die Merkmale zu erhalten,
die die Eigenschaft des Objektes als Bau- beziehungsweise Bodendenkmal
begründen.
3.3
Wegen des Tatbestandsmerkmals der „Erforderlichkeit“ ist ein strenger Maßstab
an die Aufwendungen zu legen. Es reicht nicht aus, dass die Aufwendungen aus
fachspezifischer Sicht angemessen oder vertretbar sind, sie müssen unter
fachlichen Gesichtspunkten notwendig sein. Die Tatsache, dass zum Beispiel eine
denkmalrechtliche Erlaubnis erteilt wurde, weil die Voraussetzungen hierfür
vorlagen, entbindet nicht von der Prüfung, ob die Aufwendungen erforderlich
sind. Die Erforderlichkeit der Maßnahmen muss sich aus dem Zustand des
betreffenden Objekts vor Beginn der Baumaßnahmen und dem fachlich sinnvoll
erstrebenswerten Zustand ergeben. Aufwendungen, die nicht der Eigenart des
Objekts als Denkmal beziehungsweise Kulturgut entsprechen, sind danach nicht
bescheinigungsfähig.
3.4
An einem Gebäude oder Gebäudeteil sind auch Maßnahmen bescheinigungsfähig, die
zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich sind. Das Merkmal ist erfüllt, wenn
die Maßnahmen
a) die Denkmaleigenschaft nicht oder allenfalls unerheblich beeinträchtigen,
b) erforderlich sind, um eine unter denkmalschutzrechtlichen Gesichtspunkten
sinnvolle Nutzung des Baudenkmals zu erhalten, wiederherzustellen oder zu
ermöglichen und
c) geeignet erscheinen, die Erhaltung des Baudenkmals sicherzustellen.
3.5
Die Versicherung des Kulturguts gehört nicht zu den Aufwendungen für die
Erhaltung eines Kulturguts. Es reicht nicht aus, dass die Maßnahmen aus
fachlicher Sicht angemessen oder vertretbar sind, sie müssen zur Erhaltung des
schutzwürdigen Zustands, zum Beispiel auch zur Abwendung von Schäden, oder zur
Wiederherstellung eines solchen Zustands notwendig sein. Maßnahmen, die
ausschließlich durch das Zugänglichmachen des Kulturguts für die Öffentlichkeit
veranlasst werden, zum Beispiel Errichtung eines Kassenhäuschens oder
Besucherparkplatzes, gehören nicht dazu. Aufwendungen hierfür, zum Beispiel
auch Lohnkosten für Aufsichtspersonal, können nur mit den Einnahmen aus der
Nutzung des Kulturguts verrechnet werden.
4
Abstimmung der Maßnahmen
4.1
Es muss mit allen erheblichen Daten, vergleiche Muster 2 - Anlage 2,
bescheinigt werden, dass die Maßnahmen vor Beginn ihrer Ausführung mit der
Bescheinigungsbehörde abgestimmt worden sind. Die Abstimmung ist keine bloße
Formalie. Sie dient der Feststellung der entscheidungsrelevanten Tatsachen,
insbesondere des Zustandes des Kulturguts, an dem Maßnahmen vorgenommen werden
sollen und der Sicherstellung der denkmalgerechten Ausführung der Arbeiten.
4.2
Die Abstimmung bedeutet die ausdrückliche Zustimmung beziehungsweise Billigung
der konkret in Rede stehenden Maßnahme durch die Bescheinigungsbehörde,
vergleiche Verwaltungsgericht Minden, Urteil vom 22. Januar 2015 - 9 K 3635/13,
juris sowie Urteil vom 12. Juli 2011 - 1 K 1516/10, juris. Sie erfordert einen Austausch übereinstimmender
Auffassungen zur Denkmalverträglichkeit einer Maßnahme.
4.3
An der Abstimmung ist in den Fällen des § 10g Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 bis 3
EStG das Amt für Bau- beziehungsweise
Bodendenkmalpflege des Landschaftsverbandes zu beteiligen.
4.4
Die Abstimmung kann innerhalb eines denkmalrechtlichen Erlaubnisverfahrens oder
bei baulichen Anlagen innerhalb eines Baugenehmigungsverfahrens erfolgen. Die
fehlende vorherige Abstimmung kann nicht nachgeholt oder durch die
nachträgliche Erteilung einer Baugenehmigung ersetzt werden. Das gilt selbst
dann, wenn sich das Ergebnis als kulturgutverträglich darstellt.
4.5
Wird erst im Verlauf der Maßnahme erkennbar, dass ein Kulturgut im Sinne der
Nummer 2 vorliegt, können die Aufwendungen bescheinigt werden, die ab dem
Zeitpunkt entstehen, ab dem das Kulturgut den öffentlich-rechtlichen Bindungen
des Denkmalschutzgesetzes beziehungsweise des Kulturgutschutzgesetzes vom 31.
