Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2019 Nr. 26 vom 28.11.2019 Seite 739 bis 752

Richtlinien für die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Frauenhäusern
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Richtlinien für die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Frauenhäusern

2170

Richtlinien für die Gewährung von
Zuwendungen zur Förderung von Frauenhäusern


Runderlass des
Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung

Vom 14. November 2019

1

Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage

1.1

Das Land gewährt Zuwendungen für Frauenhäuser nach Maßgabe dieser Richtlinien und der §§ 23 und 44 der Landeshaushaltsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. April 1999 (GV. NRW. S. 158), in der jeweils geltenden Fassung, sowie des Runderlasses des Finanzministeriums „Verwaltungsvorschriften zur Landeshaushaltsordnung“ vom 30. September 2003 (MBl. NRW. S. 1254), in der jeweils geltenden Fassung, zu den §§ 23 und 44 der Landeshaushaltsordnung.

1.2

Frauenhäuser im Sinne dieser Richtlinien sind Häuser, die von physischer oder psychischer Gewalt, insbesondere von häuslicher Gewalt betroffenen oder unmittelbar bedrohten Frauen und ihren Kindern aufgrund eines professionellen Angebotes sofortige Hilfe und Akutschutz vor Gewalt durch Aufnahme und Beratung bieten.

1.3

Ein Anspruch der Antragstellenden auf Gewährung der Zuwendung besteht nicht, vielmehr entscheidet die Bewilligungsbehörde aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

2

Gegenstand der Förderung

Das Land fördert die Arbeit der Frauenhäuser durch Zuwendungen zu den Personal- und Sachausgaben der Einrichtung.

3

Zuwendungsempfänger

Zuwendungen empfangen können gemeinnützige rechtsfähige Personenvereinigungen und Kapitalgesellschaften des privaten Rechts sowie Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Ausnahme von Gemeinden und Gemeindeverbänden, die ihren Sitz in Nordrhein-Westfalen haben und ein in Nordrhein-Westfalen gelegenes Frauenhaus betreiben.

4

Zuwendungsvoraussetzungen

4.1

Das Frauenhaus muss mindestens acht Frauen mit ihren Kindern Aufnahme bieten.

4.2.

Die Arbeit der Frauenhäuser umfasst die Unterstützung und Beratung von schutzsuchenden Frauen, von Frauenhausbewohnerinnen und ihren Kindern sowie die nachgehende Begleitung der Frauen. Flankierende Hilfen und ein niedrigschwelliger Zugang der Frauen zum ambulanten Unterstützungssystem, insbesondere zu den allgemeinen Frauenberatungsstellen, sind durch verbindliche Kooperationen mit diesen Einrichtungen zu gewährleisten.
Zur Sicherstellung dieser Aufgaben muss das Frauenhaus über die nachfolgende personelle Grundausstattung bestehend aus einem Team von drei hauptberuflichen Kräften verfügen:

a)                   eine staatlich anerkannte Sozialarbeiterin oder Sozialpädagogin,

b)                  eine staatlich anerkannte Erzieherin und

c)                   eine weitere Mitarbeiterin.

Darüber hinaus ist die Beschäftigung einer weiteren staatlich anerkannten Sozialarbeiterin oder Sozialpädagogin zur Verstärkung der personellen Grundausstattung zuwendungsfähig.

4.3

Die Stellen der staatlich anerkannten Sozialarbeiterinnen oder Sozialpädagoginnen können in Ausnahmefällen mit Fachkräften besetzt werden, die über ein gleichwertiges Studium sowie besondere nachgewiesene fachliche Voraussetzungen und entsprechende Erfahrungen verfügen.

Die Stelle einer staatlich anerkannten Erzieherin kann in Ausnahmefällen mit einer Fachkraft besetzt werden, die über eine nachgewiesene gleichwertige Ausbildung und entsprechende Erfahrungen verfügt.

Die Qualifikation und die Praxiserfahrungen der für die Stelle in Frage kommenden Fachkräfte sind durch Zeugnisse und Bescheinigungen nachzuweisen. Die Entscheidung, ob die anderweitige Fachkraft die Voraussetzungen erfüllt, trifft die Bewilligungsbehörde im Rahmen einer Einzelfallprüfung und –entscheidung.

4.4

Die Gesamtarbeitszeit der Kräfte gemäß Nummer 4.2 beziehungsweise Nummer 4.3 muss mindestens dem Dreifachen und darf höchstens dem Vierfachen der geltenden tariflichen monatlichen Arbeitszeit entsprechen. Liegt die Gesamtarbeitszeit zwischen dem Drei- und Vierfachen der geltenden tariflichen monatlichen Arbeitszeit, so ist der Zuschuss gemäß Nummer 5.4.1 Buchstabe b entsprechend anzugleichen.

An Stelle von Vollzeitkräften können Teilzeitkräfte beschäftigt werden, wobei die mit einer Teilzeitbeschäftigten arbeitsvertraglich vereinbarte monatliche Arbeitszeit mindestens die Sozialversicherungspflicht sicherstellen muss.

Teilzeitkräfte haben zusammen die tarifliche monatliche Gesamtarbeitszeit für die nach Nummer 4.2 beziehungsweise Nummer 4.3 vorgesehenen Kräfte zu erbringen. Hierbei ist sicherzustellen, dass jeder der in Nummer 4.2 beziehungsweise Nummer 4.3 festgelegten Qualifikationsbereiche durch die teilzeitbeschäftigten Kräfte zumindest im Umfang von zwei Dritteln der tariflichen monatlichen Arbeitszeit abgedeckt ist.

4.5

Kann eine frei gewordene Stelle nicht sofort mit einer hauptberuflichen Kraft besetzt werden, so kann sie bis zur Wiederbesetzung, längstens aber für einen Zeitraum von sechs Monaten, mit einer Kraft mit Stundenvergütung besetzt werden. Hinsichtlich der frei gewordenen Stelle gelten für die Kraft mit Stundenvergütung die in den Nummern 4.2 bis 4.4 getroffenen Regelungen entsprechend.

5

Art, Umfang, Höhe der Zuwendung

5.1

Zuwendungsart: Projektförderung

5.2

Finanzierungsart: Festbetragsfinanzierung

5.3

Form der Zuwendung: Zuschuss oder Zuweisung

5.4

Bemessungsgrundlage

5.4.1

Von dem für Gleichstellungspolitik zuständigen Ministerium werden unter Zugrundelegung der verfügbaren Haushaltsmittel die nachfolgend aufgeführten Jahrespauschalen festgesetzt:

a) eine Personalkostenpauschale für die personelle Grundausstattung
    gemäß Nummer 4.2 Satz 3,

b) eine Personalkostenpauschale für die weitere Fachkraft gemäß Nummer 4.2 Satz 4,

c) eine Pauschale für die Sachausgaben der Einrichtung und

d) eine Platzpauschale für jeden Schutzplatz für Frauen in der Einrichtung, der über der
    Mindestplatzzahl von acht Plätzen für Frauen liegt.

5.4.2

Bei einer nicht ganzjährigen Anstellung einer Kraft gemäß Nummer 4.2 beziehungsweise Nummer 4.3 oder bei einem Wegfall des Anspruches auf Vergütung vermindert sich ein Drittel des Pauschalbetrages für die drei Kräfte gemäß Nummer 4.2 Satz 3 beziehungsweise der Pauschalbetrag für die weitere Kraft gemäß Nummer 4.2 Satz 4 für jeden vollen Kalendermonat der Nichtbeschäftigung beziehungsweise ohne Vergütungsverpflichtung um ein Zwölftel. Der jeweilige Pauschalbetrag vermindert sich nicht, wenn als Ersatz eine Kraft mit Stundenvergütung gemäß Nummer 4.5 beschäftigt wird oder der Grund für die Einstellung der Vergütungszahlung innerhalb von drei Monaten durch Neueinstellung einer förderfähigen Kraft oder durch Wiederaufnahme des Dienstes wegfällt (sogenannter förderunschädlicher Vakanzzeitraum).

5.4.3

Die Platzpauschale gemäß Nummer 5.4.1 Buchstabe d kann für Personalausgaben oder Sachausgaben eingesetzt werden.

Für neu geschaffene, dauerhaft eingerichtete Plätze für Frauen kann die Platzpauschale nach vorheriger Anerkennung der Förderfähigkeit durch das für Gleichstellungspolitik zuständige Ministerium gewährt werden. Die Entscheidung über die Förderfähigkeit erfolgt auf der Grundlage eines schriftlichen Antrags auf Anerkennung. Die Platzpauschale kann ab dem Monat gewährt werden, ab dem das zusätzliche Platzangebot zur Belegung zur Verfügung steht.