Juli 2016 (BGBl. I S. 1914), das durch Artikel 6 Absatz 13 des Gesetzes vom 13.
April 2017 (BGBl. I S. 872) geändert worden ist unterliegt, und die Maßnahmen
betreffen, die vor ihrem Beginn mit der Bescheinigungsbehörde abgestimmt worden
sind.
4.6
Bei laufenden oder regelmäßig wiederkehrenden Maßnahmen reicht es aus, wenn sie
einmal vorweg abgestimmt werden, zum Beispiel laufende Pflege bei geschützten
Garten- und Parkanlagen.
4.7
Soll von den abgestimmten Maßnahmen abgewichen werden, bedarf dies einer
erneuten vorherigen Abstimmung. Werden die Maßnahmen nicht in der abgestimmten
Art und Weise durchgeführt, darf insoweit eine Bescheinigung nicht erteilt
werden.
4.8
Aus Nachweisgründen sind Zeitpunkt und Inhalt der Abstimmung zwischen den
Beteiligten in geeigneter Weise schriftlich festzuhalten. Dabei ist die
Eigentümerin oder der Eigentümer auf
a) die Bedeutung der Abstimmung für die Erteilung einer Bescheinigung,
b) die Möglichkeit der schriftlichen Zusicherung nach § 38 des VwVfG NRW sowie
c) das eigenständige Prüfungsrecht des Finanzamts, vergleiche Nummer 7,
hinzuweisen. Wird bereits im Rahmen der Abstimmung festgestellt, dass nicht
alle Maßnahmen die Voraussetzungen für eine Bescheinigung erfüllen, ist hierauf
ausdrücklich hinzuweisen.
5
Höhe der Aufwendungen
5.1
Es können nur tatsächlich angefallene Aufwendungen bescheinigt werden. Dazu
gehört nicht der Wertansatz für die eigene Arbeitsleistung der Eigentümerin
oder des Eigentümers oder die Arbeitsleistung unentgeltlich Beschäftigter. Zu
den bescheinigungsfähigen Aufwendungen gehören aber die auf begünstigte
Maßnahmen entfallenden Lohn- und Gehaltskosten für eigene Arbeitnehmer oder
Arbeitnehmerinnen, Material- und Betriebskosten, Aufwendungen für Arbeitsgeräte
sowie Gemeinkosten. Skonti oder sonstige Abzüge mindern die zu
berücksichtigenden Kosten. Die Prüfung schließt keine Preis- oder
Angebotskontrolle ein.
5.2
Alle Rechnungsbeträge aus den detaillierten, nachvollziehbaren und prüffähigen
Originalrechnungen sind von der Antragstellerin oder dem Antragsteller
entsprechend dem Vordruck gemäß Anlage 1, Muster 1 Anlage zu Nummer 5,
aufzulisten. Darin sind auch Angaben zum Zahlbetrag und Zahlungsdatum der
einzelnen Rechnungen, sowie zum Zeitpunkt des Abschlusses der Maßnahme zu
tätigen.
5.3
Erforderlich ist die Vorlage der Schlussrechnungen. Abschlagsrechnungen und
Kostenvoranschläge ersetzen keine Schlussrechnung. Kassenzettel müssen Menge,
Artikel und Preis eindeutig erkennen lassen.
5.4
Ist die Vorlage der Schlussrechnung oder der Original-Kalkulation wegen der
Insolvenz des Handwerkers nicht möglich, kann die Bescheinigung nur erteilt
werden, wenn die begünstigten Aufwendungen für das entsprechende Gewerk durch
ein von der Erwerberin oder dem Erwerber vorzulegendes Gutachten einer oder
eines Sachverständigen nachgewiesen werden und die Erwerberin oder der Erwerber
die Insolvenz des Auftragnehmers glaubhaft macht. Der an den Handwerker
gezahlte Pauschalpreis bildet die Obergrenze der bescheinigungsfähigen
Aufwendungen.
5.5
Pauschalrechnungen von Handwerkern können nur berücksichtigt werden, wenn das
Original-Angebot, das dem Pauschalvertrag zugrunde liegt, beigefügt ist. Wenn
es zur Prüfung der Einzelleistungen erforderlich ist, kann die Vorlage der
Original-Kalkulation verlangt werden. Genehmigungs- und Prüfungsgebühren
gehören zu den Kosten der genehmigten oder geprüften Baumaßnahme.
5.6
Die Bescheinigungsbehörde hat zu bescheinigen, dass die dem
Bescheinigungsantrag zugrunde liegende Maßnahme durchgeführt wurde und die
Kosten durch Vorlage der Originalrechnungen nachgewiesen wurden. Der
Antragstellerin oder dem Antragsteller nur elektronisch zugegangene Rechnungen
können als Originalrechnung nur berücksichtigt werden, wenn die Echtheit der
Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts der Rechnungen durch die Vorlage
weiterer Unterlagen, zum Beispiel Werkvertrag, Überweisungs- oder Zahlungsbeleg
nachgewiesen werden und die Lesbarkeit der Rechnungen und weiteren Unterlagen
gewährleistet ist.