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Verfahren

6.1

Antragsverfahren

Der Antrag ist nach dem Muster der Anlage 1 beim zuständigen Landschaftsverband zu stellen. Der Antrag muss bis zum 1. November des Jahres, das dem Beginn des Bewilligungs- und Durchführungszeitraums vorausgeht, vorliegen. Bei erstmaliger Antragstellung ist der Antrag spätestens drei Monate vor dem beantragten Förderbeginn einzureichen.

Dem Antrag ist ein Finanzierungsplan in Form einer aufgegliederten Berechnung beizufügen, aus dem alle mit dem Frauenhaus zusammenhängenden voraussichtlichen Ausgaben und Einnahmen hervorgehen. Bei einer Antragstellung für mehrere Kalenderjahre ist für jedes Kalenderjahr ein gesonderter Finanzierungsplan vorzulegen.

Dem Erstantrag sind beizufügen:

a) eine von der Landrätin beziehungsweise dem Landrat oder von der Oberbürgermeisterin beziehungsweise dem Oberbürgermeister abgegebene schriftliche Stellungnahme zur Notwendigkeit des Frauenhauses, die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach dem Standort des Frauenhauses,

und

b) eine schriftliche Stellungnahme des zuständigen Spitzenverbandes.

6.2

Bewilligungsverfahren

Bewilligungsbehörde ist der zuständige Landschaftsverband. Die Bewilligung erfolgt nach dem Muster der Anlage 2.

6.3

Anforderungs- und Auszahlungsverfahren

Der Zuschuss ist in gleichen Teilbeträgen zum 15. Januar, 15. März, 15. Mai, 15. Juli,
15. September, 15. November eines Jahres ohne Anforderung der Träger auszuzahlen. Nummer 7.1 der Verwaltungsvorschriften zu § 44 der Landeshaushaltsordnung bleibt unberührt. Sofern die Förderung im Laufe des Haushaltsjahres aufgenommen wird, ist der fällige erste Teilbetrag zum nächstmöglichen Zeitpunkt auszuzahlen.

6.4

Verwendungsnachweisverfahren

Vorlagetermin für den Verwendungsnachweis nach dem Muster der Anlage 3 ist der 31. März des auf den Bewilligungszeitraum folgenden Jahres. Für den mehrjährigen Bewilligungszeitraum ist nach Ablauf eines Kalenderjahres zum 31. März des folgenden Jahres ein Zwischennachweis nach dem Muster der Anlage 3 vorzulegen.

Endet der Bewilligungszeitraum nicht am 31. Dezember eines Jahres, ist als Vorlagetermin spätestens der Ablauf des dritten dem Bewilligungszeitraum folgenden Monats festzusetzen.

Dem Zwischennachweis und dem abschließenden Verwendungsnachweis ist eine Finanzierungsübersicht in Form einer aufgegliederten Berechnung nach Kalenderjahren nach dem Muster der Anlage 3 a beizufügen, aus der alle mit dem Frauenhaus zusammenhängenden Ausgaben und Einnahmen hervorgehen. Parallel dazu ist eine webbasierte Fassung der Finanzierungsübersicht zu fertigen.

Der Sachbericht für ein Kalenderjahr ist webbasiert jeweils bis zum 28. Februar des Folgejahres zu erstellen. Er hat alle für das Förderprogrammcontrolling notwendigen Angaben zu enthalten. Für das Förderprogrammcontrolling stellt das Land ein webbasiertes Verfahren zur Eingabe der Daten zur Verfügung.

6.5

Zu beachtende Vorschriften

Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die gegebenenfalls erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die Verwaltungsvorschriften zu § 44 der Landeshaushaltsordnung, soweit nicht in diesen Förderrichtlinien Abweichungen zugelassen worden sind.

6.6

Anlagen

Die Anlagen sind hier nicht abgedruckt. Sie können auf den Internetseiten der jeweiligen Bewilligungsbehörde htpps://www.lvr.de oder htpps://www.lwl.org heruntergeladen werden.

7

Inkrafttreten und Außerkrafttreten

Dieser Runderlass tritt am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft und am 31. Dezember 2024 außer Kraft. Gleichzeitig mit dem Inkrafttreten dieses Runderlasses tritt der Runderlass des Ministeriums für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter „Richtlinien für die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Zufluchtsstätten für misshandelte Frauen (Frauenhäuser)“ vom 18. Dezember 2014 (MBl. NRW. 2015 S. 68) außer Kraft.

- MBl. NRW. 2019 S. 749