5.7
Die eingereichte Rechnungsaufstellung ist zugleich Bestandteil der
Bescheinigung. Sie ist daher der Bescheinigung immer beizufügen. Die
Bescheinigungsbehörde hat darauf die anerkannten Aufwendungen kenntlich zu
machen.
5.8
Zu den bescheinigungsfähigen Aufwendungen gehört auch die in den Rechnungen
ausgewiesene Umsatzsteuer. Soweit die Umsatzsteuer als Vorsteuer abzugsfähig
ist, kann die Bescheinigung auf Begehren der Antragstellerin oder des
Antragstellers auf die Nettorechnungsbeträge beschränkt werden. Schuldet der
Bauherr die Umsatzsteuer aus den von ihm bezogenen Leistungen nach § 13b des
Umsatzsteuergesetzes in
der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Februar 2005 (BGBl. I S. 386), welches
zuletzt durch Artikel 9 des Gesetzes vom 11. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2338)
geändert worden ist, kann die von ihm an das Finanzamt abgeführte Umsatzsteuer
in die Bescheinigung einbezogen werden. Voraussetzung ist, dass die Anmeldung
und Zahlung der nach § 13b des Umsatzsteuergesetzes geschuldeten Umsatzsteuer
nachgewiesen ist.
5.9
Wenn vom Bauherrn bei in Eigenleistung durchgeführten Maßnahmen Nebenkosten wie
zum Beispiel Aufwendungen für angeschaffte Werkzeuge oder Maschinen,
Fahrtkosten und ähnliches geltend gemacht werden, hat die Bescheinigungsbehörde
deren Erforderlichkeit dem Grunde nach zu bestätigen, jedoch nicht zu bescheinigen.
Dem Finanzamt bleibt die Prüfung der Höhe der steuerbegünstigten Kosten
vorbehalten. In diesen Fällen ist in der Spalte „Prüfvermerk“ der
Rechnungsaufstellung nach Anlage 1, Muster 1, Anlage zu Nummer 5, ein
entsprechender Hinweis aufzunehmen.
5.10
In die Bescheinigung ist dann folgender Zusatz aufzunehmen:
„Der Bauherr hat Maßnahmen in Eigenleistung durchgeführt. In diesem
Zusammenhang wurden über die bescheinigte Summe hinaus Nebenkosten beantragt,
vergleiche Rechnungsaufstellung. Die Prüfung und Zurechnung dieser Kosten zu
den gemäß § 10g EStG begünstigten Aufwendungen obliegt dem Finanzamt.“
6
Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln
6.1
In die Bescheinigung sind die Zuschüsse aufzunehmen, die eine der für
Denkmalschutz, Denkmalpflege, Archivwesen oder ein anderes Kulturgut
zuständigen Behörden der Empfängerin oder dem Empfänger der Bescheinigung aus
öffentlichen Mitteln bewilligt hat. Für Denkmalschutz oder Denkmalpflege
zuständige Behörden in Nordrhein-Westfalen sind die jeweils örtlich zuständigen
Gemeinden, Kreise, Landschaftsverbände und Bezirksregierungen.
6.2
Durch eine Nebenbestimmung und geeignete organisatorische Maßnahmen ist
sicherzustellen, dass die Bescheinigung entsprechend § 10g Absatz 3 Satz 2 EStG
geändert werden kann, wenn solche Zuschüsse nach Ausstellung der Bescheinigung
gewährt werden. Die Bescheinigungsbehörde ist verpflichtet, dem zuständigen
Finanzamt gemäß § 4 MV die Änderung der Bescheinigung mitzuteilen.
7
Benehmen des Landschaftsverbandes bei Maßnahmen an Bau- oder Bodendenkmälern
oder Objekten in Denkmalbereichen
Gemäß § 40 DSchG wird die Bescheinigung im
Benehmen mit dem Landschaftsverband ausgestellt. Hierzu fertigt die Untere
Denkmalbehörde ihren Entscheidungsentwurf und überlässt diesen dem
Landschaftsverband. Sofern im Einzelfall erforderlich, sind die zu dessen
Beurteilung erforderlichen Unterlagen beizufügen. Der Landschaftsverband
bewertet die beabsichtigte Entscheidung aus seiner fachlichen Sicht unter
Berücksichtigung des Abstimmungsergebnisses.
8
Prüfungsrecht des Finanzamts
8.1
Die Finanzämter haben zu prüfen,
a) ob die vorgelegte Bescheinigung von der nach Landesrecht zuständigen Behörde
ausgestellt worden ist,
b) ob die bescheinigte Maßnahme an einem Kulturgut durchgeführt worden ist, das
im Eigentum der oder des Steuerpflichtigen steht,
c) ob das Kulturgut im jeweiligen Kalenderjahr weder zur Erzielung von
Einkünften im Sinne des § 2 EStG genutzt worden ist noch Gebäude oder
Gebäudeteile zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden sind,
d) inwieweit die Aufwendungen etwaige aus der Nutzung des Kulturguts erzielte
Einnahmen, vergleiche hierzu auch Nummer 3 übersteigen,
e) in welcher Höhe die in der Rechnungsaufstellung enthaltenen, aber nicht
bescheinigten Nebenkosten, vergleiche hierzu Nummer 5 steuerrechtlich Aufwendungen
für das Kulturgut im Sinne des § 10g EStG sind,
f) ob weitere Zuschüsse für die bescheinigten Aufwendungen gezahlt werden oder
worden sind und
g) in welchem Veranlagungszeitraum die Steuerbegünstigung erstmals in Anspruch
genommen werden kann.
8.2
Die Bindungswirkung der Bescheinigung erstreckt sich folglich nicht auf die
Tatbestandsmerkmale, die einer abschließenden Prüfung durch das Finanzamt
vorbehalten sind.
9
Gebührenpflicht
9.1
Die von der Unteren Denkmalbehörde ausgestellten Bescheinigungen sind nach § 29
Absatz 3 DSchG gebührenpflichtig. Die Gebühr ist,
soweit die Gemeinde keine eigene Gebührenordnung nach § 2 Absatz 3 des
Gebührengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 23. August 1999, das
zuletzt durch Gesetz vom 8. Dezember 2015 (GV. NRW. S. 836) geändert worden
ist, erlassen hat, nach Tarifstelle 4a.2 - 2.1 der Allgemeinen
Verwaltungsgebührenordnung vom 3. Juli 2001 (GV. NRW. S. 262) das zuletzt durch
Verordnung vom 30.April 2019 (GV. NRW. S. 216)geändert worden ist, zu
berechnen.
9.2
Die für die Erteilung der Bescheinigung angefallenen Gebühren gehören nicht zu
den bescheinigungsfähigen Aufwendungen.
10
Schlussbestimmungen
10.1
Die in diesen Richtlinien angegebenen und erläuterten Beispiele sind
Regelbeispiele, die Inhalt, Ziel und Zweck der Richtlinien erläutern sollen.
Eine im Einzelfall abweichende Sachbehandlung durch die Bescheinigungsbehörde
kann durch besondere denkmalbedingte Umstände gerechtfertigt sein. Ein Remonstrationsrecht steht dem Finanzamt in diesen Fällen
nur zu, wenn solche besonderen Umstände im Einzelfall nicht vorliegen.
10.2
Ausnahmen von diesen Richtlinien bedürfen bei Kulturgütern im Sinne von § 10g
Absatz 1 Satz 2 Nummer 1-3 EStG der vorherigen schriftlichen Zustimmung der
Oberen Denkmalbehörde. Die Oberen Denkmalbehörden sollen im Übrigen die Unteren
Denkmalbehörden beim Ausstellen von Steuerbescheinigungen beraten und im Rahmen
ihrer Aufgabe nach dem Ordnungsbehördengesetz in der Fassung der Bekanntmachung
vom 13. Mai 1980 (GV. NRW. S. 528) das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom
18. Dezember 2018 (GV. NRW. S. 741, ber. 2019 S.23)
geändert worden ist, beaufsichtigen.
10.3
Die Untere Denkmalbehörde unterrichtet die Obere Denkmalbehörde jährlich,
jeweils zum 31. Dezember, über die Anzahl der ausgestellten Steuerbescheinigungen,
jeweils mit Beträgen bis zu 250 000 Euro und von mehr als 250 000 Euro. Von
Bescheinigungen über mehr als 250 000 Euro übersendet die Untere Denkmalbehörde
der Oberen Denkmalbehörde jeweils eine Durchschrift oder Ablichtung der ausgestellten
Bescheinigung. In der Durchschrift oder Ablichtung sind Anschrift und Anrede
nicht anzugeben oder unleserlich zu machen.
11
Inkrafttreten, Außerkrafttreten
11.1
Dieser Runderlass tritt am Tag nach der Veröffentlichung im Ministerialblatt
für das Land Nordrhein-Westfalen in Kraft. Der gemeinsame Runderlass des
Ministeriums für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr, des Ministeriums
für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport und des Finanzministeriums vom
11. Juli 2016 (MBl. NRW. S. 608) tritt gleichzeitig
außer Kraft.
11.2
Dieser Runderlass tritt am 31. Dezember 2024 außer Kraft.
- MBl. NRW. 2019 S. 433